Gesundes Arbeiten im Münsterland

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Gesundes Arbeiten im Münsterland
Modellprojekt „Gesundes Arbeiten im Münsterland”
”Gesundes Arbeiten” ist ein zentraler
Beitrag zum Erhalt der Beschäftigungsfähigkeit der MitarbeiterInnen und darüber hinaus eine wichtige Voraussetzung für den nachhaltigen wirtschaftlichen Erfolg von Unternehmen. Mit
der konkreten Umsetzung präventiver
und gesundheitsfördernder Maßnahmen tun sich jedoch vor allem kleinere
Betriebe schwer, da sich die gesundheitlichen Risiken von Arbeit heutzutage nicht mehr so ohne weiteres durch
– in der Regel hochstandardisierte –
Arbeitsschutzvorschriften regulieren
und minimieren lassen. Gerade kleinere Betriebe haben infolge begrenzter
Ressourcen nur eingeschränkte Möglichkeiten, Modelle für gesundes Arbeiten selbst zu entwickeln.
Verkehrs- und Logistikwirtschaft
Das Thema Prävention und Gesundheitsförderung ist eines der großen
Zukunftsthemen für den Verband
und das Bildungswerk Verkehr Wirtschaft Logistik NRW e.V.
In Nordrhein-Westfalen gibt es über
10.000 Verkehrs- und Logistikunternehmen, die rund 280.000 Personen
beschäftigen. Im Münsterland zählt
die Branche zu den regionalen
Wachstumsfeldern mit großen Zukunfts- und Beschäftigungschancen.
Die Verkehrs- und Logistikwirtschaft
ist daher eine regionale Schlüsselbranche, wenn es darum geht, Maßnahmen zur Prävention und betrieblichen Gesundheitsförderung in der
mittelständischen Wirtschaft des
Münsterlandes breiter zu verankern.
Das Bildungswerk Verkehr Wirtschaft
und Logistik NRW wird diesen Prozess aktiv unterstützen und mit einer
systematischen Beratungs- und Bildungsarbeit flankieren.
”Von anderen lernen” ist daher ein
wichtiger Leitgedanke eines modernen
betrieblichen Arbeits- und Gesundheitsschutzes, der es ermöglicht, dass auch
kleinere Unternehmen in eigener Regie
passgenaue Gesundheits- und Präventionsmaßnahmen auf den Weg bringen
können.
Um vor allem kleinere Unternehmen
aus dem Münsterland bei ihren Präventionsaktivitäten zu unterstützen, wurden
in dem Projekt Ansätze, Ideen und gute
Beispiele recherchiert und dokumentiert, mit denen Risiken für die Gesundheit und somit auch für die Arbeitszufriedenheit, Motivation und Einsatzbereitschaft von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern frühzeitig entschärft werden
können. Dazu hat das Projektteam viele
Unternehmen im Münsterland besucht
und nach Ideen und Konzepten gefragt,
die vor Ort schon erfolgreich eingesetzt
wurden. Bewertet wurden die Praxisbeispiele anhand eines Kriterienkataloges, den Gesundheitsexperten im Rahmen des Projekts ausgearbeitet haben.
Dabei herausgekommen ist eine Sammlung von Präventionsbausteinen, mit
denen kleine und mittelgroße Unternehmen ihre Belegschaften vor Gesundheitsgefährdungen und spezifischen Arbeitsbelastungen im Sinne aktiver Prävention schützen können. Alle hier beschriebenen Präventionsansätze sind bei
kleinen oder mittelgroßen Unternehmen aus dem Münsterland im Einsatz
und haben sich in der betrieblichen Praxis bewährt.
Die so gewonnenen Präventionsbausteine können in anderen Unternehmen
eingesetzt, verändert und beliebig zusammengestellt werden – je nach den
Anforderungen und Möglichkeiten des
Unternehmens sowie der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Für das Projektteam:
Helmut Meyer, BVWL
Rainer Ollmann, gaus gmbh
Mit finanzieller Unterstützung des Europäischen
Sozialfonds und des Landes Nordrhein-Westfalen.
EUROPÄISCHE UNION
Europäischer Sozialfonds
Inhalt im Überblick:
Seite 2:Wichtige Handlungsfelder für
Prävention
Seite 3:“Gesundheitssensibilisierung”
Seite 6:“Stressbewältigung”
Seite 10:“Bewegung”
Seite 15:“Gesunde Ernährung und
Pausengestaltung”
In Kooperation mit
Aktion Münsterland e.V.
www.aktion-muensterland.de
Wichtige Handlungsfelder für Prävention
1. Gesundheitssensibilisierung
„Gesundes Arbeiten“ kostet oftmals
nur wenig Geld, dafür aber „Nachdenken” und Zeit für Gespräche. Beides
investieren gerade die Führungskräfte
und Beschäftigten in kleineren Unternehmen noch zu wenig. Aus Bequemlichkeit oder Unwissenheit werden
Gefahren in Kauf genommen oder
ignoriert. Ein wichtiger Schritt zu gesundheitlicher Prävention ist daher die
Sensibilisierung für gesundheitliche Belastungen. Unternehmen aus dem
Münsterland haben gute Erfahrungen
mit der Thematisierung von Prävention
gemacht – unsere Beispiele zeigen, was
man tun kann.
lauf, Fettverbrennung und Bewegungslust zu aktivieren – hier stellen wir einige
gute Ideen vor.
Diese vier Handlungsfelder zeigen, welche
gesundheitlichen Gefahren die Leistungsfähigkeit von Beschäftigten beeinträchtigen
können. Sie zeigen aber auch, dass Prävention nicht allein Sache von Arbeitgebern oder
Beschäftigten ist, sondern sinnvolle Prävention erst funktioniert, wenn beide Seiten
Ideen, Arbeitszeit, Motivation und auch finanzielle Ressourcen einbringen. Eine häufige
Lösung ist dabei, dass das Unternehmen Prävention finanziell unterstützt und die Beschäftigten Zeit und persönliches Engagement einbringen. Auch für dieses „Kooperationsmodell” finden sich in dieser Broschüre
viele Beispiele aus der Praxis kleiner und mittelständischer Unternehmen.
Besonders wichtig dabei ist: Gute Prävention muss nicht teuer sein!
4. Gesunde Ernährung
2. Stressbewältigung
In vielen Branchen ist in der Arbeit
Stress aus den unterschiedlichsten
Gründen zu einem großen gesundheitlichen Risiko geworden und hat längst
„klassische“ Belastungen überholt. Andauernder Stress kann zu spürbaren
Leistungseinschränkungen und langen
Ausfallzeiten bis hin zur Erwerbsunfähigkeit führen. Doch Stress lässt sich
auch mit einfachen Mitteln bekämpfen.
Unsere Beispiele zeigen, wie das geht.
Ernährung ist Privatsache. Kein Unternehmen darf seinen Mitarbeiterinnen
und Mitarbeitern vorschreiben, wie sie
sich ernähren sollen. Und doch kann
eine falsche Ernährung gravierende Auswirkungen auf Gesundheit und Arbeitsfähigkeit haben. Unternehmen können
ihren Beschäftigten bei einer gesünderen Ernährung ebenso helfen wie bei
einer „gesunden” Arbeitsplatzgestaltung.
Einige Beispiele zeigen, wie dies gleichzeitig mit Spaß bei der Arbeit umgesetzt
werden kann.
Belastungsdreieck „Bewegungsmangel, Fehlernährung, Stress”
3. Bewegungsmangel
Bewegungsmangel ist eine „Kulturkrankheit“: Weil körperlich anstrengende Tätigkeiten zunehmend von
Büroarbeitsplätzen verdrängt werden,
fehlt vielen Beschäftigten ein Ausgleich
zu sitzenden Tätigkeiten. Die sogenannten mobilen Beschäftigten verbringen einen großen Teil ihrer Arbeitszeit sitzend hinter dem Steuer ihres
Autos oder ihres Lastkraftwagens.
Viele Unternehmen bieten ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern daher
Bewegungsalternativen an, um Kreislauf
Quelle: Rüdiger Klatt/Rainer Ollmann; in: Diabetes
Stoffwechsel und Herz, Kirchheimverlag, Heft 4/ Juli
2007, S. 267
Mitarbeiter-Workshop: „Entwicklung eines Maßnahmeplans zur Gesundheitsförderung”
2
Bettenhaus Wehmeyer, Rheine
Handlungsfeld: „Gesundheitssensibilisierung“
Von vielen Menschen wird Gesundheitsschutz immer noch mit der Vermeidung von Unfällen gleichgesetzt.
Viele Beschäftigte sehen nur Unfälle,
die durch Maschinen, im Verkehr
oder während der Arbeit passieren
als gesundheitliche Gefahr an. Dabei
gehen die größten Gefahren für die
Gesundheit heute von langfristigen
Erkrankungen aus – Unfälle stellen
längst nicht mehr die Bedrohung dar,
die die Arbeiter der Industrialisierung
fürchteten.
Vor allem Beschäftigte in wissensintensiven Branchen sind sehr viel stärker
durch schlechte Ernährung, Bewegungsmangel und Stress bedroht als
durch Unfälle. Ihre häufigsten Krankheitssymptome sind Diabetes Mellitus,
Magen- und Darmprobleme, Herzerkrankungen, Bluthochdruck, aber auch
Kopfschmerzen, Rückenprobleme und
Müdigkeit.
Diesen Erkrankungen muss ganz anders entgegen gewirkt werden als den
„klassischen“ Gesundheitsgefährdungen. Ein Schwerpunkt moderner Gesundheitsprävention liegt daher auf der
Sensibilisierung der Beschäftigten für
ihre eigene Gesundheit sowie mögliche Gefährdungen im Arbeitsalltag.
Solche Gefährdungen sind keine akuten Gefahren, sondern wirken häufig
erst über Jahre als Gefahr. Unternehmen und deren Belegschaften müssen
sehr individuelle Präventionsformen
entwickeln, um ihren unterschiedlichen
Gefährdungssituationen begegnen zu
können.
Im Folgenden werden Beispiele beschrieben, in denen auch kleine Unternehmen den langfristigen Bedrohungen durch Stress, Bewegungsmangel
und falsche Ernährung entgegen wir-
ken. Sie bauen vor allem auf die Sensibilisierung ihrer Beschäftigten als „Experten für die eigene Gesundheit“.
„Prävention ist teuer und funktioniert
nur in großen Betrieben.“ Diesem Vorurteil treten zwei Unternehmer aus
Rheine entschieden entgegen. HansJoachim Wehmeyer ist einer der beiden Inhaber des Bettenhauses und hält
für seine fünf Beschäftigten eine breite
Vielfalt von Präventionsangeboten bereit. Ein Beispiel für Prävention in Kleinunternehmen, bei der es mehr auf
gute Ideen als auf Geld ankommt.
Dazu müssen diese Gefahren erkennen
und in einem Klima des Vertrauens kommunizieren können.
Die Gesundheit seiner Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter ist für Hans-Joachim
Wehmeyer ein wichtiges Thema. Geprägt durch Erkrankungen in der eigenen Familie liegt ihm und seinem Bruder
Volker, der ebenfalls im Unternehmen
arbeitet, das Wohlergehen und die Gesundheit der Beschäftigten sehr am Herzen. Entsprechend engagiert sind die
Brüder, wenn es darum geht, Präventionsmaßnahmen anzubieten. Das 1922
gegründete Familienunternehmen hat
seinen Hauptsitz in Rheine sowie eine
weitere Filiale in Steinfurt und hat sich
durch die kompetente und engagierte
Beratung und Betreuung seiner Kunden
einen Namen gemacht. Eine Kundengruppe sind Menschen mit Behinderung,
für die das Bettenhaus Weymeyer spezielle Angebote bereit hält. Dass auch
ein Unternehmen dieser Größe viele
Präventionsangebote realisieren kann,
haben die beiden Brüder bewiesen. Die
einzigen Voraussetzungen: Engagement
und Kreativität.
So hörte Hans-Joachim Wehmeyer vom
Wunsch einer Mitarbeiterin, privat an
einem Fitness-Rad zu trainieren. Kurzerhand „sponsorte“ er daher die Anschaffung des Gerätes, weil er es für eine
sinn3
Prävention im Kleinunternehmen –
auf die Ideen kommt es an!
sinnvolle Maßnahme gesundheitlicher Prävention hielt. Ein Mitarbeiter bekam vom
Unternehmen gebrauchte Fitness-Geräte
für das Training zuhause geschenkt. Eine Aushilfe besuchte gemeinsam mit Volker Wehmeyer ein Seminar zum Thema „Der gesunde Rücken“. Auch der Besuch weiterer
Seminare zu Gesundheitsthemen wird vom
Unternehmen unterstützt.
