TEL AVIV IM
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SPECIAL EIN SPECIAL ÜBER DIE UNGLAUBLICHSTE STADT DER WELT TEL AVIV BAUHAUS-WUNDER - PARTY-METROPOLE - POLITIKUM Tel Aviv Redaktion Contributoren Impressum Chefredakteur & Creative Director Constantin Rothenburg LAURENT BURST (31), Schweizer Fotograf aus Berlin, flog drei Mal nach Tel Aviv, um für Quality diejenigen Menschen aufzuspüren und abzulichten, die in ihrem Bereich für die kreative Stadt, von der alle sprechen. Er durfte neben unwiderstehlichem Hummus die wunderbare Gastfreundschaft und Kontaktfreudigkeit der Tel Aviver kennenlernen, die ihm eindrücklich vorführten, dass in Israel alle über maximal zwei Ecken miteinander bekannt sind. Ansonsten fliegt Laurent mit zwei Reisepässen und vier Mobiltelefonen für Firmen und Magazine aus der Schweiz und aus Deutschland rund um den Globus und porträtiert Menschen, Städte und Wertschöpfungsketten im Alltag. www.laurentburst.com CLAUDIA FRENZEL (33): Die freie Musikjournalistin (Radio und Print) und Veranstalterin hat sich ganz auf die israelische und jüdische Musikszene spezialisiert. Außerdem arbeitet sie als Promoterin für verschiedene Künstler, denn „Musik ist eine Sprache, die jeder versteht“. ELINA TILIPMAN (26): Die Künstlermanagerin aus dem Bereich Jazz hegt seit vielen Jahren eine Leidenschaft für die junge israelische Musik, Kunst und Mode aus Israel und besonders Tel Aviv . Zusammen mit Claudia Frenzel hat sie es sich zur Aufgabe gemacht, mit Klischees über das Land aufzuräumen. 2 Beratung der Chefredaktion David Baum Art Director Jesse Becker Associate Editor Asia Kornacki Grafische Beratung & Design Sven Michel Creative Director Online Shantu Bhattacharjee Büroleitung Alexander Danner Art Director Online Aleksandar Mijatovic Bildredaktion Isabell Seifert Schlussredaktion Jenny Haroske Autoren CLAUDIA FRENZEL, LAURENT BURST Fotografen LAURENT BURST, DANIEL JOSEFSOHN TILL BRÖNNER Contributoren KEREN OR ARNALDES, OMER BARACK, YAIR HOCHNER, ITAY MAUTNER, YINNON MILES, MOSHE MOOGRABI, OMER NAKAR, CLINT LUTES, YOAV SELA, ELINA TILIPMAN, ITAY VALDMAN, IZIK ZAIG Verlag Rothenburg Verlags UG Auguststraße 19, 10117 Berlin Telefon: + 49 30 257607-340 Fax: + 49 30 257607-344 [email protected] Druck Svoboda Press s.r.o. Sazecská 560/8, 108 25 Praha 10 Telefon: + 420 266 021 174 Telefax: + 420 272 702 272 www.svoboda.cz Vertrieb DPV Network, Norbert Kraut, Düsternstraße 1-3, D-20355 Hamburg, Tel.: + 49 40 378 45-6291 quality.uk.com Verantwortlich für den redaktionellen Inhalt: Constantin Rothenburg. Alle Rechte vorbehalten. Die Zeitschrift sowie alle darin enthaltenen Beiträge und Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt. Der Export von Quality und der Vertrieb im Ausland sind nur mit vorheriger Genehmigung statthaft. Für unverlangt eingesandtes Text- und Bildmaterial wird keine Haftung übernommmen. Geschichte Tel Aviv A Tel Aviv ist erst hundert Jahre alt, wurde auf dem Reißbrett geplant, die Parzellen mit Musheln verlost. Heute ist es eine Metropole von architektonischer Besonderheit. von Kindern mit Muscheln verlost. Ihre m schönsten sagte es stärkste Prägung erhielt die Stadt aber der Schriftsteller Yodurch den Zweiten Weltkrieg und die ram Kaniuk: „Tel Aviv Einwanderung in den Dreißigern. ist immer ein Ort, wohin man flüchten kann. „Tel Aviv war das Zentrum der Jeckes. In vier, fünf Jahren wuchs die Stadt daHier nimmt man das mals um 150 000 Einwohner“, erzählt Leben leicht. Tel Aviv verhält sich wie Kaniuk. „Die Jeckes aus Österreich und eine Geliebte, nicht wie eine Ehefrau. Deutschland brachten Kultur, Musik Hier ändert sich dauernd alles.“ Tatsächlich ist die „weiße Stadt“, wie sie so und Theater und haben die Stadt total wegen ihrer strahlenden Bauhaus-Meis- verändert.“ Der heutige Stadtteil Jaffa ist sehr alt und geht auf die Kanaaniter terwerke vieler emigrierter Gropiusund Le Corbusier-Schüler genannt wird, zurück. Und doch scheint Tel Aviv im Vergleich mit Restisrael eine utopische ein kleines Wunder. Und Zeugnis eines Insel. Neben den geschichtlich, religiös großen Willens: Die Stadt, die im letzund politisch aufgeladenen Orten, strahlt ten Jahr ihren hundertsten Geburtstag die kleine Großstadt Modernität, Gelasfeierte, gilt als frühes zionistisches Ersenheit und Weltoffenheit aus: ein regelfolgsmodell und wurde von jüdisch-rusrechtes Gegenkonzept zu Jerusalem. sischen Pionieren erbaut. Der Name „Tel Aviv“ stammt aus der Literatur, er ist eine Übersetzung aus dem Buch des Wiener Zionisten Thedor Herzl. Am Tag der Gründung wurden die Parzellen 3 Tel Aviv am Tag Puaa Café Morgens Puaa Café, Jaffa Flea Market Rabbi Yohanan Street 8 Tel: 03-682 3821 Lilush Café Frishman Street 73 Tel: 03-529 1852 Café Benedict, 24 h Frühstück Ben Yehuda Street 171 Tel: 03-544 0345 Café Lou Balfour Street 18 Tel: 03-620 7277 Brasserie, French Bistro Ibn Gvirol Street 70 Tel: 03-696 7111 Skurrile Aktionen prägen das Stadtbild, wie eine Dance-Demonstration gegen Tanzvorschriften Suzanna Suzanna, Restaurant Shabazi Street 9, Neve Tzedek Tel: 03-517 7580 Hummus Abu Dhabi King George Street 81 Tel: 03-525 9090 Orna Ve’ela, Restaurant Sheinkin Street 33 Tel: 03-620 4753 Dr. Shakshuka, traditielles Restaurant Beit Ha’eshel Street 3, Jaffa Tel: 03-518 6560 Manta Ray Restaurant Alma Beach, Nähe Delphinarium Tel: 03-517 4773 Abu Hassan, Restaurant Ha’Dolfin Street 1, Jaffa Tel: 03-682 0387 4 E in überraschendes Ergebnis: Gleich in mehreren Umfragen wurde Berlin zum beliebtesten Ziel der Israelis für Städtereisen gekürt. Täglich hebt aus Tel Aviv mindestens ein Flieger direkt nach Berlin ab. Dabei ist es nicht etwa der historische Hintergrund, der die Stadt für so viele Israelis interessant macht, sondern vor allem Berlin als offene Kultur- und Partymetropole. Nun gibt es ein Stückchen davon mitten in Tel Aviv: Nahe der Allenby-Straße residiert der Salon Berlin. „Wir lieben an Berlin, dass es so verrückt ist“, sagt Roman Smolski, 24: „verrückt, aber dabei kultiviert und lebenswert.“ Kürzlich war er wieder für vier Monate dort. Roman lebt in Tel Aviv, studiert Musikwissenschaften und arbeitet im Salon Berlin. „In den sechziger Jahren war es in Tel Aviv Mode, einen Laden Salon zu nennen. Es gab den Salon Rom, den Salon Paris, nur einen Salon Berlin gab es aufgrund der Geschichte natürlich nicht. Wir ha- ben uns entschieden, unseren Laden Salon Berlin zu nennen, weil wir mehr auf die Gegenwart schauen wollen, nicht auf das, was einmal war. Wir identifizieren uns sehr mit den neuen Strömungen, die es jetzt in Berlin gibt. Berlin ist eine Stadt der Mode, der Kultur, der neuen Musik.