Abstracts Poster - GEBF
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Abstracts Poster - GEBF
ID: 104 Poster Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft Thematisches Cluster: Trainings- und Evaluationsforschung, Vorschulische Bildung Stichworte: Kindertagesstätte, herausforderndes Verhalten, Kompetenzerfassung Evaluation eines Curriculums für die Weiterbildung pädagogischer Fachkräfte zum Thema „Umgang mit herausforderndem Verhalten in der Kindertageseinrichtung“ Claudia Tinius Evangelische Hochschule Freiburg, Zentrum für Kinder- und Jugendforschung (ZfKJ), Deutschland Kinder mit herausforderndem Verhalten stellen für pädagogische Fachkräfte in Kindertageseinrichtungen eine besondere Heraus- und manchmal Überforderung dar (1). Recherchen zeigen, dass empirische Studien und evaluierte Konzepte zum Umgang mit herausfordernden Verhaltensweisen in der Kindertageseinrichtung fehlen. Eigene (explorative) Voruntersuchungen weisen darauf hin, dass pädagogische Fachkräfte einen hohen Bedarf, aber auch eine hohe Bereitschaft zu einer passgenauen, partizipativ gestalteten Weiterentwicklung ihrer Kompetenzen in diesem Bereich zeigen (2). Im Rahmen der Posterpräsentation wird ein Forschungsprojekt vorgestellt, das derzeit am Zentrum für Kinder- und Jugendforschung an der Evangelischen Hochschule Freiburg durchgeführt wird (Projektlaufzeit: 6/2014 bis 09/2016). Das Ziel des Projekts besteht in der Evaluation eines entwickelten Rahmencurriculums zur Fort- und Weiterbildung pädagogischer Fachkräfte (N=120 Fachkräfte aus 11 Kindertageseinrichtungen aus Baden-Württemberg) zum Umgang mit herausfordernden Verhaltensweisen. Im Mittelpunkt der Evaluation steht die Erfassung individueller und teambezogener Veränderungsprozesse. Anhand eines MixedMethods-Designs und Mehrebenenansatzes werden Zusammenhänge zwischen dem Implementierungsprozess und Effekten (u.a. Kompetenzeinschätzungen, arbeitsbezogene Verhaltens- und Erlebensmuster [AVEM-44: Schaarschmidt & Fischer, 2008 (3)], Prozessevaluation) sowie Indikatoren für eine (nachhaltige) Verankerung in der Praxis ermittelt. Erste Ergebnisse der Prozessevaluation deuten bei den teilnehmenden Fachkräften auf eine hohe Akzeptanz des Weiterbildungsansatzes und zum ersten Erhebungszeitpunkt bei den ausgewerteten standardisierten Dilemma-Situationen (4) auf ein geringes Kompetenzniveau hin. ID: 112 Poster Disziplinen-Cluster: Wirtschafts- und Berufspädagogik, Didaktik Mathematik, Lehrerbildung Thematisches Cluster: Kompetenzdiagnostik/ Kompetenzentwicklung, Lehrerexpertise Stichworte: fachspezifische Kompetenzen, quasiexperimentelle Validierungsstudie, Lehrerbildung, Mathematik, Wirtschaftswissenschaften Erfassung von fachspezifischen Kompetenzen bei Lehramtsstudierenden der Fächer Mathematik und Wirtschaftswissenschaften – eine quasiexperimentelle Validierungsstudie unter besonderer Berücksichtigung der Domänenspezifität (ELMaWi) Christiane Kuhn1, Aiso Heinze2, Anke Lindmeier2, Olga Zlatkin-Troitschanskaia1 1 Johannes Gutenberg Universität Mainz, Deutschland; 2IPN – Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik Die Erforschung von fachspezifischen Lehrerkompetenzen gewinnt national und international an Bedeutung (Darling-Hammond & Lieberman 2012; Zlatkin-Troitschanskaia et al. 2015). Betrachtet man den aktuellen Stand der Lehrerforschung, ist zwar ein Zuwachs an Modellierungsansätzen und empirischen Studien zu verzeichnen, jedoch überwiegend mit Fokus auf das Lehrerwissen (Kleickmann et al. 2014; Voss et al. 2015). Befunde aus der Expertiseforschung zeigen, dass es zur Unterscheidung von Experten und Novizen weiterer Ansätze bedarf, um insbesondere das situationsangemessene, flexible Expertenhandeln einer differenzierten Analyse zugänglich zu machen (Carter 1990). Diesbezüglich zeichnet sich aktuell ein Konsens hinsichtlich der Möglichkeiten und Grenzen bestimmter empirischer Zugänge ab (Shavelson 2013), nach dem eine valide Erfassung von stärker handlungsbezogenen Lehrerkompetenzen allenfalls durch eine angemessene Berücksichtigung der tatsächlichen Unterrichtspraxis – unter Nutzung von computerbasierten Testformaten bzw. Videoformaten – zu leisten ist (Alonzo & Kim 2012; Oser et al. 2009). Darüber hinaus gewinnt in der aktuellen Lehrer- und Kompetenzforschung die Frage nach der Domänenspezifität der Wissens- oder Kompetenzstruktur von Lehrkräften eine zunehmende Bedeutung (Bromme et al. 2006). So ist bislang wenig untersucht, inwieweit sich die Forschungserkenntnisse zwischen unterschiedlich strukturierten Domänen übertragen lassen (Gruber 2010). Die empirische Untersuchung des genuin domänenspezifischen Anteils von Lehrerkompetenz steht ebenfalls noch aus (Beck 2005). Das BMBF-geförderte Verbundvorhaben ELMaWi (2016-2019) verfolgt im Rahmen einer quasiexperimentellen Validierungsstudie mit (angehenden) Lehrkräften der Fächer Mathematik und Wirtschaftswissenschaften (WiWi) zwei zentrale Ziele: (1) die valide Erfassung von fachspezifischer Lehrerkompetenz, indem über das Lehrerwissen hinaus das situative Handeln zur Anforderungsbewältigung im Unterricht abgebildet werden soll, und (2) die valide Abbildung von domänenspezifischen Anteilen der Lehrerkompetenz, die sowohl im Vergleich der Domänen Mathematik und WiWi, als auch unter besonderer Berücksichtigung des Einflusses fachunspezifischer Kompetenzen untersucht werden soll. Der theoretische Rahmen basiert auf einem Strukturmodell nach Lindmeier (2011) und Kuhn (2014), das domänenspezifische Lehrerkompetenz gemäß den professionellen Anforderungen im Lehrerberuf in reflexive Kompetenz (RC) und aktionsbezogene Kompetenz (AC) differenziert. Dabei ist RC zur Bewältigung von fachspezifischen Anforderungssituationen in prä- und post-instruktionalen Phasen notwendig und AC in fachspezifischen instruktionalen Anforderungssituationen unter Zeitdruck. Mit Mathematik und WiWi werden in das Projekt zwei verschiedene, jedoch affine Fächer einbezogen, so dass die Gültigkeit der Zugänge über Domänen hinweg bzw. deren Domänenspezifität untersucht werden kann. Die Studie verfolgt ein quasiexperimentelles Design, in dem die Konstrukte gemäß der Multitrait-Multimethod-Methode und zweier Kontrastgruppenvergleiche auf konvergente, diskriminante, inkrementelle und prädiktive Validität untersucht werden. Die quasiexperimentelle Variation wird durch die Stichprobenwahl vorgenommen, indem einerseits die Ausbildung in den Domänen (Mathematik, WiWi) und andererseits der Expertisegrad im Lehrerhandeln über drei verschiedene Statusgruppen variiert werden. Für die Stichprobe (N = 600) sind je Statusgruppe 150 Personen pro Fach vorgesehen, von denen 100 für beide Fächer ausgebildet sind bzw. werden. Um Zusammenhänge zwischen den Domänen zu untersuchen, wird eine Substichprobe von (angehenden) Lehrkräften einbezogen, die in beiden Fächern Mathematik und WiWi ausgebildet wird. Anhand dieser Stichprobe können sowohl Analysen bezogen auf domänenspezifische Kompetenzen, als auch auf die Anteile von domänenunspezifischen Kompetenzen und dem Einfluss des Expertisegrads durchgeführt werden. In diesem Rahmen erfolgt die vertiefte Validierung (1) des Kompetenzstrukturmodells, das eine Differenzierung zwischen den domänenspezifischen und –unspezifischen Kompetenzen ermöglicht, sowie (2) der zugehörigen Instrumente zur Kompetenzmessung in den beiden Domänen; dies umfasst die Erprobung von computer- und videobasierten Testformaten zur Erfassung der handlungsnahen Lehrerkompetenz. Als Ergebnis wird u.a. erwartet, dass das Kompetenzmodell validiert werden kann und so einen wesentlichen Beitrag zum domänenübergreifenden Verständnis und zur Struktur von fachspezifischer Lehrerkompetenz leistet. Durch die Variation der Domänen Mathematik und WiWi sowie der drei Lehrerbildungsphasen können zudem die Validierung der Tests bzw. valide Testwertinterpretationen sichergestellt werden. In der GEBF-Postersession soll im Hinblick auf die geplante Studie insbesondere die Frage nach der Domänenspezifität der Kompetenzstruktur und dem genuin domänenspezifischen Anteil von Lehrerkompetenz zur Diskussion gestellt werden. ID: 124 Poster Disziplinen-Cluster: Didaktik Mathematik Thematisches Cluster: Gesundheit/ Stress/ Belastung, Hochschulbildung Stichworte: Resilienz, Mathematikstudium, belastende Anforderungen, Studienabbruch, Studienerfolg Entwicklung eines Fragebogens zur fachspezifischen Resilienz von Mathematikstudierenden Colin Jeschke, Neumann Irene, Aiso Heinze Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik (IPN), Deutschland Theoretischer Hintergrund und Fragestellung In der Eingangsphase des Mathematikstudiums wird seit Jahren eine sehr hohe Anzahl an Studienabbrüchen und Studienfachwechsel verzeichnet (Dieter, 2012; Heublein, Schmelzer, Sommer & Wank, 2008). Die Studierenden selbst geben dabei vor allem Leistungsschwierigkeiten aufgrund von Überforderung als Ursache an (Heublein, Hutzsch, Schreiber, Sommer & Besuch, 2010). Besonders die Bearbeitung anspruchsvoller Mathematikaufgaben, die typischerweise wöchentlich als abgabepflichtige Übungsaufgaben gestellt werden, empfinden viele Studierende als belastende und zeitaufwändige Anforderung (Rach, 2014). Dies gibt Anhaltspunkte dafür, dass die Belastungsfähigkeit gegenüber Anforderungen aus dem Mathematikstudium als individueller Bedingungsfaktor für sowohl Verweildauer im Mathematikstudium, als auch den Studienerfolg in Form guter Modulleistungen wirken könnte. Die Belastungsfähigkeit bei der Bewältigung akademischer Anforderungen beschreiben Martin und Marsh (2003) mit dem Konstrukt der Resilienz. In der vorliegenden Studie wurde dieses Konstrukt für den Lernkontext Mathematikstudium adaptiert und im Hinblick auf die fachspezifischen Anforderungen, denen Studierende in der Eingangsphase des Mathematikstudiums ausgesetzt sind, ausdifferenziert. Für ein auf dieser Basis entwickeltes Fragebogeninstrument wurde untersucht, inwieweit es eine reliable und valide Messung der fachspezifischen Resilienz ermöglicht. Methode Der Fragebogen umfasst insgesamt elf Items zur Selbsteinschätzung der Bewältigung von Anforderungen, die durch die wöchentlichen Übungsaufgaben verursacht werden (z. B. „Auch wenn ich bei einer schwierigen Matheaufgabe selbst nach mehreren Anläufen keine Lösungsidee habe, versuche ich es immer wieder.“, „Auch wenn ich bei schweren Aufgaben immer wieder scheitere, werde ich mich nicht vom Mathestudium abbringen lassen.“). Jedes Item wird auf einer 7-stufigen Rating-Skala bewertet (1 = „trifft gar nicht zu“; 7 = „trifft völlig zu“). Eingesetzt wurde das Instrument bei N = 147 Studierenden zu Beginn des ersten Semesters. Zusätzlich wurde ein etablierter Fragebogen zur Erfassung von allgemeiner Resilienz (Leppert, Koch & Brähler, 2008) sowie zu den Big5-Persönlichkeitsskalen (Gerlitz & Schupp, 2005) eingesetzt. Nach dem ersten Semester wurden Daten über den Verbleib im Mathematikstudium und die Leistungen der Mathematikstudierenden erhoben und erfasst, inwieweit die im Fragebogen thematisierten Anforderungssituationen im ersten Semester tatsächlich als belastend wahrgenommen wurden. Ergebnisse Basierend auf einer konfirmatorischen Faktorenanalyse und inhaltlichen Betrachtungen wurden zwei Items aus dem Fragebogen ausgeschlossen. Die verbleibenden neun Items zeigen eine gute Eindimensionalität (CFI = .966, RMSEA = .065) und interne Konsistenz (α = .87). Für die Validitätsanalyse wurden verschiedene Valditätsaspekte untersucht: Inhaltsvalidität: Neben der „face validity“ zeigte die Befragung nach dem ersten Semester, dass die im Fragebogen betrachteten Anforderungssituationen beim Lösen von Mathematikaufgaben als belastendster Studienteil wahrgenommen wurden. Konstruktvalidität: Wie theoretisch vermutet, konnte eine Korrelation zum Persönlichkeitsmerkmal der Gewissenhaftigkeit (r = .41, p < .001), nicht jedoch zu den restlichen der Big5-Persönlichkeitsmerkmalen gefunden werden. Eine schwache Korrelation zur allgemeinen Resilienz (r = .20, p < .05) lässt sich durch die theoretisch vermutete Veränderlichkeit von Resilienz je nach Anforderungssituation erklären (s. Schumacher, Leppert & Gunzelmann, 2005). Die moderaten Korrelationen in beiden Fällen lassen gleichzeitig eine Abgrenzung der fachspezifischen Resilienz zu den verwandten Konstrukten zu. Prognostische Validität: Die fachspezifische Resilienz ist ein signifikanter Prädiktor für die Verweildauer im Mathematikstudium (logistische Regression: exp B = 1.62, p < .05). Auch Hinweise für die Prädiktion von Modulleistungen der Studierenden lassen sich finden. Insgesamt liefern die Ergebnisse demnach konkrete Hinweise darauf, dass der Fragebogen eine reliable und valide Erfassung der individuellen fachspezifischen Resilienz bezogen auf die Bewältigung mathematischer Studienanforderungen ermöglicht. Zukünftig könnte das Konzept der fachspezifischen Resilienz und das vorgestellte Fragebogeninstrument zur Erweiterung bestehender Modelle zur Prädiktion von Studienabbruch und Studienfachwechsel in der Mathematik sowie zur Verbesserung von Studieneignungstests beitragen. ID: 129 Poster Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft, Psychologie, Lehrerbildung Thematisches Cluster: Lehrer(aus)bildung, Motivation und Emotion Stichworte: emotions, teaching anxiety, pre-service teachers, teacher training Feeling anxious to teach? A study on teaching anxiety among German pre-service teachers Raphaela Porsch1, Rolf Strietholt2 1 Westfälische Wilhelms-Universität Münster, Deutschland; 2TU Dortmund, Deutschland 1. Research background Buitink and Kemme (1986) describe teaching anxiety as „a momentary situational characteristic of teaching. It is an emotional constitution that may change in intensity and may disappear with increasing experience (…) connected with everything that is related to the activities as a teacher, in the classroom as well as in other activities in the school“ (in Williams, 1991, p. 586). In including aspects characterizing emotions (e.g., Krohne, 2010), teaching anxiety can be defined as a specific anxiety that refers to perceived feelings such as tension, feeling threatened and a strong concern by (student) teachers if they imagine teaching situations in a classroom. To understand the occurrence of emotions, appraisal-theory has suggested that persons cognitively appraise each situation. Negative emotions like anxiety are generated if persons feel that they cannot control the situation (e.g., Pekrun, 2000, 2006) or believe their resources available are insufficient to cope with a challenging situation (e.g., Lazarus & Folkman, 1984). Thus, teaching anxiety might “decrease as knowledge and skills develop during teacher training” (Danner, 2014, p. 50). Therefore, having completed more teacher trainings might reduce teaching anxiety as confirmed by studies that asked pre-service teachers before and after a practical experience (e.g., Pigge & Marso, 1987; Paese & Zinkgraf, 1991; Merç, 2015). 2. Research questions Based on the assumption that emotions arise when there is the perception that situations cannot be coped with successfully due to a lack of resources, especially pre-service teachers might feel that they lack the capacity to cope with unfamiliar situations that are challenging to master due to their limited experience or competencies. Thus, an inventory in German was developed assessing teaching anxiety among student teachers who have to evaluate their state of anxiety with regard to possible classroom situations. Our related research questions are: (1) Is the construct of teaching anxiety a uni- or multidimensional construct? (2) How anxious are pre-service teachers in Germany? (3) Does the amount of teaching experience explain variance in teaching anxiety? 3. Method The participants of this study were 219 student teachers at two German universities (age ranged from 18 to 51 years, mean age 23.74, SD = 4.11) who were aiming at a Bachelor’s (65.2%) or Master’s degree (38.8%); 70.8 per cent were female. The students filled out the paper-pencil questionnaire in educational sciences courses in 2015. After answering questions about their background, the students had to report on their trait anxiety followed by questions about their anxiety to teach. The items measuring teaching anxiety are based on The Student Teacher Anxiety Scale (STAS; Hart, 1987) and The Teaching Anxiety Scale (TCHAS; Parson, 1973), as well as the ‘Standards for the teacher training in educational science’ in Germany (KMK, 2004/2014). Participants were asked to assess their feelings on a four-point Likert scale. 4. First results Question 1: Confirmatory factor analysis suggests that the construct of teaching anxiety is multidimensional (see also, e.g., Morton, Vesco, Williams & Awender, 1997). Differentiated results of a model with correlated factors will be presented on the poster. Question 2: On average, the student teachers reported having low teaching anxiety (options: 1-4; M = 1.99; SE = .03), 52.1 per cent had a score higher than 2, whereby none reached a score higher than 3. Question 3: ANOVA suggests that the amount of school trainings (1 = no experience, 5 = having completed four trainings) is significantly associated with teaching anxiety (F(4, 214) = 3.76, p < .05). In addition, a discussion about the results referring along with some thoughts about limitations of the study and necessary future research will be provided. ID: 130 Poster Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft, Psychologie, Lehrerbildung Thematisches Cluster: Hochschulbildung, Sonstiges Stichworte: epistemologische Überzeugungen, Argumentation, Argumentevaluation, BSEM Der Einfluss epistemologischer Überzeugungen auf die Bewertung von Argumenten Eric Klopp, Robin Stark Universität des Saarlandes, Deutschland Epistemologische Überzeugungen sind wichtige Voraussetzungen für adäquates Argumentieren, dies gilt insbesondere dann, wenn konfligierende Sachverhalte verhandelt werden (Braten et al., 2012). Nach Klopp und Stark (im Druck) werden epistemologische Überzeugungen als Einstellungen über die Rechtfertigung von Behauptungen aufgefasst. Diese spielen im Prozess epistemologischen Denkens, in dem die Rechtfertigung von Behauptungen beurteilt wird, eine wichtige Rolle. Ausgehend von dieser Auffassung sind Argumente als Behauptungen zu verstehen, die begründet werden müssen. Die bisherigen Studien fokussierten die Rolle epistemologischer Überzeugungen bei der Produktion eigener Argumente (z. B. Nussbaum et al. 2008). Wenig untersucht wurde deren Rolle bei der Beurteilung von Argumenten (vgl. Weinstock, 2006). In der bisherigen Forschung wurde zudem die Beurteilung der Stärke von Argumenten (Stanovich & West, 1997) nicht systematisch von der Zustimmung zu Argumenten unterschieden (Krettenauer, 2005). Im Sinn der o.g. Definition sollten epistemologische Überzeugungen primär für die Beurteilung der Stärke eines Arguments relevant sein, da sich diese auf die Rechtfertigungsgründe eines Arguments beziehen. Die Zustimmung hingegen hängt von weiteren Faktoren ab, wie z.B. persönlicher Relevanz und affektiver Bewertung (vgl. Aronson, Wilson & Akert, 2014). Daher ist es naheliegend, bei der Argumentevaluation die Komponenten Stärke und Zustimmung zu unterscheiden. Der vorliegende Beitrag untersucht die Hypothese, dass die Beurteilung der Argumentstärke direkt von den epistemologischen Überzeugungen beeinflusst wird und dieser Einfluss umso stärker ist, je mehr ein Argument auf eine bestimmte epistemologische Überzeugung Bezug nimmt. Weiterhin wird die Hypothese geprüft, dass die Zustimmung zu einem Argument lediglich von der Beurteilung der Stärke beeinflusst wird. Epistemologischen Überzeugungen wurden domänenübergreifend mittels eines Fragenbogens (Klopp & Stark, in Vorbereitung) erhoben, welcher die Dimensionen Persönliche Rechtfertigung (α=.79), Rechtfertigung durch Autorität (α=.84), Rechtfertigung durch multiple Quellen (α=.81), Rechtfertigung durch die Scientific Community (α=.75), Sicherheit des Wissen (α=.65) und Reflexive Natur des Wissens (α=.76) erfasst. Die Beurteilung von Argumenten wurde mittels sechs an Stanovich und West (1997) angelehnten Argumentevaluationsaufgaben erfasst. Diese präsentierten kurz einen widersprüchlichen Sachverhalt, dem ein Diskurs zweier Professoren nach dem Schema Argument – Gegenargument – Entkräftung des Gegenarguments folgte (vgl. Kuhn, 1991). Anschließend wurde für jedes Argument zuerst die Beurteilung der Stärke und danach die Zustimmung mittels einer sechsstufigen Ratingskala erfasst. Jedes Argument war so entworfen, dass eine bestimmte epistemologische Überzeugung angesprochen wurde. Jedes Argument wurde von drei Experten dahingegen beurteilt, auf welche Dimensionen epistemologischer Überzeugungen das jeweilige Argument Bezug nimmt und wie stark diese Bezugnahme ist. Diese Beurteilung wurde als Grundlage der Hypothesenprüfung herangezogen. An der Untersuchung nahmen insgesamt 202 Lehramtsstudierende teil (MAlter=21.2 [sd=4.05], 151 weiblich). Der Zusammenhang zwischen epistemologischen Überzeugungen und den beiden Komponenten der Argumentevaluation wurde mithilfe des BSEM-Ansatzes (Muthén & Asparouhov, 2012) geprüft. Auf Seiten des Messmodells wurden alle Hauptladungen frei geschätzt, mittels informative priors wurden alle Nebenladungen und Residualkovarianzen berücksichtigt. Die direkten Effekte epistemologischer Überzeugungen auf die Argumentstärke sowie die direkten Effekte der Argumentstärke auf die Zustimmung wurden frei geschätzt. Informative priors wurden für die direkten Effekte epistemologischer Überzeugungen auf die Zustimmung gesetzt. Alle Modelle konvergierten (10000 Iterationen, PSR<1.1, vgl. Muthén & Asparouhov, 2012) und erzielten einen guten Modellfit (posterior-predictive-p=-[.381;.860]), wobei posterior-predictive-p-Werte zwischen .05 und. 95 (Gelman et al., 2013) als passend anzusehen sind. Die Ergebnisse bestätigen die Hypothese, dass epistemologische Überzeugungen nur für die Beurteilung der Argumentstärke relevant sind, insbesondere bei denjenigen Argumenten, die von den Experten als stark auf die jeweiligen Argumente bezugnehmend beurteilt wurden. Ebenso konnte bei allen Modellen die Hypothese bestätigt werden, dass die Stärkebeurteilung einen großen Effekt auf die Zustimmung hat. Allerdings zeigten sich bei einer Aufgabe auch kleine Effekte epistemologischer Überzeugungen auf die Zustimmung. Die Ergebnisse legen nahe, die Evaluation von Argumenten im Sinne der beiden Komponenten Stärke und Zustimmung prozessbasiert, z.B. mittels Lautem Denken, zu untersuchen. ID: 132 Poster Disziplinen-Cluster: Didaktiken der Naturwissenschaften und Technik Thematisches Cluster: Kompetenzdiagnostik/ Kompetenzentwicklung, Mathematisch-naturwissenschaftlicher Unterricht Stichworte: Evolutionstheorie, Verständnis von Zufall, Verständnis von Wahrscheinlichkeit, Messinstrumententwicklung Ist das Verstehen von „Zufall“ und „Wahrscheinlichkeit“ Voraussetzung dafür, die Evolutionstheorie zu verstehen? - Entwicklung eines Messinstruments zur Erfassung des Verständnisses von Zufall und Wahrscheinlichkeit Daniela Fiedler, Ute Harms Leibniz-Institut für die Pädagogik der Mathematik und Naturwissenschaften (IPN), Deutschland Theoretischer Hintergrund Die biologische Evolution ist das integrative und zugleich übergreifende Organisationsprinzip der modernen Biologie und beinhaltet Erkenntnisse zum Selbstverständnis des Menschen in seiner Umwelt, zu seiner Gesundheit, seinen sozialen Interaktionen, seinem ökonomischen Handeln und seiner kulturellen Entwicklung. Die Kenntnis wesentlicher Aussagen der Evolutionsbiologie über die Entwicklung des Lebens auf der Erde sowie der Mechanismen und der Dynamik von Evolutionsprozessen gehört daher zum unverzichtbaren Fundament der naturwissenschaftlichen Bildung, über die Schülerinnen und Schüler in Deutschland verfügen sollten. Zahlreiche empirische Belege zeigen, dass die Vorstellungen von Schülerinnen und Schülern, Studierenden sowie Lehrkräften den fachlichen Erklärungen zur biologischen Evolution nicht entsprechen (u.a. Graf & Soran, 2011; Nehm & Schonfeld, 2007). Es fällt auf, dass insbesondere solche Aspekte nicht verstanden werden, die verknüpft sind mit abstrakten Konzepten wie „Zufall“ oder „Wahrscheinlichkeit“ (u.a. Garvin-Doxas & Klymkowsky 2008). Hierzu zählen beispielsweise die evolutionsbiologischen Konzepte „Variation“, „genetischer Drift“ bzw. „Selektion“. Ein Beschreibungsansatz für die Verständnisentwicklung (im Sinne der Entwicklung konzeptuellen Wissens) im Bereich konzeptuell komplexer Themen wie der Evolutionstheorie ist das Modell der sogenannten Schwellenkonzepte (engl. threshold concepts; Meyer & Land, 2003). Schwellenkonzepte werden hier metaphorisch als „Portale“ beschrieben, die – einmal „durchschritten“ -, einen neuen und zuvor unzugänglichen Weg zur Wissensentwicklung eröffnen. Verknüpft mit dem conceptual change - Ansatz (Posner, Strike, Hewson, & Gertzog, 1982) heißt dies, dass das Verständnis bestimmter Konzepte Voraussetzung dafür ist, von einer (Alltags-) Vorstellung zu einer fachwissenschaftlich begründeten Vorstellung (einem Konzeptwechsel) zu gelangen. Obwohl die Evolutionstheorie ein schwer zu lehrendes und lernendes Konzept ist, ist sie für sich kein Schwellenkonzept. Vielmehr ist sie zu beschreiben als ein Konglomerat verschiedener Schwellenkonzepte, wie „Zufall“ und „Wahrscheinlichkeit“ (Ross et al., 2010), deren Verständnis möglicherweise eine Voraussetzung für das Verstehen der Evolutionstheorie insgesamt sein könnte. Dieser Hypothese geht das vom Schwedischen Wissenschaftsrat geförderte schwedisch-deutsche Kooperationsprojekt Challenging Threshold Concepts in Life Science – enhancing understanding of evolution by visualization (EvoVis) nach. In unserem Beitrag wird der erste Schritt des Projekts, die Entwicklung eines Messinstruments (des RaProMa) zur Erhebung des Verständnisses von Zufall bzw. Wahrscheinlichkeit vorgestellt. Fragestellung Im Zusammenhang mit der Entwicklung des RaProMa ging es um zwei Fragen: 1. Lassen sich die zwei entwickelten Skalen (Verständnis von Zufall bzw. von Wahrscheinlichkeit) voneinander trennen und reliabel erfassen? 2. Handelt es sich beim RaProMa um ein valides Instrument? Methode Die Entwicklung des Messinstruments erfolgte in zwei Phasen durch Zusammenfügung von Items aus (i) vorhandenen Fragebögen (Garfield, 2003; Green, 1982; Jones et al., 1997; Weber & Mathea, 2008) und (ii) eigens entwickelten. In der ersten Phase entstand eine Sammlung von 28 Items mit den Skalen Zufall (10 Items) und Wahrscheinlichkeit (18 Items), die in einer explorativen Studie an einer kleinen Stichprobe von Studierenden der Biologie (N=48) getestet wurden. Aufgrund der ersten Analysen wurden für die zweite Phase weitere Items entwickelt, sodass nun eine Sammlung von insgesamt 40 Items mit den Skalen Zufall (16 Items) und Wahrscheinlichkeit (24 Items) vorliegt. Dieses Instrument (RaProMa) wird in einer Pilotierungsstudie (Oktober bis Dezember 2015) mit ca. 200 Studierenden aus 1-Fach- und 2-Fach-Studiengängen der Biologie (Bachelor und Master) der Universität Kiel überprüft. Auf Basis der Validitätsprüfung sowie klassischer und probabilistischer Itemanalysen erfolgt dann die Auswahl der Testaufgaben für die folgenden experimentellen Studien. Ergebnisse Erste Analysen der Items aus der explorativen Studie zeigen für die Skalen Zufall (10 Items; α = .61) und Wahrscheinlichkeit (18 Items; α = .43) annehmbare bis mittelmäßige Werte. Da es sich jedoch um eine geringe Stichprobengröße handelt, sind diese nur als erste Hinweise auf die Güte des Fragebogens zu verstehen. Zum Zeitpunkt der Tagung wird die Auswertung einer größeren Stichprobengröße vorliegen und das Instrument zur Diskussion gestellt. ID: 140 Poster Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft, Psychologie, Lehrerbildung Thematisches Cluster: Bildung im Sekundarbereich, Mathematisch-naturwissenschaftlicher Unterricht, Motivation und Emotion Stichworte: Schülerbeteiligung, Schülervoraussetzungen, internale Lernprozesse, Videostudie „Wer macht mit? – Das Zusammenspiel von unterschiedlichen Beteiligungsmustern am Klassengespräch, internalen Lernprozessen, Schülervoraussetzungen und Leistungen“ Janina Häusler, Tina Seidel TU München, Deutschland Eine aktive Beteiligung an Interaktionen im Unterricht wird als positiv für den Erfolg & die Lernentwicklung eingestuft, da sie Möglichkeiten für ein Einüben & Anwenden von neuem Wissen & neuen Strategien ermöglicht (Mercer, 1996; Walshaw & Anthony, 2008; Webb, 2009). Die Schülerbeteiligung ist vom Zusammenspiel individueller Voraussetzungen abhängig, aber auch vom Verhalten, den Einstellungen & Erwartungen der Lehrkräfte (Hofer 1997; Seidel & Reiss, 2014). Bezüglich des Aufrufverhaltens konnte gezeigt werden, dass Lehrkräfte häufiger mit leistungsstarken als mit schwächeren SchülerInnen interagieren (Brophy & Good, 1974; Gage & Berliner, 1996, Lipowsky et al., 2007). Sacher (1995) konnte herausstellen, dass ein beachtlicher Anteil an SchülerInnen, der sich meldet, nicht aufgerufen wird & nicht dran kommt. Viele bisherige Studien, die sich mit Lehrer-Schüler-Interaktionen beschäftigten, nahmen Häufigkeit & Dauer von Schülerbeiträgen oder Melde- & Aufrufverhalten in den Fokus, diese Ereignisse wurden jedoch kaum miteinander verknüpft. Diese geben daher keinen Aufschluss darüber, ob eine Beteiligung der SchülerInnen „freiwillig“ war oder sie durch die Lehrkraft „gebeten“ wurden sich aktiv am Klassengespräch zu beteiligen & inwiefern ein Melden zu einem aktiven Schülerbeitrag führt. Im vorliegenden Beitrag wurde die Beteiligung der SchülerInnen im Deutsch- & Mathematikunterricht durch die Anzahl der Meldungen, die Anzahl der Aufrufe durch die Lehrkraft sowie die Anzahl der Schülerbeiträge gemessen. Des Weiteren wurde die Beteiligung mit den gemessenen Schülervoraussetzungen (Leistung, Interesse & Selbstkonzept) sowie ihren situativen unterrichtsbezogenen Lernprozessen (kognitive Lernaktivitäten, Motivation) in Verbindung gebracht. Folgende Forschungsfragen stehen im Fokus dieses Beitrages: Welche Melde- & Beteiligungsprofile kommen im Deutsch- und Mathematikunterricht vor? Stehen internale Lernprozesse im Zusammenhang mit einer aktiven Beteiligung am Unterricht? Entwickeln sich SchülerInnen in verschiedenen Beteiligungsprofilen unterschiedlich in einem Schuljahr? Der Beitrag basiert auf Daten der Studie „Interaction“. Die Stichprobe umfasst N = 16 Gymnasialklassen der 8. Jahrgangsstufe mit insgesamt N = 410 SchülerInnen (53% Mädchen) aus Bayern. Die SchülerInnen wurden bezüglich ihrer Vorleistungen, ihrem Interesse in Deutsch & Mathe sowie ihrem Selbstkonzept zu Beginn & am Ende des Schuljahres in einer Unterrichtsstunde getestet & befragt. Während des Schuljahrs wurde je eine Stunde im Deutsch- und Mathematikunterricht videografiert. Des Weiteren wurden sie nach der aufgezeichneten Stunde zu situativen unterrichtsbezogenen Lernprozessen befragt (kognitive Lernaktivitäten, Motivation). Die Videos wurden mit der Software Interact (Mangold, 2014) kodiert & über Einheiten der Sprecher ausgewertet. Mittels LCA-Analysen (Mplus, Version 7.1) wurden SchülerInnen hinsichtlich ihrer Beteiligung in Profilen geclustert. Des Weiteren wurden Anova- sowie t-test-Berechnungen mit SPSS (Version 23) durchgeführt, um Unterschiede in den Profilen bezüglich der internalen Lernprozesse sowie Voraussetzungen & Leistungen heraus zu stellen. Für Deutsch konnten mittels latenter Klassenanalysen fünf verschiedene Beteiligungsprofile gefunden werden: „Drankommer“, „Nicht-Drankommer“, „Aufgeforderte“, „Von allem etwas“ & „Unbeteiligte“. Für Mathe konnten vier Profile gefunden werden (die gleichen wie in Deutsch außer dem „Von allem etwas“-Profil). Im Fach Deutsch unterscheiden sich die Schüler in Beteiligungsprofilen nicht hinsichtlich intrinsischer Motivation, es zeigen sich jedoch signifikante Unterschiede in extrinsischer Motivation, Amotivation, aber auch hinsichtlich kognitiver Lernaktivitäten. In Mathematik konnten Unterschiede in allen untersuchten Bereichen gefunden werden. Die SchülerInnen in den unterschiedlichen Profilen wurden des Weiteren hinsichtlich ihrer Leistungen (zum Schulhalbjahr) aufgeteilt, um mögliche Veränderungen ihres Interesses & Selbstkonzeptes, aber auch den Leistungen vom Beginn zum Ende des Jahres aufzuzeigen. Ergebnisse zeigen, dass sich SchülerInnen in einzelnen Profilen unterschiedlich entwickeln & in Deutsch z.B. schlechtere Schüler, die in den Profilen „Nicht-Drankommer“, „Aufgeforderte“, aber auch „Unbeteiligte“ sind, schlechtere Leistungen am Schuljahresende zeigen. Für gute Schüler hat es jedoch keine Auswirkungen, wenn sie „Aufgefordert“ werden sich zu beteiligen. Auch für Mathematik lassen sich unterschiedliche Entwicklungen zeigen, welche wichtige Aufschlüsse für die Unterrichtsforschung & Implikationen für die Praxis liefern & somit zu neuen Hinweisen für eine Anpassung des Unterrichts an die unterschiedlichen Voraussetzungen & Lernbedingungen von SchülerInnen führen können. ID: 141 Poster Disziplinen-Cluster: Psychologie, Sonderpädagogik, Lehrerbildung Thematisches Cluster: Grundschulbildung, Inklusion, Unterrichtsentwicklung/ Unterrichtsqualität Stichworte: Inklusion, Einstellung, Kinder, Grundschule, Gemeinsames Lernen Die Entwicklung einer Skala zur Erhebung der Einstellung von Grundschulkindern zum gemeinsamen Lernen Stefanie Bosse, Christian Jäntsch, Jennifer Lambrecht, Thorsten Henke, Jessica Jaeuthe, Nadine Spörer Universität Potsdam, Deutschland In inklusiven Klassen lernen Kinder mit unterschiedlichen Voraussetzungen und Fähigkeiten zusammen, z. B. leistungsstärkere und -schwächere Kinder, Kinder aus Familien mit und ohne Migrationsgeschichte oder auch Kinder mit einem und ohne einen sonderpädagogischen Förderbedarf. Inwiefern das gemeinsame Lernen erfolgreich für die Kinder ist, hängt von zahlreichen Einflussfaktoren ab. Beispielsweise besteht die Annahme, dass die Umsetzung von Inklusion eine entsprechend positive Einstellung der beteiligten Akteure als notwendige Bedingung erfordert. Vielfach wurden hierfür die involvierten Lehrkräfte bzw. die Lehramtsstudierenden zu ihrer inklusiven Einstellung befragt (Bosse & Spörer, 2014; Kunz, Luder & Moretti, 2010; Savolainen, Engelbrecht, Nel & Malinen, 2011), aber auch die Einstellung der Eltern zum gemeinsamen Lernen rückte in den Fokus (Bryer, Grimbeek, Beamish & Stanley, 2004; Müller, 2012). Eine Personengruppe, die zumindest in Deutschland bislang wenig befragt wurde, sind die Kinder, die in inklusiven Klassen lernen. Ein Schwerpunkt der bisherigen Forschung lag bislang darin, die allgemeine Einstellung von Kindern gegenüber anderen Kindern mit einer Behinderung zu ermitteln. Dabei wurden sehr unterschiedliche Instrumente entwickelt (Yu, Ostrosky & Fowler, 2012). Neben dem Einsatz von Fragebögen, z.B. CATCH-Scale von Rosenbaum, Armstrong & King (1986), Attitudes-Scale von Gash (1993), Acceptance-Scale von Voeltz (1980), kamen auch Piktogramme zum Einsatz, die jedoch eher auf die Messung der sozialen Akzeptanz bzw. der sozialen Distanz der befragten Vor- und Grundschulkinder zu Kindern mit Behinderungen abzielten (Harter & Pike, 1984; Wocken, 1993). Schließlich versuchten Favazza und Odom (1996), die Einstellung von Kindern mittels strukturierter Interviews zu erheben. Insgesamt zeigte sich, dass die eingesetzten Instrumente auf unterschiedliche kontextuelle Rahmungen ausgerichtet sind. Größtenteils lag das Forschungsinteresse darauf herauszufinden, inwiefern die Einstellung eines Kindes gegenüber Kindern mit Behinderung den Umfang und die Ausgestaltung der Peerbeziehungen beeinflusst. Die Entwicklung eines deutschsprachigen Instruments zur Messung der Einstellung zum gemeinsamen Lernen ist insofern ein Desiderat. Das Ziel der vorliegenden Studie war es daher eine Skala zur Messung der Einstellung von deutschsprachigen Grundschulkindern zum gemeinsamen Lernen zu entwickeln. Folgende Fragestellungen wurden untersucht: Mit welchen Items können die Einstellungen von Grundschülern erhoben werden und welche inhaltliche Struktur ist erkennbar? Sind die Kinder dem gemeinsamen Lernen gegenüber positiv oder negativ eingestellt? Welche Zusammenhänge bestehen zu fachlichen und sozialen Kompetenzen der Kinder? Zur Beantwortung der Fragestellungen wurde ein Untersuchungsdesign gewählt, das quantitative und qualitative Methoden kombiniert. In einem ersten Schritt wurden acht Items zur Erfassung der Einstellung von Grundschülern zum gemeinsamen Unterricht entwickelt. Diese Items erfragten die allgemeine Einstellung zum gemeinsamen Lernen, die Einstellung gegenüber kognitiv eingeschränkten Kindern sowie gegenüber Kindern mit Verhaltensproblemen. Die Items wurden N = 213 Viertklässlern aus n = 10 inklusiven Grundschulen vorgelegt. Die Kinder (53.8 % Mädchen; 98.1 % Herkunft Deutschland) waren im Durchschnitt 10.3 Jahre alt (SD = .49). Die Analysen zur Reliabilität und zur antizipierten Struktur zeigten, dass sich weder die angenommene Skalenstruktur finden ließ, noch eine andere Strukturierung inhaltlich und statistisch sinnvoll war (Cronbachs α von .26 bis .66). Eine Ursache für die mangelnde innere Konsistenz lag möglicherweise in der sprachlichen Komplexität der Items. Denkbar ist auch, dass die Kinder grundsätzlich eine andere Vorstellung vom gemeinsamen Lernen hatten. Insofern wurden in einem zweiten Schritt vier teilstandardisierte Gruppeninterviews mit Grundschülern der vierten Jahrgangsstufe geführt, um ihr Wissen und ihr Vokabular im Hinblick auf das gemeinsame Lernen zu identifizieren. Die Interviews wurden transkribiert und mittels qualitativer Inhaltsanalyse ausgewertet. Die gewonnen Informationen führten sodann zu einer Reformulierung der Fragebogenitems. Die modifizierten Items werden in einem dritten Schritt den Grundschülern des ersten Messzeitpunkts vorgelegt. Diese Erhebung wird im Januar 2016 stattfinden. Anschließend wird die postulierte Struktur der Einstellungsskala mittels konfirmatorischer Faktorenanalyse überprüft. Zudem werden Zusammenhänge zu fachlichen und sozialen Kompetenzmaßen der Kinder regressionsanalytisch geprüft. ID: 151 Poster Disziplinen-Cluster: Psychologie Thematisches Cluster: Selbstreguliertes Lernen, Inklusion, Motivation und Emotion Stichworte: self-efficacy, selfregulation, daily-life study, children with psychiatric disorders, care research From day hospital back to school: identifying conditions for successful school reintegration Leona Hellwig1, Vera Brenner1,2, Annette Conzelmann1,2, Ute Dürrwächter1,2, Chrstiane Fiege3, Caterina Gawrilow1,3, Augustin Kelava1,4, Tobias Renner1,2, Johanna Schmid1,3 1 LEAD Graduate School, University of Tübingen, Germany; 2Child and Adolescent Psychiatry University Medical Center Tübingen, Germany; 3School Psychology Unit, Department of Psychology, University of Tübingen, Germany; 4Hector Research Institute of Education Sciences and Psychology, Tübingen, Germany Children and adolescents experience psychiatric disorders quiet often. For instance, a representative study in 7-17 year old German children and adolescents observed psychiatrically relevant impairments in 15% of that age group (Ravens-Sieberer, 2008). Psychiatric day hospitals are a comparably new treatment approach for rather severe disorders. Within this treatment setting, patients stay in the psychiatric facility during daytime, attend a clinic school, and spend nights at their home. This setting allows for the training of transfer of treatment effects to the situation at home, but hardly to school. The transition from child and adolescent psychiatric day hospitals back to regular school settings is a challenging transition for patients, their parents, and their teachers. Practical empirical knowledge reveals that despite close cooperation between clinical therapists, parents, and schools, school reintegration places a strong burden on all parties involved with potentially unfavorable outcomes for children in the classroom and with regard to their general mental health status. In many cases, teachers express feelings of deficient self-efficacy regarding their capability to meet individual needs of a child after discharge in the classroom context. It seems likely that such concerns negatively influence both teacher-child interactions as well as parental perceptions, and, indirectly, parent-child interactions, leading to a setback of improvements achieved during day hospital stays. Furthermore, a strong association between teachers’ self-efficacy and students’ performance stresses the importance for the investigation in a sample of former psychiatry patients (Klassen, & Tze, 2014). However, until today, only few and solely qualitative research has been carried out to systematically investigate such factors fostering successful school reintegration after discharge and a potential reciprocity between children’s, parents’, and teachers’ experiences, perceptions, and interactions during school reintegration. Moreover, multi-informant and everyday-life close assessment methods as well as information on self-efficacy and self-control as a proxy for psychological school readiness are needed (McClelland, Ponitz, Messersmith, & Tominey, 2010; Bandura, 1986). Therefore, the project aims to: (1.) describe psychosocial and academic functioning in children during the transition process from day hospital to their school as well as to analyze (2.) same- and (3.) across-person associations of psychosocial and academic functioning as rated by children, parents, and teachers. Methodologically, teacher, children and parents will answer once a day (two weeks before the discharge and eight weeks after the discharge) questions on the perceived self-regulation of the child and the self-efficacy to tackle obstacles at school. This dairy study is realized using an experience sampling software (android application) on smartphones. Children are supported during the data collection phase, with items presented as audios, audio recording of free-text answers and a token system to increase compliance. ID: 153 Poster Disziplinen-Cluster: Lehrerbildung Thematisches Cluster: Kompetenzdiagnostik/ Kompetenzentwicklung, Lehrer(aus)bildung, Unterrichtsentwicklung/ Unterrichtsqualität Stichworte: Lehramtsstudierende, Kompetenzentwicklung, Unterrichtsqualität, Rückmeldung, Perspektiven Welches Feedback ist das Beste? Urteile unterschiedlicher Akteure über die Unterrichtsqualität von Lehramtsstudierenden Antje Biermann, Roland Brünken Universität des Saarlandes, Deutschland Als eine bedeutende Bedingung für die Entwicklung von Handlungskompetenzen von Lehramtsstudierenden kann die Rückmeldung über das Verhalten in Unterrichtssituationen von Seiten verschiedener Akteure (Betreuungslehrer, Schüler, Mitstudierende) angesehen werden. Durch die Implementierung mehrerer Praxisphasen im Rahmen des Lehramtsstudiums besteht verstärkt die Möglichkeit einer kontinuierlichen Rückmeldung. Von entscheidender Bedeutung dabei ist, dass sich das Feedback an den theoretischen Normen guten Unterrichts orientiert, um eine adäquate Weiterentwicklung im Sinne der Ausbildungsstandards zu erreichen. Nach Clausen (2002) sollten zu einem normorientierten Feedback eher Personen mit didaktisch-methodischem Verständnis in der Lage sein, wie das z. B. für erfahrene Lehrkräfte im Schuldienst der Fall ist. Von Schülern wird angenommen, dass sie ihr Urteil weniger auf der Grundlage von methodischer Sachkenntnis vornehmen (können), sondern eher aufgrund sekundärer Faktoren (wie Leistungsbeurteilung durch die Lehrperson oder die eigene Leistungsfähigkeit, z. B. Kunter & Baumert, 2006). Die Urteile externer Beobachter, die Unterrichtsstunden mit Hilfe von Videoaufzeichnungen mehrfach anschauen können, stimmen aufgrund intensiver Schulungen wohl am ehesten mit den theoretischen Normen guten Unterrichts überein (z. B. Fauth, Decristan, Rieser, Klieme & Büttner, 2014). In der vorliegenden Studie wird der Frage nachgegangen, welches Urteil aus welcher Perspektive am ehesten mit dem normorientierten Urteil externer Beobachter übereinstimmt und damit für die Rückmeldung der Handlungskompetenzen von Lehramtsstudierenden und deren Professionalisierung am ehesten geeignet erscheint. Im Rahmen des ersten Praktikums wurden die Unterrichtsversuche von N = 92 Lehramtsstudierenden der Fächer Deutsch und Mathematik videographiert. Am Ende der Stunde wurde von allen Akteuren (unterrichtender Praktikant, Schüler, Betreuungslehrer, hospitierende Mitstudierende) die Unterrichtsqualität mittels Fragebögen auf den drei Dimensionen Klassenführung, Lernförderliches Klima sowie Klarheit und Strukturiertheit erfasst (Helmke et al., 2010). Je zwei geschulte Beobachter schätzten die Unterrichtsqualität anhand der Videos mit Hilfe eines von Baer et al. (2011) adaptierten hoch inferenten Rating-Inventars ebenfalls auf diesen drei Dimensionen ein. Zur Überprüfung der Fragestellung wurden Korrelationen zwischen den aggregierten Mittelwerten auf Klassenebene berechnet. Es zeigt sich in Anlehnung an frühere Studien, dass die Einschätzungen aller Perspektiven für die Dimension Klassenführung statistisch signifikant in einem mittleren Bereich miteinander korrelieren, was mit der guten Beobachtbarkeit des Konstrukts erklärt wird. Darüber hinaus sind die aggregierten Schülerurteile auf allen Dimensionen am stärksten mit den Videoratings korreliert, die Übereinstimmungen der unterrichtenden Praktikanten sowie der Betreuungslehrer mit den Videoratings fallen am niedrigsten aus und sind nur für die Dimension der Klassenführung statistisch signifikant. Für die Dimension Klarheit und Strukturiertheit korrelieren nur die Schülerurteile mit den Videoratings, für die Dimension Lernförderliches Klima und Motivierung sind auch die Zusammenhänge der Urteile der Mitstudierenden statistisch bedeutsam. Alle statistisch signifikanten Korrelationen liegen im Bereich von r = .22 - .46. In der vorliegenden Studie teilen die Schüler mehrere Eigenschaften mit den Videobeurteilern, was die höheren Zusammenhänge erklären könnte, die im Gegensatz zu früheren Studien stehen. Beide Perspektiven haben durch die Beobachtung vieler verschiedener Lehrpersonen eine große Vergleichsbasis unterschiedlicher Unterrichtsmethoden und -stile. Darüber hinaus ist die beurteilte Einheit für die Perspektiven vergleichbarer als in früheren Studien, da auch die Schüler die Praktikanten nur einen kurzen Zeitraum kennen und daher ihre Einschätzung nur auf die beobachtete Stunde beziehen können. Es stellt sich die Frage, ob Schülerurteile verstärkt als Basis für die Rückmeldung im Rahmen der Kompetenzentwicklung innerhalb der Praktika eingesetzt werden sollten. Darüber hinaus sollte diskutiert werden, wie die Urteile von Betreuungslehrern verbessert werden können, da sie als wichtige Vermittler von Handlungskompetenzen im Rahmen der Praktika gelten. ID: 156 Poster Disziplinen-Cluster: Didaktiken der Naturwissenschaften und Technik Thematisches Cluster: Hochschulbildung, Mathematisch-naturwissenschaftlicher Unterricht Stichworte: Chemie, Studienerfolg, Prädiktoren, Hochschule, ALSTER Chemiespezifische und fächervergleichende Analysen von Studienerfolgsprädiktoren Daniel Averbeck, Jens Fleischer, Elke Sumfleth, Detlev Leutner, Matthias Brand Universität Duisburg-Essen, Deutschland Die Ausbildung von Fachkräften ist für die Wirtschaft eines Landes unerlässlich. So zeichnet sich auch im Bereich der naturwissenschaftlich-technischen Studiengänge eine stetig wachsende Nachfrage nach Ingenieuren und Wissenschaftlern ab. Das Bedienen dieser Nachfrage wird gerade in den genannten Domänen unter anderem dadurch erschwert, dass lediglich ein geringer Teil der Hochschulzugangsberechtigten ein naturwissenschaftlich-technisches Studium aufnimmt (Chen, 2009) und diese Studiengänge zusätzlich die höchsten Studienabbruchquoten (bis zu 48%) aufweisen (Heublein, Richter, Schmelzer & Sommer, 2012). Deshalb kommt der Analyse von Studienerfolgsprädiktoren und einer frühzeitigen und kriteriumsgeleiteten Unterstützung von Studierenden eine besondere Bedeutung zu. Folglich versucht die DFG-geförderte Forschergruppe ALSTER Faktoren für den Studienerfolg in den naturwissenschaftlichtechnischen Studiengängen und den moderierenden Effekt der disziplinspezifischen Anforderungen aufzuklären. Das Ziel des hier dargestellten Forschungsvorhabens ist es, die chemiespezifischen Anforderungen zu untersuchen. Untersuchungen zu Prädiktoren des Studienerfolgs in der Chemie sind bisher nur vereinzelt durchgeführt worden (z.B. Goodstein & Howe, 1978; Bitner 1991; Freyer, 2013). Diese beziehen sich dabei überwiegend auf den Teilbereich der Allgemeinen Chemie, da vermutet wird, dass dieser eine wichtige Rolle in der weiteren Laufbahn von Chemiestudierenden darstellt (Tai, Ward & Sadler, 2006). Darüber hinaus wird in Modulhandbüchern diverser Hochschulen dieser Einführungsveranstaltung unterstellt, dass dort die fundamentalen Prinzipien der Chemie vermittelt und eine Basis für weiterführende spezifische Veranstaltungen geschaffen werden (z.B. Universität Duisburg-Essen, 2014). Studien zu anderen Teildisziplinen der Chemie sind noch seltener als die zur Allgemeinen Chemie und wurden in Deutschland bisher nicht durchgeführt. Allen Studien, vorwiegend aus dem englischsprachigen Raum ist dabei gemeinsam, dass sie zum einen teilbereichsspezifisch die Prädiktoren und den Studienerfolg operationalisieren und zum anderen unterschiedliche