„Wir haben uns der Interessengemeinschaft
für Rückenschullehrer/innen e.V. angeschlossen und damit ein Kompetenzzentrum für
Ergonomie hier im Bettenhaus eingerichtet“,
erklärt Hans-Joachim Wehmeyer sein Interesse an Präventionsmaßnahmen. Dadurch
hat sich das Bettenhaus gleichzeitig zu bestimmten Maßnahmen wie Weiterbildungen
für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
sowie den Austausch mit Experten verpflichtet.
Insgesamt hat die Mitgliedschaft im Verein
das Präventionsinteresse im Unternehmen
deutlich erhöht. Die Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter diskutieren mit der Geschäftsführung, welche Angebote sinnvoll sind und
setzen sich aktiv mit Gesundheitsthemen
auseinander. Dieses Wissen und diese Sensibilität kann natürlich im Beratungsgespräch
mit Kunden genutzt werden. Somit ist das
Thema Prävention für das Bettenhaus Weh-
meyer nun auch ein alternatives Geschäftsfeld. Aus dem privaten und unternehmerischen Interesse an der Gesundheit der Beschäftigten wurde für
das Unternehmen ein viel versprechender Markt.
Das Thema Gesundheitsförderung und
Prävention am Arbeitsplatz ist nicht zuletzt durch dieses Angebot mittlerweile
allgegenwärtig.
Alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
werden am Prozess der Gesundheitsförderung beteiligt, wodurch nicht nur das
spezielle betriebsinterne Wissen der Beschäftigten als „ExpertInnen in eigener
Sache“ aktiv genutzt wird. „Betroffene zu
Beteiligten“ zu machen, bedeutet auch,
die Eigenverantwortlichkeit der Beschäftigten zu fördern und letztlich die Akzeptanz für die gute Sache zu erhöhen
(Partizipation).
Bausteine gesundheitlicher Prävention im Betrieb und zu Hause
zu Hause
im Betrieb
Impulse aus
Weiterbildung
Gesundheits- dem Betrieb zum Gesundsensibilisierung wirken auch heitstrainer
im Privatleben
Stressbekämpfung
Sport als
Ausgleich
Sport als
Ausgleich
Bewegung &
Rücken
Heimtrainer
Sportgeräte
Besuch eines
Seminars
„Der gesunde
Rücken”
Ernährung
gesunde Ernährung auch Küche
zu hause
Obstkorb
durch Ernäh- Mineralwasser
rungstipps
Als auch für die Kunden sichtbares
Symbol für das gesunde Arbeitsumfeld
in dem Bettenhaus wurde ein Obstkorb eingeführt, aus dem sich die Beschäftigten und Kunden stets bedienen
können. Außerdem stehen den Beschäftigten Mineralwasser und „gesunde Snacks“ kostenlos zur Verfügung.
Um die Ernährung weiter zu verbessern, richtete das Unternehmen eine
Küche ein, in der in der Mittagspause
Gerichte zubereitet werden können.
Wie funktioniert ganzheitliches
Gesundheitsmanagement?
„Man muss einfach mal mit den Beschäftigten zusammen überlegen, was sich
verbessern lässt“, fasst Hans-Joachim
Wehmeyer seine Erfahrung zusammen.
„Wir waren erstaunt, wie viel man mit
einfachen Mitteln bewirken kann.“
Bettenhaus Wehmeyer
Emsstraße 80 und 88-90
48429 Rheine
Tel: 05971/64408
Gegründet: 1922
Geschäftsführer:
Hans-Joachim Wehmeyer
Beschäftigtenzahl: 5
Die Förderung von Gesundheit wird in
allen wichtigen Entscheidungen und in
allen Bereichen des Unternehmens systematisch und zielorientiert berücksichtigt (Integration).
Alle Maßnahmen und Programme zur
Förderung der Gesundheit sind auf die
spezifischen Bedürfnisse der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zugeschnitten,
wobei der Gesundheitsmanagementprozess wie die -ergebnisse einer kontinuierlichen erfolgssichernden Kontrolle
und Bewer tung unterliegen (Projektmanagement).
Wer Gesundheit fördern will, muss sowohl bei den Personen (Verhalten) als
auch bei den Arbeitsbedingungen (Verhältnissen) ansetzen (Ganzheitlichkeit).
(Quelle: Bundesverband der Betriebskranken
kassen)
Ein weiteres Angebot, das Herr Wehmeyer einem Mitarbeiter finanziert
hat, war die Ausbildung zum Gesundheitstrainer. Diese Weiterbildung wurde vollständig vom Unternehmen gezahlt und dient nicht nur dem neuen
G e s u n d h e i t s t ra i n e r s e l b s t , s o n d e rn
auch seinen Kolleginnen und Kollegen.
Diese werden nämlich jetzt von dem
Gesundheitsfachmann bei ihrer Ernährung mit entsprechenden Vorgaben
und bei der Sressbewältigung gecoacht.
4
Druckhaus Hüntemann GmbH & Co. KG, Schöppingen
Als in einem Jahr gleich vier Mitarbeiter mit Bandscheibenproblemen erkrankten, musste Dagmar Hüntemann
reagieren. Die Geschäftsführerin einer
mittelständischen Druckerei im Münsterland erkannte: Rechtzeitige Prävention spart Geld und hält gerade die erfahrenen älteren Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter fit. Denn mit den Erkrankten fielen gleichzeitig wichtiges Wissen
und wertvolle Arbeitskraft in ihrem
Betrieb für einen längeren Zeitraum
aus. Eine Arbeitsplatzbegehung mit
einer Expertin für Rückenleiden brachte Präventionsmöglichkeiten ans Licht.
Das Druckhaus Hüntemann im münsterländischen Schöppingen hat sich auf
das Bedrucken von Verpackungen spezialisiert. 40 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind bei dem bereits 1906 gegründeten Unternehmen beschäftigt
und stolz auf ihren europaweiten Kundenkreis.Vor allem bei umweltverträglichen Verpackungen hat sich das Unternehmen einen guten Namen
gemacht. Einige der bedruckten Kartons, Schachteln und Kuverts sind in
einer Vitrine im Empfangsbereich des
Familienbetriebs ausgestellt. „Was einzeln so leicht und zier lich aussieht,
kann in der Masse ganz schön Gewicht
annehmen“, erklärt Dagmar Hüntemann mit einem Blick in die Vitrine.
Genau dieses Gewicht der Papier- und
Pappmassen, die täglich bewegt werden müssen stellt daher eine Gefahr
für Rücken und Gelenke dar, wenn Mitarbeiter falsch heben. Bei der Arbeit
mit Verpackungen ist darum eine gesunde Körperhaltung besonders wichtig.
Als vier Mitarbeiter über Bandscheibenprobleme klagten und nach und
nach für längere Zeit ausfielen, schaltete Dagmar Hüntemann darum eine
fachlich ausgewiesene Physiotherapeutin ein. Die besuchte das Unternehmen und beobachtete die Arbeitsabläufe und Arbeitsplätze aus medizinischer Perspektive. Bei der Arbeitsplatzbegehung beobachtete die Exper-
tin die ergonomische Gestaltung der Arbeitsplätze und Arbeitsabläufe und achteten auf ungesunde Bewegungsformen
und mögliche Gefahren für Rücken und
Bandscheiben. Sie sprach mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und ließ sich
häufig ausgeübte Tätigkeiten zeigen.
Dabei erkannte sie kleine, vor allem
aber auch größere Probleme. So hoben
beispielsweise viele Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter mit dem Rücken, statt
über die Knie. „Eine Gefahrenquelle erster Ordnung“, erinnert sich Dagmar
Hüntemann. Durch die vielen Hebetätigkeiten kann es zu einseitigen Belastungen und vielfach zu Überlastungen kommen. Also star tete das Unternehmen
ein Präventionsprogramm: Die Beschäftigten erhielten Anleitung zum „richtigen
Heben“. Neue Hubwagen, die Material
einfacher auf die Arbeitshöhe befördern
können und so das Heben erleichtern,
wurden angeschafft. Außerdem wurde
eine Mitarbeiterrotation an der Schneidemaschine eingeführt, denn diese Tätigkeit erfordert besonders viel Kraft.
Nun wechseln sich die Beschäftigten
mehrfach täglich an der Maschine ab.
Arbeitsplatzbegehung zeigt Präventionspotenziale
zusammen. Durch Unterstützung der Expertin konnten die Beschäftigten auch davon
überzeugt werden, sich anders als bisher,
nämlich gesund zu verhalten.
Den wichtigsten Erfolgsfaktor für das Gelingen von gesundheitlicher Prävention sieht
die Unternehmerin daher in der Mitarbeiteransprache: „Man kann seine Beschäftigten
nicht zu gesundem Arbeiten zwingen. Man
muss ihre Köpfe erreichen. Wenn man das
geschafft hat, ist der halbe Weg einer sinnvollen Prävention bereits gegangen.“
Präventionsangebote der Krankenkassen
Viele Krankenkassen bieten ein breites Angebot von Präventionsmaßnahmen an. Dazu zählen beispielsweise Kurse zur Rückenschule, zur gesunden Ernährung oder zum
Kennenlernen von Sportarten. Im Angebot
sind aber auch häufig „Sporturlaube“ –
preiswer te einwöchige Urlaubsangebote,
bei denen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer verschiedene „gesunde“ Sportarten ausprobieren und sich über ausgewogene Ernährung informieren können.
Hüntemann GmbH & Co. KG
Münsterstr. 51
48624 Schöppingen
Tel: 02555/93 92-0
Bei einem weiteren Präventionsangebot
konnte das Unternehmen auf die Mitarbeit einer Krankenkasse bauen. Diese
bietet allen Angestellten einen Kurs mit
Übungen an Kraftgeräten an. 18 Wochen lang dürfen sie je eineinhalb Stunden pro Woche trainieren. „Durch die
Arbeitsplatzbegehung haben wir viele
Probleme erkannt. Das wichtigste für
mich war jedoch, dass einige Probleme
ganz gezielt angesprochen wurden und
kurzfristig behebbare kostengünstige
Lösungen vorgeschlagen wurden“, fasst
Dagmar Hüntemann ihre Erfahrungen
5
Gegründet: 1906
Geschäftsführerin: Dagmar Hüntemann
Beschäftigtenzahl: 40
START Zeitarbeit NRW GmbH, Duisburg/Coesfeld
Die Gesundheit und das Wohlbefinden der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist für das Zeitarbeitsunternehmen START Zeitarbeit NRW
GmbH wichtig – so wichtig, dass das
Unternehmen mit den Beschäftigten
Gespräche führt, in denen ausschließlich über Gesundheitsprävention gesprochen wird. So sollen gesundheitliche Risiken erkannt und
bekämpft werden, bevor sie zu Problemen werden.
„Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind nicht bei uns im Betrieb
tätig, sondern werden von uns in Entleihbetrieben eingesetzt“, fasst Vertriebsdisponentin Birgit Missalla das
Prinzip der Zeitarbeit zusammen. Zeitarbeiter werden – zumindest in
Deutschland – vom Zeitarbeitsunternehmen fest oder befristet eingestellt
und auch tariflich bezahlt. Nach dem
vorab vereinbarten “Zeiteinsatz” bei
dem einen Kunden, wird der Zeitarbeiter an den nächsten Kunden verliehen.
Ein „typischer“ Einsatz dauert rund
drei Monate. Diese spezifischen Arbeitsbedingungen in der Zeitarbeit
verlangt von der Personalabteilung besondere Lösungen der gesundheitlichen Prävention, denn wegen der unterschiedlichen Einsatzorte besteht
zwischen Personalabteilung und Zeitarbeitern kein täglicher Kontakt. Außerdem bringt das häufige Einarbeiten
in neue Arbeitsstellen auch eine spezielle Belastunge für die Zeitarbeiterinnen und Zeitarbeiter mit sich.
beitnehmerinnen und -arbeitnehmer
Themen ansprechen, die ihnen besonders unter den Nägeln brennen: „Manche wollen abnehmen“, erklärt Birgit
Missalla, „andere etwas für den Rücken
tun oder generell ihre Ernährung umstellen.“ Damit sie auf diese Fragen eingehen kann, hat Birgit Missalla mehrere
Fortbildungen besucht. Das Unternehmen START Zeitarbeit schulte die Disponenten, die für den Kontakt mit den
Zeitarbeitnehmerinnen und -arbeitnehmern verantwortlich sind, in Seminaren
zu unterschiedlichen Themen der Gesundheitsförderung. Dabei wurde auch
privates Know-how der Disponentinnen
und Disponenten einbezogen und individuelles Interesse an Gesundheitsthemen berücksichtigt. Außerdem baute
START ein Kontaktnetz zu Krankenkassen, Therapiepraxen und Beraterinnen
und Beratern auf. So kann Birgit Missalla
am Ende jedes Gesundheitsgespräches
verschiedene Vorschläge unterbreiten.
„Häufig stelle ich für die Beschäftigten
Kontakt zu Experten her“, erklärt sie.
