reviews a - z - Stage of Reality

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reviews a - z - Stage of Reality
REVIEWS A - Z
STALLION
„Rise And Ride“
STEEL PROPHET
“Omniscient”
STENCH
“Venture”
STICKY BOYS
„Make Art“
THE BULLETMONKS
“No More Warnings”
THE DARK TENOR
„Symphony Of Light“
134
nicht der nächstliegende war, also geht das Material der Band auch nicht
umgehend durch die Decke, wirkt aber dafür facettenreicher, als es vielleicht
in Wirklichkeit ist. Das psychedelische ‘Wasted Blood’ bietet an sich nichts
Neues, gefällt aber durch seinen schieren Aufbau, wo der programmatische
Heavy Blues ‘Head In The Clouds’ durch seine Melodie punktet – die Riffs
sind abgedroschen – und ‘My Baby Likes To Boogaloo’ mit fantastischem
Percussion-Spiel sowie funky Groove als Gimmicks besticht. Dem gegenüber
stehen aber auch ins Leere verlaufende Tracks wie das lärmende ‘Tsunami’
und die neunminütige Nudel ‘Psylocibin’. In kondensierter Form – aufs Nötige
entschlackt – wären die Morpheussöhne vielleicht eine coole Vorband für die
himmelhaushohen Zodiac. Darf man als Retro-Fanatiker kennen. (AS)
10 Punkte
SOUNDGARDEN “Superunknown – 20th Anniversary Deluxe Edition“ Re-Release
(AM/Universal)
Vielleicht war “Superunknown” seinerzeit der Anfang von SOUNDGARDENs
erstem Ende, aber davon losgelöst steht die Scheibe auch ungeachtet ihres
kommerziellen Erfolges (neun Millionen weltweit abgesetzt, fünffache
Platinauszeichnung) heute so gut wie damals da, wenn es um schweren
Rock ohne Machismo (‘Jesus Christ Pose’ und so) geht, den man weiterhin
unbeholfen Alternative oder gar Grunge nennen darf, am besten aber als
schlichtweg zeitlos bezeichnet. Ob man nun das polternde Titelstück oder das
bedächtige ‘Fell On Black Days’ heranzieht: “Superunknown” klingt innerhalb
des weiten Spannungsfeldes, das die Scheibe abdeckt, wie aus einem Guss
und trotz Major-Ehren keineswegs überproduziert oder zu ausgefeilt, was allein
schon der unverkennbar kantige Stil von Kim Thayil ausschließt. Bleierner
Stoner Blues wie ‘Mailman’, ‘4th Of July’, ‘Limo Wreck’ und ‘Head Down’
dominiert die Stimmung, aber da ist noch mehr, etwa das hypnotische ‘Fresh
Tendrils’ und der kurze Punker ‘Kickstand’. Das power-poppige ‘My Wave’, das
episch psychedelische ‘Like Suicide’ und der sonnige, nicht in den Staaten
veröffentlichte Bonustrack ‘She Likes Surprises’ sind vor diesem Hintergrund
regelrechte Ausreißer, aber wie gesagt: Nichts wirkt auf “Superunknown” wie
Ballast – auch nicht das von vornherein zwiespältig aufgenommene ‘Black
Hole Sun’, das zum Signaturstück der Band wurde, obwohl sie es gar nicht
wollte, und der zweite Konsens-Kracher ‘Spoonman’. Unter den klanglich
unterbelichteten Demos auf der zweiten CD sind die Rohbauten von ‘Black
Hole Sun’ und ‘Limo Wreck’ besonders interessant zu hören, wobei sich einmal
mehr bestätigt, dass ein findiger Produzent eine Menge ausmacht und selbst
eine starke Band wie diese nur mit Wasser kocht. ‘Black Days III’ als Urfassung
von ‘Fell On Black Days’ klingt ebenfalls spannend wie aufschlussreich, und
B-Seiten wie das zackige ‘Birth Ritual’ und ‘Kyle Petty, Son Of Richard’ hätten
andere Kaliber im Hauptteil verbraten. Die Klangexperimente ‘Exit Stonehenge’
und ‘Jerry Garcia’s Finger’ hingegen gemahnen an die alten, unbequemen
SOUNDGARDEN, denen die Musiker bei allen Mainstream-Ehren eigentlich
nie endgültig abgeschworen haben. Den grenzwertigen Remixes im Bonusteil
steht die ungleich hübschere Akustik-Version von ‘Like Suicide’ gegenüber, und
‘The Day I Tried To Live’ in alternativer Abmischung knallt wie nichts Gutes
– wertvolle Angelegenheit, das Ganze, selbst wenn man die Urversion schon
besitzt. Wer es ganz dreckig braucht, besorgt sich die Geburtstags-Version von
“Superunknown” in der Variante mit fünf(!) CDs. Dieser Doppeldecker bringt
das Wesentliche mit einem geringen Mehrwert auf einen Nenner und drängt
sich Unbedarften auf, die eine Geschichtsstunde zum Thema “Die 1990er
waren nicht scheiße” brauchen. (AS)
SPACE EATER „Passing Through The Fire To Molech“
(Pure Steel/Soulfood)
Denkbar Metallica-lastig steigen die Serben von SPACE EATER in ihr
Drittwerk ein. Sowohl der Opener ´Unjagged´ als auch der folgende Titeltrack
können nicht ansatzweise verbergen, dass die 80er-Werke der Megaseller
Hauptinspirationsquell waren und sind. Erst der flotte Thrasher ´Daisy Cutter´
im Warbringer-Stil mit einigen Ausflügen in den Power sowie klassischen
Heavy Metal fördert ein breiteres Spektrum an Einflüssen der vier Herren
zutage. Die Vergleiche von Seiten des Labels, die Serben würden mit ihrem
Sound den aktuellen Veröffentlichungen von Overkill ähneln, lässt sich über die
gesamte Spielzeit von „Passing Through The Fire To Molech“ kein einziges Mal
nachvollziehen und sollte daher bitte auch nicht auf eine falsche Fährte locken.
Viel mehr orientieren sich SPACE EATER überwiegend im Bay Area-Sound an
Truppen wie Death Angel (´P.O.W.´, natürlich ´Ultra-Violence´), Forbidden (´Ninja
Assassin´) oder mit dem Smasher ´A Thousand Plagues´ auch an den frühen
Exodus. In ´Exhibition Of Humanity´ rödeln sich SPACE EATER schon fast im
Exciter-Tempo durchs Geschehen und huldigt damit auch den Mitbegründern
des Speed Metals aus Kanada. Alles in allem ein gutes „Tribute“-Album an den
(Bay Area) Thrash Metal, vermissen lassen die Südosteuropäer dabei allerdings
ihre eigene Note… (HD)
8 Punkte
SPARZANZA “Circle“
(Black Cult/Spinefarm)
Es ist bereits die siebente Scheibe, trotzdem ist der Bandname SPARZANZA
südlich der Ostsee nicht wirklich geläufig. Dabei präsentieren die Schweden
einen recht gefälligen, fast schon Mainstream-tauglichen Rock/Metal-Mix.
