Fünf Davids gegen Goliath

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Fünf Davids gegen Goliath
A4
BOOT
SONNABEND, 24. JANUAR 2015 | BERLINER MORGENPOST
Jedes Jahr kommen in Europa mehr als
80 neue Segelboote auf den Markt – für
jeden Zweck und für jedes Revier. Eine
wichtige Orientierung für Käufer ist die
Auszeichnung „European Yacht of the
Year“. Tester und Chefredakteure europäischer Segelmagazine untersuchen
dafür jedes Jahr verschiedene Modelle.
Überzeugt hat in diesem Jahr in der Kategorie der Fahrtenboote die Bavaria Cruiser 46. Sie gilt als eines der ausgereiftesten Boote dieser Klasse. In der Kategorie
„Performance Cruiser“ gewann die
JPK 10.80 aus Frankreich. Dieses Schiff
ist auf Ein- oder Zweihand-Betrieb ausgerichtet. In der Kategorie „Luxury
Cruiser“ konnte sich die Wauquiez Centurion 57 durchsetzen. Bei den „Besonderen Booten“ lag die Advanced 44 vorn.
Das Schiff ist gleichzeitig Ausflugs- und
Rennboot. In der Kategorie „Langfahrtyachten“ ging die Auszeichnung an die
Boréal 52. Die Yacht gilt als Geheimtipp
für Extremtouren. Alle Schiffe werden in
der Zeitschrift „Yacht“ 4/2015, vorgestellt.
Das Heft erscheint am 4. Februar.
BM
STEELER
Aufgetakelt II
Rund 45 Quadratmeter ebene Fläche,
kombiniert mit großen Fensterflächen –
daraus entstehen optische Eindrücke, die
auf dem Wasser ihresgleichen suchen. So
hat die Jury aus Chefredakteuren und
Testern über das neue Motorboot Steeler
Panorama 46 FF geurteilt, das in der
Verdränger-Klasse zum „European
Powerboat of the Year“ gewählt wurde.
Das Schiff ist damit eine Ausnahme –
jedes Jahr erscheinen mehr als 250 Bootsmodelle. Bei den Motorbooten gibt es
fünf Längen-Klassen sowie eine Verdränger-Klasse. In der Klasse bis 25 Fuß
Bootslänge hatte die Bénéteau Flyer 6 die
Nase vorn. Hier war die Einsteigertauglichkeit entscheidend. Boote der 35-FußKlasse müssen ein sicheres Handling
vorweisen. In dieser Kategorie gewann
die Draco 27 RS. Bei der Wahl in der
45-Fuß-Klasse überzeugte die Cranchi 43
Eco Trawler. In dieser Klasse ist Raumaufteilung wichtig. In der Klasse über
45 Fuß Bootslänge entschied sich die Jury
für die Azimut 50 Fly. Die Modelle werden in der Zeitschrift „Boote“ 3/ 2015
gezeigt. Sie erscheint am 25. Februar. BM
ACEA/PHOTO BALAZS GARDI
BAVARIA/T. STOERKLE WWW.BLENDE64.COM
Aufgetakelt I
Im Tiefflug Oracle Team USA beim 34. America’s Cup vor San Francisco. Die Amerikaner werden nur schwer zu schlagen sein. Dennoch wollen sich gleich mehrere Teams der Herausforderung stellen
T VON TATJANA POKORNY
Mit klassischem Segeln hat das nur wenig zu tun: Fast einen Meter über dem
Wasser fliegt die kleine Jolle mit rund
25 Knoten (50 km/h) auf Tragflächen
über die Ziellinie. Dann reißt Segler
Peter Burling die Hände hoch. Es ist erst
wenige Tage her, da setzte er sich bei der
Weltmeisterschaft der sogenannten
Moth-Klasse vor Sorrento in Australien
bei viel Wind und Welle durch. Der Segler von Team New Zealand siegt im
Kampf um die WM-Krone in der Klasse
futuristischer Dinghis – und verweist
America’s Cup-Gewinner und Olympiasieger Nathan Outteridge auf Platz zwei.
Es war das erste Säbelrasseln zwischen
zwei Segelstars zum kommenden America’s Cup, der im Jahr 2017 vor den
Bermudas ausgesegelt werden soll – entschieden zugunsten der Neuseeländer.