Vielfach reicht auch der Verweis auf Angebote von Krankenkassen, Fitness-Studios oder Seminarangebote zur Nikotinentwöhnung. Bei gesundheitlichen
Problemen verweist sie meist auf Hausärzte, denn medizinische Beratung kann
das Gesundheitsgespräch nicht leisten.
Doch Unterstützung zur gesunden Lebensführung kann Birgit Missalla anbieten: So sponsort START schon mal den
Besuch im Fitness-Studio, gibt Informationen von Krankenkassen weiter oder
verweist auf interessante Seminare und
Vorträge.
Eine besondere Antwort auf diese
Problemkonstellation hat START mit
dem „Gesundheitsgespräch“ eingeführt. „Wir bieten allen Mitarbeitern
an, dass wir uns ganz gezielt über gesundheitliche Probleme oder Ziele wie
etwa Raucherentwöhnung unterhalten“, erklärt Birgit Missalla, die als Vertriebsdisponentin Zeitarbeiter betreut.
In diesen Gesprächen, die in der Regel
zwischen 30 Minuten und eineinhalb
Stunden dauern, können die Zeitar-
Um das neue Angebot der Gesundheitsgespräche in der Belegschaft bekannt zu machen, schickte die Lohnabteilung mit jeder Lohnabrechnung eine
Informationsbroschüre an die Beschäftigten. Darin wurde auf das Gesundheitsgespräch hingewiesen und die Vorteile beschrieben. Jede Mitarbeiterin und
jeder Mitarbeiter hat seitdem Anspruch
auf ein solches Gespräch. „Wichtig ist
vor allem, dass das Gespräch freiwillig
ist”, sagt Birgit Misalla. Gerade bei einem
6
Gesundheit der Mitarbeiter ist ein
eigenes Gespräch wert!
so sensiblen Thema wie der persönlichen
Gesundheit muss das Gespräch vom Mitarbeiter gewollt sein. Dazu müsse eine besondere Vertrauensbasis zwischen Mitarbeitern
und dem Unternehmen bestehen. Auf Seiten des Unternehmens sollten außerdem
motivierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
mit dem Führen der Gespräche beauftragt
werden. Birgit Missalla: „Es ist wichtig, interessierte Leute einzubinden, denn die legen sich
richtig für ein Thema ins Zeug.“ Als weiteren
Erfolgsfaktor nennt sie schließlich ein gutes
Durchhaltevermögen, denn das Vertrauen
der Angestellten zu diesem Instrument muss
mit der Zeit reifen, weil mit der körperlichen
Fitness auch sehr sensible Themen angesprochen werden. „Wenn diese Regeln beherzigt
werden, ist das Gesundheitsgespräch sicher
ein gutes Instrument, um das Wohlbefinden
und die Einsatzfähigkeit der Belegschaft zu
verbessern“, ist sich Birgit Missalla sicher. Außerdem erhöht das Interesse des Unternehmens an der Gesundheit der Beschäftigten
auch deren Arbeitszufriedenheit und Identifikation mit dem Betrieb – ein Effekt, der besonders in personalintensiven Branchen
kaum hoch genug bewertet werden kann.
START Zeitarbeit NRW GmbH, Niederlassung Coesfeld
Weßlings Kamp 19
48653 Coesfeld
Tel.: 02541 9482-0
[email protected]
Gegründet: 1995
Geschäftsführer:
Wilhelm Oberste-Beulmann, Dr. Ulrich
Jansen, Michael Jeske
Beschäftigtenzahl: 150 interne,
1800 externe (Zeitarbeitnehmer)
mediaBEAM GmbH,Ahaus
Was ist eigentlich Zeitarbeit?
Zeitarbeit, auch „Leiharbeit“, „Personaldienstleistung“ oder „Arbeitnehmerüberlassung“ genannt, ist der Einsatz von Personal in Fremdbetrieben.
Das Zeitarbeitsunternehmen, häufig
als „Personaldienstleister“ bezeichnet, stellt Mitarbeiter ein, um sie anderen Unternehmen zur Verfügung
zu stellen. Zeitarbeiter erhalten ihr
Gehalt vom Zeitarbeitsunternehmen, die Arbeitsaufträge mit den entsprechenden Anweisungen aber vom
Entleihbetrieb. Sie beziehen ein sozialversicherungspflichtiges Einkommen und werden seit 2004 nach Tariflöhnen entlohnt.
Der Vorteil von Zeitarbeitsunternehmen für Entleihbetriebe liegt in der
Flexibilität: Bei unvorhergesehenen
Auftragsspitzen, in Urlaubszeiten
oder bei Arbeitskraftausfällen bei
Krankheit, Mutterschaft oder Bundeswehr-/Zivildienstze i t
können
kurzfristig Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter rekrutiert werden, die das
Unternehmen wieder verlassen,
wenn sie nicht mehr benötigt werden. Zeitarbeiter profitieren von der
Möglichkeit, verschiedene Unternehmen kennen zu lernen sowie von der
hohen Übernahmequote in den Entleihbetrieben. Rund jeder dritte Zeitarbeiter wird vom Entleihunternehmen übernommen.
In Deutschland sind rund 600.000
Menschen oder zwei Prozent aller
Arbeitnehmer bei Zeitarbeitsunternehmen angestellt. Logistik-Unternehmen stellen vor allem Buchhaltungsfachkräfte, Gabelstaplerfahrer,
Kommissionierer, Lager- und Transportarbeiter sowie Verpackungshelfer über Personaldienstleister ein.
Handlungsfeld: „Stressbewältigung“
Stress ist nach einer Studie der EUKommission die zweitgrößte Gesundheitsgefahr am Arbeitsplatz. Geschätzte
63 Millionen Arbeitstage gehen in
Europa jedes Jahr durch Erkrankungen
verloren, die auf Stress zurückzuführen
sind. 28% der beschäftigten Europäer
sehen Stress als Gefahr für ihre Gesundheit – besonders in den Branchen
„Transport und Kommunikation“, „Bildung“ und „Gesundheits- und soziale
Berufe“. Auch deutsche Studien kommen zu diesem Ergebnis: Nach Angaben
der AOK kletterte die Zahl der Arbeitsausfälle durch psychische Belastungen
von 1995 bis 2002 um 74 Prozent. Die
Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin beziffert die Kosten für Arbeitsausfall durch psychische Arbeitsbelastungen in Deutschland pro Jahr auf
24,5 Milliarden Euro – 13,4 Milliarden
Euro davon tragen die Unternehmen,
wenn kranke Mitarbeiter nicht zur Arbeit erscheinen.
Stress ist schon fast etwas Alltägliches.
Jeder weiß, was es bedeutet unter Stress
zu leiden. Doch in einigen Branchen gibt
es sehr häufig Stress. Immer dann, wenn
mehrere Stressauslöser, so genannte
„Stressoren“ aufeinander treffen, wird
der Druck auf die Beschäftigten besonders groß. Stressoren sind zum Beispiel:
Termin- und Erfolgsdruck, Unterbrechungen durch Kollegen oder Kunden,
das Klingeln des Telefons und Ausfälle
von Maschinen oder Arbeitsgeräten.
Stress kann ernsthaft krank machen,
wenn man ihn nicht bewältigen kann.
Das Immunsystem wird etwa durch
Stress negativ beeinflusst. Man vermutet,
dass Stress einen sehr großen Anteil an
der Entstehung und am Verlauf von
Krankheiten wie Herz-Kreislauf-Krankheiten, Asthma, allergischen Reak-tionen, Magenbeschwerden, Kopfschmerzen und dermatologischen Erkrankungen hat. Stress kann durch geeignete
Maßnahmen reduziert werden. In den
folgen7
Stressabbau am Arbeitsplatz
folgenden Beispielen werden einige Ansätze
dazu genannt.
Über kaum einen Besucher freuen sich die
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Firma
mediaBEAM so sehr wie über Tanja Lucassen.Wenn die Physiotherapeutin die Firma in
Ahaus betritt, trägt sie eine mobile Massagebank unter dem Arm und wird freudig begrüßt. „’20 Minuten Wohlfühlen’ nennen unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter diese
Streicheleinheit“, schmunzelt Jochen Meyer.
Der Geschäftsführer des Anbieters von
Kommunikationslösungen erklärte sich in
seinem Unternehmen persönlich für die Gesundheitsprävention am Arbeitsplatz verantwortlich.
„15 Minuten Wohlfühlen“ – Massage am
Arbeitsplatz
Jede Branche kennt unterschiedliche gesundheitliche Gefahren. „Bürojobs“ bringen ein geringes Risiko in Bezug auf Verletzungen und Berufsunfälle mit sich, dafür
finden sich hier häufiger Gefährdungen
durch Stress. Gerade in der schnelllebigen
Software- und Medienbranche hat Stress
längst „klassische“ Gefährdungen überholt.
Ein Unternehmen aus dem Münsterland
hat einen innovativen Ansatz gegen den
Stress eingeführt. Die Beschäftigten erhalten entspannende Massagen.
„In anderen Branchen kämpft man
gegen Unfälle oder Erkrankungen der
Atemwege“, erklärt Jochen Meyer
seine Motivation. „Aber bei uns ist halt
der Stress die Gesundheitsgefahr
Nummer Eins. Das ist schlecht für die
Motivation, das Betriebsklima und die
Identifikation der Beschäftigten mit
dem Unternehmen. Also tun wir etwas
dagegen.“
Die Idee des Unternehmers: Alle 14
Tage besucht eine Physiotherapeutin
das Unternehmen und massiert jede
Mitarbeiterin und jeden Mitarbeiter 20
Minuten lang. Das entspannt nicht nur
die Muskulatur, sondern auch die Massierten. Sie legen eine Ruhepause ein,
die bewusst genossen wird – denn die
20 Minuten sollen als „Auszeit“ genutzt werden. Die Beschäftigten können den betrieblichen Alltagsstress für
einen Moment vergessen und das
Weiterarbeiten fällt danach viel leichter. Doch die Massage unterstützt nicht
nur die psychische Entspannung. Sie
regt auch das Nerven- und Kreislaufsystem an, so dass die Organe und
Muskeln optimal durchblutet werden.
Eine bessere Durchblutung sorgt für
mehr Energie am Arbeitsplatz.
Entspannung durch Anspannen:Was ist
progressive Muskelrelaxation?
mediaBEAM GmbH
Parallelstraße 38
48683 Ahaus
Tel: 02561/695-0
www.mediabeam.de
Gegründet: 1999
Geschäftsführer: Jochen Meyer
Beschäftigtenzahl: 15
Die progressive Muskelrelaxation, kurz
PMR, beruht auf zwei Grundlagen: Zum
einen auf der Tatsache, dass ein maximal
angespannter Muskel sich nach dem „Loslassen“ auch maximal entspannt. Zum anderen spiegelt der Muskelzustand bei vielen Menschen die Seelenlage wider. Wenn
jemand innerlich angespannt ist, sind es oft
auch die Muskeln. So kann umgekehrt muskuläre Entspannung dabei helfen, insgesamt
ruhiger zu werden. Bei der PMR werden
nacheinander verschiedene Muskelgruppen einige Sekunden lang angespannt und
dann wieder losgelassen. Während der
Phasen der Anspannung und Entspannung
sollte man genau darauf achten, wie sich
die betreffenden Muskeln anfühlen, um die
Wahrnehmung für den eigenen Körper zu
schulen. Die PMR bietet keine Soforthilfe!
Sie muss erlernt werden, und bis die Wirkung spürbar wird, kann es einige Wochen
dauern, in denen man täglich üben sollte.
Autogenes Training
Das autogene Training ist ein Verfahren zur
„konzentrativen Selbstentspannung”. Es basiert im Gegensatz zur Hypnose ausschließlich auf der eigenen Vorstellungskraft
und wird zumeist in kleinen Gruppen in
wöchentlichen Sitzungen vermittelt. Jede
Übung dauert drei bis fünf Minuten und
wird im Sitzen oder Liegen bei geschlossenen Augen durchgeführt. In der Regel wird
in jeder Sitzung eine Formel eingeübt z. B.
„Mein rechter Arm ist ganz schwer“ oder
„Mein Körper ist angenehm warm“. Die
Übenden konzentrieren sich dann auf die
Wahrnehmung dieser Schwere oder
Wärme und sollten die Übungen zu Hause
mehrfach wiederholen.
Die 14-tägliche Massage wurde bei
mediaBEAM durch ein Stressbewältigungsseminar, ergonomische Beratung
und einen individuellen ArbeitsplatzCheck abgerundet. Dabei sah sich
Tanja Lucassen jeden Arbeitsplatz
genau an und gab den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern auch gleich Bewegungstipps und Entspannungsübungen für das Büro mit an die Hand.
