Steuerrecht: Die spanische Ferienimmobilie

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Steuerrecht: Die spanische Ferienimmobilie
Schwerpunktthema
Erbrecht
Steuerrecht: Die spanische Ferienimmobilie
von RA Dr. Ansgar Beckervordersandfort, LL.M., EMBA, FA Erbrecht,
RAin Katharina Kroll und RA Frank Westermann, Münster
Sowohl in Spanien als auch in Deutschland ist der Vermögensübergang im
Wege der Schenkung oder vonTodes wegen der Erbschaft- und Schenkung­
steuer unterworfen.
1. Persönliche Erbschaftsteuerpflicht
Persönlich steuerpflichtig ist grundsätzlich der Erwerber, also derjenige,
der durch Erbfall oder Schenkung eine Bereicherung erfahren hat. Dies
können natürliche und juristische Personen sein.
1.1 Deutsche Regelungen
Die unbeschränkte deutsche Erbschaftsteuerpflicht nach § 2 Abs. 1 Nr. 1
ErbStG besteht, wenn der Erblasser zum Zeitpunkt seines Todes bzw. der
Schenker zum Zeitpunkt der Ausführung der Schenkung oder der Erwerber zum Zeitpunkt der Entstehung der Steuer Inländer ist. Inländer sind
gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 ErbStG vor allem natürliche Personen, die im
Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, sowie
deutsche Staatsangehörige, die sich nicht länger als fünf Jahre dauernd
im Ausland aufgehalten haben, ohne im Inland einen Wohnsitz zu haben.
Die Inländereigenschaft hängt nicht von der Staatsangehörigkeit, sondern
von dem Wohnsitz und/oder dem gewöhnlichen Aufenthalt ab.
Im Fall der unbeschränkten Steuerpflicht unterliegt, mit Ausnahme abweichender Bestimmungen in einem Doppelbesteuerungsabkommen (DBA),
der gesamte Erwerb der ErbSt/SchenkSt, unabhängig davon, ob die Vermögenswerte im In- oder Ausland belegen sind. Über § 21 ErbStG werden die
von einem ausländischen Staat erhobenen Steuern dann unter bestimmten
Voraussetzungen angerechnet. Die unbeschränkte Steuerpflicht ist aber
auch Voraussetzung für die Steuervergünstigungen nach dem ErbStG. So
erfordert die Inanspruchnahme der Freibeträge nach § 16 Abs. 1 ErbStG,
dass eine unbeschränkte Steuerpflicht besteht.
1.2 Spanische Regelungen
Die unbeschränkte spanische Erbschaftsteuerpflicht ist in Art. 6 ErbStG
(Spanien) normiert. Von der unbeschränkten Steuerpflicht werden alle Erwerbe durch natürliche Personen mit gewöhnlichem Aufenthalt in Spanien
erfasst, unabhängig von der Belegenheit der Nachlassgegenstände. Die
spanische ErbSt/SchenkSt knüpft nur an den gewöhnlichen Aufenthalt des
Erwerbers an. Im Falle der unbeschränkten Steuerpflicht unterliegt der
gesamte Erwerb der spanischen ErbSt/SchenkSt, unabhängig davon, ob
die Vermögenswerte im In- oder Ausland belegen sind.
Hat der Steuerpflichtige keinen gewöhnlichen Aufenthalt in Spanien, so
ist er gemäß Art. 7 ErbStG (Spanien) beschränkt steuerpflichtig, d.h., nur
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Inländer:
Gewöhnlicher Aufenthalt und/oder
Wohnsitz im Inland
Unbeschränkte
Steuerpflicht ist
Voraussetzung für
Vergünstigungen
Spanische ErbSt/
SchenkSt nur an
gewöhnlichen Aufenthalt geknüpft
Beschränkte Steuer­
pflicht knüpft ...
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Schwerpunktthema
der Erwerb von spanischem Inlandsvermögen unterliegt der spanischen
ErbSt/SchenkSt. Gemäß Art. 18 DVO des spanischen ErbStG gelten als
Inlandsvermögen:
„„ unbewegliche, in Spanien belegene Gegenstände;
„„ alle beweglichen Sachen, die nicht nur vorübergehend mit einem in
Spanien belegenen Wohnraum, Grundbesitz oder einem Unternehmen
verbunden sind;
„„ alle sonstigen beweglichen Gegenstände, die sich gewöhnlich und
nicht nur zufällig in Spanien befinden;
„„ sämtliche Forderungen und Rechte, die in Spanien geltend gemacht
werden können oder die in Spanien erfüllt werden müssen (z.B.