In der neuseeländischen Tageszeitung
„New Zealand Herald“ hieß es nach Burlings Sieg: „Burling hat eine Reihe führender Cup-Segler ausgesegelt.“
Neuer Anlauf für New Zealand
Doch es war nicht nur ein persönlicher
Triumph für Burling. Denn geht es nach
neuseeländischen Seglern und ihren
Fans, dann soll es für die zweimaligen
America’s-Cup-Sieger von 1995 und
2000 in zweieinhalb Jahren laufen wie
für Peter Burling jetzt. Dann will das
Emirates Team New Zealand Rache nehmen für seine Niederlage im 34. America’s Cup, die Millionen Neuseeländer
zu Tränen gerührt hatte. Vor zwei Jahren
hatte Team New Zealand vor San
Francisco die amerikanischen Verteidiger bis zum Stand von 8:1 dominiert,
sah wie der sichere Cup-Sieger aus.
Dann folgte das Segel-Comeback des
Jahrhunderts. Oracle verteidigte den
Cup mit 9:8. Seitdem hat das amerikanische Team den Nimbus des Unbesiegbaren. Weltweit hatte diese Aufholjagd
für Aufmerksamkeit gesorgt – auch unter
Nichtseglern. Nun dürfte der kommende
America’s Cup viele ebenso interessieren. Nicht wenige wünschen sich eine
Neuauflage des Segelkampfes der Nationen. Im Hauptquartier in Auckland sind
Fünf Davids
gegen Goliath
sign-Rennen“, sagt Ainslie, „und wir
haben ein Design-Team beisammen, das
ein Sieger-Boot für den America’s Cup
konstruieren kann.“
Dennoch wird es schwer: Denn das
Verteidiger-Team wird schließlich von
keinem Geringeren als Cup-König Russell Coutts orchestriert. Der 52-Jährige
führt die ewige Cup-Bestenliste mit 14
Siegen an. America’s-Cup-Sieger Jimmy
Spithill, der so aggressiv wie versiert
agierende australische Steuermann des
Oracle-Teams, wird sein achtköpfiges
Segelteam auch dieses Mal wieder zu
Höchstleistungen antreiben. Ihren Umzug in das Cup-Austragungsrevier vor
Bermuda vollziehen die Amerikaner in
den kommenden Wochen. Ab Mai werden sie dort trainieren – das allein zeigt,
wie ernst ihnen die Cup-Verteidigung ist.
Geübt wird zunächst auf kleineren
AC-45-Katamaranen, die in der dem
America’s Cup vorgeschalteten Weltserie eingesetzt werden. Denn die neuen
Cup-Katamarane vom Typ AC 62 dürfen
erst rund fünf Monate vor dem CupStart im Jahr 2017 eingesetzt werden.
Die Prototypen der jüngsten Cup-Generation werden zwar drei Meter kürzer
sein als die Geschosse der vergangenen
Auflage, aber ähnlich spektakulär und
schnell. Im 34. Cup-Duell rasten die
Zweirümpfer mit Spitzengeschwindigkeiten von bis zu 50 Knoten (rund 100
km/h) über die kurzen Kurse. Diese
Show sollen Segler und Fans auch im
Revier vor Bermuda erleben.
Dass der Fokus der Neuseeländer bei
der Neuauflage vor allem auf dem seglerischen Personal liegt, zeigt die Homepage des Teams, auf der nur die Segler,
nicht aber andere Teammitglieder vorgestellt werden. Und im Mittelpunkt
steht dort Peter Burling, der 2013 und
2014 schon die Weltmeisterschaft in der
olympischen 49er-Klasse gewonnen hatte. Bereits zuvor hatten sich der Steuermann und sein junges Team mit dem
Sieg im Red Bull Youth America’s Cup
für höhere Aufgaben empfohlen. Folgerichtig nahm Team New Zealand den
Überflieger unter Vertrag. Da kannten
die segelbegeisterten Landsleute Peter
Burling allerdings schon – Burling hatte
2012 vor Weymouth Silber in der Olympiajolle 49er die 100. Olympiamedaille
für das Land gewonnen. Nun plant der
24-Jährige den Doppelschlag: olympisches Gold 2016 und den America’sCup-Sieg im darauffolgenden Jahr.
Trainingseinheiten
der Surfer in Turnhallen
SAILING TEAM GERMANY
Magazin-Rückblick
auf das Jahr 2014
EXTREME SAILING SERIES
Surfen ist eine der beliebtesten Wassersportarten in Berlin. Eine gute Anlaufadresse ist der Windsurfing Verein Berlin, gelegen am Wannsee. Auch wenn
man derzeit noch nicht surfen kann, weil
es schlicht zu kalt ist, sind die Surfer
doch sehr aktiv – beim Hallentraining.