„Durch die mobile Massage hat sich
das Betriebsklima verbessert, die Identifikation der Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter mit dem Unternehmen erhöht und unsere Fähigkeit, Stress zu
bewältigen verbessert“, ist sich Jochen
Meyer sicher und fügt schmunzelnd
hinzu: „Außerdem hat sich der SpaßFaktor der Arbeit erhöht – zumindest
alle 14 Tage.“
(Quelle: BKK Bundesverband)
8
d.velop AG digital business solutions,
Gescher
Eine Umfrage brachte es ans Licht:
Nach ihren größten Problemen im
Arbeitsalltag befragt, gab eine Vielzahl
der 160 Beschäftigten der Firma
d.velop aus Gescher Stress als größte
Belastung im Büro an. Das börsennotierte Unternehmen richtet für die
Angestellten jetzt einen Ruheraum
ein, zu dem der Alltagsstress keinen
Zugang hat. Ein Werkstattbericht.
d.velop ist ein erfolgreicher Anbieter
von innovativen Lösungen für digitale
Geschäftsprozessoptimierung; Schwerpunkte sind Archiv-, Dokumenten- und
Workflow-Management-Systeme. Seit
Gründung im Jahr 1992 optimiert die
d.velop AG mit ihren branchenunabhängigen Produkten die dokumentengestützten Arbeitsabläufe ihrer Kunden.
„Dadurch nehmen wir unseren Kunden viel Stress in Sachen Dokumentenmanagement ab“, erklärt d.velopMarketingleiter Frank Schnittker.
Doch gleichzeitig baute sich bei den
Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern
des weltweit tätigen Unternehmens
selber Stress auf. „Das Unternehmen
musste handeln“, stellt Frank Schnittker fest, denn: „Das Kapital unseres
Unternehmens steckt in den Köpfen
der Mitarbeiter. Wenn sie durch
Stress gehemmt werden, dann ist das
schädlich für unser Unternehmen.
Unsere Konsequenz daraus:
Wir müssen unseren Angestellten
bei der Stressbewältigung helfen!“
gewährleistet. Die Beschäftigten sollen
sich hier zwanglos und gerne zurückziehen können, aber sich auch zum informellen Meinungsaustausch mit Kollegen
treffen und so den Informationsfluss und
die Projektorganisation im Unternehmen verbessern. Gleichzeitig soll damit
der in den letzten Jahren entstandenen
„Grüppchenbildung“ entgegengewirkt
werden. Denn seit dem Neubau eines
weiteren Gebäudes hat jedes Haus seinen eigenen Treffpunkt für soziale Kontakte. Die Geschäftsleitung verspricht
sich von der Einrichtung des Rückzugsraumes, dass sich Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter verschiedener Abteilungen
an einem zentralen Ort treffen und die
Kommunikation untereinander wieder
reger wird.
Schon vor Fertigstellung des Raumes
lassen sich seine ersten positiven Auswirkungen greifen. So loben die Beschäftigten, dass sich das Unternehmen ihrer
Probleme annimmt und mit dem Ruheraum eine innovative Lösung anbietet.
Einige fassten die Idee des Rückzugsraumes sogar so positiv auf, dass sie spontan eine Gruppe von freiwilligen Helfern
bildeten, die den Raum an Wochenenden und nach Feierabend mitgestalteten. Durch die aktive Beteiligung der Belegschaft an der Gestaltung des Raumes
werden die Akzeptanz und die Nutzung
des Raumes weiter erhöht.
Wir bauen Stress ab –
im Ruheraum!
Stress – eine häufige Belastung im Medienalltag
Arbeitsbedingter Stress wird verstanden
als „emotionale und psychophysiologische
Reaktion auf ungünstige und schädliche Aspekte der Arbeit, des Arbeitsumfelds und
der Arbeitsorganisation. Stress ist ein Zustand, der durch hohe Aktivierungs- und
Belastungsniveaus gekennzeichnet ist und
oft mit dem Gefühl verbunden ist, man
könne die Situation nicht bewältigen.“ (Europäische Kommission, Generaldirektion V,
1997)
In einer Forsa-Befragung aus dem Jahr
1997 nannten 1.000 befragte Personen folgende Stressoren als belastend:
Zeit- und Termindruck (50%)
Zu viel Arbeit (39%)
Doppelbelastung durch Beruf und
Haushalt (29%)
Angst vor Arbeitsplatzverlust (25%)
Schwierige Arbeitsaufgaben (21 %)
Probleme mit den Vorgesetzten (20%)
Einführung neuer Arbeitsmethoden
und Techniken (17%)
d.velop AG digital business solutions
Schildarpstraße 6-8
48712 Gescher
Tel: 02542-93 07-0
www.d-velop.de
Probleme mit den Kollegen (16%)
Schichtarbeit (15%)
(Quelle: Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, „Stress im Betrieb? Handlungshilfen
Als Gegenmaßnahme gegen betrieblichen Stress entwarfen Frank Schnittker
und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von d.velop die Idee eines Rückzugsraumes. Innerhalb der nächsten
Monate soll ein Raum entstehen, in
dem eine ruhige und entspannte Atmosphäre herrscht und der einen
hohen Erholungs- und Wohlfühlfaktor
Gegründet: 1992
für die Praxis“)
Vorstand: Christoph Pliete
Beschäftigtenzahl: 120
9
Caritas Pflege & Gesundheit, Borken
Der Berufsalltag in der Seniorenpflege
ist hektisch und sehr anstrengend. Die
Sorge um die Gesundheit und Pflege
ihrer Patienten lässt den Pflegenden
kaum Zeit, sich über eigene gesundheitliche Belastungen Gedanken zu
machen oder sogar aktiv zu werden.
Beim Caritas Pflege & Gesundheit in
Borken wurde daher folgendes Konzept entwickelt: An regelmäßig stattfindenden Präventionswochenenden
werden alle wichtigen Informationen
und Tipps sowie alternative Verhaltensstrategien rund um betriebliche Gesundheitsprävention gebündelt und
mit kleinen Trainingseinheiten zu geeigneten Präventionsmaßnahmen kombiniert. Das „Präventionswochenende“
kommt bei den Beschäftigten sehr gut
an.
Seit 2004 bietet Caritas Pflege & Gesundheit eine Fortbildung zum Thema
„Gesundheitsförderung – Pflegeprävention“ an. Der Fachbereich Caritas
Pflege & Gesundheit (Caritas Senioren
Service bis zum 31.12.2006 ) ist eine
Abteilung des Caritasverbandes für
das Dekanat Borken e.V.
Der Fachbereich Caritas Pflege & Gesundheit hat als Schwerpunkt die ambulante Versorgung von hilfe- und pflegebedürftigen Menschen in der häuslichen Umgebung. Neben fünf Stationen der Mobilen Pflege gibt es noch
weitere Angebote, welche die Versorgung zuhause unterstützen. Dazu zählt
auch die Beratungsstelle für ältere
Menschen und pflegenden Angehörigen, in der Anja Palesch hauptsächlich
tätig ist.
Bereits im Studium zur Diplompflegewissenschaftlerin an der FH entdeckte
sie auch die Gesundheitsförderung als
besonderes Arbeitsgebiet. Mit diesem
Interesse lief sie beim Fachbereichsleiter Herr Matthias Mört offene Türen
ein. Gemeinsam wurde überlegt und
für die Mitarbeiter ein ansprechendes
Angebot entwickelt. Längst werden die
Mitarbeiter bei der Caritas als wichti-
ges Glied in einem reibungsarmen Arbeitsprozess erkannt. Es entstand die
Idee, ein Wochenende zum Thema anzubieten.
Präventionsbeauftragte:
Anja Palesch, Caritas Borken
Matthias Mört als Fachbereichsleiter der
Caritas Pflege & Gesundheit möchte mit
diesem Angebot mehrere Aspekte verknüpfen. Zunächst sollen die TeilnehmerInnen mit dem Thema Gesundheitsförderung vertraut gemacht werden.
Außerdem werden zum Thema „Verbesserungspotenzial für die betriebliche
Gesundheitsförderung“ aktiv Vorschläge
erarbeitet. Die Ergebnisse werden dann
später anonym zusammengefasst und in
den einzelnen Teams bekannt gegeben.
Soweit wie möglich werden einzelne
Vorschläge (Ergebnisse des ersten
Tages), die auf eine breitere Problemlage
reagieren „institutionalisiert“. So bietet
die Caritas ihren Beschäftigten nun gemeinsame Fitnessstudiobesuche (dazu
wurden Sonderkonditionen für Beschäftigte ausgehandelt), einen Walking-Treff,
einen Workshop „Rückenschonendes
Arbeiten“ und die so genannte „Befindlichkeitsrunde“ an, in der die Mitarbeiter
sich zu aktuellen Problemen äußern
können.
Ziel dieses Präventionswochenendes ist
es nicht nur die persönliche Einstellung
zur eigenen Gesundheit zu optimieren,
sondern diesen Gedanken auch weiter
zu tragen. Auch pflegende Angehörige
stellen sich einer großen Herausforderung. Gerade Mitarbeiter der Mobilen
Pflege sind ständig mit diesen Menschen
in Kontakt und können so den Gedanken
10
Zeit für Prävention –
an Präventionswochenenden
Gedanken der persönlichen Gesundheitsförderung weiter tragen, bis in die kleinste Zelle
der Gesellschaft, die Familie.
Das Wochenende findet 1 Mal pro Jahr statt.
Es ist ein kostenfreies Angebot, das von den
Mitarbeitern gern genutzt wird.Acht TeilnehmerInnen nehmen jeweils an diesen zwei
Tagen eine Auszeit, denn „Gesundheitsförderung beginnt im Kopf“. Um den TeilnehmerInnen Zeit zum Kennen lernen zu geben,
geht es am ersten Tag um allgemeine Themen der Gesundheitsförderung. Beispielsweise um die Rolle der Politik, die Rolle des
Arbeitsgebers und den Einfluss des Teams, in
dem man arbeitet.
Präventionswochenende „Gesundheitsförderung beginnt im Kopf“
Mit unterschiedlichen Methoden, auch mit
Vermittlung von Informationen, versucht
Anja Palesch, die TeilnehmerInnen für das
Thema zu sensibilisieren. Schnell wird klar,
das eigentlich schon vieles bekannt ist, jedoch oft nicht erkannt und umgesetzt wird.
Man muss nicht nur reden, sondern auch
tun. Dabei ist auch für Matthias Mört und
Anja Palesch klar, kontinuierliche Verbesserung ist notwendig, um die eigene Qualität
zu optimieren. So wurde beispielsweise im
letzten Jahr erstmals abends noch eine Bewegungseinheit mit einer Physiotherapeutin
eingeschoben, wo vorher der gemeinsame
Abendspaziergang statt fand. Dies kam bei
den TeilnehmerInnen sehr gut an.
Am zweiten Tag geht es dann hauptsächlich um die ganz persönliche Situation der einzelnen TeilnehmerInnen.
Immer fließen auch Tränen, aber die
Gruppe arbeitet gemeinsam an neuen
individuellen Zielen für die persönliche
Gesundheitsförderung. Der intensive
Austausch mit allen Anwesenden
stärkt jeden Einzelnen. Wieder führt
die Anwendung unterschiedlicher Methoden, aber auch die guten Rahmenbedingungen und eine einfühlsame,
neutrale Leitung zu sehr unterschiedlichen Strategien und individuellen persönlichen Zielen.
Grundlegend ist zum Angebot zu
sagen, dass der Reflexion genauso viel
Aufmerksamkeit geschenkt wird, wie
der Vorbereitung des Angebotes. Erfahrungswer te und Wahrnehmungen
der Mitarbeiter fließen in den Ablauf
und die Struktur mit ein, ein weiteres
Treffen wird ebenfalls in der Arbeitszeit angeboten. Die Themen werden
von der Gruppe je nach Bedarf selbst
bestimmt. Bisher gewählt wurden z.B.
Kommunikationsstrategien oder Entspannungstechniken. Ganz wichtig ist
auch die Auseinandersetzung mit den
erreichten Zielen. So wird auch in der
Gruppe beim ersten Nachtreffen besprochen, wer seine Ziele umsetzen
konnte. Auch die genutzten und ungenutzten Strategien werden thematisiert. Da diese Ziele gemeinsam erarbeitet wurden, nimmt jedes Mitglied
der Gruppe Anteil und wirkt somit
motivierend, auch außerhalb der geplanten Treffen. Außerdem lernt man
viel von den anderen Gruppenmitgliedern, es wird vieles deutlich, was vorher als nicht wichtig erschien.
Der Fachbereiches Caritas Pflege & Gesundheit ist in Planung Gesundheitswochenenden für andere Gruppen zur Verfügung zu stellen. Interessierte Unternehmen oder auch Gruppen von Menschen könnten somit von den Erfahrungswer ten profitieren.