Darlehens­verbindlichkeiten, die aufgrund eines in Spanien gewährten
Kredits in Spanien zu erfüllen sind; Guthaben bei spanischen Banken
oder Filialen ausländischer Banken);
„„ Wertpapiere, die bei einer spanischen Bank hinterlegt sind (das gilt
auch für Aktien oder sonstige Beteiligungen an ausländischen Gesellschaften oder für ausländische Schuldscheine, sofern diese bei einer
spanischen Bank deponiert sind);
„„ Bezüge aus Lebensversicherungsverträgen, die mit spanischen Versicherungsgesellschaften oder mit ausländischen, in Spanien tätigen
Versicherungsgesellschaften abgeschlossen worden sind.
... an spanisches
Inlands­vermögen an
2. Sachliche Erbschaftsteuerpflicht
Sowohl nach deutschem als auch nach spanischem Recht fallen unter die
sachliche Steuerpflicht Erwerbe vonTodes wegen und Schenkungen unter
Lebenden. Keinen steuerpflichtigen Erwerb stellen dagegen Versorgungsbezüge dar, die kraft Gesetzes entstehen, wie z.B. Beamtenpensionen,
Sozialversicherungsrenten, Betriebsrenten usw.
Versorgungsbezüge
unterfallen nicht
der Steuerpflicht
3. Ermittlung der steuerlichen Bereicherung
Für die deutsche ErbSt sind gemäß § 12 Abs. 7 ErbStG i.V. mit § 31 BewG
die im Ausland belegenen Vermögenswerte mit dem gemeinen Wert, also
dem Verkehrs- bzw. Marktwert anzusetzen. Für die spanische ErbSt ergibt
sich die steuerliche Bemessungsgrundlage aus den Art. 9 ff. ErbStG (Spanien) sowie den Art. 21 ff. DVO des spanischen ErbStG. Danach entspricht
die vorläufige Bemessungsgrundlage (base imponible) dem Nettowert des
erworbenen Vermögens. Dieser Nettowert ist der um die abzugsfähigen
Lasten und Schulden geminderte reale Wert der erworbenen Gegenstände
und Rechte (valor real).
Bemessungsgrundlage, Valor real,
Base imponibel
Der Begriff des realen Werts wird weder im ErbStG noch in der entsprechenden DVO definiert. Allgemein wird hierunter jedoch der Verkehrs- bzw.
Marktwert verstanden (Jülicher inTroll/Gebel/Jülicher, ErbStG, Stand März
2009, § 21 Rn. 130; Herzig/Watrin/Walter, ZEV 00, 473, 477).
3.1 Ermittlung des „Valor real“
Der reale Wert des Vermögensanfalls wird nicht von Amts wegen ermittelt;
vielmehr hat der Erwerber den realen Wert des erworbenen Vermögens zu
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Schwerpunktthema
beziffern. Solange die Behörde keine Überprüfung vorgenommen hat, gilt
die Steuerfestsetzung nur als vorläufig (Art. 74 Nr. 4 DVO des spanischen
ErbStG). Anders als im deutschen ErbStG gibt es im spanischen ErbStG
keine detaillierten Regeln über die Wertfindung. Lediglich Art. 18 Nr. 4 des
spanischen ErbStG gibt einen Anhaltspunkt für die Ermittlung des realen
Werts. Danach werden keine Strafgelder auf den Teil der Steuerschuld
verhängt, der dem höheren Wert gegenüber dem mittels Nachprüfung
der erklärten Werte entspricht, wenn der Steuerpflichtige sich in seiner
Erklärung an die Bewertungsregeln des Vermögen­steuergesetzes gehalten
hat. Gemäß Art. 10 des spanischen VStG ist bei Immobilien der höchste
der nachstehenden Werte maßgeblich:
„„ Katasterwert;
„„ der von der Behörde festgestellte Wert;
„„ die für den Erwerb erbrachte Gegenleistung.