So gibt es Trainingsstunden für Kinder,
für Jugendliche und für Erwachsene. Auf
dem Programm stehen Koordination,
Ballspiele, aber auch Übungen mit dem
Wakebord. Kinder-Surfkurse und Regattatraining für Jugendliche finden in der
Halle des Droste-Hülshoff-Gymnasiums, Schönower Straße 8, 14165 Berlin
statt. Das Kindertraining ist freitags von
16.45 Uhr bis 18.15 Uhr, das Regattajugendtraining mittwochs von 17 bis
18.30 Uhr. Weitere Trainingseinheiten
für Jugendliche werden im Werner-vonSiemens-Gymnasium, Beskidenstraße 1,
14129 Berlin – mittwochs von 20 bis
21.45 Uhr – sowie für Erwachsene in der
Friedrich-List-Oberschule, ApostelPaulus-Straße 38, 10823 Berlin angeboten, dort donnerstags von 19.45 bis
20.45 Uhr. Um mitzutrainieren, ist allerdings die Vereinsmitgliedschaft die
Voraussetzung. Weitere Informationen
unter www.windanna.de
Was ist 2014 im deutschen Segelsport
Wichtiges passiert? Unter dem Motto
„Rückblick, Einblick, Ausblick“ ist
pünktlich zur Boot-Messe in Düsseldorf
das neue Magazin des Sailing Team
Germany erschienen. Es ist in Zusammenarbeit mit dem „Sailing Journal“
entstanden. Das Magazin bietet vielfältige Einblicke ins Segelleben in Deutschland – zeigt unter anderem den Weg zu
den Olympischen Spielen unter der
Überschrift „Road to Rio“ auf. Als Projekte der Hamburger Konzeptwerft
dürfen auch die Deutsche Segel-Bundesliga und die Sailing Champions League
nicht fehlen. Der schnellste Weg zum
eigenen Exemplar ist der Besuch der
Messe boot düsseldorf (bis 25. Januar),
auf der Ausgaben an den Ständen des
Sailing Teams, bei Partnern, beim Deutschen Segler-Verband oder bei Segelvereinen verteilt werden.Im Laufe der
nächsten Monate werden die Magazine
in deutschen Segelklubs ausgelegt, außerdem bei der Kieler Woche. Auch kann
man sich ein Exemplar in Hamburg bei
der Konzeptwerft oder bei der Sailing
Team Academy in Kiel abholen. Darüber
hinaus gibt es auch eine digitale Version.
Infos: www.sailing-team-germany.de
Die Extreme Sailing Series gastiert vom
23. bis 26. Juli erstmals in Hamburg. Die
Premiere der spektakulären KatamaranSchau der Profis auf rasanten Geschossen vom Typ Extreme 40 wird vor der
Kulisse der HafenCity und der Elbphilharmonie ausgetragen. Beim hanseatischen Tour-Debut werden sich acht
Teams aus sieben Nationen mit namhaften Seglern wie Doppel-Olympiasieger
Roman Hagara oder der zweimaligen
Goldmedaillengewinnerin Sarah Ayton
aus Großbritannien vor Publikum den
starken Tidenströmungen, der Berufsschifffahrt und vor allen ihren Gegnern
stellen. Gastgebender Verein ist der
Mühlenberger Segel-Club, der sich bislang vor allem in der Nachwuchsförderung mit der größten OptimistenAbteilung Deutschlands einen Namen
gemacht hat. Die Extreme Sailing Series
2015 beginnt mit Akt 1 vom 5. bis 8. Februar in Singapur und endet nach insgesamt acht Regatten Mitte Dezember
vor dem Opernhaus in Sydney. Die Segel-Serie wird bereits zum neunten Mal
ausgetragen. Seit 2010 zählt zum ersten
Mal wieder eine deutsche Stadt zu den
Austragungsorten. Weitere Infos:
tap
www.extremesailingseries.com
Die Flotte für den 35. America’s Cup
formiert sich: Mehrere Teams wollen
Oracle mit eigenen Stärken herausfordern
die Tränen daher längst getrocknet. Die
Vorbereitungen auf den nächsten Gipfelsturm laufen stattdessen auf Hochtouren. Die wichtigste Trophäe des internationalen Segelsports motiviert
Team New Zealand zum erneuten Kraftakt. Und nicht nur die Neuseeländer,
sondern mehrere Teams schicken sich
an, Oracle den Cup abnehmen zu wollen
– auch wenn es noch so schwer scheint.
Wichtigste Voraussetzung für den
Cup-Erfolg sind ein gutes Budget deutlich jenseits der 50-Millionen-EuroGrenze und ein stark aufgestelltes Team.
