Laudatio für Gerhard

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Laudatio für Gerhard
Laudatio- Verabschiedung von Gerhard Scharner – 23. 04. 2009
Lieber Gerhard, liebe Mitglieder und Freunde der DOG,
als wir im Jahre 1987 die Gründung der Bezirksgruppe „Südniedersachsen“ der DOG planten, war
es anfänglich eine der wichtigsten Aufgaben, den geeigneten Repräsentanten für den Vorsitz
unserer Organisation zu finden. Wir fanden ihn mit Horst Vogel, der als ehemaliger
Hochleistungssportler (DM im Rudern), weiterhin begeisterter Sportfan und natürlich auch als
Mann der Wirtschaft (Vorstandsvorsitzender der Volksbank Göttingen) hohes Ansehen in
Göttingen genoss und somit beste Voraussetzungen für die Führung beim Aufbau der DOG mit
sich brachte.
Als er nach sechs Jahren im Amt in den beruflichen Ruhestand ging und sich wieder ganz
nach Kassel, seiner Heimat, orientierte, wurde ein Nachfolger an der Spitze unserer Bezirksgruppe
gesucht. Zunächst gab es Befürchtungen, diese Person mit den Qualitäten von Horst Vogel so
schnell oder möglicherweise gar nicht in Göttingen finden zu können, denn der Charakter der
DOG als quasi einem Dachverband im Sport mit geringen Eigenmitteln brachte es mit sich
– und bringt es auch heute noch mit sich -, dass wir auf der Arbeitsebene für ein erfolgreiches
Agieren auf eine technische Infrastruktur angewiesen waren, die uns bis dahin der bisherige
Vorsitzende über seine Bank zur Verfügung stellte.
Viel wichtiger war es aber – und das gilt gleichwohl auch heute noch -, dass diese Person an
der Spitze der DOG das notwendige Interesse für die Aufgabe sowie vor allem die Leidenschaft
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für den Sport insgesamt - insbesondere für die Olympische Idee und Olympische Bewegung - mit
brachte und mitbringt. Darüber hinaus muss man in solch einem Amt auch eine ausreichende
Kommunikationsbereitschaft und –möglichkeit mit vielen Menschen in und auch außerhalb des
Sports haben.
Als wir also noch sehr unsicher waren, solch eine Person wiederum zu finden, kam plötzlich und für einige auch überraschend - vom scheidenden Amtsinhaber Horst Vogel selbst der
Vorschlag, auf den Vorstandsvorsitzenden des Konkurrenzunternehmens, der Sparkasse
Göttingen, Gerhard Scharner zuzugehen. Horst Vogel hat dann auch das entscheidende Gespräch
mit dem Kollegen Scharner geführt und dieser hat die Kandidatur angenommen.
Eine Reihe von Mitstreitern aus dem Vorstand – so auch ich – kannten bis dahin Gerhard Scharner
nur dem Namen nach. Wir wussten aber, dass er neben all seinen wichtigen und bedeutenden
beruflichen Aufgaben als ‚Chef’ der größten Bank Südniedersachsens auch ein Mann des Sports
war - und das nicht nur aus der Verantwortlichkeit für die immense Förderung des Sports in der
Region durch sein Haus. In seiner vorherigen Tätigkeit bei der Sparkasse in Hann-Münden war er
einige Jahre erfolgreich 1. Vorsitzender der größten Mündener Turn- und Sportvereins, der TG
von 1860, gewesen. Und selbst wenn man berücksichtigt, dass man dieses Amt in Hann-Münden
quasi als Eingangstor zum Aufstieg in das Vorstandsamt der Sparkasse auferlegt bekommt und
anzunehmen hat, so konnte man es dann doch besser oder schlechter machen. Gerhard Scharner
hatte sich in diesem Amt aber bestens bewährt, nicht zuletzt, weil er den Sport liebte.
