Naturnaher Garten als Bewirtschaftsform im Kleingarten

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Naturnaher Garten als Bewirtschaftsform im Kleingarten
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Naturnaher Garten als
Bewirtschaftsform im
Kleingarten
Bundesverband Deutscher Gartenfreunde e.V.
Gemeinnützige Organisation für das Kleingartenwesen
Schriftenreihe des Bundesverbandes
Deutscher Gartenfreunde e.V., Berlin
( BDG )
Heft / 2002
24. Jahrgang
Tagung:
vom 13. bis 15. September 2002 in Wismar
Herausgeber:
Bundesverband Deutscher Gartenfreunde e.V.
Platanenallee 37, 14050 Berlin
Telefon 030/ 30 207 140/141
Telefax 030/ 30 207 139
Präsident:
Ingo Kleist
Seminarleiter:
Jürgen Sheldon
Präsidiumsmitglied des Bundesverbandes
Deutscher Gartenfreunde e.V.
Zusammenstellung:
Ute Gabler
Nachdruck und Vervielfältigungen (fotomechanischer und anderer Art) - auch
auszugsweise - dürfen nur mit Genehmigung des Bundesverbandes
Deutscher Gartenfreunde erfolgen.
ISSN 0936-6083
Auflage: 1.000
Diese Tagung wurde durch das Bundesministerium für Verbraucherschutz,
Ernährung und Landwirtschaft, 53107 Bonn finanziell gefördert.
INHALTSVERZEICHNIS
Vorwort
SEITE
5
Jürgen S h e l d o n
Präsidiumsmitglied des Bundesverbandes
Deutscher Gartenfreunde e.V.
Naturnaher Garten – was ist das?
7
Dr.–Ing. Gunter B a r t h o l m a i
Lehrstuhl für Landschaftsarchitektur und Planung der TU München
Freising-Weihenstephan
Lebensräume im naturnahen Garten?
21
Reinhard C o n r a d
Biologe
Gera
Neue Obstsorten und ihre Verwendung im Garten mit
erforderlichen Pflegeformen
45
Prof. Dr. Christa F i s c h er
Dresden
Integrierter Pflanzenschutz im naturnahen Garten erforderlich?
59
Adalbert G r i e g e l
Diplomgärtner
Dorsheim
Naturgerechte Bewirtschaftung von Gärten
77
Heinrich L e u m e r
Bremen
Bundesverband Deutscher Gartenfreunde e.V. - Grüne Schriftenreihe 161
Bericht der Arbeitsgruppen
AG I. „Naturnaher Garten / Aber wie?“
87
Berichterstatter: Joachim Roemer
Landesverband Niedersächsischer Gartenfreunde e.V.
AG II. „Integrierter Pflanzenschutz ist im naturnahen
Garten nötig!“
89
Berichterstatter: Günter Langner
Landesfachberater Landesverband Berlin e.V.
AG III. „Naturgerechte Bewirtschaftung“
91
Berichterstatterin: Elfriede Falk
Fachberaterin Landesverband Hessen der Kleingärtner e.V.
Bundesverband Deutscher Gartenfreunde e.V. - Grüne Schriftenreihe 161
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Vorwort
Als Veranstaltungsort für die zweite Fachberatertagung für Multiplikatoren und
Führungskräfte wurde die Hansestadt Wismar gewählt, da sich hier die Information
auf der Landesgartenschau des Landes Mecklenburg-Vorpommern an Hand von
Mustergärten vertiefen ließ. Mit dem Besuch des Lehr- und Demonstrationsgartens
Großstieten bei Wismar und seinem Lehr- und Naturpfad konnte das Gesamtthema
„Naturnaher Garten als Bewirtschaftsform im Kleingarten“ noch mehr verdeutlicht
werden.
Herr Dr. Gunter Bartholmai, Freising, hat in seinem Referat die drei –
Naturenmodelle in verschiedenen Naturebenen beschrieben. Hier wird das
Verhältnis des Menschen zur Natur erklärt, bzw. die Aneignung von Natur durch den
Menschen erläutert. In dem Beispiel der Modellkleingartenanlage in Regensburg
wurde der naturnahe Garten in seiner Entwicklung in Wort und Bild vorgestellt.
In seinem Vortrag „Lebensräume im naturnahen Garten“ erläuterte Herr Reinhard
Conrad, Gera, als Biologe, welche Möglichkeiten es gibt, die Artenvielfalt zu
erhalten, bzw. welche noch zu steigern ist. Wer seinen Garten naturnahe entwickeln
will, muss bedenken, dass ein solcher nicht zu erzwingen ist. Organismen wandern
bei Zusagen der Qualität in die geschaffenen Lebensräume ein und verlassen sie
auch wieder mit zunehmender Verschlechterung, z.B. bei Fehlen des
Nahrungsangebotes.
Mit ihrem Beitrag „Neue Obstsorten und ihre Verwendung am Beispiel des Apfels“
konnte Frau Professor Dr. Christa Fischer aus Dresden das Wissen über die RESorten (Resistenz) aus Pillnitz vertiefen. Sie sind inzwischen für den Kleingärtner
unverzichtbar geworden, da sie die unterschiedlichsten Verbraucherwünsche
bezüglich Reifezeitstaffelung, Geschmacksrichtung und Verwendungsmöglichkeiten
erfüllt.
Herr Dipl. Ing. Adalbert Griegel, Dorsheim, konnte mit seinem Vortrag die Frage
„Ist integrierter Pflanzenschutz im naturnahen Garten erforderlich?“ beantworten.
Beginnend mit den indirekten Maßnahmen, wie Arten- und Sortenwahl, Ernährung
und Düngung, Bodenbearbeitung, Fruchtfolge und Mischkulturen, Pflanzabstände,
Aussaat und Pflanzzeit, Erntezeit und Pflanzenstärkung, bzw. Wasserversorgung, bis
hin zu direkten Pflanzenschutzmaßnahmen . Dazu wurden
-
mechanisch – physikalische Maßnahmen
biotechnische Maßnahmen
biologische Maßnahmen
chemische Maßnahmen
vorgestellt und ausführlich erläutert.
In seinem Beitrag hat Herr Heinrich Leumer, Bremen, die naturgerechte
Bewirtschaftung von Gärten vorgestellt. In Wort und Bild wurden seine Erfahrungen
als Landesfachberater, zum naturnahen Obst- bzw. Gemüsegarten, praxisnah
weitervermittelt.
Jürgen Sheldon
Präsidiumsmitglied Fachberatung
des Bundesverbandes Deutscher Gartenfreunde e. V.
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Naturnaher Garten – was ist das?
Dr.-Ing. Gunter B a r t h o l m a i
Lehrstuhl für Landschaftsarchitektur und Planung der
TU München
Freising-Weihenstephan
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Naturnaher Garten – was ist das?
Das Thema enthält eine Frage, die nur beantwortet werden kann, wenn geklärt ist,
was wir heute unter Natur verstehen, wodurch unser Verhältnis zur Natur geprägt ist
und was die historische Entwicklung dahin war. Es schwingen dabei Begriffe wie
Ökologie, Landschaft und Umwelt mit, die kurz besprochen werden sollen und die für
die Behandlung des Themas wichtig
sind.
Es geht (zweitens) um den Garten
und sein sich immer wieder
veränderndes Verhältnis zur ‚Natur‘.
Mustergärten der Anlage Regensburg (8.2002)
Im dritten Teil des Referats möchte
ich Ihnen eine Anlage und ihre
konzeptionellen Regeln vorstellen,
die – mittlerweile fast 15 Jahre alt –
als Modellanlage für naturnahe
Kleingärten entworfen und gebaut
wurde und betrieben wird.
Begriffe
Begriffe wie Garten, Natur, Landschaft und Ökologie sind uns so geläufig und
selbstverständlich, dass sich weiteres Nachdenken darüber fast nicht mehr lohnt.
Trotzdem wirken sie häufig missverständlich oder doch unklar, weil sie subjektiv mit
unterschiedlichen Inhalten und Erfahrungen verknüpft werden.
Natur kann nicht Garten sein – und Gärten sind das Gegenteil von Natur.
Wollen Gärten dichter an der Natur sein, müssen sie bestimmte Merkmale ihrer
kulturellen Identität aufgeben, bzw. sie sind für ehemals wichtige Garteninhalte nicht
mehr brauchbar. Kleingärten und Kleingartenanlagen können und sollen sich
biologischen Prozessen annähern und damit einen ökologisch positiven Beitrag
leisten
- Kleingärten sind aber keine Naturschutzgebiete – sie haben weitere Aufgaben
zu erfüllen.
Was meint „naturnaher Garten“?
Nach „naturnahen Regeln“ entwickelte Konzepte machen „ökologische Prinzipien“,
wie haushälterischen Umgang mit den Ressourcen, Nachhaltigkeit und vernetztes
Denken zur Grundlage einer zukünftigen Entwicklung.
Die Anforderungen lassen sich konkret benennen und gelten für den Bau und den
Betrieb – und wie in Wismar diskutiert selbstverständlich auch für den zunehmend
wichtiger werdenden Umbau - von Anlagen:
•
•
sparsamer Umgang mit den natürlichen Ressourcen Boden, Wasser und
Luft
sparsamer Umgang mit Energie und Material
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•
•
•
Berücksichtigung von Langlebigkeit und/oder Wiederverwendbarkeit
'Rekultivierung' ehemals belasteter Flächen
soziale Mischung und Integration
Kleingärtner haben eine lange soziale
und gärtnerische Tradition, die im
Umgang mit Pflanzen und Menschen,
mit dem Boden und dem Wasser, mit
dem Experiment und der Erfahrung
geübt sind.
Den Umgang mit Pflanzen zu
vermitteln, von der Aussaat bis zur
Ernte, vom richtigen Zeitpunkt bis zum
Haltbarmachen, vom Erziehen und
Veredeln bis zum Rückschnitt sind
Wissen und Erfahrungen, die heute
Kleingarten um 1955
kaum mehr direkt vermittelt werden
oder abgeguckt werden können.
Naturbeobachtung – Wetter, Wildtiere, Wildpflanzen – sind bei der Gartenarbeit
Selbstverständlichkeiten.
Den Garten auch als sozialen Ort, integrativen und integrierenden Raum zu
verstehen, war immer Basis dieser Garten-Kultur und muss weiter entwickelt werden.
Naturnähe - so wie wir sie verstehen - ist die Nähe zu biologischen Prozessen mit
Kompostwirtschaft, standortgerechter Pflanzenwahl, Schonung der Trinkwasserreserven, reduziertem Stromverbrauch usw. – nicht das nierenförmige ‚Feuchtbiotop‘ aus wiederverwerteten Kunststoff aus dem Baumarkt
Über Natur
Der Naturbegriff kennt viele Definitionen: philosophische, naturwissen-schaftliche,
technische, künstlerische, politische, religiöse, usw..
Sie alle haben miteinander zu tun, unterscheiden sich aber bezüglich ihrer jeweiligen
disziplinären Fragestellung.
‚Wo immer im Wandel von Verhältnissen des menschlichen Lebens und Erkennens ein
Fundament, eine Sicherheit und Festigkeit gesucht wird, liegt deshalb der Rückgriff auf
Naturbestimmung nahe. ...
Das ‚naturgemäße Leben‘ wird als Norm gegenüber einer verunsicherten Zivilisation
angeboten. Die ‚Natur‘ soll uns zeigen, wie die Kinder zu erziehen seien, in welcher
Lebensform wir uns einzurichten hätten, wie der Staat zu organisieren ist, welche
Besitzverhältnisse dem Menschen angemessen usw.
Das ;Zurück zur Natur‘ hat nur deshalb seine Zugkraft, ja das Beschwörende einer
Zauberformel, annehmen können, weil es weit ausserhalb des Rousseauschen
Gedankengutes auf eine primäre Einstellung und Sehnsucht traf: überhaupt in etwas Festem
und Beständigem, das nicht von der Wandelbarkeit menschlicher Einstellungen tangiert ist,
seinen Halt zu finden – und sei es um den Preis der Verdrängung der eigenen
Ungesichertheit und Vergänglichkeit‘.(11ff)
Schäfer, Lothar: Wandlungen des Naturbegriffs in: Zimmermann, Jörg (Hrsg.) Das Naturbild
des Menschen, Wilhelm Fink Verlag, München, 1982
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Nachdem sich unser alltägliches Leben weitestgehend von natürlichen Prozessen
und Abhängigkeiten emanzipiert hat (wir arbeiten jahreszeiten- und
wetterunabhängig, essen Erd-beeren im Winter und verschen-ken ganzjährig
Rosen), ist 'die Natur' für viele von uns ein Symbol mit einem gesell-schaftlich hoch
akzeptierten Wert.
Unsere heutige Vorstellung von
Natur ist die einer ‚Gegenwelt‘
zur
individuellen
und
gesellschaftlichen
Wirklichkeit.
Natur wird in die Regionen des
Nicht-Alltags gedrängt.
– und in der Produktwerbung
wird mit dieser Vorstellung häufig
gespielt –
Natur gilt als das Reine,
Unschuldige und Unbelastete.
Gebirgslandschaft Karwendel
Hier, der durch die Stadt und die
Zivilisation, die Technik und die
Arbeitsprozesse verdorbene, veränderte, eingezwängte Mensch - dort, die freie
‚Natur‘ mit unschuldigen Tieren, freiwachsenden Pflanzen, Sonne und Regen,
(sauberen Produkten) - und freien Menschen, die nichts anderem unterworfen sind
als dem Gang des Tages.
‘Natur ist das, was von selbst da ist, also nicht durch
menschliche Kunst; Natur ist das Naive, also
Unreflektierte; Natur ist das Wilde und Primitive, also
das Nichtzivilisierte; Natur ist das Unschuldige und
Freie, der un- und vorgesellschaftliche Ort, nach dem
sich der Mensch sehnt, seitdem und wann immer er
an der Gesellschaft leidet.’
Böhme, Gernot (1989); Für eine ökologische
Naturästhetik
Es gibt verschiedene Modelle für die Definition
von Natur und ihren unterschiedlichen Ebenen.
Für unser Thema scheint das ‚3-Naturen-Modell‘
besonders geeignet.
Die ‚Erste Natur‘ ist diejenige Natur, die ohne
den zivilisatorischen Einfluss des Menschen
oder menschlicher Gesellschaften existiert.
Ein Zustand, der in Mitteleuropa und weiteste
Teile der Erde schon lange nicht mehr existiert.
Selbst die entlegensten Teile unserer Erde (z.B.
Arktis und Antarktis, Wüsten, Regenwälder) und die höchsten Regionen der Berge
unterliegen neuerem oder ältestem Nutzungswillen des Menschen (denken Sie an
‚Ötzi‘).
Caspar David Friedrich:
Der Wanderer über dem Nebelmeer (1818)
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Die ‚Zweite Natur‘
Als ‚Zweite Natur‘ gilt die ‚Kultur-Landschaft‘, die zuerst geprägt ist von Land- und
Forstwirtschaft, die aber auch die Siedlungsentwicklung - und damit auch die Städte-,
die Infrastruktur (also die Strassen und Bahnlinien, Kanäle und Leitungstrassen,
usw.) umfasst.
‚Desgleichen besitzt der Mensch
die uneingeschränkte Herrschaft
über die Güter der Erde: Wir
nutzen die Ebenen und die
Berge, uns gehören die Seen, wir
säen Korn, wir pflanzen Bäume;
durch
Bewässerungsanlagen
machen wir unsere Ländereien
fruchtbar,
wir
stauen
die
Flussläufe,
bestimmen
ihre
Richtung und leiten sie ab; kurz,
mit unseren Händen unternehmen wir den Versuch,
innerhalb der Natur gleichsam
Äcker und Obstwiese in Nordhessen
eine zweite Natur zu schaffen.‘
Marcus Tullius Cicero (106-43 v.Chr.), in: Franzen, Brigitte (2000) Seite 217
Die „Dritte Natur“
‘
Der Garten wäre – als reiner Gebrauchs- und Nutzgegenstand – der ‚zweiten Natur‘
zuzuordnen, würde er sich nicht durch seine gestaltete und ästhetische Dimension von
einem Weizenfeld unterscheiden.
Diese ‚Dritte Natur‘ wurde schon in der Renaissance als Ergänzung zur ‚unberührten
Natur‘ und zur ‚bearbeiteten Natur‘ beschrieben und meint die Garten- und
Landschaftsgestaltung als ästhetisches (Kunst-)Werk.
Innerhalb dieser ‚Drei Natur‘ lassen sich die Gärten als etwas einordnen, das in
hohem Masze mit unseren heutigen gesellschaftlichen Anforderungen und
Ausdrucksmöglichkeiten zu tun hat. Sie gehören zur ‚Dritten Natur‘ ohne dabei ihre
Beziehungen zur ‚Ersten‘ und ‚Zweiten‘ leugnen zu wollen – aber mit der eindeutigen
Anforderungen nach einer zeitgemässen und gesellschaftlichen Nutzungsmöglichkeit.
Natur und Landschaft sind also
Ideale oder Konstruktionen;
Ideale, die vom technischen und
zivilisatorischen Fortschritt
provoziert wurden und werden
und die so als Gegenbild oder
Gegenwelt des Alltags, die
Sehnsucht nach dem ‘einfachen
Leben’ beschreiben.
Landschaftsgarten Wörlitz
Einen Garten anzulegen ist
immer auch ein Stück
persönlicher Schöpfung mit
eigener Kreativität. Gärten sind
deshalb immer auch Ausdruck
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einer individuellen Auffassung des Verhältnisses zur Natur als gestaltetes Stück
Landschaft.
Über Ökologie und Naturgarten
Ökologie ist eine Naturwissenschaft, die sich nicht mit dem Symbolischen beschäftigt,
sondern nach dem Objektiven sucht.
'Ökologie ist die gesamte Wissenschaft von den Beziehungen des Organismus zur
umgebenden Aussenwelt, wohin wir im weiteren Sinne alle Existenzbedingungen
rechnen können'.
Haeckel, in OdumE.P.;1980
Die Ökologie als Naturwissenschaft untersucht Zusammenhänge und beschreibt
Abhängigkeiten. Sie will objektive Zustände analysieren.
'Sie beschreibt, in welcher Weise alle Lebewesen mit ihrer belebten und unbelebten Umwelt
in vielfältigen und verschlungenen Zusammenhängen verbunden und auf diese
Zusammenhänge angewiesen sind: als Konsumenten, und Produzenten, als Jäger und
Gejagte, als Eltern und Nachkommen, als Eroberer und Vertriebene'.
Dahl, Jürgen (1984) Verteidigung des Federgeistchens
Der Ökologie ist es egal, ob etwas schön ist oder man sich im Garten wohl fühlt. Sie
ist eine beschreibende, wertfreie Wissenschaft.
Die ‚Naturgarten-Bewegung‘
Ökologische Anforderungen und der Garten näherten sich in den 80er Jahren in der
'Natur-Garten-Bewegung' so stark an, dass bis heute dieser Begriff erklärt werden
muss.
Ab etwa 1970 gab es in Mitteleuropa eine Entwicklung, die als Teil der ÖkologieBewegung, den Fortschrittsglauben und den Glauben an das technisch Machbare
kritisierte und ein Umdenken im Umgang mit dem öffentlichen Grün in den Städten
und den Gärten forderte.
‘Unsere Gärten sind echte Kunstwerke. Das Stück Natur hat mit Natürlichkeit nicht viel zu
tun. Zwar blühen Sommerflor und Rosenbeet in aufdringlichen Farben, aber wo bleibt das
Leben, wo die Vielfalt, das bunte Durcheinander von Pflanzen und Tieren? ... In solchen
künstlichen Gärten führen wir einen ständigen Kampf gegen die wahre Natur, gegen
wildlebende Pflanzen und Tiere, die eigentlich dort heimisch wären. Wir bezeichnen sie als
Unkraut und Ungeziefer und verfolgen sie mit viel Fleiß und nach mehr Gift.’
Breitmoser ,Urs + Urs Schwarz(1981), Der Naturgarten
Die Naturgärtner forderten ein
Umdenken im Umgang mit Pflanzen,
Tieren und Flächen im besiedelten
Raum. Die Standortgerechtigkeit
und das Einheimische werden zum
obersten Gebot erklärt. Unkräuter
werden zu ‘Wildkräutern’ befördert
und die Einteilung in Nützlinge und
Schädlinge wird aufgehoben.
Mit ihnen wird das Prinzip des
Schutzes
durch
Ausgrenzung
Naturgarten in Leuwwarden NL
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umgekehrt. Nicht mehr die kulturelle Leistung des Gartens muß vor der Wildnis
geschützt werden, vielmehr wird 'scheinbare Natur' vor dem Zugriff der Zivilisation
geschützt. Auf einen definierten Areal wird einer ‘Ersatz-Natur Asyl gewährt. Hier soll
wachsen, was unter alltäglichen Bedingungen unseren Ansprüchen nicht genügt.
Allerdings werden auch Arten ausgegrenzt; nämlich solche Arten, die nicht
‘einheimisch’ sind.
Gärten
Gärten waren und sind besondere Orte – sowohl im städtischen Umfeld wie auch für
die Menschen, die sie betreiben, pflegen, in ihnen arbeiten und feiern.
Mögen sich die Gärten vom grossen Villengarten zur kleinen Parzelle, vom
Schlossgarten zum Reihenhausgarten verändert haben, ihre grundsätzlichen Inhalte
sind geblieben: Abbild des Paradieses zu sein, d.h. losgelöst von alltäglichen
Bedingungen und Zwängen andere Ziele zu verfolgen, anderen Bedingungen zu
unterliegen und Experimente zu machen und damit in anderen Zusammenhängen zu
denken als den alltäglichen Zwängen.
Gärten sind also einerseits
Wunschbilder einer Harmonie
zwischen Mensch und Natur,
der ‚wirkliche‘ und ‚verwirklichte‘ Traum vom Paradies und
andererseits kulturelle Leistung, die die Pflanze aus ihrer
natürlichen Umgebung isoliert,
sie züchtet und verfeinert, um
sie speziellen menschlichen
Anforderungen
anzupassen,
die verschiedene Kenntnisse
integriert
und
hilft
neue
Laube in Regensburg 1990
Entwürfe zu realisieren.
Aktuell ist der Garten auch Alternative zu kommerziellen Freizeitangeboten und
alltäglicher Gegenpol zur Arbeitswelt mit ihren Zwängen und Verpflichtungen.
Gärten ermöglichen selbstbestimmte Arbeit, Kreativität im weitesten Sinne,
Kommunikation und soziale Kontakte – auch Verpflichtung.
Ausserhalb technischer und formalisierter Zwänge waren Gärten immer 'Freiräume'
für 'ungezwungenes' Verhalten und formlosen Aufenthalt.
Die gestalterischen Leitbilder werden gesellschaftlich formuliert und sind davon
geprägt, welches Verhältnis eine Gesellschaft zu ihrer ‚Natur‘ hat.
Einige historische Beispiele für das Mensch-Natur-Verhältnis und dessen Ausdruck
im Garten sollen das belegen:
Schon die frühen Gärten – selbst Bauerngärten - waren niemals ausschliesslich
Produktionsstandort, sondern immer auch Orte sozialen Lebens, Gärten für die
Sinne, also gestaltete, ästhetische Räume.
Die Natur galt den Menschen des Mittelalter bedrohlich, feindlich, undurchdringlich
und dunkel (erinnern Sie sich an einige unserer Märchen).
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Der Garten war dagegen überschaubar, hell und heiter, süß und bunt. Die Pflanzen
wurden sortiert in Beeten kultiviert, Tiere wurden in Volieren und Käfigen gehalten.
Der Garten des Mittelalters gilt als Abbild einer von Gott gegebenen Ordnung, war
nachempfundenes ‚Paradies’. Er war der Natur abgerungen und mußte gegen ihre
ständigen ‘Angriffe’ verteidigt werden. Wilde Tiere und wilde Pflanzen bedrohten
diesen ‘zivilisierten Landschaftsteil’, der nur durch beständige Arbeit erhalten werden
konnte.
Dieses einfache Verhältnis Mensch - Natur verändert und kompliziert sich mit der
weiteren gesellschaftlichen und technischen Entwicklung.
Ab etwa 1720 vermischt sich die Kritik am Absolutismus französischer Prägung mit
der Kritik am französischen Garten. Jean Jaques Rousseaus ‘retour a la nature’
kritisiert den durch die Stadt und die Zivilisation verkommenen und deformierten
Menschen und stellt als Ideal den ‘guten Wilden’ oder das einfache Leben auf dem
Land, den Sennhütten und Dörfern vor.
Diese politische und gesellschaftliche Kritik findet im Landschaftsgarten oder dem
‘Englischen Garten’ seine gartenkünstlerische Entsprechung. Aber der
Landschaftsgarten ist nicht Natur, sondern stellt Natur und Landschaft dar, wird mit
hohem finanziellen Aufwand und viel Arbeit ideal nachgebildet.
Es sind ‘echte Gärten’.
Landschaftsgarten Branitz
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Modell-Kleingartenanlage Regensburg
Diese theoretischen Überlegungen und Ziele wurden vor ca. 15 Jahren in einem
Forschungsvorhaben ‘Naturnahe Kleingärten’, gefördert vom Bayerischen
Ministerium für Landesentwicklung und Umweltfragen, auf zwei ModellKleingartenanlagen angewandt.
Es ging nicht darum, den Biotop-Charakter von Kleingärten nachzuweisen, sondern
wir wollten neue naturnahe Kriterien entwickeln, die die historischen Aufgaben des
Kleingarten -Nahrungsmittelproduktion und soziale Kontakte- mit den neuen
Anforderungen -Freizeit und Erholung- und mit stadtökologischen Anforderungen
verknüpft.
Die Naturnähe von Kleingärten und Kleingartenanlagen entsteht nicht durch
ein 'natürliches Erscheinungsbild' von Gärten und Erschließung, sondern mit
den Wirtschaftsweisen und den Bautechniken.
Ziele für die Entwicklung der Anlagen wie für die Einzelgärten sind
- Wirtschaftsweisen mit reduzierter Energiezufuhr,
- reduziertem Trinkwasserverbrauch,
- ohne den Einsatz von chemischen Düngemitteln,
- ohne Pestizideinsatz.
Eigenentwickelte Resistenz, interne Stoffkreisläufe und
eine Sensibilisierung der Kleingärtner für ökologische Probleme waren weitere
definierte Ziele.
Beim Bau der Anlage und der Gärten sollten
- alternative Bautechniken,
- Materialrecycling,
- passiver Holzschutz und Selbstbau,
- extensive Dachbegrünung,
- passive Sonnenenergienutzung, u.a.
Es sollten Neugier und Experimentierfreude gefördert werden, um unkonventionelle
Verfahren auszuprobieren.
Die
theoretischen
und
inhaltlichen
Vorstellungen,
sowie die Umsetzungsmöglichkeiten wurden zwischen den
Beteiligten -Planern, Gartenamt, Umweltministerium, Kleingartenverband und nicht zuletzt
mit den Garten-interessentenvor
Beginn
des
Bauens
diskutiert, es wurde kritisiert
und gemeinsam nach Lösungen gesucht.
Den Interessenten wurden die
Gemeinsame Arbeit an Trockenmauer,
Regensburg (1988)
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Wirtschaftsweisen und Bau- und Anbau-Techniken in Informationsveranstaltungen
vorgestellt und eine Sammlung von Arbeitsblättern konnte helfen, grundlegende
Kenntnisse zu vermitteln.