Studierendengruppen mit ebenfalls unterschiedlichen Testinstrumenten untersuchen. Diesbezüglich sind die Ergebnisse weder vergleichbar noch aufeinander zu beziehen. Darüber hinaus werden keine Wechselbeziehungen zwischen den einzelnen chemischen Subdisziplinen untersucht, was den Ausgangspunkt des hier dargestellten Forschungsvorhabens bildet. Entsprechend werden die Wechselbeziehungen zwischen dem Vorwissen beziehungsweise dem Lernerfolg in den grundlegenden Teilbereichen der Chemie (Allgemeine, Physikalische, Organische und Anorganische Chemie) und dem Studienerfolg von Chemiestudierenden untersucht. Es wird angenommen, dass ein gutes Vorwissen im Bereich der Allgemeinen beziehungsweise Physikalischen Chemie zu einem umfassenderen universitären Fachwissen im entsprechenden Teilbereich führt. Darüber hinaus wird erwartet, dass ein breites Vorwissen beziehungsweise ein ausgeprägter Wissenszuwachs im Bereich der Allgemeinen Chemie den Wissenszuwachs und Studienerfolg im Bereich der Physikalischen Chemie moderiert. Ergänzend wird der Einfluss des Lernerfolgs in der Allgemeinen Chemie auf den Studienerfolg von Biologiestudierenden untersucht, die Chemie als Nebenfach studieren. Im Vergleich zu den grundständigen Chemikern wird erwartet, dass ein hoher Lernerfolg in der Allgemeinen Chemie lediglich einen geringen Einfluss auf den Studienerfolg der Biologiestudierenden hat. Um das Vorwissen, das universitäre Fachwissen und den Lernerfolg der Erstsemesterstudierenden zu untersuchen, werden jeweils teilbereichsspezifische Fachwissenstest in einem Prä-Post-Design eingesetzt. Die erreichte Punktzahl im jeweiligen PräTest steht für das chemische Vorwissen in der entsprechenden Subdisziplin und die erreichte Punktzahl im Post-Test für das Fachwissen. Die Differenz zwischen beiden Performanzen bildet den universitären Lernerfolg ab. Um die prädiktive Kraft dieser Variablen neben den fachunspezifischen Variablen auf den Studienerfolg im Fach Chemie zu untersuchen, wird dieser auf Basis der Faktoren Modulabschlussnoten, Wissenszuwachs und Verbleib im Studium operationalisiert. Die Wechselbeziehungen zwischen den einzelnen Teilbereichen der Chemie und deren Einfluss auf den Studienerfolg werden nach der Erhebung mittels eines Cross-Lagged-Panel Modells überprüft. Die Pilotstudie wird im Wintersemester 2015/16 mit zwei Messzeitpunkten zu Beginn und zum Ende des ersten Studiensemesters durchgeführt. Auf dem Poster werden die Ergebnisse der Eingangserhebung detailliert dargestellt und erste Aussagen zum Lernzuwachs in und Wechselbeziehungen zwischen der Allgemeinen und Physikalischen Chemie möglich sein. ID: 159 Poster Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft Thematisches Cluster: Selbstreguliertes Lernen, Vorschulische Bildung Stichworte: vorschulische Förderung, selbstreguliertes Lernen, Theoriemodell, empirische Überprüfung Empirische Überprüfung eines Modells selbstregulierten Lernens im Vorschulalter Laura Venitz, Franziska Prof. Dr. Perels Universität des Saarlandes, Deutschland Vor dem Hintergrund gesellschaftlicher Wandlungsprozesse, die zu einer wachsenden Bedeutung lebenslanger Lernprozesse sowie des eigenständigen Wissenserwerbs und der Wissensaktualisierung führen, steigt die Anerkennung selbstregulierten Lernens als Basiskompetenz zunehmend (Baumert et. al., 2001, Dahlberg et. al., 2007). So konnten Untersuchungen wie bspw. von Nota et. al. (2004) für das Grundschulalter oder Blair und Razza (2007) für das Vorschulalter nachweisen, dass selbstreguliertes Lernen prädiktiv für zukünftige schulische Leistungen ist und somit möglichst frühzeitig dafür notwendige Kompetenzen vermittelt werden sollten. Vor diesem Hintergrund wurden ersten Interventionen zur Förderung selbstregulierten Lernens im Vorschulalter entwickelt (Merget-Kullmann et. al., 2007; Perels & Otto, 2009). Zur (Weiter-)Entwicklung von Interventionen für Kinder im Alter zwischen fünf und sechs Jahren gilt es, entwicklungspsychologische Voraussetzungen näher zu beleuchten, da insbesondere die Befunde bezüglich des Entwicklungsstandes metakognitiver Fähigkeiten (als zentraler Bestandteil selbstregulierten Lernens) noch sehr uneinheitlich sind (Veenmann et. al., 2006). Theoretische Annahmen zu zentralen Komponenten selbstregulierten Lernens, sowie dem Zusammenwirken dieser sind somit auf die spezifische Altersklasse der Vorschüler abzustimmen. Vor diesem Hintergrund besteht die Zielsetzung der vorliegenden Studie darin, ein Modell selbstregulierten Lernens zu entwickeln und empirisch zu überprüfen, das theoretische Modellannahmen und entwicklungspsychologische Voraussetzungen von Vorschulkindern integriert und somit erste Befunde zum Zusammenwirken von Komponenten selbstregulierten Lernens im Vorschulalter liefert. Desweiteren soll der im Modell postulierte Zusammenhang des selbstregulierten Lernens mit Leistung im Vorschulalter überprüft werden. Die theoretische Basis für das konzipierte Modell selbstregulierten Lernens bilden das sozial-kognitive Modell der Selbstregulation von Zimmerman (2000), sowie das Modell der Selbstregulation nach Bronson (2000). Durch die Zusammenführung beider Modelle wurde für die vorliegende Studie ein Theoriemodell selbstregulierten Lernens abgeleitet, welches in Anlehnung an Zimmerman (2000) zwischen der Phase der Handlungsplanung (forethought phase), der Handlungsausführung (performance phase) und der Selbstreflexion (self-reflection phase) differenziert. Die jeweiligen Phasen wiederum werden in Anlehnung an Bronson (2000) in verschiedene Bereiche der Selbstregulation (kognitive und motivationale Selbstregulation) untergliedert. Die Daten der vorliegenden Studie wurden im Rahmen einer von der Deutschen Fördergemeinschaft geförderten Interventionsstudie zum Thema selbstregulierten Lernen im Vorschulalter erhoben. Die Stichprobe setzt sich aus 109 Vorschülern (53,2% männlich; 46,8% weiblich) im Alter zwischen fünf und sechs Jahren (M=5,49 Jahre; SD= 0,50 Jahre) zusammen, deren selbstreguliertes Lernen vor Durchführung der Intervention mit Hilfe der Childrens Independent Learning Development Checklist (CHILD-Checklist) erhoben wurde (Whitebread et. al., 2009). Bei diesem Instrument handelt es sich um eine vierstufige Ratingskala mit der ErzieherInnen das selbstregulierte Lernen der Vorschüler einschätzen. Die Internen Konsistenzen der vier Subskalen und der Gesamtskala der CHILD-Checklist liegen mit Werten zwischen .78-.93 und für die Gesamtskala mit .96 in einem ausreichend hohen Bereich (Domino & Domino, 2006). Zur Erfassung eines objektiven Leistungsmaßes wurden Ergebnisse einer Konstruktionsaufgabe, dem Train Track Task herangezogen (Bryce & Whitebread, 2012; Whitebread et. al., 2009). Die durchschnittliche Übereinstimmung bei der Beurteilung des Train Track Task betrug 93% (κn=0,93). Auf Basis der mittels CHILD-Checklist erhobenen Daten wurde zunächst mit Hilfe einer exploratorischen Faktorenanalyse (EFA) die Anzahl möglicher Faktoren bestimmt. Zur hypothesengeleiteten Überprüfung der Struktur wurde mit Hilfe des Programms MPlus (Muthén & Muthén, 2012) eine konfirmatorische Faktorenanalyse (CFA) durchgeführt und das Zusammenwirken der Komponenten selbstreguliertes Lernen im Vorschulalter sowie der Zusammenhang mit Leistung modelliert. Die EFA ergab zwei zentrale Faktoren (Faktor 1: 49,75%; Faktor 2: 8% der Gesamtaufklärung), auf die selbstreguliertes Lernen im Vorschulalter zurückzuführen ist. Die anschließend im Rahmen der konfirmatorischen Faktoren ermittelten globalen Gütemaße weisen auf einen zufriedenstellenden Fit des Modells hin. Auch konnte der postulierte Zusammenhang von selbstreguliertem Lernen und Leistung bestätigt werden. Die Befunde sollen zu einem vertieften theoretischen Verständnis selbstregulierten Lernens von Vorschülern beitragen und können davon ausgehend als Ansatzpunkte zur (Weiter-)Entwicklung von Interventionsmaßnahmen zum selbstregulierten Lernen im Vorschulalter genutzt werden. ID: 160 Poster Disziplinen-Cluster: Psychologie Thematisches Cluster: Motivation und Emotion Stichworte: Erwartungs-Wert-Modell, Physikolympiade, Intelligenzquotient, Erfolgserwartung, Qualifikationsvorhersage Welche Art von Motivation hilft begabten Physikolympioniken am meisten? Detlef Urhahne1, Justine Stang1, Chunjie Zhu1, Sabine Nick2, Ilka Parchmann2 1 Universität Passau, Deutschland; 2Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik an der Universität Kiel Die internationale Physik-Olympiade (IPhO) ist ein alljährlich weltweit stattfindender Wettbewerb für physikbegeisterte Schülerinnen und Schüler. Ziel ist es, die interessierten wie talentierten Schülerinnen und Schüler zu fördern und ihnen das Knüpfen internationaler Kontakte zu ermöglichen. Die fünf deutschen IPhO-Teammitglieder werden anhand eines vierstufigen Auswahlprozesses ausgewählt. Außer exzellenten fachspezifischen Fähigkeiten sind motivationale Faktoren entscheidend, um diesen Prozess erfolgreich zu durchlaufen. Das Leistungsmotivations-Modell von Eccles et al. (1983) wurde herangezogen, um die Physiktestleistung und die Qualifikation der Teilnehmenden für die letzte Auswahlrunde der IPhO vorherzusagen. Das Leistungsmotivations-Modell erklärt, warum Personen Aufgaben wählen und Leistung erbringen (Wigfield & Eccles, 2000). Die Leistung wird von der Erfolgserwartung und von den Wertkomponenten direkt beeinflusst. In einem indirekten Zusammenhang mit der Leistung stehen elterliche Einflüsse, Personenmerkmale, vorherige Leistungen sowie motivationalemotionale Faktoren. Das Modell konnte bereits erfolgreich in Studien zur Qualifikationsvorhersage eingesetzt werden (Stang, Urhahne, Nick & Parchmann, 2014; Urhahne, Ho, Parchmann & Nick, 2012). Die vorherige Teilnahme (Urhahne et al., 2012) und die Erfolgserwartung (Stang et al., 2014) erwiesen sich als signifikante Prädiktoren der IChO-Finalrunden. Auch ist bekannt, dass sich die Familien der Olympioniken durch ein hohes Bildungsniveau und intellektuelle Ressourcen auszeichnen (Campbell, 1996; Urhahne et al., 2012). Unterschiede im Intelligenzquotienten konnten zugunsten der erfolgreicheren Teilnehmenden festgestellt werden. Qualifizierte nahmen öfter an Wettbewerben teil und hatten eine höhere Erfolgserwartung (Urhahne et al., 2012). Aufbauend auf den Arbeiten von Urhahne et al. (2012) und Stang et al. (2014) wurde eine weitere naturwissenschaftliche Disziplin in den Blick genommen. Anhand des Leistungsmotivationsmodells (Eccles et al., 1983) wurde überprüft, welche Modellvariablen mit der Physiktestleistung und der Qualifikation zur vierten Auswahlrunde der Physik-Olympiade zusammenhängen und diese vorhersagen. Es wurde getestet, ob ein Großteil der Qualifikantinnen und Qualifikanten auf Grundlage der Modellvariablen richtig klassifiziert werden kann. An der Studie nahmen 53 Schülerinnen und Schüler (11.3% weiblich) der dritten Runde des Auswahlverfahrens teil. Die Teilnehmenden waren im Schnitt 17.19 (SD = 1.00) Jahre alt. Für die Finalrunde qualifizierten sich 15 Teilnehmende (13.3% weiblich). Zur Qualifikation mussten fachspezifische theoretische und experimentelle Prüfungen erfolgreich absolviert werden. Die Modellvariablen wurden anhand von sechs Blöcken erfasst: elterliche Einflüsse; Personenmerkmale; vorherige Leistung; Selbstschemata, Ziele, Motivation und Emotion; Erwartungen und Werte. Zur Messung der Variablen füllten die Teilnehmenden einen Fragebogen aus und nahmen an einer Intelligenztestung teil. Die Teilnahme war freiwillig und wurde vom Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik der Universität Kiel organisiert. Erfolgserwartung, Intelligenzquotient und frühere Teilnahme korrelierten signifikant positiv mit der Physiktestleistung und der Qualifikation. Zusätzlich korrelierte die elterliche Expertise signifikant positiv mit der Physiktestleistung, jedoch nicht signifikant mit der Qualifikation. Selbstkonzept, Selbstwirksamkeit, Hoffnung auf Erfolg und Zielerreichungswert waren signifikant negativ mit beiden abhängigen Variablen korreliert. Zudem korrelierten Fachinteresse und Nützlichkeit signifikant negativ mit der Qualifikation. Positiv korrelierende Modellvariablen gingen in hierarchisch-lineare und binär-logistische Regressionen zur Vorhersage der Physiktestleistung und der Qualifikation ein. Teilnehmende mit einem höheren Intelligenzquotienten und höheren Erfolgserwartungen schnitten im Physiktest besser ab. Zudem qualifizierten sich Probanden mit einer höheren Erfolgserwartung eher für die Finalrunde. Das Regressionsmodell mit vier Prädiktoren sagte die Qualifikation in 80.0% der Fälle richtig vorher. Die Ergebnisse werden auf inhaltlicher sowie methodischer Ebene diskutiert. Implikationen für Forschung und Praxis werden vorgestellt. ID: 161 Poster Disziplinen-Cluster: Didaktiken der Naturwissenschaften und Technik Thematisches Cluster: Genderforschung, Mathematisch-naturwissenschaftlicher Unterricht Stichworte: Gender, MINT-Angebote, Förderung MINT-Klasse oder nicht? Wahlverhalten aus Gender-Perspektive Monika Holmeier, Tamara Stotz Fachhochschule Nordwestschweiz, Schweiz Theoretischer Hintergrund Trotz verschiedenster Maßnahmen, den Frauenanteil in Studiengängen und Berufen im MINT-Bereich zu erhöhen (MINT = Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft, Technik), ist dieser Anteil weiterhin gering (von Reden, 2015; Schweizer Eidgenossenschaft, 2010). Gründe hierfür sind u.a. die Fach- und Berufskulturen der technisch-naturwissenschaftlichen Studiengänge und Berufe sowie die unterschiedliche Sozialisation von Männern und Frauen (u.a. Quaiser-Pohl, 2012; Solga & Pfahl, 2009; Schwarze, 2010; Viehoff, 2015). Studien zur Berufswahl zeigen bspw., dass Männer eher auf gute Verdienstmöglichkeiten und ein hohes Ansehen im späteren Beruf bedacht sind, Frauen darauf, anderen Menschen helfen zu können (atatech, 2014). Die oben genannten Befunde beziehen sich vorrangig auf relevante Karriereentscheidungen (Studien- und Berufswahl) im MINTBereich. Es fehlen aber Studien, die untersuchen, warum sich junge Frauen und Männer für oder gegen die Teilnahme an einem freiwilligen MINT-Bildungsangebot entscheiden, das primär der Interessensförderung dient und keiner direkten Karriereentscheidung unterliegt. Ebenso lassen die meisten Studien diejenigen Schüler/innen außer Acht, die sich trotz Interesse an MINT-Programmen gegen eine Teilnahme entscheiden. Deren Gründe könnten jedoch maßgeblich Auskunft darüber geben, wo angesetzt werden muss, um mehr Frauen für solche Angebote zu gewinnen. Forschungsfrage Der Beitrag setzt an dieser Forschungslücke an und fragt, aus welchen Gründen sich Frauen für oder gegen die Teilnahme an einem freiwilligen MINT-Bildungsangebot entscheiden und ob sich Unterschiede zu den Männern zeigen. Es ist davon auszugehen, dass Aspekte wie Begabung, persönlicher Nutzen und Interesse bei der Entscheidung zur Teilnahme bedeutend sind, wobei die Gewichtung dieser Faktoren in Abhängigkeit des Geschlechts (acatech, 2014) als auch in Abhängigkeit davon variiert, ob jemals darüber nachgedacht wurde, ein solches Angebot zu besuchen. Methoden & Daten Zur Beantwortung der Fragen werden Daten der Evaluation MINT-Klasse herangezogen. Die MINT-Klassen wurden im Schuljahr 2013/14 im Gymnasium Köniz-Lerbermatt in Bern eingeführt. Schüler/innen der MINT-Klassen erhalten während der drei Jahre vor der Matura in zwei zusätzlichen Schulstunden pro Woche die Möglichkeit, naturwissenschaftlich-technische Probleme auf selbstständige und anwendungsorientierte Weise zu bearbeiten. Im Rahmen der Evaluation wurden die ersten drei Jahrgänge der MINT-Klassen sowie jeweils drei zusätzliche Kontrollklassen (N = 298 Schüler/innen) mittels Fragebogen nach ihren Gründen für oder gegen die Teilnahme an der MINT-Klasse befragt. Zudem wurden die Schüler/innen der Kontrollgruppe gefragt, ob sie in Erwägung gezogen haben, die MINT-Klasse zu besuchen. Die Aussagen der Schüler/innen zu den Teilnahmegründen wurden gemäß Inhaltsanalyse nach Mayring (2008) den am Material erarbeiteten Kategorien zugeordnet, ausgezählt und zwischen den Geschlechtern verglichen. In einem weiteren Schritt wurde der Fokus auf die Frauen gelegt, die ursprünglich Interesse gezeigt haben, letztlich aber doch nicht an den MINT-Klassen teilgenommen haben. Ihre Gründe wurden mit den Gründen jener Frauen verglichen, die sich von Anfang an gegen eine Teilnahme ausgesprochen haben. Ergebnisse Erste Ergebnisse zeigen, dass der zusätzliche Zeitaufwand, das fehlende Interesse und die Teilnahme am Alternativangebot der englischsprachigen Matura als Gründe gegen die Teilnahme genannt werden (englischsprachige Matura schließt Teilnahme an der MINT-Klasse aus). Starkes generelles Interesse und die Möglichkeit, praktisch zu arbeiten, werden als Gründe für die Teilnahme genannt. Es zeigen sich tendenziell Unterschiede zwischen Männern und Frauen. Auch die Gründe der Frauen, die über eine Teilnahme nachgedacht haben, unterscheiden sich zu jenen Frauen, die eine Teilnahme nicht in Betracht gezogen haben. Letztere nennen bspw. generelles Desinteresse als Grund gegen die Teilnahme, während die anfänglich interessierten Frauen eher den zusätzlichen Zeitaufwand und die Teilnahme an der englischsprachigen Matura als Gründe dagegen nennen. Diskussion Die Ergebnisse werden weiter systematisiert und an der Konferenz unter dem Fokus diskutiert, welche Maßnahmen ergriffen werden sollten, um die Frauen für MINT-Bildungsangebote zu gewinnen, die zwar Interesse haben, sich aber gegen eine Teilnahme entscheiden. Gerade sie abzugreifen, könnte zu einem steigenden Anteil an Frauen in MINT-Berufen und Studiengängen beitragen. ID: 171 Poster Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft, Psychologie, Didaktiken der Geschichte, Philosophie, Religion, Gesellschaftswissenschaften Thematisches Cluster: Kompetenzdiagnostik/ Kompetenzentwicklung, Lehrer(aus)bildung, Lehrerexpertise Stichworte: Geschichtsdidaktik, Lehrkompetenzen, Lernaufgaben, Vignettentest, Testvalidierung Fachdidaktische Kompetenzen angehender Lehrkräfte beim Formulieren von Lernaufgaben im Geschichtsunterricht Mario Resch, Christian Vollmer, Manfred Seidenfuß Pädagogische Hochschule Heidelberg, Deutschland Theoretischer Hintergrund. In der Disziplin der Geschichtsdidaktik stellt die Konzeption eines Geschichtslehrerkompetenzmodells als Grundlage für die empirische Erfassung und Überprüfung von Kompetenzentwicklungen von Geschichtslehrkräften ein Desiderat dar, das in einer Studie im Rahmen des interdisziplinären Forschungs- und Nachwuchskollegs EKoL (Effektive Kompetenzdiagnose in der Lehrerbildung) bearbeitet wird (Kanert und Resch 2014). Für die vorliegende Studie wurde in Anlehnung an COACTIV (Baumert und Kunter 2011), Observer (Stürmer und Seidel 2015) und FUER (Körber et al. 2007) ein Kompetenzmodell für das fachdidaktische Wissen und Können (PCK) angehender Geschichtslehrkräfte theoriebasiert entwickelt und empirisch validiert. Fragestellungen. Der Postervortrag konzentriert sich auf die Fragestellungen: (1) Welche Struktur weisen professionelle fachdidaktische Kompetenzen (PCK) von Geschichtslehrkräften auf? (2) Welche psychometrischen Eigenschaften weist der konzipierte Vignettentest auf? Methode. Im Rahmen des Forschungsvorhabens wurde ein vignettengestütztes Testinstrument eingesetzt, das im Gegensatz zu Waldis (2014) nur mit geschlossenem Antwortformat (6-stufig, trifft gar nicht zu – trifft voll zu) versehen ist. Eine Vignette stellt hierbei eine Unterrichtssituation dar, welche die Komplexität von Geschichtsunterricht im konkreten Unterrichtsgeschehen möglichst realistisch abbildet. Der fachdidaktische Problemgehalt soll von den Proband(inn)en erkannt und aus geschichtsdidaktischer Sicht beurteilt werden. Zentrale Aspekte des Vignettentests sind konzeptionelles Wissen zur Unterrichtsplanung, die Fähigkeit relevante Aspekte des Unterrichtsgeschehens zu erkennen und eine adäquate Weiterführung des Unterrichts. Der Vignettentest bezieht sich dabei auf den relevanten Unterrichtsaspekt „Aufgaben formulieren können“ (Mägdefrau und Michler 2014; Waldis et al. 2012). Um möglichst authentische und valide Testformate zu entwickeln, durchlief jede Vignette einen Validierungsprozess, der das Testinstrument hinsichtlich seiner empirischen Aussagekraft evaluierte. Die Validierung orientierte sich an den Validierungsschritten naturwissenschaftlicher Studien (Brovelli et al. 2013; Tepner und Dollny 2014) zur Erhebung fachdidaktischer Kompetenzen. Hierzu fanden qualitative (n = 20) und quantitative (n = 90) Expertenbefragungen statt. Um eine Abschätzung vorhandener Kompetenzen angehender Lehrkräfte zu ermöglichen, wurden im Sommersemester 2015 Studierende an Pädagogischen Hochschulen in Baden-Württemberg (n = 501) befragt. Hierbei werden Geschlecht, Fachsemester, Lehrerfahrung, kognitive Grundfähigkeiten (Wortanalogien; Kersting et al. 2008), Persönlichkeitsmerkmale (BIG5: Neurotizismus, Extraversion, Offenheit für Erfahrungen, Gewissenhaftigkeit und Verträglichkeit; Gerlitz und Schupp 2005), Berufswahlmotive (FEMOLA; Pohlmann und Möller 2010) und berufsbezogene Selbstkonzepte (ERBSE; Retelsdorf et al. 2014) als Kovariaten kontrolliert. Ergebnisse. Die vorliegende Posterpräsentation fokussiert die Testvalidierung und stellt die psychometrischen Eigenschaften des Vignettentest vor. Insbesondere wird dargestellt, inwieweit sich der Vignettentest im Rahmen der Item-Response-Theorie angemessen skalieren lässt, welche Dimensionalität der Vignettentest hat und wie sich diskriminante und konvergente Validität des Vignettentests einschätzen lassen. ID: 184 Poster Disziplinen-Cluster: Psychologie Thematisches Cluster: Methoden der empirischen Bildungsforschung Stichworte: Positionseffekte, Testteilnahmemotivation Moderation von Positionseffekten durch Testteilnahmemotivation Martin Hecht, Sebastian Weirich Humboldt-Universität zu Berlin, Deutschland Theoretischer Hintergrund Im Large-scale Assessment variiert die Itemschwierigkeit in Abhängigkeit der Position des Items im Testheft. Üblicherweise ist ein Item, das am Ende eines Tests platziert wird, wesentlich schwieriger als wenn dieses am Anfang des Tests platziert worden wäre. Solche Positionseffekte verletzen demnach die in vielen IRT-Methoden (z. B. in Linking-Verfahren; Cook & Petersen, 1987; Kolen & Brennan, 2004) getroffene Annahme der Invarianz der Itemparameter über Testformen. Fragestellung Während Positionseffekte und deren potentielle Konsequenzen relativ gut erforscht sind (z. B. Hecht, Weirich, Siegle & Frey, 2015), ist die Frage, warum Positionseffekte auftreten, bisher nur marginal geklärt (Debeer & Janssen, 2013). In dem vorliegenden Beitrag untersuchen wir den Zusammenhang von Positionseffekten und der Testteilnahmemotivation über die Spanne eines zweistündigen Leistungstests. Spezielles Interesse gilt hierbei der Interaktion von Positionseffekten und der Testteilnahmemotivation, da diese beiden Effekte bisher nur separat betrachtet wurden. Die konkreten Forschungsfragen lauten: 1. Wie stark ändert sich die Testteilnahmemotivation während des Leistungstests? 2. Treten Positionseffekte auf? 3. Werden die Positionseffekte durch die Testteilnahmemotivation moderiert? Methode Die Daten stammen aus einer großen Studie in Deutschland zur Messung der Kompetenz von 9.-Klässlern in den Naturwissenschaften. Die Stichprobe bestand aus N=9,410 Schülerinnen und Schülern, denen jeweils eins von 31 Testheften mit einer Auswahl von insgesamt 386 Items zur Bearbeitung vorgelegt wurde. Die Testhefte wurden entsprechend eines YoudenSquare-Designs mit u. a. vollständiger Balancierung der Blockpositionen erstellt. Die Blocklänge betrug 20 Minuten, was bei sechs Blockpositionen je Testheft einer Gesamtbearbeitungsdauer von 120 Minuten entspricht. Die Testteilnahmemotivation wurde drei Mal (zu Beginn, nach der Hälfte und am Ende des Tests) mit jeweils vier Items gemessen. Zur Modellierung der Positionseffekte wurden Generalized Linear Mixed Models (GLMM) und das R-Paket lme4 verwendet, wobei die Itemposition und die Testteilnahmemotivation als Prädiktoren der Lösungswahrscheinlichkeiten eingesetzt wurden. Da die Testteilnahmemotivation je Messzeitpunkt mit mehreren Items gemessen wurde, konnte der Messfehler unter Verwendung eines Strukturgleichungsmodells kontrolliert werden. Um die Veränderung der Testteilnahmemotivation zu modellieren, wurden zusätzlich die Komponenten eines linearen Latent Growth Curve Modells (Intercept/Slope) in das Strukturgleichungsmodell integriert und die Factor Scores bestimmt, die dann in die GLMM Modelle eingingen. Ergebnisse Die Testteilnahmemotivation nimmt über den Test hinweg im Mittel substantiell ab. Weiterhin zeigte sich, dass die InterceptVarianz wesentlich größer ist als die Slope-Varianz, was darauf hinweist, dass die Schülerinnen und Schüler sich zwar in ihrer Motivation, den Test zu bearbeiten, unterscheiden, die Abnahme deren Motivation aber relativ homogen ist. Positionseffekte ließen sich erwartungsgemäß ebenfalls nachweisen, wobei mit höherer Position im Testheft die Itemschwierigkeit steigt. Besonders interessant war neben den Haupteffekten von Position und Testteilnahmemotivation deren Interaktion, die sich als signifikant herausstellte. Das heißt, dass für Schülerinnen und Schüler mit geringerer Motivation und stärkerer Motivationsabnahme die Positionseffekte deutlich ausgeprägter sind. Diskussion Diese Ergebnisse sind beispielsweise für Linking-Methoden und im Hinblick auf die Testvalidität relevant. Das Prinzip der Balancierung, dass essentiell für alle Linking-Designs ist, beruht auf der Annahme, dass Effekte, die nicht im Modell parametrisiert sind, im Mittel zwischen den zu linkenden Populationen gleich sind. Die Haltbarkeit dieser Annahme ist unter den berichteten Ergebnissen zumindest fraglich, da die Testteilnahmemotivation üblicherweise nicht Eingang in die IRTSkalierungen findet. Weiterhin implizieren die Ergebnisse, dass das Verhältnis von konstruktrelevanter und konstruktirrelevanter Varianz sich während des Tests ändert. Bei den Testteilnehmern kommen die Positionseffekte in Abhängigkeit ihrer Motivation unterschiedlich schwer zu tragen. Das heißt, dass die konstruktirrelevante Variation für manche Personen stärker als für andere ansteigt, was die Interpretation der Testscores ungünstig beeinflusst. Für Testdesigns impliziert dies, dass die Balancierung von Positionen nicht ausreicht, um für Positionseffekte zu kontrollieren. Vielmehr sollte in zukünftigen IRT-Skalierungen auch die Testteilnahmemotivation berücksichtigt werden. ID: 185 Poster Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft, Psychologie, Lehrerbildung Thematisches Cluster: Lehrer(aus)bildung Stichworte: Lehramtsstudium, Lehrerbildungsforschung, Einstellungen, Längsschnittstudie Einstellungsänderungen gegenüber der Komplexität von Unterricht im Praxissemester Andreas Bach1, Thomas Fischer2, Horst Biedermann1 1 Paris-Lodron-Universität Salzburg, Österreich; 2Europa-Universität Flensburg Theoretischer Hintergrund: Einstellungen bzw. Überzeugungen bilden in den derzeit diskutierten lehrerberufsspezifischen Kompetenzmodellen eine eigenständige Kompetenzfacette und damit einen zentralen Bestandteil der beruflichen Handlungskompetenz von Lehrkräften. Es wird davon ausgegangen, dass Einstellungen das Handeln von Lehrkräften bedeutsam beeinflussen (Baumert & Kunter, 2006; Lipowsky, 2006; Richardson, 1996), wobei in empirischen Studien bislang häufiger epistemologische und hier insbesondere domänenspezifische Überzeugungen für das Fach Mathematik in den Blick genommen worden sind (Biedermann, Brühwiler & Krattenmacher, 2012). Seltener untersucht wurden bislang unterrichts- und schulbezogene Einstellungen. Die unter dem Begriff der „Konstanzer Wanne“ bekannt gewordenen Untersuchungen zu Lehrereinstellungen der 1970er Jahre analysierten Einstellungsänderungen als Sozialisationseffekte des Studiums und der Schule. Aussagekräftige Längsschnittstudien zur Entwicklung berufsbezogener Einstellungen bei Lehramtsstudierenden insbesondere unter Berücksichtigung schulpraktischer Lerngelegenheiten liegen im Anschluss an diese Untersuchungen kaum vor. Die vorliegende Studie greift dieses Desiderat auf und fokussiert den spezifischen Aspekt der Komplexität von Unterricht. In der Unterrichtsforschung unterscheidet Doyle (1986) hierbei unterschiedliche Dimensionen der Komplexität, mit denen konstitutive Strukturmerkmale von Unterricht und damit Anforderungen an das Lehrerhandeln spezifiziert werden. Fragestellung: In Anlehnung an den Ansatz von Doyle (1986) verfolgt die Studie zwei zentrale Fragestellungen: Zum einen richtet sich die Untersuchung auf die konstruktausarbeitende und empirisch-instrumentelle Fragestellung, wie Einstellungen gegenüber der Komplexität von Unterricht auf Grundlage der Komplexitätsmerkmale nach Doyle (1986) operationalisiert und erfasst werden können. Zum anderen wird analysiert, über welche Einstellungen zur Komplexität von Unterricht Lehramtsstudierende verfügen und ob sich bedeutsame Veränderungen nach der Teilnahme an einem Praxissemester zeigen. Methode: Die Datenbasis stammt aus dem Projekt „Intensität und Stabilität berufsbezogener Einstellungen im Lehramtsstudium“ (ISabEL), das an der Europa-Universität Flensburg durchgeführt wird. Die Veränderungsmessung erfolgt mit Hilfe von linearen Strukturgleichungsmodellen (Latent-Change-Analysen) mit dem Programm Mplus. Die Stichprobe der vorliegenden Prä-PostAnalyse umfasste die Kohorte der Masterstudierenden im Praxissemester, das an der Europa-Universität Flensburg im 3. Fachsemester der Masterstudiengänge Lehramt an Grundschulen und an Gemeinschaftsschulen durchgeführt wird. Insgesamt nahmen 233 Studierende an der Befragung teil. Die eingesetzte Skala „Einstellungen zur Komplexität von Unterricht“ (EKU) wurde im Rahmen des Projekts entwickelt und basiert inhaltlich auf den sechs Merkmalen komplexen Unterrichts nach Doyle (1986). Die Faktorenstruktur der Skala wurde mittels konfirmatorischer Faktorenanalyse (CFA) überprüft. Ergebnisse: Die psychometrischen Ergebnisse für die Skala zeigen, dass sich die Merkmale komplexen Unterrichts nach Doyle (1986) als Einstellungen durch Items mit Likert-Skalierung operationalisieren lassen. Die postulierte sechsfaktorielle Struktur des Konstrukts ist empirisch nachweisbar. Für das spezifizierte Modell konnten akzeptable Modell-Fit-Werte ermittelt werden. In der Prä-Post-Studie konnte belegt werden, dass sich die Einstellungen von Lehramtsstudierenden statistisch signifikant und praktisch bedeutsam im Verlauf eines zehnwöchigen Praxissemesters verändern. Die Veränderung zeigte sich in allen sechs Einstellungsbereichen und weist in die gleiche Richtung: Die Komplexität von Unterricht wird nach dem Praxissemester als weniger anstrengend bewertet. Im Rahmen eines Praxissemesters, das den Schwerpunkt auf das Unterrichten legt, kann vermutlich in nicht unerheblichem Maße erfahrungsbasiertes Wissen erworben werden, das sowohl schnelles als auch angemessenes Handeln in komplexen, wiederkehrenden Situationen ermöglicht. Es kann angenommen werden, dass es Studierenden dadurch gelingt, nicht nur die Wahrnehmung, sondern auch die tatsächlich strukturell vorhandene Komplexität von Unterricht im Verlauf einer längeren Praxisphase zumindest partiell zu reduzieren und dass sich in der Folge auch die Einstellungen gegenüber jenen Unterrichtsmerkmalen in die beschriebene Richtung verändern. ID: 186 Poster Disziplinen-Cluster: Didaktiken der Naturwissenschaften und Technik Thematisches Cluster: Hochschulbildung Stichworte: Wissenstypen, Studienerfolg, Biologie, Physik, Studium Vorwissen als Einflussfaktor für Studienerfolg in Biologie und Physik Torsten Binder, Philipp Schmiemann, Heike Theyßen, Angela Sandmann, Bernd Sures Universität Duisburg-Essen, Deutschland Immer mehr Jugendliche wählen statt einer klassischen Ausbildung ein Hochschulstudium. Prognosen der Studierendenzahlen zeigen an, das zwischen 2012 und 2020 deutlich über 450.000 Studienanfänger pro Jahr erwartet werden (KMK, 2014). Mit diesen erheblich steigenden Studierendenzahlen geht auch ein erhöhter Studienabbruch einher. Besonders in den naturwissenschaftlichen Fächern bricht ein Großteil der Studierenden (durchschnittlich 37%) sein Studium ab (Heublein, Richter, Schmelzer & Sommer, 2014). Aus diesem Grund müssen besonders in diesen Fächern Erfolgsfaktoren für ein erfolgreiches Studium ausgemacht werden. Das ist Gegenstand mehrerer Studien in der von der DFG geförderten Forschergruppe ALSTER. Die vorliegende Studie fokussiert auf das fachspezifische Vorwissen in Biologie und Physik als Prädiktor für Studienerfolg. Theoretischer Hintergrund Blickt man auf bisherige Studien zu Studienerfolgsfaktoren, so standen vor allem fachunspezifische Faktoren, beispielsweise die Abiturdurchschnittsnote im Fokus (Gold & Souvignier, 2005). Im Hinblick auf eine Weiterentwicklung auf Ebene konkreter Lehrveranstaltungen, sind aber auch fachspezifische Faktoren von Interesse. Hier spielen u.a. das Fachinteresse und das fachspezifische Vorwissen eine Rolle (Formazin, 2011). Grundsätzlich gilt das Vorwissen als ein starker Prädiktor für Lernleistung (Dochy, Segers & Buehl, 1999). Hinsichtlich der Studienerfolgsprognose scheinen allerdings Unterschiede bei verschiedenen Typen des fachspezifischen Wissens zu bestehen. So unterscheidet Hailikari (2009) in ihrem Modell vier Wissenstypen: Knowledge of facts, Knowledge of meaning, Integration of knowledge und Application of knowledge. In Studien zum Einfluss dieser Wissenstypen auf den Studienerfolg in verschiedenen Fächern finden sich unterschiedlich starke Einflüsse einzelner Wissenstypen (Hailikari et al. 2007, 2009, 2010). So hat beispielsweise Application of knowledge in Chemie den stärksten Einfluss auf späteren Studienerfolg, in Mathematik hingegen ist Integration of knowledge stärkster Prädiktor (Hailikari & Nevgi, 2010; Hailikari, Nevgi & Lindblom-Ylänne, 2007). Untersuchungen über den Einfluss der verschiedenen Wissenstypen in Biologie und Physik liegen bislang nicht vor. Fragestellung und Zielsetzung Ziel der Studie ist es, die Bedeutung des fachspezifischen Vorwissens als Prädiktor für Studienerfolg von Biologie- und Physikstudierenden in der Studieneingangsphase nach Wissenstypen differenziert aufzuklären. Aufgrund der unterschiedlichen Struktur des Curriculums in Biologie und Physik sind hier unterschiedliche Zusammenhänge anzunehmen. Daraus ergeben sich die folgenden Forschungsfragen: Allgemeiner Einfluss Wie stark prädiktiert das fachspezifische Vorwissen den Studienerfolg in Physik bzw. Biologie in der Studieneingangsphase? Einfluss der Wissenstypen Wie stark prädiktieren die verschiedenen Typen des fachspezifischen Vorwissens den Studienerfolg in Physik bzw. Biologie in der Studieneingangsphase? Fächervergleich Welche Unterschiede bestehen zwischen den Fächern Physik und Biologie hinsichtlich der Prädiktionskraft verschiedener Typen des fachspezifischen Vorwissens für den Studienerfolg? Untersuchungsdesign und Stichprobe Um das Wissen der Studierenden (ca. N = 300) zu erfassen, werden auf Basis des theoretischen Modells von Hailikari (2009) in beiden Fächern Testsets entwickelt, die die Wissenstypen abbilden. Dazu kommen basierend auf den Charakteristika der einzelnen Wissenstypen verschiedene Methoden zum Einsatz. - Knowledge of facts: Multiple Choice-Items (Schachtschneider et al., 2014) - Knowledge of meaning: Kurzantworten - Integration of knowledge: Concept Maps - Application of knowledge: Sortieraufgaben (nach Friege, 2001) Die Testinhalte beziehen sich auf die Inhalte des ersten und zweiten Semesters (Biologie: Botanik und Zoologie, Physik: Mechanik und Elektrodynamik). Für längsschnittliche Auswertungen sind die Tests über Ankeritems verbunden. Das Wissen wird zu bzw. vor Beginn des ersten und zweiten Semesters erhoben, bezogen auf die inhaltlichen Schwerpunkte des jeweiligen Semesters. Der Studienerfolg wird in Form des Verbleibs im Studium, der Noten am Semesterende und des fachlichen Lernzuwachses in den Wissenstypen über das Semester hinweg operationalisiert. Zusätzlich werden weitere potenzielle Einflussfaktoren erfasst (z. B. Studieninteresse, kognitive Fähigkeiten). Erwartete Erträge Als Ertrag des Projektes werden zum einen Testinstrumente für die vier Wissenstypen für Biologie und Physik vorliegen. Darüber hinaus werden detaillierte Erkenntnisse über den Einfluss der Wissenstypen auf den Studienerfolg in beiden Fächern erwartet. Auf Grundlage der erwarteten Ergebnisse können Unterstützungssysteme für das Biologie- und Physikstudium entwickelt werden. ID: 194 Poster Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft, Psychologie, Lehrerbildung Thematisches Cluster: Hochschulbildung, Kompetenzdiagnostik/ Kompetenzentwicklung, Methoden der empirischen Bildungsforschung Stichworte: Kompetenzmodelle, Kompetenzerfassung, Validierung, innovative Methoden Herausforderungen und Perspektiven der Kompetenzerfassung im Hochschulsektor – Das neue BMBFForschungsprogramm „KoKoHs II“ Miriam Toepper1, Olga Zlatkin-Troitschanskaia1, Hans Anand Pant2, Corinna Lautenbach2 1 Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Deutschland; 2Humboldt-Universität zu Berlin Im deutschen Hochschulsektor sind in den letzten Jahrzehnten weitreichende bildungspolitische Reformen zu beobachten (z.B. Bologna-Reform, Neues Steuerungsmodell). Trotz dieser Maßnahmen sind die dem Hochschulsystem inhärenten Probleme bislang weiterhin bestehen geblieben. Für die letzten Jahre ist teilweise eher eine Verschärfung von Problemen in der hochschulischen Bildung zu konstatieren, beispielsweise eine beträchtliche soziale Selektion auch in den neuen BA/MAStudiengängen (z.B. Zlatkin-Troitschanskaia et al., 2012; Maaz et al., 2014), mangelnde Chancengerechtigkeit etwa für Studierende mit Migrationshintergrund und Genderproblematik in mehreren Fachdisziplinen (zu Wirtschaftswissenschaften, siehe z.B. Brückner et al. 2015) sowie hohe Misserfolgsquoten, die die hohen Studienabbruchzahlen und langen Studienzeiten widerspiegeln (Bildungsberichte 2012; 2014). Nicht zuletzt angesichts der für Deutschland alarmierenden Ergebnisse der PIAACStudie rücken Fragen nach Effektivität und Effizienz der Hochschulbildung zunehmend in den Fokus. Die Bildungsqualität der Hochschule sowie ihre individuellen und gesellschaftlichen Erträge stehen hierbei zur Debatte. Die damit verbundenen Fragen können nur dann auf Grundlage von Evidenzen beantwortet werden, wenn empirisch fundierte Erkenntnisse zu den Bedingungen, zur Entwicklung und Gestaltung sowie zu Wirkungen von akademischen Lernprozessen vorliegen. Dies umfasst die valide Erfassung der in der Hochschulbildung erworbenen Kompetenzen als zentrale „Outcomes“ akademischer Ausbildung. In diesem Kontext ist die BMBF-Förderlinie „Kompetenzmodellierung und Kompetenzerfassung im Hochschulsektor (KoKoHs)“ zu verorten, welche die hochschulpolitisch und hochschulpraktisch aktuellen Herausforderungen der „Kompetenzorientierung“ in der Lehrund Prüfungspraxis fokussiert und einen wesentlichen Beitrag zur Schließung bestehender Forschungslücken leistet (Blömeke et al., 2013). Während der ersten Förderphase des nationalen Forschungsprogramms KoKoHs (2011-2015) wurden Kompetenzmodelle und Instrumente zur validen Erfassung akademisch erworbener Kompetenzen entwickelt und bundesweit empirisch erprobt (Zlatkin-Troitschanskaia et al., 2014). Erste Ergebnisse zeigen (Zlatkin-Troitschanskaia et al., in press), dass die für verschiedene Studiendomänen (wie Lehrerbildung, Ingenieur- und Wirtschaftswissenschaften) entwickelten Kompetenzmodelle und dazugehörigen Instrumente eine solide Grundlage liefern, auf der in Zukunft mit vertiefenden, längsschnittlich angelegten, mehrere Ebenen umfassenden Analysen im Rahmen von (feld-)experimentellen Validierungsstudien aufgebaut werden kann. In solch weiterführenden Forschungsarbeiten kommt es auf die Erfassung der manifesten Lernergebnisse, aber auch auf die differenzierte Analyse der Bedingungen des Kompetenzerwerbs an, um Zusammenhänge zwischen Lernerfolg und den individuellen sowie institutionellen Voraussetzungen dafür erklären zu können. Im Zuge der zweiten Förderphase (2016-2020) „Kompetenzmodelle und Instrumente der Kompetenzerfassung im Hochschulsektor – Validierungen und methodische Innovationen (KoKoHs II)“ werden im Laufe der nächsten vier Jahre zentrale Entwicklungsbedarfe der weiterführenden Kompetenzforschung im Hochschulbereich systematisch in den Blick genommen. Im Rahmen von insgesamt 15 Projektverbünden wird erforscht, wie trotz hoher konzeptueller und messmethodischer Anforderungen eine objektive, zuverlässige und valide Messung akademischer Kompetenzen gewährleistet werden kann. Neben dem Rückgriff auf erforderliche mehrebenenanalytische und längsschnittliche Untersuchungsdesigns und quasi-experimentelle Validierungsstudien werden auch international innovative Verfahren der Kompetenzerfassung (z.B. computerbasierte adaptive Assessments) eingesetzt und weiterentwickelt. In diesem Beitrag werden die zentralen Zielstellungen, der übergreifende konzeptuelle und methodische Rahmen des Forschungsprogramms, seine Struktur und das Arbeitsprogramm der Gesamtinitiative für die kommenden Jahre erstmals präsentiert. Mit Blick auf die Struktur des Gesamtprogramms werden thematische Schwerpunkte wie „Erfassung der Kompetenzentwicklungsverläufe“ und „Methodische Innovationen“ hervorgehoben. In Bezug auf die Messmethodik wird in fast allen Projektverbünden z.B. die prognostische Validität der Kompetenzmessverfahren geprüft. Diese Perspektive ist auch für den Wissenschaftstransfer in die Hochschulpraxis besonders bedeutsam. Zwei Drittel der Projekte sind längsschnittlich angelegt und betrachten „Kompetenzentwicklungsverläufe während des Studiums“. So können u.a. Hinweise zu Effekten von studienbezogenen Kontextfaktoren gewonnen werden, etwa zur Bedeutung von verschiedenen Lerngelegenheiten im Studium für den Kompetenzerwerb. Solche Forschungsarbeiten sind nicht nur für die aktuelle Kompetenzforschung sondern auch mit Blick auf die Hochschulpraxis und -politik besonders relevant. Die neue thematische und messmethodische Schwerpunktsetzung und Ausrichtung des Forschungsprogramms KoKoHs II soll im Rahmen der GEBF-Tagung hinsichtlich ihrer Implikationen für die empirische Hochschul- und Kompetenzforschung mit der Scientific Community diskutiert werden. ID: 203 Poster Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft, Didaktik Fremdsprachen Thematisches Cluster: Fremdsprachenunterricht, Grundschulbildung, Kompetenzdiagnostik/ Kompetenzentwicklung Stichworte: Bildungssprachliche Kompetenzen; Immersiver Unterricht; Erst- und Zweitsprachkompetenzen; Erfassung schriftsprachlich-bildungssprachlicher Kompetenzen immersiv unterrichteter Kinder in Erstund Zweitsprache Astrid Jurecka1, Daniela Elsner1, Gregory Poarch2 1 Goethe-Universität Frankfurt, Deutschland; 2Westfälische Wilhelms-Universität Münster Theoretischer Hintergrund: In Folge der Aufforderung der Europäischen Kommission, den Erwerb fremdsprachlicher Kompetenzen bereits im frühen Kindesalter zu unterstützen (Europarat 1998; 2002), findet auch in Deutschland bereits in der Grundschule vermehrt Sachfachunterricht in immersiven Kontexten statt (z.B. Breidbach und Viebrock, 2012). Dabei erfolgt die Vermittlung des Lerngegenstands in einer Fremdsprache (L2, zumeist Englisch oder Französisch; teilimmersiv/vollimmersiv; z.B. Kuska et al., 2010). Obgleich internationale empirische Studien darauf hinweisen, dass immersiv unterrichtete Kinder keine Nachteile hinsichtlich der Entwicklung allgemeiner sprachlicher Kompetenzen in der Erstsprache (L1) aufweisen (z.B. Genesee, 2004; Lindholm-Leary & Howard, 2007), und bezüglich des sachfachlichen Wissens teilweise monolingual Unterrichtete sogar übertreffen (z.B. Zaunbauer & Möller, 2007), ist bislang unklar, ob sich dies auch speziell bezüglich Kompetenzen in der als besonders schulerfolgsrelevant identifizierten Bildungssprache (z.B. Cummins, 2000; Heppt, et al., 2014; Gogolin & Lange, 2011) zeigt. Bildungssprachlichen Kompetenzen werden dabei verschiedene Kernelemente zugeordnet, wie etwa Schwierigkeit/Komplexität von Wortschatz/Grammatik, oder Verwendung von Fachvokabular (z.B. Cummins, 2008). Vor dem Hintergrund möglicher Nachteile immersiv unterrichteter Kinder bei Schulwechseln auf monolingual Deutsch unterrichtende Schulen oder -im weiteren Bildungsweg- auf Fach- und Hochschulen ergibt sich hier eine Forschungslücke. Ziele/Hypothesen: 1) Ziel der vorliegenden Studie ist daher ein Vergleich schriftsprachlich-produktiver bildungssprachlicher Kompetenzen in L1 und L2 bei immersiv unterrichteten Kindern in der Grundschule und Anfang der Sekundarstufe I. Basierend auf o.g. empirischen Studien wird erwartet, dass auch diesbezüglich keine Unterschiede zwischen L1 und L2 existieren. 2) Da hinsichtlich der Messung schriftsprachlich-bildungssprachlicher Kompetenzen junger Lerner sowohl in L1 als auch L2 für den deutschen Sprachraum bislang keine Testinstrumente existieren, erforderte die Beantwortung der Forschungsfrage -als weiteres Ziel der Studie- die Entwicklung und Überprüfung eines neuen Testinstruments. Testentwicklung: Im Kontext von Sprachenunterricht hat sich für junge Lerner eine motivierende und lernförderliche Wirkung von Comics gezeigt (vgl. Elsner 2013; 2014). Daher wurden 3 Comics (jeweils 3 Bilder; Protagonist: ein ungeschickter Wissenschaftler) zu den Bereichen „Schwimmen/Sinken“, „Verdunstung“ und „Schall“ entwickelt. Die Kinder wurden instruiert, jeweils auf Deutsch und Englisch das jeweilige Bildgeschehen zu beschreiben und zu begründen. Stichprobe/Durchführung: Die Studie erfolgte an n=54 vollimmersiv unterrichteten Kindern der Klassen 4 (n=31; M(Alter)=9;5); weiblich=38%; m(Immersionsjahre)=3;4; DaM=20) und 5 (n=23; m(Alter)=10;6; weiblich=43%; m(Immersionsjahre)=3;7; DaM=16). Die Testung erfolgte an zwei Tagen (4 TestleiterInnen/Klasse), erhoben wurden die bildungssprachliche Schriftsprachproduktion (AV=Comics/bildungssprachliche Indikatoren Deutsch/Englisch) sowie als Kontrollvariablen allgemeinsprachliche Kompetenzen (Deutsch/Englisch; PPVT, TROG, ADST), Fachwissen, kognitive Fähigkeiten (Raven’s CPM) sowie (Sprach)hintergrundvariablen. Analyse: In einem ersten Schritt erfolgte literaturbasiert die Entwicklung eines Codiersystems, insgesamt wurden 25 bildungssprachliche Indikatoren auf lexikaler, grammatischer, morphologischer und semantischer Ebene identifiziert. Die produzierten Texte wurden von 2 geschulten Raterinnen konsensuell codiert. Erste deskriptive Analysen zeigen, dass die Comics insgesamt zur Aktivierung von Schriftsprachproduktion sowohl in Englisch als auch Deutsch geeignet scheinen (m(Wörter)=46,45 -22,9). Bildungssprachliche Indikatoren, die im Mittel seltener als einmal pro Text vorkamen, wurden aus den Analysen ausgeschlossen, insgesamt wurden zehn Indikatoren (z.B. Anzahl Fachwörter, Komplexe Sätze, Komposita, Inhaltswörter, Kohärenz) einbezogen. Ergebnisse/Diskussion: 1) Die Reliabilität bildungssprachlicher Indikatoren erweist sich mit α=.71-.77 als befriedigend. Eine explorative Faktorenanalyse (Indikatoren Englisch/Deutsch) gibt Hinweise auf Eindimensionalität sowie die interne Validität des Konstrukts (1. Faktor: 61,9% Varianzaufklärung), Korrelationen zwischen Fachwörterproduktion und Fachwissen in beiden Sprachen (.22-.33; p=.01-.07) auf die externe Validität. 