Nicht zu heavy, aber immer noch mit dem nötigen Drive, um beim StandardRadiopublikum zünftig anzuecken. „Circle“ liefert gute 37 Minuten groovigen
Heavy Rock mit metallischem Durchsatz, ein paar (Post)Grunge/AlternativeAnleihen und moderner Akzentuierung. Die Grundzüge sind zweifellos
skandinavisch – schwedisch mit leichtem Finnland-Drall, wenn man den
Überhang melancholisch-hymnischer Refrains betrachtet. Hooklines wie die
von ‘Underneath My Skin’, ‘Breathe’ oder ‘Black’ gehen gut und schnell ins
Ohr. Fast jeder Track basiert auf dem bewährten Härte-vs.-Melodie-Prinzip.
Auch die Vocals folgen dieser Direktive, wobei man Sänger Fredrik Weileby
zweifelsfrei eine vielseitige Ausdrucksweise bescheinigen kann. Hauptsächlich
wechselt er zwischen etwas rauerem Klargesang und modernen Screams.
Seine emotionale Seite kehrt er insbesondere bei ‘As I Go Away’ heraus.
Zwar grenzt sich seine Stimme nicht über die Maßen ab, dafür klingt das,
was er von sich gibt, jederzeit gekonnt. „Circle“ ist ein abwechslungsreiches,
vor allem energiegeladenes Album mit viel Ohrwurm-Potential. Da fragt
man sich doch, wo der Haken ist, dass die internationale Sichtbarkeit dieser
Band nach so langer Zeit noch so gering ausfällt. Sicherlich - SPARZANZA
werden die Musikwelt nicht mehr auf den Kopf stellen, aber eine Zielgruppe
auch außerhalb Skandinaviens anzusprechen, sollte wohl kein Ding der
Unmöglichkeit sein. (SL)
10 Punkte
STAGE OF REALITY „The Breathing Machines“
(Nuvi)
Mit einem Textkonzept, welches von dem visionären Künstler, Schreiber
und Filmregisseur Pier Paolo Pasolini inspiriert wurde und offenbar auch
Parallelen zu George Orwells düsterer „1984“-Realität aufweist, heben sich
STAGE OF REALITY direkt auf ihrem Debüt von der Masse ab. Das futuristisch
kalte Cover kommt dank der Verpackung in einer DVD-Hülle besonders zur
Geltung. Die Skyline ihrer Heimatstadt Rom hat das Quintett jedenfalls nicht
dafür verwendet. ‚The Breathing Machines‘ beginnt für eine Hard RockBand befremdlich modern und groovig, zunächst nur mit einem geraunten
Sprechgesang – was im Rahmen des Konzepts natürlich Sinn ergibt. Die
atmenden Maschinen sind die Menschen der nahen Zukunft, die Individualität
und ihren eigenen Willen verloren haben. Es ist richtig erfrischend, dass die
Jungs so gar nicht retro klingen, sondern einen modernen, erwachsenen
(Hard) Rock-Sound fahren. Nach dem sperrigen Opener ist ‚Shadows From
The Past‘ ein melodisches Kleinod, welches umso eindringlicher wirkt, weil das
Hymnenpotenzial nicht ausgereizt, der Refrain also nicht aufgeblasen wurde.
‚Good & Evil‘ setzt in den Strophen bei der Bassabreit funkige Akzente - die bei
‚Grey Man‘ gar noch dominanter sind. ‚The Lis Box‘ erscheint danach etwas
blass und müde und wird von der Ballade ‚Five Senses‘ überstrahlt. An der
Vielseitigkeit des Songwritings merkt man, dass die Musiker Queen schätzen
- und sie neben Ozzy und Muse zu ihren Einflüssen zählen. ‚The Buildings‘
könnte vom Härtegrad her im normalen Radioprogramm laufen – wäre da nicht
das unzumutbar ausgefuchste Solo, an dem Mainstream-Hörer zu knabbern
hätten. Der Stampfer ‚Mindless‘ übertreibt es mit Soundeffekten in den
Strophen, packt aber im Refrain. ‚Where Are We Going‘ und des eingängige
‚Next Generation‘ machen den Sack zu. (BTJ)
10 Punkte
STALLION „Rise And Ride“
(High Roller/Soulfood)
Erdrutschartig haben sich STALLION aus der Bodenseeregion auf der MetalLandkarte platziert! Gerade mal gut ein Jahr ist es her, als die Formation ihr
erstes Demo veröffentlicht hat, gefolgt von der fulminanten „Mounting The
World“-EP vergangenen Oktober, die einschlug wie eine Granate. Im Zuge
des Wiederauflebens traditioneller Heavy Metal-Klänge mit entsprechendem
1980er-Look wurde in den vergangenen Jahren jede Menge Quatsch an die
Oberfläche gespült. STALLION jedoch stellen sich dem vielen Schnellschussund Durchschnitt mit echter musikalischer Qualität entgegen – und ernten
dafür verdientermaßen die Früchte. „Rise And Ride“ macht nahtlos dort weiter,
wo die EP nach sechs Songs zu Ende rotierte, sprich, der Metal klingt, als
hätte es die Neunziger und 2000er Jahre nie gegeben. Was wiederum nicht
impliziert, das Resultat würde altbacken und von vorgestern klingen. Viel mehr
ist es so, dass einen latent das Gefühl beschleicht, genau dieses Album in
den Achtzigern aus irgendwelchen absurden Gründen verpennt zu haben und
es einem nun durch Glück, Zufall und Fügung direkt aus einer FlohmarktRumpelkiste in die Finger gefallen ist. Und entsprechend nostalgisch und
ehrfürchtig lauscht man den zeitlosen Heavy Metal-Hymnen, die in Form des
genialen Titeltracks, den bereits von der EP bekannten ´Canadian Steele´ und
´The Right One´, ´Wild Stallions´, ´Wooden Horse´, ´Streets Of Sin´ oder ´The
Devil Never Sleeps´ nie abreißen und die Party endlos am Laufen halten sollten.