Organisation der Anlage
Aufbau und innere Struktur der Anlage in Regensburg unterscheidet sich kaum von
konventionellen Anlagen. Die Parzellierung nutzt das vorhandene Grundstück optimal aus.
Extensive Obstwiesen, Mischhecken als Abgrenzung zur Nachbarbebauung und
Steinschüttungen sollten neue Lebensräume für Tiere und Pflanzen bieten und die
Erlebnismöglichkeiten erweitern.
Entwurf der Modellanlage ‚Naturnahe Kleingärten‘ Regensburg ca 1988
Die optimierte Ausrichtung der Laube mit ihrem Anlehngewächshaus nach Süd-SüdWest und die Verhinderung gegenseitiger Verschattung war eine erste wichtige
Bedingung, die Auswirkungen auf die Anlage hatte.
Das Gemeinschaftshaus mit der Geschäftsstelle des Stadtverbandes sollte einfach
zu finden sein und als Orientierungshilfe in der Anlage dienen.
Die Gartengruppen
Ein wichtiges Merkmal der Anlage in Regensburg ist die Zusammenfassung von bis
zu sechs Parzellen zu Gartengruppen mit
gemeinsamen
Nutzungsrechten
und
Unterhaltspflichten, so z.B. die Betreuung
der Obstwiesen und Teiche, die Giesswassersammlung und Verteilung, die
Kompostierung.
Um gegenseitige Benachteiligung zu
verhindern, wurden die Laubenstandorte
und Zonen für höhere Pflanzungen
planerisch festgelegt. Andere Elemente
konnten die Kleingärtner einer Gruppe
frei entscheiden und durchführen. Es
Entwurf einer Gartengruppe, Regensburg (1987)
Bundesverband Deutscher Gartenfreunde e.V. - Grüne Schriftenreihe 161
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wurden feste ‘Kernzonen’ von Parzellen
beschrieben und andere Flächen, die
sich den veränderten Ansprüchen
anpassen,
z.B.
nach
mehr
Selbstversorgung durch entsprechende
Flächenausdehnung, bzw. weniger
Gartenarbeit durch Flächenabgabe an
die Gruppe ( diese Flexibilität wurde
nicht erreicht, die Parzellengrössen
wurden festgelegt und nicht mehr
verändert).
Für die Gärten wurden verschiedene
Gartentypen mit den Interessenten
Tor zu einer Gartengruppe
besprochen. Sie haben den NeuGärtnern geholfen, ihre Ansprüche zu formulieren. Innerhalb der Gartengruppe sollte
ein reger Austausch über den Anbaumethoden, über Naturschutz im Garten, über
alternative Techniken stattfinden und Selbsthilfe organisiert werden – was auch gut
funktioniert.
Es wurden vier Typen vorgestellt: der Selbstversorger-Garten, der Familien-Garten,
der Erholungs-Garten und der Naturbeobachtungs-Garten. In jeder Gartengruppe
sind
extensive
und
intensive
bewirtschaftete Gärten gemischt.
Die Gärten der ersten Gartengruppe sind
zwischen 280 und 336 qm groß. Es gibt
29 Gärten in 5 Gruppen.
Das Regenwasser-System
Um den Verbrauch von Trinkwasser als
Gieß- und Brauchwasser zu reduzieren,
wurde
angestrebt,
nur
einen
Trinkwasseranschluß
am
Weg durch die Anlage (2002)
Gemeinschaftshaus anzubieten. Dieses
Konzept liess sich nur kurzzeitig beibehalten, heute haben alle Gärten einen
Trinkwasseranschluss.
Jede Gartengruppe ist an ein ‘Regenwassersammel-System’ angeschlossen. In
dieses System wird abgegeben oder entnommen. Ein Bach bildet das Rückgrat des
Wassersystems, speist den Teich vor dem Gemeinschaftshaus.
Das ‘Biotop-System’
In den Anlagen gibt es keine Tabuzonen
oder mit restriktiven Ordnungsmaßnahmen belegte Flächen. Verschiedene
Substrate und punktuelle Materialanschüttungen aus Natursteinen fördern
eine differenziertes Vegetationsmuster.
Sie bringen eine Konfrontation mit
‘Wildkräutern’, die einen Gewöhnungsprozess in Gang setzen sollen, der die
Steinschüttung in der Regensburger Anlage (2002)
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Toleranz gegenüber Nichtkulturpflanzen erhöhen und eine differenzierte Betrachtung
zwischen Nützlingen und Schädlingen fördern soll.
Die Laube
Unter gärtnerischen und energetischen Gesichtspunkten war die passive Nutzung
von Sonnenenergie ein wichtiges Anliegen des Modellvorhabens.
Es wurde ein Laubentyp entwickelt, der im Selbstbau oder in Gemeinschaftshilfe
errichtet werden kann, der auf einen Grundtyp - der Kernlaube- aufbauend additiv
erweitert werden kann. Im Endausbau besteht die Laube aus der Kernlaube mit dem
extensiv begrünten Dach und dem Anlehngewächshaus.
Speicherwände aus massivem Ziegelsteinmauerwerk -bereits in der Kernlaube
enthalten- speichern die Wärme ebenso wie der Erdkörper und
Laube am Hang (2002)
geben sie später ab. Damit kann die
Vegetationsperiode
gegenüber
konventionellen Gärten ohne Gewächshaus um drei
Monate im Jahr verlängert werden und es
können andere Pflanzen kultiviert werden.
Speicherwand im Anlehngewächshaus (1990)
Für den Kleingärtner sind sie die größte finanzielle Investition und eine wichtige
Voraussetzung für die Nutzung des Gartens.
Durch Standardisierung, industrielle Vorproduktion oder Teilproduktion, einfache
Konstruktion und Selbstbaumöglichkeiten konnten Kosten gesenkt und individuell angepaßte
Lösungen angeboten werden.
Lauben der Mustergärten während der
Bauphase ca. 1988
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Die Mustergärten
Um die angestrebten naturnahen Wirtschaftweisen langfristig zu sichern, sind
Informationen und Überzeugung notwendig. Drei Mustergärten wurden gemeinsam
von Kleingärtnern, Studenten und Kollegen des Lehrstuhls gebaut. Hier wurden
Techniken ausprobiert, wurde Handwerkliches trainiert und wurden Beispiele für die
anderen Gärten gegeben.
Kleingärtner und Studenten bauen gemeinsam
Zusammenfassung
Naturnahe Kleingärten sind eine Reaktion auf ein verändertes gesellschaftliches und
individuelles Bewusstsein der Umwelt gegenüber. Sie fordern mehr Toleranz
gegenüber der ‘Natur’, den Pflanzen und Tieren, auch den Menschen.
Naturnahe Gärten sind kein (Garten)Trend, sondern Gärten werden häufig aus
rationalen Gründen naturnah bewirtschaftet. Kleingärtner sollten sich ihrer guten
Erfahrungen besinnen und neue Fragen stellen und nach anderen als den
gewohnten Antworten suchen.
Wenn man auf den Perfektionismus im Ausbau seiner Laube und dem Garten, auf
akkurate und überstrapazierende Pflege verzichtet und den eigenen Ordnungsbegriff
in
diesem
Sinne
überdenkt
und
insbesondere
unser
manipuliertes
Schönheitsempfinden revidiert, entsteht eine andere Ordnung und Schönheit, deren
Reiz, Qualität und Erlebnisreichtum wir bisher kaum abschätzen können.
‚Der Garten ist der letzte Luxus unserer Tage, denn er fordert das, was in unserer
Gesellschaft am seltensten und kostbarsten geworden ist: Zeit, Zuwendung und
Raum‘.
Dieter Kienast, 1990
Dr.-Ing. Gunter Bartholmai
Lehrstuhl für Landschaftsarchitektur und Planung der TU München
Am Hochanger 6
85354 Freising-Weihenstephan
E-Mail: [email protected]
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Quellen:
Böhme, Gernot (1989)
Für eine ökologische Naturästhetik,
Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main
Breitmoser, Urs
und Urs Schwarz (1981)
Der Naturgarten
in: Grün in der Stadt,
Rowohlt Verlag, Hamburg
Dahl, Jürgen (1984)
Der unbegreifliche Garten und seine Verwüstung
Verlag Klett-Cotta, Stuttgart
Franzen, Brigitte (2000)
Die vierte Natur: Gärten in der zeitgenössischen Kunst
Verlag Buchhandl. W. König, Köln
Kienast, Dieter (1990)
Sehnsucht nach dem Paradies
in: Prof. für Landschaftsarchitektur ETH Zürich (Hrsg.)
(2002), Dieter Kienast – Die Poetik des Gartens
Birkhäuser Verlag, Basel, Boston, Berlin
Odum, Eugene, P.(1980) Grundlagen der Ökologie
Stuttgart: Thieme Verlag
Schäfer, Lothar (1982)
Wandlungen des Naturbegriffs
in: Zimmermann, Jörg (Hrsg.)
Das Naturbild des Menschen,
Wilhelm Fink Verlag, München
Bundesverband Deutscher Gartenfreunde e.V. - Grüne Schriftenreihe 161
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Lebensräume im naturnahen Garten?
Reinhard C o n r a d
Biologe
Gera
Bundesverband Deutscher Gartenfreunde e.V. - Grüne Schriftenreihe 161
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Lebensräume im naturnahen Garten?
A.
B.
C.
D.
Vorbemerkungen
Notwendige Begriffe
Auswahl von Lebensräumen und in ihnen lebenden Organismen
Zusammenfassung
Vorbemerkungen:
Im Vortrag “Lebensräume in Kleingärten - ihre Pflanzen- und Tierwelt“ wurden 1997
acht Gesichtspunkte formuliert, die sicher auch für den naturnahen Garten gelten
(vgl. CONRAD 1997).
Während im Kleingarten die individuelle Bewirtschaftung für den Eigenbedarf
traditionsbedingt das Primat besitzt (Gärten haben auch ihre Wurzeln in den seit
Jahrhunderten vorhandenen Bauern- und Kräutergärten der Klöster und
Burganlagen), muss in einem Garten mit dem erläuternden Begriff “naturnaher
Garten“ anders gewichtet werden.
Die gegenwärtigen globalen Klima- und Witterungsveränderungen und die
allgegenwärtigen antropogenen Eingriffe in unsere Umwelt bewirken weltweit eine
erschreckende Gleichförmigkeit wichtiger Lebensräume (Grasfelder, Baumplantagen
u.a.). Diese Uniformität verursacht die (sicherlich meistens nicht beabsichtigte)
Verdrängung von Arten bis hin zum Aussterben gebietstypischer, stenotoper1 Arten.
Die Beeinträchtigung der Artenvielfalt ist ein schleichender Prozess. In der Regel
werden wir erst dann aufmerksam, wenn von diesem Prozess auffällige und große
Arten betroffen sind oder wirtschaftliche Schäden uns daran erinnern, dass das
filigrane Netzwerk in der belebten Natur irreparablen Schaden genommen hat. Durch
Erhaltungszuchten vom Aussterben bedrohter Tiere, Samenbanken für Pflanzen und
eine Fülle weiterer außerordentlich kostenintensiver Hilfsmaßnahmen wird dann
punktuell versucht, wenigstens einige grobe Schäden in diesem feinmaschigen
Netzwerk zu flicken. Der Erfolg solcher oft Jahrzehnte währenden Projekte (z. B. bei
Tierarten) steht auf tönernen Füssen, denn wir sind nur ansatzweise in der Lage, den
künstlich herangezogenen Jungtieren jene Strategien zu vermitteln, die wildlebende
Tiere von ihren Eltern erhalten und die ihnen das Überleben in der Natur unter
Feinddruck sichern (gegenwärtig misslingt die Auswilderung des Film-Orkas – er
bettelt vor Norwegen nach Futter). Der Orka ist aber ein hochspezialisiertes
Säugetier!
In diesem Ringen um den Erhalt von heimischen, für eine Landschaft typischen,
stenotopen Organismen bekommen Gärten, die mehr oder weniger bewusst
naturnah bewirtschaftet werden, bundesweit in ihrer Gesamtheit einen kaum
abschätzbaren Stellenwert für die Vermehrung vieler gefährdeter Organismen.
Allerdings darf nicht verschwiegen werden, dass bei einem abrupten Wechsel in der
“naturnahen Bewirtschaftung“ genau solche Gärten zur Falle für die dort unter
naturnahen Bedingungen sich entwickelnden Organismen werden.
Das Wegsterben vieler unscheinbarer Organismen macht sich alsbald auch für
weniger aufmerksame Beobachter im Wegbleiben der nahrungssuchenden Vögel
bemerkbar. An Beispielen sollen einige Aspekte der vielschichtigen Problematik
vorgestellt werden. Die regionalen Unterschiede sind groß, und die Wichtung im
1
Unter stenotopen Arten versteht man Organismen, die nicht weit verbreitet sind und sich nur in
gleichartigen Biotopen entwickeln können. Es sind Arten mit einer geringen ökologischen Valenz.
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Detail ist oft sehr schwierig oder gar nicht möglich, so dass nur Denkanstösse
möglich sind.
Eine unverzichtbare Voraussetzung für den Gedankenaustausch sind wichtige
Begriffe, die die Inhalte der Problematik beschreiben.
Begriffe :
Lebensraum
- Vom Geographen RATZEL am Ende des 19. Jahrhundert geprägter Begriff für
die räumliche Umwelt des Menschen. Später Verbindung mit der
sozialdarwinistischen Geschichtsauffassung (Begriffserweiterung). Nach dem
I. Weltkrieg wurde der Begriff Lebensraum von der deutschen Schule der
Geopolitiker um K. Haushöfer zur Begründung für eine Ausdehnung des
Siedlungsraumes höher kultivierter Völker mit politischen, wirtschaftlichen und
militärischen Mitteln genutzt. Hitler nahm das Schlagwort vom Lebensraum in
den zwanziger Jahren auf. Im Zusammenhang mit dem rassistischen,
weltanschaulichen Vernichtungskampf gegen Judentum und Marxismus
wurde die Ausdehnung deutschen Lebensraumes im Osten zu einer zentralen
Säule seiner in die Vernichtung führenden Politik (Definition dem Lexikon
entnommen).
In der Ökologie wird der Begriff zur räumlichen Abgrenzung des Vorkommens einer
Organismenart genutzt.
Der Lebensraum umfasst also den gesamten Raum, in dem das Dasein eines
Lebewesens abläuft.
In der Zoologie wird der Begriff noch unterteilt in Territorium und Revier.
Beispiel A:
Weißstorch
1. Lebensraum (Winter- und Sommerquartier und Zugstraßen),
2. Revier (Biotop) sind z.B. Gärten, Wiesen, Felder, wo täglich Nahrung gesucht
wird
3. Territorium ist die kleinste Raumeinheit, die ein Paar zur Fortpflanzung nutzt und
gegen jeden Eindringling verteidigt
Beispiel B:
Spitzmaus
1.
Territorium: unterirdisch - Revier: Nahrung oberirdisch (auch mitunter
unterirdisch)
Die Inhalte der beiden Begriffe überschneiden sich und sind deshalb nur mit
aufwendigen Methoden voneinander abgrenzbar.
Beispiel C:
Wanderfalter
Admiral (Vanessa atalanta) & Distelfalter (Vanessa cardui) – Wanderfalter
Eiablage einzeln an Brennnesseln und Disteln – Raupenfraß - Stürzpuppe an der
Futterpflanze – Man hat beobachtet, daß Admiral-Männchen zur Fortpflanzungszeit
das Revier über mehrere Tage gegen Eindringlinge verteidigen
– Einwanderung der Falter Ende IV aus dem Mittelmeergebiet – Ei – Larve – Puppe
– Falter – Nahrungsaufnahme im Herbst an Obst oder spät blühenden Sträuchern
[z. B. Japanischer Sommerflieder (Buddleja japonica) und Hybriden vom
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Gewöhnlichen Sommerflieder
Überwinterung der Falter.
(Buddleija
davidii)]
-
Rückwanderung
oder
Beispiel D:
Baum
aus “Bäume im Lebensraum Stadt“ (1993) Band 3 der Augsburger ökologischen
Schriften:
„Auch die Jacobervorstadt wird von einem
Alleering eingerahmt; der Lebensraum der
Roßkastanien ist stark eingeschränkt; der
Asphalt reicht bis an die Stämme“ (S. 104).
Die obige Formulierung verführt den Leser zu
der Annahme, der Lebensraum eines Baumes
sei die Erdoberfläche, die durch Asphalt eben
stark eingeengt wurde.
Auf Pflanzen und viele andere Organismen sind
die Begriffe Territorium und Revier nicht
anwendbar. Zum Begriffsinhalt „Lebensraum“ für
einen Baum gehört sein Wurzelsystem, die
Bodenoberfläche über diesem und der gesamte
Kronenaufbau samt Stammbereich.
Für Bäume und Pflanzen hat sich der Begriff
Standort2 statt des mit den unterschiedlichen
Inhalten
belegten
Begriffs
Lebensraum
eingebürgert. Den Standort darf man nicht mit
Stark eingeengter Stammfuß der Eiche in
dem
Begriff
Fundort
(auch
Wuchsort)
Königsdorf, Augustusstr. 8.7.2001
verwechseln, der den Ort beschreibt, an dem
Foto. U. Conrad
eine Pflanze oder ein Baum wächst. Häufig wird
der Begriff “Lebensraum“ dem Begriff Biotop gleichgesetzt, mitunter auch das Wort
“Lebensstätte“ zur Beschreibung des Umfelds genutzt, in dem ein Organismus lebt.
Dazu formuliert STUGREN (1978): „Als Biotop, Standort oder Lebensraum wird
landläufig der engere Raum bezeichnet, in dem ein individueller pflanzlicher oder
tierischer Organismus lebt, dazu die Gesamtheit der auf ihn einwirkenden
Umweltfaktoren“.
Der oder das Biotop3 :
1. Das Biotop ist der natürliche, abgrenzbare Lebensraum einer
Lebensgemeinschaft von Tier- und Pflanzenarten, die sich in Abhängigkeit von den
Umweltbedingungen im ökologischen Gleichgewicht befinden, wie z. B. Wiese, Wald,
Gewässer, Moor.
Biotope sind also Lebensräume mit vielfältigem Leben.
2. Der Begriff Biotop wird aber auch zur Bezeichnung des Lebensraumes einer
einzelnen Art verwendet.
2
Die Gesamtheit aller auf eine Phytozönose einwirkenden Umweltfaktoren (abiotische -, biotische -,
antropogene Faktoren) wird als Standort bezeichnet (seit dem Botanikerkonkreß in Brüssel vor
hundert Jahren). Häufig genutzt in der Forstwissenschaft und in der Geobotanik.
3
Der Lebensraum einer Biozönose wird als Biotop bezeichnet. SCHWERDTFEGER (1975): „Der
Biotop ist gekennzeichnet durch seine topographischen, edaphischen, hydrischen und
lokalklimatischen Eigenheiten, durch die Gesamtheit der örtlichen abiotischen Bedingungen.
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Häufig wird für eine charakteristische Lebensstätte von Tieren der Begriff „Habitat“4
genutzt, wobei man auch in diesem Fall die Gesamtheit aller an einem Standort auf
eine Lebensgemeinschaft, eine Population oder ein Individuum einwirkenden
Umweltfaktoren versteht.
Biotopanpassung
Die speziellen Anpassungserscheinungen einer Art an die Gegebenheiten ihres
Lebensraumes (Lebensraum, Lebensstätte, Biotop).
Die Lebensgemeinschaft von Tieren, Pflanzen und anderen Organismen in einem
Biotop wird als Biozönose bezeichnet. Eine Biozönose ist also eine
Lebensgemeinschaft mit jener Artenzusammensetzung an einem bestimmten Ort,
die sich aus den ähnlichen Ansprüchen dieser Arten an abiotische und biotische
Verhältnisse ergibt.
Anmerkungen: Der Käfer Arpidiphorus orbiculatus kommt in allen Bundesländern
(Fundort) in Gärten, Parks, Auen u. Wäldern in Schleimpilzen (keine Pilze) an
morschem, faulendem Holz, seltener auch in diesen auf anderen Substraten vor (vgl.
CONRAD 1994), in denen sich seine Larven entwickeln.
Thienemanns biozönotische Grundprinzipien (1920):
1. Je variabler die Lebensbedingungen einer Lebensstätte (Lebensraum), um so
größer die Artenzahl der zugehörigen Lebensgemeinschaft.
2. Je mehr sich die Lebensbedingungen eines Biotops (Lebensraumes) vom
Normalen und für die meisten Organismen Optimalen entfernen, um so
artenärmer wird die Biozönose, um so charakteristischer wird sie, d. h. der
Individuenreichtum einzelner Arten kann zur Plage werden (Artenarmut wird
also durch Individuenreichtum kompensiert).
JACCARD (1928) formuliert aus vegetationskundlicher Sicht
1. Der Artenreichtum eines bestimmten Gebietes (Lebensraum) ist zur
Mannigfaltigkeit seiner ökologischen Bedingungen proportional
2. Die ökologische Mannigfaltigkeit, welche von den Standortfaktoren Klima,
Boden, Relief u.a. abhängig ist, wächst mit zunehmender Oberfläche und
nimmt mit wachsender Einförmigkeit ab, ganz besonders in Abhängigkeit von
extremen Erscheinungen der Temperatur, der Trockenheit oder der
Salzkonzentration.
Gesetz (THIENEMANN 1954):
Die Artenvielfalt ist um so größer, je verschiedenartiger die Lebensbedingungen sind,
und in artenärmeren Lebensgemeinschaften kommen charakteristische Arten unter
Umständen in großen Individuenzahlen vor.
4 Der Begiff wurde von LINNE benutzt und stammt vom Verb habitare = wohnen
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Biodiversität (Vielfalt)
bedeutet Vielfalt im Sinne von Verschiedenartigkeit, Mannigfaltigkeit, Variabilität und
Komplexität der Lebewesen
1. Arten-Diversität: Artenvielfalt einer Lebensgemeinschaft (bei Pflanzen eines
mehr oder weniger homogenen Bestandes) Heterogenität bzw. strukturelle
Diversität
2. Räumliche Diversität – fördert die Artendiversität und
3. räumliche Diversitätsverluste führen zu Verlusten in der Artendiversität und
zur Störung der Stabilität in einem Ökosystem bis hin zum Zusammenbruch
Biosköne und (Biochorien)
Das Bioskön ist der kleinste Lebensbezirk mit gleichförmigen Lebensbedingungen
und besonderer pflanzlicher und tierischer Bevölkerung. Zum Bioskön gehören auch
Teile des physischen Substrates (Boden – Wasser).
Der Maulwurfshügel besteht aus mindestens zwei Bioskönen – Oberfläche mit den
Tieren und die Gänge mit den darin lebenden Organismen. Im Garten ist eine Pfütze
in einer Baumhöhle, in der sich Mückenlarven entwickeln, ein Bioskön.
Nach TISCHLER (1955) sind Biochorien Aktionszentren von Organismen mit einer
bestimmten Qualität. Es sind räumlich begrenzte und häufig auch zeitlich sich rasch
verändernde Kleinstlebensräume mit ihren Lebensgemeinschaften.
(Insekten in einem Schleimpilz, Lebewesen an bzw. in Kot, Gemeinschaft der
Aaszersetzer).
Unter der ökologischen Valenz einer Art versteht man den Toleranzbereich, in dem
sich die Umweltfaktoren verändern können, ohne das dauerhafte Überleben einer Art
zu zerstören. Geringe ökologische Valenz besitzen Organismen, die sich in ihrer
evolutionären Entwicklung spezialisiert haben (z. B. Lycoperdina bovistae). Die
meisten Arten der Roten Listen gehören zu diesen. Sie werden als stenöke Arten
bezeichnet.
Stenöke Arten besitzen also eine geringe ökologische Valenz, d. h. sie sind an
besondere Umweltbedingungen angepasst und sterben aus, wenn sich diese relativ
schnell verändern.
Neuerdings werden Tierarten auch als stenotop bezeichnet, die nicht weit verbreitet
sind und sich nur in gleichartigen Biotopen entwickeln können. Es sind ebenfalls
Arten mit einer geringen ökologischen Valenz.
Beispiele:
Wanzen-Knabenkraut
Quendel-Sommerwurz
Safrangelber Weichporling6
5
6
Orchis coriophora
Orobanche alba
Hapalopilus croceus
D RL 15
D RL 3
D RL 1
Rote Liste Deutschland (D RL) 1 – vom Aussterben bedroht, 2 - stark gefährdet, 3 - gefährdet
Reliktart mit der Tendenz des Aussterbens. Fehlende Entwicklungsmöglichkeiten führten zur
Verinselung und Dezimierung der Art. Eine Ausbreitung aus diesen Refugien ist ohne menschliche
Hilfe unwahrscheinlich.
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Igel-Stachelbart
Heide-Laufkäfer
Kiefernwipfel-Tiefaugenbock
Hericium erinaceum
Carabus nitens
Cortodera femorata
D RL 2
D RL 2
D RL 3
Stenöke Arten mit möglichen
Vorkommen in Gärten
Eine solche stenotope Käferart ist der
Eremit (Osmoderma eremita). Der
europaweit sehr seltene Käfer ist in
Deutschland stark gefährdet (Rote
Liste Kategorie 2) und wurde in der
FFH-Richtlinie als prioritäre Art
ausgewiesen. Osmoderma eremita
ist pholeophil (dämmerungsaktiv) und
xylodetriticol (lebt im Mulm alter
Laubbäume). Waldränder, alte Alleen,
Parks und Straßenbäume sind wichtige
Habitate, in denen der Eremit
Entwicklungsstätten finden kann. In
diesen Habitaten entwickeln sich die
Engerlinge des Eremiten im Mulm
hohler Bäume. Die Höhlungen müssen
eine bestimmte Größe haben, was nur
in alten Bäumen möglich ist. Genutzt
werden
Hohlräume
anbrüchiger
Laubbäume (Aesculus, Tilia, Quercus,
Salix,
Fagus,
Fraxinus)
und
Obstbäume
(besonders
Malus).
Quendel – Sommerwurz (Orobanche alba)
schmarotzt auf Thymian
Hinsichtlich des Lebensraumes ist
Osmoderma eremita tatsächlich stenök
bzw. stenotop, hinsichtlich der Wirtsbäume, in denen die Käfer sich entwickeln
können, aber euryök. Da sich die Tiere auch im Mulm von Kopfweiden (Salix)
entwickeln, sind in einem Garten vorhandene Kopfweiden ein außerordentlich
interessanter potentieller Lebensraum für die Art. Der Erhalt von Kopfweiden und
Salweiden in einem Garten bietet auch vielen anderen Organismen
Überlebensmöglichkeiten. Gärten mit bereits vorhandenen Kopfbäumen besitzen
eine Fülle von Nischen zum Überleben von Organismen, so dass eine
Voraussetzung für Naturnähe ohne Zutun erfüllt ist (vgl. Artikel zu Lamia textor und
zu Protaetia aeruginosa).
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Eremit entwickelt sich im Mulm hohler Bäume
Grüner Edelscharrkäfer (Gnorimus nobilis) auf
Holunderblüte, entwickelt sich im Mulm hohler Stämme
und Äste von Laubbäumen
Als euryök werden jene Arten bezeichnet, die eine weite ökologische Valenz
besitzen und demzufolge in verschiedenen Biotopen leben können (z. B. WanderRatten, aber nicht die Haus-Ratte), also in der Lage sind, sich in Lebensräumen zu
etablieren, die große Unterschiede in den Umweltfaktoren aufweisen
(umgangssprachlich werden solche Arten als Allerweltsarten bezeichnet).