2) Bei der Durchführung einfaktorieller Varianzanalysen mit Messwiederholung (Faktor „Sprache“, KV: Klasse/Geschlecht/kognitive Fähigkeiten) zeigen sich hypothesenkonform für zwei der Geschichten (Kondensation/Schall) keine Effekte. Bezüglich „Schwimmen/Sinken“ zeigt sich jedoch -entgegen der Annahme- ein signifikanter Haupteffekt „Sprache“ (F=2,2; df=34; p=.048). Ursachen können hier sowohl sprachlicher als auch inhaltlich-thematischer Natur sein. Die Bedeutung dieser Ergebnisse bezüglich der bildungssprachlichen Produktion (L1/L2) immersiv unterrichteter Kinder sowie die Eignung verwendeter Indikatoren zur Abbildung bildungssprachlicher Kompetenzen werden diskutiert. ID: 213 Poster Disziplinen-Cluster: Didaktiken der Naturwissenschaften und Technik Thematisches Cluster: Hochschulbildung Stichworte: Repräsentationen, Studienerfolg, Multimediales Lernen Prädiktoren von visuellem Modellverständnis in der Chemie und den Ingenieurwissenschaften Thomas Dickmann, Maria Opfermann, Stefan Rumann, Elmar Dammann, Martin Lang, Carsten Schmuck Universität Duisburg-Essen, Deutschland In der Chemie und den Ingenieurwissenschaften sind Visualisierungen und visuelle Modelle (z.B. Molekülabbildungen oder Diagramme) als Medium zur Informationsvermittlung nicht mehr wegzudenken. Es stellt sich die Frage, weshalb Visualisierungen in einer solch großen Anzahl eingesetzt werden und ob diese alle gleich lernförderlich sind. In der aktuellen Forschung wird die Frage nach der Lernförderlichkeit von Visualisierungen aus verschiedenen Blickwinkeln beleuchtet. So fokussieren unter anderem die Dual Coding Theory (Paivo, 1986), die Cognitive Theory of Multimedia Learning (Mayer, 2009) oder auch die Cognitive Load Theory (Sweller, Ayres & Kalyuga, 2011) darauf, dass Visualisierungen als Ergänzung zu Texten die duale Kodierung von zu lernenden Informationen unterstützen und damit das Arbeitsgedächtnis entlasten können. Zudem können Visualisierungen als Teil multipler externer Repräsentationen (Ainsworth, 2006) komplementäre und begrenzende Funktionen einnehmen und damit ebenfalls zu vertieftem Verständnis führen. Während die Frage, welche Arten von Visualisierungen lernförderlich sind, schon seit längerem im Fokus multimedialer Forschung steht, sind die Voraussetzungen auf Seiten der Lernenden, welche zum Verständnis visueller Modelle beitragen, kaum beleuchtet worden. Dieser Frage wird im Teilprojekt D der Forschergruppe ALSTER (Akademisches Lernen und Studienerfolg in der Eingangsphase von naturwissenschaftlich-technischen Studiengängen) nachgegangen. Dabei werden folgende Forschungsfragen fokussiert: - Welche Visualisierungsformen dominieren in gängigen Lehrmaterialien des Chemie- und Ingenieursstudium? - Über welche individuellen Voraussetzungen verfügen Studierende zu Beginn ihres Chemie- und Ingenieurstudiums? - Welche der individuellen Eigenschaften der Lernenden sagen den erfolgreichen Umgang mit verschiedenen Visualisierungsarten vorher? Zur Beantwortung der ersten Forschungsfrage wurde eine Lehrbuchanalyse fachspezifischer Studieneingangsliteratur durchgeführt. Hierfür wurden die in den Lehrbüchern vorhandenen Visualisierungen durch verschiedene Rater mittels eines Kodiermanuals kategorisiert (vgl. Schnotz, 2005). Diese Zuordnungen finden sich für vier Chemielehrbücher in den Tabellen 1 und 2. Es zeigt sich, dass für alle Lehrbücher instruktionale (unmittelbar auf die Lerninhalte bezogen) Visualisierungen dominieren. Diese Visualisierungen wurden wiederum in symbolische (abstrakte, z.B. Summenformel), ikonische (konkrete, z.B. Darstellung eines Molekülmodells) und Mischformen untergliedert. Entgegen unserer ursprünglichen Erwartungen zeigt sich, dass in allen Lehrbüchern der weitaus größte Anteil an Visualisierungen auf symbolische Formen entfällt, während rein ikonische Abbildungen in allen Lehrbüchern jeweils knapp unter 10% der Visualisierungen ausmachen. In einem nächsten Schritt werden individuellen Voraussetzungen der Studierenden, welche das visuelle Modellverständnis voraussagen können, zentral im ALSTER-Projekt erfasst. Hierzu zählen u.a kognitive Fähigkeiten, räumliche Fähigkeiten, metakognitive Strategien, sowie epistemologische Überzeugungen. Die Erhebungen erfolgen innerhalb der ersten beiden Semester mittels einer Längsschnittstudie (drei verschieden Messzeitpunkte. Das visuelle Modellverständnis als Teil individueller Voraussetzungen wird mittels eines im Teilprojekt entwickelten Tests an drei verschiedenen Zeitpunkten innerhalb der ersten beiden Studiensemester erhoben. Dieser Test erfasst die Fähigkeit der Studierenden, mit Visualisierungen verschiedenster Art zu arbeiten. Als Probanden werden Bachelorstudierende der Chemie sowie des Bauingenieurwesens zur Verfügung stehen. Entsprechend beinhaltet der Modellverständnistest neben einem allgemeinen Teil (der u.a. allgemeines Verständnis von Konventionen in Visualisierungen erfasst), einen chemiespezifischen, sowie einen ingenieurspezifischen Teil. Für alle drei Teile sind jeweils 15 Items vorgesehen, so dass der Test insgesamt 45 Items umfasst. Eine Vorversion des Tests mit insgesamt 76 Items (Cronbachs α = .84) wurde gerade mit Schülerinnen und Schülern aus Abiturjahrgängen präpilotiert. Die ersten Pilotierungsergebnisse für den finalen visuellen Modellverständnistest der Erstsemesterstichprobe werden Ende November erwartet. Tabelle 1: Lehrbuchanalysenergebnisse Ebene 1 Variablen.....Abbildungen..... Physikalische.... Organische.... Allgemeine .......................gesamt ...............Chemie...............Chemie.............Chemie Dekorativ...........225.....................0,0%...................3,7%.................4,2% Instruktional......9278....................100%.................96,3%................95,7% Tabelle 2: Lehrbuchanalysenergebnisse Ebene 2 Variablen.....Abbildungen......Physikalische.....Organische....Allgemeine ..........................gesamt.................Chemie...............Chemie...........Chemie Ikonisch............866.........................9,9%.....................9,7%...............8,3% Symbolisch.......6985........................83,6%...................71,5%............75,3% Mischform.........1445........................6,6%....................18,8%.............12,0% Gehört zur Postergruppe ALSTER ID: 217 Poster Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft, Lehrerbildung Thematisches Cluster: Inklusion, Lehrer(aus)bildung, Schulentwicklung Stichworte: Lehrerfortbildung, Inklusion Wirksamkeit von Lehrerfortbildungen im Kontext der inklusiven Grundschule Christian Jäntsch, Henke Thorsten, Bosse Stefanie, Lambrecht Jennifer, Jaeuthe Jessica, Spörer Nadine Universität Potsdam, Deutschland Das inklusive Unterrichten stellt die Lehrkräfte vor ungleich andere Herausforderungen als der Unterricht in separierenden Settings. Das Mehr an Heterogenität in der Schülerschaft macht mithin Fortbildungen notwendig, die das Lehrpersonal befähigen, sich auf die jeweilige Situation im inklusiven Unterricht einzustellen (Stellbrink, 2012). Auf Grundlage des Angebots- und Nutzungsmodells zur Erklärung der Wirksamkeit von Fortbildungs- und Professionalisierungsmaßnahmen (Lipowsky, 2010, 2011) wird Erfolg von Fortbildungen am Lernerfolg der Teilnehmenden, an Veränderungen des unterrichtspraktischen Handelns sowie an einer positiven Beeinflussung der Entwicklung der Schüler bemessen. Entscheidend für den Fortbildungserfolg ist dabei, wie das Fortbildungsangebot durch die Teilnehmenden wahrgenommen und genutzt wird. Faktoren, welche die Wahrnehmung und Nutzung von Lehrerfortbildungen beeinflussen, liegen in schulischen Kontextbedingungen, Lehrermerkmalen sowie in Merkmalen, die das Fortbildungsgeschehen kennzeichnen. Aufseiten der Kontextbedingungen wird die Bedeutung einer „professionellen Lehrerkultur“ (Altrichter, 2010) hervorgehoben, welche durch Anerkennung und kollegialen Austausch die Entwicklung professioneller Kompetenzen anregt. In Bezug auf individuelle Lehrermerkmale zeigten Rzejak et al. (2014), dass die Orientierung an beruflicher und persönlicher Entwicklung bedeutsame Facetten der Fortbildungsmotivation repräsentieren. Im Zusammenhang mit inklusivem Unterrichten heben Jordan et al. (2009) ferner die Bedeutung von Einstellungen auf den Entwicklungsprozess hervor. Hinsichtlich der Fortbildungsmerkmale wird vielfach auf strukturelle Gegebenheiten fokussiert, durch die das Fortbildungsgeschehen charakterisiert ist. So wird betont, dass langfristig angelegte Fortbildungen, die eine weitreichende Begleitung der Lehrkräfte ermöglichen, besonders wirksam seien (Fussangel et al., 2010). Darüber hinaus gelten etwa die Relevanz der Fortbildungsinhalte, die ein unmittelbares Anknüpfen an die alltägliche Unterrichtspraxis ermöglicht, die methodische Aufbereitung der Fortbildung und das fundierte Fachwissen der Fortbildner als unbedingte Wirkfaktoren gelingender Fortbildungen (Haenisch, 1994). Die Umstellung auf inklusives Unterrichten erfordert weniger punktuelle Professionalisierungsmaßnahmen als vielmehr einen ganzheitlichen Entwicklungsprozess der Lehrkräfte (Schroth et al., 1997). Vor diesem Hintergrund geht der vorliegende Beitrag der Frage nach, welche Merkmale von Fortbildungen im Kontext von Inklusion besonders mit der Veränderung unterrichtspraktischen Handelns assoziiert sind. Darüber hinaus wird untersucht, inwieweit Auswirkungen der Anwendung von Fortbildungsinhalten im Zusammenhang mit diesen Merkmalen stehen. Die Ergebnisse werden jeweils unter Kontrolle theoretisch relevanter Lehrermerkmale und Kontextbedingungen berichtet. Grundlage dieser Untersuchung bildet die Teilstudie zur Evaluation der Fortbildungen im Rahmen des Pilotprojekts „Inklusive Grundschule“ (PInG) des Landes Brandenburg (Spörer et al., 2015). Dabei wurden N = 1183 Lehrer insgesamt vier Mal in den Untersuchungsjahren 2012-2014 online befragt. In die Analysen gehen die Daten der Befragungen Anfang (t3) sowie Ende (t4) des Schuljahres 2013/14 ein. Zur Evaluation des Fortbildungsangebotes resümierten die Befragten sowohl über die Fortbildungen (z.B. Beurteilung der Fortbildungsinhalte, t4) als auch über die Fortbildner (z.B. Beurteilung der Teilnehmerorientierung, t4). Die Lehrkräfte wurden darüber hinaus zur Anwendung der Fortbildungsinhalte (t4) und zu positiven Auswirkungen der Anwendung (z.B. auf die Unterrichtsgestaltung, t4) befragt. Schließlich liegen Angaben zu Kontextbedingungen (z.B. Kommunikation im Kollegium, t3) sowie Lehrermerkmalen (z.B. Implementationsbereitschaft, t3) vor. Die Reliabilitätsanalysen für die berichteten Skalen wiesen jeweils gute bis sehr gute Cronbach’s-Alpha-Werte aus. Fehlende Daten wurden multipel imputiert. Es wurden Regressionsanalysen in Mplus 7.1 gerechnet. Etwaige Abhängigkeiten zwischen den Beobachtungen aufgrund der hierarchischen Datenstruktur wurden durch korrigierte Standardfehler berücksichtigt. Es zeigte sich, dass unter den Fortbildungsmerkmalen sowohl die Fortbildungsinhalte als auch die angewandten Methoden in signifikantem Zusammenhang zu der Anwendung der Fortbildungsinhalte sowie den berichteten Auswirkungen stehen. In der Beurteilung der Fortbildner stellt die kritische Auseinandersetzung mit den Fortbildungsinhalten den einzigen signifikanten Prädiktor auf die Kriteriumsvariablen dar. Unter den Kontextvariablen und den Lehrermerkmalen wurden für die Beurteilung der Schulleitung bzw. die Einstellungen gegenüber dem gemeindsamen Unterrichten signifikante Zusammenhänge ausgewiesen. Inklusion stellt aktuell eine der zentralen Herausforderungen von Schulentwicklung dar. Vor dem Hintergrund, dass Lehrerfortbildungen ein wesentlicher Baustein sind, Lehrkräfte zum inklusiven Unterrichten zu befähigen, wird diskutiert, wodurch wirksame Fortbildungen gekennzeichnet sind. ID: 220 Poster Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft, Soziologie Thematisches Cluster: Methoden der empirischen Bildungsforschung, Sonstiges Stichworte: Kooperation, Volkshochschule, Effektivität, Panelanalyse, Volkshochschulstatistik Zuwachs an Kursteilnahmen durch kooperativ organisierte Kurse der Volkshochschulen im Längsschnitt Sonja Muders, Andreas Martin Deutsches Institut für Erwachsenenbildung, Deutschland Volkshochschulen sind Orte lebenslangen Lernens. Sie strukturieren und organisieren Bildungsangebote für unterschiedliche Teilnehmergruppen, um an die Entwicklungsinteressen von erwachsenen Lernenden bzw. Teilnehmenden anknüpfen. Dabei stehen gerade Volkshochschulen vor der Herausforderung, allen Bevölkerungsgruppen insbesondere für benachteiligte Gruppen Kursangebote anzubieten. Somit ermöglichen sie als Weiterbildungsorganisation erfolgreiches Lernen über die Lebensspanne, auch unter widrigen Umständen. Die organisatorischen Voraussetzungen dazu schaffen Volkshochschulen jedoch nicht allein, sondern werden zunehmend in Kooperationen mit anderen Organisationen in- und außerhalb der Weiterbildung realisiert. Seit 2000 hat sich die Anzahl der kooperativ durchgeführten Kursangebote beinahe verdoppelt. Zahlreiche qualitative Studien belegen den punktuellen Nutzen von Kooperation durch Fallanalysen. Welche Volkshochschule mit wem, wann, warum und wie kooperiert ist hauptsächlich in qualitativen (Einzel-)Fallstudien erfasst worden (Jütte 2002, 2011). Auch ist gesichert, welchen Voraussetzungen Kooperationen und Netzwerke benötigen und welche Merkmale sie aufweisen (Tippelt et al. 2014). Wie Verstetigungsprozesse von Kooperationen ablaufen und welche Bedingungen notwendig sind, damit eine Kooperation stabil bzw. Bestand hat, ist erforscht (Elsholz 2006, Alke 2015). Allerdings gibt es in der Literatur zu interorganisationalen Kooperationen auch Hinweise, dass Kooperation nicht das Allheilmittel darstellt: so untersucht Franz (2014) Widerstände in interorganisationalen Kooperationen und Mickler (2013) weist nach, dass nicht davon ausgegangen werden kann, dass sich Synergieeffekte einstellen. Demzufolge stellt sich die Frage, ob und in welchem Umfang Volkshochschulen überhaupt Vorteile durch Kooperationen realisieren können. Dazu liegen bisher keine quantitativen Untersuchungen vor. Nicht erforscht ist, ob oder inwiefern Kooperation tatsächlich zu höheren Kursteilnahmen führen: Sind kooperativ organisierten Kursen der Volkshochschulen effektiver als eigenständig durchgeführte Kurse? Können durch Kooperationen Kursangebote – und damit Belegungen – realisiert werden, die ohne Kooperation so nicht hätten organisiert werden können? Der Beitrag analysiert in einer Langschnittuntersuchung anhand der Volkshochschulstatistik die tatsächlich zustande gekommenen kooperativ organisierten Kursteilnahmen der Volkshochschulen in Zusammenarbeit mit Arbeitsämtern, Hörfunk, Fernsehen, andere Einrichtungen der Erwachsenenbildung, Vereinen/ Initiativen, Unternehmen/ Betrieben, Kultureinrichtungen, Universitäten/ Forschungseinrichtungen, Schulen und vorschulische Bildungseinrichtungen, Ämtern/ Behörden sowie sonstigen Einrichtungen und deren Erträge für die Volkshochschulen. Der Ertrag wird in dieser Untersuchung anhand zusätzlicher Belegungen operationalisiert. Da im Bereich der Weiterbildung kaum Daten zu Kompetenzen zur Verfügung stehen, dient die Weiterbildungsbeteiligung als ein zentrales Benchmark. Im Zentrum steht deswegen die Erhöhung der Teilnahmen in verschiedenen Programmbereichen als Ergebnis eines kooperativ organisierten Kurses im Durchführungs- und im Folgejahr. Die Volkshochschulstatistik ist eine seit 1962 jährlich geführte Anbieterstatistik, welche die Aktivitäten der Volkshochschulen in Deutschland insbesondere Informationen zu institutionellen Merkmalen, Kooperationen, Programmbereichen/Fachgebieten etc. erfasst. Der Untersuchungszeitraum ist von 2000 bis 2013, sodass vollständige 14 Beobachtungen von 882 Volkshochschulen vorliegen. Dies wird als vollbalanciertes Panel bezeichnet und ist die Voraussetzung für gewählte Forschungsmethode der Kausalanalyse. Die Langschnittdaten sind auf Mikrolevel ausgewertet worden, dabei sind Regionaldaten auf Einzelvolkshochschulebene angespielt worden. Methodisch wurden Kausalanalysen durchgeführt, um das Problem der Endogenität, also der Umgang mit unbeobachteten Variablen, zu lösen. So wurde das Fixed Effekt-Modell und das Fixed Koeffizienten-Modell berechnet. Das Ergebnis ist, dass sich interorganisationale Kooperationen, also Kooperationskurse insbesondere im Folgejahr lohnen. Ein Zuwachs an Teilnahmen durch kooperative Kurse im Durchführungs- und im Folgejahr konnte insbesondere in den Programmbereichen Gesellschaft-Politik-Umwelt und Gesundheit erzielt werden. Diese quantitativen Nachweise konnte unabhängig von der Größe der Volkshochschule und ihrer regionalen Einbettung mithilfe von kleinräumlichen Regionaldaten erbracht werden. ID: 223 Poster Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft, Psychologie Thematisches Cluster: Grundschulbildung, Methoden der empirischen Bildungsforschung Stichworte: Bücherfrage, Grundschule, sozioökonomischer Status, Mengenschätzung, Validität „Wie viele Bücher gibt es bei dir zuhause ungefähr?“ - Können Kinder die Bücherfrage im Laufe der Grundschulzeit genauer beantworten? Lisa Pagel, Kathleen Schönhoff, Florence Domenech, Birgit Heppt Humboldt-Universität zu Berlin, Deutschland Der Zusammenhang zwischen dem sozioökonomischen und bildungsbezogenen familiären Hintergrund von Schülerinnen und Schülern (SuS) und ihrem schulischen Kompetenzerwerb (z.B. Richter, Kuhl & Pant, 2012) sowie ihren sprachlichen Fähigkeiten (z.B. Weinert & Ebert, 2013) ist empirisch gut belegt. Ein häufig benutzter Indikator zur Erfassung des bildungsbezogenen und sozioökonomischen Hintergrundes ist der familiäre Buchbestand (Paulus, 2009), der mithilfe der „Bücherfrage“ zumeist durch Eltern (z.B. in IGLU 2011; Tarelli, Wendt, Bos & Zylowski, 2012), zum Teil aber auch schon durch Grundschulkinder (z.B. in TIMSS 2011; Bos, Wendt, Köller & Selter, 2012) eingeschätzt wird. Zwar fand sich in den genannten Studien jeweils ein ausgeprägter statistischer Zusammenhang zwischen der Anzahl der Bücher zu Hause und den Kompetenzen der SuS, jedoch ist unklar, ob sich die Effekte in Abhängigkeit davon unterscheiden, ob die Einschätzung durch die Eltern oder die Kinder getroffen wurde. Forschung zur Fähigkeit Mengen einzuschätzen legt nahe, dass diese sich bei Kindern im Grundschulalter noch entwickelt (Mejias, Mussolin, Rousselle, Grégoire & Noël, 2012) und es einen starken Leistungszuwachs bis zu einem Alter von neun Jahren gibt (Harel, Cillessen, Fein, Bullard & Aviv, 2007). Die vorliegende Studie geht daher der Frage nach, inwiefern die Schätzungen der Anzahl der Bücher zu Hause durch Grundschulkinder und ihre Eltern übereinstimmen und überprüft, ob die Übereinstimmung bei SuS der vierten Jahrgangsstufe höher ist als bei SuS der dritten Jahrgangsstufe. Des Weiteren soll untersucht werden, ob sich der Zusammenhang zwischen dem familiären Buchbestand und den bildungssprachlichen Fähigkeiten der SuS unterscheidet, je nachdem, ob die Bücherfrage durch Kinder der dritten oder der vierten Klasse oder durch ihre Eltern beantwortet wurde. Damit soll die Studie Hinweise darauf geben, ab welcher Klassenstufe sich die Bücheraufgabe als valider Indikator für den sozioökonomischen Status eignet. Zur Beantwortung der Fragestellung wurden Daten aus dem BiSpra-Projekt (Schuth, Heppt, Köhne, Weinert & Stanat, 2015) herangezogen. Die Analysestichprobe besteht aus 715 Kindern der dritten (n=344, M(Alter)=8.84, SD=0.54) und vierten Jahrgangsstufe (n=371, M(Alter)=9.88, SD=0.56) und ihren Eltern. Die Bücherfrage wurde sowohl bei den Eltern als auch bei den SuS mithilfe einer fünfstufigen Skala erhoben. Zusätzlich zur sprachlichen Formulierung erhielten die Kinder für jede der fünf Kategorien eine bildliche Illustration. Zur Erfassung ihrer bildungssprachlichen Fähigkeiten bearbeiteten die SuS sprachlich anspruchsvolle Hörverstehensaufgaben, bei denen jeweils nur eine Antwortalternative richtig war. Die Leistungsdaten wurden im Rahmen eines eindimensionalen RaschModells (Embretson & Reise, 2000) skaliert und WLEs (warm likelihood estimates; Warm, 1989) als Schätzer für die Personenfähigkeiten bestimmt. Anschließend wurden die Einschätzungen der Bücherfrage der SuS und ihrer Eltern miteinander sowie mit den WLEs korreliert. Es zeigte sich, dass die Angaben der Eltern und der SuS zwar substanziell korrelieren (r=.50, p<.001), jedoch nicht so hoch, wie aufgrund der identischen Itemformulierung zu erwarten wäre. Dabei gab es erwartungskonform zwischen den Angaben der SuS der vierten Klasse und ihren Eltern einen engeren Zusammenhang als zwischen den Schätzungen der SuS der dritten Klasse und ihren Eltern (r(K4)=.55; r(K3)=.45, z=1.9, p=.03). Auch weisen die Ergebnisse darauf hin, dass der von den Eltern und den SuS geschätzte familiäre Buchbestand mit der Hörverstehensleistung der SuS in Zusammenhang steht (r(Eltern)=.41, p<.001; r(SuS)=.37, p<.001). Die Höhe der Korrelationen mit der Hörverstehensleistung (HV) unterschied sich jedoch weder zwischen den Angaben der Eltern und denjenigen der SuS (r(Eltern*HV)=.41, r(SuS*HV)=.37, z=-0.87, n.s.) noch zwischen den Schätzungen der beiden Klassenstufen (r(K3*HV)=.31, r(K4*HV)=.43, z=-1.44, n.s.). Obwohl Eltern- und Schülerangaben mit zunehmender Klassenstufe stärker übereinstimmen, die Schätzungen der SuS also genauer wurden, ergeben sich daraus offenbar keine differenziellen Zusammenhänge mit der Hörverstehensleistung. Im Beitrag werden sowohl Vorteile des Einsatzes der Bücherfrage bereits bei Grundschulkindern diskutiert, als auch methodische Herausforderungen in der Erhebung und Auswertung dargelegt. ID: 227 Poster Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft, Psychologie, Didaktiken der Naturwissenschaften und Technik Thematisches Cluster: Lernen mit Computer und neuen Medien Stichworte: Animation, Standbilder, Modality effect, Cognitive style, Vorwissen. Die Rolle des Vorwissen und visuell-verbaler Lernstile beim Lernen mit Standbildern oder Animationen. Marta Koć-Januchta1, Tim Höffler1, Marc Eckhardt1, Helmut Prechtl2, Detlev Leutner3 1 IPN - Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik an der Universität Kiel, Deutschland; 2 Universität Potsdam; 3Universität Duisburg-Essen Theoretischer Hintergrund Eine Vielzahl von Studien (Mayer, 2005) zeigen, dass eine Kombination von Text mit Bildern oder Animationen den Lernprozess unterstützt. Es ist aber noch weitgehend unklar, in welchen Fällen dynamische Visualisierungen einen Lernvorteil gegenüber Standbildern erbringen können. Der Modalitätseffekt (z.B. Low & Sweller, 2005) besagt, dass eine auditive Darbietung des Textes als lernvorteilhafter als eine visuelle Darbietung ist, da die Aufmerksamkeit des Lernenden nicht zwischen Bild und Text geteilt werden muss. Viele Faktoren beeinflussen den Lernerfolg beim Multimedia-Lernen. Dazu gehören die Visualisierungsform (Standbild vs. Animation) und der Textmodus (visuell vs. auditiv), das Niveau des themenspezifischen Vorwissens (Kalyuga, 2007), der visuelle oder verbale kognitive Lernstil (Höffler et al., 2010), räumliches Vorstellungsvermögen (Höffler, 2010) sowie Lernpräferenzen. Fragestellung Die vorliegende Untersuchung zielt darauf ab zu überprüfen, inwiefern Animationen und Standbildern mit geschriebenem und gesprochenem Text das Verständnis komplexer biologischer Prozesse erleichtern. Folgende Forschungsfragen standen im Fokus dieser Untersuchung: • Tritt ein Modalitätseffekt auf und wird dieser vom kognitiven Stil beeinflusst? • Profitieren Visualisierer und Verbalisierer (im Sinne eines kognitiven Stils) in unterschiedlichem Maße vom Lernen mit Animationen und Standbildern? Methode 197 Biologiestudierende wurden mittels computerbasierter Lernumgebung getestet. Zunächst füllten sie elf verschiedene Fragebögen zum kognitiven Stil und Lernpräferenzen (Cronbachs Alpha zwischen .67 und .88) und zwei Tests zum räumlichen Vorstellungsvermögen aus, gefolgt von Fragen zum Vorwissen bezüglich der Primärreaktionen der Photosynthese. Danach bearbeiteten die Probanden innerhalb von 20 min die Lernumgebung. Es gab vier verschiedene Versionen: • Standbilder mit geschriebenem oder gesprochenem Text • Animationen mit geschriebenem oder gesprochenem Text Nach Abschluss der Lernphase wurde der Lernerfolg anhand offener und geschlossener Fragen gemessen. Ergebnisse Eine Faktorenanalyse zeigte, dass alle Skalen zum kognitiven Stil oder Lernpräferenzen auf drei Faktoren luden (66% Varianzaufklärung). Diese Faktoren lassen sich als visueller Stil, verbaler Stil und visuellen Lernpräferenzen bezeichnen. Jeder Faktor wurde durch einen Mediansplit geteilt, um den Vergleich zwischen Probanden mit höheren und niedrigeren Ausprägungen zu ermöglichen. Wie erwartet, zeigten ANOVA Analysen einen Modalitätseffekt auf, (F(1,192) = 4.30, p = .039, η2 = .022; MText=59.77, SDText=17.89; MSprecher=64.67, SDSprecher=15.23). Wir beobachteten einen Einfluss des Vorwissens auf den Lernerfolg. Die Probanden mit niedrigerem Vorwissen (N = 129, 76,7% weiblich) berichten – tendenziell – eine höhere kognitive Belastung (M = 9.59; SD = 2.63) als Probanden mit höherem Vorwissens (N = 64, 67,2% weiblich; M = 8.83; SD = 2.80), F(1,191) = 3.43, p = .065. In der Gruppe mit höherem Vorwissen erwiesen sich Animationen als tendenziell lernförderlicher für Lernende mit höherem verbalen Stil (MAnimationen=75.00, SDAnimationen=13.55; MStandbilder=65.21, SDStandbilder=20.79), während die Lernenden mit niedrigerem verbalen Stil tendenziell mehr von Standbildern profitierten (MAnimationen=64.12, SDAnimationen=14.17; MStandbilder=72.98, SDStandbilder=14.95), F(1,60) = 5.39, p = .024, η2 = .082. Weiterhin kamen Probanden aus der Gruppe mit höherem Vorwissen mit höheren visuellen Lernpräferenzen besser mit Sprecher als mit geschriebenem Text aus (MText=59.83, SDText=19.31; MSprecher=73.42, SDSprecher=12.83), Probanden mit niedrigeren visuellen Lernpräferenzen hingegen besser mit geschriebenem Text (MText=75.83, SDText=14.38; MSprecher=68.33, SDSprecher=14.19), F(1,60) = 7.60, p = .008, η2 = .112. Diskussion Die Lernumgebung erwies sich als recht schwierig –Lernenden mit niedrigerem Vorwissen berichteten tendenziell eine höhere kognitive Belastung, vermutlich deshalb gab es keine signifikanten Unterschiede zwischen Probanden mit verschiedenen Lernstilen in dieser Gruppe. Die Probanden mit höherem Vorwissen zeigten prinzipiell das erwartete Muster in den Ergebnissen: einen höheren Lernerfolg von Probanden mit niedrigerem Verbalstil mit Standbildern und einen kompensatorischen Effekt durch Animationen für Probanden mit höherem Verbalstil. Zusätzlich lernten die Probanden mit höheren visuellen Lernpräferenzen besser mit Sprecher und die mit niedrigeren mit Text. Das bestätigt unsere früheren Ergebnisse einer Eye-Tracker Studie, die zeigten, dass Visualisierer hauptsächlich aus Bildern und Verbalisierer aus Texten lernten. Die Ergebnisse sind insbesondere vom Vorwissen abhängig. Weitere Auswertungen sind geplant. ID: 230 Poster Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft Thematisches Cluster: Bildung im Sekundarbereich, Schulentwicklung Stichworte: Ganztagsgymnasien, Schulentwicklung, Schülerperspektive Welchen Aktivitäten gehen Schülerinnen und Schüler im Ganztag nach und wie nehmen sie diese wahr? Eine Analyse zur Bewertung außerunterrichtlicher Angebote an gebundenen Ganztagsgymnasien durch Schülerinnen und Schüler Hanna Järvinen, Nora Austermann, Johanna Otto, Wilfried Bos Institut für Schulentwicklungsforschung, Dortmund, Deutschland Eine der größten und flächendeckendsten Änderungen, die die Veröffentlichung der ersten TIMSS (Baumert et al., 1997) und PISA-Ergebnisse mit sich gebracht hat, ist der Ausbau von Ganztagsschulen in Deutschland (Berkemeyer, Bos, Holtappels, Meetz & Rollett, 2010; Höhmann, Holtappels & Schnetzer, 2005). Dieser Ausbau ist hierbei vielfach verbunden mit dem Wunsch nach mehr Chancengerechtigkeit und mehr individueller Förderung (Wendt & Bos, 2015a). Obgleich erste Erkenntnisse zu Ganztagsschulentwicklung und -konzeptionen, strukturellen Rahmenbedingungen und Leistungsdaten von Schülerinnen und Schülern vorliegen (Wendt & Bos, 2015b; Fischer et al., 2011), liegt der Fokus nur selten auf der Wahrnehmung und Beurteilung des Ganztagsangebots durch die Schülerinnen und Schüler (Hopf & Stecher, 2014; Meyer-Hamme, 2014; Arnoldt & Stecher, 2007). Ergebnisse zur Nutzung von Ganz-tagsschulangeboten sind selten schulformspezifisch formuliert oder differenzieren bei den Organisationsformen der Ganztagsangebote (Fischer et al., 2011). Es ist bekannt, dass Schülerinnen und Schüler mit zunehmendem Alter seltener am Ganztagsangebot teilnehmen (Steiner & Fischer, 2011) und sie auch die Entscheidung darüber, ob und an welchen Angeboten sie teilnehmen, vermehrt selbst treffen (Arnoldt & Stecher, 2007). Vor allem für Gymnasien zeigen bisherige Forschungsergebnisse, dass das unterrichtser-gänzende Lernangebot weniger breit aufgestellt ist als bei anderen weiterführenden Schulen. Auch die Teilnahme der Schülerinnen und Schüler an ganztagsspezifischen Angeboten ist deutlich seltener und der von Schülerinnen und Schülern wahrgenommene Lernnutzen ist gering (Willems & Becker, 2015). Vollgebundenen Ganztagsschulen werden gegenüber offenen Angeboten lernförderlichere Voraussetzungen attestiert (Holtappels et al., 2010, Berkemeyer, Bos, Manitius, Hermstein & Khalatbari, 2013). Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, welche spezifischen Angebote Schülerinnen und Schüler an gebundenen Ganztagsgymnasien nutzen und wie sie diese bewerten. Um die Entscheidung von Schülerinnen und Schülern für ein Ganztagsangebot und deren Bewertung zu erklären, können sowohl rationale Entscheidungstheorien als auch Wert-Erwartungsmodelle dienen. Beide Konzepte gehen davon aus, dass Bildungsentscheidungen das Ergebnis einer individuellen Kosten-Nutzen-Abwägung sind (Maaz et al., 2006). Nach dem Rational-Choice-Ansatz wählen Schülerinnen und Schüler Angebote aus dem Ganztagsbetrieb dann, wenn ein zusätzlicher Nutzen durch die erweiterten Lerngelegenheiten auf Lern- und sozialer Ebene erwartet, eine erfolgreiche Kompetenzentwicklung oder Bildungslaufbahn durch die Teilnahme angenommen wird und die anfallenden Kosten als zu bewältigend eingestuft werden (Holtappels, Jarsinski & Rollett, 2011). Daher wird in diesem Beitrag mit Hilfe der 2015 erhobenen Schülerdaten der 31 Gymnasien des Projekts Ganz In dargestellt, welche außerunterrichtlichen Angebote in den Klassen 7 und 9 am meisten genutzt werden und wie die Schülerinnen und Schüler die Angebote der Schulen bewerten (N Klasse 7 = 2560; N Klasse 9 = 2384). Die Ergebnisse der quantitativen Befragung zeigen, dass das am häufigsten genutzte Ganztagsangebot jahrgangsübergreifend Projekttage und -wochen sind, wohingegen dauerhafte Projekte wie z. B. die Beteiligung an der Schülerzeitung die geringsten Teilnahmewerte aufweisen. Die Themen, zu denen die Schülerinnen und Schüler am häufigsten Angebote besuchen, sind über die Jahrgangsstufen hinweg Angebote, die sich mit Sport und Bewegung befassen. Am seltensten werden Angebote gewählt, die eine weitere Qualifikation in einem sozialen Rahmen (Ausbildung zum Streitschlichter/in, Schulbegleiter/in, Ersthelfer/in) thematisieren. Die Ergebnisse zu den Einschätzungen des Ganztagsangebots durch die Schülerinnen und Schüler zeichnen ein insgesamt recht kritisches Bild, etwa hinsichtlich der zur Verfügung stehenden Freizeit. Insgesamt zeigen die Ergebnisse, dass die Schülerinnen und Schüler der gebundenen Ganztagsgymnasien vor allem in sportlichen Ganztagsangeboten vertreten sind. Die globalen Einschätzungen zum Ganztagsangebot der Schulen lassen darauf schließen, dass es in der Ausgestaltung der Angebote noch Optimierungsbedarf gibt, dem im Rahmen weiterer Untersuchungen nachgegangen werden kann. Hierbei stehen Aspekte im Fokus, die Schüle-rinnen und Schüler bei der Wahl und der Bewertung der Angebote berücksichtigen. Zudem kann die Analyse schulspezifischer Unterschiede der Bewertung der Ganztagsqualität und in diesem Zusammenhang auch die thematische Breite der Angebote einer Schule Aufschluss über Bewertungskriterien liefern. ID: 232 Poster Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft Thematisches Cluster: Bildungsgerechtigkeit/ Migration, Grundschulbildung, Lehrerexpertise Stichworte: Grundschulübergang, familiärer Hintergrund, Interviewstudie „Den Vater seh‘ ich nur mit ´nem weißen Unterhemd beim Elternsprechtag“ – Woher wissen Grundschullehrkräfte was über die Familien ihrer Schülerinnen und Schüler? Sinja Müser, Stefanie van Ophuysen Westfälische Wilhelms-Universität Münster, Deutschland Die KMK fordert „Jedem Kind muss – ohne Rücksicht auf Stand und Vermögen der Eltern – der Bildungsweg offenstehen, der seiner Bildungsfähigkeit entspricht“ (2015, S. 5). In zahlreichen empirischen Studien erweisen sich jedoch Merkmale wie die Bildungsnähe des Elternhauses und der SES (sozioökonomischer Index) als bedeutsame Prädiktoren der Schullaufbahnempfehlung am Ende der Grundschulzeit (Arnold, Bos, Richert & Stubbe, 2007; Bos et al., 2004; Ditton & Krüsken, 2009; Maaz, Baumert, Gresch & McElvany, 2010). Solche Merkmale lassen sich im Sinne Bourdieus Kapitalstruktur (1983) dem kulturellen und dem ökonomischen Kapital zuordnen. Diese werden in bisherigen Studien üblicherweise über Angaben zum Elternhaus wie beispielsweise Bildung und Ausbildung der Eltern, berufliche Stellung, Einkommen oder auch Haushaltsausstattung, erfasst. Dabei ist zu beachten, dass Merkmale des Elternhauses in bisherigen Schulleistungsstudien (wie z.B. IGLU, KESS4, BiKS, TIMSS, KOALA-S) ausschließlich mithilfe von Elternbefragungen erfasst werden. Das heißt nicht die Lehrkräfte selbst, sondern die Eltern der Schülerinnen und Schüler dienen als Informanten. Darüber hinaus zeigt sich in Studien von Riek und van Ophuysen (in Druck) und Böhmer, dass genau dieses Wissen zum Elternhaus bei vielen Grundschullehrkräften nicht unmittelbar vorliegt, sondern dass sie dieses aus Erfahrungen mit und Beobachtungen von Schülerinnen und Schülern erschließen. Nach dem Linsenmodell nach Brunswik (1943; Helmke, 2014) werden distale, nicht direkt beobachtbare Merkmale erschlossen, indem eine Reihe beobachtbarer Indikatoren herangezogen werden. In Hinblick auf die Erfassung von kulturellem und ökonomischem Kapital könnten Lehrkräfte mithilfe von Merkmalen, die auf beobachtbarem Schüler- und Elternverhalten basieren, wie z.B. Zuverlässigkeit, allgemeines Benehmen und Erscheinungsbild oder auch dem Umgang mit Anderen, Rückschlüsse auf den familiären Hintergrund ziehen. Die Güte solcher Rückschlüsse ist allerdings sowohl von der Validität der hinzugezogenen, beobachteten Indikatoren als auch der Quellenqualität dieser Informationen beeinflusst. Welche Informationen und welche Informanten Lehrkräfte heranziehen, um sich einen Eindruck über den kulturellen oder ökonomischen Hintergrund ihrer Schülerinnen und Schüler zu bilden, ist bislang nicht untersucht. Der vorliegende Beitrag geht daher folgenden Fragen nach: Auf Basis welcher Informationen werden die Aspekte des kulturellen und ökonomischen Kapitals von Lehrkräften erschlossen? Woher stammen diese Informationen? Und über welche weiteren Merkmale des familiären Hintergrunds haben Lehrkräfte Kenntnis? Um diese Fragen zu beantworten, wurden episodische Interviews mit fünf Grundschullehrkräften, die gerade ein viertes Schuljahr unterrichteten oder zeitnah abgegeben hatten, geführt. In einer Kombination aus narrativen und geleiteten Interviewphasen beschrieben sie verschiedene reale Schülerinnen und Schüler sowie deren Familien anhand von persönlichen Erfahrungen. Ergänzend füllten sie nach dem Interview einen kurzen standardisierten Fragebogen aus, mit dem der elterliche Hintergrund anhand der in Schulleistungsbefragungen üblichen Indikatoren erfasst wurde. Schließlich wurden im Rahmen einer telefonischen Nachbefragung die Quellen der jeweiligen Informationen (z.B. direkte Auskunft der Eltern, indirekter Schluss auf Basis von Erzählungen des Kindes) vervollständigt. Diese Fragebogenerhebung liefert Hinweise darauf, den Befund bestätigen zu können, dass Lehrkräfte weder über den Bildungsabschluss noch über den Beruf der Eltern ihrer Schülerinnen und Schüler konkrete Angaben machen können, jedoch trotzdem Einschätzungen in Bezug auf kulturelles und ökonomisches Kapital treffen. Ein im Wechselspiel von Induktion und Deduktion entwickeltes Kategoriensystem ermöglicht die Darstellung der verschiedenen, von den Lehrkräften selbst genannten Indizien für kulturelles und ökonomisches Kapital. Es zeigt sich darüber hinaus, dass bei den Lehrkräften Informationen über das elterliche Unterstützungsverhalten sowie die familiäre Lebensstruktur salient sind. Neben den Informationen, die Eltern selbst in Gesprächen nennen, erweisen sich insbesondere die Erzählungen und Beobachtungen der Kinder als bedeutsame Informationsquelle. Die Befunde werden unter der Perspektive der Informationsvalidität und der Frage der sozielen Gerechtigkeit beim Grundschulübergang diskutiert. ID: 237 Poster Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft, Psychologie, Didaktiken der Naturwissenschaften und Technik Thematisches Cluster: Gesundheit/ Stress/ Belastung, Mathematisch-naturwissenschaftlicher Unterricht, Motivation und Emotion Stichworte: Zielorientierung, Multiple Choice-Test, biologisches Fachwissen, Schülerinnen und Schüler Analyse des Effekts situationsinduzierter Zielorientierungen auf die Performanz von Schülerinnen und Schülern in einem biologischen Fachwissenstest Moritz Krell Freie Universität Berlin, Deutschland Hintergrund Nach dem 3x2-Modell werden sechs Arten der Zielorientierung unterschieden (Elliot et al., 2011), die entweder intrinsisch vorliegen oder durch Situationen induziert werden können (Locke & Latham, 2013; Vansteenkiste et al., 2014; Van Yperen et al., 2014, 2015). Diese Studie fokussiert auf situationsinduzierte, aufgabenbezogene Annäherungs-Zielorientierungen und Vermeidungs-Zielorientierungen. Meist sind Vermeidungs-Zielorientierungen mit geringerer Performanz assoziiert als Annäherungs-Zielorientierungen (z.B. Köller, 1998; Van Yperen et al., 2014, 2015). Dies wird unter anderem mit negativen Zuständen bei Vermeidungs-Zielorientierungen (z.B. Angst, Stress) und einer daraus resultierenden verminderten Fokussierung und Persistenz erklärt (z.B. Sideridis, 2008). Für ein differenziertes Verständnis des Zusammenhangs von Zielorientierung und Performanz sowie möglicher Moderatoren sind weitere Studien notwendig (Elliot et al., 2011; Levin et al., 2002; Locke & Latham, 2013; Vansteenkiste et al., 2014; Van Yperen et al., 2015) – insbesondere zu Vermeidungs-Zielorientierungen (Elliot et al., 2011; Van Yperen et al., 2015) und mit einem Fokus auf spezifische Domänen (Van Yperen et al., 2014). Krell und Tieben (2014) konnten in einer explorativen Studie klassenstufen- und geschlechterspezifische Effekte einer durch die Testinstruktion induzierten Zielorientierung auf die Performanz von Schüler/-innen in einem biologischen Fachwissenstest nachweisen. Das Ziel vorliegender Studie ist eine konzeptuelle Replikation (vgl. Schmidt, 2009) dieser Befunde. Methode Als abhängige Variable wurde die Performanz (WLE; 1PL-Modell) von Schüler/-innen (N=350; Klassenstufen 9-10; 52% weiblich) in einem Multiple-Choice-Test zum biologischen Fachwissen (AAAS, 1993) erfasst. Neben der entsprechend Krell und Tieben (2014) umgesetzten Testinstruktion wurden die wahrgenommene Aufgabenschwierigkeit (mental load; ML), die mentale Anstrengung (mental Effort; ME) sowie das Geschlecht und die Klassenstufe als unabhängige Variablen in einer Varianzanalyse geprüft. Die Testinstruktionen sind logisch äquivalent (goal-framing; Levin et al., 2002) und induzieren eine aufgabenbezogene Vermeidungs-Zielorientierung („Ihr seid im Test durchgefallen, wenn ihr mehr als 4 der 16 Aufgaben falsch beantwortet.“) oder eine aufgabenbezogene Annäherungs-Zielorientierung („Ihr habt den Test bestanden, wenn ihr mehr als 11 der 16 Aufgaben richtig beantwortet.“). Die Kontroll-Instruktion ist neutral gehalten („Bearbeitet den Test und wählt bei jeder Aufgabe eine Antwortoption aus.“). Ergebnisse Es liegt kein signifikanter Haupteffekt der Testinstruktion vor. Signifikante Unterschiede der Testperformanz treten zwischen Mädchen (M(WLE)=-0.171) und Jungen (M(WLE)=0.210) sowie zwischen Neuntklässler/-innen (M(WLE)=-0.150) und Zehntklässler/-innen (M(WLE)=0.184) auf. In Übereinstimmung mit Krell und Tieben (2014) zeigen Zehntklässler/-innen bei induzierter Annäherungs-Zielorientierung eine bessere Testperformanz als bei induzierter Vermeidungs-Zielorientierung (p=.027) und der Kontrolle (p=.018). Bei Neuntklässler/innen ist ein entgegengesetzter Trend erkennbar (n.s.). Anders als bei Krell und Tieben (2014) ist kein Interaktionseffekt Instruktion*Geschlecht nachweisbar, aber eine geschlechterspezifische Interaktion Instruktion*ML: Bei geringer bis moderater Aufgabenschwierigkeit (ML=0) schneiden Mädchen bei induzierter Vermeidungs-Zielorientierung signifikant besser ab als bei induzierter Annäherungs-Zielorientierung (p=.036) und der Kontrolle (p=.001); bei Jungen ist ein entgegengesetzter Trend erkennbar (n.s.). Für ML=1 ergeben sich keine signifikanten Effekte. Die Ergebnisse deuten an, dass sich die vorliegenden Befunde zu Effekten von Vermeidungs-Zielorientierungen (z.B. Köller, 1998; Van Yperen et al., 2014, 2015) nicht pauschal auf die Performanz bei Multiple-Choice-Tests zum biologischen Fachwissen übertragen lassen. Vielmehr werden diese Effekte durch die Klassenstufe, die (wahrgenommene) Aufgabenschwierigkeit und das Geschlecht moderiert. Eine Moderation durch die Aufgabenschwierigkeit ist theoriekonform (Locke & Latham, 2013). Die erfolgreiche Replikation (Krell & Tieben, 2014) klassenstufenspezifischer Instruktionseffekte deutet deren Stabilität an. Für eine inhaltliche Erklärung der Effekte von Klassenstufe und Geschlecht müssen in weiterführenden Studien gruppenspezifisch ausgeprägte Personenvariablen identifiziert und erhoben werden. ID: 245 Poster Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft Thematisches Cluster: Schulentwicklung, Unterrichtsentwicklung/ Unterrichtsqualität Stichworte: Lernstandserhebungen, Schulleitungsforschung, distributed leadership, Schuleffektivität, neue Steuerung Inwieweit korrespondieren Schulleitungsaktivitäten mit Maßnahmen zur Qualitätssicherung auf Fachbereichsebene im Kontext von Lernstandserhebungen (VERA 8)? Tanja Graf, Barbara Muslic, Harm Kuper Freie Universität Berlin, Deutschland Theoretischer Hintergrund: Zentrale Lernstandserhebungen wurden bundesweit im Rahmen der Gesamtstrategie zum Bildungsmonitoring implementiert (KMK, 2006). Als Element eines neuen Steuerungsparadigmas, das durch Standard-, Evidenz- und Outputorientierung gekennzeichnet ist (Altrichter & Maag Merki, 2010), sollen sie zur Schul- und Unterrichtsentwicklung beitragen. Gleichzeitig soll durch dieses Testinstrument die Sicherung der Leistungsfähigkeit des Bildungssystems sowie die Verantwortung der Einzelschulen gestärkt werden (KMK, 2006). Schulleitungen werden als wichtigste Akteure für die Implementation von Reformen sowie evidenzbasierte Steuerung auf Einzelschulebene gesehen (u.a. Fend, 2008; May & Supovitz, 2010). Durch die neue Steuerung resultieren für sie zusätzliche Kompetenzanforderungen sowie neue Verantwortungsbereiche und Tätigkeiten (Böttcher, 2002; Buchen & Rolff, 2009). Die Rezeption und Nutzung von Ergebnissen aus zentralen Lernstandserhebungen stellt bislang für die Schulleitungsforschung ebenso ein Desiderat dar, wie die besondere Verantwortung der Schulleitungen in Maßnahmen der testbasierten Schulreform für die Rezeptionsforschung. Im Rahmen der hier vorgestellten Studie wird für die Untersuchung des Zusammenhangs von Schulleitungsaktivitäten in Folge zentraler Lernstandserhebungen auf Schulleistungen theoretisch auf die Forschung zur Effizienz von Schulleitungen zurückgegriffen, die den Zusammenhang zwischen den Fachleistungen der Schülerschaft einer Schule und der Schulleitung herausstellt (u.a. Scheerens, 2012). In diesem Zusammenhang weisen empirische Befunde auf einen indirekten Effekt von Schulleitungshandeln auf die Leistungsentwicklung von Schüler/-innen hin (Leitner, 1994; Hill, 1998; Bryk et al., 2010). Theoretisch gerahmt wird die Erfassung der Wirkungen von Schulleitungsaktivitäten auf organisationaler Ebene durch das Führungskonzept der distributed leadership, bei dem Leitungsaufgaben an weitere schulische Akteure und Funktionsstellen übertragen werden und somit die Führungsverantwortung über die gesamte Schulorganisation verteilt wird (u.a. Spillane et al., 2001; Harris, 2004). Fragestellung: Vor diesem Hintergrund wird in der Posterpräsentation der Frage nachgegangen, ob die initiierten Maßnahmen der Qualitätssicherung auf Schulleitungsebene mit den umgesetzten Maßnahmen auf Fachbereichsebene korrespondieren. Methode: Die empirische Grundlage bildet eine Fragebogenerhebung im Rahmen des BMBF-Projekts „Maßnahmen von Schulleitungen in Folge zentraler Lernstandserhebungen und ihre Wirkung auf Schulleistungen“ mit Schulleiter/-innen aus zwei Bundesländern in einem Längsschnittdesign über zwei Messzeitpunkte. Darüber hinaus werden im zweiten Messzeitpunkt zur Überprüfung der tatsächlich umgesetzten Maßnahmen durch das Lehrerkollegium auch Fachbereichsleitungen (der Stichprobenschulen) befragt. Die Stichprobe schließt alle öffentlichen Schulen mit einer Sekundarstufe I ein. Für den ersten Messzeitpunkt konnten N=115 Schulleitungen erreicht werden. Für den zweiten Messzeitpunkt wurde ein Rücklauf von 77% (N=88) von Schulleitungen der Stichprobenschulen erreicht. Zusätzlich liegen von den 68% der Schulen (N=77) Fragebogendaten von Fachbereichsleitungen vor. Für die Analyse der Zusammenhänge zwischen Angaben der Schulleitungen und Fachbereichsleitungen zu „Verantwortungsund Entscheidungsbereichen von Schulleitungen“ werden Daten aus beiden Messzeitpunkten verwendet. Anhand von Pfad- und Regressionsmodellen soll dieser Zusammenhang mit den Schülerleistungen als einem Effektivitätskriterium von Schulqualität in Zusammenhang gebracht werden. Ein auf Schulebene aggregierter Datensatz aus VERA-8 Daten aus den Schuljahren 2013 und 2014 wird für die Leistungsdaten verwendet. Ergebnisse: Auf Basis der aktuellen Studien (vgl. zur Übersicht Huber, 2008; Heck & Hallinger, 2010) lässt sich schließen, dass die am Konzept der distributed leadership orientierte Führung produktive Praktiken im Sinne der Schul- und Unterrichtsentwicklung in der Auseinandersetzung mit Lernstandserhebungen befördert (vgl. Muslic et al., 2013). Davon ausgehend kann angenommen werden, dass eine Orientierung an diesem Führungskonzept insbesondere bei schwachen Leistungsergebnissen zu einer höheren Verantwortung bei Fachbereichsleitungen und Lehrkräften in der gesamten Schulorganisation im Hinblick auf qualitätssichernde Maßnahmen führt und damit zur schulischen Qualitätsentwicklung beiträgt. Deshalb erwarten wir bei Schulen mit einem hohen Zusammenhang der Wahrnehmungen der Verantwortungs- und Entscheidungsbereiche zwischen Schulleitungen und Fachbereichsleitungen einen positiven Zusammenhang mit Maßnahmen der Qualitätssicherung. Darüber hinaus kann angenommen werden, dass das Ausmaß und die Art der Maßnahmen mit dem Leistungsniveau der Schulen zusammenhängen. Schulen mit unterdurchschnittlichen Schülerleistungen sollten demnach ein höheres Maß an qualitätsentwickelnden Maßnahmen einleiten. ID: 247 Poster Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft, Lehrerbildung Thematisches Cluster: Hochschulbildung, Lehrer(aus)bildung, Lehrerexpertise Stichworte: Praxissemester, Lerntagebücher, professionelles Selbstkonzept, Reflexionsfähigkeit Professionelles Selbstkonzept von Praxissemesterabsolventinnen und -absolventen innerhalb der Lehrerausbildung. Möglichkeiten der Reflexion in Lerntagebüchern. Viola Hartung-Beck, Sabine Schlag Bergische Universität Wuppertal, Deutschland Die neue Lehrerausbildung, wie sie bspw. durch das LABG (2009) in NRW beschrieben wird, beinhaltet innerhalb des Masters of Education ein Praxissemester, das an die Absolventinnen und Absolventen hohe Anforderungen an deren Reflexionsfähigkeiten in Hinblick auf die Professionalisierung als Lehrkraft stellt. In der Umsetzung an den Universitäten, wie etwa der Bergischen Universität Wuppertal (BUW), werden weitreichende Reflexionsziele formuliert, die sich u.a. auf die professionelle Rolle, Wertvorstellungen und Einstellungen der angehenden Lehrkräfte richten. Gelegenheiten, an denen diese Reflexionsfähigkeiten sichtbar werden, bestehen z.B. innerhalb der von den Praxissemesterabsolventinnen und -absolventen geführten Lerntagebücher, die über den gesamten Zeitraum des schulpraktischen Teils angefertigt werden. Mit der Erstellung der Lerntagebücher sollen die Studierenden dazu bewegt werden, die eigenen Beobachtungen zu reflektieren, sich für neue Zugänge zu öffnen. In der Konsequenz sollen sie auf ihrem Weg u.a. zum „reflective practitioner“ (Schön, 1987) unterstützt werden. Inwieweit dies aber mit den Lerntagebüchern gelingt, ist bisher noch nicht (hinreichend) systematisch untersucht worden. Insgesamt befindet sich die Forschung zur Wirkung von Lerntagebüchern innerhalb der Hochschule noch in den Anfängen. Die Erkenntnisse z.B. zum Einfluss auf die Reflexionsfähigkeit der Studierenden lassen sich bisher nicht eindeutig beantworten. Es besteht allerdings Grund zur Annahme, dass die Reflexionsfähigkeit positiv beeinflusst wird, wobei eine Strukturierung über Leitfragen zu mehr und tieferen Reflexionen führt (Brouër, 2007). Gleiches gilt auch für die Effekte auf die kognitive Kompetenz, d.h. eine erhöhte Auseinandersetzung mit Lerninhalten findet vor allem dann statt, wenn eine Strukturierung durch Leitfragen (Prompts) gewährleistet wird (Nückles et al., 2004; Roelle et al., 2011; Schäfer et al., 2012). Der Einsatz von Lerntagebüchern führe demnach nur dann zum Erfolg, wenn die intendierten Ziele klar kommuniziert werden und die spezielle Umsetzung an die Bedürfnisse und Erfahrungen der Studierenden angepasst wird. Inwieweit dies innerhalb des Einsatzes der Lerntagebücher im Praxissemester der BUW der Fall ist, ist ebenfalls bisher nicht untersucht worden. Eine Analyse dieser Lerntagebucheinträge bietet die Möglichkeit, deren Einsatz innerhalb des Praxissemesters zu evaluieren. Als theoretische Rahmung wird das Modell professioneller Kompetenzen von Lehrkräften (Baumert & Kunter, 2006; Kunter, Klusmann & Baumert, 2009) genutzt, um Reflexionsanlässe und -inhalte sichtbar und nachvollziehbar zu machen. Neben der daraus ableitbaren Identifikation von unterschiedlichen Bereichen des Professionswissens werden auch Modelle zur Einschätzung der Reflexionstiefe wie etwa von Leonhard et al. (2010) verwendet. Dieses Modell unterscheidet Reflexionstiefen auf einer Skala von 0 bis 7 und basiert auf dem Reflexionstypenmodell von Hatton und Smith (1995). Das Poster fokussiert die Fragestellung, welche professionellen Kompetenzen in welcher Tiefe in Lerntagebucheinträgen von Praxissemesterabsolventinnen und -absolventen thematisiert werden? Die Stichprobe der Studie bilden Lerntagebücher von 69 Studierenden der BUW, die das Praxissemester im Wintersemester 2013/14 absolviert haben. Die Verteilung der Studierenden auf die angestrebten