“ Gleiches ließe sich natürlich ebenso über Tel Aviv sagen: Die Stadt ist jung und aufregend – eine Mischung aus mediterranem, nahöstlichem Flair und kosmopolitischem Lebensstil. Was vor hundert Jahren noch ein Traum war, sei wahr geworden, sagt Tel Avivs Bürgermeister Ron Huldai. Eine der dynamischsten Städte der Welt ist aus Der Strand von Tel Aviv ist so etwas wie ein ausgelagertes Stadtzentrum. Stylistin Sharona Bond inszeniert hier auch ihre Motive. Links: Plakat der TShirt-Manufaktur Tees Factory. Unten: das Colette von Tel Aviv: LifestyleBoutique Brokenfingaz dem Sand entstanden. Die Metropole am Mittelmeer strotzt vor Kreativität, das Leben pulsiert unter Hochdruck – rund um die Uhr. Trotzdem übt gerade Berlin auf junge Künstler aus Israel eine enormen Anziehungskraft aus, was für manchen 60 Jahre nach der Shoa immer noch erstaunlich ist. Vergessen ist die Geschichte nicht, aber die heutige Haltung und Integrität der Deutschen scheinen in Israel besser bekannt zu sein, als bei manchem europäischen Nachbarn. Viele junge Israelis versuchen der Realität ihres Landes zu entfliehen, besonders nach den drei Pflichtjahren Armeedienst, der jeden jungen Bürger des umfehdeten Staates mit der bitteren Tatsachen der umkämpften Region massiv konfrontiert. Wer im Land bleibt, geht sozusagen in eine recht laute und bunte Form innerer Emigration, taucht in der exzessiven Partyszene von Tel Aviv unter oder versucht, sich künstlerisch auszudrücken. Wer ganze drei Jahre in einer Uniform gelebt hat, entwickelt ganz selbstverständlich eine andere Sensibilität für modische Ausdrucksformen, wenn sie ihm endlich erlaubt sind. Viele versuchen, sich nicht ständig mit den Nachrichten zu konfrontieren, in Anbetracht der Fülle gelingt das allerdings kaum. Tel Aviv steht auf seine Weise ohnehin dem Rest des Landes entgegen. Nirgendwo in Israel lebt man so westlich und modern, relativ frei von der Einflussnahme orthodoxer, lustfeindlicher Kräfte. Das macht die Stadt beliebt, aber auch teuer. Nirgendwo im Land sind die Mieten so hoch. Gerade der Salon Berlin fällt da durch moderate Preise auf, was man ja kennt. Sonst weist nicht viel auf die deutsche Hauptstadt hin, am ehesten erinnert der Salon an eine typische Kreuzberger Kneipe. Auf der Schaufensterscheibe ist in roter Schrift ein Songtext von Serge Gainsbourg zu lesen, Liebesgedichte zieren die Wände, auf den Kleiderständern hängen Vintage-Klamotten, es gibt – in Israel auch in Szeneläden obligat – Kaffee, im hinteren Raum spielen Bands, werden Parties gefeiert, Filme gezeigt oder es finden wechselnde Ausstellungen statt. Mascha Sominsky, die Inhaberin des Ladens, speist ihr Berlingefühl allerdings aus Erzählungen. Sie ist nämlich noch nie da gewesen. Bald soll es aber soweit sein. 5 Tel Aviv am Abend Zepra Abends Joz Ve Loz, Restaurant Yehuda Halevi Street 51 Tel: 03-560 6385 Event-Veranstalter Omer Gershon mit Nanutchka (links), Besitzerin vom gleichnamigen Bar-Restaurant Nanutchka, georgisch Lilienblum Street 2 Tel: 03-516 2254 Zepra, Fisch und Sushi Yigal Alon Street 96 Tel: 03-624 0044 Herbert Samuel, mediterran Koifman Street 6 Tel: 03-516 6516 A Heribert Samuel Itzik Hagadol, Grillrestaurant Raziel Street 3, Jaffa Tel: 03-518 1802 Charcuterie Rabbi Hanina Street 3, Jaffa Tel: 03-692 8843 Saloona, Club-Restaurant Tirza Street 17, Jaffa Tel: 03-518 1719 Radio Rosco, Weinrestaurant Allenby Street 97 Tel: 03-560 0334 Nana Bar, Restaurant Ahad Ha’am Street 1, Neve Tzedek Tel: 03-516 1915 Cantina, italienisch Rothschild Boulevard 71 Tel: 03-620 5051 Namaste-Indian Bar, Vegetarisches Restaurant Florentin Street 4 Tel: 03 - 681 82 80 6 uch Tel Aviv darf sich mit Fug und Recht eine Stadt, die niemals schläft, nennen. Das hat wie bei allen südlichen Metropolen mit der Tageshitze zu tun. Egal, an welchem Wochentag, vor allem im neunmonatigen Sommer – das Leben pulsiert bis spät in die Nacht. Mit Sonnenuntergang, wenn man nach der Hitze des Tages langsam wieder atmen kann, sammeln sich die Menschen in den unzähligen Restaurants der Stadt. Neben permanentem Kaffeetrinken und Telefonieren, ist das Essen ohnehin die größte Leidenschaft der Israelis. Nirgends kann man besser in kulinarischem Hochgenuss schwelgen, als in Tel Aviv. Die Portionen sind üppig, die Tischgespräche lautstark und die Stimmung wird mit fortschreitender Stunde immer ausgelassener. Ob ein Szenetipp, wie das versteckt liegende Joz we Loz, ein Treff vieler Musiker und Kreativer, ein Fischgericht in einem der vielen Strandrestaurants, ob italienische, französische, japanische, chinesische oder mediterrane Küche – die Speisekarten der Tel Aviver Restaurants sind eine Freude für jeden Gourmet. Auch ausgeprägte Nachtschwärmer hungern nicht, denn die Küchen haben bis spät in die Nachtgeöffnet. Tel Aviv bietet eine großekulinarische Vielfalt – die Hälfte aller Restaurants bietet fangfrischen Fisch in den köstlichsten Variationen In der Tel Aviver Ausgehszene fließen die Konzepte Restaurant, Bar und Club ineinander, wie hier in den LoungeBars Saloona (unten) und Laika (oben) 7 Tel Aviv bei Nacht Lima Lima Bars Zinger, Mazeh Street 49 Tel: 03-652 3490 Shesek, Lilienblum Street 17 Tel: 03-516 9520 Hotel Montefiore, Montefiore Street 36 Tel: 03-564 6100 Laika Bar , Nachalat Binyamin 29 Tel: 03-442 5499 Ozen Bar, Ben Zion Boulevard 1 Tel: 03-621 5210 La Champa, Nachalat Binyamin 52 Tel: 077-200 8636 B Clubs Rothschild 12 Lima Lima, Lilienblum Street 42 Tel: 03-560 0924 Abraxas, Lilienblum Street 40 Tel: 03-510 4435 Rothschild 12, Rothschild Boulevard 12 Comfort 13, Comfort Street 13, Tel: 03-773 7237 Zappa, Raoul Wallenberg Street 24 Tel: 03-649 9550 Reading 3, HaTa’arucha Street 3 Tel: 03-762 4000 Barbie, Kibbutz Galuyot Street 52 Tel: 03-518 8123 Barzilay, Harechev Street 13 Tel: 03-687 8090 Levontin 7, Live Club, Levontin Street 7 Tel: 03-560 5684 The Block, David Hahami Street 35 8 ars, Bars, Bars: Für nur 400.000 Einwohnern hat Tel Aviv eine immense Partyszene. In vielen Bars stehen DJs hinter den Plattentellern und unterhalten zu leider meist hochpreisigen Drinks mit Funk, Soul, Hip-Hop und entspannten Elektrobeats das Szenevolk. Egal, ob todschick und stylisch oder alternativ und abgerockt – fast überall stehen nach Mitternacht auch ausgeflippte Menschen auf Tresen oder auf einer improvisierten Tanzfläche zwischen den Tischen. Der Übergang zwischen Restaurtant, Bar und Club ist stets fließend – die eigentlichen Discos füllen sich ohnehin erst weit nach Mitternacht voll zu werden. Jede Nacht findet man hochkarätige Live-Musik, aber auch groteske Disco-Sounds – ganz nach Geschmack. Einige Clubs, wie das Abraxas immer sonntags, bieten an bestimmten Tagen Konzerte zu freiem oder eher symbolischem Eintrittspreis. Immer mehr internationale Künstler finden in Zeiten ohne Anschläge und Krieg wieder den Weg nach Israel und vorzugsweise in die Musikmetropole Tel Aviv. Das Zappa im Norden der Stadt, hat sich auf kleine, akustische Konzerte im Bereich Jazz und Weltmusik spezialisiert, im Barbi, im Süden der Stadt feiert man lauter. Der Raum fasst beinahe tausend Gäste und was Rang und Namen in Israelis alternativer Szene hat, spielt hier auf. Ein besonderes Konzept verfolgt der kleine Club Levontin, wo es pro Abend mindestens zwei Konzerte gibt. Levontin-Besitzer Daniel Sarid ist vom Fach, er wäre fast selbst Jazz-Pianist geworden. Sein Programm verspricht vor allem eines: Qualität. Für elektronische Klänge und HipHop auf akustisch hohem Niveau steht Die Nächte in den House-Clubs wie dem Zizi sind exaltiert und exzessiv – wie im Lieblingsreiseziel der Israelis: Berlin seit über einem Jahr der Club The Block, in direkter Nachbarschaft zu den musikalisch weniger erquicklichen Mega-Diskotheken, in die an den Wochenenden vor allem die Jugendlichen aus den Außenbezirken strömen. Doch egal wo, in Tel Aviv feiert man gern. Es klingt wie ein Klischee, doch die permanente Bedrohung durch Krieg oder Selbstmordattentäter lässt die Menschen stärker im Augenblick leben. Jede Nacht könnte ja auch die letzte sein. 9 Tel Aviv Bühnen Theater Habima-Legende Hanna Rovina Tmuna, Shonzino Street 8 Tel: 03-562 9462 Habima, National Theater Leonardo da Vinci Street 19 Tel: 03-526 6666 www.habima.co.il Givatayim Theatre Remez Street 40 Tel: 03-732 5340 www.t-g.co.il Batsheva Dance Cpmpany The Arab-Hebrew Theatre Mifratz Schlomo Street 10 Tel: 03-518 5563 www.arab-hebrew-theatre.org.il Gesher Theatre Yerushalaim Boulevard 9 Tel: 03-515 7000 www.gesher-theatre.co.il Mayumana Theatre Pasteur 15, Jaffa Tel: 03-681 1787 www.mayumana.com Batsheva Dance Company, 6 Yechiely Street, Suzanne Dellal Center, Tel: 03-5171471 www.batsheva.co.il 10 D Assoziationen zu Israels oder Tel Avivs Kultur sind vielfältig: Man denkt an den Bauhaus-Stil, den keine andere Stadt so geprägt hat, wie diese. Unter den Theaterliebhabern fällt schnell der Name Batsheva Dance Company. Das Ensemble für modernen Tanz zählt seit den frühen neunzigerer Jahren zu den besten und begehrtesten der Welt. Die 1964 von Martha Graham und Baroness Batsheva de Rothschild gegründete Compagnie wurde zu einem internationalen Aushängeschild Israels. Trotz des Erfolges mit Tourneen in aller Welt – darunter umjubelten Auftritten in Deutschland – kämpfen die Tänzer gegen den unwirtlichen israelischen Alltag, wie Ohad Nahrain, der Leiter der Batsheva Dance Company, erklärt. „Die ökonomische Situation ist leider problematisch, die Tänzer verdienen viel zu wenig“, moniert er. „Unser Theater hier in Tel Aviv ist sehr schön, aber die Bühne ist zu klein, schwer zugänglich und das räumliche Verhältnis zum Publikum nicht so, wie ich es gern hätte.