Steuerpflichtiger
muss Wert selbst
ermitteln
Die allgemeinen Steuergesetze schreiben vor, dass die Finanzministerien
der autonomen Gemeinschaften auf Antrag des Steuerpflichtigen verpflichtet sind, diesen über die Werte der Immobilien, die sich im Bereich
der autonomen Gemeinschaft befinden, zu informieren. Einige autonome
Gemeinschaften haben bereits Bewertungskriterien und Programme entwickelt, die eine Berechnung der Richtwerte der Immobilien ermöglichen
(z.B. die autonome Gemeinschaft der Balearischen Inseln, Weisung Nr. 5
vom 10.12.04 des Generaldirektors für Steuern und Steuererhebung,
veröffentlicht im BOIB vom 25.12.04, Nr. 184, S. 73 ff.; Andalusien hat
ebenfalls Bewertungskriterien für die städtischen Immobilien aufgestellt,
Gesetz Nr. 3 vom 28.12.04, veröffentlicht im BOE vom 21.1.05).
Autonome
Bewertungs­
kriterien beachten
Sollte die Finanzbehörde die von dem Erwerber angegebenen Werte
nicht übernehmen, hat sie den Wert anhand der Kriterien des Art. 57 des
allgemeinen Steuergesetzes festzustellen. Die Finanzbehörde hat ihre
Entscheidung, die zu einer höheren Bewertung der Immobilie führt, im
Einzelnen zu begründen. Der alleinige Hinweis, dass es sich bei dem
festgestellten Wert um den realen bzw. den marktüblichen Preis handelt,
reicht nicht aus. Der Behördenentscheidung muss zu entnehmen sein,
dass die Kriterien Art und Lage des Grundstücks sowie Alter und Zustand
des Bauwerks berücksichtigt worden sind.
Grundsätzlich gilt
der Katasterwert
und der letzte
Kaufpreis
Der Erwerber kann im Rahmen des Wertermittlungsverfahrens hiergegen
vorgehen. Hierfür hat er innerhalb von 15 Tagen nach Zustellung des
Steuerbescheids die Durchführung des Wertfeststellungsverfahrens bei
der Behörde zu beantragen, die den Bescheid erlassen hat.
In Art. 26 ErbStG (Spanien) sowie in Art. 49 bis 51 DVO des spanischen
ErbStG sind Sonderregeln für die Bewertung des Nießbrauchs sowie weiterer Nutzungsrechte vorgesehen. Danach wird der Wert des Nießbrauchs
und der Nutzungsrechte im Verhältnis zum Gesamtwert des belasteten
Gegenstands/Rechts errechnet. Dabei ist zwischen dem zeitlich befristeten
und dem auf Lebzeit gewährten Nutzungsrecht zu unterscheiden.
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Schwerpunktthema
3.2 Abzug von Belastungen, Schulden und Auslagen
Von der Bruttoerbmasse sind Belastungen, Schulden und Auslagen abzuziehen. Es ergibt sich sodann die vorläufige Bemessungsgrundlage.
3.3 Ermittlung der bereinigten Bemessungsgrundlage
Ausgehend vom Nettowert des erworbenen Vermögens ist die bereinigte
bzw. endgültige Besteuerungsgrundlage festzustellen. Dazu sind die
sachlichen Steuerbefreiungen (exenciones) und die persönlichen Steuer­
befreiungen oder Freibeträge (reducciones) zu berücksichtigen.
Berücksichtigung
der Exenciones
und Reducciones
„„ Sachliche Steuerbefreiungen (exenciones)
Von der Erbschaftsteuer befreit ist z.B. der Erwerb von Todes wegen
eines landwirtschaftlichen Betriebs oder eines Grundstücks, das der
landwirtschaftlichen Nutzung vorbehalten ist. Auch Betriebsvermögen
ist unter bestimmten Voraussetzungen teilweise steuerbefreit.
„„ Persönliche Freibeträge (reducciones)
Es gibt im spanischen Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht zudem
verschiedene persönliche Freibeträge.
Persönliche Freibeträge
Art. 20 ErbStG (Spanien) i.V. mit Art. 42 DVO des spanischen ErbStG regelt die persönlichen
Freibeträge von Erwerbern bei Erwerben von Todes wegen. Die persönlichen Freibeträge richten
sich nach dem Verwandtschaftsgrad zum Erblasser. Nach Art. 20 Nr. 2a ErbStG Spanien erhalten
Behinderte einen Freibetrag von bis zu 150.253,03 EUR.