Beispiele euryöker Arten
Mauer-Zymbelkraut7 (Cymbalaria muralis) – Neophyt in Deutschland
Von Gera in Ostthüringen erstmals von HOPPE (1774) mit genauer Fundortangabe
genannt (vgl. Conrad 2000). Inzwischen in verschiedenen Lebensräumen an
Mauern, Felsen und auf Gesteinschutt vorkommend und sich noch immer
ausbreitend. Auch in Gärten an Mauern wachsend. Interessant wegen langer
Blütezeit.
Mauer-Zymbelkraut auf lockerem
Felsschutt, bei Saalfeld, Thüringen
7
Neubürger aus Süd-Europa, der sich dank der Ameisenverbreitung (Myrmekochorie) sehr schnell
immer neue Lebensräume erschließt. Inzwischen von den Mauerfugengesellschaften mancherorts in
Pflanzengesellschaften der Schuttflächen von Felsformationen eingewandert.
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Nördlicher Zinnoberschwamm (Pycnoporus cinnabarinus)
Der Pilz hat sich in den letzten 40 Jahren explosionsartig ausgebreitet und auch
ständig neue Substrate besiedelt: Betula, Prunus avium, Sorbus, Fagus, Prunus
spinosa, Populus, Quercus, Acer, Alnus, Carpinus, Corylus, Fagus, Tilia, Juglans
und auch seltene Arten wie Amelanchier ovalis [(vgl. auch Verbreitungskarte 1 u. 2 in
Dörfelt, H., Kreisel, H. & D. Benkert (1988): Karten zur Pflanzenverbreitung in der
DDR. 7. Serie: Ausgewählte Makromyceten (II)]. Kommt auch in Gärten an
liegendem Holz vor. Der Pilz ist „Lebensraum“ für verschiedene Pilzkäfer.
Nördlicher Zinnoberschwamm an einem oberirdischen Wurzelabschnitt einer Süßkirsche
Streifenwanze (Graphosoma lineatum)
Sie ist erst seit wenigen Jahrzehnten in einer ständigen Ausbreitung begriffen, auf
Doldenblüten in nahezu allen mitteleuropäischen Biotopen anzutreffen und auch in
Städten, Parks und Gärten präsent
Paarung von Streifenwanzen
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Überlegungen zu dem gegensätzlichen Wortpaar “Naturnähe – Naturferne“8
Ein begrenzter und den natürlichen Einflüssen (Wind, Witterung, Sonneneinstrahlung
usw.) entzogener Raum (staubfreie Produktionsräume, Büroräume) ist sicher als
naturfern zu bezeichnen. Bei der Verwendung des Wortes “naturfern“ für den Garten,
ergibt sich zwangsläufig eine Differenzierung des Wortes Naturferne für einen
Garten.
Ein Garten ist dann „naturfern“, wenn in ihm beängstigende Stille herrscht.
Andererseits kann es keinen Garten geben, auf den des Wort “naturnah“ ohne
Einschränkungen anwendbar ist. Der Garten ist und bleibt ein von Menschenhand
geschaffener unvollkommener Lebensraum. Naturnähe kann man an verschiedenen
Parametern festmachen. Je mehr von diesen Parametern in einem Garten
vorhanden sind, desto mehr Naturnähe kann in ihm realisiert werden. Als Maßstab
wären wenig beeinflusste Lebensräume mit ihrer Artendiversität in der Nachbarschaft
eines Gartens (z. B. Flächennaturdenkmale, Schutz- und FFH-Gebiete) vergleichend
zu nutzen.
Einige wichtige Parameter
1. Keine Bodenversiegelung, höchstens Wegeführung durch Trittsteine
2. Fließende Übergänge von der Krautschicht zur Strauchschicht und zur
Baumschicht (d.h. in einem naturnahen Garten wachsen neben einjährigen
auch mehrjährige heimische Pflanzen in enger Nachbarschaft autochthoner
Sträucher und Bäume9). Die Pflanzung
nach landschaftsästhetischen
Gesichtspunkten stört die Artendiversität nur geringfügig.
3. Beim Pflanzen heimische Arten bevorzugen und darauf achten, dass es keine
genetisch veränderten Arten sind und das Pflanzgut aus zertifizierten
Gehölzpflanzungen stammt (Ernte der Samen aus regional vorhandenen
Beständen (vgl. z. Fachtagung: „Anzucht und Verwendung einheimischer
Gehölze in der offenen Landschaft. Forstbaumschule Tonndorf 2001).
4. Bevor man heimische Arten im Garten pflanzt, sollte man die heimische
Wildflora im Gartenumfeld studieren (nicht die Neophyten). Stechpalme gehört
nicht in mitteldeutsche, Schwarze Heckenkirsche nicht in norddeutsche
Gärten)
5. Möglichst keine Gartenbegrenzung aus Betonwänden oder Ziegelmauern
schaffen
6. Im Windschatten der Hecke sollte eine Fläche sich selbst überlassen, d. h. nur
der Wildwuchs über eine bestimmte Größe einmal im Spätherbst beseitigt
werden. In eine solche natürlich entstehende Pflanzengesellschaft wandern
sehr schnell flugfähige Tierarten ein. Darunter sind Nützlinge, die auch in
anderen Gartenteilen als Gesundheitspolizei wirksam werden (z. B. Blattläuse
vertilgen)
7. Reicht der Platz für Bäume nicht, kann man in gemeinsamer Absprache mit
dem Nachbarn auch Hecken als Zaun nutzen. Attraktiv sind
Heckenbegrenzungen aus geleiteten Hainbuchen und besonders artenreich
geleitete Hecken mit Schlehen und Wildobst (Apfel, Birne, Kornelkirsche)
8
9
Diese Worte haben nur in der Umgangssprache Bedeutung.
In Florenatlanten wurde die Verbreitung der wildwachsenden Arten dokumentiert
(vgl. Literaturverzeichnis)
Bundesverband Deutscher Gartenfreunde e.V. - Grüne Schriftenreihe 161
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Naturnähe kann also mehr oder weniger bewusst vom Gartenbesitzer beeinflusst
werden. Das kann für verschiedene Organismen förderlich sein, andere aber können
bis zur völligen Vernichtung der Population reduziert werden.
Deshalb sollte man sich beim Anlegen eines naturnahen Gartens oder Gartenteiles
der Verantwortung und der Langfristigkeit eines solchen Schrittes bewusst sein. Mit
dem Einwandern regional seltener (also stenöker) Arten in solche Gartenbereiche
trägt man die Verantwortung für sie. Kurzzeitige Veränderungen des Lebensraumes
können für viele Organismen tödlich sein.
Weitere Schwierigkeiten ergeben sich aus unseren mangelhaften Kenntnissen über
Lebensweise und Bedürfnisse vieler Organismen. Selbst viele größere Insekten
haben keinen deutschen Namen, und bei manchen Menschen löst das bloße
Nennen des Namens von Tiergruppen (z. B. Spinnen) Antipathien und Aversionen
aus.
Da aber selbst in der uns umgebenden Umwelt überall der ständige Eingriff durch
den Menschen die natürliche Entwicklung von Lebensgemeinschaften beeinflusst, ja
bis hin zur Auslöschung verändert, ist es gut, wenn Organismen in nicht intensiv
genutzte Gärten ausweichen können, um in ihnen zu überleben.
Intensiv bewirtschaftete Selbstversorgergärten haben nur eine temporäre Bedeutung,
bedeutsamer ist der funktionsgerechte Erholungsgarten für ältere Bürger, und am
wertvollsten sind jene Gärten, in denen heimische Wiesenblumen, Trockenmauern
mit Hohlräumen und artgerechte Gartenteiche mit Rinnsalen eine breite Palette von
Nischen für Organismen mit unterschiedlichsten Lebensraumansprüchen realisieren,
wobei der extensiven Bewirtschaftung eine hohe Wertigkeit zukommt.
Werden solche Lebensräume geschaffen, stellen sich alsbald Reptilien und auch
Lurche ein (sofern noch eine Verbindung zur unverbauten Umwelt existiert und in
dieser solche Tierarten noch vorhanden sind).
Allerdings dringen mit beängstigender Schnelligkeit auch Neozoen, Neophyten und
Neomyceten in die Gärten ein und nutzen den Lebensraum “Garten“, der von
konkurrenzschwachen heimischen Arten benötigt wird, für sich. Auf diese
interessanten Zusammenhänge kann hier nicht eingegangen werden, auch nicht auf
die möglichen Nischen, die mit dem Bau von Gebäuden realisiert werden können.
Einen naturnahen Garten erkennt man daran, daß in ihm viele Insekten aus den
verschiedenen Ordnungen [(z.B. Ohrwürmer (Dermaptera), Laubheuschrecken
(Ensifera), Feldheuschrecken (Caelifera), Wanzen (Rhynchota), Käfer (Coleoptera),
Hautflügler (Hymenoptera)10, Schmetterlinge (Lepidoptera), Schnabelfliegen
(Mecoptera) und Zweiflügler (Diptera)] und Kleinsäuger (Igel, Bilche und Spitzmäuse)
vorhanden sind und während des gesamten Jahres Vögel den Garten zur
Nahrungsaufnahme nutzen. In dem naturnah gestalteten Garten müssen Sträucher
und Bäume vorhanden sein, auch ältere mit Stammwunden bis hin zu abgestorbenen
Baumruinen. In ihnen entstehen Biosköne.
In einem naturnahen Garten darf es keine großflächigen Versiegelungen geben
(Versieglungen zerschneiden Lebensräume im Boden, verhindern das Eindringen
von Sauerstoff in die oberen belebten Bodenhorizonte, das Eindringen von
Niederschlägen in den Boden und befördern die Bodenerosion usw.) Häufig
minimiert man die negativen Auswirkungen durch Trittsteinverlegung. Unter
Trittsteinen entstehen im Edaphon spezielle Lebensräume [Abfolge von
10
Vgl. KERPA, K.-D. (2001): Wildbienen, liebenswerte und interessante Insekten mit großer
Bedeutung für den Kleingarten. Grüne Schriftenreihe des Bundesverbandes Deutscher
Gartenfreunde 152, 35-65
Bundesverband Deutscher Gartenfreunde e.V. - Grüne Schriftenreihe 161
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Bodenschichten (Biosköne). Bodenoberflächenschichten bestehen aus Bodenalgen,
Moose, Pilze, der Bodenstreu]. Ein Edaphon ist also die senkrechte Abfolge der
Bodenhorizonte samt der Bodenflora und -fauna. Es schließen sich oberirdische
Schichten an (Feld- oder Kraut-, Strauch- u. Baumschicht).
Zusammenstellung von ökologisch wertvollen Lebensräumen
Unverschnittene & verschnittene Hecken, Spaliere
Die frei sich entfaltende Hecke ist artenreicher und hat für das Kleinklima eine
höhere Wertigkeit als die verschnittene Hecke. Wenn man mehrere Heckenpflanzen
nutzt, vermeidet man ein einförmiges Erscheinungsbild. Durch interessante
Schnittformen kann auch die landschaftsästhetische Wirkung gesteigert werden. Auf
sauer bis neutral reagierenden Böden:
Stechpalme (Ilex aquilifolium), Buchs (Buxus sempervirens), Hainbuche (Carpinus
betulus), Traubenkirsche (Prunus padus), Faulbaum (Frangula alnus), Vogelkirsche
(Sorbus aucuparia) und, ganz besonders wertvoll, Sal-Weide (Salix caprea)
Neutrale bis kalkreiche Böden
Berberitze (Berberis vulgaris), Sommerfliederarten (Buddleja davidii und B.
japonicum),
Kornelkirsche (Cornus mas), Weißdorn (Crataegus), Pfaffenhütchen (Euonymus
europaeus), Holzapfel, Wild- u. Holzbirne, Vogel- u. Traubenkirsche, Schlehe und
Steinweichsel (Prunus mahaleb) sowie Ribes- und Rosa-Arten.
Sehr interessant sind auch Zieräpfel und Zierkirschen, wenn man auf Obst verzichten
will. Im Frühjahr sind es die Blüten, im Sommer und Herbst die Früchte und die
schöne Laubfärbung, die ästhetisches Vergnügen bereiten und nebenbei Nahrung
für Tiere bieten.
Liguster ist eine beliebte Heckenpflanze, da leicht zu pflegen bzw. zu verschneiden.
Die Artendiversität ist jedoch niedrig. Ligusterhecken wirken wie Fremdkörper in der
Landschaft und bieten nur wenigen Organismen Lebensraum.
Für Spaliere bieten sich gezogene Obstsorten an. Für die Artendiversität ist die
Waldrebe (Clematis vitalba) außerordentlich wertvoll. Sie ist besonders im Herbst ein
großartiges Schmuckelement
Andere Spalierklimmer sind z. B.
Kürbis
Cucurbita pepo
Weiße & Rotbeerige Zaunrübe
Bryonia alba & B. dioica
Große Kapuzinerkresse
Tropaeolum majus
Gewöhnlicher Hopfen
Humulus lupulus
Weinrebe
Vitis vinifera
Fünfblättriger Wilder Wein
Parthenocissus inserta
Gewöhnlicher Efeu
Hedera helix
Wald-Geißblatt
Lonicera perclymenum
Jelängerjelieber
Lonicera caprifolium
Schwarze Heckenkirsche
Lonicera nigra (nur im Bergland)
sehr wertvoll für langrüßlige Insekten wie Schwärmer sind die Lonicera-Arten)
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Fünfblättriger Wilder Wein
Rotbeerige Zaunrübe an Mauern von Gärten
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Trockensteinmauern sind dort in Gärten, wo eine hohe Sonneneinstrahlung
vorhanden ist oder an Grundstückgrenzen, oder zur Überwindung von
Höhenunterschiede sehr wertvolle Lebensräume.
Eine Mauer aus kalkhaltigen Gesteinen nützt mehr Organismen als eine aus
Silikatgesteinen. Fugen zwischen den Steinen sind nicht mit Zement abzudichten
und durchlaufende Fugen unbedingt zu vermeiden. In solchen Mauern kann man
Gewürzkräuter anbauen (Basilikum), aber auch zeitig blühende Polsterpflanzen, die
im Frühjahr Hummelköniginnen Nahrung bieten.
Eine ähnliche Bedeutung haben Steinwälle, die uns als Lesesteinhaufen im
dörflichen Umfeld bekannt sind. Allerdings entsteht Artendiversität nicht sofort, und
Veränderungen sollten unbedingt vermieden werden, da manche Organismen auf
Störungen sehr empfindlich reagieren.
Beispiele in der Kleingartenanlage in Mönchengladbach
In Mönchengladbach wurde in einer Gartenanlage mit viel Engagement ein
Insektenhotel integriert. Bei einer solchen Anlage muss man bedenken, dass für
Wildbienen auch genügend Nahrung vorhanden sein muss. Das Angebot an
Nistplätzen ist abhängig vom Nahrungsangebot, das wiederum die
Fortpflanzungsrate stimuliert.
Deshalb sollte man dafür sorgen, dass vom Frühjahr bis zum Herbst Pflanzen
blühen. Stengel von Doldengewächsen (z. B. Liebstöckel), kleinere Mengen von
Ästen unterschiedlicher Dicke und Schneckenhäuser der Weinbergschnecke sollten
vorhanden sein und im Garten nicht als nutzloser Detritus entsorgt werden.
Insektenhotel – Kleingartenanlage Mönchengladbach Güdderath
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Ökologisch sehr wertvoll: Gestapeltes Schnittholz, KGA Mönchengladbach Güdderath
Generell ist festzuhalten, dass ein reich strukturierter Garten ohne versiegelte
Flächen und monotone Rasenflächen, ohne Chemikalien aller Art die Tiere magisch
anzieht.
Allerdings ist es für ordnungsliebende Menschen ein Unding, die Pflege so zu
reduzieren, dass der Garten einen „unbewirtschafteten Eindruck“ beim Beschauer
hervorruft. Die naturnahe Bewirtschaftung gerät in Konflikte mit den traditionellen,
über viele Jahrzehnte als richtig angesehenen Bewirtschaftungsformen, in denen
Sauberkeit, Übersichtlichkeit und Ordnung die Maßstäbe sind, an denen der Garten
samt Besitzer gemessen wird.
Eine weitere Einschränkung resultiert aus Grenzabständen zu benachbarten
Grundstücken. Nachbarschaftsstreit beschäftigt unzählige Gerichte.
Ehe man sich der etwas natürlicheren Bewirtschaftung zuwendet, sollte man prüfen,
ob andere Interessen tangiert werden und absichern, dass Nachbarn über die Art
und Weise und den Umfang der naturnahen Pflege Kenntnis haben und diese nicht
grundsätzlich ablehnen, denn Organismen wandern und finden vielleicht Nachbars
Garten attraktiver. Das kann aber zu unabsehbaren Konsequenzen führen.
Unter Gehölzen sind bodendeckende Pflanzen zu empfehlen, die heimischen
Organismen Lebensraum bieten wie
Ajuga reptans
Allium ursinum
Asarum europaeum
Gagea lutea
Galium odoratum
Glechoma hederacea
Lamium argentatum
Lamium galeobdolon
Kriechender Günsel
Bär-Lauch
Haselwurz
Wald-Goldstern
Waldmeister
Gewöhnlicher Gundermann,Gundelreb
Silberblättrige Goldnessel
Gewöhnliche Goldnessel
Bundesverband Deutscher Gartenfreunde e.V. - Grüne Schriftenreihe 161
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Lamium maculatum
Pulmonaria obscura
Ranunculus ficaria
Vinca minor
Viola reichenbachiana
Viola riviniana
Gefleckte Taubnessel
Dunkles Lungenkraut
Scharbockskraut
Kleines Immergrün
Wald-Veilchen
Hain-Veilchen
Zur Problematik der Nützlinge
Im natürlichen Kreislauf gibt es keine Schädlinge. Alle Organismen sind in
irgendeiner Weise in den Stoffkreislauf integriert und sorgen für das reibungslose
Funktionieren von Werden und Vergehen.
Dieses Netzwerk kann zerstört werden:
-
indem natürliche Gegenspieler abgetötet werden,
indem ein Überangebot an Nahrung vorhanden ist,
indem Pflanzen an solchen Standorten gepflanzt wurden, an denen sie ohne
Zutun des Menschen nicht wachsen würden
(Falsche Wuchsbedingungen bewirken auch das Kränkeln der Pflanze z. B.
Alpenrosen auf Kalkböden).
In diesen Fällen helfen zwar Nützlinge wie Erdkröten, Laufkäfer, Marienkäfer,
Wespe, Kamelhals-, Skorpions-, Flor- und Schwebfliegen, Pandemien zu reduzieren.
Doch man muss bedenken, dass sich auch diese Arten bei optimalem
Nahrungsangebot weit stärker vermehren als unter natürlichen Bedingungen und das
Überangebot an „Nützlingen“ später an Nahrungsmangel eingeht. Untersuchungen
über die Auswirkungen eines solchen Artensterbens der Nützlinge sind mir nicht
bekannt. Solange aus der natürlichen Umwelt neue Individuen nachrücken, fällt uns
das Problem auch kaum auf. Verschleiert wird es auch durch die geringe Größe
vieler zu „Nützlingen“ erklärter Arten.
Weitere ökologisch interessante Insekten:
-
Feldwespen (Gallische Feldwespe)
Hornissen
Langkopfwespen
(Mittlere Wespe; Norwegische Wespe, Sächsische Wespe, Waldwespe)
Kurzkopfwespen
(Rote Wespe, Deutsche Wespe, Gewöhnliche Wespe)
-
Skorpionsfliegen
Schwebfliege
Kamelhalsfliegen
Taghafte
Staubhafte
Braune Florfliege
Goldauge
u. weitere Arten
z.B. (Panorpa communis)
z.B. (Arten der Dasysyrphus und Syrphus)
z.B. (Raphidia notata)
z.B. (Hemerobius humulinus)
z.B. (Semidalis aleyrodiformis)
z.B. (Drepanepteryx phalaenoides)
z.B. (Chrysopa perla)
Bundesverband Deutscher Gartenfreunde e.V. - Grüne Schriftenreihe 161
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Zusammenfassung
Der Titel “Lebensräume im naturnahen Garten?“ wurde nicht von ungefähr mit einem
Fragezeichen versehen, denn viele widersprüchliche Argumente stehen im Raum.
Nach wie vor wissen wir zu wenig über die Organismen in dem von Menschenhand
für individuelle Bedürfnisse geschaffenen umfriedeten Lebensraum “Garten“.
Unbestritten ist, dass Gärtner Naturfreunde sind. Ein bedeutsamer Faktor für
naturnahes Handeln im Garten ist aber die gesellschaftliche Akzeptanz,
insbesondere dort, wo es sich um Gemeinschaftsanlagen handelt. Wer seinen
Garten naturnah entwickeln will, muss ferner bedenken, dass ein solcher nicht zu
erzwingen ist. Organismen wandern bei zusagender Qualität der geschaffenen
Lebensräume ein (das kann mitunter Jahre dauern) und verlassen diese mit
zunehmender Verschlechterung (z. B. häufige Störung, fehlendes Nahrungsangebot
usw.). Ein wichtiger Schritt zum naturnahen Garten ist bereits das Schaffen von
einzelnen Nischen (z. B. Reisighaufen als Versteck und Wohnung für den Igel). Der
Artenreichtum darf nicht an den “Passanten“ gemessen werden, die Gärten
kurzzeitig aufsuchen, sich in diesen (in der Regel) aber nicht entwickeln (z. B.
Admiral).
Bereits das Dezimieren von Nadelbäumen (Fichten, Weymouths-Kiefern, Wacholder)
in Gärten hilft, Pandemien an Obstgehölzen [(Blasenrost an Schwarzen
Johannisbeeren (Cronartium ribicola), Gitterrost an Birnen (Gymnosporangium
sabinae)] zu senken. Schon mit der Integration eines naturnahen (in der offenen
Landschaft in Gartennähe) vorhandenen Lebensraums kann viel zum Artenschutz
beigetragen werden. Freilich, es ist nicht spektakulär, aber es ist wirksam!
Auch ist zu bedenken, dass die Förderung von Nützlingen nur sinnvoll ist, wenn für
sie genügend Nahrung vorhanden ist. Hochwirksame Chemikalien wirken auch
toxisch auf Nützlinge! Ein mit Chemikalien behandelter Garten wird nicht einmal von
häufigen und anspruchslosen Arten aufgesucht. In ihm herrscht „Friedhofsstille“ Ein
Gradmesser für einen naturnahen und gesunden Garten ist die Anwesenheit von
Minen in den Blättern von Wildpflanzen und von Gallen. Allerdings war die Suche
nach solchen Phytoparasiten in einem Stadtgarten, in dem Chemikalien bisher nicht
eingesetzt wurden, ergebnislos. Möglicherweise sind Minen und Gallen an
Wildpflanzen in einem Garten Indikatoren für eine hohe Artendiversität in diesem.
Literatur:
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SCHWERDTFEGER, F. (1975): Ökologie der Tiere BD.III. Synökologie.
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Bundesverband Deutscher Gartenfreunde e.V. - Grüne Schriftenreihe 161
-40-
Anlage I
Beispiele für die Nutzung naturnaher Gärten zum Erhalt und zur Förderung der
Artenvielfalt
1. Beispiel:
1. Skabiosen-Flockenblume (Centaurea scabiosa L.) an Trockenmauern u. in
naturnahen Bereichen - Wirtspflanze für Phytophage, Wildbienen u. andere
Organismen
Abbildungen:
Bildatlas der Farn- und Blütenpflanzen Deutschlands, Nr. 2 872
Die Blüten-Pflanzen Mitteleuropas, Band 4, S. 447
Die Farn- und Blütenpflanzen Baden-Württembergs, Band 6, S. 276-278
Steckbrief der Pflanze:
I - indigen, urwüchsig, H - Hemikryptophyt, s - sommergrün, 8 - Hochsommerpflanze,
Blühsippe, ethnobotanische Bedeutung als Zauberpflanze, Hexenpflanze u.a., A,
AV, M1-2, F, K - Alpen bis Nordsee, RL- nicht gefährdet, Z - Zierpflanze,
Pflanzen-Höhe: 30-200 cm; Blühzeit: VI-X, Pflanze enthält Flavone
-
Magerrasen auf Fels (Silikat u. Kalk),- Trocken- und Halbtrockenrasen
(kalkreich)
Staudenfluren und Säume trockener Standorte, - stickstoffreiche Standorte (z.
B. Bahndämme), - in kurzzeitigen Ruderalfluren, - Siedlungsbegleiter, - an
Burganlagen,
autobahnbegleitende Pflanze, - unversiegelte Parkplätze
Lichtzahl 7 (Halblichtpflanze); Temperaturzahl x; Feuchtezahl 3 (Trockniszeiger);
Reaktionszahl 8 (schwacher Kalkzeiger); Stickstoffzahl 4 (an mäßig stickstoffreichen
Standorten) - X – indifferentes Verhalten
Wichtige Begleiter:
Wiesen-Salbei (Salvia pratensis), Saat-Esparsette (Onobrychis viciifolia), Kleine
Bibernelle (Pimpinella saxifraga), Stengellose Kratzdistel (Cirsium acaule), Kleiner
Wiesenknopf (Sanguisorba minor), Tauben-Skabiose (Scabiosa columbaria),
Großblütige Braunelle (Prunella grandiflora), Ovalblättriges Sonnenröschen
(Helianthemum nummularium ssp. obscurum), Büschel-Glockenblume (Campanula
glomerata), Kriechende Hauhechel (Ononis repens), Feld-Thymian (Thymus
pulegioides) u.a.
Tiere, die sich an Skabiosen-Flockenblumen entwickeln und gefördert werden
könnten:
Gallwespe, Isocolus scabiosae
- entwickelt sich im Wurzelhals
Rüsselkäfer, Larinus planus
- entwickelt sich im Blütenkopf
Blattkäfer, Sphaeroderma rubidum
- Minierer in Blättern
Skabiosen-Flockenblumen-Rüsselkäfer, Rhynchaenus ermischi
- Mine der Larve an den Blattspitzen der Fiedern, Larven überwintern in der Galle
Klein-Schmetterling, Coleophora didymella
- Mine in Blättern, Larve überwintert
Skabiosen-Flockenblumen-Bohrfliege, Phytomyza cinerea
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-41- mehrere Larven in der Blattmine
Blauer Kräuterbock (Agapantia violacea)
- Larve entwickelt sich auch in Stengeln von Knautia, Echium u. Salvia
Blütenbesuch durch geschützte Tagfalter (Blutströpfchen), Wildbienen der Gattungen Anthidium,
Dasypoda, Heriades, Hylaeus, Osmia, Tetralonia, Andreana, Anthophora, Ceratina, Halictus,
Lasioglossum, Megachile
Blüten werden als Nahrungsquelle von Vogelarten genutzt, weitere Insekten- und Spinnenarten
nutzen die Blüten als direkte Nahrungsquelle bzw. als Plattform zum Beutefang
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-42-
Anlage II
Beispiele für die Nutzung naturnaher Gärten zum Erhalt und zur
Förderung der Artenvielfalt
.