“ Doch er gibt sich optimistisch, man arbeite dran. Bei allem Jammern, sei man sich des Wunders Tel Aviv zu wenig bewusst – eine jüdische Metropole inmitten einer arabischen Nachbarschaft. Um die Verbindung beider Welten und Wirklichkeiten ist besonders der israelisch-argentische Dirigent Daniel Barenboim, bemüht. Er besitzt symbolisch sogar die palästi- Cameri Theatre Shaul Hamelech Boulevard 19 Tel: 03-606 9060 www.cameri.co.il Seit dem Tod von Ephraim Kishon ist das einstige Wunderkind Daniel Barenboim Israels einziger Weltstar. nensische Staatsbürgerschaft. Im Hauptberuf Künstlerischer Leiter und Generalmusikdirektor der Staatsoper Unter den Linden in Berlin, engagiert er sich für die Völkerverständigung. Zusammen mit dem palästinensischen Literaturwissenschaftler Edward Said hat er das West-Eastern Divan Orchestra gegründet, in dem junge Musiker aus Israel, den palästinensischen Autonomiegebieten, dem Libanon, Ägypten, Syrien, Jordanien und Spanien zusammen spielen. Leider steht die politische Komponente meist höher als die Musik, was Barenboim immer wieder Kritik einbringt. Doch gerade Widerspruch scheint der Weltstar besonders zu lieben. Besonders umstritten war ein Konzert, bei dem er zum ersten Mal seit dem Bestehen Israels Stücke von Richard Wagner dirigierte, was bis dahin als Tabu galt. Udae as ipit qui core ratesequi repre veliquo que voloribus alibus volor aciis autem as volo Oben: das 1945 gegründete Cameri-Theater, links: das legendäre Habima Theater im Umbau. Unter: Tänzer Matan David, Tänzer von der Batsheva Dance Company O bwohl Tel Aviv den Ruf des Unkonventionelllen und Alternativen hat, verfügt die BauhausStadt über eine stattliche Hochkultur. Das ist – mit Verlaub – auch ein wenig der Tatsache geschuldet, dass die Stadt stark von den Jeckes aus Deutschland geprägt wurde. Neben zahlreichen Galerien und KonzertClubs, bietet die Stadt eine vielfältige Theaterszene. Einer der charmantesten Treffpunkte für die alternative Szene ist das Tmuna-Theater im Süden der Stadt, in der Verlängerung der Sheinkin-Straße. Die knapp dreihundert Plätze schaffen eine intime Atmosphäre für spannende Off-Inszenierungen. Im Zentrum der Stadt, am Ende des Rothschild-Boulevards, steht das Habima-Theater. Im Moment werden die Stücke verteilt über die Theater der Stadt gespielt, denn Israels bedeutenstes Theater wird runderneuert. Die als wichtigstes hebräisches Theater geltende Institution, wurde 1916 von Nachum Zemach in Moskau unter der Federführung des Moskauer Kunsttheaters mit Unterstützung des nichtjüdischen Konstantin Stanislawski gegründet. Im Jahre 1926 verließ das Theater die Sowjetunion und tourte umher, bevor es 1931 nach Tel Aviv kam. Das Repertoire des Habima-Theaters umfasst klassische und zeitgenössische Stücke. Habima war bis zur Gründung des Cameri-Theaters 1945 das einzige Theater im Land. Heute gibt es weltweit zumindest namentlich verwandte Habima-Theater, eines davon steht in Berlin. Aber auch arabisch-hebräisches Theater hat seinen Platz in der multiethnischen Stadt, natürlich im Stadtteil Jaffa. Das kleine, aus zwei Teilen zusammengesetzte arabisch-hebräische Theater befasst sich mit lokalen und aktuellen Stoffen. Musiktheater, manchmal bis ins Musical gehend, bietet das MajumanaTheater. Es liegt am Rand von Jaffas altem Fischerhafen. Mitte der neunziger Jahre entstand hier ein Stilmix aus Performance, Tanz, Musik und Theater, der inzwischen Weltruf besitzt. 11 Tel Aviv Szene Shopping Krembo Records Sheinkin Street 18 Tel: 03-525 9507 X-Ray, Eyewear Sheinkin Street 22 Tel: 03-629 7201 Salon Berlin, Vintage Rabbi Israel Najara Street 15 Tel: 03-510 2126 Fishndag Dizengoff Street 182 Tel: 03-522 2777 Limited King George Street 46 (Hamelech George Street) Tel: 03-620 0495 Anna K Frishman Street 75 Tel: 03-529 1244 Tees Factory, Shirts Montifiore Street 30 Email: [email protected] Shoofra, Shoes Dizengoff Street 108 Tel: 03-524 7274 The Third Ear, Music King George Street 48 Tel: 03-621 5200 ! " Retro TLV, Furniture Yehuda Halevi Street 123 Tel: 03-685 0663 Michal Negrin, Acessoires Sheinkin Street 37 Tel: 03-525 2752 Sketch Book, Design Books Tchernikovsky Street 5 Tel: 03-620 1351 Ruby Star, Jewelry Levontin 28, Gan Hahashmal Ami’ad Street 13, Flea Market Jaffa Tel: 03-683 2172 Iluchka, Fashion Levontin Street 19 Tel: 03-566 0588 I love Cupcakes, Sweets Ben Yehuda Street 114 Tel: 03-522 2243 Ha’Carmel Market Allenby Street, Ecke Ha’Carmel Street Nachalat Binyamin, Art & Craft Fair, dienstags und freitags (10–17 Uhr) Nachalat Binyamin Street 12 Der deutsch-israelische Fotograf Daniel Josefsohn porträtierte israelische Soldaten und ihren Hang zum modischen Detail W er selbst unter Bombenbeschuss seinem Alltag nachgeht, der lässt sich von ein bisschen Wirtschaftskrise nicht vom Shopping abhalten. Ob Designermode, Fashion-Outlets, Szene-Shops oder Second Hand – Tel Aviv bietete eine enorme Vielfalt. Inzwischen setzen sich junge einheimische Brands selbstbewusst neben den internationalen Marken durch.Tel Aviv gilt als aufstrebende Modestadt, das Design ist geprägt vom Kulturmix der Stadt und der Experimentierfreudigkeit der jungen Modeschöpfer, die mitunter auch aus Kostengründen kreativ sein müssen. Da scheint es fast unglaublich, dass es bei der ersten Eröffnung eines H&MStores in Israel Mitte März zu Tumulten kam. Schon lange übt die schwedische Kette eine Faszination auf junge Israelis aus. Bei jedem Europa-Besuch, stand so ein Laden auf der Liste der „Sehenswürdigkeiten“. Eine der beliebtesten Einkaufsmeilen ist die Sheinkin-Straße, die eine angenehme Mischung von szenig und chic bietet. Die Läden sind wegen der anspruchsvollen Mieten meist klein und strahlen Charme aus. Zahllose Cafés, Saft-Bars und Restaurants laden zum Bummeln ein. Die Straße gilt als schönste der Stadt, aber auch als die mit der größten Dichte von Schuhgeschäften. Einer der besten Plattenläden ist hier zu Café LoveEat Café-Stopps finden, Krembo mit einer guten Auswahl an internationaler und israelischer Musik und kompetenter Beratung. Die Partytipps gibt es gratis dazu – hinter dem Verkaufstresen stehen DJs und Radiomacher, kaum einer in Israels Kreativszene kann von der Kunst leben. Teure Designer-Läden und internationale Marken sind in der DizengoffStraße zu finden, an deren Anfang das gleichnamige Einkaufszentrum steht. Von jenen in Europa unterscheidet es sich nur durch die Taschenkontrollen, die zum israelischen Alltag gehören. Die Dizengoff-Straße, benannt nach Meir Dizengoff, einem der Gründungsväter und erstem Bürgermeister der Stadt, ist eine