Schulformen beträgt 10 mit Ziel Haupt-/Real-, Gesamtschule, 11 mit Ziel Berufskolleg, 16 mit Ziel Gymnasium/Gesamtschule und 32 mit Ziel Grundschule. Die Lerntagebücher wurden von den Studierenden freiwillig zur Verfügung gestellt. Die Auswertung erfolgte mittels der qualitativen Inhaltsanalyse (Kuckartz, 2014; Mayring, 2008). Die Auswertungen zeigen, dass sich spezifische Inhaltsbereiche der Reflexion herausbilden. Diese sind vor allem im Bereich der Unterrichtsplanung, -methoden sowie der Klassenführung und Kompetenzentwicklung von Schülerinnen und Schülern anzufinden. Die gefundenen Reflexionstiefen bewegen sich fast vollständig auf den Niveaus 0 (Handlungs/Situationsbeschreibung) bzw. 1 bis 3 (deskriptive Reflexionen). Nur einzelne Lerntagebucheinträge erreichen Niveaus zwischen 4 und 6 (dialogische Reflexion), das Niveau 7 (kritische Reflexion) wird in keinem Lerntagebuch innerhalb der Stichprobe erreicht. Das Poster stellt diese Ergebnisse anhand von Auszählungen und Originalausschnitten aus den Lerntagebüchern vor und diskutiert die Resultate in Hinblick auf die anfangs genannten Ziele des Praxissemesters. ID: 259 Poster Disziplinen-Cluster: Psychologie, Didaktiken der Naturwissenschaften und Technik Thematisches Cluster: Lernen mit Computer und neuen Medien, Unterrichtsentwicklung/ Unterrichtsqualität Stichworte: digitale Schulbücher, Chemiefachdidaktik, Instruktionsdesign, Digitalisierung Digitalisierung im Bildungsbereich: Ein evidenzbasierter Ansatz für die Gestaltung digitaler Schulbücher Juliane Richter1, Katharina Scheiter1, Ulrich Nina2, Schanze Sascha2 1 Leibniz-Institut für Wissensmedien, Deutschland; 2Institut für Didaktik der Naturwissenschaften, Leibniz Universität Hannover Die Digitalisierung der Schulen ist ein viel diskutiertes Thema in Deutschland. Ein Fazit dieser Diskussion ist, dass es nicht ausreicht die Schulen mit Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) wie Tablets auszurüsten. Lehrkräfte benötigen entsprechende digitale Lehrmaterialien, um die Geräte auch sinnvoll in den Unterricht einbetten zu können. Das von der DFG geförderte eChemBook-Projekt hat das Ziel, eine evidenzbasierte digitale Schulbucheinheit für den Chemieunterricht zu entwickeln. Im Projekt arbeiten Forschungspartner aus der Chemiefachdidaktik und Lehr-/Lernpsychologie mit den Praxispartnern Schroedel Westermann Verlag und SMART Technologies zusammen. Die zentrale Idee des Projektes ist der Transfer von Wissen aus der Forschung in die Praxis. Verschiedene Fragestellungen wurden in Meilensteinen des Projektes adressiert: (a) Fragebogenstudie mit N = 355 Lehrkräften der Naturwissenschaften zur Erhebung der Einstellungen gegenüber IKT im Klassenzimmer, der wahrgenommenen Hindernisse für eine erfolgreiche Nutzung von IKT sowie der Wünsche und Bedürfnisse der Lehrkräfte für die zukünftige IKT-Nutzung. (b) Prototypentwicklung einer digitalen Schulbucheinheit zum Thema Teilchenmodell basierend auf Evidenz aus den Forschungsbereichen Chemiefachdidaktik und Lehr-/Lernforschung. Zudem wurde ein adäquates Evaluationsmaß für den Lernerfolg entwickelt. (c) Pre-Posttest Schulerhebung mit N = 396 Schülerinnen und Schülern (SuS), mit dem Ziel die Lernwirksamkeit des Prototyps zu erfassen. (d) Erstellung von Gestaltungsempfehlungen für digitale Schulbücher. Die Fragebogenstudie zugehörig zum Meilenstein (a) ergab unter anderem, dass die befragten Lehrkräfte nach wie vor Hindernisse bezüglich der IKT-Integration sehen, wie z.B. nicht voll funktionsfähige Geräte oder keine ausreichende Anzahl an Geräten. Darüberhinaus gaben viele der befragten Lehrkräfte an, dass ihnen kein umfassendes digitales Lernmaterial zur Verfügung steht, das die Potenziale von IKT im Unterricht nutzt (beispielsweise interaktive Aufgaben oder dynamische Inhalte). Die Lehrkräfte betonten insbesondere, dass auf das Curriculum abgestimmte digitale Schulbücher und Lehrmaterialien fehlen. Basierend auf den Ergebnissen der Fragebogenstudie wurde in Meilenstein (b) ein evidenzbasierter Prototyp für eine digitale Schulbucheinheit entwickelt. Forschungsergebnisse aus den Bereichen Chemiefachdidaktik und Instruktionsdesign sind in die Gestaltung der Einheit zum Thema Teilchenmodell eingeflossen. Die Anforderungen der Lehrkräfte wurden auf vielfältige Weise berücksichtigt, beispielsweise durch ein intuitives Navigationsdesign und einem modularen und konsistenten Aufbau der Einheit. Damit können einzelne E-Book Elemente auch unabhängig voneinander im Unterricht eingesetzt werden. In Meilenstein (c) wurde mittels eines Pre-Posttest Designs die generelle Lernwirksamkeit des Prototyps getestet. Die SuS lernten zwei Doppelstunden mit der digitalen Schulbucheinheit und beantworteten darauf folgend einen Wissenstest, der sechs Wochen später erneut erhoben wurde. Vorläufige Ergebnisse zeigten einen signifikanten Wissenszuwachs über die drei Messzeitpunkte hinweg, F(2,330) = 298.14, p < .001, ηp2 = .64. Es gab keine Unterschiede zwischen dem direkten Posttest und dem verzögerten Posttest, d.h. die Lernleistung blieb stabil. Im nächsten Schritt wurden in Meilenstein (d) Gestaltungsempfehlungen für ein digitales Schulbuch für die Praxispartner zusammengefasst. Die Empfehlungen wurden jeweils nach dem Ziel der Maßnahme, dem Hintergrund, der konkreten Umsetzung mit Checkliste, Beispiel aus dem eChemBook, Evidenz für diese Maßnahme und weiterführender Literatur gegliedert. Basierend darauf erstellten die Praxispartner in weiteren Meilensteinen des Projektes eine weitere digitale Schulbucheinheit, die ebenfalls empirisch evaluiert wird. Zudem wurden Lehrerhandreichungen zum Einsatz des eChemBooks generiert. In der letzten Projektstudie wird empirisch erhoben, wie Lehrkräfte das eChemBook im Unterricht einsetzen, welche zusätzliche Unterstützung sie möglicherweise benötigen und welche Probleme sie beim eChemBook Einsatz im Unterricht sehen. Wir hoffen mit diesem Ansatz nachhaltig Wissen zu generieren, dass Gestalter von Lernmaterial, Autoren und auch Lehrkräfte bei der Gestaltung von digitalem Lernmaterial unterstützt. Damit soll das Projekt dazu beitragen, die Effektivität von IKT-basiertem Unterrichten in Schulen zu verbessern. ID: 264 Poster Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft, Psychologie Thematisches Cluster: Bildung im Sekundarbereich, Motivation und Emotion, Schulentwicklung Stichworte: Elternarbeit, Motivation, Schülerleistung, Lernen, Förderung Einfluss elterlicher Lernunterstützung auf Schülerleistungen und Motivation Jan Schröder, Jasmin Schwanenberg TU Dortmund, Deutschland Es hat sich gezeigt, dass für Schulerfolg neben Faktoren auf der Ebene der Lehrkräfte und des Unterrichts insbesondere auch familiäre Einflussfaktoren entscheidend sind (Wild & Lorenz, 2010; Sacher, 2012). Bereits Bandura (1997) stellte fest, dass die Familie eine Schlüsselrolle für den schulischen Erfolg von Kindern spielt. Aus diesem Grund ist es von Bedeutung, elterliche Einflussfaktoren hinsichtlich der schulischen Entwicklung des Kindes näher zu betrachten. Einen besonderen Stellenwert nimmt dabei die elterliche Lernunterstützung ein. Die lernbezogene Elternpartizipation bezieht sich auf die Unterstützung der Eltern bei schulischen Lernprozessen (z. B. Grolnick & Slowiaczek, 1994; Schwanenberg, 2015). Nach Grolnick und Slowiaczek (1994) beeinflussen Eltern vor allem schulbezogene Einstellungen sowie die Lern- und Leistungsmotivation der Kinder, die wiederum auf die Schulleistung wirken. Empirische Befunde zeigen, dass sich vor allem hinsichtlich elterlicher Lernunterstützung positive Zusammenhänge zu Schülerleistungen finden (Hill & Tyson, 2009). Zudem gibt es Hinweise, dass das Engagement von Eltern auch positiv die Einstellungen und die Motivation von Schülerinnen und Schülern beeinflusst (z. B. Cheung & Pomerantz, 2012; Fan, Williams & Wolters, 2012). Da es zu der Frage, inwieweit sich lernbezogene Elternpartizipation auf Leistungen sowie motivationale Aspekte von Schülerinnen und Schülern auswirkt im deutschsprachigen Raum bisher kaum Erkenntnisse gibt, soll im Rahmen dieses Beitrags folgenden Fragestellungen nachgegangen werden: 1. Wie entwickelt sich die elterliche Lernunterstützung in der Sekundarstufe 1 an Ganztagsgymnasien? 2. Lassen sich Zusammenhänge zwischen lernbezogener Elternpartizipation und Schülerleistungen sowie motivationalen Aspekten identifizieren? 3. Unterstützen Eltern, deren Kinder keine Gymnasialempfehlung haben ihre Kinder intensiver als Eltern, deren Kinder eine Gymnasialempfehlung haben? Auf Basis einer univariaten Varianzanalyse mit Messwiederholung wird die Entwicklung der lernbezogenen Elternpartizipation analysiert. Zur Untersuchung gruppenspezifischer Unterscheide werden t-Tests sowie Varianzanalysen eingesetzt. Außerdem sollen mithilfe einer Pfadanalyse die Zusammenhangsstrukturen hinsichtlich der lernbezogenen Elternpartizipation, Schülerleistungen und motivationalen Aspekten identifiziert werden. Zur Untersuchung gruppenspezifischer Unterschiede werden t-Tests eingesetzt. Als Datengrundlage dienen dafür drei Messzeitpunkte im Schulentwicklungsprojekt „Ganz In – Mit Ganztag mehr Zukunft. Das neue Ganztagsgymnasium NRW“. Im Rahmen von „Ganz In“ werden 31 Gymnasien auf ihrem Weg zum gebundenen Ganztag begleitet und unterstützt. Bezüglich der längsschnittlichen Erhebungen haben etwa 3000 Eltern und Schülerinnen und Schüler im Schuljahr 2010/11, 2012/13 und 2014/2015 an einer umfassenden Befragung teilgenommen. Die Ergebnisse für die drei Messzeitpunkte zeigen, dass die Beteiligung von Eltern in Form elterlicher Lernunterstützung von der Jahrgangsstufe 5 zu 9 abnimmt. Weiterhin deutet sich auf Grundlage von t-Tests an, dass Kinder der Klasse 5 ohne Gymnasialempfehlung von ihren Eltern (M = 3.5, SD = 0.61) intensiver lernbezogen unterstützt werden als Kinder mit Gymnasialempfehlung (M = 3.3, SD = 0.64), t(2411) = 2.75, p = .006 (zweiseitig). Korrelationsanalysen zeigen darüber hinaus signifikant negative Zusammenhänge zwischen lernbezogener elterlicher Unterstützung und Schülerleistung in den Hauptfächern. Demnach scheint es, dass je schlechter die Schülerleistung, desto größer die Lernunterstützung der Eltern zu Hause. Auf Grundlage dieser ersten explorativen Ergebnisse sollen nun weiterführende und vertiefende Analysen mit Daten des dritten Messzeitpunktes sowie ergänzenden motivationalen Variablen folgen, um Entwicklungen und genauere Zusammenhangsstrukturen abbilden zu können. Der Beitrag versucht auf der Grundlage der Annahme, dass die im Elternhaus wichtigen vermittelten Lerninhalte das Leben nachhaltig beeinflussen, zu verdeutlichen, wie sich auf Grundlage von elterlicher Lernunterstützung erwartungswidrige Bildungsverläufe an Gymnasien konstituieren. Im Fokus dabei steht vor allem die Schülerschaft, deren häusliche Rahmenbedingungen für den erfolgreichen Besuch des Gymnasiums als unvorteilhaft bezeichnet werden könnten. ID: 266 Poster Disziplinen-Cluster: Didaktiken der Naturwissenschaften und Technik Thematisches Cluster: Genderforschung, Motivation und Emotion, Unterrichtsentwicklung/ Unterrichtsqualität Stichworte: Selbstbestimmungstheorie der Motivation, Flow-Theorie, Autonomie, Lehrerverhalten, Geschlechterdifferenzen Geschlechterdifferenzen im Flow-Erleben sowie der Motivationsqualität in einem Biologieunterricht mit autonomieförderlichem bzw. kontrollierendem Lehrerverhalten Nadine Großmann, Matthias Wilde Universität Bielefeld, Deutschland Theoretischer Hintergrund Insbesondere in den Naturwissenschaften erfolgt ein intensiver Genderdiskurs, der je nach Unterrichtsfach Mädchen oder Jungen fokussiert (Blossfeld et al., 2009). Zentrale Frage bleibt, wie man Geschlechterdifferenzen im Unterricht begegnen kann. Die Selbstbestimmungstheorie der Motivation (Deci & Ryan, 2000) scheint ein geeigneter Ansatz zur Gestaltung von Lernumgebungen, die beide Geschlechter gleichermaßen fördern, zu sein. Die Befriedigung der darin konstatierten psychologischen Grundbedürfnisse (Kompetenz, soziale Eingebundenheit, Autonomie) ist geschlechtsunabhängig von zentraler Bedeutung für die Entstehung von Motivation (Deci & Ryan, 2000; Assor, Kaplan, Kanat-Maymon & Roth, 2005). Insbesondere das Erleben von Autonomie hat einen positiven Einfluss auf die Erlebensqualität im Biologieunterricht und gilt als eines der wesentlichen Merkmale guten Unterrichts (Hartinger, 2005; Schiefele & Köller, 2006; Meyer-Ahrens et al., 2010). Fragestellung Das Autonomieerleben sowie positive Motivationsqualitäten der Schülerinnen und Schüler (SuS) werden wesentlich durch das Lehrerverhalten beeinflusst (Assor, Kaplan & Roth, 2002; Ommundsen & Kvalǿ, 2007). Aus diesem Grund sollte zunächst untersucht werden, ob sich autonomieförderliches Lehrerverhalten positiv und kontrollierendes Lehrerverhalten negativ auf das Flow-Erleben und die intrinsische Motivation der SuS auswirken. Zweiter Schwerpunkt lag auf der Untersuchung von Geschlechterdifferenzen. Die Befriedigung der psychologischen Grundbedürfnisse wird als wesentlich für alle Menschen, egal ob weiblich oder männlich, beschrieben (Deci & Ryan, 2000). Darum wurde untersucht, ob sich autonomieförderliches bzw. kontrollierendes Lehrerverhalten in gleichem Maße positiv bzw. negativ auf die intrinsische Motivation der SuS auswirken. In den Untersuchungen zum Flow-Erleben werden ebenfalls keine Geschlechterdifferenzen berichtet (u.a. Kowal & Fortier, 2000; Hofferber, Eckes, Kovaleva & Wilde, in press). Es wurde untersucht, ob auch in der vorliegenden Untersuchung keine signifikanten Geschlechterdifferenzen im Flow-Erleben in beiden Treatments auftreten. Methode 12 Klassen (N=305; 52% Mädchen, 48% Jungen) verschiedener Schulformen nahmen an der vorliegenden Studie teil. Das Durchschnittsalter der SuS lag bei 11,31 Jahren (SD=0.58). 6 Klassen (n=157) wurden autonomieförderlich (A-Treatment), 6 Klassen (n=148) kontrollierend unterrichtet (K-Treatment). Es fand eine dreistündige Unterrichtseinheit zur Eurasischen Zwergmaus mit lebenden Organismen statt. Am Ende der ersten Unterrichtsstunde wurden die Flow Kurzskala (Rheinberg, Vollmeyer & Engeser, 2003) sowie die Kurzskala intrinsischer Motivation (Wilde, Bätz, Kovaleva & Urhahne, 2009) erhoben. Eine Woche nach der Durchführung des Unterrichts erfolgte die Erhebung der Autonomiewahrnehmung anhand einer adaptierten Version des Fragebogens Perceived Self-Determination (Reeve, Nix & Hamm, 2003). 2(Treatment) x 2(Geschlecht)-ANCOVAs sowie eine MANOCVA wurden gerechnet. Kovariate stellt in beiden Verfahren der Betreuer dar. Aufgrund der signifikanten Differenzen in beiden Verfahren wurden zudem Kontraste berechnet. Die Subskala Druck/Anspannung der Kurzskala intrinsischer Motivation wurde aufgrund der nicht signifikanten Interaktion in der Kontrastanalyse nicht berücksichtigt. Ergebnisse Die Interaktionen zeigen signifikante Unterschiede im Flow-Erleben (F(1; 301)=5.53, p=.02, η2=.02) sowie in den Subskalen Interesse/Vergnügen (F(4; 299)=4.48, p=.04, η2=.02) und wahrgenommene Wahlfreiheit (F(4; 299)=6.86, p=.01, η2=.02). In der Subskala wahrgenommene Kompetenz (F(4; 299)=3.21, p=.07, η2=.01) ist eine Tendenz erkennbar. Die Kontrastanalyse im Vergleich der Gruppen A/J (Autonomieförderung, Jungen) und A/M (Autonomieförderung, Mädchen) ergab lediglich signifikante Differenzen in der Subskala wahrgenommene Wahlfreiheit. Die Gruppen K/J (Kontrollierend, Junge) und K/M (Kontrollierend, Mädchen) unterscheiden sich hingegen in allen Variablen tendenziell bis höchst signifikant. Die Mittelwerte der Jungen liegen dabei in allen erhobenen Variablen unter den Mittelwerten der Mädchen. Werden die Gruppen A/J und K/J verglichen, unterscheiden sich diese in allen erhobenen Variablen signifikant voneinander. Die Mittelwerte im A-Treatment sind in allen Variablen größer als im K-Treatment. Im Vergleich der Gruppen A/M und K/M sind signifikante Differenzen im Autonomieerleben sowie den Subskalen Interesse/Vergnügen und wahrgenommene Wahlfreiheit erkennbar. Im Flow-Erleben sowie der Subskala wahrgenommene Kompetenz unterscheiden sich die Mädchen im A- und K-Treatment nicht signifikant, weisen jedoch in beiden Treatments überdurchschnittlich hohe Mittelwerte auf. Autonomieförderung im Biologieunterricht scheint für Jungen besonders bedeutsam zu sein. ID: 268 Poster Disziplinen-Cluster: Didaktiken der Naturwissenschaften und Technik Thematisches Cluster: Bildung im Sekundarbereich, Lese- und Sprachförderung Stichworte: Bildverstehen, kognitive Prozesse, Biologie, lautes Denken Kognitive Aktivitäten während des Verstehens biologischer Prozessdarstellungen Miriam Brandstetter, Christine Florian, Angela Sandmann Universität Duisburg Essen, Deutschland Theorie und Fragestellung Biologische Prozesse, wie der Blutkreislauf, werden häufig durch komplexe Abbildungen repräsentiert (z.B. Harms & Kattmann, 2013). Das Verstehen von Abbildungen erfordert Bildlesefähigkeit und stellt Schülerinnen und Schüler oft vor große Schwierigkeiten; sie verstehen Bildinformationen häufig nur oberflächlich und übersehen Bilddetails (Kragten, Admiraal, & Rijlaarsdam, 2013). Ein Grund dafür können unzureichende kognitive Aktivitäten während des Prozesses des Bildverstehens sein (Kragten, Admiraal, & Rijlaarsdam, 2015; Schnotz et al., 2014). Dieser Prozess umfasst nach Schnotz und Bannert (2003) grob zwei Phasen: Zuerst muss verstanden werden, was dargestellt ist durch Selektion und Identifikation von Bildinhalten. Des Weiteren muss durch semantische Verarbeitung die Bedeutung der visuellen Mitteilung entschlüsselt werden (Weidenmann, 1988). Ein mentales Model entsteht durch Integration der neuen Informationen und Vorwissen über die Bildinhalte (Mayer, 1996). Bislang ist unklar, wie Schülerinnen und Schüler beim Verstehen von komplexen Prozessdarstellungen im Biologieunterricht vorgehen und welche kognitiven Aktivitäten sie zeigen (Kragten et al., 2015; Schnotz et al., 2014). Des Weiteren gibt es bislang nur wenig Hinweise darauf inwiefern bestimmte Aktivitätsmuster das Verstehen von Abbildungen fördern. Ziel der Studie ist es, auf Grundlage des Modells für Bildverstehen (Schnotz & Bannert, 2003) Hinweise auf folgende Forschungsfragen zu erhalten: FF1: Inwieweit lassen sich kognitiven Aktivitäten beim Lesen und Verstehen von Abbildungen des Blutkreislauf und Kniesehnenreflex kategorisieren? FF2: Inwieweit lassen sich Aktivitätsmuster differenzieren, die den Erfolg beim Bildverstehen vorhersagen? Design Schülerinnen und Schüler (N=42) der Jgst. 9 wurden gebeten Abbildungen zum Thema Blutkreislauf und Kniesehnenreflex jeweils 15 Minuten zu lesen und zu verstehen und dabei laut zu denken. Die Protokolle der Schüleräußerungen (N=4351 Äußerungen) wurden von zwei unabhängigen Ratern analysiert und das individuelle Bildverstehen bewertet mit Hilfe eines standardisierten Erwartungshorizontes zu Aussagen über den Abbildungsinhalt. Es wurde die Interraterreliabilität zur Überprüfung der Messinstrumente analysiert. Ausgehend von existierenden Kategoriensystemen z. B. nach Guthrie et al. (1993), wurde durch qualitative Inhaltsanalyse ein Kategoriensystem entwickelt, zur Beschreibung der kognitiven Aktivitäten der Schülerinnen und Schüler beim Verstehen von Prozessdarstellungen (Mayring, 2007) (FF1). Interraterreliabilitäten der einzelnen Kategorien wurden überprüft und zugrunde liegende Aktivitätsmuster wurden durch explorative Faktorenanalyse untersucht. Mittels Regressionsanalysen wurde der Einfluss auf das Bildverstehen überprüft (FF2). Ergebnisse Interraterreliabilität für das Maß für Bildverstehen war zufriedenstellend für Verstehen der Abbildungen des Blutkreislauf (ICC=.932) und Kniesehnenreflex (ICC=.913). Das Kategoriensystem zur Analyse der kognitiven Aktivitäten während des Verstehens der Abbildungen umfasst 15 Kategorien (Mdn ICC=.703), die auf unterschiedliche Nutzung des Vorwissens sowie auf selektive oder semantische Aktivitäten hinweisen. Die Kategorien sollen im Detail vorgestellt werden. Die Eignung der Stichprobe für eine faktoranalytische Untersuchung nach VARIMAX wurde bestätigt (KMO=709; Bartlett-Test: χ2(105)=390.73, p<.001) und das Modell mit den besten Fitwerten ist eine 4-Faktoren Lösung mit 60,61% Varianzaufklärung. Kognitive Aktivitäten, die auf einen Faktor laden beschreiben folgende Aktivitätsmuster: Faktor 1: „Inferenzen durch Elaboration des Bildinhaltes“, Faktor 2: „Inferenzen durch Abruf von Vorwissen“, Faktor 3: „Kritik der Abbildung“ und Faktor 4: „Metakognitive Aktivitäten“. Auf Grundlage der individuellen Schüleräußerungen wurden Faktorscores jedes Teilnehmenden durch die Anderson-RubinMethode gebildet. Regressionsanalysen mit Bildverstehen als abhängige Variable und den Faktorscores als unabhängige Variablen (R=.540, R^2=.292, B=.520, p<.001) zeigen einen signifikanten Einfluss der Aktivitäten „Inferenzen durch Elaboration des Bildinhaltes“ (B=.05, β=.21, p=.03) und „Inferenzen durch Abruf von Vorwissen“ (B=.11, β=.46, p<.001) auf das Bildverstehen. Die Aktivitätsmuster „Kritik der Abbildung“ (B=.04, β=.15, p=n.s.) und „Metakognitive Aktivitäten“ (B=- .03, β=-.11, p= n.s.) haben dagegen keinen signifikanten Einfluss auf den Erfolg beim Bildverstehen. Je häufiger Schülerinnen und Schüler das Aktivitätsmuster „Inferenzen durch Elaboration des Bildinhaltes“ und „Inferenzen durch Abruf von Vorwissen“ zeigen, desto höheres Bildverstehen wird erreicht. In einem nächsten Schritt soll überprüft werden, inwieweit Abbildungsmerkmale wie der Abstraktionsgrad und die Sequenzierung Einfluss auf kognitive Aktivitäten und das Bildverstehen haben (Schnotz & Baadte, 2015). ID: 280 Poster Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft, Psychologie Thematisches Cluster: Selbstreguliertes Lernen Stichworte: Selbstreguliertes Lernen, Selbstwirksamkeit, akademische Leistung, Primarbereich Kognition, Metakognition, Motivation. Welche Komponenten selbstregulierten Lernens leisten den höchsten Beitrag zur Leistungsvorhersage im Primarbereich? Manuela Leidinger, Katrin Philippi, Franziska Perels Universität des Saarlandes, Deutschland In der Fachliteratur wird die Fähigkeit zur eigenständigen Initiierung, Regulierung und Reflexion von Lernprozessen als selbstreguliertes Lernen („self-regulated learning“) bezeichnet (Dinsmore, Alexander & Loughlin, 2008). Sie wird als zentrale fächerübergreifende Kompetenz verstanden, die in den Kanon der Bildungsindikatoren der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) aufgenommen wurde und zu den „cross curricular competencies“ gezählt wird (Köller & Schiefele, 2003, S. 156). Gerade vor dem Hintergrund der sich schnell wandelnden gesellschaftlichen Anforderungen und der geringen „Halbwertszeit“ des Wissens (Bartscher & Stöckl, 2011) ist eine Diskussion über die Wichtigkeit dieser Fähigkeit für das schulische Lernen entstanden, in deren weiteren Verlauf die Bedeutsamkeit selbstregulierten Lernens für das lebenslange Lernen (Lüftenegger, Schober, van de Schoot, Wagner, Finsterwald, & Spiel, 2012) sowie für die akademische Leistung hervorgehoben wurde (Boerner, Seeber, Keller & Beinborn, 2005; Leutner & Leopold, 2003). Der selbstregulierte Lerner ist dabei nach Zimmerman (2011) bestimmt durch seine kognitive, metakognitive und motivationale Teilhabe am eigenen Lernprozess. Als kognitive bzw. metakognitive Komponenten sind hierbei Prozesse der Zielsetzung, Zeitplanung, Strategieplanung, Selbstbeobachtung und Selbstevaluation zu nennen, während unter den motivationalen Komponenten Selbstwirksamkeit, intrinsischer Wert, Aufmerksamkeitsfokussierung und Kausalattribution zu verstehen sind (Zimmerman, 2000). Studien deuten daraufhin, dass durch das Zusammenwirken dieser Komponenten, die Effektivität des Lernprozesses entschieden beeinflusst werden kann (De Corte, Mason, Depaepe, & Verschaffel, 2011; Dignath & Büttner, 2008). Für den Primarbereich berichtet Throndson (2011) hohe Zusammenhänge zwischen metakognitiven und motivationalen Komponenten und dem Leistungsvermögen im Bereich Mathematik, während De Corte, Verschaffel und An Van De Ven (2001) die Bedeutsamkeit entsprechender Komponenten für den Bereich des Leseverstehens hervorheben. Vor diesem Hintergrund bestand die Zielsetzung der vorliegenden Studie darin, die Frage nach der prädiktiven Bedeutsamkeit entsprechender Selbstregulationskomponenten gegen Ende der Grundschulzeit in den beiden zentralen Domänen Mathematik und Leseverstehen näher zu beleuchten. An der Studie nahmen insgesamt 916 Schüler der dritten und vierten Klassenstufe teil (51.20% weiblich), die im Durchschnitt 9.17 Jahre alt waren (SD = .63, Altersrange = 8-11). Mit Hilfe eines Fragebogens wurden die Schüler gebeten, ihr selbstreguliertes Lernverhalten auf einer vierstufigen Likert-Skala einzuschätzen. Die insgesamt 39 Items des Instruments bildeten dabei die bereits erwähnten kognitiven, metakognitiven und motivationalen Komponenten des selbstregulierten Lernprozesses ab (Cronbach's Alpha = .68 - 88). Die sich theoretisch ableitende Struktur selbstregulierten Lernens wurde mittels konfirmatorischer Faktorenanalysen (CFA) auf ihre Konstruktvalidität hin überprüft und zufriedenstellend bestätigt (Kline, 2011). Zur Erfassung der Leistung im Bereich Mathematik wurde das „Diagnostische Inventar zu Rechenfertigkeiten im Grundschulalter (DIRG)“ von Grube, Weberschock, Blum, Hasselhorn und Gölitz (2010) eingesetzt, das der Einschätzung grundlegender Rechenfertigkeiten in den Kompetenzbereichen Addition, Subtraktion, Multiplikation und Division dient (532 Aufgaben, Cronbach's Alpha = .85). Für den Bereich des Leseverstehens kam das von Lenhard und Schneider (2006) entwickelte Verfahren „Ein Leseverständnistest für Erst- bis Sechstklässler (ELFE)“ zum Einsatz, welches anhand von drei Subtests das Leseverstehen auf den Ebenen Wort-, Satz- und Textverständnis überprüft (120 Aufgaben, Cronbach's Alpha = .75). Die mittels linearer Strukturgleichungsmodellierung (SEM) gewonnenen Ergebnisse deuten daraufhin, dass der motivationalen Komponente der Selbstwirksamkeit ein zentraler Stellenwert für die Vorhersage der Leistung in den Domänen Mathematik und Leseverstehen einzuräumen ist, während die übrigen Komponenten einen eher als gering einzustufenden Beitrag leisten. Dieser Befund steht in Einklang mit den Ergebnissen zahlreicher Untersuchungen, welche die Bedeutsamkeit der Selbstwirksamkeit im schulischen Kontext hervorheben (Parker, Marsh, Ciarrochi, Marshall, & Abduljabbar, 2014; Richardson, Abraham, & Bond, 2012; Stankova, Moronya, & Leeb, 2014). Vor diesem Hintergrund nimmt die Selbstwirksamkeit eine zentrale Rolle im selbstregulierten Lernprozess ein, da sie unter den entsprechenden Selbstregulationskomponenten der zentrale Prädiktor für akademische Leistung zu sein scheint. ID: 281 Poster Disziplinen-Cluster: Didaktiken der Naturwissenschaften und Technik Thematisches Cluster: Hochschulbildung, Methoden der empirischen Bildungsforschung Stichworte: Studienerfolg, Physik, Bauingenieurwesen, fachlich-mathematische Modellierung, ALSTER Fachlich-mathematische Modellierung in der Physik und im Bauingenieurwesen als Prädiktor für Studienerfolg Joachim Müller1, Elmar Dammann1, Hans E. Fischer1, Martin Lang1, Andreas Borowski2, Axel Lorke1, Jochen Menkenhagen1 1 Universität Duisburg-Essen, Deutschland; 2Universität Potsdam Um die hohe Abbruch- (36%) und Wechselquote (26%) im Studienfach Physik (Heublein, Schmelzer, Sommer & Wank, 2008) und die bundesweite Abbruchquote von 47% im Bauingenieurwesen (Heublein, Richter, Schmelzer & Sommer, 2012) erklären zu können, soll Studienerfolg in den Studiengängen Physik und Bauingenieurwesen im ersten Studienjahr durch fachliche, psychologische und demographische Variablen beschrieben werden. Studienerfolg wird durch den Verbleib im Studium definiert und über den fachlichen Wissenszuwachs und die Klausurnote erfasst. Die Untersuchung wird im Rahmen der DFGForschergruppe ALSTER (Akademisches Lernen und Studienerfolg in der Eingangsphase von naturwissenschaftlich-technischen Studiengängen) durchgeführt. Für die erfolgreiche Bewältigung eines Studiums der Physik und des Bauingenieurwesens müssen Studierende dieser Studiengänge bereits am Anfang ihres Studiums, beispielsweise in den Veranstaltungen Grundlagen der Physik (Studiengang Physik) und Technische Mechanik (Studiengang Bauingenieurwesen), physikalische aber auch grundlegende mathematische Fähigkeiten erwerben. Mathematik wird in beiden Studiengängen in separaten Lehrveranstaltungen auf eine spezifische mathematische Weise gelehrt, innerhalb der Grundlagenveranstaltungen hat die Mathematik aber einen fachspezifischen Charakter. Die besondere Rolle der Mathematik für die Physik wird deutlich, indem sie als „Mittel zur Beschreibung von Welt“ (Prediger 2009) und als eine Grundlage der physikalischen Methodik und Erkenntnisgewinnung zu sehen ist (bspw. Pospiech, 2009). Daher vermuten wir, dass der Zusammenhang zwischen Mathematik und den Grundlagenveranstaltungen der genannten Studiengänge eine Variable für Studienerfolg ist. Nach ersten curricularen Analysen von Klausuren in beiden Grundlagenveranstaltungen wird angenommen, dass Studierende der Physik und des Bauingenieurwesens dann erfolgreich sind, wenn es ihnen gelingt, gegebene fachliche Modelle in mathematische Modelle sowie mathematische Modelle in mathematische Ergebnisse zu überführen und diese Ergebnisse fachlich zu interpretieren und zu bewerten. Wir nehmen an, dass Studierende, die diese Fähigkeiten im ersten Studienjahr entwickeln können, im Studium erfolgreich sind. Die genannten Schritte der Aufgabenbearbeitung lassen sich nach BorromeoFerri, Grünewald und Kaiser (2013) als mathematische Modellierung in Teilkompetenzen operationalisieren: die Kompetenz zum Aufstellen eines mathematischen Modells aus einem Realmodell, die Kompetenz zur Interpretation mathematischer Resultate in der Realität und die Kompetenz zur Validierung des Ergebnisses. Sie werden als Teile einer globalen Modellierungskompetenz gesehen, die als die Fähigkeit beschrieben werden kann, „Prozessschritte problemadäquat ausführen zu können sowie gegebene Modelle analysieren und vergleichen zu können“ (Blum, 2007). Trump (2015) spezifiziert den von Blum in Anlehnung an Pollak (1979) genannten „Rest der Welt“ (alles außer Mathematik) als Ausgangs- und Zielpunkt des Modellierungskreislaufs, mit Inhaltsbereichen der Physik. Damit entsteht ein Modell zur physikalisch-mathematischen Modellierung, das den Anforderungen Blums zur mathematischen Modellierung genügt, jedoch auf den Inhaltsbereich der Physik und des Bauingenieurwesens bezogen werden kann. Da das Modell für beide hier untersuchte Fachrichtungen gelten soll, bezeichnen wir diese Modellierungsfähigkeit als fachlich-mathematische Modellierung. Der Zusammenhang zwischen der Fähigkeit zur fachlich-mathematischen Modellierung beim Lösen physikalischer bzw. ingenieurwissenschaftlicher Aufgaben und Studienerfolg soll analysiert werden. Weiterhin wird untersucht, wie die Fähigkeit zur fachlich-mathematischen Modellierung mit außerfachlichen Variablen des Studienerfolgs zusammenhängt. Die Stichprobe umfasst Studierende der Physik und des Bauingenieurwesens an der Universität Duisburg-Essen im ersten Studienjahr. Wir betrachten die oben beschriebenen Fähigkeiten und Eigenschaften der Studierenden längsschnittlich und setzen dafür fachspezifische, psychologische und demographische Testinstrumente zu drei Messzeitpunkten vor und nach dem ersten Semester (WiSe 2016/17) und nach dem zweiten Semester (SoSe 2017) ein. Die erwartete Anfangsstichprobe liegt für die Physik bei N=180 und für das Bauingenieurwesen bei N=300 Studierenden. Es werden zwei fachspezifische Wissens- und Modellierungstests und ein gemeinsamer Rechentest entwickelt. Die Modellierungstests umfassen Items zu ausgewählten Prozessschritten des Modellierungskreislaufs nach Trump (2015). Als psychologische Variablen werden das metakognitive Wissen, das Wissen über Lernstrategien, das akademisches Selbstkonzept, die allgemeine Lern- und Studienmotivation, die Erwartungen an das Studienfach und das fachliche Interesse erhoben. Es werden Ergebnisse aus der Datenerhebung der Pilotierung präsentiert, die im Wintersemester 2015/16 stattfinden wird. ID: 284 Poster Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft, Psychologie Thematisches Cluster: Selbstreguliertes Lernen, Methoden der empirischen Bildungsforschung, Motivation und Emotion Stichworte: Experience Sampling, Emotionsregulation, Reappraisal, Intervention, Prüfungsphase Vor der Prüfung Emotionen erfolgreich regulieren – eine Experience Sampling Studie Anna-Lena Harter, Ulrike Nett Universität Ulm, Deutschland Studierende in der Prüfungsphase erleben häufig negative Leistungsemotionen, welche meist dazu führen, dass die Lernenden sich nicht mehr auf den Lernstoff konzentrieren sondern in Gedanken abschweifen (Bless & Fiedler, 1999). Dazu zählen z.B. Angst, Ärger, Frustration und Langeweile. Die Fähigkeit des selbstregulierten Lernens ist gerade im Studienalltag sehr zentral und meint, sich Ziele zu setzen, den Prozess des Lernens zu überwachen und wenn nötig zu modifizieren (Goetz & Nett, 2011). Im Selbstregulations-Prozessmodell von Bernhard Schmitz (2001) spielen Emotionen dabei eine wesentliche Rolle. Angst und Hoffnungslosigkeit kann zum Setzen niedriger Ziele und geringer Motivation führen. Eine angemessene Regulation von z.B. Angst und Ärger, kann sich positiv auf den Lernprozess auswirken (Schmitz & Wiese, 1999, 2006). Zahlreiche Emotionsregulationsstrategien wurden im Alltag schon auf ihr Auftreten, ihre Benutzungshäufigkeit und ihren Einfluss hin überprüft (z.B. Heiy & Cheavens, 2014). Eine wirksame Strategie stellt Reappraisal (Neubewertung der Situation) dar (Gross und John, 2003). Reappraisal ist zwar hilfreich für die Herabsenkung negativer Emotionen, wird aber, wie in einigen Studien belegt, nicht sehr häufig angewendet (z.B. Heiy und Cheavens, 2014). Oft sind andere Strategien, wie Vermeidung oder Ablenkung viel schneller und einfacher abrufbar, jedoch wenig förderlich für eine erfolgreiche Emotionsregulation. Ziel dieser Studie ist es, die Strategienutzung des Reappraisals anzuregen, sodass Studierende in ihrer Prüfungsphase weniger negative Leistungsemotionen erleben. Somit soll zum erfolgreichen selbstregulierten Lernen beigetragen werden. Diese Studie bedient sich der Experience Sampling Methode. Durch tägliche Abfragen mit Hilfe einer Smartphoneapp (movisensXS) kann ein genauer Blick auf Emotionen in Echtzeit geworfen werden und zudem sind Interventionen implementierbar. 41 Medizinstudierende der Universität Ulm nahmen an der Studie teil. Alle Teilnehmer studierten im 6. Semester, 75% waren weiblich und das durchschnittliche Alter lag bei 23 Jahren (MW=23.04, SD=1.67). Bei der Studie handelt es sich um ein experimentelles Design, in dem die Teilnehmer der Interventions- (N=20) und Kontrollgruppe (N=21) randomisiert zugeteilt wurden. Während 6 Tagen bis hin zu einer wichtigen Prüfung, waren täglich 5 Kurzfragebögen auf einem Smartphone zu beantworteten, welche durch zufälliges Intervallassessment über den Tag verteilt waren. Zu festen Tagesanfangs- und Tagesendzeiten waren neutrale Fragen zu beantworten, wobei die Interventionsgruppe hierbei zusätzlich durch je eines von sechs prompts zum Reappraisal angeregt wurde. Vor und nach der Smartphone-Erhebung wurde von den Studierenden ein Paper-Pencil Fragebogen ausgefüllt, welcher die Benutzung von Emotionsregulationsstrategien durch den Cognitive Emotion Regulation Questionnaire (CERQ) erfasste. Die täglichen Kurzfragebögen erfassten die erlebten Leistungsemotionen und die verwendeten Emotionsregulationsstrategien im Alltag der Teilnehmer. Die Reappraisalprompts waren mit Aufforderungscharakter formuliert: z.B. „Mache dir bewusst, welche Vorteile das Lernen der Inhalte abgesehen von der Prüfung haben kann“. Für die Auswertung wurden varianzanalytische Verfahren verwendet. Insgesamt wurden 1141 Kurzfragebögen beantwortet (Compliance: 93%). Zusammengefasst ist die Intensität aller negativen Leistungsemotionen über den Verlauf der 6 Tage in der Interventionsgruppe signifikant geringer als in der Gruppe ohne Intervention (t(652.36)=5.07, p<.001). Auch einzeln betrachtet wird der Unterschied von Angst, Ärger und Frustration hoch signifikant (alle ps<.001), während bei Langeweile kein Unterschied berichtet werden kann. Der Mittelwertsunterschied von Ärger zwischen Interventions- und Kontrollgruppe hat hierbei den größten Effekt (d=0.53) gefolgt von Frustration (d=0.33) und Angst (d=0.31). Die Anwendung von Reappraisal wird sowohl im State (Kurzfragebögen) als auch im Trait (CERQ im Paper-Pencil Fragebogen) in der Interventionsgruppe allerdings nicht intensiver angegeben als in der Gruppe ohne Intervention (beide ps>.05). Die Intervention bewirkt, dass die Studierenden weniger Angst, Ärger und Frustration beim Denken an die Klausur empfinden als Studierende, die nicht mit Lernprompts ausgestattet wurden. Der Erfolg zeigt sich allerdings nicht bewusst über die häufigere Benutzung von Reappraisal. Weitere Analysen wie ein Verlauf der Emotionen über die 6 Tage hinweg als auch mehrebenenanalytische Auswertungen sind geplant. ID: 291 Poster Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft, Psychologie Thematisches Cluster: Bildung im Sekundarbereich, Methoden der empirischen Bildungsforschung Stichworte: soziale Netzwerkanalyse, actor-based model, allgemeiner Selbstwert, schulisches Fähigkeitsselbstkonzept Wie Selbstwert und Fähigkeitsselbstkonzept schulische Hilfe- und Freundschaftsnetzwerke beeinflussen – eine Pilotstudie Marvin Harks, Lysann Zander, Laura Trölenberg, Bettina Hannover Freie Universität Berlin, Deutschland Pädagogisch-psychologische Forschung misst Merkmalen des sozialen Lernkontextes für die Ausprägung lernförderlicher Merkmale von Schülerinnen und Schülern (SuS) eine zunehmende Bedeutung bei. Bis dato ist jedoch kaum erforscht, welche signifikanten Anderen Selbstkonzepte beeinflussen – und umgekehrt – und wie Selbstkonzepte sich darauf auswirken, mit welchen Peers SuS bevorzugt interagieren (Zander & Hannover, 2014). Soziale Netzwerkanalyse ist eine geeignete Methode, um bestehende Beziehungsstrukturen unter Peers im Klassenzimmer abzubilden (Zander, Kolleck & Hannover, 2014). Zudem erlaubt sie, die Merkmale der in Netzwerken miteinander verbundenen SuS zu verknüpfen und damit Aussagen darüber zu treffen, ob (a) Merkmale der SuS durch Peers beeinflusst werden, (b) SuS ihre Peers entsprechend verschiedener Merkmale auswählen oder (c) beide Einflussrichtungen gleichzeitig wirksam sind. So ist plausibel, dass Selbstwahrnehmungen der SuS die situationale Aktivierung von sozialen Netzwerken beeinflussen, sie also Einfluss darauf nehmen, welchen sozialen Netzwerken SuS angehören möchten und auf welche Peers sie in diesem Netzwerk als Ressourcen zurückgreifen können (Zander & Hannover, 2014). Diese Netzwerke können in affektive und kognitiv-instrumentelle Netzwerke („Wer ist dein/e beste/r Freund/in?“ vs. „Wen bittest du um Hilfe beim Lernen und bei Hausaufgaben?“) unterschieden werden (Zander et al., 2014). Im Rahmen einer Masterarbeit untersucht die vorliegende Pilotstudie die Zusammenhänge zwischen affektiven bzw. kognitiven Selbstwahrnehmungen (hier allgemeiner Selbstwert und schulisches Fähigkeitsselbstkonzept) und affektiven bzw. kognitivinstrumentellen Netzwerken. Dabei wird die Annahme geprüft, dass affektive Selbstaspekte (Selbstwert) stärker bestimmend für die Entstehung affektiver Peernetzwerke sein sollten und dass kognitive Selbstaspekte (schulisches Selbstkonzept) wiederum ausschlaggebender für die Wahl von kognitiv-instrumentellen Netzwerken sind. Dazu wurden zwei Thüringer Regelschulklassen (N=16 und N=12, jeweils 6 Mädchen) beginnend in der 5. Klasse im September 2013 (Durchschnittsalter: 11 Jahre) über 18 Monate halbjährlich befragt (4 Zeitpunkte). Erhoben wurden affektive und kognitivinstrumentelle Netzwerke (adaptiert nach Fischer, 1982) sowie der allgemeine Selbstwert und das schulische Selbstkonzept (adaptiert nach Asendorpf & Aken, 1993). Die Auswertung der Daten erfolgte durch die Berechnung von actor-based models (Snijders, Bunt & Steglich, 2010). Dabei wurden Empfänger-, Sender und Homophilie-Effekte des allgemeinen Selbstwerts und des schulischen Selbstkonzepts zur Erklärung der berechneten Netzwerkänderungen berücksichtigt. Zum Vergleich dieser Erwartungswerte wurden ebenfalls Effekte des Geschlechts und der durchschnittlichen Schulnote sowie die Entwicklung reziproker Beziehungen in die actor-based models miteinbezogen. Die statistische Signifikanz der Effekte wurde mit score-type Tests überprüft (Schweinberger, 2012). Die Ergebnisse zeigten, dass – bei Kontrolle der Note – das schulische Selbstkonzept der SuS keinen Einfluss auf deren Wahlen in Hilfe- und Freundschaftsnetzwerken hatte. Stattdessen wurde in beiden Klassen deutlich, dass Kinder mit einer guten Durchschnittsnote eher als Hilfepartner/innen gewählt wurden, nicht aber als beste/r Freund/in (was sich in einem signifikanten, positiven Empfängereffekt der Schulnote lediglich für die kognitiv-instrumentellen Netzwerke ausdrückte). Für den allgemeinen Selbstwert zeigte sich kein Unterschied im Einfluss auf die Beliebtheit der SuS im Freundschafts- oder Hilfenetzwerk, jedoch unterschied sich dieser zwischen beiden Klassen deutlich: So wurden in einer Klasse signifikant häufiger Kinder mit einem ähnlichen Selbstwert gewählt, in der anderen Klasse hingegen signifikant häufiger die SuS, die einen entgegengesetzten allgemeinen Selbstwert berichteten. Dies galt in beiden Klassen sowohl für affektive, als auch instrumentelle Netzwerke. Weiterhin fanden sich klassenübergreifend strukturelle Effekte: Konsistent mit zahlreichen Forschungsarbeiten zeigten sich die Netzwerke stark geschlechtersegregiert (Maccoby, 1998). Außerdem tendierten die SuS in affektiven Netzwerken dazu, einander gegenseitig zu wählen. Trotz des geringen Stichprobenumfangs und damit deutlich eingeschränkter Generalisierbarkeit der Ergebnisse, verdeutlicht die vorliegende Pilotstudie die methodischen Möglichkeiten sozialer Netzwerkanalyse und insbesondere der actor-based models. In einer größeren Stichprobe soll im nächsten Schritt überprüft werden, ob kognitive Selbstwahrnehmungen bei Kontrolle der Schulnote tatsächlich keinen Einfluss auf die Entstehung von Peernetzwerken haben und ob sich der Einfluss affektiver Selbstaspekte – wie hier – zwischen den Klassen unterscheidet. ID: 292 Poster Disziplinen-Cluster: Psychologie, Didaktiken der Naturwissenschaften und Technik Thematisches Cluster: Selbstreguliertes Lernen, Sonstiges Stichworte: Lernstrategie, Zeichnen, Vorwissen, instruktionale Hilfen, Blickbewegungsanalyse Der Einfluss instruktionaler Hilfen auf die Lernstrategie des sinnstiftenden Zeichnens in Abhängigkeit des Vorwissens: eine Eye Tracking Studie Johannes Hellenbrand, Maria Opfermann, Annett Schmeck, Detlev Leutner Universität Duisburg-Essen, Deutschland Beim selbstständigen Lernen mit komplexen Sachtexten sind Lernende häufig mit den kognitiven Anforderungen überfordert, welche Prozesse des verstehenden Lesens an sie stellen (Schnotz, 1994). Eine Möglichkeit diese Schwierigkeiten zu überwinden bietet die Lernstrategie des sinnstiftenden Zeichnens (Leutner & Schmeck, 2014). Hierbei werden Lernende dazu aufgefordert, skizzenhafte Zeichnungen zu den im Sachtext beschriebenen Inhalten zu erstellen. Um diese Aufgabe bewältigen zu können, müssen die Kernelemente des Textes und ihre Relation zueinander erfasst und in einem kohärenten mentalen Modell organisiert werden. Das vorhandene Vorwissen beeinflusst dabei entscheidend, welche Elemente für die Weiterverarbeitung im Arbeitsgedächtnis ausgewählt werden. Dabei wird von Lernenden mit geringem Vorwissen angenommen, dass sie über weniger domänenspezifisches Wissen und kognitive Schemata verfügen als Lernende mit hohem Vorwissen und dementsprechend ein deutlich oberflächlicheres mentales Modell entwickeln (Cook, Carter & Wiebe, 2008; Snyder, 2000). Der Lernstrategie des sinnstiftenden Zeichnens liegt das theoretische Konstrukt des Cognitive Model of Drawing Construction von van Meter und Firetto (2013) zugrunde, welches für eine erfolgreichere Strategieanwendung instruktionale Hilfen vorschlägt. Schwamborn und Kollegen (2010) implementierten dazu einen vorgegebenen Zeichenhintergrund und eine Werkzeugleiste, welche alle für die Zeichnung relevanten Elemente enthält. Dadurch soll gewährleistet werden, dass der handwerkliche Aspekt des Zeichnens nicht zu viel Kapazität im Arbeitsgedächtnis vereinnahmt und somit noch ausreichend Kapazität vorhanden ist, um den Text im Sinne der Zeicheninstruktion zu bearbeiten. Während Schmeck und Kollegen (2014) in einer weiteren Studie zeigen konnten, dass die 2010 gefundenen Effekte nicht auf einen reinen Multimedia-Effekt aufgrund der in der Werkzeugleiste vorgegebenen Bilder zurückzuführen sind, sondern dass das Zeichnen (mit geeigneter Hilfestellung) das Lernen mit Texten mehr fördert als das bloße Hinzufügen von vorgefertigten Bildern, bleibt die Frage zu klären, inwiefern die Inanspruchnahme der Werkzeugleiste beim Zeichnen vom Vorwissen der Lernenden abhängig ist. Um den Einfluss der Werkzeugleiste auf die Anwendung der Lernstrategie des sinnstiftenden Zeichnens in Abhängigkeit des Vorwissens der Lernenden zu untersuchen, wurden die Blickbewegungen von 29 Lehramtsstudierenden (Ø=25.41 Jahre, SD=3.54, 58.6% weiblich) während der papierbasierten Anwendung der Lernstrategie untersucht. Die Probanden wurden instruiert, einen in sieben Textabschnitte unterteilten biologischen Sachtext zu lesen und dabei die Informationen abschnittsweise zeichnerisch darzustellen. Im Vordergrund standen die Fragen, wie häufig die Lernenden die Werkzeugleiste in Abhängigkeit von ihrem Vorwissen für ihre Zeichnungen hinzuziehen und ob die Hilfestellungen in Form der vorgefertigten Zeichenelemente einen Mangel an Vorwissen kompensieren können. Eine Messwiederholungsanalyse zeigt zunächst erwartungskonform für alle Probanden, dass die Werkzeugleiste über die sieben Textabschnitte hinweg unterschiedlich häufig frequentiert wurde (F(6,23)=42.66; p<.001; ηp2=.92). Am häufigsten wurde dabei die Werkzeugleiste im ersten Textabschnitt angeschaut (Ø1=10.83). Für die folgenden drei Textabschnitte wurde kein neues Zeichenelement eingeführt – hier wurde die Werkzeugleiste zunehmend seltener frequentiert (Ø2=6.03; Ø3=4.41; Ø4=3.03). Es zeigt sich hier ein linearer Effekt, F(3,26)=19.90; p<.001; ηp2=.70. Ein leichter Anstieg der Betrachtungen (Ø5=3.76) ist für Textabschnitt fünf zu verzeichnen, welcher die Zerlegung eines bereits bekannten Zeichenelements beschreibt. In den Textabschnitten sechs und sieben stehen neue Zeichenelemente im Mittelpunkt, was sich ebenfalls in der Frequentierung der Werkzeugleiste widerspiegelt (Ø6=8.31; Ø7=8.45). Dieser Anstieg ist ebenfalls linear signifikant (F(3,26)=35.58; p<.001; ηp2=.80). Lineare Regressionsanalysen zeigen zudem, dass sich die Frequentierung der Werkzeugleiste durch das Vorwissen vorhersagen lässt: Je höher das Vorwissen ist, desto seltener zogen die Probanden die Werkzeugleiste zu Rate (Anzahl der Blicke: F(1,27)=4.28, β=-.370, p=.048; Verweilzeit (anteilig) : F(1,27)=4.57, β=-.380, p=.042). Dies trifft auch auf Textabschnitte zu, für die bereits eingeführte Zeichenelemente der Werkzeugleiste benötigt werden (F2(1,27)=10.67, β=-.532, p=.003; F3(1,27)=6.71, β=-.446, p=.015, F4(1,27)=6.22, β=-.433, p=.019). Zudem lässt sich eine anteilige höhere Verweilzeit in der Werkzeugleiste nicht auf eine höhere Qualität der Zeichnung (F(1,27)=4.56, β=-.380, p=.042) oder ein besseres Posttestergebnis (F(1,27)=5.21, β=-.402, p=.031) zurückführen. Geringes Vorwissen ist also nicht allein über die vermehrte Nutzung einer Werkzeugleiste zu kompensieren. ID: 293 Poster Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft, Didaktiken der Geschichte, Philosophie, Religion, Gesellschaftswissenschaften, Lehrerbildung Thematisches Cluster: Hochschulbildung, Kompetenzdiagnostik/ Kompetenzentwicklung, Lehrer(aus)bildung Stichworte: wissenschaftlich-theologische Argumentationskompetenz, religiöse Einstellungen und Verhaltensweisen, nationaler Vergleich Wissenschaftliche Argumentationskompetenz deutscher und britischer Studierender in der Theologie Johannes Bur, Eric Klopp, Robin Stark Universität des Saarlandes, Saarbrücken, Deutschland Theologiestudierende befinden sich in einem bildungstheoretischen Spannungsfeld (Sauter, 1973). Einerseits sollen sie wissenschaftlich fundiertes Fachwissen und methodische Kompetenzen erwerben sowie zu kritischem und differenziertem Argumentieren angeleitet werden (DBK 2011; EKD, 2011). Andererseits ist das Theologiestudium in Deutschland konfessionell gebunden: die Kirchen haben ein personelles, organisatorisches, inhaltliches und methodisches Mitbestimmungsrecht und verpflichten das Kurrikulum auf die aus der Autorität der göttlichen Offenbarung abgeleiteten Glaubenswahrheiten (Christoph, 2009); zudem gehören die Studierenden überwiegend der Konfession an, deren Theologie sie studieren (KMK, 2002a, 2002b) und sind in ihren religiösen Einstellungen und Verhaltensweisen dementsprechend vorgeprägt. Anders in Großbritannien: hier ist der Einfluss der Kirchen auf das Studium äußerst begrenzt, Theologiestudierende sind nicht zwangsläufig konfessionell gebunden (Brisgen, 2011). Bestehende Untersuchungen zur wissenschaftlichen