Der charismatische Gesang von Pauly Force ist alleine schon die halbe Miete
von STALLION und mit den vier weiteren hochtalentierten Mitstreitern ist hier
schlicht eine kompakte Truppe am Start, die Zukunft hat! (HD)
12 Punkte
STAM1NA „SLK“
(Sakara/OMN)
In Finnland haben STAM1NA so ziemlich alles geschafft, was man als MetalTruppe erreichen kann: Chartplatzierung ganz oben, Goldstatus für verkaufte
Platten, ausverkaufte Hallen... Ein Phänomen, das beim Lauschen von „SLK“,
das in Finnland bereits im Februar dieses Jahres veröffentlicht wurde, nicht
schwer nachzuvollziehen ist. STAM1NA liefern harte, verspielte, aber doch
eingängige Kost in finnischer Landessprache ab. Keyboards und eingängige
Refrains sorgen für den nötigen Wiedererkennungswert. Dazu verleihen die
vielseitigen Vocals einem jeden Song noch eine ganz eigene Nuance. Ob
das Ganze auch in Deutschland funktioniert, bleibt zu bezweifeln. Denn trotz
großer Affinität des weltoffenen Publikums zu Texten in anderen Sprachen
bleiben solche Bands doch immer irgendwie Exoten und können durch
Mitgrölrefrains, die nur mit Hindernissen zu verstehen oder gar zu erlernen
sind, sicher keinen Status wie im Heimatland erreichen. Dennoch könnten
STAM1NA auch hierzulande für eine breitere Zielgruppe interessant sein: Beste
Beispiele sind Songs wie ‘Heikko Ehka’ oder ‘Panzerfaust’, die gut das gesamte
musikalische Spektrum der Band aufzeigen - von melodischem Thrash-Riffing
über verspielte, fast vertrackte Passagen bis hin zu fast poppigen Refrains
ist einfach alles vorhanden. Die Mischung wirkt weder erzwungen noch zu
plastisch konstruiert, und so hält man den Hörer durchgängig bei Laune.
Über Produktion und spieltechnische Umsetzung bleibt nicht viel herum
zu philosophieren, das wird alles nahezu perfekt umgesetzt und rundet
„SLK“ gelungen ab. Bleibt ein sehr rundes, sehr finnisches Album, welches
niemandem, der auf harte Klänge, gepaart mit leicht Mainstream-kompatiblen
Refrains, steht, bitter aufstoßen sollte. Ob sich die Mucke auf ihre unanstößige,
geradlinig gefällige Art bis ganz an die europäische Spitze katapultieren wird,
bleibt hingegen abzuwarten. (OS)
11 Punkte
STAR INSIGHT “Messera”
(Inverse)
Symphonische Klänge, ein Schuss Melodic Death und dazu eine satte Portion
Deathstars meets The Kovenant: mit diesem Stilmix versuchen die Finnen von
STAR INSIGHT dieser Tage, auf sich aufmerksam zu machen. Glaubt man den
ersten Nummern ihrer neuen Scheibe, will man sogar fast meinen, dass die
Nordeuropäer mit diesem eigenwilligen Vorstoß schnell ins Schwarze treffen.
‘Limbo’ und ‘Emanuela’ treten mit breiter Brust und deftiger Riffkante nach
vorne und konkurrieren problemlos mit der Spitze der brachialeren MelodicActs. Doch kurz darauf geht “Messera” bereits die Puste aus; langweilige
Midtempo-Stampfer mit relativ synthetischem Anstrich geben fortan den
Ton an, schaffen es aber nicht, an die Glanztaten der nordischen Kollegen
anzuknüpfen. Im Gegenteil: ‘Night With Fever’ und ‘Frozen Rose’ sind
bestenfalls durchschnittlich und könnten auch als Ausschussware besagter
Kapellen durchgehen. Erst im Schlussabschnitt finden STAR INSIGHT wieder
zu anfänglicher Stärke und versuchen es ein weiteres Mal mit dem Kantholz.
Inzwischen haben die Herrschaften aber schon einiges an Kredit verspielt
und ihr Album in ein Werk mit zu vielen Tiefen verwandelt. Letztendlich
verschwindet “Messera” daher auch irgendwo im Nirgendwo zwischen Gut
und Böse. (BB)
9 Punkte
STATE OF SALAZAR “All The Way”’
(Frontiers/Soulfood)
Viel Zeit muss nicht vergehen, bis man entdeckt hat, dass sich Jim Peterik
wieder unter neuer Flagge um Aufmerksamkeit bemüht. Doch weit gefehlt:
Auch wenn sich hinter STATE OF SALAZAR die klare Handschrift des einstigen
Survivor- und Pride Of Lions-Songwriters verbirgt, steht Peterik in keinster Weise
mit diesen Schweden in Verbindung. Es sind lediglich zigfache Fremdzitate, die
“All The Way”, den neuen Silberling der Skandinavier ausschmücken, seinen
Wert jedoch von Beginn an auch reichlich steigern. STATE OF SALAZAR
fahren ganz klar die 80er-Melodic-Rock-Schule, haben einen Keyboardsound,
der Survivor nicht ähnlicher sein könnte, sind beim Gesang immer wieder
im Dunstkreis von älteren Toto-Songs zu finden, wissen aber auch Acts wie
Journey und Ten offenkundig zu schätzen. Altbacken klingt das Material von
“All The Way” deshalb mitnichten; ein ganzer Schwung lebendig inszenierter
Ohrwürmer eröffnet die erforderlichen Präventivmaßnahmen, die packende
Performance von Toby-Hitchcock-Soundalike Marcus Nygren setzt weitere
Akzente, und auch wenn man den Vergleich zu Herrschaften wie Jamison
und Peterik nicht lösen kann, haben STATE OF SALAZAR im direkten Umfeld
zahlreicher legendärer Bands eine Nische gefunden, in der sich die Schweden
austoben können. Und das tun sie auf “All The Way” mit einer Menge Spaß und
ordentlichem Songmaterial, vor allem aber momentan besser als die beiden
Herren, die seinerzeit das Auge des Tigers erblickten! (BB)
11 Punkte
STATUS QUO “The Frantic Four’s Final Fling”
(Ear/Edel)
Aus nostalgischen Gründen war die Reunion im originalen Line-Up sicherlich
eine tolle Sache, an die bravourösen Shows mit der „überarbeiteten“ STATUS
QUO-Fassung kamen die Konzerte auf der vergangenen Tour allerdings nicht
heran. Auch der Gig aus der irischen Hauptstadt, der letzte der Gastspielreise,
zeigt, dass Rick Parfitt und Co. immer noch eine Menge Spaß in den Backen
haben, der Gedanke an Altersteilzeit aber langsam auch mal bei ihm und
seinen Mitstreitern bedacht werden sollte. An der Show als solche, die nun für
eine ultimative Nachlese in allen erdenklichen Formaten aufgelegt wurde, gibt
es aber grundsätzlich wenig zu meckern: “The Frantic Four’s Final Fling” zeigt
eine Band, die sich und ihr Lebenswerk feiern lässt, gerade auch deswegen,
weil die Setlist nicht bloß aus dem Offensichtlichen besteht. Dennoch: Man
hat die Band auch in der jüngeren Vergangenheit bzw. im jetzigen LineUp schon agiler und vor allem spielfreudiger gesehen - dass nämlich nach
weniger als 90 Minuten der Vorhang zugezogen wird, ist auch bei diesen
Dinosauriern nicht übliches Business. STATUS QUO-Fans müssen natürlich
einen Blick riskieren, verfehlen aber kein echtes Highlight, sollten sie sich
gegen eine Investition entscheiden. (BB)
STEEL PROPHET “Omniscient”
(Cruz Del Sur/Soulfood)
Was lange währt... Während ihres kurzen Laufs bei Nuclear Blast hätte das
nächste große Ding aus STEEL PROPHET werden können, doch vor allem
Besetzungswechsel (sind immer noch ein Problem) brachen der Band das
Genick. Ihr Comeback mit Wieder-Sänger Rick Mythiasin muss sich nun an
“Dark Hallucinations” sowie “Messiah” messen lassen und geht dabei nicht
mit blutiger Nase vom Platz, ist aber auch kein Instant-Klassiker. Vordenker
Kachinsky ergeht sich in bewusst sperrigen Melodien wie Songstrukturen
sowie einem verstiegenen SciFi-Konzept, das einmal mehr für geistreiche
Texte sorgt (‘1984’, ‘Funeral For Art’!), aber nicht eben Eingängigkeit.