In beiden Bereichen ist Verteidiger Oracle Team USA noch vorn: Die vermutlich
mit einer dreistelligen Millionensumme
gefüllte Kasse der Eliteeinheit von Oracle-Gründer und Milliardär Larry Ellison
kennt kaum Engpässe. Die Amerikaner
haben die meiste Erfahrung mit neuer
Technologie, mehr Geld, mehr Macht.
Sogar das Regelwerk haben sie gemäß
den Cup-Statuten selbst geschrieben.
Doch was motiviert die Herausforderer, insgesamt bis zu eine halbe Milliarde Euro in die „mission impossible“ zu
investieren und daran zu glauben, diese
amerikanischen Überflieger schlagen zu
können? Dafür gibt es viele Gründe. So
arbeiten Designer und Struktur-Experten der fünf Herausfordererteams Emirates Team New Zealand, Ben Ainslie Racing aus Großbritannien, Artemis Racing
aus Schweden, Luna Rossa Challenge
aus Italien sowie Team France mit Hochdruck an neuen Booten. Eine ernsthafte
Herausforderung der Verteidiger wird
vor allem dem Emirates Team New Zealand und der britischen Kampagne Ben
Ainslie Racing zugetraut. Auch diese beiden Teams haben ihre Budgets in Höhe
von 60 bis 80 Millionen Euro zwar noch
nicht beisammen. Doch die Neuseeländer verfügen über einen seglerischen Talentpool, der seinesgleichen sucht. Und
die Briten haben mit ihrer Galionsfigur
Ben Ainslie den erfolgreichsten Olympiasegler der Sportgeschichte an Bord.
„Am Ende ist der America’s Cup ein De-
Der 35. Cup
Der 35. Kampf um den America’s
Cup wird im Sommer 2017 vor
Bermuda ausgetragen. In einer
vorgeschalteten Weltserie treten
die fünf Herausforderer-Teams aus
Neuseeland, Großbritannien, Italien, Schweden und Frankreich
sowie Verteidiger Oracle Team USA
schon 2015 und 2016 auf kleineren
Katamaranen vom Typ AC 45 gegeneinander an. Die Serie dient
Trainings- und Werbezwecken, sie
beginnt im Juni in einem noch nicht
bekannten Revier.
Noch fehlt vielen das Geld
Das Emirates Team New Zealand hat somit fast alles, was zum Cup-Erfolg notwendig ist. Allerdings fehlt es chronisch
an Geld, das bei der Konkurrenz von
Milliardären in die Mannschaftskassen
gepumpt wird. Im 34. America’s Cup
berappten Neuseelands Steuerzahler
knapp 24 Millionen Euro für ihr Segelteam. Nun müssen die Segler wieder bei
der Regierung betteln. Eine erste Anschubhilfe zur Sicherung des Personals
in Höhe von 3,33 Millionen Euro ist bereits geflossen, doch ob neben Sponsorenbeiträgen noch einmal weitere staatliche Hilfen fließen, ist fraglich.
Somit können Rennställe wie Artemis
Racing aus Schweden und Luna Rossa
aus Italien entspannter operieren. Sowohl die skandinavische Kampagne unter sportlicher Leitung des britischen
Olympiasiegers Iain Percy als auch die
Italiener um Skipper Max Sirena werden
von ehrgeizigen Milliardären unterstützt. Unternehmer Torbjörn Törnqvist
und Prada-Patriarch Patrizio Bertelli
sind ebenfalls potente Cup-Jäger, die
hinter ihren Segel-Teams stehen.
Törnqvist schickt zum zweiten Mal ein
Boot ins Rennen. Bertelli schon zum
sechsten Mal.
Die unbekannte Größe im Herausforderer-Konzert ist aber Team France.
Die seglerisch starken Franzosen unter
Führung ihres genialen Kapitäns Franck
Cammas wären eine sportliche Bereicherung für das Cup-Geschäft. Doch
sogar sie selbst beziffern ihre Chancen
für das Erreichen der Startlinie derzeit
nur mit 50:50.
Es ist nicht ausgeschlossen, dass die
Cup-Ambitionen der Grande Nation bis
2017 auf der Strecke bleiben. Schlussendlich heißt es dann vielleicht wieder
USA gegen Neuseeland – es könnte die
ultimative Revanche für die grausame
Niederlage von San Francisco werden.
Nachrichten
WINDSURFING VEREIN BERLIN
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Katamaran-Regatta
kommt nach Deutschland