Argumentationskompetenz von Studierenden in anderen Domänen lassen auch in der Domäne Theologie erwarten, dass die Argumentationskompetenz von Studierenden nur schwach ausgeprägt ist (Stark et al., 2010). Befunde von Kitchener et al. (1989) zeigen, dass ein Zusammenhang zwischen Einstellungen, insbesondere epistemologischen Überzeugungen, und Argumentationskompetenz sensu reflective judgment (King et al., 1990) besteht. Die Befundlage ist jedoch nicht eindeutig (Dale, 2005). Vor diesem Hintergrund stellt sich erstens die Frage, in welchem Ausmaß Theologiestudierende über wissenschaftlich fundiertes Fachwissen und methodische Kompetenzen sowie die Kompetenz zum kritischen und differenzierten Argumentieren verfügen und wie sich die Studierenden aus der BRD einerseits und aus Großbritannien andererseits diesbezüglich unterscheiden. Zweitens muss gefragt werden, wie sich beide Gruppen bezüglich ihrer religiösen Einstellungen und Verhaltensweisen unterscheiden. Eng damit verbunden ist drittens die Frage, ob es einen Zusammenhang zwischen religiösen Einstellungen bzw. Verhalten und der Kompetenz zum kritischen und differenzierten Argumentieren gibt. An der Untersuchung nahmen 48 Theologiestudierende (24w) unterschiedlicher christlicher Konfessionen (24 Katholiken, 12 Reformierte, 3 Anglikaner, 1 Orthodoxer, 8 k.A.) im Alter zwischen 18 und 58 Jahren teil (M=28, SD=9.45), davon 21 aus Deutschland und 27 aus Großbritannien. Der Studienfortschritt variierte zwischen 1 und 18 Fachsemestern (M=5.03, SD=4.48). Zur Erfassung der wissenschaftlich-theologischen Argumentationskompetenz wurden den Probanden vier in Anlehnung an die Gestaltungsprinzipien problemorientierter Lernumgebungen (CTGV, 1990) konzipierte sowie die Kriterien sog. ill-structured problems (Wood, 1983) erfüllende theologische Problemstellungen im offenen Format vorgelegt (vgl. King & Kitchener, 1993). Die Antworten wurden mittels Kodierleitfaden inhaltsanalytisch ausgewertet und quantifiziert (Mayring, 2015); der Leitfaden stützte sich auf ein eigens konzipiertes Modell wissenschaftlich-theologischer Argumentationskompetenz, das domänenunspezifische (King & Kitchener, 1993, 1994) und domänenspezifische (Lindner, 2012) Aspekte berücksichtigt (Perkins & Salomon, 1989). Die religiösen Einstellungen und Verhaltensweisen (Glock, 1962, 1969) wurden mit sieben Skalen erfasst (GESIS, 2013; Deutsche Shell, 2000; Ziebertz & Riegel, 2008): die Einstellung zu theistischen Gottesvorstellungen (α=.68), zu agnostisch-atheistischen Gottesvorstellungen (α=.79), zu christlichen Festen/Feiertagen (α=.87) und zu kirchlichen Ritualen (α=.94), die Toleranz der Probanden (α=.77) sowie das Ausmaß ihrer intellektuellen Beschäftigung mit religiösen Themen (α=.85) und ihres kirchlichen Engagements (α=.60). Die Probanden erreichten insgesamt nur unterdurchschnittliche Werte hinsichtlich der wissenschaftlich-theologischen Argumentationskompetenz. Besondere Schwächen zeigten sich bei den domänenspezifischen Aspekten, insbesondere der methodischen Kompetenz, die auf den angemessenen Umgang mit Texten und anderen Quellen fokussiert ist, sowie beim deklarativen Wissen. Signifikante Mittelwertunterschiede zwischen den Studierenden aus Deutschland und Großbritannien zeigten sich nicht. Hinsichtlich der religiösen Einstellungen war die Zustimmung zu theistischen Gottesbildern unter den deutschen Probanden signifikant höher, während umgekehrt die Zustimmung der britischen Probanden zu agnostischatheistischen Gottesbildern höher war; zudem waren für die britischen Probanden kirchliche Rituale unbedeutender. Bezüglich des religiösen Verhaltens zeigte sich, dass sich die britischen Probanden signifikant häufiger intellektuell mit religiösen Themen beschäftigten, sich allerdings weniger kirchlich engagierten. Signifikante Zusammenhänge zur wissenschaftlich-theologischen Argumentationskompetenz wiesen die Einstellung der Probanden zu christlichen Festen und Feiertagen und deren Toleranz sowie das Ausmaß ihres kirchlichen Engagements auf. Zudem zeigte sich ein signifikanter Zusammenhang zwischen der Einstellung zu theistischen Gottesvorstellungen und methodischer Kompetenz. ID: 298 Poster Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft, Psychologie Thematisches Cluster: Förderpädagogik, Vorschulische Bildung Stichworte: Selbstwirksamkeit, pädagogische Fachkräfte, Implementation, Förderung Selbstwirksamkeitsüberzeugungen pädagogischer Fachkräfte und die Implementation von Fördermaßnahmen in den Bildungsbereichen Sprache, Mathematik und sozial-emotionale Kompetenzen. Lea Höltge1,2, Jan-Henning Ehm1,2, Ulrike Hartmann1,2 1 DIPF, Deutschland; 2IDeA-Zentrum Theoretischer Hintergrund und Fragestellung: Die individuellen Voraussetzungen in den Bereichen Sprache und Mathematik sowie sozial-emotionale Kompetenzen werden als wichtige Aspekte der Schulbereitschaft angesehen (Hasselhorn, Ehm, Wagner, Schneider & Schöler, 2015). Die Stärkung und Förderung dieser Entwicklungsbereiche wird auch durch die Bildungs- und Orientierungspläne der Länder unterstrichen (KMK, 2004). In der pädagogischen Praxis obliegt es den pädagogischen Fachkräften, Förderbedarfe zu erkennen und gegebenenfalls entsprechende Fördermaßnahmen durchzuführen oder die Kinder an entsprechende externe Stellen zu verweisen (Schöler, 2012). Ob Fördermaßnahmen in der Praxis Anwendung finden, hängt von verschiedenen Faktoren ab, wobei die Selbstwirksamkeitsüberzeugungen der Fachkräfte hierbei einen wesentlichen individuellen Wirkfaktor darstellen (Durlak & DuPre, 2008). Trauen sich die pädagogischen Fachkräfte nicht zu, Förderbedarfe zu erkennen und die Kinder in den jeweiligen Bildungs- und Entwicklungsbereichen zu fördern, ist zu erwarten, dass Fördermaßnahmen nicht, oder nicht wie vorgesehen durchgeführt werden. Somit stehen die Selbstwirksamkeitsüberzeugungen der pädagogischen Fachkräfte auch in Zusammenhang mit der Prozessqualität, die ihrerseits einen Einflussfaktor auf die kindliche Entwicklung darstellt (Tietze, Rossbach & Grenner, 2005). Die verschiedenen Bildungsbereiche werden in der praktischen Arbeit in unterschiedlichem Maße betont und von den Fachkräften hinsichtlich ihrer Relevanz unterschiedlich eingeschätzt (Pohlmann-Rother, Kratzmann & Faust, 2011). Außerdem kommen die pädagogischen Fachkräfte mit ihnen in ihrer Arbeit, Ausbildung sowie Fort- und Weiterbildungen in unterschiedlichem Maße in Berührung. Daher ist davon auszugehen, dass sich die Selbstwirksamkeitsüberzeugungen bezüglich der Förderung der verschiedenen Kompetenzen in diesen Bildungsbereichen voneinander unterscheiden. Vor diesem Hintergrund stellt sich daher die Frage, ob sich bezüglich der Selbstwirksamkeitsüberzeugungen verschiedene Typen von Fachkräften finden lassen. Unterscheiden sich die Fachkräfte lediglich nach der Ausprägung ihrer Selbstwirksamkeitsüberzeugungen oder auch nach dem Muster der Überzeugungen in Hinblick auf die verschiedenen Bildungsbereiche? Daran anschließend ist von Interesse, durch welche Merkmale (u.a. Berufserfahrung, Aus- und Fortbildungsstand, Kompetenzen) sich die verschiedenen Typen auszeichnen und in welchem Zusammenhang diese Typen mit der Umsetzung von Fördermaßnahmen stehen. Methode und Ergebnisse In einer umfangreichen Fragebogenstudie werden aktuell 3000 pädagogische Fachkräfte in 600 Kindertagesstätten zu ihren Einstellungen und Überzeugungen zu Förderung im Kindergarten und zur Implementation von Fördermaßnahmen befragt. Die Hälfte der befragten Fachkräfte arbeitet in Einrichtungen, die das baden-württembergische Modellprojekt Schulreifes Kind umsetzen. Teil der Fragebogenbatterie ist ein neu entwickelter Fragebogen zu Selbstwirksamkeitsüberzeugungen der Fachkräfte. Der Fragebogen besteht aus insgesamt 24 Items, die sich auf die Förderung der sprachlichen, mathematischen sowie sozial-emotionalen Kompetenzen von Kindergartenkindern beziehen. Die Fachkräfte schätzen hier ihre Selbstwirksamkeit, in Anlehnung an Bandura (2006) auf einer 11stufigen Skala ein. In einer Pilotstudie mit 105 pädagogischen Fachkräften zeigte sich der Fragebogen als reliables Messinstrument. Konfirmatorische Faktorenanalysen bestätigten, dass die Selbstwirksamkeitsüberzeugungen bezüglich der drei Bildungsbereiche eigenständige Faktoren darstellen. Eine einfaktorielle ANOVA mit Messwiederholung zeigte, dass sich die Fachkräfte in der Förderung der verschiedenen Bereiche als unterschiedlich selbstwirksam einschätzten (F(1.61, 167.44) = 25.77, p < .001). Dabei schätzten sie sich in Bezug auf die Förderung sprachlicher (M = 8.14) und sozial-emotionaler (M = 7.95) Kompetenzen ähnlich selbstwirksam ein (p = .185), in Bezug auf die Förderung mathematischer (M = 7.21) Kompetenzen hingegen niedriger (p < .001). Ausgehend von diesen Ergebnissen ist für die Hauptuntersuchung zu erwarten, dass sich mit dem Fragebogen die Selbstwirksamkeitsüberzeugungen der Fachkräfte in den drei Bildungsbereichen reliabel erfassen lassen und sich die befragten pädagogischen Fachkräfte in den unterschiedlichen Bereichen unterschiedlich, insgesamt aber sehr selbstwirksam erleben. Außerdem ist zu erwarten, dass sich die in der Hauptstudie befragten Fachkräfte anhand einer Latenten Klassenanalyse in mindestens drei Klassen einteilen lassen. In dem Vortrag werden die Merkmale dieser Klassen und relevante Prädiktoren vorgestellt und ihre Bedeutung diskutiert. Ein besonderer Fokus liegt dabei auf dem Zusammenhang der Selbstwirksamkeitsüberzeugungen mit der Umsetzung von Fördermaßnahmen. ID: 305 Poster Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft, Soziologie Thematisches Cluster: Bildungsgerechtigkeit/ Migration, Hochbegabung Stichworte: Begabungsentwicklung, Leistungsexzellenz, Bildungsaufstieg, Biografieforschung, Bildungsgerechtigkeit Begabungsentwicklung und soziale Ungleichheit. Biografien leistungsexzellenter Studierender aus bildungsfernen Familien. Eva Moser Universität Leipzig, Deutschland Begabungsentwicklung und Bildungserfolg sind in Deutschland in hohem Maße mit der sozialen Herkunft einer Person korreliert – das zeigen mittlerweile zahlreiche nationale und internationale Studien (Überblick bei Becker & Lauterbach, 2010). Dieser Zusammenhang weist darauf hin, dass es dem deutschen Bildungssystem nicht in ausreichendem Maße gelingt, eine chancenfaire Begabungsförderung im Sinne des meritokratischen Versprechens der modernen Leistungsgesellschaft umzusetzen. Damit trägt es Reproduktion sozialer Ungleichheiten in der Gesellschaft bei (Geißler, 2012). Die Mechanismen, die hinter der Entstehung von Ungleichheit im Bildungssystem stehen, sind vielfältig und komplex, wie eine verhältnismäßig breite Befundlage zeigt (Becker, 2011; Maaz et al., 2010; Stamm, 2007). Über Bedingungen, die zur Überwindung dieser Mechanismen beitragen, steht dagegen bisher nur wenig empirisch fundiertes Wissen zur Verfügung. Dieser Forschungslücke zu begegnen, war Ziel dieser Untersuchung. Begabung wurde im Anschluss an Heinrich Roth (1967a, b) und die Arbeiten des "Gadheimer Kreises" als die Möglichkeit einer Person, zu einem bestimmten Zeitpunkt in einer bestimmten Domäne eine bestimmte Leistung zu erbringen und damit gleichzeitig als Ergebnis und Voraussetzung eines dynamischen Entwicklungsprozesses verstanden (Müller-Oppliger, 2011 a, b; Hoyer, 2012; Weigand, 2012 a, b). Dieser wiederum umfasst nicht nur auf Akkumulation domänenspezifischen Wissens und Könnens ausgerichtete Lernprozesse, sondern entfaltet sich im Sinne eines erweiterten Lernbegriffs (Göhlich & Zirfas, 2007) in der lebenslangen Auseinandersetzung der Person mit sich selbst, der Welt und Anderen. Die Forschungsfrage „Wie gelingt es manchen bildungsfernen Studierenden entgegen der statistischen Wahrscheinlichkeit, Begabungen zu entwickeln und exzellente Leistungen in einer akademischen Domäne zu erzielen?“ zielte also darauf ab, Begabungsentwicklung entlang der Aufschichtung subjektiv bedeutsamer, biografischer Erfahrungen und darin sichtbarer Veränderungen individueller Selbst- und Weltverhältnisse zu rekonstruieren sowie den Prozess in seinen verschiedenen Phasen nachzuvollziehen (Ecarius, 2006; Koller, 2012; Marotzki, 2006). Das Augenmerk lag dabei insbesondere auf den Interdependenzen subjektiver und objektiver Bedingungen sowie sozialer Konstellationen und Interaktionszusammenhänge, die Begabungsentwicklung unter den Bedingungen sozialer Benachteiligung ermöglichen. Um das Untersuchungsziel zu erreichen und die Forschungsfrage zu beantworten, wurden sechs narrative Interviews (Schütze, 1983) mit Studierenden aus bildungsfernen Familien geführt. Die Interviews wurden mit der Dokumentarischen Methode ausgewertet, da diese in besonderer Weise geeignet ist, um Veränderungen von Welt- und Selbstverhältnissen und deren biografische Verarbeitung sichtbar zu machen (Bohnsack et al., 2013; Nohl, 2012). Die Analyse erbrachte Hinweise darauf, dass überdurchschnittliche Studienleistungen von Studierenden aus bildungsfernen Familien auf einen Prozess der Begabungsentwicklung zurückzuführen sind, der einerseits von einer Distanzierung vom Herkunftsmilieu, andererseits vom Erwerb domänenspezifischer Expertise geprägt ist. Die komparative Vorgehensweise der Dokumentarischen Methode ermöglichte dabei die Rekonstruktion zweier typischer Prozessformen, nämlich des Typus der sukzessiv-pragmatischen Begabungsentwicklung und des Typus der reflexiv-emanzipatorischen Begabungsentwicklung. Über diese eher globale Charakterisierung zwei verschiedener Formen der Begabungsentwicklung hinaus, konnten unabhängig von fallspezifischen Besonderheiten drei typische Phasen der Begabungsentwicklung, nämlich eine Phase der Orientierung, eine Phase der Stabilisierung und eine Phase der Etablierung, rekonstruiert werden, die zur Spezifizierung der rekonstruierten Prozessformen innerhalb der einzelnen Phasen beitrugen. Über alle Fälle hinweg ließ sich darüberhinaus hohe subjektive Bedeutsamkeit für folgende soziale Konstellationen und Interaktionszusammenhängen hinsichtlich der Begabungsentwicklung rekonstruieren: Zum einen scheint frühe Autonomie, die Eltern ihren Kindern in schulischen Angelegenheiten, bei gleichzeitig relativ hohem Vertrauen in deren Fähigkeiten, gewähren, wichtig zu sein. Zum anderen stellten sich Peers in allen Phasen der Begabungsentwicklung als bedeutend heraus. Sie können soziale Eingebundenheit und Orientierung bieten, Standards und Ziele setzen und dabei helfen effektivere Handlungsstrategien im Hinblick auf die Bewältigung institutioneller Anforderungen zu entwickeln. Als weiterer wichtiger Aspekt im Hinblick auf die Begabungsentwicklung bei benachteiligten Studierenden wurden begabungsförderliche Strukturen und Interaktionsmuster in Bildungsinstitutionen identifiziert. Insbesondere ein offenes, Teilhabe, Interaktion und vor allem Selbstbestimmung ermöglichendes Lehr-Lernklima, kann dazu beitragen Lernen in einen Sinn- und Bedeutungszusammenhang zu stellen, in dem Bildung als Entwicklungsmöglichkeit gedacht und aktiv verfolgt werden kann. ID: 313 Poster Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft, Soziologie, Lehrerbildung Thematisches Cluster: Bildungsgerechtigkeit/ Migration, Hochschulbildung, Lehrer(aus)bildung Stichworte: Studienfachwahl, Motive, Fachkultur, soziale Ungleichheit Distinktion durch Studienfachwahlmotive und Zwecksetzungen des Hochschulstudiums von Studierenden unterschiedlicher Fachkulturen Rheinländer Kathrin1, Thomas Fischer1, Bach Andreas2 1 Europa-Universität Flensburg, Deutschland; 2Paris Lodron Universität Salzburg Übergänge sind ein zentrales Thema der empirischen Bildungs- wie der sozialen Ungleichheitsforschung. Einigkeit besteht auf der Grundlage der vorliegenden Untersuchungen darüber, dass der Zugang zur Hochschule in Zusammenhang mit der sozialen Herkunft der Studienberechtigten steht (vgl. Becker & Hecken 2008; Lörz & Schindler, 2011; Maaz, 2006; Schindler, 2014). Dieser Befund dokumentiert sich empirisch zum einen in der ‚Ablenkung‘ von bildungsfernen bzw. statusniedriegen Studienberechtigten in eine nicht-akademische Berufsausbildung sowie andererseits in der ‚Umlenkung‘ dieser Gruppen in prestigeniedriegre tertiäre Institutionen wie Fachhochschulen und Berufsakademien (Hillmert & Jacob 2003; Müller & Pollak, 2004; Becker & Hecken, 2008; Lörz, 2012), sowie nicht-exklusiven (Massen-)Colleges (vgl. Hearn, 1991; Davies & Guppy, 1997; Karen, 2002). Die Frage nach der Studienfachwahl, die sich aus konflikt,- werterwartungs- und interessentheoretischer Perspektive (vgl. u. a. Bourdieu, 1987; Bourdieu & Passeron, 1979; Boudon, 1974; Holland 1997) als neuralgischer Punkt für die Reproduktion sozialer Ungleichheit in der Lebensspanne konzeptualisieren lässt, ist hingegen auf der Basis der bestehenden empirischen Forschungsarbeiten widersprüchlich. Einige Untersuchungen gelangen zu dem Ergebnis, dass die Studienfachwahl tendenziell schichtinvariant ist (vgl. z. B. Davies & Guppy 1997; Georg, 2005; Windolf, 1992) und mehr durch individuelle Motivstrukturen (Georg, 2005), sozialisierte Werte und Normen (Windolf, 1992), der Geschlechtszugehörigkeit (Davies & Guppy, 1997) sowie Leistungsdispostionen (Davies & Guppy, 1997) erklärt werden kann. Andere Studien identifzieren die Studienfachwahl theoriekonform als Mechanismus der Kultur- bzw. Statusreproduktion (vgl. Lörz, 2012) und betonen folglich den Einfluss der sozialen Herkunft der Studierenden bzw. Studienberechtigten auf die gewählten Fächer bzw. die gemessenen Studienwahlpräferenzen - sowie den mit diesen Feldern korrespondierenden alltagsästhetischen antizipierten Präferenzen (Becker, Haunberger & Schubert, 2010; Lörz, 2012; Meulemann, 1991; Reimer & Pollak, 2010, Preißer, 1989). Die verschiedenen Ergebnisse synthetisierend gefasst, bleibt die Frage nach Studienwahlmotiven und dem erwarteten Nutzen eines Hochschulstudiums der Studienberechtigten bzw. Studierenden virulent, da der Prozess der Studienfachwahl von individuellen Motiven, Interessen und Fähigkeiten geleitet wird (vgl. Nagy, 2006), deren Abhängigkeit vom Bildungshintergrund respektive der sozialen Schichtung der Studiereren bzw. Studierenberechtigkten das Zentralproblem der eingeleiteten Diskussion darstellt (vgl. Georg, 2005; Windolf, 1992) und damit letztlich auf die soziale Distanz zum System der höheren Bildung rekurriert wird. Bargel und Bargel (2010) beschreiben die von den Studierenden getroffenen Zwecksetzungen als Teil des sozialen Kapitals, das als relevante Ressource zur Bewältigung des Studiums gilt (S. 9) und unterteilen dieses in (a) allgemeine kulturelle Bildung, (b) berufliche Qualifizierung sowie (c) materiellen Gratifikationen (Bargel & Bargel, 2010, S. 11 f.). Sie konstatieren, dass „materielle Chancen“ als Nutzen des Studiums durch untere Schichten stärker hervorgehoben, wohingegen „kulturelle Zugewinne“ weit mehr von Angehörigen höherer Schichten betont werden. Auch für die Studienmotive (S. 11) fokussieren die Studierenden aus der Arbeiter- und Grundschicht häufiger materielle Motive eines guten Einkommens und beruflicher Sicherheit. Oechsle und Hessler (2012, S. 226) postulieren in einer qualitativen Untersuchung zum Verhältnis von Studium und Beruf, dass Studierende von Eltern mit einem Hochschulabschluss die Autonomie der Wissenschaft stärker betonen, während Studierende aus nicht-akademischen Elternhäusern die Aufgaben der Berufsqualifizierung durch die Universität hervorheben. Der vorliegende Beitrag greift die widersprüchliche Befundlage auf verfolgt die Fragestellung, ob und in welchem Ausmaß sich Studierende mit Distanz zu höheren Bildung in den Zwecksetzungen und Studienwahlmotiven unterscheiden. Die empirische Datenbasis bildet das 12. Studierendensurveys (N= 4.884). Hierzu werden aus den Befunden von Bargel und Bargel (2010) sowie Oechsle & Hessler (2012) deduzierte Hypothesen für Studierenden mit bzw. ohne akademischen Bildungshintergrund geprüft (T-Test). In einem zweiten Schritt wird varianzanalytisch untersucht, ob sich die Ergebnisse für verschiedene Fachkulturen unterscheiden. Die Ergebnisse verweisen einerseits auf fachkulturelle Differenzen und in der Konsequenz andererseits darauf, dass theoretisch binäre Relationen nicht hinreichend sind, Studienfachwahlmotive empirisch zu beschreiben. ID: 316 Poster Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft, Didaktiken der Naturwissenschaften und Technik Thematisches Cluster: Bildung im Sekundarbereich, Lehrer(aus)bildung, Mathematisch-naturwissenschaftlicher Unterricht Stichworte: Lehrkräfte; naturwissenschaftlicher Unterricht; Technik; Eigenschaften von Lehrkräften beim Einsatz eines technischen Messgeräts im naturwissenschaftlichen Unterricht Inga Simm, Anja Schiepe-Tiska, Manfred Prenzel Technische Universität München, Deutschland Der Auftrag schulischer Bildung ist die Vorbereitung auf die erfolgreiche Teilhabe an gesellschaftlichen Prozessen (Benner & Tenorth, 1996). Kritisches Denken, problemlösungsorientiertes Vorgehen und kooperatives Arbeiten sind daher zunehmend Kernkompetenzen, um in der heutigen komplexen und technologischen Welt erfolgreich zu sein (Plomp, 2013). Es muss daher der Auftrag von Schulen sein diese Kompetenzen schon im frühen Alter zu fördern. Zur Förderung dieser Kompetenzen bei Schülerinnen und Schülern zeigt die Unterrichtforschung, dass sich insbesondere authentische Problemsituationen eignen, die eng mit der Erfahrungswelt der Schülerinnen und Schüler verbunden sind (Häusler et al., 1998). Besonders wirkungsvoll fürs Lernen sind diese Situationen, wenn Schülerinnen und Schüler daran aktiv und kooperativ arbeiten (vgl. Kobarg, Altmann, Wittwer, Seidel, Prenzel, 2008). Im naturwissenschaftlichen Unterricht bieten Experimente hohes Potenzial diesen Herausforderungen zu begegnen, da sie den Schülerinnen und Schülern die Möglichkeit bieten aktiv den Prozess des wissenschaftlichen Vorgehens zu gestalten und eigene Schlüsse auf Grundlage der Experimente zu ziehen (Hofstein et al., 2005). Studien zeigen jedoch, dass Experimente in den Unterricht eingebettet sein und sowohl Struktur als auch Wahlmöglichkeiten bieten müssen (Seidel, Prenzel, Rimmele, Dalehefte, Herweg, Kobarg et al., 2006). Für dieses Vorgehen können technische Messgeräte wichtige Tools sein, da sie Schülerinnen und Schülern im Prozess des Experimentierens Bezugspunkte für kritische Diskussionen und Entscheidungen liefern und gleichzeitig einen thematischen Rahmen abstecken. Wie momentane Befunde großer Schulstudien zum Einsatz von Computern im naturwissenschaftlichen Unterricht zeigen, ist der Einsatz von Technologien im Unterricht in Deutschland immer noch unterdurchschnittlich im Vergleich zu anderen Ländern (Bos, Eickelmann, Gerick, Goldhammer, Schaumburg, Schwippert, et al., 2014). Mögliche Gründe hierfür können neben den schulischen Rahmenbedingungen und Schülervoraussetzungen, auch fehlendes Wissen über Technologien und der pädagogischen Vermittlung dieser auf Seiten der Lehrkräfte sein (Law & Chow, 2008). Beim Einsatz von technischen Messgeräten könnte insbesondere die Technikbereitschaft, die Einstellung zu innovativen Lehr- und Lernmethoden, sowie der inhaltliche Nutzen des Messgeräts eine Rolle spielen. Bisher ist darüber jedoch noch wenig bekannt. Im folgenden Beitrag wird daher der Frage nachgegangen inwieweit die Technikbereitschaft, die Vertrautheit mit kooperativen und schüleraktiven Lehrmethoden, sowie der Nutzen des Messgeräts für den Unterricht bei Lehrkräften die ein technisches Messgerät im Unterricht einsetzen ausgeprägt ist. Darüber hinaus wird nach der Art und dem Umfang der schüleraktiven und kooperativen Lehr- und Lernmethoden beim Einsatz des Messgeräts gefragt. In der folgenden Querschnittsstudie erhielten MINT-Lehrkräfte das Angebot ein technisches Messgerät für den Einsatz im Unterricht zu leihen. Das technische Gerät diente der Messungen ergonomischer Bedingungen am Arbeitsplatz und bot Lehrkräften damit Anknüpfungsmöglichkeiten im naturwissenschaftlichen Fachunterricht, sowie im fächerübergreifenden oder projektbasierten Unterricht. Die Lehrkräfte setzten das Messgerät sowohl an Gymnasien, Realschulen und Mittelschulen in 5.10. Klassen ein. Im Anschluss an den Einsatz wurden die Lehrkräfte zu Eigenschaften ihrer Person und des durchgeführten Unterrichts befragt. Der dafür entwickelte Fragebogen umfasst Skalen zur Technikbereitschaft, der Belastung durch schlechte ergonomische Bedingungen und ihrer Einstellung zu innovativen Lehr- und Lernmethoden, sowie zum Umfang von schüleraktiven und kooperativen Lehr- und Lernmethoden im durchgeführten Unterricht mit dem technischen Messgerät. Zunächst zeigt sich, dass das Messgerät häufiger im Fachunterricht als im fächerübergreifenden oder projektbasierten Unterricht angewendet wird. Erste Ergebnisse weisen darauf hin, dass die Lehrkräfte, welche das Messgerät eingesetzt haben, eine hohe Technikbereitschaft aufweisen. Darüber hinaus lassen die Ergebnisse vermuten, dass auch der thematische Schwerpunkt und die Einstellung zu innovativen Lehr- und Lernmethoden eine wichtige Rolle für den Einsatz des Messgeräts spielt. Insgesamt wird das Messgerät jedoch sowohl mit kooperativen und schüleraktiven Lehr- und Lernmethoden als auch ohne diese im Unterricht genutzt. Die Ergebnisse geben damit wichtige Hinweise auf die Konzeption und den fundierten Einsatz von Messgeräten im Unterricht. ID: 318 Poster Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft, Wirtschafts- und Berufspädagogik, Sonstige Didaktiken Thematisches Cluster: Berufliche Bildung, Kompetenzdiagnostik/ Kompetenzentwicklung, Unterrichtsentwicklung/ Unterrichtsqualität Stichworte: systemisches Denken, landwirtschaftlicher Fachunterricht, Interventionsstudie, komplexe interdependente Probleme Systemisches Denken als Chance zur Förderung der Problemlösekompetenz im agraren Fachunterricht nutzen Eva-Maria Alfing Humboldt-Universität zu Berlin, Deutschland Systemisches Denken ist in vielen wissenschaftlichen Disziplinen etabliert, weshalb unterschiedliche Definitionen existieren. OSSIMITZ (2000) hat versucht aus den unterschiedlichen Ansätzen eine Definition aufzustellen, die vier Dimensionen umfasst: 1. Vernetztes Denken: Denken in Rückkopplungskreisen 2. Dynamisches Denken: Denken in Zeitabläufen 3. Denken in Modellen 4. Systemgerechtes Handeln. Dabei müssen die Dimensionen immer zusammen betrachtet werden, damit ein breites Verständnis von systemischem Denken entsteht (OSSIMITZ 2000). Systemisches Denken ist ein Versuch das Alltagsgeschehen, Kultur- und Naturphänomene, die Welt als ein Zusammenspiel der Elemente und Erscheinungen in einem Ganzen zu sehen (BOLLMANN- ZUBERBÜHLER et al. 2010). Zu den Merkmalen systemischen Denkens gehören der Perspektivenwechsel, die Erkenntnis, dass verschiedene Wege zum Ziel führen und die Betrachtung der Details in einen größeren Kontext, um sie besser verstehen zu können sowie die Berücksichtigung der Wechselwirkungen zwischen den Systemen (BOLLMANN-ZUBERBÜHLER et al. 2010). Für den Bereich der Agrarwissenschaften ist systemisches Denken von besonderer Bedeutung, da viele Systeme und Subsysteme ineinandergreifen und Wechselwirkungen und Rückkopplungen aufzeigen, die im Fokus des systemischen Denkens stehen. Jedes System weist eine Eigendynamik und Zeitverläufe auf, die bei der Problemlösung berücksichtigt werden müssen (ALFING 2015). In der Landwirtschaft treten stetig neue komplexe interdependente Probleme z.B. durch die sozio-ökonomischen, technischen und gesetzlichen Änderungen auf. Diesen Herausforderungen müssen Landwirte und landwirtschaftliche Auszubildende gerecht werden. Da bei jedem Lösungsversuch in das Gesamtsystem eingegriffen wird und die Ordnung und Struktur der Systeme und Systemvariablen verändert wird, ist eine Förderung systemischen Denkens in der landwirtschaftlichen Ausbildung von großer Relevanz. Nur so erkennen die Auszubildenden welche Auswirkungen ihre Lösungen der Probleme auf das Gesamtsystem haben. In dem Forschungsprojekt wird der Fragestellung nachgegangen inwieweit ein auf systemisches Denken ausgerichteter Unterricht zur Kompetenzentwicklung beiträgt. Dabei soll die Hypothese überprüft werden, dass landwirtschaftliche Auszubildende durch eine Intervention die Fähigkeit zum systemischen Denken erlernen können bzw. systemisches Denken gefördert werden kann. Damit die Ausgangsfrage beantwortet werden kann, ist ein Versuchs-Kontrollgruppen-Design mit Prä-Post-Post-Test geplant. In der Versuchsgruppe wird eine Intervention zum systemischen Denken im Umfang von ca. 10 Unterrichtsstunden zum Thema „Inhaltsstoffe des Futters und fütterungsbedingte Krankheiten“ bei landwirtschaftlichen Auszubildenden des dritten Ausbildungsjahres durchgeführt. Die Unterrichtseinheit enthält Methoden durch die das systemische Denken erlernt bzw. gefördert wird. Diese sind zum Beispiel die Szenariotechnik, Schnappschussmethode, Perspektivenwechsel (KRIZ/GUST 2013), das Zeichnen von system tools oder Aufzeigen von Wechselwirkungen (PONTO/LINDER 2011). Die Kontrollgruppe wird weiterhin nach herkömmlicher Art unterrichtet. Durch das Prä-Post-Post-Test-Design soll die Nachhaltigkeit der Intervention und letztlich bewiesen werden, dass systemisches Denken durch gezielten Unterricht erlernt bzw. gefördert werden kann. Die Tests sind teils als Multiple-Choice und teils als offene Fragen aufgebaut. Bei den einzelnen Aufgaben werden die Auszubildenden aufgefordert Wechselwirkungen zwischen Systemen einzuzeichnen oder anhand eines beschriebenen Textes die richtigen Prognosen zu treffen. Bei den Aufgaben stehen immer drei Antwortalternativen zur Verfügung, von denen eine richtig ist. Die Datenanalyse erfolgt bei Normalverteilung der Datenbasis mittels T-Test und varianzanalytischer Verfahren. Ein leitfadengestütztes Interview am Ende der Intervention mit dem jeweiligen FachlehrerIn, der/die Intervention durchgeführt hat, soll die statische Auswertung unterstützen. Die Interviews werden nach der qualitativen Inhaltsanalyse (MAYERING 2015) ausgewertet. Die ersten Ergebnisse der Studie liegen ab Januar 2016 vor. Es wird erwartet, dass systemisches Denken bei landwirtschaftlichen Auszubildenden gefördert werden kann. ID: 337 Poster Disziplinen-Cluster: Didaktiken der Naturwissenschaften und Technik, Lehrerbildung Thematisches Cluster: Lehrerexpertise, Vorschulische Bildung Stichworte: Elementarbereich, Conceptual Change, Überzeugungen, Basiswissen, aktionsbezogene Kompetenzen Überzeugungen, Basiswissen und aktionsbezogene Kompetenzen von pädagogischen Fachkräften bzgl. Conceptual Change Miriam Leuchter1, Ueli Studhalter2, Annette Tettenborn3, Henrik Saalbach4 1 Westfälische Wilhelms-Universität Münster, Deutschland; 2ETH Zürich, Schweiz; 3PH Luzern, Schweiz; 4Universität Leipzig, Deutschland Theoretischer Hintergrund Wichtige Facetten der professionellen Kompetenz von Lehrpersonen sind unter anderem lehr- lerntheoretische Überzeugungen. Diese werden als subjektive Annahmen und Wertvorstellungen definiert (Kunter & Pohlmann, 2015; Reusser et al., 2014) und wirken als Filter für Unterrichtshandlungen (Levin, 2015). Weitere, fachdidaktische Facetten sind Basiswissen und aktionsbezogene Kompetenzen (Lindmeier, 2011). Unter Basiswissen werden Fachwissen und fachdidaktisches Wissen zusammengefasst. Um das „Handeln unter Druck“ (Wahl, 1991) im Unterricht zu bewältigen, benötigen Lehrpersonen aktionsbezogene Kompetenzen. Es wird davon ausgegangen, dass Überzeugungen, Basiswissen und aktionsbezogene Kompetenzen reziprok verknüpft sind (Buehl & Beck, 2015). Lehrpersonen im naturwissenschaftlichen Bereich sollten über Überzeugungen, Basiswissen und aktionsbezogene Kompetenzen bzgl. „Conceptual Change“ verfügen und diesen in ihren Unterrichtshandlungen anregen. Dadurch wird die Ausdifferenzierung und Umstrukturierung naiver Vorstellungen hin zu flexiblen und vernetzten Konzepten möglich (Brown & Hammer, 2008; Schneider et al., 2012). Allerdings haben Studien gezeigt, dass Lehrpersonen gerade im naturwissenschaftlichen Bereich über verhältnismäßig wenig Kompetenzen diesbezüglich verfügen (Appleton, 2008; Möller et al., 2006). Bislang ist ungeklärt, ob und inwiefern dies ebenso für pädagogische Fachkräfte gilt. Fragestellungen 1. Über welche Überzeugungen, über welches Basiswissen und über welche aktionsbezogenen Kompetenzen verfügen pädagogische Fachkräfte bezogen auf Conceptual Change? 2. Lassen sich bei pädagogischen Fachkräften Zusammenhänge zwischen Überzeugungen, Basiswissen und aktionsbezogenen Kompetenzen nachweisen? Methoden Folgende lerntheoretische Überzeugungen wurden mit 35 Items von 96 pädagogischen Fachkräften erfasst: Lernen ist zu verstehen als …Conceptual Change, …Entwicklung eigener Deutungen, …Selbstbildung, …Spiel (5-stufige Likert-Skala). Das Basiswissen zum Conceptual Change im Lernbereich „Schwimmen und Sinken“ wurde mit 19 Items ermittelt (Patial Credit, prozentualer Summenscore). Die aktionsbezogenen Kompetenzen wurden bei einer Substichprobe von 33 pädagogischen Fachkräften im Kontext „Schwimmen und Sinken“ auf der Basis von 40-Minuten-Videos aufgezeichnet. Das Kodierschema ist auf die verbale Lernunterstützung fokussiert (IRR: Cohen’s Kappa=.78). Die Kodierung umfasst: Prozeduren erklären, Aufmerksamkeit fokussieren, Vorwissen aktivieren und Conceptual Change herausfordern sowie die Verwendung fachbezogener Begriffe. Ergebnisse Die lerntheoretische Überzeugung Conceptual Change ist am geringsten, (M=2.97, SD=.61), Spiel hingegen ist am höchsten ausgeprägt (M=4.38, SD=.57). Dazwischen finden sich Entwicklung eigener Deutungen (M=3.96, SD=.55) und Selbstbildung (M=3.43, SD=.57). Das Basiswissen zum Conceptual Change ergibt mit M=59.66 (SD=17.2) einen Wert leicht über dem erreichbaren Mittel. Die Klärung von Prozeduren (M=39.3, SD=8.4) sowie die Fokussierung der Aufmerksamkeit (M=14.2, SD=6.8) nehmen in der Praxis einen großen Stellenwert ein. Vorwissen aktivieren (M=12.3, SD=5.4), sowie Conceptual Change herausfordern (M=14.5, SD=9.0) treten etwa gleich oft auf. Die pädagogischen Fachkräfte verwenden etwas seltener fachbezogene Begriffe (M= 11.9, SD= 9.1). Das Basiswissen der pädagogischen Fachkräfte korreliert mit den aktionsbezogenen Kompetenzen Conceptual Change herausfordern (r=.38, p<.05) und der Verwendung fachbezogener Begriffe (r=.38, p<.05). Die Verwendung fachbezogener Begriffe korreliert wiederum mit der Überzeugung, Lernen sei Conceptual Change (r=.37, p<.05). Die Überzeugung, Lernen sei die Entwicklung eigener Deutungen, korreliert mit aktionsbezogenen Kompetenz Conceptual Change herausfordern (r=.45, p<.00) Diskussion Pädagogische Fachkräfte verstehen Lernen weniger als Conceptual Change denn als Spiel. Dies kann mit ihrer Ausbildung einhergehen, bei der nicht anzunehmen ist, dass sie Wissen über Conceptual Change erwerben. Dennoch zeigt sich, dass sie – auch wenn sie altersgerecht oft Prozeduren klären und die Aufmerksamkeit fokussieren, zu einem beträchtlichen Ausmaß das Vorwissen der Kinder aktivieren und Conceptual Change bei den Kindern herauszufordern versuchen. Die Zusammenhänge zwischen den Überzeugungen, dem Basiswissen und den aktionsbezogenen Kompetenzen zeigen einen Zusammenhang zwischen Komponenten, die für das Konstrukt des Conceptual Change eine große Bedeutung haben. Hinsichtlich der Ausbildung pädagogischer Fachkräfte lässt sich der Schluss ziehen, dass sich der Aufbau von Basiswissen lohnt, da er sowohl mit der Verwendung fachbezogener Begriffe als auch mit der Herausforderung von Conceptual Change im Umgang mit den Kindern zusammenhängt. ID: 346 Poster Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft, Sonderpädagogik, Lehrerbildung Thematisches Cluster: Inklusion, Lehrerexpertise, Schulentwicklung Stichworte: Inklusion, Kooperation, Zwei-Pädagogen-System, Schulentwicklung Teamteaching im inklusiven Unterricht: Welche Qualität hat multiprofessionelle Kooperation im Unterricht? Stefanie Czempiel1, Bärbel Kracke1, Sabine Sommer2, Ada Sasse2 1 Friedrich-Schiller-Universität Jena, Deutschland; 2Humboldt-Universität zu Berlin Vor dem Hintergrund der UN-Behindertenrechtskonvention, die seit 2009 in Deutschland rechtswirksam ist, verändern sich Schule, Unterricht und das professionelle Lehrerhandeln grundlegend (Moser, 2013). Eine der relativ neuen Herausforderungen für Lehrerinnen und Lehrer ist dabei die Kooperation mit anderen Pädagoginnen und Pädagogen in der Planung, Durchführung und Reflexion von Unterricht in heterogenen Lerngruppen. Forschungsergebnisse zeigen, dass die Qualität der Kooperation von Pädagoginnen und Pädagogen das Gelingen von Inklusionsprozessen erheblich beeinflusst (Kreie, 2009; Löser, 2013). Im inklusiven Unterricht kann multiprofessionelle Kooperation unterschiedliche Funktionen und Ausprägungen haben. Im Kontext schulischer Inklusion ist allerdings bisher wenig erforscht, wie die Kooperationsbeziehungen zwischen den Pädagoginnen und Pädagogen unterschiedlicher Professionen auf Unterrichtsebene ausgestaltet werden. Es liegen zwar einige Untersuchungen vor, die sich auf Daten aus Fragebögen (Gebhard et al., 2014; Kreis et al. 2014) oder Interviews (Arndt & Werning, 2013), also auf Selbstauskünfte, stützen. Objektive Beobachtungsdaten fehlen bislang jedoch völlig. Im Rahmen der Expertise „Gemeinsamer Unterricht im Kontext von Schul- und Unterrichtskultur in der Stadt Jena“ wurden im Sommer 2013 Unterrichtsbeobachtungen an insgesamt 26 Grundschulen, Gemeinschaftsschulen und Gymnasien durchgeführt. Jena kann im bundesdeutschen Kontext als modellhafte Kommune betrachtet werden, die bereits im Schuljahr 2013/14 einen sehr hohen Inklusionsanteil von 80% erreicht hat. Aus verschiedenen Datenquellen (amtliche Schulstatistik, Interviews, Unterrichtsbeobachtungen, Lehrerfragebögen) wurde eine Einschätzung des Entwicklungsstandes im Hinblick auf Inklusion auf der Ebene der jeweiligen Einzelschule vorgenommen. Von insgesamt 239 beobachteten Unterrichtssequenzen waren in 33 Sequenzen (14%) je eine Lehrerin und eine Sonderpädagogin gleichzeitig in der Klasse tätig. Die vorliegende Analyse bezieht sich auf 76 Unterrichtssequenzen (33%), in denen neben der Lehrerin je eine Integrationshelferin als zweite Pädagogin tätig war. Die beobachteten Kooperationsformen wurden zunächst offen notiert. Anschließend wurden die Tätigkeiten der zweiten Pädagogin als Gruppenbezug, Einzelbezug oder eine Mischform kategorisiert. Uns interessiert die Frage, wie die Kooperationsformen verteilt sind und welche Qualität der im Unterricht beobachteten Kooperationsformen an Schulen mit entwickeltem inklusiven Unterricht zu finden ist. Zunächst zeigt sich, dass der Gruppenbezug die am seltensten beobachtete Kooperationsform ist. Darüber hinaus zeigt sich, dass Zusammenhänge zwischen dem Entwicklungsstand der Einzelschule in Bezug auf Inklusion und der Qualität der Kooperation auf Unterrichtsebene bestehen. Die Hypothese, dass in weit entwickelten, inklusionskompetenten Schulen intensivere, gruppenbezogene Kooperationsformen der Pädagoginnen und Pädagogen im Unterricht gepflegt werden, scheint bestätigt zu werden. Die Ergebnisse dieser Untersuchung geben Hinweise zur kooperationsbezogenen Professionalisierung von Lehrkräften in den drei Phasen der Lehrerbildung und darüber, wie Schulen in der Umsetzung und Weiterentwicklung von Inklusionsprozessen unterstützt werden können. ID: 350 Poster Disziplinen-Cluster: Psychologie Thematisches Cluster: Selbstreguliertes Lernen, Lernen mit Computer und neuen Medien, Motivation und Emotion Stichworte: Desirable Difficulties, Mood, Need for Cognition, Multimedia Learning Do I have to be in a good mood? The interaction of mood and learning with inference prompts Sabrina Dominique Navratil, Tim Kühl, Stefan Münzer Universität Mannheim, Deutschland Theoretical Background. There are many researchers focusing on optimal learning material to promote deeper cognitive processing. So-called ‘desirable difficulties’, constrain the learner to deal with learning material more intensively resulting in increased long-term retention and learning transfer. A fundamental idea is that factors having an effect on learning processes also show an effect on later performance. So, instead of generating learning material that eases comprehension and processing demands (Sweller, 1999), learning material should contain challenges (i.e. answering inference prompts) providing that learners have to focus on it more intensively and actively. A further important factor is the ‘mood’ of the learner itself. It influences selfregulated learning and motivation which therefore affect academic achievement (Pekrun, 2006). According to the ‘dual-forcemodel’ (Fiedler, 1990; Fiedler, Nickel, Asbeck, & Pagel, 2003), positive mood may function as a motivational factor and leads to more creativity, productive problem-solving and cognitive flexibility. In contrast, negative mood may function as an analytical factor and enhance more careful stimulus assessment, and decision-making based on more piecemeal information search. Besides, learners’ need for cognition, which is the extent to which learners are bent on doing effortful cognitive activities, has to be considered. Hypotheses. An interaction between mood (positive vs. negative) and desirable difficulty (no inference prompts vs. inference prompts) is hypothesized: Learning with inference prompts (vs. learning without them) should lead to deeper understanding of the content because of the active learning process. Furthermore, learning in a positive mood is expected to lead to higher learning motivation and more problem-solving processes. Therefore, learners in positive mood learning with inference prompts should show better performance in learning outcomes than learners in positive mood without inference prompts. Beyond, learning in negative mood is assumed to lead to more methodological thinking and to enhance detailed-oriented processes. Consequently, learners in negative mood learning without inference prompts should show better performance in learning outcomes compared to learning with inference prompts. Besides, learners’ need for cognition should show an effect on their learning outcome performance. Methods. In a 2x2-design with ‘mood’ and ‘desirable difficulty’ as independent variables, university-students (N = 107) were randomly assigned to one of four conditions. Mood was induced by a valence-loaded film segment. The learning material dealt with the several phases of cell division (mitosis) and was presented in a multimedia format (text paragraphs and corresponding pictures). Text paragraphs in the inference prompts condition contained less information than in the no inference prompts condition, as learners in the first condition were instructed generating these most important concepts on their own by work on the inference prompts. Learning outcomes of a verbal factual knowledge test and a transfer test served as dependent variable. Results. A two-way ANCOVA was conducted with mood and desirable difficulty as independent variables, learning outcome as dependent variable, controlled by need for cognition as covariate. No main effects of mood, desirable difficulty and need for cognition were found (p > .05). However, the interaction between mood and desirable difficulty was significant F(1, 99) = 3.99, p < .05, ŋ² = .04. Post hoc analyses employing Bonferroni correction revealed that learners in positive mood learned significantly better with inference prompts (M = 14.23, SD = 1.20) than without inference prompts (M = 10.78, SD = 1.21) (p < .04). Furthermore, post hoc analyses showed that learners in a negative mood who learned without inference prompts (M = 13.96, SD = 1.23) outperformed marginal significantly learners in a positive mood (M = 10.78, SD = 1.21) (p = .07). The moderator role of mood during learning processes and the effect of mood on inference prompts performance will be discussed in more detail. ID: 362 Poster Disziplinen-Cluster: Psychologie Thematisches Cluster: Grundschulbildung, Hochbegabung, Trainings- und Evaluationsforschung Stichworte: Enrichment-Programm, Begabtenförderung im Grundschulalter, räumliches Denken Die Analyse räumlichen Denkens im Rahmen einer Interventionsstudie für begabte Grundschulkinder Verena Fiebig1,2, Jessika Golle1,2, Ulrich Trautwein1 1 Eberhard Karls Universität Tübingen, Deutschland; 2LEAD Graduate School Theoretischer Hintergrund und Fragestellungen Nach einer Definition von Newcombe & Shipley (2015) bezieht sich räumliches Denken auf die Wahrnehmung und Verortung von Objekten im Raum. Die Form der Objekte, die zurückgelegten Strecken bei Bewegung sowie die Beziehungen von Einheiten innerhalb eines Objekts und von Objekten untereinander sind dabei von besonderer Bedeutung. Diese Definition kann in eine Kategorisierung räumlichen Denkens mit den Dimensionen intrinsisch-statisch, extrinsisch-statisch, intrinsisch-dynamisch und extrinsisch-dynamisch überführt werden (Okamoto et al., 2015; Newcombe & Shipley, 2015). Neben der Wichtigkeit räumlichen Denkens für die Bewältigung von Alltagsaufgaben, wie die Nutzung von Geräten, Orientierung im Raum oder Perspektivenübernahme (Uttal et al., 2013), wurde räumliches Denken als gewichtiger Prädiktor für Leistung und Erfolg im MINT Bereich (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft, Technik) identifiziert (Wai et al., 2009). Kürzlich veröffentlichte Forschungsergebnisse legen nahe, dass räumliches Denken über alle Altersstufen hinweg trainiert werden kann (Uttal et al., 2013), wobei sich für Kinder im Vergleich zu Erwachsenen etwas stärkere Trainingseffekte zeigten (Uttal et al. under review, zitiert nach Newcombe & Shipley, 2015, 13). Aktuelle Forschungsergebnisse liefern Hinweise, dass das räumliche Denken von Kindern sowohl durch Interventionen gefördert werden kann, die direkt auf die Lösung von Aufgaben zur Messung räumlichen Denkens abzielen (Ehrlich et al., 2006; Cheng & Mix, 2014), als auch durch Interventionen, die räumliches Denken indirekt über physikalisches Manipulieren, Rotieren und Kombinieren von Objekten, bspw. durch visuell-räumliche Spielsachen (Bauklötze, Legos®, etc.) ansprechen (Casey et al., 2008; Grissmer et al., 2013, zitiert nach Hawes et al., 2015). Es existieren wenige Interventionsstudien, die auf Kinder im Vor- und Grundschulalter abzielen (Uttal. et al., 2013). Diese Forschungslücke soll durch die vorgestellte Arbeit aufgegriffen werden: Im Rahmen einer Interventionsstudie soll die Förderung des räumlichen Denkens von begabten Grundschulkindern in drei verschiedenen Kursen untersucht werden: Platonische Körper, LEGOMindstorms und Fischertechnik. Alle drei Kurse sprechen räumliches Denken indirekt an, wobei im Kurs Platonische Körper geometrische Figuren und ihre Besonderheiten im Fokus stehen, während die physikalische Manipulation, Rotation und Kombination von Objekten in den Kursen LEGOMindstorms und Fischertechnik durch die Konstruktion von Robotern und Fahrzeugen erfolgt. Diese Kurse werden im Rahmen des Projekts „Hector-Kinderakademien", einem außerschulischen Förderprogramm für die genannte Zielgruppe, entwickelt. Methode Die Evaluation jedes Kurses soll auf Grundlage eines Prä-Posttest-Designs mit randomisierter Verteilung der Kinder auf eine Interventions- und eine Warte-Kontrollgruppe erfolgen. Die Kontrollgruppe hat die Möglichkeit, den angebotenen Kurs als Blockkurs zu besuchen. Zur Erfassung von räumlichem Denken werden bestehende Messinstrumente eingesetzt. Konkret handelt es sich dabei um sieben verschiedene Aufgabentypen, die sich den Dimensionen intrinsisch-statisch, extrinsisch-statisch, intrinsisch-dynamisch und extrinsisch-dynamisch zuordnen lassen: Der Children’s Embedded Figures Test (Witkin et al., 1971) und der Diagrammatic Representations Test (Newcombe & Frick, 2015) werden zur Messung der intrinsisch-statischen Dimension eingesetzt. Der Water-Level-Test (Piaget & Inhelder, 1956) dient zur Erfassung der extrinsisch-statischen Dimension. Die Instrumente Bauen mit Soma-Teilen, wer berührt wen und Würfelschlangen vergleichen (Plath, 2014) zielen auf die intrinsisch-dynamische Dimension. Mit dem Test wer sieht was (Plath, 2014) wird die extrinsisch-dynamische Dimension abgebildet. Erwartete Ergebnisse Mit Blick auf die Evaluation der genannten Kurse wird die Hypothese aufgestellt, dass sich das räumliche Denken der begabten Grundschulkinder durch die Interventionen verbessert. Die Inhalte des Kurses Platonische Körper sprechen gezielt geometrische Figuren und ihre Besonderheiten an. Desweiteren verbringen die Kinder im Kurs Platonische Körper im Vergleich zu den anderen beiden Kursen mehr Zeit mit der Analyse der Objekte sowie der Beziehungen von Einheiten innerhalb der Objekte und von Objekten untereinander. Daher wird erwartet, dass sich das räumliche Denken der Grundschulkinder durch den Kurs Platonische Körper im Vergleich zu den Kursen LEGOMindstorms und Fischertechnik am stärksten verändert. ID: 363 Poster Disziplinen-Cluster: Psychologie Thematisches Cluster: Selbstreguliertes Lernen, Bildung im Sekundarbereich, Motivation und Emotion Stichworte: Lebenslanges lernen, Sekundarstufe, Motivation, Selbstreguliertes Lernen, Unterrichtsstruktur Die LLL-Kompetenz von österreichischen SchülerInnen und deren Zusammenhang mit Unterrichtsstruktur und Leistung Julia Klug, Marko Lüftenegger, Barbara Schober, Christiane Spiel Universität Wien, Österreich Theoretischer Hintergrund Europa ist derzeit mit zahlreichen wirtschaftlichen und sozialen Veränderungen konfrontiert: Immer mehr BürgerInnen bleiben nicht über ihr gesamtes Berufsleben hinweg im gleichen Tätigkeitsfeld. Die Anpassung an neue Arbeitsumgebungen erfordert die ständige Erweiterung eigener Kompetenzen (Mikula, 2007). Daher wurde "Lebenslanges Lernen" (LLL) als europaweite Strategie ausgerufen (Kommission der Europäischen Gemeinschaften, 2000). Obwohl LLL oft als Thema der Erwachsenenbildung gesehen wird (Cendon et al., 2007), ist mittlerweile klar, dass die Schule und insbesondere Lehrkräfte eine wichtige Rolle dabei spielen, SchülerInnen auf LLL vorzubereiten (Egger, 2006; Lipowsky, 2006; Wayne & Youngs, 2003). Zentrale Komponenten erfolgreichen LLLs sind die anhaltende Motivation zu lernen sowie die Fähigkeiten diese Motivation selbstreguliert in konkrete Lernhandlungen zu übersetzen (Artelt, Baumert, Julius-McElvany & Peschar, 2003; Schober, Lüftenegger, Wagner, Finsterwald & Spiel, 2013; Weinstein & Hume, 1998). Monitoring-Studien wie PISA oder TIMSS zeigen jedoch Defizite in den LLL-Kompetenzen europäischer SchülerInnen (OECD, 2004). Andere Studien weisen auf ein Absinken der Motivation mit zunehmender Verweildauer an der Schule hin, das nicht ausschließlich auf entwicklungsbedingte Ursachen zurückgeführt werden kann, sondern mit dem Lernumfeld in Zusammenhang steht (z.B. Wigfield, Eccles, Schiefele, Roeser & Davis-Kean, 2006). Aktuell gibt es jedoch wenige empirische Erkenntnisse über die LLL-Kompetenzen von SchülerInnen (z.B. Schober et al., 2013). Um in Zukunft Förderprogramme entwickeln zu können, die den Besonderheiten nationaler Bildungssysteme Rechnung tragen, bedarf es neben den Erkenntnissen aus internationalen Large Scale Assessments wie PISA (siehe z.B. Artelt et al 2003; Haider & Reiter 2004; OECD, 2004; Schreiner, 2007) auch nationaler Studien. Studien zu LLL-Kompetenzen österreichischer SchülerInnen sind bisher jedoch eher bruchstückhaft (vgl. Schober et al., 2009). Diese Lücke zu schließen, ist Anliegen der vorliegenden Studie. Fragestellungen Konkret wurden folgende Fragestellungen untersucht: 1. Wie sind die LLL-Kompetenzen bei SchülerInnen in Österreich ausgeprägt? 