2. Beispiel:
Zitronenfalter – Gonepteryx rhamni (L., 1758) Insekt des Jahres 2002
Frühjahrsbote
Abbildungen:
Band 1 EBERT, G. (1991): Die Schmetterlinge Baden-Württembergs, S. 269-276
Steckbrief der Art:
Flugzeit vom 1.1. bis 25. 12. (Beobachtungen in Baden-Württemberg), Schlupf der
neuen Falter im Sommer ab Juni bis Mitte August, Falter besuchen gern violette
Blüten zur Nahrungsaufnahme (z. B. Blutweiderich - Lythrum salicaria). Im Frühjahr
ist das „Sonnenbaden“ - eine leicht zu beobachtende Ausrichtung der Flügel
senkrecht zu den Sonnenstrahlen – auffällig (Fachbegriff: Absorptionssonner).
Nahrung im Frühjahr:
Blüten mit violetten Farbanteilen wie Lerchensporn (Corydalis), Veilchen (Viola),
Lungenkraut (Pulmonaria), auch gelb blühende Löwenzahn (Taraxacum)
Geschlechtsdimorphismus:
Flügel der Weibchen grün-weißlich gefärbt – die der Männchen gelb gefärbt
Raupennahrung:
Purgier-Kreuzdorn - Rhamnus cathartica L.
Faulbaum
- Frangula alnus Mill.
Imaginalhabitate:
Alle Lebensräume, in denen es Sonne und Blumen gibt. Gärten, Kleefelder,
Waldsäume, Heckenränder und städtische Anlagen –
Sehr wichtig sind Pflanzengesellschaften mit langen Blühphasen
Kratzdistelgesellschaften oder steinkleereiche Ruderalfluren (für Ernährung)
Spätblühende Sommerfliederarten (Buddleja) und bis zum Spätherbst blühende
Blumenrabatten sind bedeutsame „Falter-Ernährungsstellen’.
In der offenen Landschaft sind die Blüten von Cirsium oleraceum u. Cirsium palustre
die wichtigsten Nahrungsquellen des Zitronenfalters
Überwinterung im Freien auf der Unterseite immergrüner Pflanzen:
Gewöhnliche Stechpalme (Ilex aquifolium),
Gewöhnliche Mahonie (Mahonia aquifolia),
Gewöhnlicher Efeu (Hedera helix)
Brombeeren (Rubus) u.a.
Gesamtverbreitung:
Nordwestafrika, Europa, Kleinasien, Kaukasus, Ural bis China
(fehlt in Nord-Skandinavien, Nord-Schottland, Madeira, Kanarischen Inseln und
Kreta)
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Zitronenfalter im Garten sind ein deutliches Indiz für einen naturnahen Garten!
Bundesverband Deutscher Gartenfreunde e.V. - Grüne Schriftenreihe 161
-45-
Neue Obstsorten und ihre Verwendung im
Garten mit erforderlichen Pflegeformen
Prof. Dr. Christa F i s c h e r
Dresden
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Neue Obstsorten und ihre Verwendung im Garten mit erforderlichen
Pflegeformen
Gärten, Parks und Kleingartenanlagen sind Symbole und Kleinode der Kultur einer
Gesellschaft. Sie reflektieren die Wertvorstellungen und Werte derer, die sie
geschaffen haben. Ihre Wirkung für Freude, Erholung und Betätigung ist aus unserer
Zeit nicht mehr wegzudenken. Unsere Kleingärten reflektieren auch eine große
Breite der fachlichen Betätigung im Hinblick auf den Anbau von Obst. Vielseitige und
spezifische Interessen und Kenntnisse sind für die verschiedenen Obstkulturen
erforderlich, um ihnen den Erfolg zu sichern. Obst hat eine lange Kulturgeschichte.
Seit Adam und Eva ist der Apfel zu einem Symbol geworden. An seinem Beispiel
wird am deutlichsten, wie sich eine Obstart im Laufe der Jahrhunderte bis heute
verändert hat, welchen unterschiedlichen Anforderungen er genügen muss.
Betrachten wir die verschiedenen Nutzungsrichtungen für den Apfel, kommen wir
schnell zu der Schlussfolgerung, dass nicht alle Apfelsorten für alle
Nutzungsrichtungen geeignet sind.
Die hauptsächlichen Nutzungsrichtungen für Obstsorten sind:
Nutzung für den Erwerbsobstbau
Bioanbau
Haus- und Kleingarten
Landschaftsgestaltung und Streuobstbau
Industrielle und häusliche Verarbeitung.
Bei der Obstart Apfel hat man durch eine Vielzahl von alten und neuen Sorten eine
reiche Auswahl für die unterschiedlichen Nutzungsrichtungen.
Diese Sortenvielfalt beim Apfel ermöglicht es auch, für den Anbau im Kleingarten die
richtigen Sorten nach den eigenen Wünschen zu finden. Für den Anbau im
Kleingarten sind aber bei der Sortenwahl einige Grundsätze zu beachten:
• Sorten, die in den Kaufhallen angeboten werden, gehören im Anbau nur in die
Hände eines Fachmannes.
• Für die Auswahl im Kleingarten müssen nicht nur der Geschmack, sondern vor
allem das Krankheitsverhalten einer Sorte beachtet werden, da in der Regel ein
ordnungsgemäßer Pflanzenschutz unterbleibt.
• Von einigen bekannten alten Sorten sollte man sich trennen, da es genügend
gute neue Sorten gibt, die weniger Probleme bereiten, wie z.B. die resistenten
Sorten, u.a. die Pillnitzer Re-Sorten.
• Man sollte Bäume nur in anerkannten Baumschulen kaufen. Dort können Sie
sicher sein, richtig beraten und beliefert zu werden.
• Zur Sorte gehört immer die richtige Unterlage. Diese richtet sich nach den
Bodenverhältnissen in Ihrem Garten. Lassen Sie sich beraten und achten Sie
beim Kauf darauf! Ansonsten stehen irgendwann einmal ‘Holzfabriken’ in Ihrem
Garten, falls Sie eine stark wachsende Sorte wählen.
Der Kleingärtner, der eine nicht zu kleine Parzelle bewirtschaftet und geschickt plant,
kann Äpfel für das ganze Jahr aus eigenem Anbau genießen. Zunächst erhalten Sie
einen Überblick über Sorten in den verschiedenen Reifezeiten, die gut für den
Kleingarten geeignet sind.
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Sommer: Die ersten Früchte im Juli kann man vom ‘Weißen Klarapfel’ ernten,
danach kommen ‘Piros’, nach ‘Piros’ dann ‘Reka’ und ‘Retina’ (stark wachsend !). Sie
erinnern sich: Re-Sorten sind die resistenten Pillnitzer Neuzüchtungen, die Pi-Sorten
stammen ebenfalls von Pillnitz, sind zwar nicht resistent, aber relativ robust und
widerstandsfähig gegen Krankheiten.
Herbst: Dankbare frühe Herbstsorten sind ‘Reglindis’, ‘Pia’ und ‘James Grieve’,
danach reifen ‘Carola’, ‘Alkmene’, ‘Oldenburg’ (Massenträger !), ‘Pikant’, ‘Dülmener
Rosenapfel’ (stark wachsend!). Auch ‘Resi’ und ‘Piflora’ sind ab Mitte September
schon genußreif, diese halten sich aber schon etwas länger. Gleiches gilt für
‘Shampion’, wenn sich jemand an dieser Sorte versuchen will.
Spätherbst bis Weihnachten: Noch häufig im Anbau anzutreffen sind die
bewährten Sorten ‘Albrecht’, ‘Danziger Kantapfel’; ‘Berlepsch’, ‘Gascoynes
Scharlachroter’, ‘Kaiser Wilhelm’, ‘Herrnhut’, ‘Jonathan’. Neuere Sorten, die sich bei
entsprechendem Anbau als kleinkronige, lichte Spindel mit hervorragend gefärbten
Früchten bedanken, sind ‘Elstar’ und ‘Jonagold’, weiterhin ‘Gala’. Auf Grund ihrer
Resistenz-Eigenschaften können für den Selbstanbau von diesen roten Sorten aber
lediglich empfohlen werden: ‘Berlepsch’, ‘Breuhahn’, ‘Herrnhut’, evtl. auch ‘Kaiser
Wilhelm’ (stark wachsend!), in höheren Lagen auch ‘Albrecht’ (Massenträger). Die
anderen Sorten sollten dem Fachmann vorbehalten bleiben.
Natürlich bietet das neue Pillnitzer Sortiment ebenfalls exzellente Äpfel in dieser
Reifegruppe. Aus der Pi-Serie sind vor allem die großfrüchtige Sorte ‘Pikant’ und
‘Pikkolo’ zu nennen. Von den resistenten Pillnitzer Sorten sind vor allem die etwas
kleinfrüchtige, geschmacklich hervorragende Sorte ‘Resi’ sowie bei guter Ausreife
auch ‘Reanda’ zu nennen. Auf die 2 neuen Sorten aus Pillnitz, ‘Rebella’ und ‘Regine’
sei schon einmal hingewiesen. ‘Rebella’ ist eine schön rotgelb gefärbte
Frühwintersorte, die auf alle Fälle das Weihnachtssortiment ergänzen sollte.
Winter: Bei guten Lagermöglichkeiten (kühler, feuchter Keller) können ‘Breuhahn’,
‘Kaiser Wilhelm’, ‘Berlepsch’, ‘Reanda’, aber auch ‘Renora’, ‘Resi’ und ‘Rewena’
einige Wochen über Weihnachten hinaus gelagert werden. Wer den Anschluß an die
neue Ernte erreichen will, sollte die Sorten ‘Pilot’, ‘Pingo’, ‘Regine‘ und ‘Ontario’
wählen. ‘Pilot’ und ‘Ontario’ schmecken ab Februar / März erst richtig. ‘Regine’
schmeckt ab Januar gut. ‘Regine’ ist die am spätesten reifende Pillnitzer Re-Sorte
und sollte künftig in ein ‘Ganzjahressortiment’ aufgenommen werden.
Besonders sei noch auf ‘Pinova’ hingewiesen, eine Sorte mit hervorragendem, süßen
Geschmack, die bereits ab Oktober genußreif ist, sich aber bei kühler und genügend
feuchter Lagerung bis April im Keller halten kann. Allerdings verlangt die Sorte
obstbauliche Kenntnisse bezüglich Schnitt, Ausdünnung und Baumerziehung, da die
Früchte sonst auf Grund des überreichen Ertrages zu klein bleiben. Von ‘Jonagold’,
‘Golden Delicious’ oder ‘Elstar’, die sich alle gut lagern lassen, ist abzuraten. Mit
denen wird nur der Fachmann fertig.
Alle genannten neuen Pi-Sorten ("Pi" von Pillnitz) und Re-Sorten („Re“ von
Resistenz) haben die für Gärten und kleine Anlagen so vorteilhafte geringe bis
mittlere Wüchsigkeit gemeinsam (außer ‘Retina’, diese wächst stark - beim Kauf auf
schwach wachsende Unterlage achten !). Dabei tragen sie reich und regelmäßig und
ihre Früchte sind sehr ansprechend gefärbt und ohne Rost. Im Schnitt bereiten sie
keine besonderen Probleme und sind für alle Obstbau-Enthusiasten im Garten
Bundesverband Deutscher Gartenfreunde e.V. - Grüne Schriftenreihe 161
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beherrschbar. Ihre Krankheitsanfälligkeit ist gering. Allein schon mit den Pillnitzer
Sorten kann eine ganzjährige Apfelversorgung erreicht werden.
Es sind sehr viele Eigenschaften einer Sorte, die es zu berücksichtigen gilt. In der
Züchtung und in der Genbank Obst werden mehr als 40 Merkmale bewertet, um eine
Sorte einigermaßen zu charakterisieren. Aussehen der Früchte oder ihr Verhalten
auf dem Lager sowie zahlreiche Krankheiten oder Schädlinge spielen eine große
Rolle. Andererseits können
bestimmte Geschmacksrichtungen auch einen
ausgesprochenen Liebhaberwert einer Sorte ausmachen, dort nimmt man dann
andere Nachteile gern in Kauf. Wer zum Beispiel auf eine ‘Goldparmäne’ nicht
verzichten will, muss mit ihrer Alternanz, ihrem Wuchs und ihrer Empfindlichkeit für
Blutläuse vorlieb nehmen.
Die Re-Sorten haben sich international als Begriff für Resistenz (= aus Pillnitz
stammende Sorten mit Resistenz gegen verschiedene Krankheiten) etabliert. Von
der ersten Generation dürften sich RETINA und REGLINDIS als wohlschmeckende
Frühsorten durchgesetzt haben. Mit REWENA, RENORA und REANDA stehen drei
mehr säuerliche Sorten im Angebot. Zahlreiche Verkostungen mit Früchten dieser
Sorten zur richtigen Reifezeit überzeugten vor allem diejenigen, die gern säuerliche
Sorten verlangen, wobei Reanda immer bestens bewertet wurde. ‘Rewena‘ ist zudem
ein sehr guter Apfel für Diabetiker. Einzelheiten über diese Sorten sind in zahlreichen
Veröffentlichungen beschrieben worden.
Mit der neuen Generation von Re-Sorten, die ab 1995 von Pillnitz zur Vermehrung
freigegeben wurden, dürfte den Pillnitzer Züchtern auch der Durchbruch zu
aromatischen und mehr süßen Sorten gelungen sein. RESI als Spätherbst- bzw.
Frühwintersorte schmeckt bereits vom Baum ausgezeichnet und findet mehr und
mehr Liebhaber. Diese Sorte ist nur richtig auszudünnen, um zu ausreichenden
Fruchtgrößen zu kommen. REBELLA wird in ihrer Resistenz von keiner bisher
bekannten Tafelapfelsorte übertroffen. In der Genbank Obst in Pillnitz war ‘Rebella‘
die einzige von 1000 (!) geprüften Sorten, die ohne jede Fungizidbehandlung auch
ohne jeden Schorf- und Mehltaubefall blieb. Sie ist zusätzlich noch resistent
gegenüber Feuerbrand, Spinnmilben und Bakterienbrand und toleriert tiefe
Wintertemperaturen sehr gut. In Geschmackstests schnitt sie in mehreren
Versuchsanstalten immer ausgezeichnet ab. Mehrere Re-Sorten sind gerade wegen
ihrer Unempfindlichkeit gegenüber Feuerbrand eine echte Alternative zu den
anfälligen Sorten. Und - darauf sind die Pillnitzer Züchter auch ein wenig stolz - das
hebt die Re-Sorten auch gegenüber zahlreichen neuen resistenten Sorten aus dem
Ausland besonders hervor.
Für Kleinanbauer und Freizeitgärtner sind die Re-Sorten inzwischen unverzichtbar.
Hier ist die angebotene Palette willkommen, erfüllt sie doch die unterschiedlichsten
Verbraucherwünsche bezüglich Reifezeitstaffelung, Geschmacksrichtung und
Verwendungsmöglichkeiten. Ihre Akzeptanz nimmt ständig zu. Der Bedarf an
aufklärenden Informationen ist ungebrochen. Dem soll auch weiterhin Rechnung
getragen werden.
Auf einige besondere Aspekte für die Pillnitzer Apfelsorten möchte ich hier
hinweisen:
Bundesverband Deutscher Gartenfreunde e.V. - Grüne Schriftenreihe 161
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Die Pillnitzer konventionellen und resistenten Apfelsorten wurden auf ihre Eignung
für verschiedene Nutzungsrichtungen geprüft. Die Ergebnisse sind in Tabelle 1
dargestellt.
Zahlreiche Ergebnisse liegen über das Resistenzverhalten der Pillnitzer Re-Sorten®
im Vergleich zu resistenten ausländischen Apfelsorten vor (Tabelle 2). Ein
besonderes Markenzeichen der Re-Sorten ist ihre Mehrfachresistenz. Damit lassen
sich gegen verschiedene Schaderreger Pflanzenschutzmaßnahmen stark
einschränken.
Da die Apfelsorten nicht selbstfruchtbar (selbst bestäubend), wie z. B. die
Sauerkirschensorte ‘Schattenmorelle‘, sind, brauchen wir für die Fruchtbildung
Befruchtersorten. Für zahlreiche neue Apfelsorten liegen gesicherte Ergebnisse dazu
vor (Tabelle 3).
Im Folgenden sollen verschiedene Pillnitzer Neuzüchtungen beschrieben werden.
Pi-Sorten für den Frischverzehr
PIROS (Helios x Apollo), Sortenschutz, Zulassung 1985
‘Piros’ ist eine attraktive, qualitativ hochwertige Sommersorte mit der Genußreife im
August und ersetzt ‘Klarapfel’, ‘Vista Bella’ und ‘Stark Earliest’. Die Sorte wächst
mittelstark, verzweigt aber schwach und bildet viel kurzes Fruchtholz. Die Krone ist
locker und erfordert nur geringen Schnittaufwand. Als Unterlagen werden M 26,
Supporter 4 (Pi 80) und auf sehr guten Böden M 9 empfohlen. Der Ertrag setzt früh
aber langsam ein, ist später hoch und regelmäßig. Geeignet für Erwerbs- und
Bioanbau sowie Anbau im Haus- und Kleingarten.
PIA (Idared x Helios), Sortenschutz, Herausgabe 1996
‘Pia’ ist eine farbige Spätsommersorte mit hoher Fruchtqualität mit der Genussreife
im September/Oktober. Sie kann auf Grund ihrer geringen Neigung zu Krankheiten in
der Reifegruppe ‘Mantet’, ‘Summerred’ und ‘James Grieve’ ersetzen. Die Sorte
wächst mittelstark, verzweigt sich ähnlich der Elternsorte ‘Helios’ nur wenig. Als
Unterlage wird M 9 empfohlen. Auf M 26 kann die Sorte bei optimalen
Wachstumsbedingungen schon zu stark wachsen. Der Ertrag setzt früh ein und ist
mittelhoch. Geeignet für Erwerbsanbau sowie Anbau im Haus- und Kleingarten.
PIRELLA -Synonym ‘Pirol’- (Golden Delicious x Alkmene), Sortenschutz,
Herausgabe 1996
‘Pirella’ ist eine attraktive, farbige Herbstsorte mit hervorragender Fruchtqualität und
regelmäßig hohen Erträgen in der Genussreifezeit September bis November. Sie
wächst mittelstark, verzweigt sich gut und erfordert einen mittleren Schnittaufwand.
Als Unterlagen eignen sich M 9 und M 26. Winterfrostlagen sollten vermieden
werden. Der Ertrag setzt sehr früh ein und ist sehr hoch. Geeignet im Erwerbsanbau.
PIFLORA (Idared x Golden Delicious), Sortenschutz, Herausgabe 1996
‘Piflora’ ist eine farbige Frühwintersorte mit sehr guter Fruchtqualität und gleichmäßig
mittelhohen Erträgen in der Genussreifezeit von Oktober bis Januar. Die Sorte
wächst mittelstark mit mittlerer Verzweigung. Der Schnittaufwand ist mittelmäßig. Als
Unterlagen werden M 9, Supporter 4 und M 26 empfohlen. Der Ertrag setzt früh ein
und ist mittel bis hoch. Geeignet im Erwerbsanbau sowie Anbau im Haus- und
Kleingarten.
Bundesverband Deutscher Gartenfreunde e.V. - Grüne Schriftenreihe 161
-50-
PINOVA (Clivia x Golden Delicious), Sortenschutz, Zulassung 1986
‘Pinova’ ist eine attraktive, qualitativ hochwertige, sehr ertragreiche und
ertragssichere Winterapfelsorte in der Genussreifezeit November bis Mai. Die Sorte
wächst schwach bis mittelstark, verzweigt sich gut und eignet sich sehr gut zur
Erziehung als schlanke Spindel. Ein regelmäßiger Fruchtastumtrieb ist erforderlich.
Als Unterlagen eignen sich M 9, Supporter 4 und M 26. Der Ertrag setzt sehr früh ein
und ist sehr hoch. Auf Grund der sehr hohen Fruchtbarkeit der Sorte ist
Fruchtausdünnung erforderlich. Geeignet im Erwerbsanbau.
PINGO (Idared x Bancroft), Sortenschutz, Herausgabe 1996
‘Pingo’ ist eine dunkelrote Winterapfelsorte mit sehr guter Fruchtqualität und hohen
Erträgen in der Genussreifezeit November bis Mai. Die Fruchtqualität von ‘Pingo’ ist
besser als die von ‘Idared’. Die Sorte wächst stark mit mittlerer bis starker
Verzweigung. Der Schnittaufwand ist etwa so hoch wie bei ‘Golden Delicious’. Als
Unterlagen sind schwachwachsende Unterlagen wie M 9 geeignet. Der Ertrag setzt
früh ein und ist hoch. Geeignet im Erwerbs- und Bioanbau für Frischverzehr und
Verarbeitung sowie für Anbau im Haus- und Kleingarten.
PILOT (Clivia x Undine), Sortenschutz, Zulassung 1988
‘Pilot’ ist eine attraktive, ertragreiche Spätwintersorte mit hoher Fruchtqualität in der
Genussreifezeit von Februar bis Juni/Juli. Die Sorte wächst mittelstark bis schwach,
verzweigt sich locker und eignet sich als schlanke Spindel. Der Schnittaufwand ist
daher gering. Als Unterlagen werden M 26, Supporter 4 und M 9 empfohlen. Der
Ertrag setzt früh ein, ist hoch und regelmäßig. Geeignet im Erwerbs- und Bioanbau
für Frischverzehr und Verarbeitung.
Re-Sorten® für den Frischverzehr
RETINA (Apollo x schorfresistenter Zuchtstamm), Sortenschutz, im Handel seit 1991
‘Retina’ ist eine mehrfach resistente, attraktive Spätsommersorte mit hoher
Fruchtqualität in der Genussreifezeit August/September. Die Sorte wächst sehr stark
und verzweigt sich stark. Daher sollte die Sorte nur auf schwach wachsende
Unterlagen, M 9 und schwächer, veredelt werden. Der Schnittaufwand ist mittel bis
hoch. Der Ertrag setzt früh ein und ist mittelhoch. Die Sorte ist resistent gegen Schorf
und Spätfröste und nur gering empfindlich für Mehltau und Obstbaumspinnmilbe.
Geeignet für Erwerbs- und Bioanbau sowie für Landschaftsgestaltung und
Streuobstbau, für Haus- und Kleingarten.
REGLINDIS (James Grieve x schorfresistenter Zuchtstamm), Sortenschutz,
Zulassung 1990
‘Reglindis’ ist eine mehrfach resistente, attraktive Frühherbstsorte mit hoher
Fruchtqualität und hohen Erträgen in der Genussreifezeit September bis November.
Die Sorte wächst mittelstark mit mittlerer Verzweigung und baut eine lockere Krone
auf. Der Schnittaufwand ist mittelmäßig. Als Unterlagen können M 9, Supporter 4 und
M 26 empfohlen werden. Der Ertrag setzt früh ein, ist hoch und regelmäßig. Die
Sorte ist resistent gegen Schorf und Obstbaumspinnmilbe, gut verträglich für
Winterfrost und Spätfröste und nur mäßig empfindlich für Mehltau und Feuerbrand.
Geeignet für Erwerbs- und Bioanbau sowie für Anbau im Haus- und Kleingarten.
Bundesverband Deutscher Gartenfreunde e.V. - Grüne Schriftenreihe 161
-51-
REBELLA (Golden Delicious x Remo), Sortenschutz, Herausgabe 1998
‘Rebella’ ist eine sehr attraktive, mehrfach resistente Spätherbstsorte mit hoher
Fruchtqualität und regelmäßig hohen Erträgen in der Genussreifezeit Oktober bis
Januar. Die Sorte wächst mittelstark und breit in Form der schlanken Spindel und
verzweigt sich mittelmäßig. Als Unterlagen eignen sich M 9 und M 26. Der Ertrag
setzt früh ein und ist sehr hoch. ‘Rebella’ ist resistent gegen Schorf, Mehltau,
Feuerbrand, Bakterienbrand, Obstbaumspinnmilbe, Spätfröste und Winterfrost.
Geeignet im Erwerbs- und Bioanbau sowie im Haus- und Kleingarten.
RESI (Clivia x schorfresistenter Zuchtstamm), Sortenschutz, Herausgabe 1996
‘Resi’ ist eine farbige, mehrfach resistente Spätherbst-/Frühwintersorte mit hoher
Fruchtqualität und hohem Ertrag in der Genussreifezeit Oktober bis Februar. Die
Sorte wächst schwach, hat eine lockere Krone, verzweigt sich gut, regelmäßiger
Fruchtastumtrieb ist erforderlich. Als Unterlagen werden M 26, Supporter 4, MM 106,
A 2 und auf sehr guten Böden M 9 empfohlen. Der Ertrag setzt früh ein, ist hoch und
regelmäßig. Bei sehr starkem Fruchtbehang ist Fruchtausdünnung erforderlich. Die
Sorte ist resistent gegen Schorf, Bakterienbrand, Spätfröste und nur schwach anfällig
für Feuerbrand, aber bis mittel anfällig für Mehltau. Geeignet im Erwerbs- und
Bioanbau sowie im Haus- und Kleingarten.
REANDA (Clivia x schorfresistenter Zuchtstamm), Sortenschutz, im Handel seit 1993
‘Reanda’ ist eine mehrfach resistente, rote Wintersorte mit guter Fruchtqualität und
hohen Erträgen in der Genussreifezeit von November bis Februar. Die Sorte wächst
schwach, verzweigt sich wenig und neigt bei zu wenig Schnitt zur Verkahlung. Der
Schnittaufwand ist gering. Als Unterlagen eignen sich die stärker wachsende
Unterlagen Supporter 4, M 26 und MM 106. Der Ertrag setzt früh ein und ist hoch.
Die Sorte ist resistent gegen Schorf, Feuerbrand, Spätfröste und wenig empfindlich
für Mehltau. Geeignet im Erwerbs- und Bioanbau, für Frischverzehr und
Verarbeitung.
REGIA (Clivia x schorfresistenter Zuchtstamm), Sortenschutz, Herausgabe 2002
‘Regia‘ ist eine mehrfach resistente, farbige Winterapfelsorte mit guter
Tafelapfelqualität in der Genussreifezeit von Oktober bis Februar. Die Sorte wächst
schwach bis mittelstark und breit, im Innern der Krone verkahlend. Der
Schnittaufwand ist gering. Als Unterlagen eignen sich M 9, M 26 und MM 106. Der
Ertrag setzt früh, ist mittelhoch und regelmäßig. Die Sorte besitzt eine stabil hohe
Resistenz gegen Schorf, ist resistent gegen Mehltau, Feuerbrand und
Bakterienbrand, ist winterfrosthart, aber empfindlich für Blütenfrost. Geeignet für
Erwerbs- und Bioanbau sowie für den Haus- und Kleingarten.
RENORA (Clivia x schorfresistenter Zuchtstamm), Sortenschutz, Herausgabe 1996
‘Renora’ ist eine farbige, mehrfach resistente Winterapfelsorte mit guter
Tafelapfelqualität und mittelhohen Erträgen in der Genussreifezeit Dezember bis
April. Die Sorte wächst mittelstark, verzweigt sich mittelmäßig mit langem Neutrieb.
Der Schnittaufwand ist mittel. Als Unterlage wird M 9 empfohlen. Der Ertrag setzt
früh ein und ist mittel bis hoch. Die Sorte ist resistent gegen Schorf und nur mäßig
empfindlich für Mehltau, Spätfröste und Winterfrost. Geeignet im Erwerbs- und
Bioanbau sowie im Haus- und Kleingarten.