Veronika Wolter, examinierte Altenpflegerin, zieht nach dem Wochenende ein positives Fazit:
„Mir hat die Teilnahme am Präventionswochenende nicht nur sehr gut
gefallen, sondern auch nachhaltig sehr
viel gebracht. Vor allem die sehr persönliche Atmosphäre hat es leicht gemacht, auch über meine persönlichen
Probleme und Ziele zu sprechen.“
Caritas Pflege & Gesundheit
Matthias Mört
Turmstraße 14
46325 Borken
Tel: 02861/9 45-810
www.caritas-borken.de
Beschäftigtenzahl: 109
Was kostet Krankheit im Betrieb wirklich?
Nach einer Berechnung der Bundesanstalt
für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin
(BAuA) aus dem Jahre 2001 belaufen sich
allein die hierzulande durch Fehlzeiten bedingten Kosten bei konservativer Schätzung auf jährlich über 35 Mrd. Euro. Darin
noch nicht enthalten sind: Fehlzeiten unterhalb der Karenzzeit von 3 Tagen, die bei der
Unfall-, Kranken- und Rentenversicherung
anfallenden Kosten vermeidbarer Unfälle,
Berufskrankheiten, Behandlung und Frühberentung.
Die Kosten krankheitsbedingter Produktionsausfälle lagen laut Berechnungen des
Münchner Instituts für Wirtschaftsforschung (Ifo) bereits im Jahr 2000 bei 4,2%
des Bruttoinlandsproduktes. Das entspricht
einem Wert von umgerechnet 85 Mrd.
Euro.
Das Ergebnis eines Forschungsprojektes
des BKK-Team Gesundheit zu den Folgekosten beruflicher Belastungen veranschaulicht noch mal eindrücklich das erhebliche Einsparpotenzial gesunder Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter: In Deutschland waren danach 1998 die Kosten arbeitsbedingter Erkrankungen mit mindestens 28 Mrd. Euro zu veranschlagen. Diese
ergaben sich aufgrund von körperlichen
Belastungen und setzen sich aus 14,9 Mrd.
Euro direkten Kosten und 13,5 Mrd. Euro
indirekten Kosten zusammen. Psychische
Belastungen führten zu 11,1 Mrd. Euro direkten und 13,4 Mrd. Euro indirekten Kosten.
(Quelle: Bundesverband der Betriebskassen)
Annerkennenswert und fortschrittlich
ist das Engagement der Caritas ohne
Frage. Allerdings muss mit Blick auf die
Kosten leider bei den offiziellen Nachtreffen ein Schnitt gemacht werden.
Optimal wäre eine weitere kontinuierliche Weiterbegleitung der einzelnen
Gruppen, um langfristig nicht wieder in
den Alltagstrott zu verfallen.
11
Bernd Münstermann GmbH & Co. KG,Telgte
Handlungsfeld:„Bewegung“
Ein Problem vieler Beschäftigter ist
mangelnde Bewegung. Dies resultiert
aus mehreren Faktoren. Man sitzt den
ganzen Tag am Computer, hat alles
griffbereit auf dem Desktop liegen und
braucht sich kaum noch zu bewegen.
Dazu kommt, dass in vielen wissensintensiven Branchen überdurchschnittlich viel gearbeitet wird. Somit reduziert sich zwangsläufig die Freizeit, die
man für Bewegung und Sport investieren könnte.
Ausreichende Bewegung ist ein starkes
Präventionsmittel. Es bringt das Herz
und die Organe in Schwung, stärkt die
Muskulatur und hilft bei der Bekämpfung oder Vermeidung von Übergewicht. Bewegung in entsprechender Intensität kann zu einer Ausschüttung
von Endorphinen, den so genannten
Glückshormonen, führen, was zur Folge hat, dass man sich besser fühlt, zufriedener ist und belastbarer wird.
Zudem wird durch Bewegung das Immunsystem angeregt und es werden
vermehrt Abwehrzellen produziert.
Ebenso wird der Fettstoffwechsel verstärkt, was zu einer Senkung der Cholesterin-Werte führt.
Die Verbrennung von Kalorien wird
durch Bewegung sowohl kurzfristig als
auch langfristig durch das so genannte
„Nachbrennen“ nach der Belastung
gesteigert. Zudem steigert Muskelmasse den Grundumsatz.
Unsere modernen Gesellschaften
haben die körperliche Bewegung, die
einen Ausgleich für lange sitzende
Tätigkeiten herstellen könnte, abgeschafft. In vielen Unternehmen wird
daher mit Ansätzen experimentiert,
wie wieder mehr Bewegung in den Arbeitslalltag einfließen kann. Die folgenden Beispiele lassen sich in unterschiedlichen Branchen und Unternehmen verschiedener Größe realisieren.
Bewegung ist gesund. Trotzdem bewegen sich die Deutschen viel zu wenig.
Schuld daran ist oft die eigene Faulheit,
der berüchtigte „innere Schweinehund“.
Diesem hat ein Unternehmer aus Telgte
jetzt den Kampf angesagt. Mit einem
„Prämiensystem“ werden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zur intensiven
sportlichen Betätigung motiviert. Es winken sogar Unternehmensbeteiligungen
als Bonus.
Prämiensystem für sportliche
Betätigung
körperliche Konstitution, Ablenkung von der
Arbeit, Ausgleich zur sitzenden Tätigkeit und
nicht zuletzt Spaß am Spor t“. All dies wollte
er seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern
auch vermitteln. Um Bewegungsmangel,
Stress, Rückenschmerzen, Verspannungen
und Gewichtszunahme mit allen negativen
gesundheitlichen Folgen entgegenzuwir- ken,
wollte er eine Aktion ins Leben rufen, die die
Beschäftigten nachhaltig dazu bewegt, für
einen Ausgleich zu der sitzenden Tätigkeit
am Computer zu sorgen.
Um dem „inneren Schweinehund“ einen
Anreiz entgegenzustellen, hat Bernd Münstermann ein Prämiensystem entwickelt, das
regelmäßigen Sport belohnt. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter können vier Prämien
bekommen, die nach spor tlicher Leistung
gestaffelt sind.
Die Eckdaten:
Das Maschinenbauunternehmen Münstermann GmbH & Co. KG ist ein Traditionsunternehmen. Bereits 1845 wurde
der Betrieb gegründet – damals als landwirtschaftlich orientierte Schmiede. „Zu
der Zeit war Bewegungsmangel kein
Thema“, sagt Bernd Münstermann, Geschäftsführer der fünften Generation.
Schwere körperliche Arbeit dürfte in
der Schmiede eher zu viel als zu wenig
vorgekommen sein – natürlich verbunden mit enormen physischen Belastungen. Heute hat sich die Arbeit im Unternehmen völlig gewandelt: Computer
gesteuerte Maschinen übernehmen die
schwere Arbeit. Wo früher Schmiede
hämmerten, wird heute fast ausschließlich am Computer gearbeitet.et.
Bernd Münstermann ist selber begeisterter Ausdauersportler. Laufen, Radfahren und Schwimmen sind seine Lieblingssportarten. „Der Sport gibt mir
viel“, sagt er und zählt auf: „eine bessere
12
Prämie 1: (ein Funktions-T-Shirt) erreicht
man durch die Teilnahme an einem 5-kmLauf, der unter 35 Minuten durchlaufen werden muss.
Prämie 2: (ein Trainingsanzug) gibt es für
einen 10-km-Lauf in unter 70 Minuten oder
für fünf 5-km-Läufe.
Prämie 3: (eine Betriebsbeteiligung im Wert
von 150 Euro) winkt nach der Teilnahme an
einem Halbmarathon (21,1 km) oder fünf
10-km-Wettkämpfen.
Prämie 4: (eine Betriebsbeteiligung im Wert
von 300 Euro) wird nach der Teilnahme an
einem Marathon oder nach fünf Halbmarathonläufen ausgeschüttet.
Bernd Münstermann: „Die Prämie gibt
häufig Anlass, mit dem Sport weiterzumachen und seinen inneren Schweinehund zu überwinden. Ohne einen solchen Anlass lässt man das Training öfter
ausfallen, wenn man kein bestimmtes
Ziel hat. Ich kenne das aus eigener Erfahrung.“
Das „Münstermann-Modell”
Prämienstufen für sportliche Erfolge
300 Betriebsbeteiligung
150 Betriebsbeteiligung
Trainingsanzug
Funktions-T-Shirt
5-km-Lauf
unter
35 Minuten
10-km-Lauf
unter
70 Minuten
oder
55-km-Läufe
Halbmarathon
(21 km) oder
5 10-km-Läufe
Marathon
(42 km)
oder
5 Halbmarathons
Man kommt im Büro vorbei und gratuliert.“
Welche Erfolge kann betriebliche Gesundheitsförderung haben?
Als weiteres Angebot übernimmt die
Firma die Anmeldegebühren für Wettkämpfe, wenn mindestens fünf Firmenmitglieder daran teilnehmen. Das führ t
dazu, dass sich oft mehrere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter fest für die Teilnahme an bestimmten Wettkämpfen
verabreden und gezielt daraufhin trainieren. Die Lauf-T-Shirts mit dem Münstermann-Logo sind mittlerweile auf allen
Volksläufen im Münsterland bekannt.
Verringerung der Arbeitsbelastungen
Durch die auf Vorschlag der Mitarbeiter eingeführte Erweiterung, dass fünfmaliges Erreichen einer Leistung die
Prämie der nächst höheren Stufe mit
sich bringt, wird Nachhaltigkeit in die
sportlichen Aktivitäten gebracht. 41
Beschäftigte haben mittlerweile Prämien erhalten. Dabei sind 20 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Anfänger, die
durch diese Aktion erst den nötigen
Anschub erhalten haben, sich sportlich
zu betätigen.
Neben dem Prämiensystem macht
Bernd Münstermann weitere Erfolgsfaktoren für das Gelingen des Sportprogramms verantwortlich. So wurde
die Aktion mit der gemeinsamen Teilnahme am Firmenlauf in Münster gestartet. Dabei war die Resonanz überwältigend: 30 Mitläuferinnen und
Mitläufer der Firma Münstermann gingen an den Start, alle erreichten das
Ziel. Ein weiterer Erfolgsfaktor ist die
Organisation dieser Aktion. Ein Sportwart betreut die Sportlerinnen und
Sportler und beantwortet Fragen
rund um die Sportveranstaltungen,
kontrolliert die sportlichen Leistungen
und weist die Prämienausschüttung an.
Und er sorgt für kleine „motivierenden
Streicheleinheiten“, indem er nach der
Teilnahme an Veranstaltungen die Urkunden der Sportlerinnen und Sportler ausdruckt und an der „Sport-Pinnwand“ aushängt. Bernd Münstermann:
„Dadurch wissen alle, wenn ein Kollege oder eine Kollegin erfolgreich war.
Verbesserung der Gesundheit und des
Wohlbefindens der Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter und Erhalt der Arbeitsund Leistungsfähigkeit
Steigerung der Arbeitszufriedenheit und
Mitarbeitermotivation
Senkung des Krankenstandes und des
Absentismus
Verbesserung des Arbeitsklimas
Erhöhung der Mitarbeiterbindung und loyalität
Verringerung der Fluktuation
Verbesserung der Produkt- bzw. Dienstleistungsqualität
Bernd Münstermann
GmbH & Co. KG
Lengericher Straße 22
48291 Telgte
Tel: 02504/98 00-0
www.muenstermann-gmbh.de
Gegründet: 1845
Geschäftsführer:
Bernd Münstermann
Mitarbeiter: 189
Verbesserung der innerbetrieblichen
Kooperation
Erhöhung der Kundenzufriedenheit und
Kundenbindung
Verbesserung der Flexibilität und Innovationsfähigkeit
Steigerung der Wirtschaftlichkeit und
Produktivität
Förderung der Corporate Identity
Verbesserung des Unternehmensimages
(inkl. der Beschäftigungsattraktivität)
Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit
(Quelle: Bundesverband der Betriebskrankenkassen)
13
Rhenus AG & Co. KG, Dortmund
Die Logistik-Branche boomt. Beim Logistik-Unternehmen Rhenus AG kann
man diesen Aufschwung sogar sehen,
denn im Jahr 2006 erweiterte das Traditionsunternehmen bereits zum zweiten Mal in zwei Jahren sein Logistikzentrum – um über 8.800 Quadratmeter.
Was man nicht sehen kann: Durch den
Boom wächst auch die Arbeitsbelastung für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Ein Abteilungsleiter ergriff die
Initiative und bekämpft jetzt Stress, Bewegungsmangel und Überstunden mit
Sport.
Thomas Krapf, Abteilungsleiter der
EDV-Abteilung von Rhenus Logistics
am Standort Dortmund, hatte vor vier
Jahren die Idee: Die Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter brauchen einen Ausgleich für die Büroarbeit. Als begeisterter Badminton-Spieler fragte er die
Kolleginnen und Kollegen, welche
Sportart sie am liebsten betreiben.
Viele ließen sich von der Idee einer gemeinsamen Badminton-Gruppe begeistern.