2. Kann die wahrgenommene Strukturierung des Unterrichts die LLL-Kompetenzen vorhersagen? 3. Gibt es einen Zusammenhang zwischen den LLL-Kompetenzen mit Leistung? Methode Die Daten zur vorliegenden Studie entstanden im Sparkling Science Projekt zur ökologisch validen Erfassung der LLL Kompetenzen von SchülerInnen der Sekundarstufe. Insgesamt nahmen 5366 SchülerInnen (52.1% weiblich) der Schulstufen 5 bis 13 aus 36 österreichischen Schulen verschiedener Schulformen teil (mittleres Alter 15.35 Jahre, SD=2.45). Gemessen wurden im Online-Fragebogen auf einer Skala 1 (trifft nicht zu) bis 4 (trifft zu) jeweils für die Fächer Mathematik und Deutsch: (1) LLL mittels (1a) kognitiven und metakognitiven SRL-Strategien (Tiefen – und Oberflächenstrategien; Planung, Überwachung, Regulation) und (1b) Zielorientierungen sowie Erwartungs- und Wertkomponenten der Motivation (Selbstwirksamkeit, Implizite Persönlichkeitstheorien; Interesse); (2) Strukturierung des Unterrichts (Aufgabe, Autorität, Evaluation); (3) Leistung durch (3a) Leistungstests und (3b) Noten. Ergebnisse Die Ergebnisse zeigen, dass die LLL-Kompetenzen österreichischer SchülerInnen der Sekundarstufe in beiden Fächern mittel bis hoch eingeschätzt werden, insbesondere was kognitive Lernstrategien betrifft (Oberflächenstrategien: Deutsch M=3.10, SD=.63, Mathe M=2.94 SD=.71; Tiefenstrategien: Deutsch M=3.18, SD=.56, Mathe M=3.07, SD=.60). Für die Motivation zeigt sich ein besorglicheres Bild. Auffallend ist die hoch ausgeprägte vermeidende Leistungszielorientierung (M=3.26, SD=.69 in Deutsch, M=3.18, SD=.73 in Mathe) sowie das eher niedrig ausgeprägte Interesse (M=2.07, SD=.84 in Deutsch, M=2.27, SD=.86 in Mathe), während für Selbstwirksamkeit und inkrementelle IPT zufriedenstellende Werte erreicht werden. Durch die wahrgenommene Strukturierung des Unterrichts können sowohl Zielorientierungen, insbesondere die annähernde Lernzielorientierung (β=.467, p<.000), als auch Lernstrategien, hier vor allem metakognitive Strategien (β=.402, p<.000), und die Motivation, besonders stark das Interesse (β=.748, p<.000), vorhergesagt werden. Mit der Leistung zeigen sich erwartungsgemäß niedrige Zusammenhänge zwischen .10 und .19 (p<.05) für Lernstrategien und moderate Zusammenhänge zwischen .11 und .26 (p<.05) mit den Erwartungskomponenten der Motivation. Die Ergebnisse sind relevant für die schulische Praxis, da durch die Strukturierung des Unterrichts und damit durch das Handeln der Lehrkraft LLL und vor allem dessen bei österreichischen Schülerinnen und Schülern niedrig ausgeprägte Aspekte gefördert werden können. ID: 375 Poster Disziplinen-Cluster: Psychologie, Sonderpädagogik, Lehrerbildung Thematisches Cluster: Förderpädagogik, Inklusion, Kompetenzdiagnostik/ Kompetenzentwicklung Stichworte: Inklusive Beschulung, Sonderpädagogischer Förderbedarf, Beurteilung von Schülerleistungen, Genauigkeit der Leistungsbeurteilung Wie genau schätzen angehende Lehrkräfte die Leistungen von Schülerinnen und Schülern mit und ohne Bedarf an sonderpädagogischer Förderung ein? Eine experimentelle Studie im Simulierten Klassenraum Jennifer Igler1, Anna Südkamp1, Heinrich Tröster1, Johanna Kaiser2, Jens Möller2 1 TU Dortmund, Deutschland; 2Christian-Albrechts-Universität zu Kiel Die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention, die im Jahr 2009 ratifiziert wurde, bringt für die Lehrerinnen und Lehrer neue Aufgaben und veränderte Arbeitsfelder mit sich (Kreis, Wick & Kosorok Labhart, 2014). Eine Herausforderung, die sich für die Lehrkräfte ergibt, ist die Leistungsbeurteilung von Schülerinnen und Schülern mit und ohne Bedarf an sonderpädagogischer Förderung (SFB). Hierzu wurden in einer Studie von Hurwitz, Elliott und Braden (2007) Leistungseinschätzungen von Lehrkräften der vierten Klasse bezüglich Schülerinnen und Schülern mit SFB und ohne SFB in ihrer Genauigkeit untersucht. Es konnte festgestellt werden, dass Schülerinnen und Schüler mit SFB ungenauer eingeschätzt werden als Schülerinnen und Schüler ohne SFB. Ebenfalls tendieren Lehrkräfte zu einer Unterschätzung der Leistungen von Schülerinnen und Schülern mit SFB. Die Forschung zur diagnostischen Kompetenz von Lehrkräften hat bisher vor allem die Genauigkeit der Leistungsbeurteilung durch Lehrkräfte im nicht-inklusiven Unterricht fokussiert. In Studien, in denen Einschätzungen von Lehrerinnen und Lehrern mit standardisiert gemessenen Schülerleistungen verglichen werden, zeigt sich, dass die Lehrkräfte in der Lage sind, eine relativ genaue Rangfolge der Schülerleistungen in ihrer Klasse abzubilden. Nach einer Meta-Analyse von Südkamp, Kaiser und Möller (2012), in der 75 Studien zur Thematik der Genauigkeit von Lehrerurteilen zusammengestellt wurden, liegt der Mittelwert der Korrelationswerte zwischen den Lehrerurteilen und den erbrachten Schülerleistungen bei r = .63. In der vorliegenden Studie wurde untersucht, wie genau angehende Lehrkräfte die Leistungen von Schülerinnen und Schülern mit und ohne SFB beurteilen. Es wurde angenommen, dass die Leistungsbeurteilung von Schülerinnen und Schülern mit SFB negativer ausfällt als die der Leistungen von Schülerinnen und Schülern ohne SFB, auch wenn beide Gruppen identische Leistungen zeigen. Zudem wurde davon ausgegangen, dass die Urteilsgenauigkeit, gemessen als die Übereinstimmung zwischen Leistungsbeurteilung und tatsächlicher Leistung, für die Schülerinnen und Schüler mit SFB geringer ausfällt im Vergleich zu Schülerinnen und Schülern ohne SFB. Zur Untersuchung der Fragestellung wurde eine experimentelle Studie mit dem Simulierten Klassenraum durchgeführt. Dabei handelt es sich um die Computersimulation einer Unterrichtssituation, in der die Teilnehmerinnen und Teilnehmer die Rolle einer Lehrkraft übernehmen. Dazu wählen die Probandinnen und Probanden aus einem Menü unterrichtsfachbezogene Fragen aus und richten diese an die Schülerinnen und Schüler auf dem Computerbildschirm. Der Anteil korrekter Antworten der einzelnen Schülerinnen und Schüler wird experimentell variiert und stellt das Maß für die Fähigkeit der Schülerinnen und Schüler dar. Die Übereinstimmung der Schülerleistung mit dem Urteil der Probandinnen und Probanden kann als diagnostische Kompetenz ermittelt werden (Südkamp, Möller & Pohlmann, 2008). Die simulierte Klasse bestand aus 12 Schülerinnen und Schülern, davon wurde bei 4 Kindern der SFB während der Unterrichtsstunde kenntlich gemacht. Insgesamt nahmen N = 90 Lehramtsstudierende (n = 36 im Lehramt für sonderpädagogische Förderung und n = 54 in anderen Lehramtsstudiengängen) an der Studie teil. Um die Genauigkeit der Leistungsbeurteilung durch die Lehramtsstudierenden zu bestimmen, wurden die Komponenten der Urteilsgenauigkeit (Schrader & Helmke, 1987), sowie das Globale Abweichungsmaß berechnet. Die Analysen weisen signifikante Unterschiede in der Akkuratheit der Leistungsbeurteilungen von Schülerinnen und Schülern mit und ohne SFB auf. Die Ergebnisse zeigen, dass die Leistungseinschätzung bei den Schülerinnen und Schülern mit SFB (M = .50; SD = .10) signifikant niedriger ausfällt als bei den Schülerinnen und Schülern ohne SFB (M = .54; SD = .09) (t(89) = -3,72; p = .00), trotz gleicher tatsächlicher Leistungen in beiden Gruppen. Ferner konnte in dieser Studie festgestellt werden, dass Schülerinnen und Schüler mit SFB (M = .19; SD = .07) prinzipiell genauer in ihren Leistungen eingeschätzt werden als Schülerinnen und Schüler ohne SFB (M = .21; SD = .07) (t(89) = -3.19; p = .00). ID: 379 Poster Disziplinen-Cluster: Psychologie Thematisches Cluster: Motivation und Emotion, Unterrichtsentwicklung/ Unterrichtsqualität Stichworte: Unterrichtsqualität, Motivation, differenzielle Effekte Differenzielle Effekte von kognitiver Aktivierung für Schüler und Schülerinnen mit unterschiedlichen motivationalen Voraussetzungen Franziska Baier, Mareike Kunter Goethe-Universität Frankfurt, Deutschland Theoretischer Hintergrund Empirische Studien zeigen, dass Unterrichtsqualitätsmerkmale wie kognitive Aktivierung positiv mit der Mitarbeit der Schüler/innen zusammenhängen (Fredricks, Blumenfeld, & Paris, 2004). Nach dem Angebots-Nutzungs-Modell von Helmke (2014) führt eine hohe Mitarbeit der Schüler/innen (Angebotsnutzung) zu positiven Lernergebnissen. Verschiedene Studien zeigen jedoch auch, dass die Zusammenhänge zwischen Unterrichtsqualität und Schüleroutcomes nicht für alle Schüler gleich ausgeprägt sind, und dass vor allem Schüler/innen mit ungünstigen kognitiven/sozialen Voraussetzungen von hoher Unterrichtsqualität profitieren (Cadima, Leal, & Burchinal, 2010; Hamre & Pianta, 2005). Ein in diesem Kontext bisher noch nicht untersuchtes Schülermerkmal ist die Motivation der Schüler/innen für ein bestimmtes Fach. Nach der Selbstbestimmungstheorie der Motivation von Ryan und Deci (2000) lässt sich zwischen extrinsischer und intrinsischer Lernmotivation unterscheiden. Dabei kann extrinsische Motivation in vier Formen entlang eines Kontinuums vorliegen: als externale, introjizierte, identifizierte oder integrierte Regulation. Letztere weist den höchsten Grad an Selbstbestimmtheit auf und liegt vor, wenn externale Ziele vollständig in das Selbstkonzept integriert sind. Sie weist somit Elemente der intrinsischen Motivation auf. Die intrinsische Motivation wird als günstigste Form der Motivation betrachtet, da sie vollständig selbstbestimmt ist. Studien zeigen, dass selbstbestimmtere Formen der Motivation mit besserer Mitarbeit einhergehen (Ryan & Deci, 2000). Der vorliegende Beitrag geht der Frage nach, ob unterschiedliche motivationale Voraussetzungen die Wirkung von Unterrichtsqualität moderieren. Es ist zu erwarten, dass Schüler/innen mit ungünstiger motivationaler Tendenz (externale Regulation) weniger stark in ihrer Mitarbeit von der Unterrichtsqualität profitieren, da sie rein externale Ziele verfolgen. Es wird also entgegengesetzt bisheriger Befunde kein protektiver Effekt erwartet. Bei intrinsisch motivierten Schüler/innen hingegen könnte eine hohe wahrgenommene Unterrichtsqualität zusammen mit der Freude am Fach zu einer erhöhten Mitarbeit führen. Hypothesen Die Motivation der Schüler/innen für das Fach Mathematik moderiert den Zusammenhang zwischen kognitiver Aktivierung und der Mitarbeit im Unterricht. Methode Es handelt sich um eine Tagebuchstudie, an der 261 (57% Mädchen) 7. Klässler aus neun Klassen aus zwei deutschen Gymnasien in Berlin teilnahmen. In einem Prätest gaben die Schüler/innen Auskunft über stabile motivationale Merkmale in Bezug auf das Fach Mathematik. Anschließend schätzten sie drei Wochen lang nach jeder Mathematikstunde die Unterrichtsqualität ein und berichteten über ihre Mitarbeit im Unterricht. Die kognitive Aktivierung wurden von den Schüler/innen anhand von 5 Items eingeschätzt (Kunter & Baumert, 2006b). Die Mitarbeit wurde anhand des Items „Ich habe gut mitgearbeitet“ erfasst. Basierend auf der Selbstbestimmungstheorie (Ryan & Deci, 2000) wurden zwei Formen der extrinsischen Motivation ausgewählt und erfasst, nämlich die externale Regulation (3 Items) und die identifizierte Regulation (3 Items). Die intrinsische Motivation wurde anhand von 4 Items erfasst. Die Daten wurden mehrebenenanalytisch anhand von Random -Slope-Modellen ausgewertet, mit den Messzeitpunkten in den Schülern geclustert. Die wahrgenommene kognitive Aktivierung wurde am individuellen Schülermittelwert zentriert und diente als Prädiktor für die Mitarbeit. Auf Schülerebene wurden jeweils in getrennten Modellen die verschiedenen Motivationsformen als Moderatoren aufgenommen. Eine latente Modellierung ist geplant. Ergebnisse Die Ergebnisse zeigen, dass die wahrgenommene kognitive Aktivierung positiv mit der Mitarbeit zusammenhängt. Außerdem arbeiten Schüler/innen mit einer hohen intrinsischen Motivation generell besser mit (b = 0,20, SE = 0,04; t(184) = 4,51, p< 0,001). Die Mitarbeit von Schüler/innen mit einer hohen identifizierten Regulation wird weniger stark positiv von ihrer wahrgenommenen kognitiven Aktivierung beeinflusst als die von Schüler/innen mit einer geringen Ausprägung (b = -0,06, SE = 0,02; t(1410) = -2,62, p = 0,009). Für Schüler/innen mit hoher externaler Regulation findet sich die gleiche Tendenz. Keine signifikante Moderation zeigt sich für die intrinsische Motivation. Die Ergebnisse unterstützen Befunde, die zeigen, dass der Zusammenhang zwischen Unterrichtsqualität und Schüleroutcomes von Schülermerkmalen moderiert wird. Eine differenzielle Betrachtung von Unterrichtseffekten erscheint gerade in Kontexten mit heterogenen Schülergruppen sinnvoll. ID: 385 Poster Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft, Psychologie Thematisches Cluster: Genderforschung, Kompetenzdiagnostik/ Kompetenzentwicklung Stichworte: Geschlechtsunterschiede, Metakognition, Geschlechtsstereotyp, Nationales Bildungspanel, Kompetenzentwicklung Da war ich auch richtig gut! Ausdifferenzierung der aufgabenbezogenen Selbsteinschätzung zu sprachlichen und mathematisch-naturwissenschaftlichen Bereichen und die Tendenz zur Überschätzung bei Jungen. Kathrin Lockl, Ilka Wolter Leibniz-Institut für Bildungsverläufe, Deutschland Ausgehend von empirischen Befunden aus dem Bereich der Forschung zu Fähigkeitsselbstkonzepten (z.B. Marsh, Craven & Debus, 1991; 1998) kann auch bei aufgabenbezogenen Selbsteinschätzungen zu verschiedenen Domänen eine zunehmende Ausdifferenzierung mit Beginn der systematischen Leistungsrückmeldung zu Beginn der Schule vermutet werden. Die aufgabenbezogene Selbsteinschätzung wird hierbei als ein Indikator für die prozedurale Metakognition, also die Fähigkeit zur Überwachung und Steuerung eigener Lern- und Gedächtnisleistungen, betrachtet (Schneider & Lockl, 2008). Während Studien zum akademischen Selbstkonzept (z.B. Eccles, Wigfield & Blumenfeld, 1993) zeigen, dass Kinder bereits sehr früh eine Fähigkeitseinschätzung anhand der Geschlechtskonnotation der Domänen (z.B. Steffens & Jelenec, 2011) aufzeigen (z.B. Niklas & Schneider, 2012), ist dieser Befund im Bereich der prozeduralen Metakognition noch kaum untersucht. Wir nehmen vor dem Hintergrund von Theorien zu Geschlechterrollen an (vgl. Eagly, Wood, & Johannesen-Schmidt, 2004), dass Jungen sich in der Beurteilung ihrer eigenen Leistung in tendenziell in allen Bereichen stärker überschätzen als Mädchen. Erklärt über das Geschlechtsstereotyp ist zu erwarten, dass bei Jungen eine eher kompetitive und selbstsichere Selbstwahrnehmung, aber von Mädchen eine eher bescheidene und zurückhaltende Selbsteinschätzung gezeigt wird (vgl. Ruble, Martin & Berenbaum, 2006). Ausgehend von den Studien zur Geschlechtskonnotation von Schuldomänen sollte die Höhe dieser erwarteten Überschätzung allerdings für sprachliche und mathematisch-naturwissenschaftliche Bereiche unterschiedlich ausfallen. So sollten in den männlich-konnotierten Fächern die Jungen eine noch höhere Überschätzung zeigen als in weiblich-konnotierten Fächern. In drei längsschnittlichen Stichproben, die im Rahmen des Nationalen Bildungspanels erhoben wurden (NEPS; Blossfeld, Roßbach & von Maurice, 2011), gingen wir der Frage nach, a) ob sich die aufgabenbezogene Selbsteinschätzung mit Beginn der Schulzeit ausdifferenziert, b) ab wann erste Geschlechtsunterschiede in diesen Einschätzungen auftreten und c) ob Jungen eine deutlichere Tendenz zur Überschätzung zeigen als Mädchen, vor allem im mathematisch-naturwissenschaftlichen Bereich. In drei Kohorten, beginnend im Kindergarten (n = 2452), der 5. Klasse (n = 4972) und der 9. Klasse (n = 14117), wurde die aufgabenbezogene Selbsteinschätzung im Bereich der Sprachkompetenz (Lesen, Wortschatz, Grammatik, Orthografie) und im mathematisch-naturwissenschaftlichen Bereich (Mathematik, Naturwissenschaft, Computerwissen) über die Anzahl der vermutlich richtig gelösten Aufgaben im Anschluss an die Kompetenzmessung erhoben (Händel, Artelt & Weinert, 2013). Aus diesen Daten resultieren zwei Werte: einerseits der geschätzte Anteil der richtig gelösten Aufgaben und andererseits der geschätzte Anteil der richtig gelösten Aufgaben relativiert an der tatsächlichen Leistung im Kompetenztest (Lockl, 2015). Die Ergebnisse bestätigten zunächst, dass sich die aufgabenbezogenen Selbsteinschätzungen mit dem Beginn der Schulzeit, also bei Kindern in der 1. Klasse, ausdifferenzieren und etwas realistischer werden. In den Daten der jüngeren Kinder (5 bis 6 Jahre) zeigen sich dagegen noch starke Deckeneffekte und eingeschränkte Varianzen in der Abfrage der prozeduralen Metakognition in allen Domänen. Ab Schuleintritt zeigen sich dann außerdem erste Geschlechtsunterschiede in den Einschätzungen: Jungen und Mädchen überschätzen sich in Relation zu ihren tatsächlichen Leistungen im Mittel in allen Domänen, allerdings überschätzen sich die Jungen insgesamt deutlich stärker als Mädchen. Ebenfalls erwartungskonform schätzen Jungen im Vergleich zu Mädchen ihre Leistungen vor allem im mathematisch-naturwissenschaftlichen Bereich als besser ein und die Differenzierung im Hinblick auf männlich bzw. weiblich konnotierte Domänen nimmt tendenziell mit höheren Klassenstufen zu. Zusammenfassend stehen die Ergebnisse sowohl in Einklang mit Befunden zur prozeduralen Metakognition, die auf realistischere Einschätzungen mit zunehmendem Alter hinweisen (Schneider & Lockl, 2008), als auch mit Befunden aus der Selbstkonzeptforschung, aus denen abgeleitet werden kann, dass sich die Einschätzung der eigenen Leistung erst mit Beginn einer systematischen Leistungsrückmeldung bei Eintritt in die Schule ausdifferenziert und Geschlechtsunterschiede im Verlauf der Schulzeit zunehmen (vgl. Jacobs, Lanza, Osgood, Eccles & Wigfield, 2002). Die Ergebnisse werden in Hinblick auf weiterführende Forschungsfragen bezüglich der langfristigen Leistungsentwicklung von Jungen und Mädchen und der Übernahme von Geschlechterstereotypen in die Selbstwahrnehmung diskutiert. ID: 388 Poster Disziplinen-Cluster: Psychologie Thematisches Cluster: Bildungsgerechtigkeit/ Migration, Vorschulische Bildung Stichworte: Sprachkomplexität, Eltern-Kind-Interaktionen, Grammatikerwerb, soziale Disparitäten, Mediationseffekte Spezifische Merkmale in Eltern-Kind-Interaktionen als Prädiktoren und Vermittler sozialer Disparitäten im Grammatikerwerb von Kindern im Vorschulalter Angela Anderka Universität Bamberg, Deutschland Theoretischer Hintergrund: Bereits im Alter von drei Jahren sind interindividuelle Unterschiede im Grammatikerwerb in Abhän-gigkeit von der sozialen Herkunft feststellbar, die über die Kindergartenzeit hinweg relativ stabil blei-ben (Weinert, Ebert & Dubowy, 2010) und zu Defiziten in komplexen syntaktischen Kompetenzen für Kinder aus bildungsferneren Familien führen (Vasilyeva & Waterfall, 2011). Befunde zur Bedeutung der häuslichen Lernumwelt für den Grammatikerwerb lassen vermuten, dass spezifische Merkmale in Eltern-Kind-Interaktionen und im elterlichen Sprachangebot den partiellen Mediationseffekten der allgemeinen familiären Literacy-Anregung zugrunde liegen (Lehrl, Ebert, Roßbach & Weinert, 2012; Weinert & Ebert, 2013). Fragestellung: Die vorliegende Arbeit untersucht die Bedeutsamkeit spezifischer Merkmale in Eltern-Kind-Inter-aktionen als Prädiktoren für den Grammatikerwerb von Kindern im Vorschulalter und geht der Frage nach, inwiefern diese soziale Disparitäten im Grammatikerwerb und Effekte der allgemeinen Litera-cy-Anregung vermitteln. Methode: Es wurden Daten von 65 Kindern und ihren Eltern, einer Teilstichprobe des Längsschnitts BiKS 3-10 der Bamberger DFGForschergruppe „Bildungsprozesse, Kompetenzentwicklung und Formation von Selektionsentscheidungen im Vor- und Grundschulalter“ (Teilprojekt 3 unter der Leitung von Frau Prof. Dr. Sabine Weinert sowie angegliederte Promotionen) analysiert. Das elterliche Sprachangebot wurde im halbjährlichen Abstand zu drei Messzeitpunkten in halbstandardisierten Eltern-KindInteraktionen erfasst (vgl. Ebert, 2011) und im Rahmen der vorliegenden Studie sowohl auf quantita-tive Aspekte wie z.B. Dauer der Interaktion und Menge der Äußerungen als auch auf qualitative Aspekte wie die syntaktische und lexikalische Komplexität hin analysiert. Die erhobenen Merkmale der Elternsprache wurden in Beziehung gesetzt zu Ergebnissen der Kinder in einem rezeptiven Grammatiktest (TROG-D, Fox, 2006). Die Kinder waren zum ersten einbezogenen Messzeitpunkt 4;6 Jahre und zum dritten Messzeitpunkt 5;6 Jahre alt. Ergebnisse: Es finden sich zu allen drei Messzeitpunkten statistisch bedeutsame Zusammenhänge zwischen den quantitativen und qualitativen Merkmalen der Elternsprache und dem sozialen Status der Familien: Eltern mit einem höheren sozialen Status sprachen in einer halb-standardisierten Bilderbuchsituati-on, in der sie die Zeit frei einteilen konnten, länger und mehr mit ihren Kindern als Eltern mit einem niedrigeren sozialen Status und verwendeten im Vergleich mehr komplexe Sätze und verschiedene Wörter in ihrer Sprache. Unter den erhobenen Merkmalen der Eltern-Kind-Interaktionen erweisen sich sowohl die erhobene Dauer der Interaktion als auch die syntaktische Komplexität im elterlichen Sprachangebot (Anzahl der komplexen Sätze) als prädiktiv für die grammatischen Kompetenzen der Kinder (ein halbes bis ein-einhalb Jahre später). Diese Zusammenhänge bleiben auch unter Kontrolle des Ausgangswertes der Sprachkompetenzen (zum ersten einbezogenen Messzeitpunkt) noch prädiktiv. Hinsichtlich der Mediation sozialer Disparitäten zeigt sich ein partieller Mediationseffekt dieser bei-den Merkmale für den Zusammenhang zwischen dem sozialen Hintergrund und den grammatischen Kompetenzen der Kinder. Mediationsmodelle, in die diese Merkmale gleichzeitig mit einem Indikator der allgemeinen Literacy-Anregung („Erfahrung mit Büchern“) aufgenommen werden, bestätigen die Hypothese dass deren Effekte auf spezifische Merkmale in Eltern-Kind-Interaktionen zurückzuführen sind. ID: 391 Poster Disziplinen-Cluster: Psychologie Thematisches Cluster: Lehrer(aus)bildung Stichworte: Lehrerausbildung, Studienerfolg, Berufserfolg, Prognosemodell *Werden aus guten Schüler(inne)n auch gute Lehrkräfte?* Zum Zusammenhang zwischen Abiturdurchschnittsnote, Studienerfolg und Berufserfolgsmaßen bei angehenden Lehrkräften Kristin Wolf, Olga Kunina-Habenicht, Christina Linninger, Mareike Kunter Goethe-Universität Frankfurt, Deutschland Theoretischer Hintergrund: An den meisten deutschen Hochschulen entscheidet allein die Abiturdurchschnittsnote über die Zulassung zum Lehramtsstudium und damit auch darüber, wer später als Lehrkraft arbeiten darf (Heine et al., 2006). Zur Prognosegüte der Abiturnote für den Erfolg im Lehramtsstudium liegen zahlreiche empirische Studien vor, die einen positiven Zusammenhang berichten (Blömeke, 2009; Hanfstingl & Mayr, 2007). Jedoch wurde bisher die Prognosekraft der Abiturnote für den späteren Berufserfolg als Lehrkraft nur unzureichend empirisch untersucht. An dieser Forschungslücke setzt der vorliegende Beitrag an und verfolgt das Ziel, die Zusammenhänge zwischen Abiturnote, Studienerfolg und Berufserfolg bei angehenden Lehrkräften zu untersuchen. Studienerfolg wird in Untersuchungen zur Studienerfolgsprognose häufig an den Leistungen der Studierenden festgemacht (Baron-Boldt et al., 1988; Freyer, 2013; Brandstätter & Farthofer, 2002), so auch in diesem Beitrag. In Anlehnung an den Aufbau des Lehramtsstudiums wurden sowohl Leistungen aus dem akademischen Hochschulstudium als auch aus dem praktischen Vorbereitungsdienst berücksichtigt. Da Lehrkräfte den Tarifregelungen des öffentlichen Dienstes unterliegen (Halász et al., 2004), ist es naheliegend, dass klassische Berufserfolgskriterien wie Einkommen oder beruflicher Aufstieg zur Operationalisierung des Berufserfolgs von Lehrkräften ungeeignet sind (Abele, 2011). Da vor allem das Unterrichten die Kernaufgabe von Lehrkräften darstellt (Klusmann et al., 2011; Terhart, 2006), kann die Qualität einer Lehrkraft im Wesentlichen durch professionelles Verhalten im Unterricht bestimmt werden (Kunter et al., 2011; Terhart, 2006). Darüber hinaus postuliert beispielsweise das Modell der Determinanten und Konsequenzen der Kompetenz von Lehrkräften (Kunter et al., 2011), dass Berufserfolg auch an lehrerseitigen Kriterien wie etwa deren beruflichem Wohlbefinden festgemacht werden kann (Kunter et al., 2011). In Anlehnung an dieses Modell und Untersuchungen zur Berufserfolgsprognose von Lehrkräften (Abele, 2011; Blömeke, 2009) wurden Unterrichtsqualität und berufliches Wohlbefinden als Berufserfolgskriterien ausgewählt. Fragestellung: Der Beitrag untersucht, ob Lehrkräfte, die als Schüler(innen) einen guten Abiturdurchschnitt erzielten, auch in Studium und Beruf erfolgreich sind. Es wird davon ausgegangen, den vielfach gezeigten positiven Zusammenhang zwischen Abiturnote und Studienerfolg zu replizieren. Aufgrund der geringen empirischen Evidenz bezüglich der Prognosegüte der Abiturnote für den Berufserfolg von Lehrkräften, wird dies explorativ untersucht. Des Weiteren wird untersucht, ob Studienerfolg in Zusammenhang mit Erfolgsmaßen im Beruf steht. Dabei wird angenommen, dass akademischer und praktischer Studienerfolg den späteren Berufserfolg vorhersagen können. Methode: Zur Beantwortung der Forschungsfragen wurden Daten der beiden Längsschnittstudien COACTIV-R (Löwen et al., 2011) und BilWiss (Kunter et al., in Druck) herangezogen, die angehende Lehrkräfte von Beginn des Vorbereitungsdienstes bis zu ihrem Berufseinstieg begleitet haben. Die Analysen beziehen sich auf Gesamtstichproben von 856 angehenden Lehrkräften der Studie COACTIV-R sowie 4.342 angehenden Lehrkräften der Studie BilWiss. Aufgrund des längsschnittlichen Studiendesigns und damit verbundenen Dropouts variiert die Stichprobengröße je nach Analyse zwischen 61 und 3.457 angehenden Lehrkräften. Zur Erfassung des Berufserfolgs wurden vier Indikatoren verwendet: Die Unterrichtsqualität wurde anhand von Selbstberichtsskalen durch die Lehrkräfte und Fremdbeurteilungen durch deren Schüler(innen) erfasst, das berufliche Wohlbefinden anhand von Selbstberichtsskalen zur emotionalen Erschöpfung und Berufszufriedenheit der Lehrkräfte. Die Prognosegüte von Abiturnote und Studiennoten für die ausgewählten Berufserfolgsmaße wurde mithilfe von Strukturgleichungsmodellen und manifesten Analysen untersucht. Ergebnisse: Die Befunde zum positiven Zusammenhang zwischen Abiturnote und Studienerfolg konnten erfolgreich repliziert werden (r=.45 bis .63, p<.05). Zur Vorhersage der Berufserfolgsmaße erwies sich die Abiturnote jedoch nicht als signifikanter Prädiktor. Einzelne signifikante Zusammenhänge waren klein und nicht über beide Studien konsistent. Neben der Abiturnote konnte auch der Studienerfolg den Berufserfolg mehrheitlich nicht signifikant vorhersagen. Lediglich bei separater Betrachtung der Note des Vorbereitungsdienstes erwies sich diese für die Schülerbeurteilung auf den Skalen Sozialorientierung (β=-.36, p<.05) und Störungen (β=.29, p<.05) als bedeutsam. Die Ergebnisse zeigen, dass die Abiturdurchschnittsnote nur unzureichende Prognosekraft hinsichtlich des Berufserfolgs von Lehrkräften besitzt. Der Einsatz der Abiturdurchschnittsnote als alleiniges Kriterium in der Auswahl von zukünftigen Lehrkräften sollte daher kritisch hinterfragt werden. ID: 412 Poster Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft, Lehrerbildung Thematisches Cluster: Lehrer(aus)bildung, Trainings- und Evaluationsforschung Stichworte: Mentorenqualifikation, videogestütztes Training Mentorinnen und Mentoren für die Beratung von Lehramtstudierenden fortbilden. Welche Wirkung hat ein videogestütztes Training? Jutta Möhringer, Marc Kleinknecht, Katharina Müller Technische Universität München, Deutschland Theoretischer Hintergrund Einen zentralen Baustein im Lehramtsstudium bildet die schulpraktische Ausbildung. Wenngleich die empirischen Befunde über das Lernpotential von Praktika zu Bescheidenheit raten (Hascher; 2012), ist belegt, dass die Qualität der Betreuung einen wesentlichen Einflussfaktor für das Lernen im Praktikum darstellt (Kreis & Staub 2007; Schubarth et al. 2011; Hascher 2012). Dabei tragen Fortbildungen für Mentoren zur Verbesserung der Betreuungsqualität bei (Valencic Zuljan & Vogrinc, 2007). Auf Basis von empirischen Befunden werden an verschiedenen Institutionen Fortbildungsprogramme durchgeführt, bei denen Mentoren eng mit Dozenten der Lehrerausbildung kooperieren (Bullough, 2005). Im Mittelpunkt dieser Programme steht meist der Austausch über praktische Erfahrungen und pädagogisch-psychologische Konzepte (Carroll, 2005; Graham, 1997). Der vorliegende Beitrag stellt die Begleitforschung für ein Weiterbildungskonzept für Lehrkräfte vor, das in drei aufeinander aufbauenden Modulen auf eine systematische Qualifizierung von Betreuungslehrkräften bei der Beratung zur Unterrichtsvor- und –nachbereitung zielt. Das Fortbildungskonzept verbindet zwei empirisch erforschte Ansätze insofern, als das Münchner Modell der Gesprächsführungskompetenz (Gartmeier et al., 2011) im Kontext des fachspezifisch-pädagogischen Coachings (Kreis & Staub, 2011; 2012; 2014) vermittelt und angewendet wurde. Das Konzept sieht als Kernelemente eines guten Beratungsgespräches vor, dass die inhaltliche Gestaltung durch eine ko-konstruktive Lösungsfindung, die Verlaufsgestaltung durch eine transparente Strukturierung und die Kommunikation durch eine wertschätzende Haltung geprägt ist. Die Module bestehen jeweils aus einer ganztägigen Präsenzveranstaltung. Zwischen den Modulen fand jeweils eine wiederholendvertiefende Online-Übung statt. Fragestellung Im Rahmen der Begleitforschung untersuchten wir, wie sich die Beratungsgespräche der Mentoren im Hinblick auf die drei Kernelemente guter Gesprächsführung „ko-konstruktive Lösungsfindung“, „transparente Strukturierung“ und „wertschätzende Haltung“ veränderten. Design und Methode In einem Pre-Post-Follow-Up-Design wurden Selbsteinschätzungen der Lehrkräfte zu ihren Beratungsgesprächen über eine Fragebogenbefragung sowie Fremdeinschätzungen über die Analyse von Audioaufzeichnungen der Beratungsgespräche erfasst. Die Trainingsgruppe setzte sich aus 39 Gymnasial- und Realschullehrkräften zusammen, die während des Schuljahres (2014/15) Studierende im Schulpraktikum betreuten und freiwillig an allen Modulen (zwischen Oktober 2014 und Juli 2015) der Fortbildung teilnahmen. Die Fragebögen zur Selbsteinschätzung der Mentorengespräche wurden vor Beginn (T1) und nach dem dritten Modul (T2) eingesetzt (T1/T2: N = 39). Die Items orientierten sich an den Kernelementen der Gesprächsführung, wobei die Skalen zur Strukturierung des Gesprächsablaufs 8 Items umfassten, z.B. „Ich achte darauf, dass die Gespräche immer ähnlich strukturiert sind“ (Cronbachs α = 0,76; Zustimmung jeweils vierstufig, 1 = stimme voll zu), die zur wertschätzenden Gestaltung 9 Items, z.B. „Ich stelle eine angenehme Atmosphäre her, die frei von Hektik ist“ (α = 0,82) und die zur ko-konstruktiven Problemlösung 7 Items, z.B. „Für mich steht im Vordergrund, dass die Verantwortung für das Lernen der Schüler/innen bei mir und der Studentin/dem Studenten liegt.“ (α = 0,73). Der Einsatz des Fragebogens zum Zeitpunkt T3 ist 6 Monate nach Abschluss der Fortbildungsreihe im Dezember 2015 vorgesehen. Für die Fremdeinschätzung der Mentorengespräche wurden ebenfalls zum Zeitpunkt T1 und T2 vertiefende qualitative Daten erhoben, indem Mentorengespräche audiographiert wurden. Diese wurden transkribiert und mittels einer qualitativen Inhaltsanalyse (Mayring, 2003) mit MAXQDA ausgewertet. Das Kategoriensystem wurde theoriegeleitet erstellt, wobei wiederum die Kernelemente eines guten Beratungsgesprächs die Hauptkategorien für die Analyse bildeten. In der Anwendung auf die Transkripte wurde das Kategoriensystem weiter ausdifferenziert. Ergebnisse Erste Ergebnisse zu den Selbsteinschätzungen (Fragebogenstudie) zeigen, dass die Lehrkräfte nach der Fortbildung die Gesprächsqualität hinsichtlich des Kernelementes „transparente Strukturierung“ signifikant besser einschätzen (T1: M = 2.31, SD = 0.07; T2: M = 1.92, SD = 0.18; t(2,4) = 2.35, p < 0.05, Cohen’s d = 0.80). Bei der „ko-konstruktiven Lösungsfindung“ zeigte sich eine leichte, nicht signifikante Verbesserung, bei der „wertschätzenden Haltung“ eine leichte, nicht signifikante Verschlechterung. Für die Präsentation werden zusätzlich zu diesen Ergebnissen die Reliabilitätswerte für das Fremdeinschätzungsinstrument (Kategoriensystem zur Analyse der Gespräche) sowie die deskriptiven Maße für beide Messzeitpunkte berichtet. ID: 413 Poster Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft, Psychologie Thematisches Cluster: Hochschulbildung, Kompetenzdiagnostik/ Kompetenzentwicklung, Lehrer(aus)bildung Stichworte: Intelligenz, Persönlichkeit, Leistungsängstlichkeit, akademische Leistung, Lehramt Studienerfolg bei Lehramtsstudierenden – Vorhersage durch Intelligenz, Gewissenhaftigkeit und Leistungsängstlichkeit Christoph Waterbör1, Nicolas Becker1, Julia Karbach2, Frank M. Spinath1, Roland Brünken1 1 Universität des Saarlandes, Deutschland; 2Goethe-Universität Frankfurt, Deutschland Theoretischer Hintergrund: Zur Vorhersage von Schul- und Studienerfolg werden häufig Noten herangezogen, die den Leistungsaspekt dieses Kriteriums abbilden. Im schulischen Kontext hat sich Intelligenz als varianzstarker Prädiktor für Leistung bewährt (Neisser et al., 1996; Roth, Becker, Romeyke, Schäfer, Domnick & Spinath, im Druck), im universitären Kontext zeigt sich allerdings, dass die Zusammenhänge häufig geringer ausfallen (Furnham, Chamorro-Premuzic & McDougal, 2003). Werden hingegen schulische Durchschnittsnoten als Prädiktor herangezogen, fallen die Zusammenhänge höher aus (Trapmann, Hell, Weigand & Schuler, 2007). Allerdings bleibt bei Verwendung derartiger Notenaggregate offen, welche Konstrukte an der Vorhersage beteiligt sind und in welchem Ausmaß. Derartige Fragestellungen erfordern die Integration mehrerer Konstrukte in Vorhersagemodellen. Neben der Vorhersagekraft von Intelligenz wurde auch der Zusammenhang einzelner Persönlichkeitsdimensionen und akademischer Leistung umfangreich untersucht. Meta-Analysen zeigen, dass sich vor allem für die Dimension Gewissenhaftigkeit bedeutsame Zusammenhänge ergeben (z.B. Poropat, 2009; Trapmann, Hell, Hirn & Schuler, 2007). Die Befunde von Richardson, Abraham und Bond (2012) zeigen zudem, dass Gewissenhaftigkeit über traditionelle Studienerfolgsprädiktoren (z.B. schulische Durchschnittsnote) hinaus Varianz erklären kann. In der Studie von Furnham und Kollegen (2003) klärten Persönlichkeitsdimensionen des Big Five Modells (Costa & McCrae, 1992) mehr Varianz auf als Intelligenz, wobei sich Gewissenhaftigkeit als besonders starker Prädiktor erwies. Neben Persönlichkeitsmerkmalen haben Forschungsarbeiten weitere nonkognitive Konstrukte als bedeutsame Prädiktoren bestätigt, darunter motivationale Faktoren und auch spezifische Merkmale wie etwa Leistungsängstlichkeit (Richardson et al., 2012). Richardson und Kollegen (2012) zeigten einerseits metaanalytisch, dass Leistungsängstlichkeit akademische Leistung bedeutsam vorhersagen kann, andererseits zeigten sie in einem Mehrebenenmodell, dass Leistungsängstlichkeit über traditionelle Studienerfolgskorrelate und Gewissenhaftigkeit Varianz aufklären konnte. Auch im Kontext der Lehrerprofessionalisierungsforschung spielt die Untersuchung des Einflusses kognitiver und nonkognitiver Konstrukte auf die Entwicklung berufsbezogener Kompetenzen eine bedeutsame Rolle (Kunter, Kleickmann, Klusmann & Richter, 2011). Fragestellung: Können Intelligenz, Gewissenhaftigkeit und Leistungsängstlichkeit die Leistung im bildungswissenschaftlichen Grundlagenstudium bei Lehramtsstudierenden verschiedener Fachgruppen vorhersagen? Methode: Zur Überprüfung der inkrementellen Validität wurde eine Strukturgleichungsanalyse durchgeführt. Sämtliche Daten wurden im Rahmen der Studie zu individuellen und organisationalen Einflüssen auf den Studienerfolg in der Lehrerbildung (SioSL; Biermann et al., im Druck) erhoben. Als Stichprobe wurden Lehramtsstudierende (N = 495) zu Beginn ihres Studiums herangezogen. Intelligenz wurde durch eine Kurzform des Leistungsprüfsystems (LPS; Horn, 1983) operationalisiert, Gewissenhaftigkeit durch das NEO Fünf Faktoren Inventar (NEO-FFI; Borkenau & Ostendorf, 1993). Leistungsängstlichkeit wurde durch sieben Skalen des Differentiellen Leistungsangst Inventars (DAI; Rost & Schermer, 1997) erfasst. Das Kriterium der Leistung wurde durch insgesamt drei Noten des bildungswissenschaftlichen Grundlagenstudiums (Module 1 und 2; vgl. Modulhandbuch, 2009) operationalisiert. Zur Indikatorisierung der latenten exogenen Variablen wurden auf Basis inhaltlicher und faktorenanalytischer Gesichtspunkte Aufgabenbündel gebildet. Die Noten dienten als manifeste Indikatoren der latenten endogenen Variable. Ergebnisse: Insgesamt zeigten die herangezogenen Fit-Indizes zur Modell-Evaluation eine gute bis akzeptable Passung des Vorhersagemodells (χ² (69) = 165.18, p < .001; RMSEA = .05; SRMR = .05; CFI = .96; AGFI = .93; TLI = .94). Intelligenz konnte die Leistung vorhersagen (β = .34, p < .001); darüber hinaus verbesserte sich die Vorhersage durch Gewissenhaftigkeit bedeutsam (β = .27, p < .001). Leistungsängstlichkeit hingegen erlaubte keine zusätzliche bedeutsame Vorhersage (.11, p > .05). Diskussion: Entgegen der Erwartung klärte Leistungsängstlichkeit keine zusätzliche Varianz im Leistungskriterium auf. Hypothesenkonform wies hingegen Gewissenhaft inkrementelle Validität über Intelligenz hinaus auf, wobei Intelligenz die stärkste Prädiktionskraft auszeichnete. Im Kontext der Lehrerprofessionalisierungsforschung erscheint es bedeutsam zu klären, inwiefern die gefundenen Ergebnisse auf andere Aspekte des Professionswissens (Baumert & Kunter, 2006) übertragen werden können oder inwiefern eine Fachgruppendifferenzierung für die Ergebnisse von Bedeutung ist. Erste Ergebnisse, die die Bedeutung einer Fachgruppendifferenzierung untersuchen, liegen bereits vor (z.B. Kaub et al., 2012). ID: 416 Poster Disziplinen-Cluster: Psychologie Thematisches Cluster: Genderforschung, Kompetenzdiagnostik/ Kompetenzentwicklung Stichworte: Laddish Behavior, Teachers' Judgment, Students' Academic Achievement, gender stereotype The Influence of Laddish Behavior on Teachers' Judgment of Students' Academic Achievement Margret Finkbeiner, Johanna Kaiser, Jens Möller Institut für Psychologie, Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, Deutschland Theoretical Background In the present study the influence of students' laddish behavior on teachers' judgment of students' academic achievement was examined. Laddishness is described as attitudes and behavior that is considered as particularly masculine (e.g., Francis, 1999). As such, laddishness is characterized as gender stereotypical behavior for boys. At the same time it is described as an inappropriate and incompatible behavior for school. Therefore, it can be assumed that when male students exhibit laddish behavior and express laddish attitudes that gender stereotypes are activated in teachers' perception. Hence, information processing about that student might be affected, which in the end might lead to different judgments. Research Question The research question to be answered is, if gender stereotypical behavior of boys, in particular laddishness, influences teachers' judgment of students' academic achievements. We hypothesized that the information about the student's sex itself does not affect teachers' judgment of students' academic achievement (H1). Furthermore, we assumed that judgments of both laddish boys and laddish girls should be negative (H2). We also postulated that teachers judge academic achievement of a male student who exhibits laddishness more negatively than academic achievement of a female student who also exhibits laddishness (H3). Additionally, we expected that teachers' assessment of low achieving laddish boys is even more negative than teachers' assessment of low achieving laddish girls (H4). Lastly, we expected that teachers' own gender identity influences the probability to apply gender stereotypes, assuming that there is a confounding effect of sex-typed teachers on perceiving laddishness (H5). Method A computer simulation of an instructional situation, the Simulated Classroom, was used. The program presents students of a class, while the participant operating the computer takes over the role of a teacher. Students' sex (male vs. female), laddishness (not laddish vs. laddish) and students' achievement (low, medium, high achieving) were manipulated. Proportional judgments, school grades and expectations were conducted to measure teachers' judgment. The German version of the Bem Sex Role Inventory (BSRI) was used in order to measure participants' own gender identity (Schneider-Düker & Kohler, 1988). Analyses are based on a sample of N = 46 pre-service teacher students. Multilevel models and regression analyses were conducted to test the hypotheses. Results Preliminary analyses showed an influence of participants' sex on participants' judgment: Female participants rated the proportion of correct answers given by students higher than male participants, and as such, female participants also gave better grades. However, no influence of participants' sex on ratings of laddish or non laddish students were found. In contrast to H1 participants rated the proportion of correct answers given by female students higher than given by male students independently of students' actual performance. Participants also had higher expectations of girls' academic future. Also, a significant interaction of laddishness and students' sex was found: On low achievement levels girls were rated higher than boys, but boys were rated higher than girls on high achievement levels. Teachers' judgments did not significantly differ between laddish or non laddish students (H2). Teachers' judgments did also not significantly differ between laddish boys or laddish girls as it was postulated in H3 when all achievement levels were tested. A stronger negative effect of the interaction of laddishness and students' sex for the group of low achieving students was not found (H4). However, for the group of low achieving students, laddish students received slightly better proportional judgments and better school grades than non laddish students. Additionally, teachers gave non laddish girls higher grades than non laddish boys. Interestingly, laddish boys received better grades than laddish girls. No influence of participants' gender identity on perceiving laddishness could be found (H5). ID: 437 Poster Disziplinen-Cluster: Psychologie Thematisches Cluster: Hochbegabung, Lehrer(aus)bildung Stichworte: Hochbegabung, Stereotypen, Disharmoniehypothese, Einstellungen von Lehramtsstudierenden, interkultureller Vergleich Implizite Einstellungen von Lehramtsstudierenden gegenüber Hochbegabung: eine interkulturelle Vergleichsstudie Svenja Matheis1, Franzis Preckel2, Leonie Kronborg3 1 Universität Koblenz-Landau, Campus Landau, Deutschland; 2Universität Trier, Deutschland; 3Monash University, Victoria, Australien Befundzusammenfassung: Sowohl deutsche als auch australische Lehramtsstudierende weisen ambivalente Einstellungen gegenüber hochbegabten SchülerInnen auf. Neben Leistungsstärke und hoher Intelligenz werden mit Hochbegabung fälschlicherweise auch Verhaltensauffälligkeiten assoziiert. Hochbegabte und durchschnittlich begabte SchülerInnen unterscheiden sich nicht systematisch in ihren sozialen Fähigkeiten und nicht-kognitiven Persönlichkeitsmerkmalen (Rost, 1993, 2009). Dennoch können Lehrkräfte Einstellungen und Ansichten zu hochbegabten SchülerInnen haben, die fälschlicherweise systematische Unterschiede in der Persönlichkeit und den sozialen Fähigkeiten beider Begabungsgruppen annehmen. Studienergebnisse dokumentieren positive, negative und ambivalente Einstellungen von Lehrkräften gegenüber hochbegabten SchülerInnen (z.B. Lee, Cramond, & Lee, 2004; McCoach & Siegle, 2007; Needham, 2012). Die Befunde können unter der Harmonie- versus Disharmoniehypothese subsumiert werden. Die Harmoniehypothese besagt, dass Hochbegabte neben hohen intellektuellen Fähigkeiten auch eine größere Kompetenz in anderen Fähigkeitsbereichen besitzen. Da Intelligenz als wesentliches Charakteristikum von intellektueller Hochbegabung und zudem als sozial erwünschtes Attribut angesehen wird, ist eine Assoziation mit anderen positiven Eigenschaften naheliegend (Mõttus, Allik, Konstabel, Kangro, & Pullmann, 2008). Im Gegensatz dazu proklamiert die Disharmoniehypothese, dass hohe intellektuelle Fähigkeiten mit Defiziten insbesondere im sozio-emotionalen Bereich einhergehen (Becker, 1978; Gallagher, 1990; Neihart, 1999). Damit beschreibt die Disharmoniehypothese ein insgesamt ambivalentes Bild (positive Bewertung von intellektuellen Fähigkeiten bei gleichzeitig negativer Bewertung sozio-emotionaler Eigenschaften). Baudson und Preckel (2013) fanden Belege für die Disharmoniehypothese bei deutschen Lehramtsstudierenden und Lehrkräften. In der vorliegenden Untersuchung soll der Frage nachgegangen werden, ob ambivalente Einstellungen gegenüber hochbegabten SchülerInnen kulturübergreifend nachweisbar sind. In einem experimentellen between-subjects Design wurde dazu 707 deutschen und australischen Lehramtsstudierenden (nDeutschland = 375, nAustralien = 332; Alter: MDeutschland = 22.21 Jahre, MAustralien = 21.80 Jahre) eine Vignette über eine Schülerperson präsentiert. Das Begabungsniveau (hochbegabt versus durchschnittlich begabt) sowie das Geschlecht der in der Vignette beschriebenen Schülerperson wurden dabei experimentell manipuliert. Anschließend schätzten die Lehramtsstudierenden die beschriebene Schülerperson auf Ratingskalen ein. Die Bewertung der beschriebenen Schülerperson wurde mit einem 29-Item Fragebogen (Preckel, Baudson & Glock, 2014) gemessen, welcher die Skalen intellektuelle Fähigkeiten, (Mangel an) sozio-emotionalen Fähigkeiten, und Verhaltensauffälligkeiten enthält; zudem erfasst der Fragebogen Enthusiasmus und Selbstwirksamkeitserwartung der Lehramtsstudierenden, die beschriebene Schülerperson zu unterrichten (Cronbach’s α: Deutschland ≥ .74 ≤ .88, Australien ≥ .63 ≤ .85). Die Datenauswertung erfolgte bisher nur zu den männlichen Vignetten (n = 388), die Daten der weiblichen Vignetten (n = 319) werden derzeit ausgewertet. Nachdem skalare Messinvarianz der fünf Skalen über die Vignettenversionen und Kulturen bestätigt werden konnte, zeigte eine messwiederholte ANOVA mit latenten Faktorwerten (Messwiederholung über die 5 Skalen) sowie anschließende post-hoc Tests, dass Lehramtsstudierende innerhalb Deutschlands und in Australien hochbegabten Schülern im Vergleich zu durchschnittlich begabten Schülern signifikant höhere intellektuelle Fähigkeiten, aber auch Verhaltensauffälligkeiten zuschreiben. Zudem wurden innerhalb beider Kulturen signifikant geringere Selbstwirksamkeitserwartungen berichtet, einen hochbegabten Schüler zu unterrichten. Die australischen Lehramtsstudierenden berichteten zudem signifikant weniger Enthusiasmus, einen hochbegabten Schüler zu unterrichten. Der Vergleich der Kulturen zeigte, dass australische Lehramtsstudierende höhere Werte im Enthusiasmus und der Selbstwirksamkeitserwartung sowie niedrigere Werte bezogen auf einen Mangel an sozio-emotionalen Fähigkeiten bei Schülern berichten. Alle Befunde waren unabhängig vom Geschlecht