“Omniscient” enthält keine offensichtlichen Hits, wobei die energetischen
Melodic Metaller (etwa ‘Trickery Of The Scourge’ und ‘The Tree Of Knowledge’)
weit besser gefallen als die diesmal außerordentlich vielen Speed-Tracks
(stellvertretend für alle: ‘When I Remake The World’, ‘Chariot Of The Gods’)
und knüppelharten Avancen, in denen Ricks Fabelstimme, die obendrein
warum auch immer manchmal mit Effekten belegt wird, unterzugehen droht.
Warum dann doch eine so hohe Wertung? Weil dieses verflixt mutige Ding
nach Grower riecht und hörbar Substanz birgt, außerdem für den neuerlichen
‘Oleander’-Treppenwitz und tatsächlich Queens ‘Bohemian Rhapsody’, das
auf Platte so würdevoll gecovert wurde wie bereits live. Rundum klassischer
Metal war in letzter Zeit nicht fortschrittlicher. (AS)
12 Punkte
STENCH “Venture”
(Agonia/Soulfood)
Vier Jahre haben sich die Macher hinter STENCH Zeit gelassen, um ein
Nachfolgewerk ihres Debüt-Albums “In Putrescence“ herauszubringen.
Dabei waren Gitarrist Jonathan Hultén und Schlagzeuger Johannes
Andersson in der Zwischenzeit keineswegs untätig: Bekanntlich sind die
beiden hauptamtlich noch bei Tribulation tätig, die im vergangenen Jahr
mit ihrem zweiten Album „The Formulas Of Death“ eine der wichtigsten
Scheiben im extremen Metal-Bereich der letzten zehn Jahre unters Volk
geschmissen haben. Nun sind also wieder STENCH am Start, und zunächst
einmal sticht einmal mehr das kongeniale Artwork von Necromantic Art
hervor, wohinter sich bekanntlich Sechssaitenhexer Jonathan versteckt. Die
sieben auf „Venture“ enthaltenen Stücke schlagen stilistisch in eine ähnliche
Richtung wie die Haupt-Band der Herren Hultén und Andersson, sprich es
wird düsterer, atmosphärischer Death Metal geboten, der des Öfteren mal
die Grenzen auslotet. STENCH sind allerdings noch etwas mehr den Wurzeln
verschrieben als Tribulation, gehen weniger progressiv und experimentell
zu Werke. „Venture“ mag auf den ersten Höreindruck etwas verstörend
wirken und entfaltet erst bei eingehenderem Konsum seine ganze Blüte.
Mit zuweilen gar primitiv wirkenden Riffs erschaffen die Schweden eine
hypnotische, trance-artige Atmosphäre, welche dennoch die instrumentale
Finesse der involvierten Herren offenbart. „Venture“ fehlt der Bombast, der
Drive von Tribulation und wirkt darob weitaus roher und ungehobelter. Dass
sich dahinter aber dennoch nicht die x-te Old School Death Metal-Formation
versteckt, ist der ungewohnten Herangehensweise der Schweden an diese
Art Musik geschuldet. Ergänzt werden die beiden Tribulation-Leute übrigens
von Sänger Mikael Pettersson, der bis vor STENCH noch ein unbeschriebenes
Blatt war, und der mit seinen verzweifelten Schreien den Songs noch mehr
Morbidität verleiht. (CW)
12 Punkte
STEVEN WILSON “Cover Version”
(Kscope/Edel)
Nachdem er vor knapp zehn Jahren anfing, letztlich insgesamt sechs Singles
mit Coversongs herauszubringen, kompiliert STEVEN WILSON sie auf einer
ausgesprochen hübsch aufgemachten CD. Enthalten sind ‘Thank U’ von
Alanis Morissette, ABBAs wenig offensichtliches ‘The Day Before You Came’
und The Cures ‘A Forest’, das zu einer beklemmenden Soundscape wird. Der
Querschreiber Momus hat das anheimelnde ‘The Guitar Lesson’ verbrochen,
Prince ‘Sign O’ The Times’, das zum minimalistischen Synth-Stück nach
Machart des frühen Peter Gabriel wird, sowie Donovans völlig entschleunigtes
‘Lord Of The Reedy River’. Die Tracks wurden jeweils stark reduziert auf
Stimme und meistens Akustikgitarre, wobei sich WILSON jede Komposition
aneignet wie seine eigene. Das passt wunderbar gut zu den ruhigen B-Seiten
die bis auf das Traditional ‘The Unquiet Grave’ aus seiner Feder stammen:
‘Moment I Lost’ und ‘Please Come Home’, eine kaputte und eine richtig
schöne Ballade mit Klavier und später Mellotron, das bimmelnde ‘Four Trees
Down’, das jedem der Porcupine Tree-Frühwerke zur Ehre gereicht hätte, das
ebenfalls sehr eingängige ‘Well You’re Wrong’ und schließlich ‘End To End’,
das ohne Gesang praktisch Ambient wäre. Dadurch, dass WILSON im Grunde
genommen den Eindruck eines geschlossenen Albums erweckt, obwohl er
zusammenstückelt, erweist er sich einmal mehr als Ausnahmekünstler – eine
Scheibe zum Fallenlassen mit unverhofftem Eigenleben. (AS)
12 Punkte
STICKY BOYS „Make Art“
(Listenable/Soulfood)
Wie Pilze mit rund dreißig Jahren Verspätung sprießen sie aus dem Boden,
die Haarspray-(Hard) Rock-Bands der jüngsten Generation. Der FCKWGehalt ist etwas geringer als in den Achtzigern, der restliche Film ist der
gleiche geblieben. Da machen auch die STICKY BOYS keine Ausnahme
und reihen sich brav in den Pulk der frisierten, spandexhosentragenden,
leopardengemusterten Bandanaträger ein, um zusammen mit allen Steel
Panthers dieser Welt selbige etwas bunter zu machen. Das aus Paris
stammende Trio verbreitet jedenfalls mit seinen elf Songs durchgehend
Partylaune und Kurzweil, auch wenn das Prinzip von „Make Art“ nach zwei
Minuten klar ist und nichts folgt, was man nicht exakt so oder nahezu so
erwartet hätte. Einziges Problem bei dieser Musik ist einfach, dass die
Kollegen in den Achtzigern wesentlich authentischer gewirkt haben. Und
die Symbiose aus Sound und Zeitepoche und allgemeines Aussehen der
Menschen irgendwie besser harmoniert haben als heute, wo solche STICKY