Bundesverband Deutscher Gartenfreunde e.V. - Grüne Schriftenreihe 161
-52-
REGINE (Kurzcox x schorfresistenter Zuchtstamm), Sortenschutz, Herausgabe 1998
‘Regine’ ist eine rote, mehrfach resistente Spätwintersorte mit guter Fruchtqualität
und hohen Erträgen in der Genussreifezeit von Januar bis Juni. Die Sorte wächst
schwach, verzweigt sich locker und neigt bei zu wenig Schnitt zur Verkahlung. Als
Unterlagen eignen sich M 26 und M 9. Der Ertrag setzt früh ein und ist mittel bis
hoch. Die Sorte ist resistent gegen Schorf, Feuerbrand, Obstbaumspinnmilbe,
Winterfrost und Spätfröste, nur wenig empfindlich für Mehltau und Bakterienbrand.
Geeignet im Erwerbs- und Bioanbau sowie im Haus- und Kleingarten.
Re-Sorten® für die Verarbeitung
REMO (James Grieve x schorfresistenter Zuchtstamm), Sortenschutz, Zulassung
1990
‘Remo’ ist eine weinrote Herbstsorte für die Verarbeitung zu Säften, in
sonnenreichen Lagen auch als Tafelfrucht. Die beste Verarbeitungszeit liegt von
September bis November. Der Wuchs ist schwach mit einer lockeren Krone und
dünnen Trieben. ‘Remo’ sollte auf stärker wachsende Unterlagen wie Supporter 4, M
26, MM 106, A 2 gepflanzt werden. Der Ertrag setzt sehr früh ein, ist sehr hoch und
regelmäßig. Die Sorte ist resistent gegen Schorf, Mehltau, Feuerbrand, Winterfrost
und Spätfröste. Geeignet für den Bioanbau und zur Verarbeitung, auch für den Hausund Kleingarten für Liebhaber säuerlicher Früchte.
REWENA (/Cox Orange x Oldenburg/ x schorfresistenter Zuchtstamm),
Sortenschutz, im Handel seit 1991
‘Rewena’ ist eine rote, mehrfach resistente Wintersorte für die Verarbeitung zu
Säften und für den Frischverzehr in der Reifezeit Oktober bis Januar. Der Wuchs ist
schwach, die Krone locker verzweigt. Der Schnittaufwand ist gering. ‘Rewena’ sollte
auf stärker wachsenden Unterlagen stehen, Supporter 4, M 26, MM 106, A 2. Der
Ertrag setzt früh ein, ist sehr hoch und regelmäßig. Die Sorte ist resistent gegen
Schorf, Mehltau, Feuerbrand, Bakterienbrand und Spätfröste. Geeignet für den
Bioanbau, Haus- und Kleingarten und zur Verarbeitung. ‘Rewena‘ hat sich als Apfel
für Diabetiker bewährt.
RELEIKA (Clivia x schorfresistenter Zuchtstamm), Sortenschutz, Herausgabe 1996
‘Releika’ ist eine kräftig rote, mehrfach resistente, kleinfrüchtige Herbstapfelsorte für
die Verarbeitung als Zucker- und Aromaträger in der Reifezeit Oktober bis
Dezember. Für den Frischverzehr eignet sie sich sehr gut als süßer Kinder- und
Weihnachtsapfel und für den Hobbygärtner als Zierbaum. Die Sorte wächst schwach,
verzweigt sich gut und bedarf eines mittleren Schnittaufwandes. Als Unterlagen
eignen sich M 9, Supporter 4, M 26, MM 106. Der Ertrag setzt sehr früh ein und ist
sehr hoch. Die Sorte ist resistent gegen Schorf, Bakterienbrand,
Obstbaumspinnmilbe, Spätfröste und nur wenig empfindlich für Feuerbrand.
Geeignet für den Anbau im Haus- und Kleingarten speziell als Kinderapfel.
RELINDA (Undine x schorfresistenter Zuchtstamm), Sortenschutz, im Handel seit
1993
‘Relinda’ ist eine farbige, mehrfach resistente Spätwinterapfelsorte für die späte
Verarbeitung zu Säften, in warmen Lagen auch für den Frischverzehr. Der
Verarbeitungszeitraum liegt von November bis Mai. Der Wuchs ist mittel bis stark, mit
guter Verzweigung, dichter Krone und mittlerem Schnittaufwand. Als Unterlagen
werden M 9, Supporter 4 und M 26 empfohlen. Für den Streuobstanbau sind
Bundesverband Deutscher Gartenfreunde e.V. - Grüne Schriftenreihe 161
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starkwachsende Unterlagen notwendig wie MM 106, A 2 oder M.Slg. Der Ertrag setzt
etwas später als bei den anderen Re-Sorten ein, ist mittel bis hoch und regelmäßig.
Die Sorte ist resistent gegen Schorf, Bakterienbrand und Winterfrost, und nur wenig
empfindlich für Mehltau und Spätfröste. Geeignet für Bioanbau und zur Verarbeitung,
für Landschaftsgestaltung und Streuobstbau.
Spezielle Empfehlungen für Apfelsorten zum Anbau im Haus und Freizeitgarten sind
in Tabelle 4 dargestellt:
In den Spalten Pflück- und Genussreife sind die Monate angegeben, A, M, E =
Anfang, Mitte, Ende. Die Zahlen in den folgenden Spalten sind sogenannte
‘Boniturwerte’, d.h., daß die ‘9’ der höchste Wert, also die beste Ausprägung des
Merkmals ist, die ‘1’ die schlechteste. Fruchtgröße ‘5’ ist also ‘mittelgroß’, manche
würden sie auch schon als ‘klein’ bezeichnen. Wirklich kleine Äpfel sind die Zieräpfel
(Bonitur ‘1’ oder ‘2’). Sie werden diese Bonitur unter ‘5’ in der Tabelle nicht finden.
Ähnliches gilt für den Geschmack: Es gibt wesentlich schlechter schmeckende
Sorten als die ‘5’, die also immer noch geschmacklich mittelmäßig und damit
vertretbar ist. Für die Bewertung der Krankheitsresistenz gilt die ‘9’ für ‘resistent’,
also ohne Befall, die ‘1’ für hochgradig anfällig.
Die Bewertungen in den Spalten ‘Resistenz gegenüber...’ sind zu wichten: Schorf
z.B. kann man ohne ordentlichen Pflanzenschutz nicht bekämpfen, also ist
Schorfresistenz wesentlich wichtiger als Mehltauresistenz. Mehltau kann man z.B.
durch Abschneiden befallener Triebe im Garten durchaus beherrschen, wenn der
Befall nur mäßig bleibt (d.h. bis Bonitur ‘5’ oder ‘6’). Ein Leerfeld in der Spalte
‘Feuerbrandresistenz’ heißt, dass wir noch nicht genügend sichere Ergebnisse
vorliegen haben, also eine Bewertung noch nicht vornehmen können. Leider sind fast
alle Sorten hochanfällig und es kommt darauf an, auf schnellstmögliche Beseitigung
des Erstbefalls zu achten. Die Re-Sorten stellen bezüglich ihrer Unempfindlichkeit für
Feuerbrand eine echte Alternative zu den anfälligen Sorten dar. Der Spalte
‘Bemerkungen’ können Sie auch bei den empfohlenen Sorten viele Besonderheiten
entnehmen.
Man muss aber bei Sortendiskussionen immer wieder darauf hinweisen, dass es DIE
IDEALSORTE nicht geben wird und nicht geben kann, dazu sind die Ansprüche zu
unterschiedlich und die biologische Vielfalt zu groß. Jede Sorte ist also ein
Kompromiss. Auch hier gilt: Wer die Wahl hat, hat die Qual... Aber wer konkrete
Vorstellungen über Reifezeit, Lagermöglichkeiten oder Geschmacksrichtung hat, wird
sicher schnell fündig.
Anschrift der Verfasser:
Prof. Dr. Christa Fischer, Söbrigener Str. 15, D-01326 Dresden;
Prof. Dr. Manfred Fischer, IPK Gatersleben, Genbank Obst Dresden-Pillnitz,
Bergweg 23, D-01326 Dresden
Bundesverband Deutscher Gartenfreunde e.V. - Grüne Schriftenreihe 161
-54-
Tabelle 1 Sortenempfehlung für die Nutzung der Pillnitzer Apfelsorten (M.
Fischer, 2002)
Pi-Sorten aus der konventionellen Züchtung
für Erwerbsanbau
Piros, Pia, Pirella, Piflora, Pinova, Pingo, Pilot
für Bio-Anbau
Piros, Pingo, Pilot
für Haus- und Kleingarten Piros, Pia, Piflora, Pingo
für Landschaftsgestaltung keine Empfehlung
und Streuobstbau
für Verarbeitung
Pikant, Pingo, Pilot
Re-Sorten® aus der Resistenzzüchtung
für Erwerbsanbau
Retina, Reglindis, Resi, Reanda, Rebella, Renora, Regine,
Regia
für Bio-Anbau
Retina, Reka, Reglindis, Resi, Reanda, Rebella, Rewena,
Regia, Renora, Regine, Relinda
für Haus- und Kleingarten Reglindis, Resi, Rebella, Regia, Renora, Regine,
Retina – nur auf M9
spezifisch für Kinder
Releika
für Landschaftsgestaltung Retina, Reka, Relinda, Rewena
und Streuobstbau
für Verarbeitung
Remo, Rewena, Rene, Relinda
(Reglindis, Reanda, Renora)
Bundesverband Deutscher Gartenfreunde e.V. - Grüne Schriftenreihe 161
-55-
Tabelle 2 Multiple Resistenz im Pillnitzer Re-Sortiment im Vergleich zu
ausländischen resistenten Apfelsorten (C. Fischer, 2001)
Re-Sorten®
Reanda
Rebella
Regia
Regine
Reglindis
Reka
Releika
Relinda
Remo
Renora
Resi
Retina
Rewena
Resistenz gegen
Schorf
Res.quelle
Mehlt.
Feuerbrand
Bakt.Brand
Obstb.Spinn
Milbe
Spätfrost
Winterfrost
x
(x)
x
x
x
x
x
x
(x)
x
x
(x)
x
Vf
Vf
Vr
Vf
VA
Vr
Vf
Vf
Vf
Vf
Vf
Vf
Vf
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x
x
(x)
(x)
(x)
o
(x)
x
(x)
o
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x
x
x
x
x
(x)
o
(x)
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(x)
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x
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x
(x)
(x)
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x
x
x
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x
#
x
o
x
x
#
x
#
o
o
#
(x)
o
x
x
o
x
x
#
x
(x)
x
(x)
x
x
x
o
x
x
x
x
(x)
#
x
x
(x)
#
#
o
Prima
x
Vf
(x)
(x)
#
Liberty
(x)
Vf
o
(x)
Freedom
x
Vf
o
o
Goldrush
x
Vf
#
#
Enterprise
x
Vf
o
(x)
Florina
x
Vf
#
o
#
Topaz
(x)
Vf
o
#
Rubinola
(x)
Vf
o
#
Rosana
(x)
Vf
#
#
___________________________________________________________________
x: resistent (x): mäßig resistent o: mäßig anfällig #: anfällig
Bundesverband Deutscher Gartenfreunde e.V. - Grüne Schriftenreihe 161
-56-
x
Fuji
Gala
Golden
Del.
x
x
x
x
Shampion
Rewena
Rubinette
Retina
Resi
Renora
Rene
Remo
Relinda
Reka
Releika
Regine
Reglindis
Rebella
x
x
x
x
Fiesta
Reanda
u
Querina
Elstar
x
x
Pirol
x
Piros
x
Pinova
x
Pilot
x
Pingo
x
Pia
Idared
x
Piflora
Gala
Golden Del.
x
Jonagold
Elstar
Braeburn
Cox
Orange
Delbarest
ivale
James Grieve
Väter
Tabelle 3 Befruchtersorten für wichtige und neue Apfelsorten (FISCHER 2001)
x
u
x
x
x
x
x
x
x
x
x
u
u
x
x
u
o
x
x
x
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Idared
x
x
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x
x
x
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x
Piflora
x
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x
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x
x
x
x
x
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x
x
x
x
u
x
x
u
x
x
Pinova
x
Pirol
x
x
Piros
Querina
x
x
x
u
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
u
x
u
x
u
x
x
x
x
Rebella
x
x
x
x
Regia
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
o
Regine
x
Reglindis
Reka
x
x
Releika
x
x
x
Relinda
x
x
Remo
x
x
x
x
Renora
x
x
Resi
x
x
x
x
x
Rewena
Rubinett
e
Shampio
n
x
x
x
x
x
x
o
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x
x
x
x
o
x
x
x
u
x
x
x
Kombination fertil, Fruchtansatz über 15 %
o
Kombination teils fertil, Fruchtansatz 8 bis 15 %
x
u
x
u
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
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x
x
x
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x
u
x
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x
x
x
x
x
x
Rene
Retina
x
x
o
x
u
Reanda
x
x
Pia
Pingo
x
x
Jonagold
Pilot
x
u
u
x
x
u
u
u
Kombination steril
ohne nicht
geprüft
Christa Fischer, 2001, Institut für Obstzüchtung Dresden-Pillnitz, BAZ
Bundesverband Deutscher Gartenfreunde e.V. - Grüne Schriftenreihe 161
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Apfelsorten
nach M. Fischer, Genbank Obst Dresden-Pillnitz, 1997)
für den Haus - und Freizeitgarten
Schorf
Mehltau
Feuerbrand
Winterfrost
8
8
8
7
M9
M9, M26
6
3
7
6
6
3
5
5
E10
A11
E9/A10
E9
9
M8
11 bis 3
12 bis 4
10 bis 4
9 bis 11
9 bis 11
8 bis 9
6
5
5
7
5
5
8
7
6
7
5
5
7
6
6
7
9
7
9
6
5
5
6
6
M9
M9, M26
M26, MM106
M26, MM106
M26
MM106
6
3
5
7
8
9
6
2
4
6
2
8
4
3
5
5
3
3
5
5
6
5
4
7
M9
A10
10
E 10
9 bis 12
10 bis 3
11 bis 3
12 bis 5
5
6
7
7
8
6
6
7
5
9
5
5
6
9
8
7
9
3
9
5
7
2
7
8
3
3
6
3
6
4
7
7
Gala
Gloster
Golden
Delicious
E9
10
10 bis 3
11 bis 4
8
8
4
8
7
5
6
8
M26, MM106
M9
M9
M26
M9, M26,
MM106
M9
5
5
6
8
2
3
3
4
nein
nein
10
10 bis 5
8
6
6
5
M9, M26
1
5
5
5
nein
Goldparmäne
Granny Smith
Havelgold
9
E11
E9
6
7
7
6
6
7
7
4
7
8
5
7
M9, M26
M26
M9, M26
8
1
2
7
2
1
2
2
4
3
7
5
Herrnhut
E9
6
5
6
6
M26, MM106
8
6
3
9
ja
auch für rauhe Lagen
Holsteiner Cox
M9
10 bis 1
1 bis 5
9 bis 3
10 bis
12
10 bis
12
6
7
7
7
7
3
5
nein
triploid, nicht windfest
10
E9/A10
12 bis 6
11 bis 1
7
7
8
8
4
6
4
8
M9, M26
M9, M26,
MM106
M9
2
5
1
5
1
4
5
7
Jamba
James Grieve
Jerseymac
Jonagold
Jonagored
Jonica
8
A9
M8
10
10
10
8 bis 9
9 bis 10
8 bis 9
10 bis 4
10 bis 4
10 bis 4
7
8
6
8
8
8
8
7
6
8
7
8
7
7
6
9
8
9
7
5
7
9
8
9
5
3
2
3
3
5
6
6
6
5
2
2
4
4
3
3
3
3
7
5
7
2
2
2
Kaiser Wilhelm
Karmijn de
Sonaville
Mantet
10
11 bis 4
7
7
5
8
M9, M26
M26, MM106
M26
M9
M9
M9
M9, M26,
MM106
6
5
9
E7
6
4
6
7
7
7
8
6
M9, M26
M26, MM106
6
4
1
6
5
4
5
7
bedingt triploid, srhr anspruchsvoll
bedingt anspruchsvoll
McIntosh
M9
9 bis 1
7 bis 8
10 bis
12
6
7
6
7
M9, M26
1
2
1
8
Melrose
10
12 bis 5
6
7
7
8
M9, M26
5
3
3
7
Mutsu
Oldenburg
10
9
11 bis 5
9 bis 11
7
8
8
6
7
6
8
6
M9
M9, M26,
1
5
6
7
5
1
3
7
bedingt für Liebhaber, sehr frostfest
anspruchsvoll. gute
bedingt Lagerfähigkeit
nur für den Fachmann,
nein
tripoloid
ja
nicht windfest
Pflückreife
Bemerkungen
Wuchsstärke
6
6
für Haus- und
Resistenz
Geschmack
Empfehlung
gegenüber
Fruchtgröße
8
7
Unterlagen
Ertrag
9 bis 11
11 bis 3
Genussreife
M9
M10
Kleingarten
Alkmene
Berlepsch
Boskoop (Roter
B.)
Braeburn
Breuhahn
Carola
Cox Orangen
Discovery
Dülmener
Rosen
Elstar
Florina
Fuji
Idared
Ingol
8
ja
blütenfrostempfindlich
bedingt nur für geschützte Lage
nein
nein
ja
ja
nein
ja
triploid, alterniert
nur für den Fachmann
Früchte druckempfindlich
neigt zur Alternanz
nur für den Fachmann
für geschützte Lagen
druckempfindlich, nicht
winterfest
ja
nein
nur für den Fachmann
bedingt für wärmere Lagen
neiin
zu spät reif
sehr süß, kleinfrüchtig
zu stark wüchsig
nur für den Fachmann
krankheitsempfindlich
(Blutläuse)
nein
nein
reift bei uns nicht aus
bedingt blütenfrostempfindlich
bedingt sehr guter Lagerapfel
bedingt gut im Norden
gut im Norden,
bedingt stippegefährdet
ja
folgernde Reife
nein
stark folgernd
nein
nur für den Fachmann
nein
nur für den Fachmann
nein
nur für den Fachmann
ja
sehr robust, triploid
Bundesverband Deutscher Gartenfreunde e.V. - Grüne Schriftenreihe 161
-58Apfelsorten
nach M. Fischer, Genbank Obst Dresden-Pillnitz, 1997)
für den Haus - und Freizeitgarten
Schorf
Mehltau
Feuerbrand
Winterfrost
9
9
5
8
5
6
MM106
M26, MM106
M9, M26
2
2
3
5
5
3
2
5
Piflora
Pikant
Pikkolo
Pilot
Pingo
E9
9
9
10
10
10 bis 2
9 bis 12
10 bis 1
2 bis 6
1 bis 5
7
6
7
8
7
7
9
6
6
8
8
6
7
7
7
7
8
7
6
7
M9, M26
M9
M9, M26
M9, M26
M9, M26
5
5
5
4
4
6
6
3
5
6
5
2
4
6
3
5
7
4
7
5
Pinova
10
10 bis 4
9
6
8
4
M26, MM106
4
3
5
7
A8
E9
A9
E8/A9
8
10 bis 2
9 bis 11
9
6
7
7
8
7
8
6
7
8
7
9
6
6
5
6
7
M26
M9, M26
M9, M26
M9
5
9
9
9
6
7
7
8
4
8
7
5
7
4
7
6
Relinda
10
11 bis 5
7
7
5
7
M26, MM106
9
8
5
7
Remo
9
9 bis 11
9
7
5
4
M26, MM106
9
7
8
9
10
9
E8
E9/A10
12 bis 4
9 bis 2
8 bis 9
11 bis 2
7
8
5
8
7
5
7
6
7
9
8
6
7
5
8
4
M9, M26
M26
M9
M26, MM106
9
9
9
9
5
5
5
8
7
7
6
9
6
3
4
5
9
9 bis 12
6
5
9
7
M26
2
2
9
9 bis 12
8
9
6
6
M26, MM106
2
5
3
3
nur für den Fachmann
nur virusfreies Pflanzgut
bedingt verwenden
M8
E7
8 bis 9
7 bis A8
6
7
6
7
7
6
7
8
M26, MM106
M9, M26
1
1
2
6
2
7
3
bedingt für wärmere Lagen
nein
fällt stark, folgert
Pflückreife
Bemerkungen
Wuchsstärke
6
7
für Haus- und
Resistenz
Geschmack
Empfehlung
gegenüber
Fruchtgröße
3 bis 6
8 bis 10
Unterlagen
Ertrag
10
E8
Genussreife
Ontario
Pia
Kleingarten
Piros
Reanda
Reglindis
Reka
Renora
Resi
Retina
Rewena
Rubinette
Shampion
Summerred
Vista Bella
5
ja
ja
frostgefährdet
edle Frühherbstsorte
pflegeleichter
Frühwinterapfel
ja
ja
attraktiver Weihnachtsapfel
bedingt schleudernder Wuchs
ja
erst ab Februar genussreif
ja
Ersatz für Idared
fachmännischer Schnitt
bedingt erforderlich
qualitativ beste
ja
Sommersorte
ja
etwas säurebetont
ja
attraktive Früchte
ja
nicht windfest
für Streuobst, sehr robust,
säurebetont
nein
für warme Lagen, sonst nur
bedingt für Saft
ab Dez. genussreif, etwas
säurebetont
ja
ja
idealer Kinderapfel
ja
nur auf M9
ja
säurebetont, überreif fettend
nein
Bundesverband Deutscher Gartenfreunde e.V. - Grüne Schriftenreihe 161
-59-
Integrierter Pflanzenschutz im naturnahen
Garten erforderlich?
Adalbert G r i e g e l
Diplomgärtner
Dorsheim
Bundesverband Deutscher Gartenfreunde e.V. - Grüne Schriftenreihe 161
-60-
Integrierter Pflanzenschutz im naturnahen Garten erforderlich?“
Da es sich bei Kulturpflanzen um verschiedene, durch Kreuzung und Veredelung
hochgezüchtete Sorten handelt, könnten die Exemplare in einem natürlichen Biotop,
den Konkurrenzkampf um den Standort gegen die "wilden" Lebensgenossen ohne
Einbußen sicherlich oft nicht bestehen.
Viele könnten vielleicht biologisch überleben. Ihre sortenspezifischen Eigenschaften
aber, wie z.B. die typische Gestalt, prachtvolle Blüten, die Fähigkeit, einen großen
Fruchtertrag anzusetzen und ihn bis zur Ernte ernähren zu können, Aussehen und
Geschmack der Früchte, ein hoher Vitamingehalt sowie vieles andere, müsste
geopfert werden.
Wem geopfert werden? Mit welchen Gegenspielern haben die Kulturpflanzen zu
kämpfen, lautet die Frage.
Bis die Früchte und Blüten überhaupt für uns, und vorher vielleicht noch für die
schädlichen Lebewesen, wie Krankheiten oder Schädlinge, zur Verfügung stehen
können, werden die Pflanzen den unbelebten Wachstumsfaktoren, wie Klima, Boden
und Chemikalien ausgesetzt.
Belebte, parasitäre Schadursachen unterteilt man in Krankheiten, Unkräuter und
Schädlinge.
Krankheiten werden durch Mikroorganismen verursacht, die aktiv oder passiv in die
Pflanze eindringen und dort eine Reaktion des Patienten auf diesen Angriff
verursachen. Verfärbungen, Flecken, Formveränderungen, Ausscheidungen,
Welkerscheinungen und Absterben der einzelnen Organe sind die bekanntesten
Krankheitssymptome.
Je nach der Aggressivität des Krankheitserregers und des Erkrankungsumfangs
können die Krankheiten bei unterlassener Hilfe zum Tode des betroffenen PatientenPflanze führen.
Unter „Unkräutern“ versteht man die Pflanzen einer Pflanzengemeinschaft, die dort
wachsen, wo sie nicht wachsen sollen.
Sie können an konkreten Standorten im Garten aus vielerlei Gründen unerwünscht
sein.
- Sie konkurrieren mit den gewünschten d.h. mit den sog. Kulturpflanzen um
die Nährstoffe und um das Wasser.
- Sie konkurrieren um Licht - sie beschatten die Kulturpflanzen.
- Durch das Verdichten der Räume zwischen den Kulturpflanzen verhindern
die Unkräuter deren schnelles Abtrocknen, was die Infektion durch die
Krankheiten begünstigt.
- Sie können Zwischen- oder Nebenwirte für Krankheiten und Schädlinge sein,
was einen Befall der Kulturpflanzen erleichtert.
- Sie erschweren die Pflegemaßnahmen.
- Manche, wie z.B. Moos, erhöhen Rutsch- und dadurch die Unfallgefahr.
- Sie entsprechen nicht den individuellen, subjektiv legitimen Schönheits- oder
Ästhetikwünschen des Gartenbesitzes.
Tierische Schädlinge verursachen bei den Pflanzen Gewebeverluste, sei es durch
die Saug-, sei es durch die Fraßtätigkeit. Es kommt hier nicht auf die Größe des
Tieres oder die seiner Mundwerkzeuge an. Die kleinsten Tierchen sind dabei
Bundesverband Deutscher Gartenfreunde e.V. - Grüne Schriftenreihe 161
-61-
meistens die gefährlichsten, weil sie sich bei günstigen Wetterverhältnissen,
ungestört durch die Nahrungsknappheit, natürliche Feinde oder den Gartenbesitzer
oft in relativ kurzer Zeit zu Millionen vermehren können. Und darauf kommt es an.
Der Verlust des Pflanzengewebes durch die Fraß- oder Saugtätigkeit ist nicht der
einzige, obwohl sicherlich der Hauptschaden.
Durch die Verletzungen trocknet die Pflanze aus.
Die Wunden werden zu Eintrittspforten für die früher genannten Krankheiten.
Pflanzenschutz bedeutet - Pflanzen schützen
Der Pflanzenschutz versucht durch geeignete Maßnahmen, Schäden durch
Krankheitserreger, Schädlinge, Unkräuter und unbelebte Schadursachen an der
Pflanze zu verhindern.
Der "Pflanzenarzt" hat, genau wie der Human- und Tiermediziner, im Prinzip die
gleiche Aufgabe: lebende Organismen vor Schäden zu schützen und, wenn möglich,
die Gesundheit seiner Patienten wiederherzustellen.
Die Pflanzenschutzmaßnahmen im Erwerbsgartenbau oder in der Land- bzw.
Forstwirtschaft unterliegen strikter Rationalität. Sie werden erst dann durchgeführt,
wenn die sog. wirtschaftliche Schadensschwelle überschritten wird. Das bedeutet,
eine Vorbeugung bzw. Bekämpfung sollte erst bei der prognostizierten bzw.
tatsächlichen Befallsstärke, bei der der zu erwartende Schaden bei Nichtbekämpfung
höher zu werden droht als die Bekämpfungskosten, durchgeführt werden.
Ein sogenannter ökologischer Anbau unterliegt dabei denselben Zwängen und
Prinzipien. Da die Bekämpfungsbereitschaft dort niedriger als bei dem traditionellen
Anbau ist und die Effizienz der Maßnahmen aufgrund des Verzichtes auf manche
erfolgsgarantierenden chemischen Substanzen geringer wird, sind die Erträge
schwächer und dadurch die Kosten pro geerntete Einheit höher.
Diese Anbaubetriebe können nur dann existieren, wenn der Endverbraucher =
Käufer bereit ist, eventuelle Schorfflecken auf den Äpfeln bzw. manche
Schönheitsmakel der Zierpflanzen in Kauf zu nehmen.