Wir waren also grundsätzlich voller froher Erwartungen als im Mai 1993 Gerhard Scharner zum 1.
Vorsitzenden der Bezirksgruppe im Hause der Refra-Technik mit dem Gastgeber Dieter Meyer
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gewählt wurde. Was blieb, war aber bei einigen, die ihn noch nicht persönlich kannten, eine
gewisse Unsicherheit wie die Kommunikation mit ihm laufen würde. Im Gegensatz zu seinem
Vorgänger Horst Vogel erschien er uns doch etwas ‚spröder’ und distanzierter. Man würde sich
also möglicherweise etwas komplizierter annähern müssen.
Eines schien aber von Anfang an gesichert und realisierte sich dann auch reibungslos. Nicht
zuletzt auch über die ‚Gastrolle’ in der Sparkasse und deren Infrastruktur konnten wir unsere
Arbeit zielstrebig fortsetzen, unsere Organisation stetig verbessern und mit zahlreichen
Veranstaltungen auch weiter in der regionalen Sportlandschaft sehr präsent sein.
Dabei lernten wir auch unseren Vorsitzenden immer besser kennen und spätestens nach dem ersten
Mal des begeisterten Berichts über sein olympischen ‚Urerlebnisses’ als noch jugendlicher
Zuschauer vor Ort bei den Olympischen Spielen in Rom 1960 wussten wir ganz sicher, dass
Gerhard Scharner auch ein Mann des Olympischen Sports war - und es bis heute geblieben ist. So
konnte er mit Kompetenz und der notwendigerweise manchmal auch etwas irrationalen Empathie
für diese Bewegung unsere Organisation bestens führen und repräsentieren.
Für mich als inzwischen auch schon in Führungskreisen des Sports einigermaßen ‚Erfahrener’ war
der Umgang mit ihm aber immer noch ein anderer als mit den sonstigen Kreisen der sog.
‚Sportkameraden’. Irgendetwas im Umgang mit ihm war anfänglich immer noch anders, etwas
distanzierter.
Dann aber kamen die Olympischen Spiele in Atlanta 1996. Ich war für die Bundes-DOG der
Fahrtleiter einer großen Reisegruppe von Mitgliedern dorthin. Vornehmlich waren es unsere
Jugendlichen und sog. ‚Jungen Erwachsenen’- unter ihnen auch unsere spätere Vizepräsidentin
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Petra Reußner aus Göttingen. Aus dem Kreis der sog. ‚Erwachsenen’ kamen aus Göttingen nur
Gerhard und Gisela Scharner. Und spätestens als wir in der ersten Nacht am Busbahnhof in
Atlanta das Warten auf den Rücktransport in das ca. 100 km entfernte Quartier in Macon mit einer
‚Budweiser-Spontanfete’ überbrückten, war der Bann gebrochen. Der konnte ja nicht nur seriös
und fachlich kompetent auftreten, der konnte ja auch feiern und richtig lustig sein, seine Frau
Gisela sowieso. Und dieses Szenario wiederholte sich dann beinahe jeden Tag in Atlanta. Nolens
volens beendeten wir den olympischen Tag in den USA jeweils mit einer Stehparty unter einem
Brückenpfeiler des Highways Atlanta-Macon.
Gemeinsam mit vielen Mitgliedern unserer Bezirksgruppe haben wir dann in den folgenden
13 Jahren bis heute solch unvergessliche olympische Tage in Sydney, Athen und letztlich Peking
erlebt und mit diesen Fahrten ein besonderes Markenzeichen der DOG-Ära ‚Scharner’ – die
Olympiafahrten zusammen mit Studierenden der Universität – in der Geschichte der
Bezirksgruppe fest verankert. Gleiches gilt für die jeweils aus einer Kombination von ‚Sport
erleben’ und allgemeinkultureller Bildung ‚komponierten’ Winterfahrten, die viele von uns besser
miteinander vertraut gemacht haben und die olympische Idee in ihrem soziale Kern,
der friedlichen und freudvollen menschlichen Begegnung, ganz konkret gemacht haben
- in der selbst erlebten konkreten Aktion vor Ort, und nicht über irgendwie abgehobene
theoretische Formeln, Vorträge und Forderungen.