BOYS eher wie ein skurriler Wanderzirkus rüberkommen. Lirum Larum – das
hier ist eben auch keine Musik, aus der man eine allzu große Wissenschaft
machen sollte. Einfach die Good Times genießen, den gestylten „High Power
Thunder“ aufdrehen und den Dingen ihren Lauf lassen. (HD)
9 Punkte
STONEBURNER „Life Drawing“
(Neurot/Cargo)
Aus der regen Szene von Portland, Oregon, stammen STONEBURNER, die
seit 2008 bestehen. Die beteiligten Musiker bringen Erfahrungen von Buried
At Sea, Buried Blood oder Heathen Shrine mit ein bzw. sind nach wie vor
in diesen Gruppen aktiv. Mit seiner Ausrichtung zwischen Sludge, Doom, Crust und
rohem Stoner passt „Life Drawing“ seinem stilistischen Wesen nach gut ins Programm
von Neurot, zumal der Label-Neuzugang immer auch eigene weiterführende Ideen
mit einbringt und zwingend einen Post-Zusatz verdient. STONEBURNER nehmen
ihre zahlreichen Einflüsse und Inspirationen auf und verbinden diese auf dem
Nachfolger des 2012er Debüts „Sickness Will Pass“ zu höherwertigen, fiesen und
finsteren Downern. Der 9-Tracker erdet seine Hörer und zieht sie hinab in düstere,
bedrohliche Klangwelten, in denen es weder Zuversicht noch Optimismus gibt. Das
umtriebige Quartett tourt und spielt häufig mit Kollegen wie YOB, Eyehategod, Neurosis,
Buzzoven, Weedeater, Tragedy, Noothgrush, Graves At Sea oder Dropdead, was vor
dem Hintergrund der stilistischen Gemeinsamkeiten gut passt. „Life Drawing“ wartet
zudem nicht zufällig mit Gast-Vocals von Benjamin Caragol (Burials, Hang The Old
Year), Joshua Greene (Bastard Feast, Ephemeros) und Krysta Martinez (Transient,
Landmine Marathon) auf. STONEBURNER sind tief im schleppenden, existenziellen
Heavy-Underground verwurzelt. Das Zweitwerk des Quartetts lässt daran keinen
Zweifel aufkommen, auch wenn im Ergebnis der Reiz des besonderen fehlt. (AK)
9 Punkte
STONEY LDA „Стены Льда“
(Slow Burn)
Viel Information kann man dem Kyrillischen im Booklet nicht entnehmen, aber
offenbar ist dieses zweite Album der Moskauer bereits 2012 entstanden. Der
Bandname bedeutet übersetzt „Wände aus Eis“, und genau die wurden auf dem
Cover und im Booklet abgebildet: Passend zum Albumtitel „Weiße Stille“ sind dort
bis ans Meer heranreichende, polare Gletscher zu sehen. Textabdrucke erübrigen
sich beinahe, da bis auf wenige Ausnahmen alle acht Songs instrumental gehalten
sind. Die Stilbezeichnung auf Metal-Archives ist mit „Progressive Sludge Metal/Post
Hardcore“ recht hilflos formuliert. Manchmal fühlt man sich wegen der Dynamik und
der stilistisch sehr offenen, nicht Metal-fixierten Herangehensweise an Long Distance
Calling erinnert, dann wieder an neuere Sólstafir. Letzteres liegt wahrscheinlich
daran, dass man den Naturspirit spürt und die Russen ebenfalls karge Landschaften
von ganz eigener Schönheit klanglich interpretieren. So bekommt der ewige Winter
eine andere Konnotation als im eisigen Black Metal aus Skandinavien oder Kanada.
Aggression ist ihnen fremd, einige Ambient-Parts unterstreichen dies noch. Slow Burn
selbst bezeichnen sich als Post Metal-Label, und dass sie Instrumentalmusik dabei
grundsätzlich nicht abgeneigt sind, zeigen auch Signings wie Endname und Slowrun.
Man merkt, dass hier Könner am Werk sind, die neben dem technischen Aspekt vor
allem den emotionalen beim Musizieren schätzen, und kann sich in den Kompositionen
verlieren. Ohne die quälend langweiligen Ambient-Schwingungen und vielleicht mit
einem 50/50-Verhältnis von Gesang und Instrumentalmusik wäre hier noch mehr drin
gewesen. Die ersten 100 Exemplare sind übrigens als Digipack gehalten. (BTJ)
9 Punkte
STORMNATT “Omega Therion”
(Self Mutilation Services/Death Temple)
Die Österreicher lassen ein Album reifen wie einen guten Wein, möchte man meinen. Vier
Jahre lagen zwischen dem Debüt “Resurrection Ov The Kult” und dem Folgewerk “The
Crimson Sacrament”, das eine hörbare Entwicklung bot und sich vom (vergleichsweise)
rumpeligen Sound verabschiedete. Noch mal fünf Jahre später kredenzen STORMNATT
“Omega Therion”, mit dem gleichen guten Gespür für Strukturen und Melodien, die
im Ohr bleiben. Doch man wird den Eindruck nicht los, eben diese Melodien schon
mal gehört zu haben, und zwar von STORMNATT selbst. ‘Dead Soul Meditation’ jagt
zwar mit einer leicht dissonanten Lead-Melodie kalte Schauer über den Rücken und
in ‘The Bitter Fruits Of Deceit’ wird mal die Black Thrash’n’Roll-Keule ausgepackt,
aber irgendwie schaffen sie es trotz hohem spieltechnischen Niveaus nicht, sich
kompositorisch auf eine andere Stufe Level zu schwingen. Tracks wie ‘Ascension Of
The Scarlet Angel’, ‘Omega Therion’ oder ‘Evangelist Of The Fall - Death’s Seed’ sind
für sich genommen hochwertige Schwarzmetall-Perlen, doch als nächste Stufe zu “The
Crimson Sacrament” nur bedingt tauglich. Dazu kommt, dass sich der Gesang Mords
- sieht man mal von den Spoken Words in ‘Deathmagick’ ab - in einem relativ eng
gesteckten Feld bewegt. “Omega Therion” ist noch mal etwas klarer und differenzierter
produziert als der Vorgänger und rückt eben diesen Gesang recht stark in den
Vordergrund. Da ist mehr Abwechslung wünschenswert. Als Fazit bleibt STORMNATT
zu bescheinigen, mit “Omega Therion” ein Album mit gewohnter Güte abzuliefern. Aus
den Augen verlieren sollte man sie auf keinen Fall. (ES)
10 Punkte
TIPP!