Und noch einen weiteren positiven Effekt erreichte die Abteilung durch ihre
regelmäßigen Sporttreffen. Denn bedingt durch viele Termine außer Haus
war die Kommunikation zwischen Abteilungsleiter Krapf und den Beschäftigten in den letzten Jahren zunehmend
schwieriger geworden. Da blieb vor
allem für private Gespräche kaum
Zeit. Die nehmen sich Krapf und die
Kolleginnen und Kollegen jetzt am
Rande der Badminton-Treffen. Eine
gute Gelegenheit zum privaten Gespräch bietet auch die Sauna, in der
sich die Sportler nach dem Spiel treffen.
Teamsport verbindet Kommunikation und Spaß mit Prävention
Durch die gemeinsamen Sportaktivitäten
wurde das Betriebsklima wärmer und das
soziale Miteinander sowie die Kommunikation untereinander gestär-kt. Die Sportgruppe
erfreut sich so großer Beliebtheit, dass auch
Kolleginnen und Kollegen anderer Abteilungen hinzukamen.
Mit 13.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie einem Netzwerk von über 200
Standorten realisiert die Rhenus-Gruppe
umfassende und innovative Konzepte für
ihre Kunden. Rhenus bietet neben den Bereichen Contract Logistics, Freight Logistics,
Port Logistics und Public Transport kundenspezifische Lösungen für spezielle Branchen
und optimiert damit den gesamten Logistikprozess auf Basis individueller Wünsche.
Rhenus AG & Co. KG
Niederlassung Dortmund
Juchostraße 42
44143 Dortmund
Tel.: 0231-5667 0
www.rhenus.com
Seitdem treffen sich die Beschäftigten
der EDV-Abteilung regelmäßig einmal
pro Woche zum gemeinsamen Spiel.
„Vielleicht stehlen wir durch unsere
gemeinsame Sportgruppe hin und
wieder dem Unternehmen eine Stunde“, gibt Thomas Krapf zu. Aber das sei
nur kurzfristig so. Denn mittelfristig gesehen helfe der gemeinsame Sport
dem Unternehmen, da die Angestellten leistungsfähiger seien. Zudem
könne man nur für eine bestimmte
Zeit über dem normalen Level arbeiten und brauche dann irgendwann
auch die Entspannung und den Sport.
„Durch das regelmäßige BadmintonSpiel arbeiten wir nicht nur an unserer
Fitness, sondern auch am Stressabbau
und beugen so gesundheitlichen Schäden vor“, sagt Thoma Krapf.
Veranstaltung „Gesundes Arbeiten heute: Gesundheitsrisiken und Präventionsstrategien in der modernen Arbeitswelt” am 22.05.2007 beim AIW – Unternehmensverband in Stadtlohn.
14
Klaus Büscher Transporte, Hamm
Der Beruf des LKW-Fahrers wird
oft mit ungesunder Lebensweise
verbunden: Stress, ungeregelter
Schlaf, kaum Bewegung und zwischen den Fahrten Schnitzel mit
Pommes. Dass es auch anders geht,
zeigt ein Brummi-Fahrer aus dem
Münsterland. Er hat seine Ernährung
umgestellt und nutzt in den Fahrpausen sein Fahrrad, das er immer
mit dabei hat.
„Mit 41 hatte ich einen Schuss vor den
Bug“, erinnert sich Klaus Büscher. Damals arbeitete der Münsteraner als
Versand- und Lagerleiter bei einem
mittelständischen Speditionsunternehmen. Hektik, permanenter Termindruck und eine große Verantwortung
bestimmten seinen Tagesablauf. Doch
dann kam der „Schuss vor den Bug“,
wie Büscher seinen Herzinfarkt heute
rückblickend nennt. Der Herzinfarkt
bedeutete für ihn einen längeren Krankenhausaufenthalt, Rehabilitationskur,
intensives Nachdenken über die eigene Gesundheit und eine gehörige Portion Furcht.
Mit 41 machte sich der agile Schnauzbartträger plötzlich Gedanken über
seinen Lebenswandel, über Ernährung
und seine Gesundheit. Sein Arzt empfahl ihm, seine Ernährung umzustellen,
sich weniger Stress auszusetzen und
vor allem mehr Spor t zu betreiben.
„Aber wie sollte ich das in meinem Job
machen“, fragt Klaus Büscher und gibt
die Antwort gleich mit: „Das passte
nicht zusammen.“ Doch statt weiter zu
machen wie bisher, entschied er sich
für einen radikaleren Schritt: Klaus Büscher wechselte vom Lagerleiter zum
LKW-Fahrer, um mehr Freiheit über
die eigene Zeiteinteilung zu gewinnen.
Als selbstständiger Fahrer mit eigenem
LKW kann er nun seinen Zeitplan weit
gehend selbst bestimmen.
und fügt hinzu: „Aber vor allem habe ich
mit Sport angefangen.“ Doch welche
Sportart eignet sich für einen BrummiFahrer, der zu unterschiedlichen Tageszeiten „auf Achse“ ist und keine festen
Trainingszeiten einhalten kann? „Ich
musste eine Sportart für die Entladepausen finden“, erklärt Büscher, denn
während dieser Zeit stand er meistens
unbeschäftigt neben dem LKW. Also
kaufte sich Klaus Büscher ein Fahrrad
und fing an, in den Entladezeiten in der
Umgebung der Speditionen Rad zu fahren. Er drückte einem Mitarbeiter der
Spedition seine Visitenkarte in die Hand,
bat um einen Rückruf, wenn der LKW
entladen war und machte sich auf eine
ein- bis dreistündige Radtour.
Bewegung ist überall möglich – ein
sportlicher LKW-Fahrer
Für Klaus Büscher steht mit dem Winter eine
neue Herausforderung vor der Tür: Bei Eiseskälte will er nicht mehr Rad fahren – zumindest nicht im Freien. Für die kalten Tage
hat sich der Sportbegeisterte daher eine
neue Trainingsmethode überlegt. Mit einem
kleinen Umbau im Fahrerhaus will er Platz
schaffen für ein Trimmrad. Dort kann er dann
die Entladezeiten verbringen, ist für die Lagerarbeiter stets erreichbar und absolviert
trotzdem sein Sportpensum. „Bewegung ist
überall möglich“, sagt Klaus Büscher. „Man
muss nur die richtige Motivation haben.“
Klaus Büscher Transporte
Am Hülsenbusch 34
59063 Hamm
Was ist eigentlich der BMI?
„Manchmal erntet man schon ein Lächeln, wenn andere Fahrer oder die Lagerarbeiter sehen, dass ich Fahrrad fahre
oder in der Mittagspause Salat esse“,
sagt Klaus Büscher. Auch das hinter der
Fahrerkabine aufgehängte Fahrrad sorge
manchmal für Scherze von Kollegen. Die
Speditionsbranche sei eben noch nicht
sensibilisiert für gesundheitliche Risiken
und deren Bekämpfung. Doch manchmal entdeckt er heute schon andere
Fahrer, die sich auch ein Fahrrad an den
Brummi hängen. Und immer öfter sieht
er Gemüse in den Lunch-Boxen der
Kollegen. Es ist ein langsamer Prozess zu
einer gesunden Ernährung.
„Dann habe ich mit gesunder Ernährung begonnen und hauptsächlich
Salat gegessen“, erinnert er sich heute
Der Body-Mass-Index (BMI) – oft auch:
Körpermasseindex (KMI) – ist eine Maßzahl für die Bewertung des Körpergewichts
eines Menschen im Verhältnis zum Quadrat
seiner Größe.
(Quelle: wikipedia)
BMI=
Körpergewicht in kg
(Körpergröße in m)2
Die Bestimmung des Gewichts laut BMI
BMI
Gewichtseinteilung
<20
Untergewicht
20-25
Normalgewicht
25-30
leichtes bis
mäßiges
Übergewicht
>30
Starkes Übergewicht (Adipositas)
(Quelle: BKK Bundesverband)
15
Meuter & Team Werbeagentur, Borken
Mangelnde Bewegung wird in vielen
Berufen beklagt – Erkrankungen an
Herz-Kreislauf-System, Halteapparat
und Muskulatur sind die oft zitierten
Folgen. Dabei bieten auch Bürotätigkeiten genug Freiraum für Bewegung.
Beruf und Bewegung müssen nur intelligent miteinander verknüpft werden. Eine Werbeagentur aus dem
Münsterland hat mit innovativen
Ideen Erfolg bei der Gesundheitsförderung. Wortwörtlich „Schritt für
Schritt“ werden die Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter zu mehr Bewegung
motiviert.
„Wir arbeiten meist im Sitzen und wir
arbeiten meist kreativ“, stellt Anja
Meuter, Geschäftsführerin der Werbeagentur Meuter & Team, zwei Merkmale der Tätigkeit in ihrer Werbeagentur
vor. Doch gerade langes Sitzen kann
den Körper erschlaffen lassen und
führt zu Müdigkeit. „Und Müdigkeit
können wir uns nicht leisten“, sagt Anja
Meuter. Die Unternehmerin, die auf
langfristige Mitarbeiterbindung setzt,
will daher Bewegung am Arbeitsplatz
fördern: „Die Mitarbeiter fangen meist
in jungen Jahren bei uns an und bleiben
auch sehr lange in unserem Unternehmen. Damit sie die körperliche und
geistige Fitness über die Jahre beibehalten, sich kreativ einbringen können
und flexibel bleiben, müssen wir uns
auch während der Arbeit mehr bewegen.“
Darum stellte die Geschäftsführerin
eine Tischtennisplatte in der Agentur
auf. Dort können die Kolleginnen und
Kollegen jetzt in den Pausen oder zur
Auflockerung zwischendurch spielen.
Dadurch betätigen sie sich nicht nur
sportlich, sondern sie entspannen
kurzfristig, schalten für einen Moment
ab und können danach mit neuer
Energie weiterarbeiten. Regelmäßig
finden jetzt Tischtennisturniere statt.
Nach dem Erfolg dieser Maßnahme
stellte sich Anja Meuter die Frage, wie
die Bewegung am Arbeitsplatz weiter
verbessert werden kann: Ließen sich
auch Wege im Büro zur Gesundheitsförderung nutzen? Anja Meuter: „Ich bevorzuge die Taktik der kleinen Schritte.
Keiner soll sagen, in einem halben Jahr
habe ich zehn Kilo abgenommen und
bin rundum sportlich, sondern eins nach
dem anderen muss geschehen. Zunächst muss sich im Kopf etwas ändern.
Die Bedeutung von Gesundheit und
Sport muss ins eigene Bewusstsein rücken. Das will ich erreichen.“ So nutzte
die Unternehmerin eine Erfindung der
Sportindustrie: Schrittzähler. An der
Hüfte angebracht zählen die kleinen Geräte jeden Schritt, multiplizieren ihn mit
der Beinlänge des Trägers und errechnen so die zurück gelegte Wegstrecke.
Wenn sich alle Mitarbeiter des Bewegungspotenzials schon einfacher Spaziergänge bewusst sind – so das Kalkül
der Unternehmerin – kann die tägliche
Bewegung leicht erhöht werden.
Also schaffte die Firma Schrittzähler (14
Euro) an, die jede Mitarbeiterin und
jeder Mitarbeiter eine Woche lang zur
„Nullmessung“ trug. Dabei wird das
Gerät auf den Körper des Trägers eingestellt. Nach dieser Eichung trugen alle
Angestellten und mit ihnen die Geschäftsführerin den Schrittzähler, um die
täglich zurückgelegte Wegstrecke zu
messen. Zunächst wurde der Schrittzähler im Büro getragen, ohne dass die Träger etwas an ihrem üblichen Bewegungsverhalten ändern sollten. So
konnte der durchschnittliche Bewegungsradius ermittelt werden. „Interessant wurde es dann natürlich, als wir uns
16
Mehr Bewegung bei der Büroarbeit
- mit dem Schrittzähler!
gefragt haben, wie wir diesen Wert erhöhen
können“, erinnert sich Anja Meuter.
Denn das Ziel des Schrittezählens ist eine
Erhöhung der täglichen „Bewegungsportion“. In der zweiten Woche wurde der
Schrittzähler daher wieder getragen, diesmal
befolgten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aber von Experten vorgeschlagene Tipps
für mehr Bewegung im Alltag. Sie suchte sich
„zusätzliche Wege“ im Alltag, legten Spaziergänge in der Mittagspause ein oder gingen
ins Nachbarbüro, anstatt die Kollegen anzurufen.