der Lehramtsstudierenden. Auf der GEBF 2016 sollen die Befunde komplettiert um die Auswertung der Daten der weiblichen Vignetten vorgestellt werden. Zusammenfassung: Deutsche sowie australische Lehramtsstudierende schätzen hochbegabte Schüler entsprechend der Disharmoniehypothese ein. Beide schreiben ihnen neben hohen intellektuellen Fähigkeiten auch Verhaltensauffälligkeiten zu. Die Befunde zeigen zudem an, dass sich deutsche Lehramtsstudierende weniger gut auf das Unterrichten von Hochbegabten vorbereitet fühlen und es einen Bedarf an Bildungsmaßnahmen zum Thema Hochbegabung im Lehramtsstudium gibt. Auch im Hinblick auf das Thema der Inklusion in der Schule ist dies ein relevanter Befund. Lehrpersonen sollten auf das Unterrichten von SchülerInnen mit unterschiedlichen intellektuellen Fähigkeiten vorbereitet werden, damit sie alle Kinder gemäß ihrer tatsächlichen Bedürfnisse fördern können. ID: 440 Poster Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft, Lehrerbildung Thematisches Cluster: Berufliche Bildung, Hochschulbildung, Lehrer(aus)bildung Stichworte: Bildungsungleichheiten, Bildungsteilhabe, Hochschulstudium, Lehramt, peer-Mentoring Hochschulperspektiven für alle: Peer-Mentoring zur Begegnung von Bildungsungleichheiten im Lehramtsstudium Janika Grunau, Miriam Lotze, Sibylle Drexler Universität Osnabrück, Deutschland Die soziale Herkunft stellt einen entscheidenden Faktor für Bildungsteilhabe in Deutschland dar. Bis in das deutsche Hochschulbildungssystem hinein ist eine Kumulation von Herkunftsungleichheiten zu beobachten (vgl. z. B. Becker 2011: 223). Innerhalb der Bildungs- und Sozialforschung wird die Entstehung und Manifestierung von Bildungsungleichheit an den Schnittstellen der Bildungsbiographie – sprich den Übergängen – verortet (vgl. Maaz 2006: 51). Diese Tatsache offenbart sich auch beim Übergang von der Schule in die Hochschulen und Universitäten: Während 77% der Kinder aus akademischen Elternhäusern ein Studium beginnen, sind es nur 23% der Kinder aus nicht-akademischen Familien (vgl. Middendorf et al. 2012: 11 f.). Sowohl der Erwerb der Hochschulzugangsberechtigung als auch die Entscheidung für ein Studium werden hierbei maßgeblich durch die soziale Herkunft bedingt. Zudem spielt auch ein erfolgreicher Einstieg in das Studium eine wichtige Schlüsselrolle für die weitere akademische Bildungskarriere. Möglichen Studienabbrüchen präventiv entgegenzuwirken ist daher eine zentrale Aufgabe der Hochschulentwicklung. Das Lern- und Unterstützungsformat des „peer Mentorings“ (vgl. Ensher et al. 2001: 419 ff.) bietet hier einen Zugang, Schwellenängste und Unsicherheiten im Hinblick auf ein Studium abzubauen, individuelles Lernen im Studium gezielt zu fördern und auf diese Weise Bildungsungleichheiten aufgrund von sozialen Herkunftseffekte zu begegnen. Das vom niedersächsischen Ministerium für Wissenschaft und Kultur geförderte Projekt „Hochschulperspektiven für alle (HoPe)“ ist ein Mentoringprogramm für Studierende des Lehramtsstudiums. Es umfasst die bedarfsorientierte Unterstützung von Studierenden in der Eingangsphase durch erfahrene Masterstudierende. Ein besonderer Fokus liegt hierbei auf der Förderung von Studierenden niedriger und mittlerer Bildungsherkunft bzw. aus nicht-akademischen Elternhäusern, den sogenannten „First Generation Students“ (vgl. Miethe 2014), da hier häufig Unsicherheiten und Passungsprobleme im akademischen Milieu aufgrund der Diskrepanz zwischen dem primär erworbenen und dem akademisch geforderten Habitus auftreten (vgl. Bremer/Lange-Vester 2014: 66). Das Mentoringprogramm wird quantitativ mithilfe einer RCT-Studie im Prä-Post-Design evaluiert. Hierbei stehen sowohl bei den Mentorinnen und Mentoren als auch bei den Mentees Fragen nach der Wahrnehmung des eigenen Studienerfolgs, nach dem Abbau von Unsicherheiten und Ängsten im Hinblick auf den akademischen Werdegang sowie die Akzeptanz des Mentoringprogramms im Fokus. Die bisherigen Ergebnisse sowie die zusätzlich geführten qualitativen Interviews bestätigen die Hypothese, dass Mentoring als studienbegleitendes Unterstützungsformat wirksam ist und zudem auf eine hohe Akzeptanz bei den beteiligten Akteuren trifft. Auf dem Poster werden zum einen die Struktur und die konkrete Ausgestaltung des Projektes wiedergegeben, zum anderen wissenschaftliche Forschungsergebnisse bezüglich der Wirksamkeit und der Akzeptanz des Projekts „Hochschulperspektiven für alle“ zur Verbesserung der Chancengleichheit am Bildungsübergang Schule – Hochschule dargestellt. ID: 446 Poster Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft, Psychologie Thematisches Cluster: Bildung im Sekundarbereich, Mathematisch-naturwissenschaftlicher Unterricht Stichworte: MINT, Berufsorientierung, Schulische Rahmenbedingungen, Sekundarbereich Traumberuf Naturwissenschaftler? Der Einfluss schulischer Rahmenbedingungen auf die Berufsorientierung im MINT-Bereich Sarah Reinhold, Doris Holzberger, Tina Seidel Technische Universität München, Deutschland Theorie International sowie auch in Deutschland ist eine immer geringere Zahl von Studienanfänger/innen im Bereich Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik (MINT) (Eurydice, 2006; OECD, 2007) festzustellen. Im OECD-Durchschnitt entscheidet sich lediglich ein Viertel aller Studienanfänger für ein Studienfach im MINT-Bereich (OECD, 2014). Doch wie ist dieses geringe Studieninteresse zu erklären und wie kann die Berufsorientierung im MINT-Bereich gefördert werden? In den letzten Jahren steigt das Forschungsinteresse an der Lehr-Lernsituation in den MINT-Fächern der Sekundarstufe stetig an (BMBF, 2012), wobei eine Vielzahl an schulischen Einflussfaktoren überwiegend auf die Kompetenzentwicklung von Schüler/innen im MINT-Bereich untersucht wird. Strukturelle schulische Rahmenbedingungen wie die sozioökonomische Zusammensetzung der Schule, die Anzahl der Schüler oder auch das Schulklima haben sich besonders im Rahmen der Schuleffektivitätsforschung als wichtige Faktoren für die Kompetenzentwicklung erwiesen (Adams, 2014; Hogrebe & Tate, 2010), ebenso die materielle und personelle Ausstattung hinsichtlich des MINT-Unterrichts (Areepattamannil & Kaur, 2013). Zusätzlich werden prozessbezogene Rahmenbedingungen der Schule untersucht, darunter die Gestaltung und Organisation des MINTUnterrichts (Areepattamannil, Freeman, & Klinger, 2011; Boaler & Staples, 2008; Caleon & Subramaniam, 2007) sowie Zusatzangebote wie Wahlpflichtfächer, Schulprojekte oder die Teilnahme an MINT-Wettbewerben (Hampden-Thompson & Bennett, 2013; Milford, Ross, & Anderson, 2010). Mangels eines theoretischen Rahmenmodells, welches die beschriebenen Rahmenbedingungen zusammenfasst, werden in den bisherigen Studien lediglich einzelne Faktoren unabhängig voneinander untersucht. Während der Fokus der Forschung bislang vorrangig auf der kognitiven und motivationalen Kompetenzentwicklung der Schüler/innen lag, untersuchen noch relativ wenige Forschungsprojekte die Prädiktoren der Berufsorientierung von Schüler/innen (Areepattamannil & Kaur, 2013; Basl, 2011). Doch auch hier spielen schulische Rahmenbedingungen (z.B. Angebote der Berufsinformation) eine zentrale Rolle für die Entscheidung für oder gegen ein Studium im MINT-Bereich (Morgan et al., 2013; Legewie & DiPrete, 2014). Fragestellung Der vorliegende Beitrag widmet sich daher der Frage nach Einflussfaktoren von Karriereaspirationen. Auf der Grundlage einer Forschungssynthese wird einerseits ein theoretisches Rahmenmodell abgeleitet, das die bislang in Forschung und Theorie diskutierten Variablen zusammenfasst. Andererseits soll analysiert werden, ob und in welchem Umfang die bisherige Forschung ebenfalls Zusammenhänge zwischen schulischen Rahmenbedingungen und MINT-Berufsorientierungen von Schüler/innen im Sekundarbereich gezeigt hat. Methoden Die systematische Literatursuche erfolgte in den Datenbanken Web of Science und ERIC anhand von Suchbegriffen bzgl. (1) schulischer Rahmenbedingungen (z.B. school characteristic), (2) des MINT-Fachbereichs (math, science, STEM), und (3) Karriereaspirationen (z.B. career aspiration). Die daraus resultierenden 53 Artikel wurden anhand folgender Kriterien durch zwei unabhängige Rater auf ihre Passung analysiert: englischsprachige Publikationen zwischen 2000 und 2015, mindestens ein Zusammenhang zwischen schulischen Rahmenbedingungen und MINT-Karriereaspiration von Schülern in der Sekundarstufe wird untersucht, quantitative Studien, Zeitschriftenartikel mit peer-review. Die verbleibenden 15 Artikel wurden anhand eines Kodierschemas hinsichtlich schulischer Rahmenbedingungen auf struktureller und prozessbezogener Ebene, sowie der Karriereaspiration von Schülern in der Sekundarstufe kodiert. Die Kodierung erfolgte wiederum durch zwei unabhängige Rater, deren Übereinstimmung geprüft wurde. Ergebnisse & Diskussion Basierend auf den bisherigen Forschungsergebnissen wurde ein Modell zum Zusammenhang schulischer Rahmenbedingungen und der MINT-Berufsorientierung von Schüler/innen abgeleitet, das sowohl Faktoren seitens der Schule sowie auch seitens der Schüler/innen umfasst. Erstens wird die Berufsorientierung der Schüler mit Blick auf den MINT-Bereich durch strukturelle Schulmerkmale beeinflusst, bspw. durch die sozioökonomische Zusammensetzung der Schule. Zweitens bedingt das Berufsorientierungsangebot in der Schule, inwieweit sich die Schüler/innen über Karrieremöglichkeiten im MINT-Bereich informiert fühlen und damit auch, ob sie sich letztendlich für einen Beruf oder ein Studium mit naturwissenschaftlich-technischem Schwerpunkt entscheiden. Darüber hinaus spielen drittens motivational-affektive und kognitive Eigenschaften der Schüler/innen selbst eine entscheidende Rolle. Einerseits hängt ihre Ausprägung von den schulischen Rahmenbedingungen ab, und andererseits bedingen sie wiederum die Berufsorientierung der Schüler/innen. Es wird diskutiert, inwieweit die Ergebnisse zur Erklärung des geringen Interesses an MINT-Studiengängen beitragen und welche Faktoren dem positiv entgegenwirken können. ID: 447 Poster Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft Thematisches Cluster: Bildungsgerechtigkeit/ Migration Stichworte: cultural diversity, teacher perceptions, school diversity practices, mixed-methods Linking teachers’ diversity perceptions of the school context and multicultural practices in German secondary schools Sauro Civitillo1, Maja Schachner1, Linda Juang1, Peter Noack2, Fons van de Vijver3 1 Universität Potsdam, Deutschland; 2Universität Jena, Deutschland; 3Tilburg University, the Netherlands In Germany, as in many other European countries, schools are becoming more culturally and linguistically diverse. This has placed further demands upon teachers who are required to educate students with a broader array of abilities and a wider range of backgrounds. As suggested by Horenczyk and Tatar (2012), teachers do not work in isolation, and their response to culturally diverse students tends to reflect norms and values of the educational setting in which they work. Nevertheless, there is considerable variation in the practices schools adopt to deal with cultural diversity (Faas, 2008; Wegmann, 2014). Cultural diversity practices refer to actions that teachers, school staff and school leaders can take to deal with cultural diversity (Banks, 2001), such as displaying images of diverse people in the posters on classroom walls. Taking a sequential mixed-methods approach (Hanson et al., 2005), the current study casts light on how teachers’ perceptions of the school context and cultural diversity practices are related. According to social psychological research on intergroup relations (Berry, 1997; Park & Judd, 2005), two diverse approaches of dealing positively with cultural diversity have been distinguished: egalitarianism and multiculturalism. The first aims at fostering equality and inclusion in order to reduce possible negative consequences of diversity such as perceived discrimination. The second promotes cultural pluralism and emphasizes differences, thereby seeing diversity as a resource. These two approaches also underlie teachers’ diversity beliefs (Hachfeld et al., 2015) and students’ perceptions of the cultural diversity climate in schools (Schachner, Noack, van de Vijver & Eckstein, in press). Although not examined in the empirical literature, it seems likely that teachers’ perceived school norms and values are associated with cultural diversity practices at their school. Drawing on a data pool from a larger investigation on intergroup relations in the educational context, we focused on self-reports from 207 (Mage = 40.8; 73% female), working in 22 multi-ethnic secondary schools (10 low vocational, 7 middle vocational, 5 high school) in south-west Germany, for the current study. Measures of teachers’ perceptions of the diversity context at school tapped into equality and inclusion norms, cultural pluralism norms, teaching of multicultural topics in the classroom curriculum, and headmaster commitment to valuing diversity. In addition, using methods from visual sociology (Pauwels, 2010), cultural diversity practices of the schools in which teachers’ perceptions showed a strong endorsement of either egalitarian or multicultural perceptions were triangulated with images (n = 9494) illustrating school interiors and classrooms materials (n = 2995, see for two examples Figure 1 and 2), and screenshots of school website (n = 6499). Images and screenshots were coded by research assistants and inter-agreement was calculated. Findings of this study show that in the schools in which norms and values were perceived from teachers as highly multicultural oriented, cultural diversity practices supporting the multicultural approach were indeed found. School practices coded as more assimilative in their intent were instead related to perceptions of teachers who work in a more egalitarian school context. In contrast, in the schools in which teachers perceived cultural diversity practices as both low egalitarian and multicultural oriented, hardly any cultural practices or signs of cultural diversity were displayed. Implications for educational policy and practice as well as applied diversity research will be discussed. ID: 454 Poster Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft, Psychologie Thematisches Cluster: Methoden der empirischen Bildungsforschung, Motivation und Emotion, Sonstiges Stichworte: Latent-state-trait, Stabilität, Anstrengungsbereitschaft, Interesse, Gewissenhaftigkeit Schätzung von trait-state Varianzkomponenten und Stabilitäten für Anstrengungsbereitschaft, Individuelles Interesse und Gewissenhaftigkeit Sven Rieger1, Richard Göllner1, Marion Spengler1, Brent W. Roberts2, Benjamin Nagengast1, Ulrich Trautwein1 1 Universität Tübingen, Deutschland; 2Universität Illinois in Urbana-Champaign, USA Theoretischer Hintergrund & Fragestellung In der Persönlichkeitspsychologie werden Konstrukte häufig in sogenannte core- und surface characteristics unterteilt (Asendorpf & van Aken, 2003; Cattell, 1965). Während core characteristics als genetisch determiniert gelten und sich entsprechend früh in der Persönlichkeit manifestieren, wird für surface characteristics postuliert, dass diese sich entweder aus den core characteristics herauskristallisieren oder sich eher später in der Persönlichkeit zeigen. Des Weiteren werden core characteristic als weitestgehend situationsunabhängig und als relativ stabile Merkmale über die Zeit beschrieben (z.B. die Big Five). Surface characteristics hingegen gelten als eher situationsspezifisch und weniger stabil über die Zeit (z.B. selbstbezogene Schemata; Kandler, Zimmermann & McAdams, 2014). Das Klassifizierungssystem von core- und surface characteristics lässt sich ebenso auf Konstrukte der Pädagogischen Psychologie und der Empirischen Bildungsforschung übertragen. Ziel der vorliegenden Arbeit ist es die Konstrukte Individuelles Interesse und Anstrengungsbereitschaft (jeweils in den Fächern Mathematik, Englisch und Deutsch), dem Konstrukt Gewissenhaftigkeit, hinsichtlich zweier Merkmale von core- und surface characteristic, gegenüberzustellen. Hierfür werden die Konstrukte zunächst in eine trait- und in eine state-Komponente (Indikator für Situationsspezifität) zerlegt und daran anknüpfend die Stabilität der trait-Komponenten geschätzt. Die konkreten Forschungsfragen sind folgende: 1) Wie viel Varianz kann den traitFaktoren und wie viel Varianz den state-Faktoren zugeordnet werden? 2) Wie stabil sind die trait-Anteile der Konstrukte über die Zeit? Methode Die Daten für die vorliegende Untersuchung stammen aus der Studie „Tradition und Innovation: Entwicklungsverläufe an Hauptund Realschulen in Baden-Württemberg und Mittelschulen in Sachsen“ (TRAIN; Jonkmann, Rose, & Trautwein, 2013), welche am Hector-Instituts für Empirische Bildungsforschung in Tübingen durchgeführt wurde. Stichprobe. Für die vorliegende Untersuchung wurden Daten von vier Messzeitpunkten (MZP1 bis MZP4; Klasse 5 bis 8) aus 133 Klassen (99 Schulen) verwendet. Zum MZP1 waren Informationen von n = 2,893 (46% weiblich) Schülerinnen und Schüler, zu MZP2 n = 2,936 (45% weiblich), zu MZP3 n = 2,990 (46% weiblich) und zu MZP4 n = 3,052 (46% weiblich) verfügbar. Es wurden alle Informationen von Schülerinnen und Schüler verwendet, die mindestens zu einem MZP einen Fragebogen beantwortet haben. Die Stichprobengröße des endgültigen Datensatz beträgt N = 3,870. Instrumente. Gewissenhaftigkeit wurde anhand der deutschen Version (Lang, Lüdtke, & Asendorpf, 2001) des „Big Five“-Inventar (BFI; John, Donahue & Kentle, 1991) erhoben. Die interne Konsistenz war zu allen vier Messzeitpunkten gut (Cronbachs Alpha`s > .77). Vier Items dienten zur Erfassung der Anstrengungsbereitschaft in den Fächern Mathematik, Englisch und Deutsch. Die interne Konsistenz war für alle Fächer zu allen Messzeitpunkten gut (Cronbachs Alpha’s > .79). Individuelles Interesse wurde für die drei Schulfächer jeweils anhand drei Items erhoben. Die interne Konsistenz war für alle Fächer zu allen Messzeitpunkten akzeptabel (Cronbachs Alpha`s > .70). Statistische Analyse. Anhand autoregressiver Latent-State-Trait Modelle wurden sowohl die Varianzkomponenten der jeweiligen trait- und state-Anteile separiert als auch die Stabilitätskoeffizienten der trait-Anteile geschätzt. Ergebnisse Für Gewissenhaftigkeit fanden sich die zu erwarteten Ergebnisse. So wurde 70.4% der Varianz der trait-Komponente und 29.6% der state-Komponente zugeordnet. Der Stabilitätskoeffizient betrug b = 0.78. Allerdings zeigten sich auch für Individuelles Interesse und Anstrengungsbereitschaft nicht unerhebliche trait-Anteile und Stabilitäten. Folglich wurde für Individuelles Interesse 61.1% bis 66.1% der Varianz den trait-Anteilen und 33.6% bis 38.9% den state-Anteilen zugeordnet. Die Stabilitätskoeffizienten der trait-Faktoren variierten für die verschiedenen Fächer zwischen b = 0.80 bis b = 0.87. Für Anstrengungsbereitschaft wurden 57.8% bis 59.6% der Varianz den trait-Faktoren und 40.4%bis 42.2% der state-Komponenten zugeordnet. Die Stabilitätskoeffizienten der trait-Faktoren variierten zwischen b = 0.80 bis b = 0.82. Die Ergebnisse verdeutlichen, dass auch motivationale Konstrukte beachtliche trait-Anteile aufweisen können. Darüber hinaus zeigen sich im Vergleich zu Gewissenhaftigkeit leicht geringere trait-Anteile, allerdings vergleichbare Stabilitäten. ID: 462 Poster Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft, Psychologie, Lehrerbildung Thematisches Cluster: Bildungsgerechtigkeit/ Migration Stichworte: Metastereotyp, Schüler/innen mit Migrationshintergrund, Kompetenz, Lesekompetenz, türkische Jugendliche Kompetenzbezogene Metastereotypen deutscher und türkischer Jugendlicher im Vergleich Martin Schmidt-Daffy1, Lysann Zander1, Andreas Sander2, Nele McElvany2, Bettina Hannover1 1 Freie Universität Berlin, Deutschland; 2Technische Universität Dortmund Schülerinnen und Schüler (SuS) mit türkischer Familiensprache, eine der größten Subgruppen mit Migrationshintergrund (MH) im deutschen Bildungssystem, gelten als besonders benachteiligt in Bildungspartizipation und Kompetenzerwerb. Defizite der SuS mit türkischem MH werden insbesondere im Bereich sprachlicher Fähigkeiten berichtet (Stanat et al., 2010). Einer der Faktoren, der zu einer Erklärung von Leistungsnachteilen beitragen kann, sind negative Metastereotype, also die Annahme von Menschen, dass Menschen im Allgemeinen ein negatives Stereotyp über die Kompetenzen der jeweiligen Gruppe haben. Negative Metastereotype können im Sinne sich selbsterfüllender Prophezeiungen wirken. Für den mathematischen Bereich zeigen erste Studien, dass SuS unabhängig davon, ob sie selbst einen MH haben oder nicht, die Mathematikleistungen von SuS mit ausländischen Wurzeln für geringer halten als die von deutschstämmigen SuS (Zander et al., 2014). Ähnlich fanden Martiny et al. (2014), dass türkisch- und deutschstämmige Jugendliche gleichermaßen der Meinung waren, dass die meisten Menschen die Mathematikkompetenz von Deutschen für höher halten als die von türkischen Migrantinnen und Migranten in Deutschland. Bisher nicht untersucht ist, inwieweit negative Metastereotype für andere Kompetenzbereiche gelten, z.B. schulische oder sprachliche Kompetenzen. Weiterhin interessiert die Frage, welche Gruppe ggf. ein negatives Metastereotyp über türkischstämmige Jugendliche vermutet: Jugendliche ohne Migrationshintergrund, Jugendliche mit türkischstämmigem oder Jugendliche anderem als türkischen Migrationshintergrund? In einer Online-Studie mit 286 Jugendlichen (Alter M=13.8, SD=1.6; 54.3% weiblich) ohne MH (49.7%: beide Eltern mit deutscher Erstsprache), mit türkischem MH (16.1%: ein oder beide Elternteil/e mit türkischer Erstsprache) oder einem anderen MH (34.2%: alle anderen Konstellationen) haben wir Metastereotype über türkisch- und deutschstämmige SuS erfasst. Zwischen den Teilnehmenden wurde variiert, ob die zu beurteilende Peergruppe (a) als deutsche oder türkische Jugendliche bezeichnet wurde und (b) aus der Sicht deutscher oder türkischer Jugendlicher eingeschätzt werden sollte. Die Teilnehmenden sollten angeben, wie viele deutsche bzw. türkische Jugendliche aus ihrer Sicht deutsche bzw. türkische Jugendliche für 1) allgemein kompetent (4 Items, z.B. „Deutsche/türkische Jugendliche sind geschickt“, „…klug“, nach Cuddy et al., 2004, Alpha=.81); 2) kompetent in der Schule (4 Items. z.B. „Deutsche/türkische Jugendliche sind gut in der Schule“, für Fremdbeurteilung adaptierte Skala schulisches Selbstkonzept aus SESSKO, Schöne et al., 2002, Alpha=.86) und 3) sprachlich kompetent (2 Items, z.B. „Deutschen/türkischen Jugendlichen fällt Lesen leicht“, adaptierte Skala Selbstkonzept Deutsch/Lesen, SESSKO, Schöne et al., 2002, Alpha=.84) erachten. Die Ergebnisse zeigten für schulische und sprachliche Kompetenzen negative Metastereotype in allen drei Gruppen: Sowohl Jugendliche ohne MH, als auch türkischstämmige SuS und SuS mit einem anderen MH waren der Meinung, dass deutsche Jugendliche türkische Jugendliche für weniger kompetent halten als umgekehrt türkische Jugendliche deutsche Jugendliche. Für die allgemeine Kompetenzeinschätzung ergab sich ein anderes Muster: Während Jugendliche ohne MH und mit anderem als türkischem MH wieder der Meinung waren, dass deutsche Jugendliche türkische Jugendliche als weniger kompetent einschätzen als umgekehrt türkische Jugendliche deutsche Jugendliche wahrnehmen, nahmen die türkischstämmigen Jugendlichen an, dass deutsche Jugendliche türkische Jugendliche positiver wahrnahmen als umgekehrt deutsche Jugendliche türkische Jugendliche einschätzen. Alle Effekte blieben bestehen, wenn das Alter der Teilnehmenden kontrolliert wurde. Zusammengefasst zeigte sich, dass Jugendliche, die selbst von negativen Metastereotypen nicht betroffen waren, negative Metastereotypen über türkischstämmige SuS in sämtlichen Kompetenzen vermuteten. Die betroffenen türkischstämmigen SuS hingegen stimmten zwar mit den anderen Gruppen darin überein, dass ihre eigene Gruppe in Bezug auf schulische und sprachliche Kompetenzen negativ gesehen wird; gleichzeitig vermuteten sie jedoch bezüglich allgemeiner Kompetenzen sogar ein positives Metastereotyp über ihre Gruppe. Zukünftige Untersuchungen müssen zeigen, ob dieser Befund als "stereotype reactance" gewertet werden kann: möglicherweise um der von den negativen Metastereotypen ausgehenden Bedrohung entgegenzuwirken, schrieben türkischstämmige Jugendlichen der Eigengruppe auf der übergeordneten Kompetenzdimension sogar positivere Ausprägungen zu als der Fremdgruppe. Die Befunde werden vor dem Hintergrund aktueller Stereotype-ThreatForschung und in ihrer schulpraktischen Bedeutung diskutiert. ID: 472 Poster Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft, Lehrerbildung Thematisches Cluster: Lehrer(aus)bildung Stichworte: Epistemologische Überzeugungen, Lehrerbildung, Bildungswissenschaften, Interventionsstudie, Quasi-Experiment Epistemologische Überzeugungen von Lehramtsstudierenden zu den Bildungswissenschaften: Effekte verschiedener Förderansätze zur Veränderung epistemologischer Überzeugungen Julia Rueß Humboldt-Universität zu Berlin, Deutschland Theoretischer Hintergrund Die Förderung epistemologischer Überzeugungen gilt als wichtige Aufgabe in der Lehrerbildung (Hofer, 2008; Seilfried, 2009). In orientierender und steuernder Funktion können epistemologische Überzeugungen das unterrichtliche Handeln von Lehrpersonen beeinflussen (Feucht, 2010; Staub & Stern, 2002) und auch Einfluss darauf nehmen, wie (primäre) Forschungsliteratur rezipiert und bewertet wird (Mason & Boscolo, 2004; Porsch & Bromme, 2011). Nicht immer angemessene Vorstellungen haben Lehramtsstudierende in Bezug auf die Bildungswissenschaften, mitunter auch noch zum Ende ihres Studiums (Stark et al., 2010; Zeuch & Souvignier, 2015). Bisher fehlt es jedoch an Erkenntnissen dazu, wie die bildungswissenschaftsbezogenen epistemologischen Überzeugungen angehender Lehrkräfte gezielt gefördert werden können. Obgleich vermutet wird, dass epistemologische Überzeugungen als subjektive Theorien relativ stabil sind (Groeben et al., 1988; Schommer, 1990), deutet eine Reihe von Studien darauf, dass eine Förderung durch Interventionen möglich ist. Dabei lassen sich drei übergeordnete Interventionstypen identifizieren: (1) Der direkte Interventionstyp zielt auf eine explizite Thematisierung epistemologischer Überzeugungen, stimuliert etwa über die Reflexion der eigenen epistemologischen Überzeugungen (Brownlee et al., 2011; Khishfe, 2013) oder über die kritische Bewertung von Quellen (Kammerer et al., 2015; Tsai, 2008). (2) Der indirekte Interventionstyp zielt auf eine implizite Auseinandersetzung mit epistemologischen Überzeugungen, die ausgelöst wird, indem Lernende beispielsweise mit multiplen konfligierenden Texten konfrontiert werden (Ferguson et al., 2012; Kienhues et al., 2011) oder vorgegebene Probleme eigenständig lösen (Bernack et al., 2011; Muis & Duffy, 2013). (3) Der Kombinationstyp schließlich verbindet direkte mit indirekten Förderansätzen (Lahtinen & Pehkonen, 2012; Schwartz et al., 2013). Eine empirisch gestützte Antwort auf die Frage, welcher Interventionstyp besonders geeignet ist, bleibt bislang offen. Fragestellung Das Ziel der vorliegenden Studie besteht darin, die Wirksamkeit der verschiedenen Interventionstypen zu prüfen und zu erklären. Untersucht wird, welcher Typ besonders geeignet ist, um die bildungswissenschaftsbezogenen epistemologischen Überzeugungen von Lehramtsstudierenden gezielt zu verändern. Methode Für jeden Interventionstyp werden zunächst theoriegeleitet Interventionen entwickelt und in einer Vorstudie erprobt. Über ein Expertenrating (n=6) wird sichergestellt, dass die Interventionen eine geeignete Umsetzung des theoretischen Interventionstyps darstellen. Um die Wirksamkeit der Interventionen bewerten zu können, wird eine quasi-experimentelle Feldstudie durchgeführt. Die Interventionen werden in je einer regulären Lehrveranstaltung eines Bachelor-Lehramtsmoduls durchgeführt, das aus ähnlich aufgebauten Parallel-Seminaren besteht. Zu Kontrollzwecken wird eine Vergleichsgruppe aus demselben Modul hinzugezogen, die keine Intervention erhält. Der Zeitumfang ist für alle Interventionen auf eine Seminarsitzung von 90 Minuten festgelegt, da sich kurze Interventionen bereits als wirksam erwiesen haben (Ferguson et al., 2013; Gill et al., 2004) und zugrundeliegende Veränderungsmechanismen gezielt untersucht werden können (Feucht, 2010). Die bildungswissenschaftsbezogenen epistemologischen Überzeugungen werden zu drei Messzeitpunkten erhoben: Prä-, Postund zeitverzögert ein Follow-Up-Test. Genutzt werden drei bereits vorliegende und sich ergänzende Fragebogeninstrumente (DEBQ von Hofer, 2000; CAEB von Stahl & Bromme, 2007; Skala zur Wissensanwendung von Blömeke et al., 2008). Da es sich bei den teilnehmenden Studierendengruppen voraussichtlich um kleine Fallzahlen handelt, werden nichtparametrische Verfahren der Datenauswertung genutzt: der Wilcoxon-Vorzeichenrangtest zur Prüfung signifikanter Veränderungen innerhalb der einzelnen Versuchsgruppen sowie der H-Test zur Prüfung von Unterschieden zwischen den Gruppen. Um (nicht) beobachtete Veränderungen auch erklären zu können, sollen im Nachgang der Interventionen fokussierte Interviews mit teilnehmenden Studierenden geführt werden. Orientiert am Veränderungsmodell von Rule & Bendixen (2010) soll dabei untersucht werden, inwieweit sich zwischen den Interventionen unterschiedliche Veränderungsmechanismen abbilden lassen. Ergebnisse Die quasi-experimentelle Feldstudie wird im Wintersemester 2015-16 durchgeführt, so dass zum Zeitpunkt der Konferenz Ergebnisse vorliegen werden. Auf Basis der Vorstudie und des Expertenratings wird erwartet, dass die direkte Intervention und die Kombinationsintervention signifikante Effekte mittlerer Stärke aufweisen. Bei der indirekten Intervention, die von den Expert/innen als gut konzipiert, aber weniger erfolgversprechend bewertet wird, werden nur kleine Effekte erwartet. Zudem werden erste Ergebnisse zu den spezifischen Veränderungsmechanismen der einzelnen Interventionen berichtet. ID: 474 Poster Disziplinen-Cluster: Psychologie Thematisches Cluster: Lese- und Sprachförderung, Trainings- und Evaluationsforschung Stichworte: silbenbasiertes Lesen, Leseförderung, Grundschule Die Silbe im Fokus: Effekte eines silbenbasierten Lesetrainings in Klasse 2 Bettina Müller1, Tobias Richter1, Gabriele Otterbein-Gutsche2 1 Universität Kassel, Deutschland; 2Technische Universität Kaiserslautern, Deutschland Trainings zur Verbesserung der phonologischen Rekodierung (phonics instruction) gelten besonders in der Schuleingangsphase als effektive Maßnahmen zur Förderung der visuelle Worterkennung (z.B. Ehri, Nunes, Stahl & Willows, 2001; NICHD, 2000). Den Kern dieser Trainingsmaßnahmen bilden Aufgaben zur systematischen Festigung und Vermittlung von Graphem-PhonemKorrespondenzen und des alphabetischen Prinzips sowie das Untergliedern von Wörtern in kleinere Einheiten (Galuschka, Ise, Krick & Schulte-Körne, 2014). Durch das wiederholte Lesen häufiger Silben und Morpheme sollen leseschwache Kinder im Aufbau orthographischer Repräsentationen unterstützt und damit die Routinisierung der visuellen Worterkennung gefördert werden (Ritter, 2011). In diesem Beitrag sollen die Effekte eines silbenbasierten Lesetrainings für leseschwache Zweitklässler(innen) auf die einzelnen Teilprozesse der visuellen Worterkennung (phonologische Rekodierung, orthographischer Vergleich und lexikalischer Zugriff) gegenübergestellt werden. Im Fokus des Trainings stand die Silbensegmentierung von Wortmaterial, das anhand der häufigsten Schreibsilben des kindlichen Grundwortschatzes der Altersstufe 6 bis 8 Jahre (vgl. Datenbank ChildLex, Schroeder et al., 2015) zusammengestellt wurde. Insgesamt 150 Kinder der zweiten Klassenstufe wurden aufgrund ihrer Ergebnisse in standardisierten Lesetests (ProDi-L, Richter et al., 2012: Subtests zur visuellen Worterkennung; ELFE 1-6, Lenhard & Schneider, 2006: Subtest Leseverständnis) zur Trainingsteilnahme aus einer Screeningstichprobe von 549 Kindern ausgewählt. Die Umsetzung erfolgte als experimentelles PräPost-Test-Design. Die Zuweisung zu den Trainingsbedingungen erfolgte als randomisierte Blockzuweisung auf Klassenebene: 79 Kinder wurden der Experimental-, 71 Kinder der Wartekontrollgruppe zugewiesen. Das Lesetraining umfasste 24 Sitzungen, die jeweils zwei Mal wöchentlich in Kleingruppen von sechs Kindern von geschulten studentischen Hilfskräften durchgeführt wurden. Nach Abschluss des Trainings erfolgte die wiederholte Testung mit den standardisierten Lesetests. Zur Überprüfung der Trainingseffekte wurden Kovarianzanalysen mit den Post-Test-Werten der ProDi-L-Skalen als abhängige Variablen und der Trainingsbedingung als zweistufigem Faktor (Experimental- vs. Kontrollgruppe) geschätzt. Die Prä-Test-Werte der ProDi-L-Skalen und die kognitive Grundfertigkeit der Kinder (erfasst mittels CFT-1, Weiß & Osterland, 1997) wurden als Kovariaten einbezogen. Für die phonologischen Rekodierung ergab sich ein signifikanter Gruppenunterschied zugunsten der Experimentalgruppe (F (1, 114) = 7.47, p < .05, ῃ2 = .062), ebenso für die orthographischen Vergleichsprozesse (F (1,113) = 4.088, p < .05, ῃ2 = .035). Demnach gelang es Kindern, die das Lesetraining erhalten hatten, nach Abschluss der Intervention, Wörter schneller und genauer zu erkennen als die Kinder in der Kontrollbedingung. Für den Teilprozess des Zugriffs auf Wortbedeutungen zeigten sich jedoch keine Gruppenunterschiede (F (1,103) = .849, n.s.). Das systematische Training sublexikalischer Verarbeitungseinheiten scheint sich demnach positiv auf die Routinisierung der Worterkennungsprozesse ausgewirkt zu haben, jedoch ohne Transfereffekte auf die Aktivierung von Wortbedeutungen. Da gut routinisierte Worterkennungsprozesse eine wichtige Voraussetzung für Leseverständnisprozesse darstellen (Perfetti & Hart, 2002), soll in dem Beitrag weiterführend untersucht werden, inwieweit Effekte auf hierarchiehöhere Prozesse erzielt werden konnten. ID: 483 Poster Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft, Psychologie, Didaktik Deutsch Thematisches Cluster: Bildungsgerechtigkeit/ Migration, Kompetenzdiagnostik/ Kompetenzentwicklung, Lese- und Sprachförderung Stichworte: Sprache, Diagnostik, Grammatik, Deutsch als Zweitsprache, Validierung Entwicklung und Validierung eines Instruments zur Erfassung grammatischer Fähigkeiten in der 3. und 4. Jahrgangsstufe für Kinder deutscher und nicht-deutscher Familiensprache (INGA 3-4) Jennifer Paetsch1, Annkathrin Darsow1, Anja Felbrich1, Petra Stanat1,2 1 Humboldt-Universität zu Berlin, Deutschland; 2Institut zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen (IQB) Theoretischer Hintergrund: Aus der Forschung zum Zweitspracherwerb ist bekannt, dass bestimmte grammatische Merkmale der deutschen Sprache für Kinder nicht-deutscher Familiensprache schwierig zu erwerben sind. Aber auch Schüler deutscher Familiensprache haben nicht selten Schwierigkeiten im Bereich der Grammatik. Um Kinder gezielt zu fördern, ist eine Diagnose derjenigen Teilbereiche notwendig, die ihnen besondere Schwierigkeiten bereiten. Die derzeit vorliegenden Testverfahren zur Erfassung grammatischer Kompetenzen sind aus ökonomischen und inhaltlichen Gründen für wissenschaftliche aber auch für pädagogische Fragestellungen oft nicht sinnvoll einsetzbar (eine Übersicht findet sich z.B. bei Ehlich, 2007; Redder et al., 2011). Im Rahmen des vom BMBF geförderten Projekts BeFo II (Vertiefende Analysen zu Bedingungen der Wirksamkeit sprachsystematischer und fachbezogener Sprachförderung bei Grundschulkindern nicht-deutscher Familiensprache) wurde deshalb erstmals ein Test zur Erfassung der grammatischen Kompetenzen für die Jahrgangsstufen 3 und 4 der Grundschule entwickelt, der als Gruppentest administrierbar ist und separate Normen für Kinder deutscher und nicht-deutscher Familiensprache zur Verfügung stellt. Mit Hilfe des standardisierten Tests sollen Lehrkräfte einzelne Kinder mit der entsprechenden Referenzpopulation vergleichen können, um spezifische Problembereiche zu identifizieren, die in einer gezielten Förderung angesprochen werden können. Die Entwicklung der Aufgaben erfolgte theoriegeleitet auf der Grundlage von Entwicklungsstufen bestimmter grammatikalischer Bereiche (z.B. Appeltauer, 1997; Grießhaber, 2007). Der im Test verwendete Wortschatz orientiert sich am Standardwortschatz für die Grundschule (Grundschulwörterbuch Deutsch, Langenscheidt). Fragestellung: Der Posterbeitrag geht auf Kriterien für die Entwicklung eines Instrumentes zur Messung grammatischer Kompetenzen für Kinder deutscher und nicht-deutscher Familiensprache ein. Dabei wird insbesondere die inhaltliche Ausdifferenzierung verschiedener grammatischer Bereiche begründet dargelegt. Des Weiteren werden Ergebnisse der Normierungs- und Validierungsstudie dargestellt. Es werden Ergebnisse zur dimensionalen Struktur, Zusammenhänge mit anderen Testverfahren (konvergente und divergente Validität) sowie mit äußeren Kriterien (Lehrereinschätzungen Leistungen der Kinder) berichtet. Methode und Ergebnisse: Bei einer im Herbst 2013 durchgeführten Pilotierungsstudie wurde der Test an 40 Grundschulen erfolgreich erprobt. Die Normierung fand im Herbst 2014 an Grundschulen der Bundesländer Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Bremen und Baden-Württemberg statt. Die Stichprobe wurde per Zufall gezogen. Um Normwerte für die Gruppe Kinder nichtdeutscher Familiensprache zu erhalten, wurde eine Schichtung der Schulen nach dem Anteil an Schülerinnen und Schüler deutscher und nicht-deutscher Familiensprache vorgenommen. Des Weiteren verhielt sich die Stichprobenverteilung nicht proportional zur Größe der Bundesländer, weshalb die gewünschte Verteilung eine weitere Schichtung nach Bundesland erforderte. An der Normierung nahmen 2 753 Kindern im Alter zwischen 7;0 und 12;7 Jahren (MW = 8;10 Jahre) teil. Davon besuchen 49.3 % die 3. Jahrgangsstufe und 28.1 % sprechen mit mindestens einem Elternteil eine andere Sprache als Deutsch. Die Überprüfung der Validität erfolgte auf Grundlage einer Teilstichprobe. Die interne Konsistenz des gesamten Tests (60 Aufgaben) wurde getrennt nach Jahrgangsstufe und Familiensprache (deutsch/nicht-deutsch) bestimmt und liegt zwischen α = .92 und α = .94. Die Ergebnisse zeigen, dass sich Kinder deutscher und Kinder nicht-deutscher Familiensprache beider Jahrgangsstufen signifikant in ihren grammatischen Kompetenzen unterscheiden. Kinder deutscher Familiensprache in der 3. Jahrgangstufe lösten durchschnittlich 66.9 % (SD = 20.4) der Aufgaben währenddessen Kinder nicht-deutscher Familiensprache 44.6. % (SD = .22.7) richtig lösten (Effektstärke d= 1.07, die Effektstärke in der 4. Jahrgangsstufe liegt bei d = 0.96). Ergebnisse der Validierungsstudie zeigen, dass die Korrelationsstruktur den theoretischen Annahmen entspricht. So korreliert der Test einerseits mit Verfahren zur Erfassung von Wortschatzkenntnissen bzw. grammatischen Kompetenzen zwischen r = .59 und r = .84 und andererseits mit den mathematischen Leistungen der Kinder zwischen r = .24 und r = .43. Im Rahmen des Beitrages werden abschließend die methodische Konzeptualisierung des Tests und Implikationen für die Ausgestaltung der pädagogischen Arbeit diskutiert. ID: 486 Poster Disziplinen-Cluster: Psychologie Thematisches Cluster: Bildungsgerechtigkeit/ Migration, Kompetenzdiagnostik/ Kompetenzentwicklung, Lese- und Sprachförderung Stichworte: Lesekompetenzentwicklung, Lesegeschwindigkeit, Leseverständnis, Grundschule, Bilingualismus Entwicklung der Lesekompetenz in der Grundschule: Unterscheiden sich die Wechselbeziehungen zwischen Leseverständnis und -geschwindigkeit bei deutschsprachigen und bilingualen Kindern? Anika Fäsche1, Bettina Müller2, Petra A. Arndt1, Kerstin Kipp3 1 Universität Ulm, Deutschland; 2Universität Kassel, Deutschland; 3Staatliche Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Stuttgart, Deutschland Das Lesen stellt eine Hauptkompetenz dar, die Kinder während der Grundschulzeit erlernen (Pfost et al., 2012). Gelingende Leseprozesse reichen vom schnellen und genauen Dekodieren von Wörtern bis hin zur Fähigkeit, den Sinn ganzer Texte zu erfassen. Die Bedeutung dieser basalen und höheren Lesefertigkeiten nimmt über die Grundschulzeit stetig zu. Längsschnittliche Studien zeigten, dass eine gute Lesekompetenz in der Schulzeit mit späterem höheren akademischen Erfolg zusammenhängt (Esser et al., 2002). Umso beunruhigender sind die Ergebnisse großangelegter Vergleichsstudien (z.B. PIRLS, 2006), wonach rund 13% der deutschen Grundschüler am Ende ihrer Grundschulzeit schwerwiegende Defizite im Lesen aufweisen (Bos et al., 2007). Insbesondere bilinguale Kinder scheinen in ihrer Lesekompetenzentwicklung mit zusätzlichen Anforderungen konfrontiert zu sein. Das Risiko, in der Leseleistung zurück zu liegen, ist für diese Kinder zwei bis drei mal höher als für ihre deutschsprachigen Klassenkameraden, mit weitreichenden kumulativen Folgen für die akademische Laufbahn (Baumert & Schümer, 2001). Dies betont die Bedeutung der Erforschung typischer Entwicklungsmuster der Lesekompetenz für Kinder mit unterschiedlichem sprachlichen Hintergrund. Das Ziel der vorliegenden Untersuchung war eine Prüfung möglicher Wechselbeziehungen zwischen dem Leseverständnis und der Lesegeschwindigkeit in der Grundschulzeit, sowie möglicher Unterschiede in diesen Beziehungen zwischen deutschen und bilingualen Kindern. Die Daten wurden im Kontext der „Wissenschaftlichen Begleitung des „Bildungshaus 3 – 10““, gefördert mit Mitteln des BMBF und des ESF der EU, erhoben. Es liegen Daten von Kindern aus Grundschulen vor, die in üblicher Weise mit den Kindergärten kooperieren, sowie Daten von Kindern aus Grundschulen, die im Rahmen des baden-württembergischen Modellprojekts „Bildungshaus 3-10“ eine Intensivkooperation mit den zugehörigen Kindergärten aufgebaut haben. Teilnehmer waren 1221 Kinder (50% Mädchen) aus zwei Kohorten (64% Bildungshausstichprobe). Fast ein Fünftel (19%) der Kinder sprach in der Familie kein Deutsch oder eine weitere Sprache (23% Bildungshaus-, 15% Vergleichsstichprobe). Sie wurden in der zweiten, dritten und vierten Klasse hinsichtlich Leseverständnis (ELFE 1-6; Lenhard & Schneider, 2006) und Lesegeschwindigkeit (WLLP-R; Schneider et al., 2011) untersucht. Soziodemografische Angaben wurden per Fragebogen durch die Mütter erfasst. Die Analysen kontrollierten neben Alter, Geschlecht, Intelligenz, Bildungshauserfahrung und Kohortenzugehörigkeit des Kindes auch für das Bildungsniveau der Mutter, das Einkommen der Familie und für die Nestung der Daten. Erste Ergebnisse latenter Cross-lagged Analysen im Multigruppendesign zeigten für die autoregressiven Modellpfade, dass sowohl für deutschsprachige als auch bilinguale Kinder das Leseverständnis in Klasse 3 (Bdeut = .89, p < .001, Bbiling = .72, p < .001) und Klasse 4 (Bdeut = .83, p < .001, Bbiling = .91, p < .001) jeweils durch das Leseverständnis des Vorjahres positiv vorhergesagt wurde. Ebenso wurde die Lesegeschwindigkeit in Klasse 3 (Bdeut = .43, p < .01, Bbiling = .51, p < .001), nicht aber Klasse 4, in beiden Gruppen positiv durch die Leistung im Vorjahr vorhergesagt. Unterschiede zeigten sich in den cross-lagged Modellpfaden. Für deutschsprachige Kinder wurde sowohl die Lesegeschwindigkeit in Klasse 3 (Bdeut= .32, p < .001) als auch Klasse 4 (Bdeut = .78, p < .001) positiv durch das Leseverständnis des Vorjahres vorhergesagt. Signifikante Zusammenhänge zeigten sich hingegen nicht zwischen dem Leseverständnis in Klasse 3 und 4 und der Lesegeschwindigkeit des Vorjahres. Für bilinguale Kinder wurde die Lesegeschwindigkeit in Klasse 4 (Bbiling = .79, p < .05), nicht aber Klasse 3, durch das Leseverständnis des Vorjahres vorhergesagt. Demgegenüber zeigte sich ein negativer Zusammenhang zwischen dem Leseverständnis in Klasse 4 (Bbiling = -.17, p < .001), nicht aber Klasse 3, mit der Lesegeschwindigkeit des Vorjahres. Die vorliegende Arbeit betont differenzielle Entwicklungsmuster in der Lesekompetenz für Grundschulkinder mit unterschiedlichem sprachlichen Hintergrund. Weitere Ergebnisse zu Moderatoreffekte durch die Bildungshauserfahrung werden vorgestellt. Hieraus wird abgeleitet, inwiefern jahrgangs- und institutionsübergreifende Lern- und Spielangebote vor und nach dem Eintritt in die Schule Kinder in ihrer Lesekompetenzentwicklung zusätzlich unterstützen können. ID: 491 Poster Disziplinen-Cluster: Psychologie Thematisches Cluster: Selbstreguliertes Lernen, Trainings- und Evaluationsforschung, Vorschulische Bildung Stichworte: Eltern-Kind-Interaktion, Scaffolding, Co-Regulation, Problemlösen Der Einfluss der elterlichen Co-Regulation auf das Problemlöseverhalten von Kleinkindern Silke Hertel, Kim Angeles Gärtner Universität Heidelberg, Deutschland Theoretischer Hintergrund Selbstregulationsfähigkeiten stellen eine wichtige Voraussetzung für erfolgreiches Lernen und Problemlösen dar (Zelazo, Carter, Reznick & Frye, 1997). Sie entwickeln sich bereits in der frühen Kindheit, wobei die Interaktion mit der Umwelt – insbesondere der Eltern – einen hohen Stellenwert einnimmt (Fay-Stammbach et al., 2014). Durch co-regulierendes Verhalten können Eltern ihr Kind dabei unterstützen, Selbstregulationsfähigkeiten zu erwerben. Die elterliche Co-Regulation kann sowohl emotionalmotivationale Aspekte als auch kognitive Prozesse adressieren. Für die Beschreibung elterlicher Co-Regulation im kognitiven Bereich kann der Begriff „Scaffolding“ (Wood, Bruner & Ross, 1976) herangezogen werden. Scaffolding ist gekennzeichnet durch die kontinuierliche Anpassung und das Ausblenden der Unterstützung, sowie das Übertragen von Verantwortung (van de Pol, Volman & Beishuizen, 2010). Für die Unterstützung können unterschiedliche Strategien herangezogen werden, z.B. Aufmerksamkeit lenken, Fragen stellen, Hinweise geben, Erklären, Transfer anregen (van de Pol et al., 2010). Scaffolding wurde bislang insbesondere in schulischen Lehr-Lernsituationen untersucht (z.B. van de Pol et al., 2010). In diesem Beitrag wird das Konzept auf den Bereich der frühen Bildung und Eltern-Kind-Interaktion übertragen. Fragestellungen 1. Welchen Einfluss hat das elterliche Scaffolding-Verhalten auf den Erfolg von Kleinkindern bei der Bearbeitung von Problemlöseaufgaben? 2. Können elterliche Scaffolding-Strategien im Rahmen eines Elterntrainings effektiv vermittelt werden? Methode Zur Beantwortung der Forschungsfragen wurden Daten von 47 Eltern-Kind-Dyaden (Alter der Kinder: 18-36 Monate) im Rahmen einer experimentellen Interventionsstudie erhoben. Die Zuteilung zu einer von drei Gruppen erfolgte randomisiert: 1) ScaffoldingTraining, 2) Scaffolding- und Feinfühligkeits-Training, und 3) Warte-Kontrollgruppe. Das elterliche Scaffolding-Verhalten wurde vor und nach den Trainings anhand von Fragebögen und Videoaufnahmen von Eltern-Kind-Interaktionen während zwei Problemlöseaufgaben (mittlere und hohe Schwierigkeit) erfasst und mittels eines eigens entwickelten Ratingsystems (highinference) analysiert. Der Fokus lag auf den Dimensionen Passung der Unterstützung, Verantwortungsübertragung, Lenkung der Aufmerksamkeit und Nutzung von Scaffolding-Strategien. Die Leistung der Kinder in den Problemlöseaufgaben (PL) wurde auf einer dreistufigen Skala erfasst (erfolgreich gelöst, teilweise gelöst oder nicht gelöst), für die weiteren statistischen Analysen jedoch dichotom betrachtet (mittlere PL: erfolgreich vs. teilweise/nicht gelöst; schwierige PL: nicht gelöst vs. teilweise/erfolgreich gelöst). Der kognitive Entwicklungsstand der Kinder wurde mit den Bayley Scales II erfasst. Ergebnisse Zur Beantwortung der ersten Forschungsfrage wurden, basierend auf Daten des Prätests, sequentielle logistische Regressionen in PASW 22 gerechnet. Die Leistung der Kinder in den Problemlöseaufgaben stellte jeweils die abhängige Variable dar. Im ersten Schritt wurden das Alter und die kognitive Entwicklung (KE) der Kinder als Prädiktoren aufgenommen. Der zweite Schritt beinhaltete die Variablen des elterlichen Scaffolding-Verhaltens. Für die mittlere Problemlöseaufgabe ergab sich eine gute Modellgüte unter Einbezug des Alters und der KE der Kinder, χ²(2)=9.62, p<.01, Nagelkerkes R²=.27. Durch Hinzunahme der Scaffolding-Variablen verbesserte sich die Modellpassung signifikant, χ²(6)=18.48, p<.01, Nagelkerkes R²=.65. Ein vergleichbares Bild zeichnet sich für die schwierige Problemlöseaufgabe ab. Insbesondere die Dimension Lenkung der Aufmerksamkeit stellt einen bedeutsamen Prädiktor in der mittleren Problemlöseaufgabe dar (b=3.92, p<.01), nicht aber in der schwierigen (b=1.70, p<.10). Zur Beantwortung der zweiten Forschungsfrage wurden MANCOVAs gerechnet, wobei für die Daten des Prä-Tests kontrolliert wurde. Es zeigten sich signifikante Trainingseffekte hinsichtlich der elterlichen Überzeugungen, F(2,35)=3.32, p<.05, und des Wissens über Scaffolding, F(2,35)=3.51, p<.05 (Fragebogendaten) sowie der Nutzung von Scaffolding-Strategien, F(1,26)=7.31, p<.05 (Videobeobachtung). Eltern der Experimentalgruppen wiesen im Post-Test höhere Werte auf als Eltern der WarteKontrollgruppe. Diskussion Die Ergebnisse weisen auf die Bedeutung elterlicher Co-Regulation beim Bearbeiten von Problemlöseaufgaben sowie die Wirksamkeit von Elterntrainings zur Vermittlung von Scaffolding-Strategien hin. Bei der Interpretation der Ergebnisse ist die kleine, selektive und homogene Stichprobe zu berücksichtigen. Die Auswertungen der Eltern-Kind-Interaktionen basieren auf einem high-inference Rating. Weitere Analysen mit Hilfe eines low-inference Ratings könnten zusätzliche Einblicke in die zugrunde liegenden Prozesse liefern. Zukünftig sollen die Forschungsarbeiten auf die Risikogruppe frühgeborener Kinder und ihrer Eltern ausgeweitet werden. ID: 506 Poster Disziplinen-Cluster: Didaktik Fremdsprachen Thematisches Cluster: Fremdsprachenunterricht Stichworte: Mehrsprachigkeit, Fremdsprachenunterricht, Situation, Videostudie, Konversationsanalyse Mehrsprachigkeit im schulischen Drittsprachenunterricht: Eine videobasierte Analyse Miroslav Janik, Tomas Janik, Eva Minarikova Masaryk Universität, Tschechische Republik Der Beitrag beschäftigt sich mit der Problematik, wie im Unterricht des Deutschen als Fremdsprache mit der Tatsache umgegangen wird, dass im schulischen Kontext in der Tschechischen Republik Deutsch nach Englisch gelernt wird. Theoretisch wird dieser Beitrag durch die Konzeption der Mehrsprachigkeit gerahmt. Für unsere Auffassung von Mehrsprachigkeit ist die Annahme grundlegend, dass sich Mehrsprachigkeit als die Fähigkeit verstehen lässt, drei oder mehrere Sprachen auf unterschiedlichen Niveaus und mit unterschiedlichem Grad an Flüssigkeit zu verwenden (de Angelis, 2007, S. 8). Dementsprechend wird Mehrsprachigkeit als mehrsprachige Kompetenz charakterisiert, die nicht einfach die einsprachigen Kompetenzen addiert, sondern diese kombiniert und vielfältig vernetzt. In unserem Beitrag betrachten wir die Sprachen nicht als voneinander getrennte Elemente, sondern als kommunikative „Ressourcen“ (Lüdi & Py, 2009). In Anlehnung an Hufeisen (2003, S. 97) gehen wir davon aus, dass die erworbenen oder zu erwerbenden Lerner/innensprachen einander in unterschiedlicher Weise beeinflussen bzw. miteinander interagieren und somit in diesem Zusammenspiel die Gesamtheit der Sprachen eines lernenden Individuums ausmachen. Wir nehmen an, dass dieses Phänomen in Interaktionen zwischen Lehrer/innen und Schüler/innen im Fremdsprachenunterricht sichtbar ist. Das Ziel unseres Beitrages ist es, jene Situationen im L3-Unterricht zu beschreiben, die einen sichtbaren Einfluss der L2 aufweisen. Als Hauptforschungsfrage galt folgende: „Wie lassen sich die Situationen im realen Deutsch als L3- Unterricht beschreiben, die einen Einfluss des Englischen als L2 aufweisen?