STRIKER „City Of Gold“
(Napalm/Universal)
Der kanadische Fünfer gehört zu der sympathischen Sorte von Bands, die weder ein
richtiges Image noch religiösen oder spirituellen Firlefanz brauchen, hier gilt: Let the
music do the talking! Beim zweiten Album trauerten manche Fans den reinen SpeedGranaten der Anfangstage nach. Manche werden jetzt auch wieder meckern, aber
STRIKER haben es diesen schwerer gemacht, da sie es auf „City Of Gold“ (bis auf
zwei Ausnahmen) meisterhaft schaffen, den Speed der EP und des Debüts mit dem
Abwechslungsreichtum und den interessanteren Kompositionen von „Armed To The
Teeth“ zu verbinden, so dass wohl kaum ein Fan vom neuen Scheibchen enttäuscht
sein wird. Die beiden Wechsel im Line-Up seit der letzten Platte (neu dabei sind
Timothy Brown an der Gitarre und Wild Bill am Bass) haben STRIKER also auf keinen
Fall geschadet. Das Eröffnungstrio, bestehend aus dem flotten ‘Underground’, dem
abwechslungsreichen Titelsong und dem Stampfer ‘Start Again’, zeigt den Fans, wo
der Hammer hängt. Das folgende ‘Bad Decisions’ ist zwar nicht schlecht, aber doch ein
wenig cheesy und wird von den folgenden schnellen Nummern ‘Crossroads’ und ‘All For
One’ weggeblasen. ‘Mind Control’ ist etwas ungewohnt rhythmisch, funktioniert aber
astrein. ‘Second Attack’ ist ein weiterer rasanter Song, dem mit ‘All I Want’ ein etwas
unspektakulärer Track folgt. Bei ‘Rise Up’ und dem abschließenden ‘Taken By Time’
wird wieder mehr aufs Gaspedal getreten. Beide Daumen hoch! (TK)
13 Punkte
STRYDEGOR „Enraged“
(7Hard)
Mit neuem Label und verändertem Line-Up setzen die Schweriner STRYDEGOR
Kurs auf Sturm. „Enraged“ nennt sich das dritte Werk der Norddeutschen und mag
anfangs dem Titel nicht Genüge tun. Ganz im Stil von „Die Ruhe vor dem Sturm“
schwappt das ‚Preludium‘ langsam und beinahe schwerfällig melodisch, aber mit
einer leise Segel setzenden Aufbruchstimmung heran. Beim zweiten Track des
Werks zeigt sich schnell, dass die Betitelung des Albums sehr wohl passend ist. ‚Final
Judgement Day‘ knallt mächtig Doublebass-lastig bei glasklarem, wuchtigem Sound
in das Ohr des Hörers. Melodisch und aggressiv zündet der Melodic Viking Death
Metal der Schweriner auf Anhieb. Parallelen zu den Größen des Genres, allen voran
Amon Amarth, sind sicherlich vorhanden, eine bloße Kopie sind STRYDEGOR beileibe
nicht. Sehr rhythmisch, mit vielen headbangtauglichen Passagen, gehen die Grooves
sofort in Mark, Bein und Haupthaar über und lassen kaum ein Haar oder einen Fuß
unbewegt. Klarer Favorit in dem Reigen headbangtauglicher Wikingerstücke ist der
vielseitige Titeltrack des Werks, welcher neben black-metallischen Passagen auch
mit einem kraftvollen, mitsingtauglichen Refrain aufwartet. ‚Zuarina‘ strotzt nur so vor
drückenden Gitarrenmelodien und gerät, unterstützt von Drummer Eggys Blastbeats,
zu einem kraftvollen Track, der zeigt, dass diese Nordmannen ordentlich Pfeffer
im Hintern haben. Heimatverbundenheit zeigt sich in dem abschließenden Track
‚Meeresrauschen‘, in welchem STRYDEGOR, unterstützt von Askan (Gernotshagen),
eine Ode auf das raue Meer singen. Ein wenig mangelt es STRYDEGOR aber noch an
der Finesse im Songwriting, um wirklich eigenständig zu klingen, und aus den einzelnen
Tracks Kleinode zu machen. „Enraged“ macht dem Albumtitel alle Ehre und ist ein
wahres Fest für alle Fans melodischen Death Metal mit Viking-Einschlag. (WHO)
11 Punkte
SUMIA „Until We Shine Again“
(Inverse)
Das Debüt der Finnen SUMIA ist ein interessantes Phänomen. Die Musik und vor allem
die Vocals verzeichnen einen nicht zu verleugnenden Deftones-Einfluss und doch
hat man zu keinem Zeitpunkt den Eindruck, den schwachen Abklatsch eines bereits
etablierten Sounds vorgesetzt zu bekommen. Das liegt vor allem an der spannenden
Herangehensweise an die Songs: Der Grundtenor der Platte ist sehr nachdenklich,
fast melancholisch. Dank der glasklaren Mische haben Bass und Gitarre jedoch einen
nicht zu verachtenden Druck, der die Songs dadurch sehr energetisch in Szene setzt.
Auch das Variantenreichtum ist nicht zu verachten. Häufige Wechsel von cleanen zu
verzerrten Gitarren (,The White One’), der Einsatz von elektronischen Drums (,One
Single Look’), sowie sehr variable Bassläufe (vor allem zu hören bei ,Arc Lights’) zeigen,
dass SUMIA nicht nur ihre Instrumente perfekt beherrschen, sondern ein Gespür für
atmosphärisches Songwriting haben. Besonders bemerkenswert ist die Tatsache, dass
die meisten Tracks der LP dank der eingängigen Refrains einen nicht zu verleugnenden
Mainstream-Appeal haben, dabei in der Breite dennoch spannend genug inszeniert
sind, um auch anspruchsvolle Hörer bei der Stange zu halten. Doch wo Licht ist, gibt
es auch Schatten: Gerade der finale Track ,Crystal Plane’ ist, trotz musikalisch guter
Ansätze, ein wenig zu balladesk geraten und schafft es nicht, über die Laufzeit von über
sieben Minuten die Spannung aufrecht zu erhalten. Auch wünscht man sich bei der
technischen Finesse der Jungs vergebens einen rein instrumentalen Song, denn die
Vocals sind in ihrer zu ähnlich angelegten Melodiestruktur das wahrscheinlich größte
Manko einer ansonsten sehr hörenswerten Platte. (SZ)
9 Punkte
SUNCHAIR „Beauty“
(Boekel)
Auf der Verbindung von Modern Metal und Neo-Thrash liegt momentan nicht mehr
allzu viel Segen: Zu oft gehört, zu ähnlich sind sich viele Bands in Sound, Songwriting
und Auftreten. Schnauze voll, Übersättigung, Langeweile. Mal abwarten, welche Band
für Aufsehen sorgen kann. Da hilft vielleicht SUNCHAIR? Allemal. Geboten wird mal
schneller, mal grooviger, von melodischen Licks und Harmonien durchzogener,
moderner Metal, der in einen druckvollen Sound gewandet wurde. Witzig ist, dass sich
die Songqualität mit zunehmender Spielzeit steigert. Der beste Track ist nämlich der
letzte: ‘Mine’ schickt den Hörer mit einem sehr coolen Hauptriff und verschiedenen
schönen Melodien auf die Reise und groovt herrlich vor sich hin. Insgesamt betrachtet,
können die Jungs mit ihrer Vielseitigkeit punkten und überraschen immer wieder mit
neuen Breaks und Ansätzen. Obgleich man sagen muss, dass sich viele Parts ähneln
und daher nicht gänzlich überzeugen. Außerdem könnte der Sänger an manchen
Stellen etwas variabler klingen. Trotzdem sollten Modern Metal-Anhängern, die von
Melodien keine Pickel bekommen, hier mal hinein lauschen. Ansprechende Leistung.