Da er daran glaubt, weniger belastete Pflanzen und dadurch gesündere
Nahrungsmittel erworben zu haben, akzeptiert er die viel höheren Preise.
Im Hobbybereich, also auch im naturnahen Nutz- und/oder Ziergarten, wo der
„Zwang“ der Wirtschaftlichkeit prinzipiell fällt, braucht die Bekämpfungsbereitschaft
sicherlich nicht immer rationell begründet zu werden. Ob der Hobbygärtner bereit ist,
auf die Teile der Ernte oder der Blüte- bzw. der Blätterpracht zu Gunsten der
Schaderreger zu verzichten oder vielleicht als ein Schönheitsfetischist mehr an Arbeit
und Kosten zu investieren bereit ist, damit seine Pflanzen prachtvoller als die des
Nachbarn sind, ist seine subjektive Entscheidung.
Jeder Bürger eines demokratischen Landes, also auch wir, die Freizeitgärtner, haben
das Recht darauf, selbst entscheiden zu dürfen, ob und inwieweit wir unser
Eigentum, in diesem Fall unsere Pflanzen, vor Angriffen von außen schützen dürfen.
Wie schützen? – das ist das nächste Thema.
Bundesverband Deutscher Gartenfreunde e.V. - Grüne Schriftenreihe 161
-62-
Indirekte Pflanzenschutzmaßnahmen im Rahmen des integrierten Pflanzenschutzes
Wie ich schon früher angedeutet habe, sind viele unbelebte Wachstumsfaktoren die
wichtigsten Erfolgsvoraussetzungen für gesunde Pflanzen überhaupt.
Wir versuchen jetzt alle Maßnahmen zu systematisieren, die zwar keine
Schadorganismen bekämpfen, aber trotzdem die Gesundheit der Pflanzen positiv
beeinflussen. Sie sind demnach nicht als direkte Bekämpfungsmaßnahmen, sondern
als indirekte, meistens kulturtechnische Schutzmaßnahmen zu sehen.
Arten- und Sortenauswahl
Ich habe schon gesagt, dass durch den Verzicht auf "Exoten" viele Probleme im
Garten zu vermeiden sind. Nicht in jeder Region vom Bodensee bis nach Flensburg
werden z.B. Weinreben angebaut. Die nördlichsten Weinbaugebiete sind eben die
Mosel im Westen und Saale-Unstrut im Osten und das ist kein Zufall. Bei der
Entscheidung für oder gegen die Hausrebe, sollte diese klimabedingte Tatsache
durch den Freizeitgärtner in seinem eigenen Interesse berücksichtigt werden.
Dazu kommt die Tatsache, dass Empfindlichkeit und (im Gegensatz dazu) Resistenz
gegen Schaderreger erbliche, sortenspezifische Eigenschaften sind. Diese
Kenntnisse sollten unbedingt bei Neupflanzungen berücksichtigt werden.
Bei Radieschen z.B. kann man sich, im Falle der Unzufriedenheit, laufend für eine
andere Sorte entscheiden. Bei Bäumen und auch bei Sträuchern handelt es sich um
mehrjährige Pflanzen, deren eventuelle Auswechslung im Falle der
unberücksichtigten Empfindlichkeit, relativ große Probleme und Kosten mit sich
bringt.
Ein Kompromiss zwischen den Vor- und Nachteilen einer gepflanzten Pflanzensorte
muss bewusst getroffen, und darf nicht dem Zufall überlassen werden.
Uns muss aber auch klar sein, dass Natur oft schneller und flexibler als die Züchtung
ist. Die Resistenz der Sorten muss immer wieder relativiert werden. Manche
Stachelbeersorten die z.B. noch vor einigen Jahren als resistent gegen den
Stachelbeermehltau gekauft worden sind, sind inzwischen, als sie gerade reichlich zu
tragen
begannen,
empfindlich
geworden.
Mehltau
entwickelte
eben
Krankheitsstämme, die die Resistenz überbrückt haben.
Soll man diese Sträucher ohne Rücksicht auf Verluste ausrotten um neue, heute
noch als resistent geltende zu kaufen und zu pflanzen?
Bei Pfirsichsorten und der Kräuselkrankheit, und praktisch überall bei allen
resistenten Sorten, gilt das gleiche.
Ernährung – Düngung
Alle Pflanzen verlangen eine Vollernährung. Eine einseitige Ernährung gleicht der
„Trennkost“, und das fördert bekanntlich die Abnahme des Gewichts, also auch die
der gewünschten Ernte.
Bittersalz liefert nur Magnesium, Hornmehl nur Stickstoff, Knochenmehl nur
Phosphor und Kalzium – dies wird viel zu oft vergessen.
Mit Hilfe von durchgeführten Bodenanalysen (alle paar Jahre) kann sowohl der pHWert als auch die allgemeine Nährstoffversorgung ermittelt und infolgedessen
optimiert werden.
Bundesverband Deutscher Gartenfreunde e.V. - Grüne Schriftenreihe 161
-63-
Ein armer Boden kann keinen reichen Ertrag und keine Blütenpracht bringen.
Eine zu spät im Jahr durchgeführte oder einseitige Düngung schadet den Pflanzen
mehr als sie hilft.
Entsprechend dem individuellen Bedarf ernährte Pflanzen sind widerstandsfähiger –
lautet die oft zitierte Devise.
Für die sog. Schwächeparasiten gilt das schon.
Vielen Schädlingen schmecken aber die optimal ernährten und deshalb „saftigen“
Früchte oder Blätter auch besser – kann man es ihnen verübeln? Nein, aber sich
bewusst machen schon.
Die optimale Ernährung stärkt prinzipiell die sortenspezifischen Eigenschaften. Wenn
die Sorte aber erbgutbedingt empfindlich ist, wird sie dadurch nicht resistenter.
Bodenbearbeitung und Humuswirtschaft
Alle Maßnahmen, die die Wärme und Feuchtigkeit im Boden halten, helfen
gleichzeitig den Luftaustausch des Bodens zu garantieren, sind aus Wachstums–
und deshalb auch aus Pflanzenschutz-Gesichtspunkten günstig.
Eine besondere Aufmerksamkeit verdient hier das Anreichern des Bodens mit
organischer Masse, die einerseits die optimale Krümelstruktur des Bodens
verbessert, andererseits die Nährstoffe liefert, und den Boden, mit leider oft nicht nur
nützlichen Organismen versorgt.
Damit Kompost dem Boden und dadurch den Kulturpflanzen nur Vorteile bringt, sind
einige Hygieneprinzipien schon bei der Absicht der Kompostierung und auch darüber
hinaus unbedingt zu beachten.
Die Gemüsebeete sollten, aus dem Blickwinkel des Pflanzenschutzes, im Herbst
umgegraben werden, damit die auf der Bodenfläche befindlichen schädlichen
Mikroorganismen in die tieferen Schichten versetzt werden und die Schädlinge, die
im Herbst die Bodentiefe gesucht haben, um sich vor dem Frost zu schützen, nach
oben gebracht werden.
Der Frost hat hier nicht nur eine "desinfizierende" Wirkung, sondern die Struktur des
Bodens wird dadurch auch verbessert.
Optimale Bodeneigenschaften fördern die „Selbstentseuchung“ des Bodens. Sie
können viele Krankheits- und Schädlingsrisiken reduzieren und deshalb sollen sie
zweifelsfrei gefördert werden. Alle Gefahren ausschalten können sie auch nicht.
Fruchtfolge und Mischkulturen
Die Pflanzen und auch ihre Reste scheiden verschiedene Substanzen aus, die das
Wachstum der benachbarten und darauf folgenden Pflanzen positiv oder negativ
beeinflussen können.
Jede Pflanzenart entzieht dem Boden, um wachsen zu können, die Nährstoffe in
einem für sie spezifischen Verhältnis.
Ein mehrjähriger Anbau der gleichen oder verwandten Pflanzenarten auf demselben
Beet führt zu einer einseitigen Verarmung des Bodens.
Zusätzlich kumulieren sich im Boden ständig die früher erwähnten spezifischen
Pflanzenausscheidungen. Die Population der pflanzentypischen, nicht nur
bodenbürtigen Schaderreger wird immer höher.
Infolge dieser Prozesse wachsen die gleichen Pflanzenarten auf demselben Beet
Jahr für Jahr immer schwächer. „Bodenmüdigkeit“ ist der Begriff dafür.
Bundesverband Deutscher Gartenfreunde e.V. - Grüne Schriftenreihe 161
-64-
Aus allen diesen Gründen ist zumindest ein 3-4jähriger Fruchtwechsel, in dem
verschiedene spezifische Anforderungen der nacheinander folgenden Pflanzen
berücksichtigt werden, das A und O des Gärtners.
Bei manchen aufgetretenen Schadorganismen, wie z.B. Nematoden, ist der
notwendige zeitliche Abstand zwischen den Wirtspflanzen auf demselben Beet noch
länger.
Durch die sog. Mischkulturen kann die gegenseitig positive Auswirkung von Pflanzen
genutzt werden.
Auch bei diesen, eindeutig förderungswürdigen agrotechnischen Maßnahmen
müssen wir sachlich und realistisch bleiben. Unsere Gärten sind eben klein, die
Entfernung der Beete sehr gering. Zusätzlich wird durch die Pflegemaßnahmen und
oft leider mit dem Kompost vieles „Querbeet übertragen“, was man durch die
Fruchtfolge eigentlich vermeiden wollte.
In manchen Jahren, bei einem starken Befallsdruck und bei manchen Pflanzen,
versagen auch diese Maßnahmen sogar gänzlich.
„Petersilien-Bodenmüdigkeit“ ist das gravierendste Beispiel dafür.
Abstand zwischen den Pflanzen, Pflanzenform
Durch einen ausreichenden Reihen- und Pflanzenabstand wird nicht nur die
verletzungsfreie Pflege der Pflanzen erleichtert.
Der größere Abstand erschwert schlicht und einfach die gegenseitige Infektion durch
Schaderreger. Zusätzlich findet eine bessere Lüftung des Mikroklimas zwischen den
Pflanzen sowie ein schnelleres Abtrocknen der Pflanzen und der Erdfläche nach dem
Regen oder Gießen statt.
Da die meisten Pilzsporen und Bakterien nur in Wassertropfen keimen können,
haben sie dadurch weniger Zeit, die Pflanzen zu infizieren.
Der Pflanzenabstand und die gewählte Baumform sollten der Wachstumsstärke
angepasst werden. Hier sind sowohl die Wachstumsstärke der Baumunterlage als
auch die der Edelsorte zu berücksichtigen.
Durch einen sachgerechten Schnitt sollte für lockere Kronen gesorgt werden, die
nach Niederschlägen und morgens schneller abtrocknen.
Auch der Schnitt der Gurkenpflanzen oder das Ausgeizen der Tomaten und deren
Führung an Gerüsten oder Stützpfählen dient demselben Zweck.
Zusätzlich werden dabei selbstverständlich auch die Lichtverhältnisse und dadurch
die Assimilationsprozesse positiv beeinflusst, was schließlich auch der Gesundheit
der Pflanzen zugute kommt.
Auch die Unkrautbekämpfung ist nicht nur eine Entfernung der Konkurrenz, sie
begünstigt das Mikroklima zwischen den Pflanzen.
Die Infektionsgefahr durch pilzliche und bakterielle Krankheiten, die eine lang
anhaltende Befeuchtung der Pflanzenorgane brauchen, wird dadurch leider nur
reduziert, nicht beseitigt.
Wenn der „Wettergott“ nicht mitspielt, nutzt es relativ wenig.
Aussaat- und Pflanzzeit, Erntezeit
Durch einen frühen oder späteren Zeitpunkt der Aussaat oder des Pflanzens kann
die Hauptzeit der Eiablage mancher Schädlinge, z.B. der Möhrenfliege, „aus dem
Weg" gegangen werden.
Bundesverband Deutscher Gartenfreunde e.V. - Grüne Schriftenreihe 161
-65-
Die nach Ablauf der Vegetationsperiode länger als nötig auf den Beeten gelassenen
Gemüsepflanzen können nicht nur durch Frost gefährdet werden. Leider können nur
einige Probleme durch diese Maßnahmen gelöst werden.
Pflanzenpflege und Pflanzenstärkung
Alle kulturtechnischen Pflegemaßnahmen, die dem optimalen Wachstum der
Pflanzen dienen, stärken die Abwehrkräfte und reduzieren dadurch das Erkrankungsund Beschädigungsrisiko. Nicht mehr und nicht weniger.
Verschiedene Pflanzenauszüge, Jauchen oder Tees, die von Generation zu
Generation als "Oma-Wunder-Hausrezepte" gepriesen werden, bewirken zwar keine
Wunder, aber sie stärken oft die Pflanzen.
Da nicht alles Natürliche für Mensch und Tier ungefährlich ist, ist auch beim Umgang
mit solchen Hausmitteln ein vernünftiger Menschenverstand gefragt. Auch die
Industrie bietet "Pflanzenstärkungsmittel" an, die die Widerstandsfähigkeit der
Pflanzen gegen schädliche Organismen erhöhen. Diese Produkte dürfen, genau wie
alle Pflanzenschutzmittel, nicht durch die Selbstbedienung verkauft werden. Der
Gesetzgeber hat sich schon etwas dabei gedacht.
Die Stärkung der eigenen Abwehrkräfte reduziert nur das Befallsrisiko, und nur dann,
wenn sie rechtzeitig durchgeführt wird.
Sie beugt keinen Befall vor und diesen bekämpfen, kann sie in keinem Fall.
Wasserversorgung und Gießgewohnheiten
Das übermäßige Austrocknen der Wurzelballen soll, genauso wie die Staunässe,
vermieden werden. Abgestandenes, also nicht zu kaltes, meistens weicheres
Regenwasser wäre für das Gießen das Optimalste.
Der größte Fehler, der zur Förderung der Infektion durch viele Krankheiten führt,
lässt sich durch den Verzicht auf abendliches Pflanzengießen - besonders Sprengen
vermeiden. Die am Abend befeuchteten Pflanzen bleiben meistens nachtsüber, also
stundenlang feucht. Das reicht aus, damit die Pilzsporen auf den Blättern, Blüten
oder Früchten keimen können.
Durch eine Folienüberdachung kann die Blattbefeuchtung durch Regen und dadurch
das Infektionsrisiko durch manche Pilze erfolgreich reduziert werden.
Direkte
Pflanzenschutzmaßnahmen
Pflanzenschutzes
im
Rahmen
des
integrierten
Diese Gruppe von Maßnahmen gilt direkt dem Krankheitserreger, dem Schädling
bzw. der Unkrautpflanze.
Das Ziel dieser Maßnahmen ist, den Schaderreger zu beseitigen oder den Schaden
durch einen direkten Angriff zu verhindern.
Dazu gehören:
-
mechanisch-physikalische Maßnahmen
biotechnische Maßnahmen
biologische Maßnahmen
chemische Maßnahmen
Bundesverband Deutscher Gartenfreunde e.V. - Grüne Schriftenreihe 161
-66-
Mechanisch-physikalischer Pflanzenschutz
Durch verschiedene mechanische Barrieren kann der Zugang der Schädlinge zu den
einzelnen Pflanzen oder ganzen Beeten erschwert, und dadurch die Beschädigung
ausgeschlossen oder zumindest reduziert werden.
Das Pflanzen der Bäume in Drahtkörben schützt gegen die Wühlmäuse, wie auch die
Abdeckung der Beete mit Kulturschutznetzen gegen die Gemüsefliegen und andere
Schädlinge schützt.
Auch die Schneckenbarrieren funktionieren nach demselben Prinzip.
Der Schnitt der befallenen Organe, ein Chirurg würde es eine Amputation nennen,
wird meistens bei Krankheiten empfohlen, wo es darum geht, die Infektionsherde
(z.B. Monilia Spitzendürre, Apfelmehltau, Krautfäule der Tomaten usw.) zu entfernen.
Auch die Entfernung des Falllaubes kann einen Sinn haben, wenn dadurch die
weitere Ausbreitung des Schaderregers zumindest beschränkt werden kann. Diese
Maßnahmen müssen, wenn sie einen Sinn haben sollen, rechtzeitig (am besten noch
im Herbst) durchgeführt werden, bevor es im Frühjahr zur Bildung von Millionen, für
die
Verbreitung
verantwortlichen
Pilzsporen
kommt.
Apfelschorf
oder
Kastanienminiermotte können hier die Beispiele sein.
Bei vielen Rostkrankheiten kann durch eine ausreichende Entfernung der Nebenwirte
die Weiterentwicklung der Krankheit total unterbrochen werden.
In Gärten, besonders in der Nähe der Friedhöfe oder Parkanlagen, ist eine solche
Einigkeit bei allen Beteiligten praktisch unmöglich.
Deshalb werden Jahr für Jahr im Frühjahr von den Wacholdern die Birnen und im
Herbst umgekehrt, ständig infiziert.
Die Entfernung der ganzen Pflanzen ist dann notwendig, wenn die Pflanzen mit
vertretbaren Mitteln nicht mehr zu retten sind, oder wenn von den Pflanzen die
Gefahr ausgeht, andere Pflanzen mit schwer oder sogar überhaupt nicht
bekämpfbaren Krankheiten, manchmal auch Schädlingen, zu infizieren.
Manche Krankheiten, wie der bakterielle Feuerbrand, fallen aufgrund ihrer enormen
Gefährlichkeit für ganze Bestände sogar unter die Quarantänebestimmungen. Die
Rodung befallener Bäume kann in solch einem Fall behördlich angeordnet werden.
Auch bei manchen pilzlichen Krankheiten, wie z.B. Rhizomfäule der Erdbeeren, ist es
für den restlichen Bestand besser, die erkrankten Pflanzen samt des ganzen
Wurzelballens aus dem Garten zu entfernen.
Der größte Fehler wäre, den Komposthaufen mit solchen Pflanzen bzw.
Pflanzenteilen zu "verseuchen".
Auch bei vielen Schädlingen kann der Schnitt der Triebe (z.B. mit dem
Ringelspinner) oder die Entfernung der Blätter (z.B. Stachelbeerblattwespe) die
Beseitigung der Eigelege und dadurch die Reduzierung weiterer Schäden bedeuten.
Auch die Schädlinge selbst, einzeln oder in ganzen Kolonien (z.B. Kartoffelkäfer,
Schnecken oder Gespinste der Apfelbaumgespinstmotte) können, bevor sie weitere
Schäden anrichten, mechanisch entfernt bzw. beseitigt werden. Für die
Verpuppungskokons (z.B. Fruchtschalenwickler), die befallenen Knospen (z.B.
Erdbeerblütenstecher)
oder
die
befallenen
Früchte
(z.B.
Schwarze
Pflaumensägewespe) gilt das gleiche Prinzip.
Bei kleinsten, meistens in großer Zahl auftretenden Schädlingen, wie z.B. Blattläuse
oder Spinnmilben usw., ist eine mechanische Bekämpfung der einzelnen Exemplare
Bundesverband Deutscher Gartenfreunde e.V. - Grüne Schriftenreihe 161
-67-
praktisch undurchführbar. Aber auch bei so kleinen Schädlingen kann es vernünftig
sein, die ganzen befallenen Triebabschnitte (z.B. die mit einer Kolonie der Mehligen
Blattlaus) zu entfernen, bevor die Schädlinge auf die nächsten Triebe übergreifen.
Eine rechtzeitige Entfernung der "Rundknospen" beim Befall durch die
Johannisbeergallmilbe gehört auch zu dieser Gruppe der Maßnahmen.
Auch Unkräuter werden im Garten in den allen meisten Fällen mechanisch durch
Jäten oder Hacken bekämpft.
Nicht alles aber kann und will per Hand abgepflückt oder zerdrückt werden, auf das
Ausmaß des Befalls kommt es an.
Durch die Entfernung der ganzen, unter Umständen heilbaren Pflanzen oder deren
Teilen tun wir das, was die Schaderreger machen, wir reduzieren nämlich sogar
eigenhändig die Assimilationsfläche, entfernen das, was wir eigentlich schützen
wollten.
Der Sinn solcher Maßnahmen müsste gründlich überlegt werden.
Biotechnischer Pflanzenschutz
Bei biotechnischen Pflanzenschutzmaßnahmen werden natürliche Reize oder
Reaktionen der Schädlinge ausgenutzt.
Abschreckstoffe, die sog. Repellens, werden in Zukunft sicherlich auch im Garten an
Bedeutung gewinnen. Durch Vogelscheuchen oder akustische Signale können Vögel
z.B. von reifen Kirschen ferngehalten werden.
Manche Insekten werden von spezifischen Farbtönen angelockt.
Geleimte Gelbfallen werden zum Fangen der Kirschfruchtfliegen und der weißen
Fliege verwendet, was zur Reduktion des Befalls führt.
Von der weißen Farbe fühlen sich die Sägewespen (Apfelsägewespe und
Pflaumensägewespe), von der blauen Farbe manche Thripse angelockt.
Die Leimtafeln werden deshalb zur Reduzierung des Befalls oder zur Feststellung
des Schädlingsaufkommens genutzt.
Sexuallockstoffe, auch Pheromone genannt, gewinnen besonders im Obstgarten
Jahr für Jahr an Bedeutung.
Apfelwickler- und Pflaumenwicklerfallen werden sogar als Produkte für den
Hobbygärtner angeboten. Die männlichen Falter werden dabei durch den
"Weibchenduft" in die Falle gelockt, wo sie auf dem Leim kleben bleiben oder
chemisch bekämpft werden. Die Weibchenbefruchtung wird dadurch reduziert, was
sich besonders bei schwachem Befallsdruck auf die Zahl der wurmigen Äpfel oder
Pflaumen positiv auswirkt.
Bei den Leimgürteln handelt es sich zwar um eine physikalische Barriere, bei der
Frostspanner-Bekämpfung allerdings werden auch diese als biotechnische Produkte
gesehen. Die flügellosen Weibchen des Frostspanners krabbeln nämlich, getrieben
durch ihren natürlichen Vermehrungsdrang, den Baumstamm empor, um auf dem
Baum von den beflügelten Männchen begattet zu werden. Die auf dem Stamm
aufgelegten Leimringe werden ihnen zum Verhängnis.
Mit Fanggürteln aus Wellpappe kann man die Raupen des Apfelwicklers oder die des
Pflaumenwicklers dazu provozieren, diese als Verstecke zur Verpuppung zu nutzen.
Eine regelmäßige Kontrolle und anschließende Beseitigung der sich darin
Bundesverband Deutscher Gartenfreunde e.V. - Grüne Schriftenreihe 161
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befindenden
Larven
fällt
schon
in
den
mechanisch-physikalischen
Bekämpfungsbereich.
Auf die „Kohlkragen“ werden Eier der Kohlfliege abgelegt, die dann samt der
Manschetten entfernt werden können.
Alle hier genannten Fallen-Arten reichen erfahrungsgemäß bei schwachem bis
mittelstarkem Befall, und leider nur für einzelne Schädlingsarten, aus.
Bei einem starken Befallsdruck können und sollen sie als ein perfektes
standortspezifisches Prognoseinstrument genutzt werden. Sie helfen nämlich zu
entscheiden, ob überhaupt, und wenn ja, wann exakt die Schädlinge biologisch oder
chemisch am effizientesten zu bekämpfen sind.
Der biotechnische Bereich, die sehr kontrovers diskutierte Gentechnik gehört auch
dazu, verspricht die größten Entwicklungsfortschritte.
Leider, wie es beim Fortschritt manchmal ist, verbirgt er auch Risiken.
Biologischer Pflanzenschutz
Der biologische Pflanzenschutz bedeutet den Einsatz von natürlichen Feinden der
Schädlinge. Im breiteren Sinne wird auch die Schonung der in der Natur lebenden
natürlichen Gegenspieler mit Recht dazugezählt.
Manche versuchen unter dem Begriff „biologischer Pflanzenschutz“ auch andere
Maßnahmen unterzubringen. Es geht nämlich um den Einsatz von pflanzlichen
Extrakten, Jauchen oder Tees für die Bekämpfung der Schädlinge. Da es sich hier
nicht um lebende Organismen, sondern um die zwar aus der Natur hergestellten,
aber doch durch ihre Chemie wirkenden, ab gewissen Konzentrationen unter
Umständen auch für den Anwender und für Nützlinge gefährlichen Stoffe handelt,
müssten sie eindeutig als chemische Maßnahmen gesehen werden.
Tabakbrühe (Wirkstoff Nikotin) und die Brennnesselbrühe (Ameisensäure und
andere Wirkstoffe) sind die unrühmlichsten Beispiele dafür.
Im Garten gibt es eine ganze Reihe von nützlichen Tieren, die als natürliche Feinde
der Blattläuse, Schildläuse, Spinnmilben und anderer Schädlinge gelten. Die
bekanntesten nützlichen Tierchen sind die Florfliege, Marienkäfer, Schwebfliege,
Raubwanze, Schlupfwespen, Gallmücken, Raubmilben, aber auch Igel und viele
Vögel zu sehen.
Alle haben eines gemeinsam - sie ernähren sich von Pflanzenschädlingen, und das
macht sie nützlich und dadurch auch schonungswürdig.
Alle nützlingsschonenden Pflanzenschutzmaßnahmen müssten deshalb eindeutig
bevorzugt werden.
Eine Nützlingszucht und deren Einsatz hat sich bis jetzt in erster Linie für
Gewächshäuser und Wintergärten etabliert. Im Freiland und dadurch auch im Garten
ist das Freisetzen der Nützlinge leider meistens nicht effektiv genug. Dort hat sich
der Einsatz von räuberischen Nematoden besonders gegen die Larven des
Dickmaulrüsslers bewährt. Sie werden leider oft im Mai/Juni ausgesetzt, wenn die
frischen „Buchtenfraßschäden“ der Käfer auf den Blättern festgestellt werden. Gegen
die Käfer wirken sie aber nicht und die Larven treten erst im Juli in Erscheinung.
Auch der Einsatz von Trichogramma-Eiparasiten gegen den Apfelwickler scheint,
zumindest bei einem schwachen Befall, ausreichend wirksam zu sein.
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Die Anwendung von Mikroorganismen als Krankheitserreger der Schädlinge hat im
Pflanzenschutz jahrelange Tradition. Die bekanntesten Bio-Präparate sind die mit
dem Bakterium "Bacillus thuringiensis", die gegen einige Schmetterlingsraupen
wirksam sind. Sie werden im Spritzverfahren auf die befallenen Pflanzen
ausgebracht und gelangen durch den Fraß der Raupen in den Darmtrakt der Raupen
hinein.
Durch diese "Darminfektion" können z.B. die jungen Raupen des Frostspanners, des
Kohlweißlings und andere bekämpft werden.
Für den biologischen Pflanzenschutz im Obstgarten werden auch erste virose
Krankheitserreger angeboten. Sie beinhalten den sehr selektiv, nur gegen die Larven
des Apfelwicklers, die sog. Obstmaden, wirkenden "Granulose-Virus".
Die beiden biologischen Pflanzenschutzmittel sind, genauso wie die weiter
beschriebenen chemischen Pflanzenschutzmittel, zulassungspflichtig.
Pilzliche Krankheitserreger, die gegen Pflanzenschädlinge im Garten eingesetzt
werden können, werden sicherlich in den nächsten Jahren auch Produktreife
erreichen.