Steuergruppe
Verwandtschaftsgrad
Freibetrag
I
Abkömmlinge und Adoptivkinder
unter 21 Jahren
II
Abkömmlinge und Adoptivkinder
über 21 Jahren
15.956,87 EUR
Geschwister, Neffen, Nichten und
Verschwägerte
7.993,46 EUR
Sonstige Verwandte und Fremde,
die in keinem verwandtschaftlichen
Verhältnis zum Erblasser stehen
keine
III
IV
grundsätzlich 15.956,87 EUR;
für jedes Jahr unter 21 Jahre weitere
3.990 EUR; maximal 47.858,59 EUR
Erwirbt der Ehegatte, ein Verwandter aufsteigender oder absteigender Linie oder der Seitenlinie,
der älter als 65 Jahre ist, die Wohnung des Erblassers, so steht dem Erwerber gemäß § 20 Nr. 2c
S. 2 ErbStG (Spanien) i.V. mit Art. 42 DVO des spanischen ErbStG ein persönlicher Freibetrag von
95 % des Wohnungswerts, maximal jedoch 122.606,46 EUR zu. Hat ein Verwandter der Seiten­linie die
Wohnung erworben, so muss dieser in den letzten zwei Jahren vor Todeseintritt mit dem Erblasser
zusammengelebt haben und die Wohnung zehn Jahre lang im Vermögen des Erwerbers verbleiben.
Sind die Voraussetzungen nicht erfüllt, erfolgt eine Nachbesteuerung in Höhe der um den Freibetrag
reduzierten Steuerschuld zzgl. Verzugszinsen (Art. 20 Nr 2c S. 3 ErbStG (Spanien)).
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Schwerpunktthema
4. Berechnung Steuerschuld
Der Steuersatz hängt von der Höhe des Erwerbs ab. Zugrunde gelegt wird
daher zunächst die errechnete Bemessungsgrundlage.
Spanische Erbschaftsteuertabelle gemäß Art. 20 ErbStG (Spanien)
Steuerpflichtiger
Erwerb bis … EUR
0,00
7.993,46
15.980,91
23.968,36
31.955,81
39.943,26
47.930,72
55.918,17
63.905,62
71.893,07
79.880,52
119.757,67
159.634,83
239.389,13
398.777,54
797.555,08
Steuerschuld
in EUR
Restbetrag
bis zu … EUR
0,00
611,50
1.290,43
2.037,26
2.851,98
3.734,59
4.685,10
5.703,50
6.789,79
7.943,98
9.166,06
15.606,22
23.063,25
40.011,04
80.655,87
199.291,40
Effektiver Steuersatz
(Prozentsatz)
7.993,46
7.987,45
7.987,45
7.987,45
7.987,45
7.987,45
7.987,45
7.987,45
7.987,45
7.987,45
39.877,15
39.877,16
79.754,30
159.388,41
398.777,54
von jetzt an
Die endgültige Steuerschuld ergibt sich sodann aus diesem Steuerbetrag,
der mit den Korrekturfaktoren gemäß Art. 22 Nr. 1 ErbStG (Spanien) zu
multiplizieren ist. Die Faktoren hängen von dem Vorvermögen des Begünstigten und seinem Verwandtschaftsgrad zum Erblasser ab. Bei nichtansässigen Erben zählt das aus spanischer Sicht im Ausland befindliche
Vermögen nicht zum Vorvermögen.
7,65
8,50
9,35
10,20
11,05
11,90
12,75
13,60
14,45
15,30
16,15
18,70
21,25
25,50
29,75
34,00
Vorvermögen des
Begünstigten
beeinflusst Höhe
der Steuer!