der längsten Tel Avivs. Sie erstreckt sich quer durch die Stadt bis weit in den Norden. Vintage und Ramsch finden sich auf dem täglichen Flohmarkt in Jaffa. Hier gibt es vom Kühlschrank über Antiquitäten bis zum Plüschtier alles Nötige und Unnötige. Schon früh am Morgen räumen, die meist arabischen Händler hier alles vor die Tür, was sich zu Geld machen lässt. Einheimische Designer haben die Stadtteile Neve Tzedek und Florentin für sich entdeckt, mit ihrer Mischung aus junger israelischer Kreativszene und Import-Export-Läden, aus denen sich junge Modemacher nicht selten mit Materialien versorgen, die sie zu eigener Mode umarbeiten. In den kleinen Gassen von Neve Tzedek bieten Schmuckund Mode-Designer ihre Entwürfe feil. Ein bisschen zu spüren ist sie hier noch, die britische Kolonialzeit. Aufstrebende Jung-Designer zieht es ins gehobenere Gan Hahashamal rund um die Allenby-Straße. Der große Familien-Hangout des Wochenendes aber, ist der Hafen. Mit seinen Outlets, Restaurants und der weitläufigen Strandpromenade bietet er allerlei Vergnüglichkeiten bis zum tiefroten Sonnenuntergang. LovEat Nachalat Binyamin Street 3 Tel: 03-516 4412 Tazzo D’Oro Ahad Ha’am Street 6 Tel: 03-516 6329 Chelouche Gallery Galerien Dvir Gallery Nitzana Street 11 Nahum Street 11 Hangar 2 Tel: 03-604 3003 www.dvirgallery.com Sommer Contemporary Art Rothschild Boulevard 13 Tel: 03-516 6400 www.sommercontemporaryart.com Café Mersand Ben Yehuda Street 70 Tel: 03-523 4318 Landver Café Gan Meir Park Tchernichovsky Street 22 a Café Sonia Simta Almonit Street 1 Tel: 057-944 2801 Chelouche Gallery for Contemporary Art Chisin Street 5 Tel: 03-528 9713 www.chelouchegallery.com Braverman Gallery Hasharon Street 12 b Tel: 03-566 6162 www.bravermangallery.com Café Bialik Bialik Street 2 Tel: 03-620 0832 Givon Art Gallery Gordon Street 35 Tel: 03-522 5427 www.givonartgallery.com Blogs Streetswalker Blog Brokenfingaz Street Art & Design www.brokenfingaz.com Hachibur Blog Radio & Urban Music Blog www.hachibur.blogspot.com Vegan Tel Aviv Guide for Vegetarians & Vegans www.vegantelaviv.tumblr.com Streetswalker Fashion from the Streets of TLV www.thestreetswalker.com Israelity Daily Life in Israel www.israelity.com Museen Batsheva Dance Company Bauhaus Center Dizengoff Street 99 Tel: 03-522 0249 Tel Aviv Museum of Art Shaul Hamelech Boulevard 27 Tel: 03-607 7020 Eretz Israel Museum Lebanon Street 2 Tel: 03-641 5244 13 Tel Aviv Design & Architektur DESIGN AM BAU Text und Fotos von Laurent Burst Ron Arad gilt als einer der wichtigsten Produktdesigner der Welt. Da er gerne Grenzen in andere Genres überschreitet, war es nur logisch, dass er das National Design Museum in Holon entwirft von David Baum, Fotos von Laurent Burst 14 15 Tel Aviv Design & Architektur 16 D er Anspruch, den die öffentlichen Bauherren an das neue Bauwerk stellten, war klar und deutlich formuliert: Er solle ein Museum realisieren, das man mit Stolz auf eine Briefmarke drucken könne, bekam Ron Arad als Maßgabe. Daraufhin ist ein außergewöhnlicher Bau des National Design Museums in Holon entstanden; noch nichts, das man auf eine Postkarte kleben könnte, doch das Ergebnis ist so bestechend und prägnant geworden, dass es eine derartige Würdigung verdient hätte. Fünf Bänder aus gewalztem CortenStahl ranken sich um zwei weiße Ausstellungskomplexe. Nach vierjähriger Bauzeit ist unter Mitwirkung des Architekten Asa Bruno ein Meisterwerk aus Stahl in grellem Orange und rostigem Braun entstanden, das von einem Hügel der Vorstadt südlich von Tel Aviv weithin zu sehen ist. Arad, der noch nie zuvor ein öffentliches Gebäude realisiert hat, ist ein wahrer Glücksgriff gewesen. Nicht nur, dass er in Tel Aviv aufgewachsen ist und somit den besonderen architektonischen Stil der Stadt von Jugend an verinnerlicht hat, der in London lebende weltbekannte Industriedesigner ist auch noch vom Fach. Seine Design-Art-Lounge-Sessel gelten als Kunstwerke, die Sammlern vor der Krise Millionen wert waren. Der von ihm entworfene „Bookworm“ ist ein Klassiker des Designs und auch ein kommerzieller Großerfolg. Seinem eigenen Werk dürfte er mit dieser Architektur eine Art Denkmal gesetzt haben; die immense stählerne Luftschlange, die sich da um das Museum wickelt, erinnert augenfällig an den „Bookworm“. Arad ist dafür bekannt, Grenzen nur ungern zu akzeptieren: „Ich brauche keinen Pass, um mich vom Design zur Kunst oder von der Kunst zur Architektur zu bewegen“, sagt er. Zur Eröffnung im Februar ist bereits eine namhafte Riege von Kollegen, darunter Ingo Maurer, Deyan Sudjic, Zvi Hecker und Patrizia Moroso, gekommen, deren Werke in den Ausstellungen zu sehen sein werden – in einem Gebäude, das es eigentlich verdient hätte, selbst in einem Museum für Design gezeigt zu werden. 17 18 Menschen in Tel Aviv Michael Cohen & Michael Moshonov Hinter Cohen@Mushon stehen drei junge, extrem talentierte DJs aus Tel Aviv, bei denen sich alles um Hip-Hop dreht. Ihre Sounds, inspiriert vom Genre-Stil der späten achzigerund und neunziger Jahre, sind allesamt hebräisch, live gemischt und mit straighten Raps versehen. Die beiden MCs und DJs werden gern als die israelischen Beastie Boys bezeichnet und haben für ihr Debüt „Kosher Gufani” den Szene-Veteranen und Radio-DJ Ori Shochat sowie den israelischen Produzenten Yossi Fine, der schon für Künsler wie David Bowie gearbeitet hat, gewinnen können. 19 20 Menschen in Tel Aviv Ruth Patir Die Hausnummer 70 in der HayarkonStraße, die parallel zum Strand verläuft, ist stadtbekannt. Sie steht nicht für irgendeine Adresse, sondern für den Hotspot der jungen künstlerischen Avantgarde der Stadt. In den zwei oberen Etagen gibt es neun Künstler-Studios und drei Wohn-Apartments, in denen Kreative wie Ruth Patir leben und arbeiten. Die Flure, das Dach und die Hauswände dienen, wo immer Platz dafür ist, als Ausstellungsfläche für die eigene Kunst. Stadtweit bekannt wurde das Haus gegenüber der amerikanischen Botschaft vor allem durch seine ausgelassenen Parties, die schon mal für Unruhe bei den Sicherheitsleuten der Botschaft sorgen. 21 Menschen in Tel Aviv Liora Zemelman Liora Zemelman (27) schloss vor zwei Jahren die international renommierte Bezalel Academy of Art and Design ab und gilt als begnadete Künstlerin, Illustratorin und Grafik-Designerin. Ihre Werke werden nicht nur auf Ausstellungen gezeigt, sondern schmücken auch Plattencover und Plakate. In der Nacht beschäftigt sich Liora mit den Schattenmonstern von Tel Aviv, von denen man tagsüber nicht mehr sieht, als die Kreuze, die sie ihnen im Dunkel als imaginäre Augen verpasst, und durch die sie ihnen ein Wesen gibt. 22 23 Menschen in Tel Aviv Nir Peled Pilpeled ist einer der bekanntesten Comic-Art- und Illustrationskünstler Tel Avivs. Ob T-Shirts, Plattencover oder Hauswände, an seiner Kunst kommt man in den Straßen der Stadt nicht vorbei. Für zahlreiche Musiker hat der Künstler Art Works angefertigt. In einigen Kunstwerken findet man auch seinen Hund Nickelodeon, der fast so bekannt ist, wie Pilpeled selbst. Seine oft post-apokalyptisch anmutenden Arbeiten sind filigran und vielschichtig – eine wahre Freude. 