„Nach diesen beiden Wochen war eindeutig
erkennbar, dass wir erheblich mehr Schritte
zurückgelegt hatten als vorher“, sagt Anja
Meuter. Es fand ein Austausch untereinander
über erfolgreiche „Schrittbringer“ statt und
es wurden Strategien für mehr Bewegung im
Berufsalltag verglichen. „Insgesamt sind wir
jetzt sehr viel sensibler für das Thema Bewegung“, fasst Anja Meuter die Ergebnisse des
Schrittzähler-Projektes zusammen. „Wir wissen, wie wir unseren Bewegungsradius erhöhen und welchen Wert schon ein Besuch bei
den Kollegen im Nachbarbüro hat.“ Natürlich sei das alles kein Ersatz für „richtigen“
Sport – aber den üben die Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter ja an der Tischtennisplatte
aus. Für ein Match braucht man übrigens
zwischen 200 und 300 Schritte.
Meuter & Team
Werbeagentur
Raesfelder Str. 5
46325 Borken
Tel.: 02861/92 13-0
Gegründet: 1997
Geschäftsführerin: Anja Meuter
Beschäftigtenzahl: 10
Druck- und Medienhaus Rademann GmbH,
Lüdinghausen
Handlungsfeld:
„Gesunde Ernährung und
Pausengestaltung“
Rund ein Drittel ihrer Zeit verbringen
Berufstätige im Unternehmen – und
fast immer wird mindestens eine Mahlzeit dort eingenommen. Doch während bei Frühstück und Abendbrot auf
ausgewogene Ernährung geachtet
wird, regiert in der Mittagspause häufig
„fast food“. Aus Sicht von Ernährungswissenschaftlern werden folgende Situationen als besonders ungünstig bewertet:
Wer „nebenbei“ am Arbeitsplatz
isst, schließt die Mahlzeit nicht richtig
ab. Dadurch geht das Gefühl dafür
verloren, welche Mengen man bereits zu sich genommen hat. Das natürliche Sättigungsgefühl wird häufig
übergangen.
Übergewicht, Krankheiten wie Diabetes Mellitus, Magen- und Darmprobleme, Herzerkrankungen, Bluthochdruck, aber auch Kopfschmerzen,
Rückenprobleme und Mangelerscheinungen sind nicht die einzigen Folgen
solcher Ernährungsweisen. Oft vergessen die Beschäftigten, für eine ausreichende Wasserzufuhr zu sorgen. Ausreichende Mengen Flüssigkeit stellen sicher,
dass Organe und Stoffwechsel optimal
funktionieren. Wird die täglich abgegebene Menge Flüssigkeit nicht ersetzt, so
hat das Auswirkungen auf den Kreislauf
und den Blutdruck und führt zu Erschöpfungszuständen und Leistungsund Konzentrationsabfall. Auch starke
Kopfschmerzen können die Folge von
Flüssigkeitsmangel sein.
Beteiligungsorientiertes Gesundheitsmanagement
Moderne Medienbetriebe müssen sich anderen Herausforderungen stellen als Druckereien traditionellen Zuschnitts. „Klassische“ Gesundheitsgefährdungen spielen
eine geringere, neue Risikofaktoren dafür
eine größere Rolle. Eine Druckerei aus
Lüdinghausen erprobt daher moderne
Konzepte, die Arbeitsschutz, demografiegerechte Mitarbeiterentwicklung und Motivation miteinander verbinden. Die Druckerei Rademann setzt erfolgreich auf beteiligungsorientiertes Gesundheitsmanagement.
Das Druck- und Medienhaus Rademann versteht sich als Innovationsführer in der Druckbranche: Moderne Technologien werden
früh genutzt, der Weiterbildung der Mitarbeiter ein hoher Stellenwert zugemessen, Offenheit und Transparenz sind Geschäftsprinzip. Dieser Anspruch wird schon bei Betreten des Firmengeländes deutlich: Eine
moderne Architektur im offenen und klaren
Bauhaus-Stil bietet weite Einblicke an, eine
Café-Ecke im Eingangsbereich strahlt Gemütlichkeit aus und auch die Produktionshalle ist sauber und ordentlich.
Wer nicht regelmäßig isst, verliert
leicht den Überblick. Heißhungerattacken sind nicht selten die Folgen
übergangener Mahlzeiten.
Gerade wissensintensive Arbeit
führt zu einem großen Bedarf an
neuer Energie. Vorprogrammierte
Leistungstiefs sollten jedoch nicht
durch kurzfristige Energielieferanten
in Form von Süßigkeiten überbrückt
werden.
Um diesen Erkrankungen vorzubeugen,
werden im Folgenden Beispiele von Unternehmen dokumentiert, die innovative Ideen zur Vermeidung dieser Krankheitsbilder sowie besonders ungünstiger
Ernährungssituationen erprobt haben.
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Dieser Gesamteindruck ist das Ergebnis
einer Unternehmenskultur, die auf Kommunikation und Motivation, eine positive Arbeitsatmosphäre und gesundheitsförderliche
Arbeitsbedingungen setzt. Ganz gezielt hat
sich Geschäftsführer Andreas Schnieder für
eine beteiligungsorientierte Unternehmensphilosophie entschieden, in der die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an der Verbesserung der Arbeitsbedingungen mitwirken
können.
Mittlerweile gehört es zum Arbeitsalltag,Vorschläge für eine Verbesserung des Gesundheitsschutzes zu diskutieren. Dazu werden
regelmäßige Gesprächskreise mit den Beschäftigten veranstaltet.Vorschläge der Kolleginnen und Kollegen stellt der Betriebsrat in
einem Führungskreis vor, der sich alle sechs
Wochen trifft.Viele der Vorschläge sind rela-
tiv kostengünstig zu realisieren und zeigen das große Interesse der Beschäftigten an einem „gesunden Unternehmen“.
So wurde auf Vorschlag der Belegschaft eine gemütliche Café-Ecke
(„Pixel-Corner“) eingerichtet, in der
kostenlos Getränke zur Verfügung stehen. „Die Kollegen in der Design-Abteilung wünschten sich eine ruhigere
Arbeitsumgebung“, erklärt Andreas
Schnieder, geschäftsführender Gesellschafter, eine weitere Umgestaltung.
„Da haben wir einfach die Decken in
den Büros abgehängt und Teppich verlegt – schon hatten wir den Lärmpegel
deutlich gesenkt.“ Es sind diese kleinen,
aber sehr wirksamen Verbesserungen,
die aus Mitarbeitervorschlägen entstehen und die Arbeitsatmosphäre, die
Zufriedenheit der Mitarbeiter und ihre
Identifikation mit dem Unternehmen
enormen verbessern. Mit ähnlich geringem Aufwand wurde das MeisterBüro in der Produktionshalle vor Lärm
geschützt und für mehr frische Luft in
der Halle gesorgt. Hier hatten Beschäftigte den Einfall, die bislang unbeweglichen Oberlichter im Hallendach durch
einen motorisierten Mechanismus in
klappbare Fenster umzufunktionieren.
Vor allem im Sommer herrschen nun
wesentlich angenehmere Temperaturen im Betrieb.
Allein durch die Verminderung von
Lärm und anderen produktionsbedingten Belastungen sowie durch die Einrichtung der Ruhezonen konnten die
Arbeitsbedingungen – und auch das
Betriebsklima – wesentlich verbessert
werden. Doch die Firma Rademann
geht noch einen Schritt weiter und finanzier t ihren Mitarbeiterinnen und
Mitarbeitern zudem Untersuchungen
beim Betriebsarzt, Berufskleidung und
individuell angepassten Gehörschutz.
Auch diese Maßnahmen verbessern
das Betriebsklima, die Verständigung
der Beschäftigten untereinander und
die Identifikation der Menschen mit
dem Unternehmen. „Jedes dieser ‚Mo-
saiksteinchen’ ist wichtig für unsere Vorstellung einer gemeinsamen Präventionskultur“, erklärt Andreas Schnieder.
Wichtig dabei ist vor allem das Miteinander von Geschäftsleitung und Belegschaft: Man spricht miteinander, ist
offen für Vorschläge und arbeitet gemeinsam an der ständigen Verbesserung
der Arbeitsbedingungen.
Bausteine beteiligungsorientierten
Gesundheitsmanagements
Gesprächskreise mit
allen Beschäftigten
Mitarbeitervorschläge für
betriebliche Verbesserungen
Führungskreise
konkrete
betriebliche Maßnahmen
Kleine Verbesserungen – große Wirkung
Präventiver Arbeits- und Gesundheitsschutz im Betrieb ist nicht nur ein Beitrag
zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen
für die Beschäftigten, sondern zahlt sich
auch für das Unternehmen aus: Eine Studie
zeigt, dass sich durch betriebliche Gesundheitsförderung die Fehlzeiten um bis zu ein
Drittel senken lassen und sich in Bezug auf
die Produktivität jeder investierte Euro vervierfachen bzw. versechsfachen kann. (Julia
Kreis, Wolfgang Bödeker, Gesundheit und
ökonomischer Nutzen betrieblicher Gesundheitsförderung und Prävention 2003).
Die Wirkungen der Präventionsmaßnahmen gehen dabei weit über den engeren
Bereich der Gesundheit hinaus, wie auch
das Beispiel Rademann zeigt.
(Broschüre profil’05: Arbeitsbedingte Gesundheits-
Das Konzept des beteiligungsorientierten Gesundheitsmanagements sieht Andreas Schnieder heute als großen Erfolg,
der sich auch finanziell auszahlt: „Die
Mitarbeiter merken, dass das Unternehmen an ihnen interessiert ist und machen sich Gedanken, wie sie sich besser
einbringen können. Dadurch haben sich
Leistungsfähigkeit, Innovationskraft, Motivation und Gesundheit der Mitarbeiter
verbessert. Und eine große Belohnung
für unseren Aufwand haben wir ja auch
schon bekommen“, freut sich Andreas
Schnieder und deutet auf eine Urkunde
an der Wand: 2004 erhielt die Druckerei
den Innovationspreis der Deutschen
Druckindustrie.
H. Rademann GmbH
Druck- und Medienhaus
Baumschulenweg 1
59348 Lüdinghausen
Tel: 02591-9174-0
[email protected]
www.rademann.de
Gegründet: 1848
Geschäftsführer: Dipl. Ing. A. Schnieder
Mitarbeiter: 80
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risiken und demografischer Wandel – Herausforderungen für betriebliche Personal- und Gesundheitspolitik).
amexus Informationstechnik GmbH und Co. KG,Ahaus
Das Problem von Vertriebsmitarbeiter Andreas Schulze Wilmert kennen
viele Berufstätige: „In Stresssituationen isst man häufig ungesunde
Dinge. Das beruhigt und geht schneller als eine gesunde Mahlzeit.“ So
wird Stress als Argument gegen eine
ausgewogene Mahlzeit ins Feld geführt. „Doch das ist Quatsch“, hält
Dr. Martin Lederle dagegen. Der Ernährungsmediziner hat für die Firma
amexus, einem Anbieter von Informationstechnik aus Ahaus, ein Konzept für gesunde Ernährung im Büro
entwickelt.
Das Projekt begann mit einer kleinen
Revolution. Denn bei amexus hatten
die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
die „Snack-Box“ lieben gelernt – ein
Süßigkeitenfach, das das Unternehmen
jede Woche aufs Neue für die Beschäftigten füllen ließ. Kostenlos standen
dort Schokoriegel, Weingummi und
andere Süßigkeiten bereit. Doch Dr.
Lederle sah in der „Snack-Box“ den
Gordischen Knoten für gesunde Ernährung im Betrieb – und durchschlug
ihn prompt.
von amexus. „Man hat sich halt sehr an
die Süßigkeiten gewöhnt.“Doch mit
einem Blick auf den bunten Obstkorb
fügt er hinzu: „Aber das hier ist natürlich
viel sinnvoller.“ „Das hier“ – das ist auch
das „Projekt 200“, das Dr. Lederle für
das Unternehmen entwickelt hat.
Durch gesunde Ernährung und mehr
Bewegung sollen die Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter täglich 200 Kalorien weniger zu sich nehmen oder mehr verbrennen. So kann nachhaltig und vor
allem gesund eine Gewichtsabnahme
mit gleichzeitiger Umstellung der Nahrungsmenge stattfinden, ohne dass der
„Jojo-Effekt“ die Erfolge zu Nichte
macht. Als „Jojo-Effekt“ bezeichnen Ernährungsberater den Effekt, dass ein Patient nach einer erfolgreichen Diät das
abgebaute Gewicht schnell wieder zunimmt.
Zum Start des Projektes zeigte Dr. Lederle an praktischen Beispielen, wie man
täglich 200 Kalorien einsparen bzw. zusätzlich verbrennen kann. Doch auch
nach dieser Einführung können die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sich in der
Praxis von Dr. Lederle individuell über
das eigene Ernährungsverhalten und zu
einer Ernährungsumstellung beraten zu
lassen.Als weitere Bausteine des Projektes wurden den Mitarbeiterinnen und
Mitarbeitern Schrittzähler zur Verfügung
gestellt, mit denen sie zu Fußgängen motiviert werden sollten. Eine Belastungsund Risikoanalyse durch externe Berater sowie ein ergonomischer Arbeitsplatzcheck rundeten das Beratungsangebot im „Projekt 200“ ab.