Korrekturfaktoren
Vorvermögen
bis … EUR
Steuergruppe I und II
Steuergruppe III
Steuergruppe IV
402.678,11
1,0000
1,5882
2,0000
2.007.380,43
1,0500
1,6676
2,1000
4.020.770,98
1,1000
1,7471
2,2000
Mehr als 4.020.770,98
1,2000
1,9059
2,4000
5. Doppelbesteuerung und ihre Vermeidung
Verfügen deutsche Staatsangehörige mit Wohnsitz in Deutschland über
Vermögen in Spanien, so kommt es zunächst zu einer Belastung mit
spanischer und deutscher ErbSt/SchenkSt. Eine Doppelbesteuerung wird
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Schwerpunktthema
dann jedoch durch Anwendung des § 21 ErbStG wieder vermieden. Gemäß § 21 ErbStG kann ein unbeschränkt steuerpflichtiger Erwerber, der
mit erworbenem Auslandsvermögen in einem ausländischen Staat, mit
dem kein Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) besteht (ein Abkommen
zwischen Deutschland und Spanien für die ErbSt/SchenkSt liegt nicht vor),
zu einer der deutschen ErbSt entsprechenden Steuer herangezogen werden, auf Antrag die festgesetzte, auf ihn entfallende, gezahlte und keinem
Ermäßigungsanspruch unterliegende ausländische Steuer insoweit auf
die deutsche ErbSt anrechnen, als das ausländische Vermögen auch der
deutschen ErbSt unterliegt.
Anrechnung in
bestimmten Fällen
möglich, da kein
DBA mit Spanien
5.1 Unbeschränkte Steuerpflicht wenigstens eines Beteiligten
Voraussetzung für die Anwendung des § 21 ErbStG ist, dass mindestens
einer der Beteiligten, also der Erblasser bzw. Schenker oder der Erwerber
in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig ist (Jülicher in Troll/Gebel/
Jülicher, ErbStG, Stand März 2009, § 21 Rn. 9).
5.2 Entsprechungsklausel
Das erworbene Auslandsvermögen muss im Ausland durch eine der
deutschen ErbSt/SchenkSt entsprechenden Steuer belastet worden sein.
Dies ist bei der spanischen ErbSt/SchenkSt unproblematisch der Fall. Noch
nicht endgültig geklärt ist, ob auch die spanische Wertzuwachssteuer, die
„plusvalía“, der deutschen ErbSt/SchenkSt entspricht. Die Literatur geht
überwiegend von einer Entsprechung aus (Jülicher inTroll/Gebel/Jülicher,
ErbStG, Stand März 2009, § 21 Rn. 22 und 130 a.E.; Löber/Huzel, Erben
und Vererben in Spanien, 4. Aufl., 108; a.A. wohl Gebel, ZEV 06, 130, 131).
Gerichtlich wurde die Frage bisher nicht geklärt. Lediglich für die frühere
italienische „INVIM“, eine der spanischen „plusvalía“ sehr ähnliche Wertzuwachssteuer, hat das FG München mit Urteil vom 14.11.01 die Entsprechung festgestellt (FG München 14.11.01, 4 K 2407/98, EFG 02, 482). Für
die kanadische „capital-gains-tax“, die ebenfalls als Wertzuwachssteuer
konzipiert ist, hat der BFH mit Urteil vom 26.4.95 eine Entsprechung abgelehnt (BFH 26.4.95, II R 13/92, ZEV 95, 306).
5.3 Anrechnungsbeschränkung
Gemäß § 21 Abs. 2 Nr. 1 ErbStG kann die ausländische Steuer nur insoweit
auf die deutsche Steuer angerechnet werden, als das Auslandsvermögen
auch der deutschen ErbSt unterliegt. Die ausländische und die deutsche
Steuer müssen sich daher auf dasselbe Vermögen beziehen. Es muss
daher stets untersucht werden, ob der im Ausland belegene Vermögensgegenstand – im Falle einer beschränkten Steuerpflicht – auch nach dem
deutschen ErbSt/SchenkSt i.V. mit § 121 BewG in Deutschland besteuert
worden wäre. Kontoguthaben und Wertpapierdepots wären z.B. bei einer
beschränkten Steuerpflicht in Deutschland nicht steuerpflichtig. In Spanien
unterliegen sie hingegen auch bei einer nur beschränkten Steuerpflicht
der ErbSt/SchenkSt. Die Regelung des § 21 Abs. 2 Nr. 1 ErbStG führt dann
dazu, dass spanische Kontoguthaben und Wertpapierdepots, aber auch
Kapitalforderungen (z.B. aus Darlehen) und Sachleistungsansprüche in
Spanien und Deutschland besteuert werden, eine Anrechnung der spanischen Steuer auf die deutsche Steuer jedoch ausgeschlossen ist. Es kommt
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Offen ist, ob Wertzuwachssteuer der
deutschen ErbSt/
SchenkSt entspricht
Bei beschränkter
Steuerpflicht
können spanische
Kontoguthaben ...