24 25 Menschen in Tel Aviv Alona Rodeh Die 1979 geborene Installationskünstlerin Alona Rodeh hat an der Bezalel Academy of Art and Design in Jerusalem und Tel Aviv studiert und wurde schon während ihres Studiums aufgrund ihres Talents mit verschiedenen Stipendien gefördert und mit einigen Preisen ausgezeichnet. In den vergangenen fünf Jahren hat sie mit dem Elektro-Musiker Rona Geffen an verschiedenen audiovisuellen Projekten gearbeitet, die in Galerien weltweit gezeigt wurden. Keren und Moshe Die Inhaber der kleinen Kreativagentur „Moo&Ar“ für die Art von Creative Shops in Tel Aviv, die für jeden Kunden die Welt neu erfinden und neue Maßstäbe in Sachen Guerilla-Marketing setzen. So bekamen sie zum Beispiel mehrere Dutzend Opinion Leaders dazu, sich knallrote Stofftüten der kleinen BurgerKette Agadir über den Kopf zu stülpen und vor einer Videokamera freizügig zu tanzen. Diese Youtube-Videos wurden in Kürze Kult und die Burger-Kette stadtbekannt. Dank solchen Aktionen, vollformatigen Foto- und Video-Webseiten und Fashion Shootings von Trash bis High-Class melden sich immer mehr Auftraggeber aus dem Ausland. Gerade sind Keren und Moshe damit beschäftigt, MTV in Israel zu vermarkten. Ansonsten unterrichten sie Studenten in Graphic Design, geben das wort- und tabulose Fashion-Magazin 360° heraus und filmen bei jeder Gelegenheit trashige Alltagsszenen mit ihrer Digitalkamera. 26 Guy Pitchon Lifestyle, Skater und Streetart sind die beliebtesten Motive des 29-Jährigen Fotografen, der seine Arbeiten schon in zahlreichen nationalen und internationalen Magazinen zeigen konnte. Aber auch in der Musikszene tummelt sich Pitchon, portraitiert was ihm gefällt und bannt auf Film, was er spannend findet. Selbst grafische Zeichnungen im Comic-Art-Style gehören zur Arbeit des Künstlers aus Tel Aviv. A5 Magazin Die Grafik-Designer und Künstler haben mit dem A5 Magazin eine Plattform für ihr Metier in Israel geschaffen. Das Magazin präsentiert in jeder seiner Ausgaben ganz unterschiedliche Künstler aus den Bereichen Grafik, Design und Typografie. Die Arbeiten zu speziellen Themen kommen aus der ganzen Welt, „wer immer eben auf unsere Anfrage reagiert“, sagen die Macher. Die extrem stylischen Ausgaben erschienen 2007 noch vier Mal jährlich, seitdem leider nur noch im Halbjahrestakt. Einreichen kann jeder zu den Themen- passende Beiträge. Thema der aktuellen Ausgabe ist die Sünde. 27 Kosmos Tel Aviv Time Out Magazin Wie einflussreich und maßgeblich die Szene von Tel Aviv ganze Stadt an sich ist, lässt sich am Erfolg eines Magazins bemessen: Vor sieben Jahren startete die lokale Ausgabe der weltweiten Stadtmagazinmarke Time Out als erstes ausländisches Medienerzeugnis – mit mehr als skeptischen Prognosen. Mittlerweile kauft jeder zwölfte Einwohner der Stadt Time Out. Es liegt in allen Cafés und Restaurants aus und ist aus dem Alltag der Tel Aviver nicht mehr wegzudenken. Das Erfolgsrezept liegt wohl darin, dass das Magazin das Wesen von Tel Aviv erkannt hat: Mach es, aber mach es anders. Die Journalisten, des Heftes sind eher Aktivisten und Aktionisten, die in Sprache und Stil der jeweiligen Community, für die sie berichten, sehr nahe stehen. Chefredakteur Itay Valdman, 31, leitet das Blatt seit zwei Jahren. Nebenher schreibt er gerade das Script für den einen Horrorfilm. In seinem Mobiltelefon sind eintausend Telefonnummern gespeichert, auf Facebook sind seit seiner Profilanmeldung vor wenigen Monaten 1.700 Menschen mit ihm verknüpft. Näher dran kann man nicht sein: Musikredakteur Michael Cohen singt für die bekannte Hip-Hop-Band Cohen@Mushon. Unbestrittener Star der Redaktion ist aber Shir Nosatzky, eine Art Günter Wallraff ohne Zeigefinger. Sie ist für die Veranstaltungsseiten verantwortlich und geht für eine gute Geschichte unkonventionell wie keiner sonst. Die unbestritten heterosexuelle Frau firmierte zum Beispiel zwei Wochen lang als Lesbe – mit allen Konsequenzen. Mit jener Frau ist sie noch heute befreundet. Für einen anderen Artikel arbeitete sie einen Monat lang als Stripperin. Das Magazin eckt an. „Viele sind wütend auf uns“, berichtet Itay fast etwas stolz, „weil wir politisch extrem links stehen, weil wir keine Zeitung lesen, weil es uns egal ist, was der Mainstream als wichtig oder unwichtig anschaut.“ Provokativ und frei von Tabus sind auch die Titelseiten, Kolummnen und Illustrationen. Ausgerechnet in jener Woche, in der den Holocaust-Opfern mit 28 zwei Schweigeminuten gedacht wurde, zierte die Titelseite ein Davidstern aus Sand, der von der Brandung hinweggewaschen wird. Titel: „Wind of change“. Innen im Heft fand man den gelben Judenstern einmal auf der Rolling-StonesZunge kleben und einmal mit einem Smiley verziert. In Israel ist das ein Sakrileg. Die Redaktion wagt sich aus der Komfortzone und geht bis an die Grenzen und darüber hinaus. So wie die Stadt selbst eben auch. 29 Musik Tel Aviv Terry Poison Sie gelten eigentlich als modebewusste Style-Ikonen: Umso amüsanter ist es, die Mädels von Israels aufregendster GirlBand ungeschminkt zu treffen und Frontfrau Louise auch noch beim Hausputz beobachten zu dürfen. Die vier Mitglieder der Band „Terry Poison“ haben beinahe jedes Titelblatt in Israels Magazinwelt erobert, und doch geben sie sich nach wie vor relaxt und fast bodenständig. Und so räumt also Louise Kahn vergnügt in ihrer Wohnung für das bevorstehende Band-Meeting auf und erklärt en passant ihr musikalisches Konzept: „Elektronische Musik basiert meist allein auf Computern, das wollten wir nicht“, sagt die aus Norwegen stammende Musikerin. „So sind wir eine große Gruppe geworden, in der jeder eine wichtige Rolle für unseren Sound spielt.“ Als dann die Band samt Managerin eintrifft, wird gleich – wie fast immer in Israel – lautstark und emotional diskutiert, die hebräischen Sprachfetzen klingen in unseren Ohren aggressiver, als sie es sind. Auftritte in den USA sind gebucht, die Veröffentlichung des ersten weltweiten Albums steht kurz bevor. Kahn ist über dreißig und weiß, dass sie für eine internationale Karriere im Popgeschäft schon fast zu alt ist. „Hier in Israel sind wir richtig große Popstars“, sagt sie, „wir haben drei Hits im Radio.“ In anderen Ländern wäre man damit auch finanziell abgesichert und hätte mindestens eine Putzfrau. Aber in Israel ist eben das Leben für Musiker hart, selbst wenn ihr Produzent „Terry Poison“ bereits zu einigem internationalen An30 sehen gebracht und die Band 2009 das Depeche-Mode-Konzert in Israel eröffnet hat. So ist die Elektro-Pop-Band dennoch ein Herzensprojekt, arbeitet Gitarristin Anna Landesman weiterhin in einer Bar, verdingt sich Keyboarderin Gili Saar als Model und arbeiten die beiden Herren der Band auch für andere Kollegen. Auch Louise muss sich als Web-Designerin die Brötchen verdienen. In ihrer Wohnung stehen kleine Miniaturkästen, einer mit nachgebau- tem Wohnzimmer. „Die nehme ich, fotografiere sie und mache damit meine Animationen“, erklärt sie. Die Mädels machen inzwischen ein Ritual daraus, gemeinsam durch die Kleiderschränke zu stöbern, um bei Bühnenauftritten oder Shootings mit einem außergewöhnlichen Styling zu überraschen. Es ist eben alles stets ein wenig improvisiert in dieser Stadt. Aber gerade in der Musik kann die Improvisation zur höchsten Kunst geraten. 31 ERAN RIKLIS In den letzten Jahren feierte der israelische Film einen Erfolg nach dem anderen. Nicht zuletzt wegen Regisseur Riklis, der mit „Lemon Tree“ und „Die syrische Braut“ mehrere Preise in Locarno, Montreal und auf der Berlinale gewann. „Man könnte sagen, wir haben es mit einer neue Welle des israelischen Kinos zu tun“, sagt Riklis. „Ich hoffe wirklich, dass wir geschickt genug sind, die fortzuführen und ein Teil des neuen interessanten Kinos in der Welt zu werden.