(MSE)
9 Punkte
TIPP!
SUNLESS SKY “Firebreather”
(Pure Steel)
Womöglich haben sie das dämlichste Cover im laufenden Kalenderjahr und
verscheuchen damit eine Reihe potenzieller Kunden; doch wenn es um den
musikalischen Teil ihres neuen Silberlings “Firebreather” geht, sind die Cleveland-Boys
von SUNLESS SKY vorne mit dabei, wenn der Wettkampf um die diesjährige US-MetalKrone startet. Irgendwo im Schnittfeld von Steel Prophet, Jag Panzer, Helstar und
Vicious Rumors hauen die erfahrenen Musiker eine Hymne nach der anderen heraus
und stehen ihren unbestrittenen Idolen in wirklich nichts nach. Der Gitarrensound
ist prächtig und ein Geschenk an jeden Underground-Kuttenträger, der Gesang wohl
neben James Rivera und Harry Conklin das Beste, was die Szene aufzubieten hat, und
in puncto Songwriting macht den Herren auch so schnell niemand was vor - denn das
ist einfach bärenstark. “Firebreather” wimmelt nur so vor US-Metal-Hits und sollte der
Truppe aus Ohio auch den Startplatz auf den einschlägigen Festivals in hiesigen Landen
bescheren. Hoffentlich lassen sich also nicht zu viele sichere Kunden vom Coverfoto
dieses Kleinods abschrecken - es wäre zu schade um die eine oder andere Granate, die
auf “Firebreather” verewigt wurde... (BB)
14 Punkte
TIPP!
TELEPATHY „12 Areas“
(Devouter)
„Ich glaube“, sagte einst der französische Autor Antonin Artaud, „um diesen Menschen
etwas begreiflich zu machen, müsste man sie alle töten.“ Der Vater des Konzepts des
Theaters der Grausamkeit glaubte, dass die verbalisierte Sprache die Wahrnehmung
enorm eingrenzte und somit etliche Ebenen verschlossen blieben. Das englische
Quintett TELEPATHY verzichtet wie auch auf dem Debüt „Fracture“ (2011) auf Lyrics.
Das Album beginnt mit einem mäandernden dunklen Klang, der in den Post-RockKosmos der Band führt. Im Gegensatz zu den Szenegrößen wie Godspeed You!
Black Emperor sind epische Klangteppiche lediglich die Basis, um mit Killerriffs,
schleppender Sludge-Lava und wuchtigen Rhythmusattacken immer wieder in MetalGefilde vorzustoßen. Um noch einmal eine Allegorie aus dem Theater aufzugreifen:
Der norwegische Regisseur wollte in Berlin mit dem „12-Sparten-Haus“ ein Theater in
Szene setzen, das sämtliche Schwesternkünste beinhaltet. Vinges „absolutes Theater“
blieb Vision. „12 Areas“ hingegen vereint eine Vielzahl unterschiedlicher Stile in einer
absolut organischen Einheit. Großartige Platte, an der auch Anton Artaud seine helle
Freude gehabt hätte. (FSH)
13 Punkte
TARJA “Left In The Dark”
(Ear/Edel)
Während bei Nightwish wieder rosigere Zeiten anzubrechen scheinen,
ist die ehemalige Front-Chanteuse TARJA TURUNEN trotz regelmäßiger
Neuveröffentlichungen immer weiter in Vergessenheit geraten. Dies wird sich mit
dem Release von “Left In The Dark” sicherlich nicht ändern, handelt es sich bei
der seinerzeit bereits zur “Colours”-Tournee als Rarität verkauften Scheibe doch
lediglich um eine Ansammlung von Demo- und Alternativaufnahmen damaliger Album-Tracks.
Dass gute Songs wie ‘Victim Of The Ritual’ und ‘Mystique Voyage’ in der abgespeckten Variante
jedoch ebenso wenig Spaß machen wie das überflüssige Instrumental zu ‘Deliverance’, hat
die Sängerin aber scheinbar nicht berechnet. Folglich macht sich “Left In The Dark” auch in
Windeseile selbst überflüssig und scheint lediglich für diejenigen interessant, die wirklich alles
von der finnischen Diva besitzen müssen. Dass der Albumtitel unterdessen etwas Symbolisches
gewinnt, ist die beängstigende Folge der übermäßigen Studiopräsenz der einst gefeierten Frau
Turunen. (BB)
-
TIPP!
THE ATLAS MOTH “The Old Believer”
(Profound Lore)
Es klingt klischeehaft, doch man hört THE ATLAS MOTHs drittem Album an, dass es unter dem
Eindruck persönlicher Verluste entstand. Was mit generischem Sludge begann, besetzt nun eine
einzigartige Nische zwischen Doom und Post-Irgendwas mit markantem Zwiegesang. Selbigen als
Kontrast zwischen Hart und Zart zu beschreiben wäre genauso über einen Kamm geschert, wie
man der emotionalen Intensität von “The Old Believer” nicht mit Platitüden beikommt. Die Chicagoer
brauchen keine hippe Hilfe von Gojira-Mitgliedern (bekommen sie aber) für diesen aufwühlenden
Spagat aus Schroffheit und Harmonie, der zwar manchmal etwas zu statisch schreitet, aber in
Fanalen wie ‘The Sea Beyond’ mit Texten zum Eintätowieren gipfelt. Diese sind so hintersinnig wie das
unter Wasser seine hässliche Fratze zeigende Cover dieser Platte, die dem Kloß im Hals bei erhobener
Faust musikalische Form verleiht wie wenige. (AS)
13 Punkte
TIPP!