Genau bei diesen Aktivitäten entwickelte Gerhard Scharner seine besondere Kraft und
Ausstrahlung. Möglicherweise ist das auch eine Folge seiner Prägung als Banker einer Sparkasse,
für die es ja – wie sie gerade auch als regionaler Sportförderer immer wieder betont –
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so wichtig ist, für und mit den Menschen vor Ort ganz konkret das Leben zu gestalten.
Auf jeden Fall hat Gerhard Scharner in den vergangenen 16 Jahren entscheidend dazu
beigetragen, dass die südniedersächsische DOG mit Sitz in Göttingen sich zu einer der größten
Regionalgruppen in Deutschland entwickelt hat. Die Aktivitäten der Bezirksgruppe wurden dabei
konsequent auf die übergeordneten Ziele der DOG ausgerichtet, zu deren Schwerpunkten neben
der ursprünglichen Förderung des olympischen Gedankens als Ausdruck einer friedvollen
internationalen Begegnung von Menschen mit Interesse am Leistungssport vor allem die
leistungsorientierte Nachwuchsförderung, der Ausbau von Einrichtungen zur frühkindlichen
Bewegungserziehung und die gesellschaftliche Integration von behinderten Menschen über den
Sport gehört. Entsprechend hat Gerhard Scharner mit all seiner von großer Sportbegeisterung
getragenen Kraft und der fachlichen Kompetenz u.a. das von der hiesigen DOG initiierte und
mitgetragene Pilotprojekt des Bewegungskindergartens in Friedland, die systematische
Unterstützung von jungen Sporttalenten der Region über ein Patenschaftsmodell sowie die
Förderung einer Reihe von behinderten Leistungssportlern zu seinen besonderen
Aufgabeschwerpunkten gemacht.
Darüber hinaus wurden in seiner Amtszeit die jährlichen Sportforen mit Experten aus ganz
Deutschland ausgebaut, die immer wieder großes Interesse in der Öffentlichkeit gefunden haben.
Und in all diesen Aktivitäten realisierte sich der besondere Charakter der DOG, die damit keinerlei
eigene Sportpraxis anbietet – und damit auch nicht zum Konkurrenten der bestehenden
Grundorganisationen des Sports wird -, sondern versucht, diese in ihrem Tun zu unterstützen und
zu fördern.
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Mit seinem heutigen Ausscheiden aus dem Amt des 1. Vorsitzenden der DOG-Bezirksgruppe
„Südniedersachsen“ kann Gerhard Scharner nun auch in diesem Bereich seiner gesellschaftlichen
Aktivitäten mit Stolz auf eine überaus erfolgreiche Arbeit für und mit dem Sport zurückblicken.
Lieber Gerhard, ich hoffe, dass auch Dir die Zeit an der Spitze unserer DOG soviel an
Positivem gegeben hat wie Du es für uns alle eingebracht hast. Wir sind Dir für Dein so
glaubwürdiges Engagement zu Dank verpflichtet und wir danken Dir für alles Gute, das Du
eingebracht hast. Alles hat ein Ende und 16 Jahre an der Spitze einer Organisation sind eine lange
Zeit. Gerade ich verstehe sehr gut, wenn Du jetzt Deine Zeit ‚freier’ und mit anderen
Schwerpunkten – z.B. als ‚aktiver Großvater’ – nutzen willst. Du bleibst ja einer von uns und ich
hoffe auf noch viele gemeinsame ‚olympische’ Erlebnisse mit Dir und vor allem auch Deiner
Gisela.
gez. Wolfgang Buss
Göttingen, den 23. April 2009
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