“ 32 MAYA GELFMAN SHARONA BOND Illustration, Grafik-Design, Poesie und Malerei sind die Leidenschaften von Designerin Maya Gelfman. „Ich wünschte, dreihundert Jahre zu leben, einfach nur, um so viel zu lernen und zu kreieren, wie ich möchte“, sagt die rastlose Künst-lerin. Ihr Atelier ist voller Kleidungsstücke, Magazine, Stoffe, Farben, Pinsel und Lacke – stets bereit, einer ihrer vielen Ideen zur Umsetzung zu verhelfen. Seit vielen Jahren sammelt die Dreißigjährige zudem Kinderbücher aus aller Welt – ihr Mann, der Musikmanager Roie Avidan, bringt sie von den Trödelmärten der Welt mit, wenn er mit seinem Bruder, dem bekannten Sänger Asaf Avidan unterwegs ist. Ihre Leidenschaft für Mode entdeckte die Stylistin Sharona Bond (33) über das TheaterkostümDesign. Nach einem Grafik-DesignStudium an der School of Visual Arts in New York kehrte sie 2006 nach Tel Aviv zurück, entwarf eine Golf-Kollektion für Frauen und arbeitete als Stylistin für verschiedene Fashion Shootings. Ende 2007 eröffnete sie zwischen Jaffa und Florentin ein Studio, in dem sie den israelischen Modenachwuchs ausbildet. Sie und ihre Geschäftspartnerin Tamara Marcowitz bieten Raum für Designer ohne eigenen Showroom, Seminare und Workshops, Verkaufsflächen und Platz für Fashion Shootings. Zudem hat Sharona Bond ihre eigene Fashion-Kolumne im Belle Magazin. DICHTER UND DENKER Tel Aviv ist nicht nur eine Stadt, sondern in erster Linie eine Idee. Und die lebt von den Idealisten, die sie prägen Fotos von Laurent Burst 33 JOEL COVINGTON Covington alias Rebel Sun, aufgewachsen in Baltimore, USA, ist nicht nur Tel Aviver, sondern bewusst Jude geworden. Er konvertierte und wanderte vor zehn Jahren nach Israel aus, wo er lange um die israelische Staatsbürgerschaft kämpfen musste. Hier wurde er Mitglied einer der besten Hip-Hop-FunkBands des Landes, Coolooloosh, und ist deren Sänger und ein wahrer Poet, von denen es im Rap nicht viele gibt. Er und seine Band arbeiten mit internationalen Größen wie David Ivory (The Roots) und Bunny Sigler. 34 KAROLINA AVRATZ UND OPHIR KUTIEL Kreativ verbunden sind Kutiel (28) und Avratz (40) schon viele Jahre. Afrobeat und Funk sind ihre Passion – Musik ist ihr Leben. Wann immer Avratz einen guten Musiker für ihre Projekte suchte, einen musikalischen Rat oder Feedback: Kuti, wie ihn alle nennen, war die richtige Adresse. Er ist kein Freund von Tourneen, tüftelt viel lieber zuhause an Sounds und einzigartigen Projekten, wie dem millionenfach geklickten „ThruYOU“. Karolina ist Israels Soul-Diva schlechthin, lieh ihre Stimme auch Werbejingles und hat eines der schönsten Funk-Soul-Alben des letzten Jahres veröffentlicht. Zudem ist sie eine der drei Stimmen des bezaubernden Frauentrios HaBanot Nachama. 35 NIV ARZI UND DORI SADOVNIK Dass das Klischee der Trance-Musik noch immer in den Köpfen der Tel-Aviv-Besucher schwirrt, wissen die beiden DJs und Produzenten Dori Sadovnik und Niv Arzi von Red Axes. Seit sechs Jahren arbeiten sie bereits zusammen, zunächst in der New-Wave/Post-Punk-Band Red Cotton, seit 2009 als Red Axes. Beeinflusst von längeren Aufenthalten in Europa, starteten sie Underground-Trance-Parties mit dem Titel „Break It!“. Mit House, Disco und Techno stehen sie für die neue Generation der elektronischen Musik in Tel Aviv und rocken regelmäßig große Parties. 36 OREN BARUCH „Alles, was wir machen, ist in erster Linie Spaß“, sagt Produzent und Promoter Oren „Light“ Baruch (26), was die Philosophie vieler Menschen in Tel Aviv, für die der Enthusiasmus die treibende Kraft ist, beschreibt. Denn von der Kunst und den Musikveranstaltungen leben kann man hier meist nicht. Baruch kann sich glücklich schätzen, dass er inzwischen genügend Parties und Konzerte veranstaltet, um das seinen Hauptberuf nennen zu können. Eine seiner Veranstaltungen unterstreicht das Dilemma der Stadt: 2 many DJs. 37 RAVID KAHALANI „Es gibt mehr in Israel als die Politik“, sagt der Sänger mit den jemenitischen Wurzeln. „Ich mache meine Kunst und hoffe, es macht die Leute glücklich.“ Die Stimme des jungen Sängers sorgt derzeit für Aufregung am Mittelmeer, selbst Bobby McFerrin wollte mit ihm arbeiten, war fasziniert von der Wandlungsfähigkeit seiner Stimme. Als Sänger im Idan Raichel Project, das international tourt, konnte er sein Talent entwickeln, sich vorbereiten auf die Solo-Karriere, an deren Anfang er nun steht – mit einem Ethno-Musik-Projekt, das die besten Musiker des Landes vereint und den Zuhörer in die Wüste mit all ihren Reizen entführt: Yemen Blues. 38 YORAM RUBINGER Yoram Rubinger (46) ist Designer, Illustrator und Kolumnist gleichermaßen, obwohl er sich in erster Linie als Designer und Künstler versteht. Viele seiner Arbeiten strahlen in knalligem Gelb – einer Farbe, die für Rubinger speziell ist, wie er sagt. Sie wird oftmals von Schwarz und Rot gebrochen, auf die grellen Farbschichten klebt er verschiedene Materialien auf – nicht selten finden scheinbar belanglose Gegenstände oder ein Stück abgerissenes Papier Eingang in seine Arbeiten. „Ich mag kräftige Farben“, sagt Rubinger, „sie sind die Verbindung von Grafikdesign und Kunst.“ 39 ARI FEFFER UND MICHA DUMAN Sie sind schräg, laut und tabulos – und einer der größten Erfolge im israelischen Kabelfernsehen. Hinter den Puppen von Red Band verbergen sich Ari Feffer und Micha Duman, Kinder amerikanischer Einwanderer mit einem Hang zu Hippie-Kultur und Rock’n’Roll. Keyboarder Lefty, Gitarrist Pancho und Philip, der Roady, haben es nicht leicht mit dem egozentrischen, aus dem Ausland zurückgekehrten Red Orbach, der nach 30 Jahren wieder zurück auf die Bühne will. Irgendwo zwischen South Park und Spinal Tap bewegt sich die wöchentliche Show, in der israelische Popstars an die Grenzen ihres Humors gebracht werden. 40 DUBI LENZ Seit fast vierzig Jahren gehört Dubi Lenz (63) zu den bekanntesten Radiostimmen Israels. Quer durch alle Generationen kennt man den jung gebliebenen Moderator des Armeesenders Galei Zahal. Musik ist sein Leben, über fünfzehn Jahre war er Leiter der Musikredaktion des Senders. Er hat nicht unwesentlichen Anteil an der Verbreitung israelischer Musik im In- und Ausland. Als Veranstalter und Berater verschiedener Festivals griff er immer wieder aktiv in die facettenreiche israelische Musikszene ein. Sein Wissen über die israelische Musik ist profund, so dass seine Urteile und Empfehlungen von Künstlern und Musikfans gleichermaßen geschätzt werden. 41 Tel Aviv Zukunft CAPTAIN FUTURE Der israelische Ingenieur Rafi Yoeli hat zur Serien reife gebracht, wovon Science-Fiction und Luftfahrtpioniere seit Jahrzehnten träumen: ein fliegendes Auto. Im Jahr 2020 sollen die ersten Exemplare durch unsere Städte gleiten. Für Quality hat Yoeli sein streng abgeriegeltes Entwicklungszentrum nahe Tel Aviv geöffnet Text und Fotos von Laurent Burst 42 A ls der Filmregisseur Ridley Scott sich 1982 die Zukunft vorstellte, auf Basis des allerdings bereits 1968 erschienenen Romans „Do Androids Dream of Electric Sheep?“ von Philip K. Dick, machte er ein paar grobe Fehler. Das Los Angeles des Jahres 2020 wird vermutlich nicht so düster ausschauen, wie Scott es in „Blade Runner“ zeigte, ganz sicher aber werden die Menschen in zehn Jahren zum Beispiel noch mit Handys telefonieren. Dass es in „Blade Runner“ keine gibt, lässt sich einfach erklären: Das erste kommerzielle Mobiltelefon, das DynaTAC 8000X von Motorola, wurde erst ein Jahr nach dem Filmstart der Öffentlichkeit präsentiert. So ist das mit Zukunftsvisionen: Je näher die reale Gegenwart der fiktionale Zukunft rückt, desto besser erkennt man, wo die Vorstellungskraft falsch lag. Ein Fortbewegungsmittel aber, das in Ridley Scotts Film „Spinner“ heißt und ebenso in vielen anderen Science-Fiction-Visionen vorkommt, könnte exakt 2020 tatsächlich in den Verkehr kommen: das fliegende Auto. Wenn es so kommen sollte, könnte der israelische Flugzeug-Ingenieur Rafi Yoeli der entscheidende Erfinder gewesen sein. „City Hawk“ heißt der Prototyp, der ein wenig an eine fliegende Untertasse erinnert und in Yavne, eine Autostunde südlich von Tel Aviv, in den futuristisch anmutenden Konstruktionshallen von Urban Aeronautics Ltd. derzeit perfektioniert wird. Yoeli hat die Firma 2001 gegründet, ein paar Jahre, nachdem der Boeing-Entwickler und Pilot sich verstärkt mit Helikoptertechnik zu befassen begonnen hatte. „Mir wurden schnell deren Grenzen bewusst, vor allem diejenigen exponierter Rotoren“, sagt der 59-Jährige, der wirkt wie eine Mischung aus Architekt und Philosoph, verschmitzt und ernsthaft zugleich. „Ich las all diese Reports über die gescheiterten Versuche der fünfziger und sechziger Jahre, Autos zum Fliegen zu bringen – und da realisierte ich, dass heute fast alle technologischen Probleme gelöst wären.