THE BREW “Control”
(Jazzhaus)
THE BREW sind ein regelrechtes Phänomen: Gibt es dieser Tage eine ähnlich intensive, authentische,
ehrliche und innovative Band im Blues Rock-Zirkus? Wohl kaum. Das britische Trio mit der VaterSohn-Besetzung in der Rhythmusabteilung (Tim am Bass sowie sein Zögling Kurtis Smith hinterm
Schlagzeug) zelebriert diese Musik so ansprechend, locker und frisch wie kaum eine andere
gegenwärtige Formation. Dabei machen die drei Jungs mittlerweile auch schon seit fast einer Dekade
zusammen Musik. Die Erfahrung, die während dieser langen Zeit des gemeinsamen Songwriting
gesammelt werden konnte, schlägt sich auch in den zehn Stücken der neuen Scheibe „Control“
nieder: Dem Power-Trio ist eine ausgewogene Mischung aus rasanten Rockern und bedächtigen
Blues-Atmosphären gelungen. Dabei agieren THE BREW ungemein heavy und können vom Härtegrad
durchaus mit diversen Vintage Hard Rock-Formationen dieser Tage mithalten. Die Engländer
transferieren einen Sound, für den dereinst Bands wie Cactus, Vanilla Fudge oder Ten Years After
standen, erfolgreich ins Hier und Jetzt: Auf „Control“ klingt nichts angestaubt oder altbacken, im
Gegenteil! Und trotzdem sind THE BREW ihren Wurzeln gegenüber treu verpflichtet. Der Vergleich
zu Led Zeppelin kommt angesichts der hammerharten, arschtighten Verquickung eines pulsierenden
Schlagzeugs mit warm-soliden Bassklängen nicht von ungefähr. Aber auch The Who, Canned Heat
oder Cream kommen einem als Vergleichsmöglichkeiten des Öfteren in den Sinn. Dabei wirkt nichts
künstlich oder aufgesetzt, alles kommt schön locker-flockig daher. Auch die Soloeskapaden des
formidablen Gitarristen Jason Barwick arten nie zu sehr in schnöder Selbstbeweihräucherung aus,
sondern kommen immer schön songdienlich rüber. Unglaublich, wie viel Druck die drei Herren an
ihren Instrumenten entwickeln können! Ergo: THE BREW unterstreichen mit „Control“ nachhaltig,
dass sie zu den absolut besten Rock-Formationen unserer Zeit zählen! (CW)
14 Punkte
THE BULLETMONKS “No More Warnings”
(Deaf Shepherd/Indigo)
“Royal Flush On The Titanic” gehörte zu den Gewinnern seines Jahrgangs, “No More Warnings” soll
es dem starken Vorgänger nun gleichmachen - und dazu haben THE BULLETMONKS bandintern
ein bisschen rotiert. Frontmann Tyler Voxx hat die Axt beiseite gelegt und Platz für einen zweiten
Gitarristen geschaffen, in der Rhythmusabteilung folgte eine weitere Umbesetzung, und schon
konnte das dritte Album in Angriff genommen werden. Verändert hat sich inhaltlich allerdings kaum
etwas. Lediglich im Hinblick auf die allgemeine Geschwindigkeit wurden die Zügel diesmal ein
wenig lockerer gelassen, so dass sich primär im zweiten Abschnitt von “No More Warnings” einige
gedrosselte Rock’n’Roller befinden. Die teils rotzige, teils aber auch kontrollierte Power ist jedoch
in den zwölf neuen Kompositionen nicht abhanden gekommen, wenngleich die neue Platte ein
Stückchen kompakter ausgefallen ist. Die Band kommt etwas schneller auf den Punkt und verliert
sich nicht mehr in vereinzelten Solo-Spielereien oder Ähnlichem. Zwar wünscht man sich gelegentlich
noch einmal das verschwitzte Vollgas-Kommando, doch angesichts starker Hymnen wie ‘Chicago
Lightning’, ‘So Wrong’ und ‘I Need A Lightsaber’, die im Kern des Albums für ordentlich Schwung
sorgen, nimmt man seine Ansprüche auch gerne wieder zurück. THE BULLETMONKS steuern weiter
auf Kurs und festigen ihr Image als angenehme, lebendige und kraftvolle Rock’n’Roll-Kapelle noch
intensiver. Ergo können Fans wie schon bei den beiden vorangegangenen Kapiteln nahezu blind
zugreifen. (BB)
12 Punkte
THE CONTORTIONIST “Language”
(eOne)
Es bleibt dabei: auch mit ihrer dritten Scheibe sowie dem neuen (offen gestanden blass klingenden)
Frontmann und Keyboarder Mike Lessard zählen THE CONTORTIONIST zu den unauffälligen
Vertretern des modernen Prog Metal, der weder Dream Theater noch Djent ist, aber Einflüsse von
beiden Polen verarbeitet. Die meisten Stücke dümpeln gut gespielt und von Jamie King (Between
The Buried And Me; deren Fans fügen am Ende der Rezi mindestens zwei Punkte hinzu) dynamisch
eingefangen ohne Ziel vor sich hin. Das liegt zum einen am Ausbleiben wesentlicher Melodien, zum
anderen am allzeit erweckten Eindruck, die Musiker täten dies alles nur, weil sie es können, aber nicht
aufgrund der Notwendigkeit, so viele Ideen gekonnt aneinanderreihen zu müssen. Was expressiv sein
könnte, erweist als ähnlich ausdruckslos wie der Vorgänger “Intrinsic”, rhythmisch unberechenbar
(‘Conspire’) wie alle Meshuggah-Nachahmer dieser Welt, das aber irgendwie zum Selbstzweck, und
sanft wie neuere Cynic, dabei jedoch emotional kalt. Anspieltipps für Unentwegte, die gerne in der
zweiten Reihe wildern: das flirrende ‘Thrive’ und das kompakte ‘Arise’. (AS)
8 Punkte
THE DARK TENOR „Symphony Of Light“
(Universal)
Eine dunkle Gestalt, berühmte klassische Komponisten und ein Feuerwehrmann, der im Koma liegt.
Inwieweit das alles zusammenhängt, kann man auf der Homepage des Tenors verfolgen: In einer
Miniserie wird die Geschichte eines Feuerwehrmanns erzählt, der ins Koma fällt und die Umstände
dafür herausfindet. Die Geschichte wird in opulenten Bildern erzählt, bei denen das Wechselspiel
zwischen Licht und Dunkelheit eine tragende Rolle spielt. Der Protagonist entwickelt sich zu einer
dunklen Gestalt mit einer Fechtmaske, die gleichzeitig die Identität des Künstlers widerspiegelt.
Musikalisch wurden klassische Kompositionen unter anderem von Mozart und Tschaikowski mit Pop-

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