Gesunde Ernährung im
Betrieb
Die Ergebnisse des Projektes beeindrucken
auch Vertriebsmitarbeiter Andreas Schulze
Wilmert: „Wir haben gelernt, in Stresssituationen ungesunde Nahrungsmittel zu meiden. Die ersetzen wir heute durch Obst –
und haben noch nicht einmal das Gefühl, auf
etwas zu verzichten.“
Stefan Nacke, Geschäftsführer amexus GmbH & Co.
KG im Gespräch mit dem Ernährungsmediziner Dr.
Martin Lederle
amexus Informationstechnik
GmbH und Co. KG
von-Braun-Straße 34
48683 Ahaus
Tel: 02561/695-0
www.amexus.de
Gegründet: 1992
Geschäftsführer: Stefan Nacke, Jörg Tomse,
Andreas Veltmann
Beschäftigtenzahl: 19
Die „Snack-Box“ wurde durch Obstteller, das Soft-Drink-Angebot durch
Mineralwasser und Saft ersetzt. Seitdem können alle Beschäftigten zu
Obst und Sprudel statt Schokoriegeln
und Cola greifen.
„Das war natürlich nicht ganz einfach“,
verrät Stefan Nacke, Geschäftsführer
Bei einer Evaluierung bestätigten viele
Beschäftigte, dass sich auch in ihrer privaten Ernährung vieles verändert habe:
So sei die gesunde Ernährung auch auf
die Familie übergegangen.Auch die Kunden des Unternehmens werden in das
Projekt einbezogen, denn bei Kundengesprächen steht nun nicht mehr ein Süßigkeitenteller auf dem Tisch, sondern
auch ein Obstkorb.
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Autohaus Rosenthal & Rustemeier und Bauer & Bickmeier GmbH, Soest/Paderborn
„Unsere Kundenkommunikation ist
komplexer und anforderungsreicher
geworden“, sagt Bernhard Rosenthal
und fügt nachdenklich hinzu: „Fast
könnte man von der Kunst der Kundenkommunikation sprechen.“ Diese
Kunst hat Rosenthal, Geschäftsführer
der Autohaus-Gruppe „Rosenthal &
Rustemeier und Bauer & Bickmeier“,
vor vier Jahren in einem Call-Center
gebündelt. Sechs Mitarbeiterinnen
betreuen dort alle Kunden der Unternehmensgruppe. Ein spezielles
Präventionskonzept hält die Mitarbeiterinnen dabei stimmlich fit.
Die Unternehmensgruppe Rosenthal
& Rustemeier und Bauer & Bickmeier
beschäftigt rund 170 Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter an sechs Standorten
zwischen Soest und Paderborn. Sie liefert die Marken Opel, Saab, Renault,
Chevrolet und Alfa Romeo, ist Automobilhändler und -Servicepartner und
verfügt über ein europaweit aufgestelltes Großkundengeschäft. „Vor allem
mit unseren Großkunden stehen wir
hauptsächlich telefonisch in Kontakt“,
erklärt Bernhard Rosenthal. Denn
währen die Privatkunden auch gerne
im Autosalon vorbeischauen, wissen
die Großkunden genau, was sie wollen.
Alle Rahmenbedingungen sind vertraglich geregelt, die Details werden
von Profis am Telefon abgewickelt.
Deshalb setzt das Autohaus auch auf
professionelle Kräfte am Telefon: An
Stelle von Studenten sitzen im CallCenter Mitarbeiterinnen, die über
technisches Fachwissen, Berufserfahrung und eine langjährige Zugehörigkeit zum Unternehmen verfügen. Das
Durchschnittsalter der Agentinnen
liegt mit rund 40 Jahren daher deutlich
über dem anderer Call-Center. „Unsere Call-Center-Agentinnen sind Vollblutprofis“, ist sich Rosenthal daher
sicher.
Doch diese Mitarbeiterinnen benötigen auch einen besonderen Schutz,
denn die Belastbarkeit der Stimme
lässt mit zunehmendem Alter nach. Außerdem sind ältere Mitarbeiter anfälliger
für Stress als jüngere Kolleginnen und
Kollegen – und Stress schlägt besonders
auf die Stimme. „Die Stimmbänder verlieren mit den Jahren an Spannkraft“, erklärt Edith Hansmeier diese Phänomene. Sie muss es wissen: Als Geschäftsführerin und Trainerin des Münsteraner
Gesundheitsdienstleisters Vistiana berät
und therapiert sie professionelle Sprecher wie Verkäufer, Sänger, Lehrer und
zum Beispiel Call-Center-Agenten. Zum
Repertoire des Gesundheitsdienstleisters zählen Ergotherapie, Physiotherapie
und Logotherapie, aber auch Stimmbildung und eben „Stimmhygiene“. „Unter
Stimmhygiene fasse ich alle Elemente
einer Verbesserung und Erhaltung der
Qualität einer Stimme zusammen“, sagt
Edith Hansmeier. Stimmhygiene verbindet also professionelle Stimmausbildung
und präventive Gesunderhaltung miteinander – Ausbildung und Prävention
gehen Hand in Hand. Dazu zählen die
richtige Atmung, ein „weicher“ und
Stimmband schonender Stimmansatz
und harmonischer Stimmverlauf, aber
auch die Gesunderhaltung der Stimme
durch Vermeidung oder Behandlung von
Erkrankungen, regelmäßiges Training der
Stimme und „gesunde“ Verhaltensweisen in Bezug auf Rauchen oder den Einsatz der Stimme im Privatbereich. Ein
Profifußballspieler betreibt auch keinen
Extremsport und schont zum Beispiel
den Meniskus – ein professioneller
Sprecher sollte daher besonders auf
seine Stimme achten und sie nicht durch
lautes Rufen strapazieren. Denn die
Stimme eines Call-Center-Agenten ist
nicht nur sein „Arbeitswerkzeug“, sondern auch die Visitenkarte eines Unternehmens – sie bestimmt über den Eindruck, den ein Kunde vom Unternehmen gewinnt. Im Rahmen der „Stimmhygiene“ lernten die Call-Center-Agentinnen daher im Training, wie sie ihre
Stimme im Beruf und Privatleben schonend einsetzen, Gefahren in Form von
Stress, Erkältung oder Ermüdung erkennen und durch geeignete Gegenmaßnahmen bekämpfen können.
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„Stimmhygiene“ unterstützt professionelle Kundenkommunikation
Insgesamt zehn Tage trainierte Edith Hansmeier mit den Mitarbeiterinnen des CallCenters. Dabei lernten diese in einer ersten
Phase ihre Stimme besser kennen. Theorie
zur Stimmbildung und eine Arbeitsplatzbegehung standen dabei im Mittelpunkt. Dabei
achtete Edith Hansmeier auf eine gesunde
Körperhaltung, aber auch eine angenehme
Atmosphäre im Call-Center, denn beides
wirkt sich auf die Stimme der Agentinnen
aus. In der zweiten Phase wurde praktisch
trainiert: Die Stimme sollte genutzt werden,
um Spannungen aus Gesprächen zu nehmen
und Freundlichkeit zu signalisieren. Gleichzeitig lernten die sechs Teilnehmerinnen Übungen, mit denen sie ihre Stimme über die
sechs bis acht Stunden eines Arbeitstages
gleich stark erhalten können – ohne einen
Leistungsabfall oder gar Heiserkeit am
Abend. „Unsere Kunden wissen nicht, dass
die Agentin vielleicht schon den ganzen Tag
telefoniert und erwarten auch abends noch
eine freundliche und zuvorkommende Ansprechpartnerin“, gibt Bernhard Rosenthal
das Ziel dieses Trainings vor.
GesundheitszentrumVistiana
Hafenweg 14
48155 Münster
Tel: 02561/60 98 04-0
Unternehmer und Gesundheitsexperten im Dialog
Nach dem praktischen Training unterstützte Edith Hansmeier den Transfer
des Gelernten in die Praxis, denn allzu
häufig wenden Schulungsteilnehmer
neues Wissen nur eine Woche nach
dem Training an, vergessen es dann
aber im Arbeitsalltag. Durch Testanrufe, eine Erinnerungs-SMS oder eine EMail mit einem neuen Übungsvorschlag hielt Vistiana den Lernerfolg der
Teilnehmerinnen hoch. Bernhard Rosenthal ist vom Erfolg dieser Kombination aus Stimmausbildung und Prävention überzeugt. Denn nach seiner
Erfahrung macht die Stimme 80 Prozent des Eindrucks aus, den man von
einem Gesprächs- partner am Telefon
gewinnt. Und diesen Eindruck können
die Call-Center-Agentinnen nun dauerhaft sichern.
Autohaus Rosenthal & Rustemeier
Westenhellweg 52
59494 Soest
Tel.: 0 29 21/686-0
www.rosenthal-rustemeier.de
Autohaus Bauer & Bickmeier
Detmolder Straße 120
33100 Paderborn
Tel.: 0 52 51/1454-0
Geschäftsführer:
Hans Rosenthal, Bernhard Rosenthal,
Bettina Rosenthal-Zeisberg
Beschäftigtenzahl: 170
Was ist ein „weicher“ Stimmansatz?
„Jeder Mensch nimmt die Stimme
eines Gegenüber subjektiv und unterschiedlich wahr“, erklärt Edith Hansmeier. Was dem einen angenehm ist,
gefällt anderen nicht. Doch die meisten
Menschen nehmen einen so genannten „weichen Stimmansatz“ als subjektiv besonders angenehm wahr. Daher
trainieren viele professionelle Sprecher diesen Ansatz. Die Laute werden
dabei mit geringerer Spannung in den
Stimmbändern und eher hauchend gesprochen. Edith Hansmeier: „Am besten trainiert man den weichen Stimmansatz, wenn man sich vorstellt, man
würde eine Seifenblase auf den
Stimmbändern tragen und diese dürfe
nicht durch zu viel Druck und Spannung zerplatzen. Die weiche Stimme
setzt Atmung und Lippen stärker ein
als die Stimmbänder und wirkt so unaufdringlicher.
Eine weiche Stimme schont die
Stimmbänder und erhält somit die Belastbarkeit.
Nach dem praktischen Training unterstützte Edith Hansmeier den Transfer
des Gelernten in die Praxis, denn allzu
häufig wenden Schulungsteilnehmer
neues Wissen nur eine Woche nach
dem Training an, vergessen es dann
aber im Arbeitsalltag. Durch Testanrufe, eine Erinnerungs-SMS oder eine
eMail mit einem neuen Übungsvorschlag hielt Vistiana den Lernerfolg der
Teilnehmerinnen hoch. Bernhard Rosenthal ist vom Erfolg dieser Kombination aus Stimmausbildung und Prävention überzeugt. Denn nach seiner
Erfahrung macht die Stimme 80 Prozent des Eindrucks aus, den man von
einem Gesprächspartner am Telefon
gewinnt. Und diesen Eindruck können
die Call-Center-Agentinnen nun dauerhaft sichern.
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In mehreren Workshops wurden Qualitätskriterien zur Bewertung der recherchierten
Praxisbeispiele entwickelt. Die Präventionskonzepte wurden vorgestellt, diskutiert und
von den beteiligten Gesundheitsexper ten
und Unternehmern hinsichtlich ihrer Anwendbarkeit in kleineren Unternehmen und
hinsichtlich ihrer Wirskamkeit bewertet.
Von links nach rechts:
Markus Breul - Barmer Ersatzkasse
Rainer Ollmann - gaus gmbh
Hans-Georg Möllmann - Barmer
Ersatzkasse
Dörte Hillebrand - Aktion Münsterland
Frank Schnittker - d.velop
Stefan Nacke - amexus
Dr. Martin Lederle - Ernährungsmediziner
Von links nach rechts:
Stefan Nacke - amexus
Stefan Schmeing - Bahn BKK
Susanne Noll-van Bevern - BVWL
Markus Rasche - BVWL
Dr. Martin Lederle - Ernährungsmediziner
Rainer Ollmann - gaus gmbh
Dr. Ralf Hagedorn - Aktion Münsterland
Anja Palesch - Caritas Pflege & Gesundheit
Transfer-Gesundheitstag am 08. November 2006 in Münster
Projektdurchführung
Bildungswerk Verkehr Wirtschaft
Logistik NRW e.V.
Haferlandweg 8
48155 Münster
Kontakt:
Susanne Noll-van Bevern
eMail: [email protected]
Fon: 0251.60 61.472
Gesamtkoordination:
Helmut Meyer
eMail: [email protected]
Projektpartner
gaus gmbh
medien bildung politikberatung
Benno-Jacob-Str. 2
44139 Dortmund
www.gaus.de
Konzeption: gaus gmbh
Koordination
Rainer Ollmann
Recherchen und Text
Maren Eichert
Johannes Jahns
Susanne Noll von Bevern
Bastian Pelka
Grafik und Layout
Erbil Tongul
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