“ Lediglich die Aerodynamik barg noch ungelöste Probleme. So begann sich Yoeli ganz dem Thema zu widmen. Der gesellschaftliche Nutzen von fliegenden Autos ist längst vorhanden: Weltweit sind die Straßen der Metropolen täglich verstopft, alle Prognosen ge- Rafi Yoeli hat als Hubschrauberpilot lange davon geträumt, auch mal durch Hochhausschluchten zu fliegen. Nun baut er die dafür nötigen Gefährte hen von einer weiteren städtischen Verdichtung in der Zukunft aus. Solange die Menschheit sich nicht von der Idee des Individualverkehrs verabschiedet, wird die Überlastung der Straßen immer weiter zunehmen. Als begeisterter Helikopterpilot beschäftigt sich Yoeli schon mit Möglichkeiten, wie man sich auch in dicht besiedelten Städten unabhängig von Verkehrslage und Witterung in der Luft fortbewegen könnte. Das ideale Verkehrsmittel, dachte er von Anfang an, hätte die Größe eines Autos oder Kleinbusses, könnte flie43 Tel Aviv Zukunft gen, ließe sich präzise steuern und käme ohne gefährliche Rotorenblätter aus, die man von Hubschraubern kennt – und die am Boden außerdem enorme Staub-, Lärm- und Windemissionen verursachen. Yoeli versuchte außerdem, den klassischen Fehler seiner Vorgänger zu vermeiden, mämlich Flügel oder ähnliche Flugtechnik an einen bestehenden Wagen zu montieren – schon weil ein Auto in Bezug auf Gewicht und Aerodynamik so konzipiert ist, dass es eben gerade nicht fliegt, sondern auch in Kurven und bei hohen Geschwindigkeiten am Boden bleibt. Der weitaus vielversprechendere Lösungsansatz war, bei der Bauweise zunächst die Prinzipien von Helikoptern anzuwenden. Yoeli verkleinerte indes deren Rotorenblätter, erhöhte ihre Anzahl und integrierte sie gleich ins Chassis. Die Öffnungen rund um die Antriebe wurden mit Jalousien versehen, dank denen sich die Windströme genauestens kanalisieren und ausrichten lassen. Rafi Yoelis Patente sind einfach und gleichzeitig revolutionär für die Luftfahrt: Die damit entwickelten Flugobjekte wie der „City Hawk“ navigieren präzise und unabhängig voneinander in allen sechs Richtungen. Sie können zum Beispiel zu Rettungszwecken kontaktnah an die Fens44 ter von Häusern oder an Steilhänge fliegen – beides unmöglich mit Helikoptern. Da sie einer Windstärke von fünfzig Knoten standhalten und einfach enteisbar sind, können sie auch bei Witterungen eingesetzt werden, in denen konventionelle Helikopter im Hangar bleiben. Dies überzeugt nicht nur private Investoren, die bisher rund elf Millionen USDollar in Yoelis Unternehmen investierten. Auch das amerikanische Militär wurde auf Urban Aeronautics Ltd. aufmerksam, außerdem Stat MedEvac, eines der größten Luftambulanz-Unternehmen der USA, und der Helikopterhersteller Bell. Nun entsteht für die US Air Force der „Air Mule“, eine unbemannte Version des „City Hawk“, die bereits ab 2014 zu Cargo-Zwecken in schwer zugänglichem Gebiet eingesetzt werden soll. Und für Stat MedEvac entwickelt Yoeli eine Variante, die für Rettungseinsätze taugt und zwei verletzte Personen transportieren kann. Der „Air Mule“ wiegt bei sieben Meter Länge, zwei Meter Breite und zwei Meter Höhe etwas über eine halbe Tonne und kann ebensoviel Fracht (inklusive Treibstoff) transportieren. Er fliegt mit bis zu 180 Stundenkilometern in maximal 3500 Metern Höhe durch die Luft und kostet etwa so viel wie ein vergleichbarer Heli- kopter, rund eine Million Euro. Da die komplizierte Rotorenblätteraufhängung des Helikopters entfällt, gestaltet sich der Unterhalt indes wesentlich günstiger. Der einzige Nachteil im Vergleich zum Helikopter ist der höhere Treibstoffverbrauch aufgrund der kleineren Rotoren. Die Navigation, behauptet zumindest Rafi Yoeli, sei so leicht wie das Bedienen eines Computerspiels. Die größte Hürde für alle Fluggeräte ist die Zertifizierung durch die amerikanische Federal Aviation Administration (FAA), die selbst im besten Fall stets mehrere Jahre dauert. Entwickler von fliegenden Autos hatten bislang das Problem, dass sie alles von Grund auf neuerfinden mussten (oder wollten), was eine FAA-Zertifizierung quasi unmöglich machte. Rafi Yoeli und sein fünfzehnköpfiges Team arbeiten hingegen fast ausschliesslich mit bestehenden, bereits von der FAA zertifizierten Bauteilen und Technologien. Dadurch muss die FAA nur noch die Gesamtkonstruktion zertifizieren – eine Genehmigung dürfte durchaus realistisch sein. Der Einsatz des „Air Mule“ für städtische Blaulicht-Zwecke ist für 2020 geplant – exakt in dem Jahr, in dem auch in„Blade Runner“ die „Spinner“ herumflogen, die laut Drehbuch ebenfalls nur im offiziellen Einsatz sein werden. Rafi Yoeli indes träumt auch vom fliegenden Individualverkehr in Metropolen. Der soll im Jahr 2030 folgen. Damit diese sogenannten „Personal Air Vehicles“ dann durch die Häuserschluchten brausen können, werden allerdings neue Verkehrsregeln und vollautomatische Navigationstechnologien benötigt. Die NASA ist bereits daran, ein System für highways in the sky zu entwickeln, das Sicherheit bieten soll. Die Zukunft ist näher, als man denkt. Die Werkhallen von Urban Aeronautics erinnern ein wenig an eine hochmoderne Kfz-Werkstatt. Nur dass die Wagen hier fliegen können Rafi Yoeli sieht sie bereits plastisch vor Augen, und er hält sie für durchweg positiv: „Die Menschen werden in Zukunft auch im Nahverkehr vorwiegend in der Luft reisen und Fluggeräte mit integrierten Rotoren benutzen. Diese werden auf Dächern landen, die dann als Parkplätze fungieren. Innerhalb der Städte wird der Luftverkehr mit einem Luftstraßen-System automatisch geregelt. An vorherbestimmten Eintritts- und Austrittspunkten wird die Kontrolle über das Fahrzeug wieder dem Piloten beziehungsweise Fahrer übergeben. Normale Menschen werden nur über den Dächern entlang von computerkontrollierten Pfaden am Verkehr teilnehmen können. Ausschließlich Polizei und Rettungskräfte werden tiefer fliegen dürfen. Die Geschwindigkeit in diesen Flugräumen wird limitiert sein, und jedes Rettungsflugobjekt wird auf einem Display klare Angaben über Hindernisse und andere Flugobjekte im Flugraum haben.“ O b diese Zukunftsvision wirklich so viel schöner ist als die Dystopie des „Blade Runner“ oder die ähnlich düstere Welt der fliegenden Taxen und Schiffe in Luc Bessons „Das fünfte Element“? Der alte Mythos von der Freiheit, die sich der Mensch im Auto (oder auf dem Motorrad) auf der Straße buchstäblich erfährt, kommt jedenfalls in Rafi Yoelis Vision vom streng kontrollierten Luftraum der fliegenden Autos nicht vor. Aber auch in der bodenständigeren Gegenwart ist dieser Mythos ja längst verblasst. Die Realität für viele Millionen heißt heute tagtäglich Stau. Und der ist oft genug: bloß noch zum in die Luft gehen. 45 Tel Aviv Informationen TEL AVIV IM DIE VERSCHIEDENEN STADTVIERTEL SPEZIELLE EVENTS DOCAVIV 6.