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Schwerpunktthema
somit zu einer echten Doppelbesteuerung (Gebel, Erbschaftsteuer bei
deutsch-spanischen Nachlässen – Probleme der Steueranrechnung, IStR
01, 71, 74). Dies stellt laut EuGH keinen Verstoß gegen Gemeinschaftsrecht
dar (EuGH 12.2.09, C-67/08). Die Anrechnung der spanischen ErbSt ist zudem insoweit begrenzt, als dass sie nur von dem Teil der deutschen ErbSt
abgezogen werden kann, der auf den spanischen Vermögensteil entfällt.
... und Wertpapierdepots zu einer
echten Doppel­
besteuerung führen
Beispiel
Der Nachlass des E unterliegt in Deutschland der unbeschränkten Erbschaftsteuerpflicht. Die deutsche ErbSt beträgt für den Gesamtnachlass 100.000
EUR. 1/5 des Nachlassvermögens befindet sich in Spanien. Dort wird eine
ErbSt von 30.000 EUR erhoben. Für das Auslandsvermögen müssen somit
20.000 EUR ErbSt in Deutschland gezahlt werden. Die in Spanien gezahlten
Steuern können nur i.H. von 20.000 EUR angerechnet werden. Es ergibt
sich daher eine Gesamtsteuerbelastung von 110.000 EUR.
Ist eine Anrechnung der spanischen Steuern über § 21 ErbStG nicht
möglich, wird teilweise ein Abzug als Nachlassverbindlichkeit für möglich
gehalten (FG München 6.7.05, 4 K 3290/03, Revision eingelegt, Az. BFH:
II R 45/05, ErbBstg 06, 95; ablehnend Gebel, ZEV 06, 130, 131).
5.4 Verfahren der Anrechnung
Die Anrechnung wird nicht von Amts wegen vorgenommen, sondern muss
mit der deutschen Steuererklärung beantragt werden. Der Steuerpflichtige muss dartun und durch Urkunden beweisen, dass die spanischen
Steuerbehörden die spanische Steuer festgesetzt und die Steuer entsprechend der Festsetzung bezahlt wurde.
Es sollte daher zunächst die Festsetzung der deutschen Steuer bis zur
Abwicklung des Steuerfalls in Spanien hinausgezögert werden. Teilweise
führt die in Spanien übliche Selbstveranlagung (autoliquidación) zu Problemen, da es hier an einer Steuerfestsetzung fehlt (Gebel, Erbschaftsteuer
bei deutsch-spanischen Nachlässen – Probleme der Steueranrechnung,
IStR 01, 71, 75). Ist die deutsche Steuerbehörde nicht bereit, die Steuerzahlung bzw. Festsetzung in Spanien abzuwarten, sollte der Erwerber
auf jeden Fall darauf hinwirken, dass die Steuerfestsetzung bezüglich
der Anrechnung vorläufig ist. Lässt er hingegen die Steuerfestsetzung
in Deutschland bestandskräftig werden, kann eine später festgesetzte
und bezahlte spanische ErbSt möglicherweise nicht mehr im Wege der
Bescheidskorrektur berücksichtigt werden, weil es sich bei der nachträg­
lichen Steuerzahlung nicht um ein Ereignis mit steuerlicher Wirkung für die
Vergangenheit i.S. des § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO handelt (FG Düsseldorf
21.8.98, 4 K 5740/94, ErbBstg 99, 66; a.A. Gebel, IStR 01, 71, 75).
Abzug als Nachlassverbindlichkeit
denkbar
Anrechnung
auf Antrag
Auf vorläufige
Steuerfestsetzung
hinwirken
Weiterführend Hinweise
ÂÂ Zivilrecht: Die spanische Ferienimmobilie (ErbBstg 08/2010, S. 193 ff.)
ÂÂ Steuerrecht: Die spanische Ferienimmobilie (ErbBstg 09/2010, S. 220, in dieser
Ausgabe)
ÂÂ Gestaltungsoptionen: Die spanische Ferienimmobilie (ErbBstg 10/2010, in der
kommenden Ausgabe der ErbBstg)
Erbfolgebesteuerung 9 | 2010
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