Die biologische Schädlingsbekämpfung ist sicherlich sehr umwelt- und
anwenderfreundlich und sie soll eindeutig stärker als bis jetzt in den Vordergrund
gestellt werden. Die Zahl der zur Verfügung stehenden Verfahren ist leider z. Zt.
noch äußerst unzureichend und ihre Wirksamkeit ist nur bei sehr exakten,
rechtzeitigen Bekämpfungsterminen ausreichend.
Chemischer Pflanzenschutz
Chemischer Pflanzenschutz bedeutet der Einsatz von chemischen Substanzen, um
Pflanzen vor Schadorganismen oder unbelebten Schadursachen zu schützen.
Im Wesentlichen geht es darum, die Schaderreger zu beseitigen.
Das bedeutet sie zu vergiften, zu verätzen, zu ersticken oder sie anderweitig an ihrer
weiteren Entwicklung und dadurch weiteren Schädigung der Pflanze zu hindern.
Die aktuell zugelassenen Pflanzenschutzmittel sind nach heutigem Wissensstand bei
sachgerechter Anwendung - und nur bei sachgerechter Anwendung - sowohl für die
Pflanzen, als auch für den Anwender und die Umwelt unschädlich. Bei Missbrauch
können sie, genauso wie auch Medikamente, Alkohol oder z.B. Autos, schädlich oder
sogar tödlich wirken. Aus diesem Grund ist bei der Handhabung und Anwendung
Vorsicht und ein gesunder Menschenverstand gefordert.
"So wenig Chemie wie möglich und so viel wie notwendig!" lautet die einzig
vernünftige Devise der Krankheits- und Schädlingsbekämpfung, und zwar nicht nur
im Garten und nicht nur an den Pflanzen als Patienten.
Integrierter Pflanzenschutz im naturnahen Garten
Allen vorher genannten außerchemischen Maßnahmen sollte man im Garten
eindeutig Vorrang einräumen.
Wir sollen uns alle permanent darum bemühen zu versuchen, die in unseren Gärten
entstehenden Probleme so naturnah wie nur möglich zu lösen.
Wir haben noch viel zu lernen. Je mehr man nämlich über die Pflanzen selbst,
insbesondere über die Schadfaktoren und die Schaderreger weiß, und je tiefer das
Wissen darüber ist, desto erfolgreicher und umweltgerechter können diese behoben
und u.U. bekämpft werden.
Bundesverband Deutscher Gartenfreunde e.V. - Grüne Schriftenreihe 161
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Die Wissenschaft, Züchtung und die Industrie soll sich verstärkt weiter darum
bemühen, weitere Verfahren, Sorten und Produkte zu entwickeln und zu etablieren,
die die weitere Reduktion oder sogar in Einzelfällen ein Verzicht auf chemische
Maßnahmen ermöglichen.
Bei manchen Krankheitserregern und Schädlingen kann aber, besonders bei starkem
Befallsdruck, das Zurückgreifen auf die chemischen Bekämpfungsmaßnahmen zur
Zeit noch notwendig werden.
Das, was für den Humanmediziner gesunde Lebensweise, Naturheilkunde, Vorsorge,
nicht medikamentöse und letztendlich, wenn das alles nicht hilft, die medikamentöse
Behandlung bedeutet, ist für den Pflanzendoktor der "Integrierte Pflanzenschutz".
Integrierter Pflanzenschutz ist eine Kombination von Maßnahmen, bei denen unter
vorrangiger Berücksichtigung Anbau- und kulturtechnischer mechanischer,
biologischer sowie biotechnischer Maßnahmen,
die Anwendung chemischer Pflanzenschutzmittel auf das notwendige Maß
beschränkt wird.
Eine medikamentöse Behandlung, in diesem Fall der chemische Pflanzenschutz, soll
in beiden Fällen als Ultima ratio (allerletztes Mittel) gesehen werden !
Vorteile, Bedenken, Nachteile des chemischen Pflanzenschutzes
-
Durch die Zulassung bestätigte ausreichende Wirksamkeit
-
Schnelle Wirkung
-
Wirksamkeit oft auch bei einem späteren Befallsstadium, wenn die anderen
Maßnahmen versagen
-
Bei manchen Maßnahmen eine heilende Wirkung möglich
-
Breite Palette gegen die meisten Schaderreger wirkenden Maßnahmen
Es gibt noch heute, sowohl im Pflanzenschutz genauso wie auch in der
Humanmedizin, leider generell unheilbare Krankheiten und im besonderen die
unheilbaren Krankheitsstadien. Der medizinische Erfolg kann deshalb nur durch die
Kompetenz und Rechtzeitigkeit der Diagnose, durch die Richtigkeit der Maßnahmenund der Mittelauswahl sowie durch die sachgerechte Durchführung der Maßnahme
selbst erreicht werden.
Sonst werden die oben genannten Vorteile zu Nachteilen.
-
Höchste finanzielle Effizienz – günstigstes Verhältnis zwischen dem Arbeitsund Kostenaufwand einerseits, und der Ertragsteigerung anderseits.
Wird dieser Vorteil in einem Freizeitgarten gebraucht? Rationell und objektiv
gesehen – nicht unbedingt. Subjektiv aber, wie schon früher gesagt, oft ja. Und das
muss von der Gesellschaft, von der Politik und deshalb auch von den
gesetzgebenden Organen und durchführenden Behörden akzeptiert werden.
Bundesverband Deutscher Gartenfreunde e.V. - Grüne Schriftenreihe 161
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Bequemlichkeit und ökonomisches Denken, besonders dort, wo es Not tut, darf auch
im Garten durch die Behörden nicht unterbunden oder sogar strafbar gemacht
werden.
-
Durch die Zulassung belegte Ungefährlichkeit für die Pflanzen, den Anwender
und die Umwelt.
Die Gegner des chemischen Pflanzenschutzes behaupten gerade das Gegenteil
davon und gerade dies führt oft zu prohibitiven Entscheidungen des Gesetzgebers.
Die Ungefährlichkeit ist selbstverständlich nur, ich betone ausdrücklich nur, bei der
sachgerechten, alle Auflagen befolgenden Anwendung des Mittels gewährleistet.
Jeder Missbrauch kann selbstverständlich gefährden.
B 1 – Produkte gefährdet die Bienen nicht, wenn man sie nicht in die Blüte, nicht bei
honigtautragenden Pflanzen und nicht im Umkreis von 60m um Bienenstock herum
spritzt.
Die Produkte mit der W-Auflage gefährden das Grundwasser nicht, wenn man sie
nicht in einen Wasserschutzgebiet anwendet. Usw., usw.
Wenn ein Pflanzenschutzmittel trotz seiner sachgerechten Anwendung unvertretbar
gefährlich wäre, bekäme es doch keine Zulassung oder bei neuen diesbezüglichen
Kenntnissen würde es diese sofort verlieren!
Gilt dieser Missbrauchvorbehalt praktisch nicht für alles, womit wir zu tun haben? Für
Autos, trotz der achttausend Unfalltodesfälle jährlich, für die Medikamente, sogar für
das Messer und die Gabel auch? Eigentlich ja, nur scheinbar nicht für die
Pflanzenschutzmittel.
Die
Hobbygärtner
werden
unisono
zu
den
„Umweltsünderböcken der Nation“ erklärt. Warum?
Weil sie anscheinend, trotz einer Zahl von 18 Millionen, keine Lobby haben.
Pflanzenschutzgesetz – sein Einfluss auf die Möglichkeiten des integrierten
Pflanzenschutzes im naturnahen Garten
Schwerpunkt des Pflanzenschutzgesetzes von 1998 war die notwendige Anpassung
an das EG-Recht bei der Zulassung von Pflanzenschutzmitteln.
Es entstand, im Großen und Ganzen, ein vernünftiges Werk, das aber in manchen
Punkten über das Ziel hinaus schoss und für die Durchsetzung der politisch
vernünftigen Absichten sogar kontraproduktiv sein kann und sicherlich sein wird,
wenn manche „Falten“ nicht schnellstmöglich „ausgebügelt“ werden.
Die Priorität der „guten fachlichen Praxis“ und dadurch des „integrierten
Pflanzenschutzes“ wurde durch das neue Pflanzenschutzgesetz vorgeschrieben. Es
ist gut so. Da herrscht ein Konsens zwischen dem Gesetzgeber und uns allen.
Die im Profianbau und dem industriellen Nahrungsmittelkomplex immer wieder
vorkommenden Pannen und Affären (zuletzt der Nitrofenskandal) wurden in den
letzten Jahren von den „Berufsgegner“ des Pflanzenschutzes sehr erfolgreich dazu
genutzt, den Schutz der Pflanzen auf den Einsatz von „Pestiziden“ zu reduzieren und
dies wiederum zu einer Gefahr für die ganze Gesellschaft zu stilisieren.
Durch meistens unsachliche, populistische, oft sogar demagogische Schlagwörter
und Argumente wurde Angst geschürt und dadurch ein politischer Druck erzeugt, der
bei dem Gesetzgeber und besonders den Zulassungsbehörden in prohibitiven
Entscheidungen mündete.
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Bevor ich mich mit der Analyse mancher kritischer Punkte und mit den
Verbesserungsvorschlägen befasse, lege ich großen Wert darauf, vor denjenigen,
die mich und meine Aktivitäten noch nicht kennen, als unermüdlicher Verfechter des
umwelt- und anwenderschonenden Integrierten Pflanzenschutzes zu bekennen.
Stimmten die Vorwürfe über den übermäßigen Einsatz von chemischen
Pflanzenschutzmitteln in Gärten, die als Begründung für die Verschärfung ihrer
Anwendung im Haus- und Gartenbereich führen, überhaupt?
Die Situation des Pflanzenschutzes, besonders in 18 Millionen Haus- und
Kleingärten, wird immer aussichtsloser - die Zahl der mit den für Haus- und
Kleingarten zugelassenen Produkten unbekämpfbaren Schaderreger immer größer.
Nachfolgend einige Beispiele:
Pilzkrankheiten des Obstgartens, die zur Zeit chemisch nicht bekämpft werden
dürfen (strafbar bis 50.000 €) - Beispiele
Kernobst (Apfel, Birne, Quitte)
Monilia Fruchtfäule
Monilia Spitzendürre
Phyllosticta - Blattfleckenkrankheit
Gleosporium Fruchtfäule
Kragenfäule
Obstbaumkrebs
Weißfleckenkrankheit der Birne
Birnengitterrost
Quittenbräune
Kirsche
Schrotschusskrankheit
Blattbräune
Pfirsich/Aprikose
Kräuselkrankheit
Schrotschusskrankheit
Pfirsichschorf
Pfirsichmehltau
Monilia Fruchtfäule
Pflaume
Zwetschgenrost
Taschenkrankheit
Fleischfleckenkrankheit
Erdbeere
Erdbeermehltau
Lederfäule
Stachelbeere/Johannisbeere
Blattfallkrankheit
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Stachelbeermehltau an Johannisbeere
Säulenrost der Schwarzen Johannisbeere
Himbeere/Brombeere
Rutenkrankheit
Rost
Walnuss
Marssonina-Krankheit
Im Gemüsegarten, Ziergarten und auch bei Schädlingsbekämpfung sieht es
nicht viel besser aus!
Lösungsvorschläge
Wenn man bei den für den Haus- und Kleingarten als geeignet zugelassenen
Pflanzenschutzmittel, auch alle für den Erwerbsobstbau zugelassenen Indikationen
ausschöpfen würde, wäre die Mehrheit der zur Zeit nicht bekämpfbaren
Schaderreger, bekämpfbar.
Nur die übertriebenen Abtriftgefahren sprechen dagegen.
Die Kriterien für die Eignung des Mittels für diesen Bereich wurden doch durch den
§15 des Gesetzes eindeutig formuliert.
Es sind „Eigenschaften der Wirkstoffe, die Dosierfähigkeit, die Anwendungsform und
die Verpackungsgröße“.
Die zusätzlichen, durch die Zulassungsbehörden scheinbar unter politischem Druck
formulierten, weit übertriebenen Abtrift-Kriterien schossen eindeutig über das Ziel
hinaus. Sie sollen schnellstens, der realistischen Situation entsprechend,
überarbeitet werden.
Die Orte der Anwendung eines Pflanzenschutzmittels wurden schon ausreichend
durch die eventuellen Auflagen, wie Wasserschutzgebiete, Abstand zu den
Gewässern usw., geregelt.
Die Abtriftkriterien für die Anwendung im Haus- und Kleingarten sollten schnellstens
revidiert werden, damit die für den Erwerbsgartenbau zugelassenen Indikationen
auch für den Haus- und Kleingarten gelten.
Die Situation würde sich noch weiter gravierend verbessern, wenn die als
„Lückenindikationen“ ausgesprochenen Genehmigungen nicht nur für den
Erwerbsgartenbau gelten würden. Warum auch?
Durch den Trend, die Zulassungen der zukünftigen Indikationen verstärkt nur über
den §18 zu erwirken, wird die Gefahr immer größer, dass im Garten immer weniger
erlaubt wird.
Die Genehmigungen nach dem §18 (Lückenindikationen) sollten schnellstens auch
für den Haus- und Kleingarten ihre Geltung haben.
Wenn man zusätzlich im Rahmen, der in der Zulassung ausgewiesenen Pflanzen,
Anwendungszeiten, Konzentrationen und allen sonstigen Auflagen, auch diese
Schaderreger direkt bekämpfen dürfte, bei denen die Nebenwirkung allgemein
bekannt ist (manchmal sogar in anderen Ländern durch die Zulassung bestätigt),
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wären fast alle Schaderreger, deren Bekämpfung zur Zeit zwar möglich, aber
verboten ist, auch offiziell bekämpfbar.
Der Verweiß auf die Nebenwirkungen ist doch erlaubt. Wofür eigentlich?
Die klassischen Beispiele, wo man heute mogeln müsste, um sich nicht strafbar zu
machen sind: Baycor oder Polymam gegen Birnengitterrost (Zulassung gegen
Birnenschorf) oder Polyram gegen Taschenkrankheit (Zulassung gegen
Pflaumenrost).
Ein noch gravierendes Beispiel:
Roxion ist an Zierpflanzen gegen saugende Insekten, nicht aber gegen die
beißenden, Spruzid flüssig dagegen gegen beißende, nicht aber gegen die
saugenden Insekten zugelassen. Ein Anwender z.B., dessen Rosen sowohl durch
die Rosenblattwespe als auch durch die Rosenzikade befallen sind, müsste mit
beiden Produkten spritzen, um konform mit dem Gesetz zu sein. Jedes einzelne
Produkt würde ausreichen.
Kann dies das Ziel des Gesetzes sein?
Es sollte schnellstens Klarheit geschaffen werden, dass die Pflanzenschutzmittel an
der ausgewiesenen Pflanzenart, im Rahmen der zugelassenen Menge,
Konzentration, Anwendungszeit und der geltenden Wartezeit, nicht nur gegen die
direkt zugelassenen, sondern auch gegen andere Schaderreger gezielt empfohlen
und angewendet werden dürfen, wenn z.B. die wissenschaftlichen Kenntnisse, eine
entsprechende Zulassung in anderen Länder oder die „gute fachliche Praxis“ eine
entsprechende Wirkung bestätigen.
Wenn ein aktuell zugelassenes Pflanzenschutzmittel bei sachgerechter Anwendung,
das bedeutet unter Berücksichtigung aller durch die Zulassung festgesetzten
Auflagen, ungefährlich für Mensch, Tier und Naturhaushalt ist (sonst würde es die
Zulassung verlieren), kann es auch im Garten ungefährlich angewendet werden. Auf
den Anwender, seine Sachkundigkeit und seine Zuverlässigkeit kommt es an.
Nach dem Gesetz macht sich z.B. ein sachkundiger Winzer oder Obstbauer dann
strafbar, wenn er nach der Beendigung der Behandlung seiner Wein- bzw.
Obstanlage mit dem in das 5l Spritzgerät umgefüllten Spritzbrüherest seine
Weinpergola oder einige Obstbäume im Hausgarten behandeln würde.
Auch dann, wenn das Mittel sogar in einer Kleinpackung für den Haus- und
Kleingartenbereich zugelassenen ist.
Er hatte doch mit einer Großpackung gearbeitet!
Weit über eine Million berufstätige oder pensionierte Gärtner, Landwirte, Forstwirte
usw., die ihr fachliches Wissen, ihre Erfahrung und sogar ihre formelle
Pflanzenschutz-Sachkundigkeit im eigenen oder benachbarten Garten oder als
Fachwart in einem Obst- und Gartenbauverein bzw. Kleingartenverein einsetzen
könnten, dürfen manche, sonst zugelassene medikamentöse Behandlung der
Pflanzen nicht durchführen.
Auch ich selbst, Diplomgärtner mit langjähriger Berufserfahrung, jemand der schon
Tausende auf die Sachkundeprüfung - Pflanzenschutz vorbereitet hat, ein
Preisträger des Bundeswettbewerbes Integrierter Pflanzenschutz, jemand, der durch
unzähligen Publikationen und durch Fachbücher hundert Tausende von Profi- und
Hobbygärtner berät, wird schlicht und ergreifend als unfähig und unmündig erklärt,
mit zugelassenen Pflanzenschutzmitteln im eigenen Hausgarten vernünftig umgehen
zu können.
Ist das nicht eine typische deutsche Übertreibung?
Bundesverband Deutscher Gartenfreunde e.V. - Grüne Schriftenreihe 161
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Den sachkundigen Anwendern sollte schnellstens erlaubt werden, die zugelassenen
Anwendungen nicht nur im Erwerbsgartenbau, sondern auch im Haus- und
Kleingarten durchzuführen.
Mein letztes Anliegen.
Am 30.06.2001 sind alle Übergangsfristen abgelaufen, und ab dem 01.07.2001
dürfen in Haus- und Kleingartenbereich nur die entsprechend gekennzeichneten
Pflanzenschutzprodukte, und diese nur in den durch die Zulassung festgelegten
Anwendungsgebieten verwendet werden.
Es wäre auch töricht, teuer und nicht zumutbar wenn, wie durch manche Experten
gefordert, alle auch davor mit gutem Gewissen von Hobbygärtnern gekauften
Kleinpackungen, als nicht gesetzlich konform entsorgt werden müssten.
Wenn bei einem Pflanzenschutzmittel seine generelle Zulassung am 30.06.2001
auslaufen würde (man könnte sich darauf einstellen, da das Datum in dem BBAVerzeichnis publiziert wurde), dürfte das Mittel bis 31.12.2003 angewendet werden.
Die Produkte, über die wir hier sprechen, bleiben sogar nach wie vor zugelassen.
Nur ihr Zulassungsumfang hat sich geändert.
Und diejenigen, die die Produkte schon zu Hause haben?
Es wäre schlicht und ergreifend logisch, dass diese Produkte, ohne dass deren
Besitzer kriminalisiert würden, zumindest bis zu der beim Zulassungsablauf
angeräumten Frist 31.12.2003 angewendet werden dürfen.
Die Ausbringungsfrist von den nicht mehr für den Haus- und Kleingarten
zugelassenen Pflanzenschutzmitteln sollte zumindest bis zum 31.12.2003
verlängert werden.
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Naturgerechte Bewirtschaftung von Gärten
Heinrich L e u m e r
Bremen
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Naturgerechte Bewirtschaftung von Gärten
Aufbauend auf den Vortrag "Naturgerechte Bewirtschaftung von Gärten" - I, den ich
anlässlich einer Fachberaterschulung in Freising vom 12. - 14.09.97 (Grüne
Schriftenreihe 126) gehalten habe, möchte ich näher auf die Einzelheiten im naturnahen
Hobbygarten
eingehen.
Trotz
intensivem
Erfahrungsaustausch
und
Schulungsangeboten der Vereine und Landesverbände haben sich die Gegner und
Befürworter von einer naturnahen Wirtschaftsweise nicht angenähert.
Einen wesentlichen Schritt in Richtung umweltverträglicher Bewirtschaftung hat das
neue Pflanzenschutzgesetz gebracht. Verbote und Mengenbeschränkungen
verschiedener Mittel geben dem Gartenfreund Anlass zum Nachdenken. Der
Gartenfreund muss sich einfach von der Zwangsvorstellung von lochfreien Blättern und
maximalen Erträgen freimachen. Optimale Erträge können auch ohne die Hilfe giftiger
Agrarchemie erreicht werden.
Früchte, die man ohne Schälen vom Baum und Strauch essen kann, sind für den
Gartenfreund und seine Familie ein großes Stück Lebensqualität.
Die Verbände, die den Markt mit naturnah erzeugten Produkten beliefern, werden
immer zahlreicher und stärker. Dies ist zwar sehr begrüßenswert, aber leider wird immer
wieder einmal ein Etikettenschwindler ertappt.
Der Hobbygärtner hat es nun selbst in der Hand, den Bedarf der Familie an Obst und
Gemüse zwar nicht ganz lückenlos, aber doch zum großen Teil, abzudecken.
Erfahrungen aus dem Ziergarten
Man sollte immer standortgerechte Sträucher und Stauden anpflanzen und auf
genügend Abstand achten.
Bei der Wege- und Standortplanung muss man daran denken, dass die meisten
Pflanzen ihre schöne Seite (Gesicht) zum Licht ausrichten. Für ein Wohlfühlen der
Gartenfreunde sollte die Betrachtungsmöglichkeit immer vom Süden aus geschehen.
Bewährt hat sich eine dauernde Mulchschicht. Beachtung des Kalkbedarfes der
Pflanzen (pH-Wert) ist für das gute Gedeihen wichtig. Anregung kann man sich bei
Schriften über Pflanzenvergesellschaftungen holen. Es ist Unsinn, Moorbeetpflanzen
mit kalkliebenden (Seidelbast, Clematis, Christrosen) Pflanzen im engen Abstand zu
pflanzen.
Richtiger
pH-Wert
und
ausreichende
Ernährung
macht
viele
Pflanzenschutzmaßnahmen oft überflüssig.
Einen Naturrasen anzulegen bedarf es einiger Überlegungen, sonst hat man nur eine
Unkrautwildnis. Die Vorstellung einer blühenden Wiese wie im Allgäu kann man nur im
Allgäu verwirklichen. Einheimische und ortstypische Wildpflanzen stellen sich sehr
schnell ein. Um einigermaßen eine bunte Fläche zu bekommen, sollte man auf jeden
Fall Stauden mit in den Rasen pflanzen. Man mäht diese Wiesen erst, wenn der Samen
der Kräuter ausgefallen ist.
Wer einen Gebrauchsrasen anlegt, sollte im zeitigen Frühjahr immer mit Kompost
düngen. Damit erspart man sich die synthetischen Dünger, auch die Moosbekämpfung
Ende Februar bis Anfang März streut man Kompost über den Rasen. Nach einigen
Regenfällen harkt man dann die groben Teile wieder ab. Der Mäher wird auf
mindestens 4 cm Höhe eingestellt. Mehr braucht man an der Rasenfläche nicht zu
machen.
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Im Ziergarten lassen sich einige Nützlinge gut zur direkten Bekämpfung oder
Einschränkung der Schädiger einsetzen.
Am bekanntesten sind Gelbtafeln bei den braunen Knospen der Rhododendren und
Nematoden zur Dickmaulrüsslerbekämpfung. Es ist aber nicht damit getan, indem man
einfach loslegt.
Die Gelbtafeln müssen schon Anfang bis Mitte August vor den Rhododendren
aufgehängt werden, nicht in die Pflanze, da dann zu wenig Zykaden auf den Leim
gehen.
Der Nematodeneinsatz ist von der Temperatur des Bodens abhängig. Bei zu niedrigen
Temperaturen sind sie wirkungslos.
In einer ruhigen Ecke des Ziergartens mit andauernder Mulchschicht können sich auch
einmal Feld- und Wühlmäuse einfinden.
Gegen Feldmäuse kann man Mausefallen, bestückt mit Erdnüssen, aufstellen. Achtung!
Die Fallen dürfen von den Vögeln nicht erreicht werden.
Die Wühlmäuse lassen sich durch unangenehme Gerüche vertreiben. Man sollte frische
Holundertriebe oder Knoblauchstücke in die Gänge stecken. Die Geruchsstoffe müssen
bis zum Erfolg jeden zweiten Tag erneuert werden. Anpflanzungen von
Vertreibungspflanzen, wie Wolfsmilch und Knoblauch, Kaiserkronen oder ähnlichen,
sind meist zwecklos. Diese Pflanzen strömen keinen oder nur einen sehr schwachen
Duft aus, wenn sie unberührt stehen, um eine Vertreibungswirkung zu erreichen.
Beobachtungen in diese Richtung sind reiner Zufall.
Es bieten sich im Naturziergarten einige Möglichkeiten zur Förderung der Nützlinge an,
wie z.B. Streu- oder Mulchschicht als Unterschlupf im Winter für Marienkäfer und
andere Nützlinge sowie Astquirle in Sträuchern als Halt für Nester, Blütenangebot für
viele Insekten, Früchte zur Winterfütterung der Vögel, Sommerblumenvielfalt als
Randbepflanzung zur Verbesserung des Bodenlebens und Nahrungsangebot für
Insekten, verbleibende Blütenstängel im Winter als Unterschlupf für Insekten und
Samenstände als Nahrungsquelle für Vögel.
Naturnaher Obstgarten
Grundlage im Obstbau - auch bei den Beeren - ist das Pflanzen von standortgerechten
Arten und Sorten, wobei nicht nur der klimatische, sondern auch der Bodenstandort
beachtet werden muss. Pflanzen, die sich in dem Klima - wobei man auch das lokale
Kleinklima beachten muss - und auf der falschen Bodenart nicht wohl fühlen, sind von
vornherein gegen Schwächeparasiten und Wachstumsstörungen anfälliger.
Ein Ausweichen auf resistente Sorten ist immer mehr möglich. Da Obstbäume und sträucher stets für längere Zeit im Garten verbleiben, bedarf es einer Überlegung und
Beratung am besten durch eine örtliche Baumschule. Supermärkte und Kataloge sind
selten der richtiger "Berater". Kleinbaumformen in allen Spielarten sind in Bezug auf
Pflege, Schnitt und Pflanzenschutz leicht zu bearbeiten.
Wenn nach sachgemäßem Pflanzschnitt auch ein Erziehungsschnitt über mehrere
Jahre erfolgt, können licht- und luftdurchlässige Kronen gebildet werden. Lockerer
Kronenaufbau und auch genügender Pflanzenabstand beugen vielen Pilzkrankheiten
vor.
Die vielerorts noch übliche Austriebsspritzung muss auf jeden Fall unterbleiben. Man
vernichtet zwar Überwinterungsformen von Schädlingen im eigenen Garten - aber auch
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viele Nützlinge.
Bringen der Wind oder die Ameisen die Läuse zurück, bleiben die Nützlinge aber beim
Nachbarn, weil sie da noch Nahrung haben.
Gute Maßnahmen gegen Frostspanner sind Leimringe von Anfang Oktober bis Januar.
Um einige Schädiger zu fangen, helfen im Sommer Wellpappringe. Aber Vorsicht, es
können sich auch Nützlinge darunter verbergen.
Ameisen dürfen im Obstgarten auf keinen Fall geduldet werden. So nützlich sie auch
sonst im Naturhaushalt sind, im Garten darf man sie nicht dulden. Sie verbreiten die
Blattläuse, pflegen sie auch und verbeißen deren Feinde.
Absuchen der Raupennester der befallenen Zweige ist bei Kleinbaumformen leicht zu
bewerkstelligen. Man kann auch versuchen, ab Mitte Mai bei Apfel- und
Pflaumenwickler mit Geruchsfallen zu arbeiten.