-15. Mai 20101 # $ % &' ' '& () * +%, -$$ '. '& (" $' / 0 * ) . - $ 1. , & T-MARKET $ 2. ) '( '3,& 4' ' ' ' '' 3 5' "' '6&'7' '. '6 '"8' '33 5'*'&" '' 9 )%) GAY PRIDE 10.-13. Juni 2010 0% ! . +% - *) '' ': ' " '8 5' .'' '-$$' '$ '! '*' $ %';'6 ' " 4' * . / 0 5'$ %&' '' 5'4' ' -$$. * . ROTHSCHILD-STREET-PARTIES ' '-$$'6* '' ( 4' '"' ''- ' '.5' " ''*. ''"' ' <) $ = , .* 9,&) = &8 ''& ' 4' 46 NEVE TZEDEK Das Viertel im Süden der Stadt ist eines der ältesten von Tel Aviv. Heute zählt es zu den teuersten Wohngegenden und gilt als Heimstätte vieler Künstler, kleiner DesignerLäden und Szene-Cafés. In den letzten Jahren wurden fast alle Häuser, die meist nicht mehr als drei Stockwerke haben, und die kleinen Gassen aufwändig saniert. Das berühmte Suzanne-Dalal-Center für experimentellen Tanz und Theater befindet sich im Herzen von Neve Tzedek. FLORENTIN Lange galt der Stadtteil am südlichen Ende als nicht sonderlich vorzeigbar. Zahlreiche Import-Export-Händler ließen sich hier wegen der preiswerten Mieten nieder. Das Leben war beengt und laut. Mit steigenden Mieten in der Innenstadt zog es vor allem die alternative Kunstszene nach Florentin. Doch inzwischen wird auch hier mit Hochgeschwindigkeit saniert. Rund um die Florentin-Straße haben Cafés und Bars ihren Betrieb aufgenommen, doch in den Seitenstraßen finden sich noch viele Stücke des ursprünglichen Florentin mit seinen Werkstätten, Kramläden und Großhändlern. MARINA Der Hafen im Norden der Stadt ist eines der beliebtesten Ausflugsziele der Tel Aviver am Wochenende. Die Hangars in der großzügigen Hafenanlage wurden zu Restaurants, Konzert- und Partyhallen umgebaut. Fast an allen Wo- chenenden finden hier Hochzeiten statt und die zahlreichen Restaurants sind überfüllt mit israelischen Familien. Die Strandpromenade lädt zu langen Spaziergängen oder einfach zu einem der beeindruckenden Sonnenuntergänge ein. KIKAR RABIN Der RabinPlatz, der bis 1995 noch den Namen „Könige von Israel“ trug, ist der größte öffentliche Platz der Stadt. Er erinnert an Israels großen Ministerpräsidenten, der hier 1995 ermordet wurde. An seiner nördlichen Seite steht das vom Architekten Menachem Cohen entworfene Rathaus, auf den anderen Seiten kommen die IbnGvirol-Straße, die Frischmann-Straße und der HenBoulevard mit seinen launigen Restaurants und Cafés zusammen. Der Platz dient für viele politische Versammlungen und gesellschaftliche Veranstaltungen. JAFFA Eine der ersten Städte der Region war der heutige Stadtteil Jaffa. Ausgrabungen belegen eine Siedlungsgeschichte, die über 3.500 Jahre zurückreicht. Das Zentrum mit seinen alten arabischen Gebäuden, den kleinen Moscheen, dem alten Hafen und den vielen Restaurants ist eines der schönsten Ausflugsziele für Touristen. Außerhalb der historischen Stätten leben hier vor allem arabische Israelis und Palästinenser. International bekannt wurde durch den weltweiten Erfolg des gleichnamigen Films Jaffas Bezirk Ajami. THEATER 1 Tmuna Theater Shonzino Street 8 Tel: 03-562 9462 2 HaBima Theater Leonardo da Vinci 19 Tel: 03-526 6666 www.habima.co.il 3 Givataym Theatre Remez Street 40 Tel: 03-732 5340 www.t-g.co.il 4 Camerie Theatre Shaul Hamelech Boulevard 19 Tel: 03-606 9060 www.cameri.co.il 5 Arab-Hebru-Theatre Mifratz Schlomo St 10 Tel: 03-518 5563 www.arab-hebrew-theatre.org.il 6 Mayumana Theatre Pasteur 15, Jaffa Tel: 03-681 1787 www.mayumana.com 7 Gesher Theatre Yerushalaim Bvld 9 Tel: 03-515 7000 www.gesher-theatre.co.il CAFÉS & FOOD 8 Abraxas CLUB Lilenblum Street 40 Tel: 03-510 4435 9 Club Comfort 13 www.comfort13.co.il 10 The Block David Hahami Street 35 Tel: 03-537 9963 11 Puaa Café Rabbi Yohanan 8 Tel: 03-682 3821 12 Lilush Café Frishman 73 Tel: 03-529 1852 26 Café Sonia Simta Almonit 1 Tel: 057-944 2801 27 Café Bialik Bialik Street 2 Tel: 03-620 0832 DINNER & BARS 28 Joz Ve Loz, 51 Yehuda Halevi Tel: 03-560 6385 29 Nanutchka, georgisch Lilenblum St 2 Tel: 03-516 2254 30 Zepra, Fisch und Sushi Yigal Alon 96 Tel: 03-624 0044 31Herbert Samuel, mediterran Koifman Street 6 Tel: 03-516 6516 32Itzik Hagadol, Grillrestaurant Raziel Street 3, Jaffa Tel: 03-518 1802 33Charcuterie Rabbi Hanina St 3, Tel: 03-692 8843 34Saloona, Club-Restaurant Tirza Street 17, Tel: 03-518 1719 35Radio Rosco, Weinrestaurant Allenby St. 97 Tel: 03-560 0334 36 Nana Bar-Restaurant Ahad Haam St. 1, Tel: 03-516 1915 37 Cantina, italienisch Rothschild Blvd 71 Tel: 03-620 5051 38 Zinger, Bar Mazeh Street 49 Tel: 03-652 3490 13 Café Benedict, 24 h Frühstück Ben Yehuda Street 171 Tel: 03-544 0345 39 Shesek, Bar Lilenblum St 17 Tel: 03-516 9520 14 Café Lou Balfour Street 18 Tel: 03-620 7277 40 Montefiore, Hotel-Bar Montefiore St 36 Tel: 03-564 6100 15 Brasserie, French Bistro Ibn Gvirol 70 Tel: 03-696 7111 41 Laika Bar Nachalat Binyamin 29 Tel: 03-442 5499 16 Orna Ve’ela, Restaurant Sheinkin Street 33 Tel: 03-620 4753 17 Suzanna, Shabazi Street 9, Tel: 03-517 7580 18 Dr. Shakshuka, traditional Restaurant Beit Ha’eshel St 3, Tel: 03-518 6560 19 Manta Ray Alma Beach, near Dolfinarium Tel: 03-517 4773 20 Hummus Abu Dhabi King George Street 81 Tel: 03-525 9090 21 Abu Hassan, Ha’ Dolfin Street 1, Tel: 03-682 0387 22 LovEat Nachalat Binyamin 3 Tel: 03-516 4412 23 Tazzo D’Oro Ahad Ha’am 6 Tel: 03-516 6329 24 Café Mersand Ben Yehuda Street 70 Tel: 03-523 4318 25 Landver Café, Gan Meir Park Tchernichovsky St 22 a 42 Ozen Bar Ben Zion Blvd 1 Tel: 03-621 5210 43 La Champa Nachalat Binyamin 52 Tel: 077-200 8636 44 Hudna Abarbanel St 13 CLUBS 45 Lima Lima Lilenblum St 42 Tel: 03-560 0924 46 Rothschild 12 Rothschild Blvd 12 47 Levontin 7, Live Club Levontin Street 7 Tel: 03-560 5684 48 Barzilay Harechev Street 13 Tel: 03-687 8090 49 Barbie Kibbutz Galuiot 52 Tel: 03-518 8123 ÜBERBLICK KUNST 65 The Third Ear, Music-Store King George Street 48 Tel: 03-621 5200 50 Bauhaus Center Dizengoff St 99 Tel: 03-522 0249 52 66 Retro TLV, Furniture Yehuda Halevi St 123 Tel: 03-685 0663 51 Museum of Art Shaul Hamelech, Boulevard 27 Tel: 03-607 7020 13 67 Michal Negrin, israelische Acessoires Sheinkin Street 37 Tel: 03-525 2752 52 Dvir Gallery Nitzana Street 11 Hangar 2 Tel: 03-604 3003 www.dvirgallery.com 68 Sketch Book, Design Books Tchernikovsky St 5 Tel: 03-620 1351 53 Sommer Contemporary Art Rothschild Blvd 13 Tel: 03-516 6400 www.sommercontemporaryart.com 60 69 Ruby Star, Jewelry Levontin 28, Gan HaHashmal 54 Chelouche Gallery for Contemporary Art Chisin Street 5 Tel: 03-528 9713 www.chelouchegallery.com 55 Braverman Gallery Hasharon St 12 b Tel: 03-566 6162 www.bravermangallery.com 70 Ruby Amiad Street 13, Flea Market Jaffa Tel: 03-683 2172 72 56 71 Iluchka, Fashion Levontin Street 19 Tel: 03-566 0588 56 Givon Art Gallery Gordon Street 35 Tel: 03-522 5427 73 Nachalat Binyamin Art & Craft Fair Di und Fr, 10–17 Uhr Nachalat Binyamin St SHOPPING 74 Ha’Carmel Market, großer Markt Allenby Street, Ecke Ha’Carmel Street 57 Krembo Records Sheinkin Street 18 Tel: 03-525 9507 4 12 62 50 51 20 75 42 65 75 Shopping „Dizengoff Center“ Dizengoff Street, Ecke King George St 58 X-Ray, Eyewear Sheinkin Street 22 Tel: 03-629 7201 15 64 24 72 I love Cupcakes, Sweets Ben Yehuda St 114 Tel: 03-522 2243 61 25 27 68 59Salon Berlin, Vintage Rabbi Israel Najara Street 15 Tel: 03-510 2126 54 2 26 30 59 73 72 57 58 16 67 22 74 60 Fishndag Dizengoff Street 182 Tel: 03-522 2777 3 66 14 61 Limited King George Street 46 (Hamelech George Street) Tel: 03-620 0495 19 41 37 63 40 1 38 35 43 31 62 Anna K Frishman Street 75 Tel: 03-529 1244 36 23 63 Tees Factory, T-Shirt-Store Montifiore Street 30 Email: teesfactory@ gmail.com 29 17 53 46 39 45 69 71 28 10 48 55 47 64 Shoofra, Shoes Dizengoff Street 108 Tel: 03-524 7274 44 9 32 7 34 5 18 70 6 33 11 21 47