Bei Schnittmaßnahmen ist Pflanzenhygiene erforderlich. Fruchtmumien im Winter und
ebenso krankes Laub und befallene Äste aus der Nähe des Baumes sind zu entfernen.
Es bringt aber in Bezug auf einen Neubefall überhaupt nichts, diese zu verbrennen.
Eine ordnungsgemäße Kompostierung reicht vollauf. Wer Bedenken hat, Zweige mit
Krankheiten zu kompostieren, kann sich folgendermaßen helfen. Die befallenen Zweige
werden gehäckselt und in einem Plastiksack in der Sonne gelagert. Die Fermentationsund Gärungsvorgänge vernichten auch den schlimmsten Pilz.
Krebsbefall an Bäumen
Kleine und dünne Äste müssen bis in das gesunde Holz hinein ausgeschnitten werden.
Bei Stämmen oder dicken Ästen werden die Wunden soweit ausgeschnitten, bis überall
das gesunde Holz zu sehen ist. Die Wunde wird mit in Alkohol oder Spiritus aufgelöstem
Propolis (Kitharz der Bienen) ausgestrichen. Die Heilung, bzw. das Stoppen der
Krankheit
geschieht
wesentlich
besser
als
bei
herkömmlichen
Krebsbehandlungspasten.
Beim Beerenobst sollte man die Rundknospen mit Johannisbeermilbenbefall
ausbrechen und rechtzeitig die Raupen der Stachelbeerblattwespe abschütteln und
vernichten. In Lagen, in denen besonders stark die Himbeerrutenkrankheit verbreitet ist,
solle man auf den Anbau von Herbsthimbeeren ausweichen. Da die Triebe nach
Frostbeginn (Ernteschluss) am Boden abgeschnitten werden und die Infektion im Winter
an vorhandenen Trieben geschieht, hat man mit dieser Krankheit keine Sorge mehr.
Für den Obstgarten ist die Förderung der Insekten besonders wichtig. Da die
Honigbiene bei schlechter Witterung nicht fliegt, diese aber oft während der Obstblüte
gerade da ist, sind wir auf Wildbienen, Solitärwespen und ähnliche Nützlinge für die
Bestäubung angewiesen.
Zur Blattlaus- und Raupenbekämpfung brauchen wir Marienkäfer, Florfliegen, Libellen,
Schlupfwespen, Ohrwürmer, Hornissen und Wespen. Die Förderung geschieht am
besten durch Nist- und Unterschlupfmöglichkeiten.
Naturgemüsegarten
Das "A" und "O" eines guten und gesunden Gemüseertrages ist der Boden. Ein intaktes
Bodenleben mit ausreichend Regenwürmern ist die Grundvoraussetzung für einen
naturnahen Gemüseanbau. Ausreichende Nährstoffversorgung, aber keine
Überdüngung, lässt die Pflanzen zügig wachsen. Diese Pflanzen haben eine natürliche
Widerstands- und Abwehrkraft. Verhungerte oder mit zuviel Stickstoff geil gewachsene
Pflanzen sind anfällig gegen viele Schädiger. Den Bedarf der Pflanzen kann man in
Bundesverband Deutscher Gartenfreunde e.V. - Grüne Schriftenreihe 161
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Tabellen nachsehen. Auch bei Mischkultur kann man für sich Werte erstellen. Niemand
ist jedoch in der Lage, vom Anblick des Bodens her zu sagen, wieviel Nährstoffe
vorhanden sind. Aus diesem Grunde schickt man alle 4 - 5 Jahre eine Bodenprobe zur
Untersuchung. Im Hobbybereich sind viele Böden überfrachtet. Meistens reicht eine
natürliche Stickstoffgabe in Form von Hornspänen oder Rizinusschrot. Auch mit
Kompost kann man überdüngen. Der in einem 400 qm großen Garten anfallende
Kompost und die zusätzlich mitgebrachten Küchenabfälle reichen fast für den Garten
aus. Oft düngt der Gartenfreund aber nur sein Gemüsebeet. Dies führt automatisch zur
Überfrachtung, besonders bei Phosphor, da dieser wenig benötigt und überhaupt nicht
ausgewaschen wird.
Zur Vollversorgung einer vierköpfigen Familie benötigt man 300 qm Gemüseland und
dabei muss man noch etwas Winterkartoffeln hinzu kaufen. Die Mühe, einen
naturnahen Gemüsebau zu betreiben, lohnt sich aber nur, wenn die Familie auch zu
Hause isst. Für die Gesundheit lohnt es sich, von Kantinen- und Imbisskost
abzukommen. Es ist nicht nur eine große Kostenersparnis, sondern die eigenen
Produkte sind unbelasteter, gesünder, frischer und wohlschmeckender.
Die Bodenprobe und die Überlegungen über Nachdüngung und Nährstoffversorgung
muss man schon im Winter anstellen.
Naturdünger brauchen mindestens vier Wochen, ehe sie den Pflanzen zur Verfügung
stehen. Die Aufbereitung durch das Bodenleben kann natürlich auch nur zügig
geschehen, wenn es in Ordnung ist.
Ein wesentlicher Faktor im Gemüsebau ist der pH-Wert. Die Annäherungswerte kann
man selbst mit einem einfachen Test, erhältlich im Fachhandel, feststellen. Ja nach
Bodenart ist der pH-Wert etwas schwankend. Am besten ist es, alles im Faltblatt des
Bundesverbandes (Nr. 10 - "Die Bodenreaktion") nachzulesen. Bei der Arten- und
Sortenwahl spielt auch der Bedarf und Geschmack der Familie eine Rolle. Möglichst
Arten und Sorten wählen, die für den Boden und das Klima passen. Schwere Böden
lockert man am Anfang mit einer reichlichen Gabe von scharfem Sand. In Sandböden
sollte man möglichst Lehm einbringen. Sollte dies nicht möglich sein, so kann man sich
bei Sandböden mit Gesteinsmehlen helfen.
Zum Mischen der einzelnen Gemüsearten gibt es auf dem Markt genügend Tabellen.
Am Anfang stellt man fest, dass viele Tabellen recht unterschiedlich sind und sich
gelegentlich widersprechen. Die Verträglichkeiten sind viel vom Boden, der Gartenlage,
der Himmelsrichtung und dem Kleinklima abhängig. Was in dem einen Garten
wunderbar funktioniert, gilt oft nicht für den anderen. Am Anfang sollte erst einmal
munter darauf zugearbeitet werden. Bei der Mischkultur wird, damit die Großen die
Kleinen nicht unterdrücken, nur die Höhe und Breite der jeweiligen Pflanzen beachtet.
Als zweites ist zu bedenken, dass man die Pflanzenfamilien trennt. Bei den Pflanzen ist
es oft wie bei den Menschen, in der Familie verträgt man sich am wenigsten. Dies hat
bei den Pflanzen mit dem gleichen Nährstoffbedarf und den gleichen
Wurzelausscheidungen zu tun. Wenn man die Pflanzen nun so richtig durcheinander
bringt, kann auch der Schädling der einen Art nicht so schnell zur nächsten Pflanze, weil
die ihm nicht schmeckt (Barrierewirkung).
Der Duft - auch manchmal die Ausscheidungen - der einen Pflanze gefällt der anderen
und alle Pflanzen wachsen besser. Dies bedarf einer Beobachtung. Hat man nun schon
einmal so etwas, wie gegenseitige Förderung oder Behinderung der Pflanzen,
beobachtet, so fallen einem später immer mehr "Naturereignisse" auf. Als allgemeine
Regel bei der Mischkultur gilt, die frühen und fertigen Arten aus dem Beet
herauszuernten und wenn die Nachbarpflanze den Platz nicht benötigt, wird die Lücke
gleich wieder mit einer anderen Pflanze geschlossen.
Die fast dauernde Bedeckung des Bodens ist auch beim Gemüsebeet wichtig.
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Schattengabe, geringer Wasserverlust, bessere Ausnutzung des Kohlendioxides aus
dem Boden und weniger Unkraut sind die Vorteile eines bedeckten Bodens. Es muss
nicht immer eine Mulchschicht sein, sondern eine volle Platzausnutzung durch
Mischkultur erzeugt die Effekte. Auch wenn man dann noch die Geduld aufbringt, das
Unkraut erst zu ziehen, kurz bevor es die Kulturpflanzen bedrängt, ist schon viel zum
Fördern unseres Gemüses erreicht. Besonders vorteilhaft ist es, wenn man die
Vogelmiere duldet. Sie unterdrückt fast nie eine Kulturpflanze, bedeckt den Boden und
macht keine Wurzel- oder Nährstoffkonkurrenz. Nachweislich ist zum Beispiel Kohlrabi
mit Vogelmiere 14 Tage eher erntefähig als ohne. Pflanzenschutz im Gemüsegarten ist
nicht ganz einfach. Der schlimmste Schädiger ist der Kohlherniepilz. Die
Wurzelverdickungen an den Kohlpflanzen haben schon manchen Gartenfreund fast
verzweifeln lassen. Eine weitgestellte Fruchtfolge von 7 Jahren ist in kleinen Gärten aus
Platzmangel nicht immer möglich. Außerdem schleichen sich immer einmal wieder
Kreuzblütler als Unkräuter ein. Voraussetzung, diesen Pilz einigermaßen in den Griff zu
bekommen, ist, niemals Kreuzblütler (Senf, Raps, Rübsen) als Gründünger zu
verwenden. Eine zusätzliche kleine Verbesserung bringt die Anhebung des pH-Wertes.
Die befallenen Kohlstrünke zu vernichten, bringt nicht soviel, wie man vermuten möchte.
Im Boden verbleiben zu viel Reste und Sporen des Schleimpilzes. Um einigermaßen
doch noch Kohl anbauen zu können, empfehle ich das Eintauchen der Jungpflanzen in
eine Algenkalkbrühe. Man nimmt ca. 1 kg Algenkalk auf 10 Liter Wasser.
In einem breiten Eimer oder einer Schüssel lässt man dann die Jungpflanzen ca. eine
Viertelstunde wässern. Etwas Erfolg bringt es auch, die Pflanzlöcher mit Algenkalk
auszustäuben. Beim Chinakohl versagen aber diese kleinen Hilfen. Hier kann man zum
Erfolg kommen, indem man resistente oder unempfindliche Sorten verwendet.
Zweiter großer Ärger im Garten sind die Schnecken. Alle Abwehrmaßnahmen, wie
Häcksel, Sand, Eierschalen und Schneckenzäune, werden bei feuchter Witterung mehr
oder weniger leicht überwunden. Selbst ganz gut funktionierende Schneckenzäune
verlieren ihre Wirkung, wenn Schnecken oder deren Eier mit Pflanzerde eingeschleppt
werden. Die praktischste und preiswerteste Lösung sind immer noch ausgelegte Bretter.
Diese müssen allerdings morgens auf der Unterseite kontrolliert und die Schnecken
getötet werden. Ein Absuchen der Schnecken und in die Umgebung zu bringen ist
sinnlos. Die Schnecken kommen zurück! Bierfallen sind eine teure Angelegenheit. Die
neuerdings umgehende Ablehnung der Bierfallen, weil sie die Schnecken aus der
Umgebung anziehen, ist nicht richtig. Schnecken werden auch von ihren
Lieblingspflanzen angezogen. Wenn die Bierfallen einen größeren Radius schneckenfrei
halten, kann das nur ein Vorteil sein.
Das auf dem Markt befindliche ungiftige Schneckenkorn hat den Nachteil, dass man die
Jagdbeute nicht sieht und damit die Wirkung in Frage stellt. Unsere Helfer bei der
Schneckenjagd, Igel, Kröten und Frösche, sind zwar sehr nützlich, schaffen aber nicht
die gewünschte Leistung.
Fäulnispilze können im Gemüsebeet durch richtigen Abstand und Vermeiden von
feuchten Blättern über Nacht etwas eingedämmt werden.
Raupen kann man absuchen und gelegentlich auftretende Läuse haben durch
Mischkultur kaum Chancen sich zu verbreiten (Barriereeffekt).
Pflanzenjauchen im Gemüsebeet sind nicht zu empfehlen. Erstens haben sie fast keine
Wirkung und sind außerdem unhygienisch.
Braunfäule bei Kartoffeln und Tomaten kann rein natürlich nur durch Regenschutz
bekämpft werden. Bei den Kartoffeln sollte man, sobald die Phytophtera auftritt, die
Knollen ernten, damit der Pilz nicht auch noch die Knollen befällt.
Bei den Tomaten reicht meist ein nach Süden offener Tomatenschutz aus Plastik. Auch
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die naturwirtschaftenden Erwerbsbetriebe haben ihre Sorgen mit der Braunfäule. In
Gewächshausanlagen wird auch mit Hilfe von Umluft die Feuchtigkeit auf den Blättern
verhindert oder aber es werden zugelassene Präparate, meist Kupfer, eingesetzt.
Der Pflanzenschutz im Gemüsebau hat noch viele Tricks, wie Mäusefallen, halbe
Kartoffeln gegen Drahtwürmer und Vogelnetze, um die Erbsen zu retten. Darren der
Zwiebeln gegen Schosse und viele Möglichkeiten, die empfohlen werden, sollte man
ausprobieren und nicht von vornherein ablehnen oder verspotten. Erst die lange
Erfahrung und Beobachtung im eigenen Garten bringen einigermaßen gesicherte
Erkenntnisse.
Der Mensch muss sich mit der Natur total befassen und nicht nur einige Punkte
herausgreifen. So wird es gelingen, gesundes Gemüse zu ernten.
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Bericht der Arbeitsgruppen zu den Themen:
AG I. „Naturnaher Garten / Aber wie?“
AG II. „Integrierter Pflanzenschutz ist im naturnahen
Garten nötig!“
AG III. „Naturgerechte Bewirtschaftung“
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Bericht aus der Arbeitsgruppe zum Thema
„Naturnaher Garten / Aber wie?
Berichterstatter: Joachim Roemer
Landesverband Niedersächsischer Gartenfreunde e.V.
Der naturnahe Garten steht in Abhängigkeit zu seiner Umwelt, und ist ein Schutzgut
des Naturschutzes.
Einige Kriterien, wie Naturnähe zu bestimmen sind:
•
•
•
•
•
Die Ausrichtung der Lauben nach Südwest, dadurch wird die passive Nutzung
der Sonnenenergie genutzt.
Verwendung geeigneten Materials - hierzu zählt die Lärche. Zum passiven
Holzschutz werden unter anderem die Dachüberstände oder Begrünung
gezählt.
Sammeln des Regenwassers in Tonnen oder Zisternen.
Dachbegrünung - hierzu reichen 6 cm Substrat und Pflanzen, Flies und Folie,
Bretter und Sparren.
Fassadenbegrünung.
Boden
Um den genauen Zustand des Bodens zu ermitteln, sollte eine Bodenanalyse erstellt
werden.
Man sollte auf wenig Einbringung von Fremdenergie achten, d.h. eigenen Kompost
einsetzen, gezielte Zuführung von Nährstoffen, Gründüngung verwenden (auch zur
Ausmagerung von Böden).
Kompostierung: ist auch in Gemeinschaftsanlagen wichtig, ggf. durch Grünabfuhr
gegen Kompost.
Auf einen ordnungsgemäßen Kreislauf ist zu achten.
Bodenbegrünung: ganzjährig Bodenbegrünung
Rasensorten sollten je nach der Nutzung z.B. Spielen oder Sitzen ausgesucht
werden. Auch unterschiedliche Bereiche, die das Auskommen verschiedener auch
krautiger Pflanzen zulassen.
Für die Randbereiche eignen sich Hecken und Zäune.
Zusammenfassung:
Kriterien, die Naturnähe bestimmen sind z.B. inhaltliche Beispiele wie das
Bauwesen, Umgang mit den Elementen.
Es bedarf sehr viel Überzeugungsarbeit nach naturnahen / ökologischen Kriterien zu
arbeiten. Es sollte Spaß machen und den Regeln des Kleingartenwesens
entsprechen.
Bundesverband Deutscher Gartenfreunde e.V. - Grüne Schriftenreihe 161
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Bericht aus der Arbeitsgruppe zum Thema
„Integrierter Pflanzenschutz ist im naturnahen Garten nötig!“
Berichterstatter: Günter Langner
Landesfachberater Landesverband Berlin e.V.
Schnell einigte sich die Arbeitsgruppe auf ein klares „Ja“.
Der integrierte Pflanzenschutz ist im Pflanzenschutzgesetz seit 1987 definiert, dass
erst
biologische,
biotechnische,
biomechanische
und
nützlingsfördernde
Maßnahmen ausgelotet werden müssen, bevor der Einsatz von chemischen
Mitteln als ultima ratio (letzte Erkenntnis) in Frage kommt.
Unter biologischen Maßnahmen versteht man, dass man die Fruchtfolge, die
Nützlingsförderung, den Pflanztermin, die Standortfrage, die Düngung und den
Einsatz resistenter Sorten beachtet.
Es kam zur Sprache, dass der Garten als Nahrungsquelle für Mensch, Tier und
Pflanze als Einheit, also als Biotop anzusehen ist. Es müssen Licht, Luft, Wärme und
Feuchtigkeit in einem ewigen Kreislauf berücksichtigt werden.
Der Vergleich von Mensch und Pflanze zeigt das Prinzip von Justus von Liebig im
„Gesetz vom Minimum“. Das Minimum vom wichtigsten Nährstoff der Pflanze regelt
prozentual die Verfügbarkeit der anderen Nährstoffe. Beim Menschen nutzt alles
Geld nicht, wenn es an der Gesundheit mangelt.
Fruchtfolge bedeutet, dass man keine Bodenmüdigkeit durch stets gleiche Frucht
auf gleicher Fläche aufkommen lassen darf. Viele Pflanzen reagieren mit
Unverträglichkeit auf sich selbst.
Nützlingsförderung kann man betreiben, in dem Insektenhotels, Florfliegenhäuser,
Vogelkästen, Federsack, Totholzhaufen, Trockenmauern und ähnliches errichtet
oder aufhängt.
Pflanztermine beachten - auch Verfrühung und/oder Verspätung beim Aussäen z.B. Möhren
Standortfrage ist sehr wichtig, da die Lichtverhältnisse stimmen müssen. Es gibt
Pflanzen, die lieber an einem sonnigen, halbschattigen oder schattigen Ort gepflanzt
werden müssen.
Düngung: hierbei unterscheidet man die natürliche Düngung, den Kompost, oder die
mineralische Düngung. Es sollte darauf geachtet werden, dass nicht über- und nicht
unterdüngt wird.
Resistente Sorten: es wird dabei unterschieden zwischen Immunität, Resistenz
oder Toleranz.
Bundesverband Deutscher Gartenfreunde e.V. - Grüne Schriftenreihe 161
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1. Es kann physiologisch oder mechanisch erreicht werden.
2. Biotisch = eine Reaktion gegen Befall wird ererbbar.
3. Abiotisch = die Pflanze ist widerstandsfähig; eine Krankheit wird ertragen.
Gerade im Kleingarten muss die wirtschaftliche Schadensschwelle, die gegenüber
dem gewerblichen Obstbau erheblich niedriger ist, beachtet und zur Richtlinie des
Handelns erhoben werden.
Resümee
Biologisch: Vogelpflege, Trychogramma, Nematoden vergrämen, Mischkulturen
Physikalisch: Mulchen, Pflegemaßnahmen
Technisch: Baumschnitt, Mulchen, Bodenbearbeitung (Grubbern)
Chemisch: gemäß Zulassung für Haus- und Kleingärten
Entscheidung der Kleingärtner für gutes Gärtnern und Arbeit als Multiplikatoren.
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Bericht aus der Arbeitsgruppe zum Thema
„Naturgerechte Bewirtschaftung“
Berichterstatterin: Elfriede Falk
Fachberaterin Landesverband Hessen der Kleingärtner e.V.
-
Für einen naturnahen Garten muss man Kompromisse eingehen und sich
freiwillig dazu entscheiden. Es ist hierbei wichtig, dass die Familie und evtl.
auch die Nachbarn mitmachen. Er nimmt viel Zeit in Anspruch, da man jeden
Tag im Garten sein muss, und schaut, welche Arbeiten heute wichtig sind.
-
Zu einer naturnahen Bewirtschaftung gehören z. B., dass es keine
gemeinschaftlichen Spritzungen oder Spritzpläne mehr gibt, also dass man
von der Chemie wegkommt. Statt dessen sollte man z. B. Mehltauzweige und
Monilazweige abschneiden, Leimringe gegen den Frostspanner anbringen,
Fallobst wegräumen. Läuse sollten abgesammelt oder mit einem kalten
Wasserstrahl abgespült werden. Ebenso werden die Kohlraupen
abgesammelt. Um das Gemüse zu schützen, kann man Netze einsetzen,
Tomaten können überdacht werden. Des weiteren sollte man morgens die
Schnecken unter Brettern oder großen Blättern einsammeln.
-
Besonders wichtig ist auch in einer freien Gartenecke z.B. Totholzhaufen zu
schaffen, Insektenhotels zu bauen oder Nistkästen für Vogel aufzuhängen.
-
Für die standortgemäße Bepflanzung sollte man wissen, was wo am Besten
wächst im Garten, oder ob man Blumen (Tagetes, Ringelblumen) und
Stauden zwischen den Gemüsebeeten anpflanzt.
-
Die Vielfalt im naturnahen Garten ist sehr wichtig. Für die Bodenbearbeitung
ist zu beachten, dass nur umgegraben wird, wenn ein schwerer Lehmboden
vorhanden ist. Genauso wichtig ist das Mulchen oder die Grüneinsaat.
-
Jeder Kleingärtner muss in seinem Garten seinen eigenen Erfahrungswert
einbringen.
-
Der Verein, das Umfeld und die Anlage müssen die Bedingungen für einen
naturnahen Garten schaffen. Dazu gehören unter anderem, dass
Vogelschutz- und Totholzhecken, Feuchtbiotope oder Heidegärten geschaffen
werden. Schautafeln und Aushängekästen sollten aufgestellt werden. Wegen
der Befruchtung könnten Kräutergärten angelegt werden. Igel- und
Vogelkästen sind ebenfalls sehr sinnvoll. Von großer Wichtigkeit ist außerdem
das Anlegen eines gemeinsamen Kompostplatzes. Damit sich möglichst viele
Bürger einen Eindruck über die Anlage verschaffen können, sollten die Tore
geöffnet bleiben.
-
Bei einer Gartenübergabe sollten stets die Fachberater dabei sein. Er sollte in
einem persönlichen Gespräch den Neupächter beraten und eine naturnahe
Bewirtschaftung erörtern.
Bundesverband Deutscher Gartenfreunde e.V. - Grüne Schriftenreihe 161
Leitthemen der Schriftenreihe
115
1996 Würzburg
115a 1996 Cottbus
116
117
118
1996 Lünen
1996 Osnabrück
1996 Nürnberg
119
120
121
122
123
124
125
126
1996
1996
1996
1997
1997
1997
1997
1997
Grünberg
Gera
Erfurt
Schwerin
St. Martin
Berlin
Gelsenkirchen
Freising
127
128
129
130
1997
1997
1998
1998
Lübeck-Travemünde
Karlsruhe
Chemnitz
Potsdam
131
132
1998 Dresden
1998 Regensburg
133
134
135
136
1998
1998
1998
1998
Fulda
Wiesbaden
Stuttgart
Hameln
137
138
139
140
1999
1999
1999
1999
Dresden
Rostock
Würzburg
Braunschweig
141
1999 Hildesheim
142
143
144
1999 Freiburg
2000 Mönchengladbach
2000 Oldenburg
145
146
147
148
149
150
151
152
153
154
155
2000
2000
2000
2000
2000
2001
2001
2001
2001
2001
2001
Dresden
Erfurt
Halle
Kaiserslautern
Erfurt
Rüsselsheim
Berlin
Mönchengladbach
St. Martin
Gelsenkirchen
Erfurt
Aktuelle Fragen des Vereins- und Kleingartenrechts
Das Bundeskleingartengesetz in seiner sozialpolitischen und
städtebaulichen Bedeutung
Die Position des Kleingartens im Pflanzenschutz
Ehrenamtliche Tätigkeit - Freizeit - Kleingarten
Die Novellierung des § 3, 1 Bundeskleingartengesetz und deren
Auswirkungen auf die Nutzung und Bewirtschaftung des Kleingartens
Die Rolle der Stauden und Küchenkräuter im Kleingarten
Natur- und Umweltschutz in Kleingärten
Probleme des Kleingartenrechts in Theorie und Praxis
Haftungsrecht und Versicherungen im Kleingartenwesen
Pflanzenschutz und die naturnahe Bewirtschaftung im Kleingarten
Lernort Kleingarten
Möglichkeiten und Grenzen des Naturschutzes im Kleingarten
Maßnahmen zur naturgerechten Bewirtschaftung und umweltgerechte Gestaltung der Kleingärten als eine Freizeiteinrichtung der
Zukunft
Der Schutz unserer natürlichen Lebensgrundlagen
Aktuelle Probleme des Kleingartenrechts
Aktuelle kleingartenrechtliche Fragen
Die Agenda 21 und die Möglichkeiten der Umsetzung der lokalen
Agenden zur Erhaltung der biologischen Vielfalt im Kleingartenbereich
Gesundes Obst im Kleingarten
Bodenschutz zum Erhalt der Bodenfruchtbarkeit im Kleingarten
Gesetz und Maßnahmen
Der Kleingarten - ein Erfahrungsraum für Kinder und Jugendliche
Aktuelle kleingartenrechtliche Fragen
Kleingärten in der / einer künftigen Freizeitgesellschaft
Umsetzung der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie der EU von 1992 im
Bundesnaturschutzgesetz und die Möglichkeiten ihrer Umsetzung
im Kleingartenbereich
(Kleine) Rechtskunde für Kleingärtner
Gute fachliche Praxis im Kleingarten
Kind und Natur (Klein)Gärten für Kinder
Zukunft Kleingarten mit naturnaher und ökologischer Bewirtschaftung
Biotope im Kleingartenbereich
- ein nachhaltiger Beitrag zur Agenda 21
Zukunft Kleingarten
Recht und Steuern im Kleingärtnerverein
Pflanzenzüchtung und Kultur für den Kleingarten
von einjährigen Kulturen bis zum immergrünen Gehölz
Die Agenda 21 im Blickfeld des BDG
Pflanzenschutz im Kleingarten unter ökologischen Bedingungen
Aktuelle kleingarten- und vereinsrechtliche Probleme
Familiengerechte Kleingärten und Kleingartenanlagen
Natur- und Bodenschutz im Kleingartenbereich
Vereinsrecht
Kleingartenanlagen als umweltpolitisches Element
Natur- und Pflanzenschutz im Garten
Das Element Wasser im Kleingarten
Frauen im Ehrenamt - Spagat zwischen Familie, Beruf und Freizeit
Verbandsmanagement
156
2001 Leipzig
157
158
2002 Bad Mergentheim
2002 Oldenburg
159
2002 Wismar
160
2002 Halle
Zwischenverpachtungen von Kleingartenanlagen - Gesetzliche
Privilegien und Verpflichtungen
Kleingartenpachtverhältnisse
Stadtökologie und Kleingärten – verbesserte Chancen für die
Umwelt
„Miteinander reden in Familie und Öffentlichkeit – was ich wie
sagen kann“
Boden – Bodenschutz und Bodenleben im Kleingarten

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