“ Die Forschungsfragen, die gestellt wurden, sollten Aufschluss darüber geben: (1) wie die Situationen organisiert werden und welche typischen Organisationssequenzen sich in den Situationen identifizieren lassen? (2) Wie und von wem die Situationen initiiert werden? (3) Welche Sprachmittel in den jeweiligen Situationen ausgebaut werden? Im Rahmen der Diskussion wird auf die Frage eingegangen, wie die Situationen zur Förderung der Mehrsprachigkeit ausgenutzt werden. Als Datenquelle für unsere Studie wurde eine Videostudie gewählt, die im Rahmen des gesamten Projektes IRSE Videostudien (z.B. Janík et al., 2006) durchgeführt wurde. Die Stichprobe für die Videostudie des Faches Deutsch als Fremdsprache umfasste 8 Schulen, 8 Lehrkräfte und die Datenbasis bilden insgesamt 28 Unterrichtsstunden. Zuerst wurden die Videoaufnahmen transkribiert. Dann haben wir jene Situationen identifiziert, die einen sichtbaren Einfluss der L2 aufweisen. Als Situation verstehen wir Interaktionen bzw. Interaktionsketten, die eine thematisch abgegrenzte Einheit bildet. Die Identifizierung dieser Situationen erfolgte durch trainierte Videorater/innen nach einer Überprüfung der Beobachter/innenübereinstimmung (Cohens Kappa: 0,71). Als Methode zur Analyse der identifizierten Situationen wurde die Konversationsanalyse eingesetzt (Silverman, 1998; Deppermann, 2001). Da es sich in unserer Studie um einen unterrichtlichen Kontext handelt, müssen einerseits einige Spezifika der Konversation in der Schulklasse berücksichtigt werden (z.B. Seedhouse, 2004), andererseits sollte auch nicht vergessen werden, dass es sich um eine Art mehrsprachiger Konversation handelt (z.B. Gumperz, 1970). Die vorläufigen Ergebnisse deuten darauf hin, dass das Englische oft als Reaktion auf eine Lehrer/innenfrage vorkommt und dass es sich dabei höchstwahrscheinlich um eine kommunikative Strategie handelt. Der/ die Lehrer/in reagiert am häufigsten mit Hilfe einer Korrektur (repair) in zwei Formen: entweder sagt er/sie selbst die erwartete (preferred) deutsche Variante, oder weist er/sie darauf hin, dass der Schüler/die Schülerin eine andere Sprache eingesetzt hat. Diese Andeutung verläuft fast ausschließlich auf Tschechisch (L1). Weiters hat sich gezeigt, dass die Situationen öfter von den Schüler/innen initiiert werden als von den Lehrkräften und dass vor allem Wortschatz und Aussprache als Sprachmittel in den untersuchten Situationen gefördert werden. Anhand der Ergebnisse bietet sich eine Möglichkeit, sowohl für die fachdidaktische Forschung als auch für die Praxis zu überlegen, wie die Mehrsprachigkeit der Schüler/innen ausgenutzt werden kann und wie der Fremdsprachenunterricht des Deutschen nach Englisch effektiver gestaltet werden kann. ID: 507 Poster Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft, Psychologie, Soziologie Thematisches Cluster: Bildungsgerechtigkeit/ Migration, Lese- und Sprachförderung, Vorschulische Bildung Stichworte: Lesekompetenz, häusliche Lernumwelt, erwartungswidriger Bildungserfolg, Kindergarten, NEPS Erfolg versprechende Lesevorläuferfähigkeiten wider soziale Umstände – welche Rolle spielt die häusliche Lernumgebung? Jennifer Lambrecht, Helvi Koch, Guido Nottbusch, Nadine Spörer Universität Potsdam, Deutschland Lesen gilt als Grundlage für lebenslanges Lernen und als Schlüsselkompetenz in der Wissensgesellschaft (Hohn et al., 2013). Zwar kann aus internationalen Vergleichsstudien geschlossen werden, dass sich die Lesekompetenz der Schulkinder in Deutschland verbessert hat und dass sich die Chancenungleichheit im Bildungssystem verringert, jedoch besteht nach wie vor eine Kopplung zwischen Herkunft und Lesekompetenz bei 15-jährigen Schulkindern (Ehmke, Klieme & Stanat, 2013; OECD, 2013). Diese Kopplung, also die Wirkmächtigkeit sozialer Disparitäten, konnte auch für Grundschulkinder gezeigt werden: Kinder mit Migrationshintergrund, Kinder nicht-deutscher Herkunftssprache sowie Kinder aus einkommensschwachen und bildungsbenachteiligten Elternhäusern verfügen über weniger personale Ressourcen und schneiden in Lesekompetenztests weniger gut ab als Kinder, die nicht zu diesen Gruppen gehören (Merkens, 2012; Tarelli et al., 2012). Bereits im Kindergarten lassen sich soziale Disparitäten in den für das Lesen notwendigen Vorläuferfähigkeiten wie Wortschatz, Grammatik und phonologische Bewusstheit finden (Weinert, Ebert & Dubowny, 2010; Weinert & Ebert, 2013). Aufgrund dieser früh feststellbaren Disparitäten ist davon auszugehen, dass die häusliche Lernumwelt bei dem Erwerb der Vorläuferfähigkeiten eine wichtige Rolle spielt. Internationale sowie nationale Befunde bestätigen dies (Melhuish et al., 2008, Siraj-Blatchford 2010; Lehrl et al., 2012; Weinert & Ebert, 2013), wobei Uneinheitlichkeit dahingehend besteht, dass international die Bedeutung der häuslichen Lernumwelt größer zu sein scheint als dies in nationalen Studien gezeigt werden konnte. So konstatieren Weinert und Ebert (2013) eher kleine Effekte der häuslichen Lernumwelt. Melhuish et al. (2008) analysierten Einflussfaktoren auf erwartungswidrigen Bildungserfolg, den 16% der Kinder in Risikogruppen aufwiesen. Sie fanden einen bedeutenden Einfluss der häuslichen Lernumwelt. Mögliche Ursachen können Unterschiede in der Operationalisierung sowie im methodischen Vorgehen sein. Die vorliegende Studie hat im Anschluss an diese Ergebnisse zum Ziel, zu analysieren, (1) in welchem Ausmaß Kindergartenkinder aus Risikogruppen in Deutschland erwartungswidrig hohe Vorläuferfähigkeiten im Lesen aufweisen und (2) ob sich die häuslichen Lernumwelten von diesen Kindern von Kindern, die erwartungskonforme Kompetenzen mitbringen, unterscheiden. Es wird erwartet, dass Kinder aus Risikogruppen, die erwartungswidrig hohe Kompetenzen haben, in einer günstigeren Lernumwelt aufwachsen, als Kinder, die erwartungskonforme Kompetenzen mitbringen. Die Datengrundlage zur Prüfung dieser Hypothese bildet die Startkohorte 2 des nationalen Bildungspanels (Blossfeld et al., 2011). Die Analysen beruhen auf N = 2800 vierjährigen Kindergartenkindern, deren Vorläuferfähigkeiten querschnittlich mittels des standardisierten Wortschatztests PPVT-R (Roßbach et al., 2005) und der gekürzten Version des Grammatikverständnistests TROG-D (Fox, 2006) erhoben wurden. Die Eltern wurden mittels standardisierten Fragebögen sowie Telefoninterviews bezüglich familiärer Hintergrundmerkmale (Geburtsland, Haushaltseinkommen, sozialer Status, Bildung) und der häuslichen Lernumwelt befragt. Aus den Angaben zu familiären Hintergrundmerkmalen wurden der ISEI-08 (Ganzeboom et al., 1992; Ganzeboom, 2010) als Indikator für den sozialen Status und die Bildungsklassifikation CASMIN (Lüttiger & König, 1988; Lechert, Schroedter & Lüttinger, 2006) als Indikator für den Bildungsstand gebildet. Der Migrationshintergrund wurde über das Herkunftsland des Kindes und seiner Eltern berechnet, die Herkunftssprache wurde über die Interaktionssprache im Haushalt operationalisiert. Anschließend wurden Risikogruppen identifiziert (niedriger ISEI, niedriger CASMIN, Migrationshintergrund und nicht-deutsche Herkunftssprache). Erste Analysen zeigen, dass N = 475 Kindergartenkinder zu mindestens einer Risikogruppe gehören, wobei 87% dieser Kinder mehreren Gruppen angehören. Aus den Angaben der Eltern zu häuslichen Aktivitäten mit ihrem Kind (z. B. Häufigkeit des Vorlesens) wurde in Anlehnung an Melhuish et al. (2008) aus sieben Variablen ein Index zur Ausprägung der häuslichen Lernumwelt gebildet. Zur Operationalisierung erwartungswidrig hoher Kompetenzen wurden Regressionen von den Indizes zu familiären Hintergrundmerkmalen und Individualfaktoren des Kindes (z. B. Geschlecht) auf die Vorläuferfähigkeiten im Lesen gerechnet. Mittels standardisierter Residuen auf Individualebene wurden Kinder identifiziert, die erwartungswidrig hohe Werte (eine Standardabweichung über dem Mittelwert) in Wortschatz und Grammatik aufwiesen (Melhuish et al., 2008). Differentielle Analysen zu den Lernumwelten von Kindern aus Risikogruppen und dem Zusammenhang zu Vorläuferfähigkeiten im Lesen erfolgen mittels logistischer Regression. Diese Analysen werden derzeit durchgeführt. ID: 508 Poster Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft, Psychologie Thematisches Cluster: Bildung im Sekundarbereich, Bildungsgerechtigkeit/ Migration, Inklusion Stichworte: Transition to secondary school, Turkish German, school engagement, narrative interviews Making it to the Top – Narratives of Secondary School Experience among Young Adults in Germany of German and Turkish Heritage Ursula Moffitt, Linda Juang Universität Potsdam, Deutschland While ostensibly a meritocracy, the three-tiered school system in Germany strengthens divisions along cultural and class-based lines (Gomolla, 2012). Research has shown that a disproportionate number of children with migration background are sent to the lower track schools (Scherr, Janz, & Müller, 2015), thereby reinforcing negative stereotypes (Zander, Webster, & Hannover, 2014), and perpetuating systemic inequalities. Children of Turkish heritage, who represent the largest ethnic minority group in Germany, tend to have the lowest overall academic achievement (von Below, 2007), while also reporting high levels of discrimination (Foroutan et al., 2014). Yet, the narrowing performance gap between children with and without migration background over the past decade (OECD, 2013) indicates a potential shift in a positive direction. So what are the factors that promote school success among those who attend Gymnasium, and which factors get them there in the first place? Do the experiences of Gymnasium attending Germans without migration background differ from those of Turkish heritage? Using semistructured, narrative based interviews, the present study aimed to address these questions. Participants included young adults (N = 20; Mage = 25; 50% female), all born and raised in Germany, 10 of Turkish heritage, 10 of German heritage. Questions focused on parental support, teacher and peer relationships, school engagement, and whether and to what extent cultural diversity was addressed in the classroom. As young adulthood represents a period of heightened identity exploration (Arnett, 2015), participants were able to critically reflect on meaning-making experiences encountered during secondary school. Data were analyzed first using an adapted listening guide method (Rogers & Way, 2015), which allows for detailed engagement with interview text in context, then using thematic analysis (Braun & Clarke, 2006) in MAXQDA 12. Clear trends emerged, including parental intervention overriding teachers’ recommendations of lower track schools among the majority of Turkish heritage participants, often despite positive school performance. No German heritage participants faced such an experience. All participants reported a steep decline in the number of students with migration background (both in general and in students with Turkish heritage specifically) between primary and secondary schools. This shift to a more homogenous cultural context was challenging for certain Turkish heritage participants who faced regular ethnic discrimination and were made continually aware of their minority status. Although no participants of Turkish heritage reported much discussion of cultural diversity at school, those who encountered ethnic discrimination emphasized this lack as a significant problem. Participants of both German and Turkish heritage stated that when diversity was discussed, it was generally in a comparative European or global context, thereby underscoring the idea of Germany as a monocultural country. No participants reported ever having discussed Germany as a country of immigration. These key findings highlighted the stark discrimination that occurs both in the transition to Gymnasium and during school itself, including in the form of omission of intercultural education and recognition of German as a multicultural country. Those Turkish heritage participants who faced the most discrimination cited their parents and Turkish heritage friends as key sources of support in making it through Gymnasium. While such support is positive, had these students not faced consistent discrimination, their academic success may not have necessitated such struggle. These results thereby underscore the need for great change in the secondary school environment to promote equity, intercultural understanding, and a level playing field for all students. As Germany continues to become more culturally diverse, results such as these highlight deep inequalities, while also offering key insight into points for positive change in the future. Word count: 580 ID: 529 Poster Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft, Psychologie Thematisches Cluster: Bildung im Sekundarbereich, Motivation und Emotion Stichworte: Langeweile im Unterricht, Berufswahlintentionen, Erwartungs-x-Wert-Modell Schulische Langeweile und Berufswahlintentionen: Mehr als nur Über- oder Unterforderung? Maike Krannich1, Thomas Götz1,2, Madeleine Bieg1 1 Universität Konstanz, Deutschland; 2Pädagogische Hochschule Thurgau, Schweiz Berufswahlintentionen können als höchst relevante Outcome-Variablen im Kontext von Schule erachtet werden – derzeit insbesondere bezüglich der MINT-Fächer und des dort vorherrschenden Mangels an Nachwuchsfachkräften. Das Erwartungs-xWert Modell von Eccles und Kollegen (1983) stellt ein etabliertes Modell dar, welches die komplexen Einflussfaktoren auf Berufswahlintentionen beschreibt. Im schulischen Kontext können sowohl fachspezifische Über- als auch Unterforderung die Erfolgserwartung beeinflussen und damit als Erwartungskomponenten betrachtet werden. Langeweile als negative Emotion kann aufgrund ihrer Auftretenshäufigkeit (z.B. Nett, Götz & Hall, 2011) als wichtige Wertkomponente angesehen werden. Die Auswirkungen von Über- und Unterforderung als auch Langeweile in der Schule sind insofern komplex, da Über- und Unterforderung wiederum wichtige Antezedenzien der Langeweile darstellen (z.B. Acee et al., 2010; Lohrmann, 2008). Die vorliegende Studie untersucht das komplexe Zusammenspiel dieser Variablen im Hinblick auf Berufswahlintentionen. Überforderung im Unterricht entsteht, wenn Schülerinnen und Schüler die Kontrolle über die Situation aufgrund zu schwieriger Aufgaben als gering erleben; Unterforderung wiederum entsteht, wenn das Kontrollerleben als zu hoch empfunden wird (z.B. Pekrun et al., 2010). Es kann davon ausgegangen werden, dass Überforderung mit geringerer Erfolgserwartung und damit auch verringerten Berufswahlintentionen – hinsichtlich dem jeweiligen Schulfach verwandten Berufen – einhergeht (Hypothese 1a); für Unterforderung werden hingegen aufgrund der mit ihr einhergehenden hohen Erfolgserwartungen positive Effekte auf Berufswahlintentionen vermutet (Hypothese 1b). Langeweile in der Schule resultiert primär aus einer fehlenden Passung zwischen der individuellen Fähigkeit und der erlebten Herausforderung (Daschmann, Goetz & Stupnisky, 2011; Mikulas & Vodanovich, 1993) und sollte daher sowohl bei Über- als auch Unterforderung entstehen (Hypothese 2). Es wird darüber hinaus erwartet, dass Langeweile als negative Wertkomponente (Pekrun, 2000) negativ mit fachverwandten Berufswahlintentionen zusammenhängt (Hypothese 3). Während die Wirkung von Überforderung auf Berufswahlintention sowohl direkt, als auch vermittelt über Langeweile negativ sein sollte (siehe Hypothese 1a und 2), ist die Gesamtwirkung von Unterforderung auf die Berufswahlintention als komplex anzunehmen: der direkte Effekt sollte hier positiv sein, der über Langeweile vermittelte Effekt hingegen negativ (siehe Hypothese 1b und 2). Zur Hypothesenprüfung wurde eine Studie mit N = 662 Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufe 11 (_M_Alter = 17.69, 54% weiblich) aus acht Gymnasien der deutschsprachigen Schweiz durchgeführt. Fachspezifisches Langeweileerleben (TraitLangeweile), wahrgenommene Über- bzw. Unterforderung und Berufswahlintentionen wurden mittels Fragebogen jeweils in den Fächern Deutsch, Mathematik und Französisch erhoben. Die Effekte von Über- bzw. Unterforderung auf Berufswahlintentionen und Langeweile, als auch von Langeweile auf Berufswahlintentionen wurden in M_plus_ 7.1 (Muthén & Muthén, 2012) mit Hilfe latenter Strukturgleichungsmodelle unter Berücksichtigung der geschachtelten Datenstruktur (Schüler in Klassen) getestet. Über alle drei Fächer hinweg ließen sich negative direkte Effekte von Überforderung und positive Effekte von Unterforderung auf Berufswahlintentionen nachweisen. Weiterhin zeigten sich positive Effekte sowohl von Über- als auch Unterforderung auf Langeweile. Die Ergebnisse stehen im Einklang mit bisherigen Forschungsarbeiten, die suboptimale Passung zwischen Umweltund Personenmerkmalen als Antezedenzien von Langeweile identifizierten (z.B. Csikszentmihalyi, 1975). Weiterhin konnten negative Effekte von Langeweile auf die Berufswahlintentionen der Schülerinnen und Schüler gezeigt werden. Neben dem direkten Effekt von Über- bzw. Unterforderung blieb darüber hinaus auch ein indirekter Effekt über Langeweile auf die Berufswahlintentionen bestehen. Dieser indirekte Effekt war wie erwartet sowohl im Falle von Über- als auch Unterforderung negativ. Die Ergebnisse der Studie zeigen sowohl einen Einfluss von Über- bzw. Unterforderung auf Berufswahlintentionen und darüber hinaus, dass schulische Langeweile ebenfalls mit Berufswahlintentionen zusammenhängt. Interessant ist hierbei insbesondere der komplementäre Einfluss von Unterforderung und Langeweile auf Berufswahlintentionen, welcher in weiteren Forschungsarbeiten näher betrachtet werden sollte. Die vorliegende Befundlage liefert ein Indiz dafür, dass im Unterricht erlebte Langeweile auch bei unterforderten Schülern in der schulischen Praxis nicht unterschätzt werden sollte. ID: 534 Poster Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft Thematisches Cluster: Grundschulbildung Stichworte: Jahrgangsübergreifendes Lernen, Flexible Schulanfangsphase, Implementation Implementation des jahrgangsübergreifenden Lernens in der Berliner Schulanfangsphase: eine längsschnittliche Betrachtung verschiedener Indikatoren Anna-Maria Gelke1, Martin Brunner1,2, Katharina Thoren1 1 Freie Universität Berlin, Deutschland; 2Institut für Schulqualität der Länder Berlin und Brandenburg (ISQ) Das jahrgangsübergreifende Lernen (JüL) ist seit der Neugestaltung des Schulanfangs eine an Berliner Schulen vorzufindende Methode zur Schulorganisation und Unterrichtsgestaltung. Zunächst an wenigen Modellschulen seit 1992 genutzt, wurde es mit der Einführung der flexiblen Schulanfangsphase zum Schuljahr 2005/2006 zu einer Innovation, die flächendeckend Verbreitung finden sollte. Zwischen den Schuljahren 2008/2009 und 2010/2011 lag sogar eine Verpflichtung zu einer jahrgangsübergreifenden Organisation der ersten beiden Jahrgänge vor. Die vorliegende Studie geht der Frage nach, wie die Berliner Grundschulen die Implementation von JüL vornahmen. Die Bewertung des Implementationserfolgs sowie mögliche Implementationstypen von Schulen können als Grundlage für weitere Forschungsfragen dienen. Anhand dessen könnte eine Evaluation der Wirkung von JüL erfolgen. Bislang gibt es keine Untersuchungen zur Frage, wie JüL tatsächlich an Berliner Grundschulen implementiert wurde. Zur Beantwortung dieser Frage werden in der vorliegenden Studie, die im Rahmen einer Masterarbeit erstellt wurde, längsschnittliche Analysen anhand mehrerer Indikatoren durchgeführt. Auf Grundlage von Längsschnittsdaten der Berliner Schulstatistik wurde die Klassenorganisation der Schulanfangsphase in den Schuljahren 2006/2007 bis 2014/2015 an allen öffentlichen Berliner Grundschulen (N=279, insgesamt mit durchschnittlich 1.676 Klassen pro Schuljahr) untersucht. Das Hauptaugenmerk lag hierbei darauf, ob die Klassen der ersten beiden Jahrgangsstufen jeweils jahrgangsbezogen oder -übergreifend organisiert wurden. Insbesondere wurde untersucht, (a) wie lange eine Schule überhaupt JüL-Klassen anbot bzw. (b) welcher Anteil der Klassen an einer Schule als JüL-Klassen organisiert wurde. Auf Basis dieser Ergebnisse wurde (c) eine Typisierung der Schulen bzw. ihrer Implementation vorgenommen. Die Ergebnisse zeigen, dass das jahrgangsübergreifende Lernen in der Schulanfangsphase eine hohe Verbreitung erfuhr. Die Implementationen von JüL erfolgte jedoch an den Schulen hinsichtlich der Dauer als auch hinsichtlich des Anteils von JüLKlassen an der Gesamtklassenzahl verschieden. Im Schuljahr 2006/2007 wiesen erst wenige Schulen (9,7%) jahrgangsgemischte Klassen auf. In den folgenden Schuljahren stieg der Anteil von Schulen mit JüL-Klassen stark an – insbesondere aufgrund der Verpflichtung zur jahrgangsübergreifenden Organisation der Schulanfangsphase. Seit dem Schuljahr 2012/2013 sank die Anzahl der Schulen mit JüL-Klassen (50,5%) jedoch wieder. In dem Zeitraum von 2006/2007 bis 2014/2015 nutzten insgesamt nur 2,2% der Schulen keine Jahrgangsmischung. 48,8% der Schulen boten JüL-Klassen lediglich für eine bestimmte Dauer an, ein Großteil dieser Schulen ausschließlich während der vierjährigen Verpflichtung. 49,5% der Schulen hingegen gestalteten ihren Unterricht – nachdem sie JüL einführten – weiterhin jahrgansgemischt. Der Anteil der JüL-Klassen einer Schule war überwiegend sehr hoch. 95% der Schulen nutzten JüL für nahezu die gesamte Klassenanzahl. Durch die Typisierung der Schulen wurden fünf Gruppen gebildet, die sich hinsichtlich der Dauer der Implementation sowie des Anteils der JüL-Klassen unterscheiden. Vorwiegend liegen Schulen vor, die JüL für eine lange Dauer sowie für einen hohen Anteil an Klassen anwendeten (69,5%). Zu Schulen, die nur eine kurze Dauer eine jahrgangsübergreifende Organisation für einen hohen Anteil an Klassen nutzten, gehörten ein Viertel der Schulen. Die übrigen drei Typen von Schulen (kein JüL; kurze Dauer, geringer Anteil von JüL-Klassen; lange Dauer, geringer Anteil von JüL-Klassen) wiesen sehr geringe Anteile von Schulen auf (0,8-2,2%). Die Ergebnisse weisen einerseits darauf hin, dass – insbesondere durch die verpflichtende Einführung von JüL – nahezu alle Schulen Berlins diese Innovation umsetzten. Andererseits deuten sie ebenso darauf hin, dass nicht alle Schulen die Innovation JüL als Nutzen wahrnahmen und sich wieder von dieser Organisationsform abwandten. Andere Gründe für eine Abkehr von JüL sind ebenso möglich wie beispielsweise die als ungenügend wahrgenommenen materiellen und personellen Ressourcen und die fehlende Identifikation des pädagogischen Personals mit der Innovation. Für zukünftige Studien wäre interessant zu betrachten, wie die Unterrichtsgestaltung innerhalb der JüL-Klassen erfolgt und ob damit eine bessere Förderung aller Schülerinnen und Schüler gelingt. Für zukünftige Evaluationsstudien wird mit der vorliegenden Studie ein guter Beitrag geleistet. ID: 547 Poster Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft, Psychologie, Didaktiken der Naturwissenschaften und Technik Thematisches Cluster: Hochschulbildung, Kompetenzdiagnostik/ Kompetenzentwicklung, Mathematisch-naturwissenschaftlicher Unterricht Stichworte: Studienerfolg, naturwissenschaftlich-technische Studiengänge, DFG-Forschergruppe ALSTER Studienerfolg in naturwissenschaftlich-technischen Studiengängen – Zentrale Datenerhebung und fächervergleichende Auswertung der DFG-Forschergruppe „ALSTER“ Jens Fleischer, Daniel Averbeck, Elke Sumfleth, Detlev Leutner, Matthias Brand Universität Duisburg-Essen, Deutschland Vor dem Hintergrund steigender Studierendenzahlen bei gleichzeitig hohen Quoten an Studienabbrüchen, insbesondere in den naturwissenschaftlich-technischen Studiengängen (Heublein et al., 2012), kommt der Studieneignungsdiagnostik eine zentrale Rolle zu (vgl. Schuler & Hell, 2008). Häufig sind empirische Arbeiten zu Bedingungen des Studienerfolgs jedoch entweder weitestgehend fachunspezifisch, betreffen sehr unterschiedliche Studiengänge oder aber sind punktuell auf einzelne Fächer oder Studiengänge bezogen. Sie unterscheiden sich darüber hinaus in der Operationalisierung des Studienerfolgs, der über Kriterien wie Studiennoten, Studiendauer oder auch Studienzufriedenheit operationalisiert wird, und berücksichtigen sehr unterschiedliche Prädiktoren, was zu divergierenden Ergebnissen dieser Studien führt und eine vergleichende Bewertung erschwert. Die DFG-Forschergruppe „ALSTER“ hat sich daher zum Ziel gesetzt, Einflussgrößen des Studienerfolgs in den naturwissenschaftlich-technischen Studiengängen zu identifizieren. Aufgabe des hier beschriebenen Teilprojektes der Forschergruppe ist es, die Ergebnisse aller anderen Teilprojekte zusammenzuführen und übergreifend eine systematisch angelegte, fachspezifische Modellierung des Studienerfolgs zu entwickeln sowie moderierende Effekt der fachspezifischen Anforderungen zu prüfen. Die o.g. Vielzahl an einzelnen Forschungsergebnissen zu fachunspezifischen Prädiktoren des Studienerfolgs wurde in verschiedenen Modellen zusammengefasst (z.B. Rindermann & Oubaid, 1999; Thiel et al., 2010; Heublein & Wolter, 2011). Als zentrale Prädiktoren erwiesen sich dabei unter anderem die Abiturgesamtnote und/ oder fachspezifische Schulnoten (Trapmann et al., 2007), kognitive Fähigkeiten (z.B. Trapmann, 2008) sowie Persönlichkeitsvariablen und deren Interaktion mit allgemeiner Studienmotivation oder persönlicher Zielsetzung (Steinmayr et al., 2010; Ziegler et al., 2010). Hinzu kommt die Selbsteinschätzung der eigenen Fähigkeiten (Giesen et al., 1986) sowie eine ganze Bandbreite möglicher weiterer demografischer Faktoren und Persönlichkeitsvariablen (z.B. House, 1995; Wagner et al., 2002). Längsschnittliche Untersuchungen zum Studienerfolg wurden bisher jedoch nur vereinzelt durchgeführt (z.B. Jiang et al., 2010). Begründete Empfehlungen für Studienberatung oder Fördermaßnahmen lassen sich aus diesen methodisch verschiedenen und mit unterschiedlichen Zielen verfolgten Studien nur bedingt ableiten. Ebenso ist ein Vergleich der Bedeutung der einzelnen Variablen kaum möglich. Im übergreifenden Forschungsprogramm der Forschergruppe ALSTER soll demnach ein Modell geprüft werden, welches zum einen fachspezifisch auf den Studienerfolg in naturwissenschaftlich-technischen Studiengängen fokussiert und entsprechende fachspezifische Studienanforderungen unterscheidet. Zum anderen bildet es komplexe Zusammenhänge (Mediation und Moderation) zwischen Prädiktoren und Kriterien des Studienerfolgs ab. In diesem Moderated-Mediation-Modell wird Studienerfolg in den naturwissenschaftlich-technischen Studiengängen anhand von Studienleistungen wie Klausur- und Modulnoten, dem mit Fachwissenstests gemessenen Wissenszuwachs sowie dem Verbleib im Studium operationalisiert. Zur Vorhersage des Studienerfolgs dienen Prädiktoren, die sowohl stabile Merkmale (z.B. kognitive Fähigkeiten inklusive der Abiturgesamtnote und der relevanten Fachnoten, grundlegende Persönlichkeitseigenschaften) betreffen als auch variable Merkmale wie Wissen über Metakognition und Lernstrategien, fachliches Vorwissen, akademisches Selbstkonzept und Erwartungen an das Studienfach sowie fachliches Interesse und allgemeine Lern- und Studienmotivation. Es wird angenommen, dass diese Variablen direkt auf den Studienerfolg wirken, aber auch über spezifische Lernstrategien, ein geeignetes Ressourcenmanagement sowie die Studienzufriedenheit mediiert werden. Außerdem wird zu prüfen sein, inwiefern sowohl die direkten als auch die mediierten Effekte der Prädiktoren auf den Studienerfolg durch die spezifischen Anforderungen des jeweiligen Studienfaches in den Bereichen Mathematisierung, Visualisierung und Wissenstypen moderiert werden. Die Pilotstudie (N ca. 1000 Studierende) wird im Wintersemester 2015/2016 durchgeführt. Die Variablen werden dabei an zwei Messzeitpunkten zum Anfang und zum Ende des ersten Studiensemesters erhoben. Im Rahmen der Haupterhebung werden die Variablen an drei Messzeitpunkten erhoben: Zu Beginn des ersten Semesters (Oktober 2016), am Ende des ersten Semesters (Februar/ März 2017) und am Ende des zweiten Semesters (August 2017). Im Rahmen des Posters werden Ergebnisse der Pilotierungsstudie mit Schwerpunkt auf dem ersten Messzeitpunkt vorgestellt. Durch die fächerübergreifenden und fächervergleichenden Analysen zur Vorhersage des Studienerfolgs in naturwissenschaftlichtechnischen Studiengängen werden Erkenntnisse gewonnen, die nachfolgend genutzt werden können, um das Lehren und Lernen im Hochschulbereich zu verbessern und dadurch die Studienabbruchquoten zu reduzieren. ID: 551 Poster Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft, Psychologie, Lehrerbildung Thematisches Cluster: Lehrer(aus)bildung, Lehrerexpertise Stichworte: Professional Vision, Classroom Management, Lehrerkompetenzen Die professionelle Wahrnehmung von Classroom Management - Ein Experten-Novizen-Vergleich mit Hilfe von Blickbewegungsmessung Rebekka Stahnke1, Sigrid Blömeke2 1 Humboldt-Universität zu Berlin, Deutschland; 2Centre for Educational Measurement Oslo, Norwegen Theoretischer Hintergrund Classroom Management ist ein zentrales Merkmal von Unterrichtsqualität und stellt gleichzeitig eine Herausforderung für angehende, aber auch erfahrene Lehrpersonen dar. Classroom-Management-Expertise ist gekennzeichnet durch drei Dimensionen kognitiver Anforderungen (König, 2015): eine genaue Wahrnehmung, eine holistische Wahrnehmung sowie eine angemessene Begründung von Handlungen. Ein Aspekt der Expertise von Lehrpersonen ist ihre professionelle Wahrnehmung von Unterricht (professional vision). Diese umfasst die Fähigkeit, relevante Ereignisse in einer Unterrichtssituation zu identifizieren (noticing) und wissensbasiert zu interpretieren (knowledge-based reasoning) (Van Es & Sherin, 2002; vgl. auch Blömeke, Gustafsson & Shavelson, 2015). Jedoch unklar ist bisher, ob sich in der professionellen Wahrnehmung von Classroom Management Expertise-Effekte zeigen. Inwiefern sich erfahrene Lehrpersonen in ihrer Unterrichtswahrnehmung bereits auf Ebene der visuellen Aufmerksamkeit von angehenden Lehrpersonen unterscheiden, ist bisher kaum untersucht. Wissen über Classroom Management wird als ein Teil der pädagogisch-psychologischen Kompetenz einer Lehrperson eingeordnet (Blömeke, Gustafsson & Shavelson, 2015) und somit als domänenübergreifend betrachtet. Dennoch gibt es erste Befunde, dass sich auch in allgemeinpädagogisch-psychologischen Kompetenzfacetten fachspezifische Anteile finden lassen (Blomberg, Stürmer & Seidel, 2011). Ob sich domänenspezifische Effekte hinsichtlich der kognitiven Aufmerksamkeits- und Schlussfolgerungsprozesse auch in der professionellen Wahrnehmung von Classroom Management finden lassen, bleibt bisher offen. Über zwei Fragstellungen werden die kognitiven Prozesse angehender und erfahrener Lehrpersonen hinsichtlich des Classroom Managements untersucht: _Unterscheidet sich die professionelle Wahrnehmung (hinsichtlich des Noticing und Knowledge-based Reasoning) von Classroom Management in Abhängigkeit von der Expertise der Lehrperson? Inwiefern zeigen sich fachspezifische Anteile der professionellen Wahrnehmung von Classroom Management?_ Methodisches Vorgehen Aus videographierten Mathematik- und Biologiestunden in der Sekundarstufe I werden Unterrichtsszenen ausgewählt, die typische Aspekte des Classroom Management darstellen. Zur Auswahl der in der Studie genutzten Videoausschnitte wird ein Expertenrating hinsichtlich der Repräsentativität, Authentizität und der sichtbaren Aspekte des Classroom Management in den Unterrichtsszenen durchgeführt. So sollen einerseits thematisch relevante, visuelle Bereiche (Areas of Interest) zur Analyse der Blickbewegungsdaten identifiziert werden und anderseits eine valide Auswahl an für das Classroom Management typischen Unterrichtsszenen getroffen werden. Diese Vignetten werden von den Probanden (angehende und erfahrene Biologie- und Mathematiklehrpersonen; N = 40) zweimal angesehen: Bei erster Betrachtung werden die Blickbewegungen der Probanden aufgezeichnet. Anschließend werden die eigenen Blickbewegungen als Cue für die zweite Betrachtung eingesetzt und die verbalen Kommentare der Probanden aufgezeichnet (Cued Retrospective Think-Aloud). Indikatoren für das Noticing sind die visuelle (über Fixationshäufigkeit, -dauer sowie Verteilung auf die SchülerInnen) als auch verbale Identifikation bedeutsamer Aspekte des Classroom Management. Relevante Ereignisse innerhalb eines Unterrichtsclips werden durch Time-Stamps (zeitliches Markieren über die Tastatur) erhoben. Beschreibende, erklärende als auch vorhersagende Kommentare werden als Indikatoren für knowledge-based Reasoning betrachtet. Somit erfolgt einerseits eine quantitative Auswertung der Blickbewegungsdaten und andererseits eine qualitative Auswertung der verbalen Daten. Für die qualitative Analyse der Kommentare wird ein Kodierschema (in Anlehnung an Wolff et al. 2015) mit drei Achsen eingesetzt: Verarbeitungstiefe der Kommentare (beschreiben, erklären oder interpretieren), Themen und Fokus der Aussagen (z.B. SchülerInnen- oder LehrerInnenverhalten) sowie die zeitliche Perspektive der Kommentare (retrospektiv, kontemporär oder prospektiv). (Erwartete) Ergebnisse und Ausblick Ziel der Studie ist es, zu untersuchen inwiefern sich die professionelle Wahrnehmung von Classroom Management in Abhängigkeit von der Expertise und des Fachbereichs einer Lehrperson unterscheiden. Insbesondere von Interesse sind dabei die (visuellen) Aufmerksamkeits- und Schlussfolgerungsprozesse, die sich bei der Betrachtung und Kommentierung von authentischen Unterrichtsszenen zeigen. ID: 552 Poster Disziplinen-Cluster: Psychologie, Sonstige Didaktiken Thematisches Cluster: Hochschulbildung, Kompetenzdiagnostik/ Kompetenzentwicklung, Motivation und Emotion Stichworte: Forschungskompetenz, affektiv-motivationales Kompetenzmodell, Forschendes Lernen, Methodenausbildung „Forschung heißt, in einen dunklen, offenen Raum zu gehen“ - Modellierung und Operationalisierung affektiv-motivationaler Forschungskompetenz in den Sozialwissenschaften Insa Wessels, Julia Rueß, Christopher Gess, Wolfgang Deicke Humboldt -Universität zu Berlin, Deutschland 1. Theoretischer Hintergrund Die Vermittlung von Forschungskompetenz, verstanden als die Fähigkeit, Forschungsprojekte eigenständig durchführen zu können, ist ein zentrales Ziel universitärer Bildung (KMK, 2005; Wissenschaftsrat, 2006). Zur Frage, wie sozialwissenschaftliche Forschungskompetenz definiert und erfasst werden kann, liegen erste Ansätze vor (z.B. Gess, 2015). Dieses und andere Modelle fassen unter Forschungskompetenz vor allem forschungsmethodisches und methodologisches Wissen oder andere vornehmlich kognitive Leistungsdispositionen. Darüber hinaus ist es jedoch auch denkbar, dass sich bestimmte motivationale und affektive Fertigkeiten förderlich auf das Durchführen studentischer Forschungsprojekte auswirken. Ein umfassendes Modell der affektivmotivationalen Facette von Forschungskompetenz fehlt jedoch bislang. Als zentrale Variablen für selbstregulierte Lernprozesse werden klassischerweise die Selbstwirksamkeitserwartungen (z.B. Schwarzer & Jerusalem, 2002) und das individuelle Interesse (z.B. Marsh et al., 2005) der Lernenden betrachtet. Die Relevanz der beiden Konstrukte auch für die Aufnahme und Durchführung von Forschungsvorhaben wurde bereits gezeigt (Bieschke, 2006). Die Beschaffenheit des Forschungsprozesses als ergebnisoffen und besonders rückschlagsbehaftet dürfte neben diesen jedoch auch weitere Konstrukte, wie die Ungewissheitstoleranz (Dalbert, 1999), erfordern. Ziel dieses Vorhabens ist es, forschungsrelevante affektiv-motivationale Konstrukte empirisch begründet zu modellieren und für weitere Untersuchungszwecke zu operationalisieren. 2. Fragestellung Die zentrale Fragestellung dieser Studie lautet, welche affektiven und motivationalen Fertigkeiten und Dispositionen von Studierenden benötigt werden, um Forschungsvorhaben eigenständig durchzuführen. Diese affektiv-motivationale Facette von Forschungskompetenz soll operationalisiert und durch ein Testinstrument erhoben werden. 3. Methode Das Modell der affektiv-motivationalen Facette von Forschungskompetenz wurde durch Experteninterviews mit Hochschullehrenden (n=16) der sozialwissenschaftlichen Fächer entwickelt. Die Auswertung orientierte sich an den Empfehlungen von Meuser und Nagel (2002). Kritische Anforderungssituationen im Forschungsprozess und notwendige Fertigkeiten zur Bewältigung dieser Anforderungen wurden induktiv identifiziert. In einem sich anschließenden OnlineExpertenrating mit Professor_innen und Post Docs verschiedener sozialwissenschaftlicher Fächer (n=27) wurden die Situationen und Konstrukte validiert und angepasst. Eine sich anschließende Konzeptualisierung (Meuser & Nagel, 2002) sicherte eine theoretische Fundierung des Modells. Die identifizierten Konstrukte wurden anschließend durch Selbsteinschätzungs-Fragebögen operationalisiert. Items für die einzelnen Konstrukte wurden basierend auf Konstruktionsanleitungen entwickelt und in einem mehrstufigen Prozess ausgewählt (Terzer et al., 2013). Die Pilotierung der Items erfolgt in sechs sozialwissenschaftlichen Fächern (n=450) und bildet Leistungsniveau und Heterogenität der Zielgruppe ab (Terzer et al., 2013). Durch die Betrachtung verschiedener Selektionskriterien wie Itemtrennschärfe und schwierigkeit (Kelava & Moosbrugger, 2008) werden die Items ausgewählt und falls notwendig überarbeitet. Die Validierung des finalen Instruments erfolgt im Wintersemester 2015/16 anhand bestehender Instrumente zu verwandten Konstrukten wie der allgemeinen Ungewissheitstoleranz oder der Komplexitätstoleranz. Betrachtet wird ein nomologisches Netz, das Hypothesen über die Bezüge aller affektiv-motivationalen Konstrukte untereinander sowie zwischen ihnen und den verwandten, nicht-forschungsbezogenen Konstrukten formuliert. Genutzt werden Strukturgleichungsmodelle bei der die geclusterte Datenstruktur berücksichtigt wird (robuste MLR-Schätzung, Muthén & Muthén, 2007). 4. Ergebnisse Das Modell der affektiv-motivationalen Facette von Forschungskompetenz in den Sozialwissenschaften umfasst sechs zentrale Anforderungssituationen des Forschungsprozesses und 11 dazugehörige Konstrukte. Beispielhaft zu nennen sind das wertbezogene Interesse an Forschung als Überzeugungen zum Nutzen von Forschung, um gesellschaftliche Probleme zu lösen, um die Wissenschaft voranzubringen oder als Erkenntnisgewinn an sich, die Ungewissheitstoleranz, die Neigung mit der Ungewissheit des Forschungsprozesses umgehen zu können (operationalisiert in Anlehnung an Dalbert, 1999), die Frustrationstoleranz, die den Umgang mit vereitelter Motivbefriedigung im Forschungsprozess umfasst (operationalisiert in Anlehnung an Kuhl & Kazen, 2003), die Neigung, Beratung einzufordern und Hilfe nicht als autonomie- oder selbstkonzeptgefährdend wahrzunehmen (operationalisiert in Anlehnung an Ryan, Pintrich & Midgley, 2001). Die Konstrukte wurden von den Experten aus Lehre und Forschung als durchweg relevant für das erfolgreiche Durchführen studentischer Forschungsvorhaben bewertet: Das wertbezogene Forschungsinteresse erhielt die geringste Relevanzzuschreibung von mInt=3,16 (auf 4-stufiger Likertskala), die Frustrationstoleranz mit mFrust=3,76 die höchste. Bis zur Konferenz im März werden die Daten des Pretests sowie erste Erkenntnisse aus der Validierungsstudie vorliegen. ID: 553 Poster Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft, Psychologie Thematisches Cluster: Selbstreguliertes Lernen, Hochschulbildung Stichworte: Selbstreguliertes Lernen, Studierende, e-Learning, Interventionsstudie Vermittlung von selbstreguliertem Lernen im Studium: Wie wirksam sind e-Learning Veranstaltungen im Vergleich zu Präsenz-Seminaren? Sophie Butz1, Silke Hertel1, Yves Karlen2, Henrik Bellhäuser3, Birgit Spinath1, Katharina Maag Merki2, Bernhard Schmitz3 1 Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg, Deutschland; 2Universität Zürich; 3Technische Universität Darmstadt Theoretischer Hintergrund Die Fähigkeit zum selbstregulierten Lernen ist ein wichtiger Prädiktor für akademischen Erfolg (Richardson et al. 2012). Dies zeigt sich u.a. bezogen auf die erzielten Noten, die Studiendauer und den Studienabbruch (Bellhäuser & Schmitz, in Vorbereitung). Gleichzeitig gibt es Hinweise darauf, dass viele Studierende deutliche Defizite im Bereich des selbstregulierten Lernens aufweisen (Peverly et al. 2003; Stark und Mandl 2005). Die Förderung der Selbstregulationskompetenz von Studierenden durch geeignete Trainingsmaßnahmen stellt somit einen wichtigen Aspekt der universitären Lehre dar (Benz, 2010; Dignath & Büttner, 2008). Bislang wurde die Wirksamkeit von Seminaren zum selbstregulierten Lernen im Rahmen der universitären Lehre insbesondere für Präsenzveranstaltungen gezeigt. Gegenwärtig gewinnt allerdings die Implementation von e-Learning Formaten in der universitären Lehre zunehmend an Bedeutung. Webbasierte Seminare ermöglichen den Studierenden, sich unabhängig von Ort und Zeit mit den Inhalten der Lehrveranstaltung selbstständig zu befassen. Allerdings erfordern sie ein höheres Maß an Selbstregulationskompetenzen auf Seiten der Lernenden. An der TU Darmstadt wurde ein webbasiertes Selbstregulationstraining (WBT) entwickelt, welches in ersten Untersuchen positive Ergebnisse erzielte (Bellhäuser & Schmitz, in Vorbereitung). Ein Vergleich mit Präsenzveranstaltungen zur Vermittlung des selbstregulierten Lernens steht bislang noch aus. Fragestellung Der Beitrag befasst sich mit den folgenden Fragestellungen: (1) Inwiefern unterscheiden sich ein webbasiertes e-Learning Seminar und eine reguläre Präsenzveranstaltung hinschlich ihrer Effektivität in der Vermittlung von selbstreguliertem Lernen? (2) Für welche Studierenden sind webbasierte Seminarformate besonders effektiv bzw. ungeeignet? Methode Es wurde eine randomisierte Interventionsstudie mit Studierenden im Lehramtsstudiengang (N=161) sowie im Bachelor Studiengang (N=74) durchgeführt. Der Studie liegt ein 2x3x2 Design mit Messwiederholung zugrunde, wobei nicht alle Bedingungen realisiert wurden. Im Vorlesungsverzeichnis wurden drei Seminare zum selbstregulierten Lernen angeboten, zwei für Studierende in Lehramtsstudiengang und eines für Studierende im BA Bildungswissenschaft (Faktor I: Studiengang). Studierende, die sich für die Seminare zum selbstregulierten Lernen angemeldet hatten, wurden zufällig in die Präsenz- und in die e-Learning Bedingung eingeteilt. Aufgrund der hohen Anmeldezahlen konnte in einem Seminar zusätzlich eine Wartekontrollgruppe (e-Learning, randomisierte Zuteilung) eingerichtet werden (Faktor II: Seminarform). Zusätzlich wurde in einem der beiden Seminare für Lehramtsstudierende ein online Lernjournal ohne Prompts eingesetzt, in dem die Studierenden ihr Lernverhalten über das Semester dokumentieren sollten (Faktor III: Lernjournal). Auch hier erfolgte die Zuteilung der Seminargruppe zufällig. Die Anzahl der Lerneinheiten, die Dauer, die Struktur sowie die Inhalte wurden in dem webbasierten e-Learning Seminar und dem regulären Präsenzseminar parallelisiert. In fünf Lektionen wurden theoretische Grundlagen vermittelt sowie zentrale Lernund Selbstregulationsstrategien kennengelernt und eingeübt. Um den Transfer der erlernten Strategien in den Studierendenalltag zu untersuchen, erhielten die Studierenden anschließend einen Arbeitsauftrag (Erarbeiten eines wissenschaftlichen Textes zum selbstregulierten Lernen), der Selbstregulationskompetenzen erfordert. Zur Erfassung der abhängigen Variablen sowie potenzieller Kovariaten wurden bewährte bzw. leicht adaptierte Instrumente eingesetzt: (i) Fragebögen zur Selbsteinschätzung des Selbstregulierten Lernens (SRL-U; Bellhäuser & Schmitz, in Vorbereitung; SELLMO-ST, Spinath et al., 2012), (ii) Wissenstests zur Erfassung des deklarativen Wissens (u.a. Bellhäuser & Schmitz, in Vorbereitung) sowie (iii) situationsspezifische Wissenstests zur Erfassung des metakognitiven Wissens bezogen auf das wissenschaftliche Schreiben (u.a. MCSWT, Karlen, in Vorbereitung). Es wurden drei Messzeitpunkte (Prätest, Posttest, Stabilitätserhebung nach 6 Wochen) realisiert. Ergebnisse Die Auswertung der Daten erfolgt mittels (Ko-) Varianzanalysen mit Messwiederholung. Es wird erwartet, dass das webbasierte Seminarformat eine vergleichbare Wirksamkeit aufweist wie die Präsenzveranstaltung. Studierende, die zum Zeitpunkt des Prätests über geringere Selbstregulationskompetenzen verfügen, sollten geringere Kompetenzzuwächse im webbasierten Seminarformat aufweisen als Studierende mit höheren Selbstregulationskompetenzen, da das WBT höhere Anforderungen an die Selbstregulation stellt. ID: 562 Poster Disziplinen-Cluster: Sonderpädagogik, Didaktiken der Naturwissenschaften und Technik, Lehrerbildung Thematisches Cluster: Förderpädagogik, Hochschulbildung, Lehrer(aus)bildung Stichworte: WTH/S, interdisziplinäre Lehramtsausbildung, Studienfachwahl, Motivation Motivationsfaktoren und berufsbezogenes Selbstkonzept angehender Lehrkräfte im Fach WirtschaftTechnik-Haushalt/Soziales Jana Markert, Carolin Frank Universität Leipzig, Deutschland Theoretischer Hintergrund: Neben motivationalen Orientierungen stellen auch selbstbezogene Kognitionen wichtige Prädiktoren von Verhalten dar. Für Studierende des Lehramts stehen entsprechende Indikatoren im Zusammenhang mit der Studienwahl, der Wahrnehmung von Lerngelegenheiten im Studium und mit Aspekten der professionellen Handlungskompetenz im Kontext der späteren beruflichen Tätigkeit (NBPTS 2002, Baumert & Kunter 2006, Blömeke 2009, Retelsdorf 2014). Da sowohl motivationale Orientierungen als auch selbstbezogene Kognitionen domänenspezifische Konstrukte darstellen, wurden für die Gruppe der Lehramtsstudierenden spezifische Instrumente zur Erfassung von Berufswahlmotiven (FEMOLA, Pohlmann & Möller 2010) und berufsbezogenen Selbstkonzepten (ERBSE-L, Retelsdorf et al. 2014) entwickelt. In beiden Instrumenten werden neben lehramtsübergreifenden Motiven und Selbstkonzepten auch fachliche Motive und Selbstkonzepte erfasst. Um eine allgemeine Einsetzbarkeit zu ermöglichen, werden die fachlichen Motive und Selbstkonzepte fachunspezifisch, d. h. ohne die Nennung des jeweiligen Lehramtsfaches, erhoben. Für interdisziplinäre Studienfächer kann dies jedoch problematisch sein, da sie eine Vielzahl an Bezugsdisziplinen aufweisen. So finden sich in interdisziplinär angelegten Lehramtsfächern – wie dem hier fokussierten Fach Wirtschaft-Technik-Haushalt/Soziales (WTH/S) – oft Fachkombinationen aus stark divergenten wissenschaftlichen Disziplinen. Es ist möglich, dass angehende Lehrkräfte welche ein interdisziplinäres Studien- und Schulfach wählen bezüglich der einzelnen enthaltenen wissenschaftlichen Disziplinen unterschiedliche Einstellungen und Überzeugungen besitzen. Somit ist es wichtig zu untersuchen aus welchen fachbezogenen Motiven und Selbstkonzepten junge Erwachsene ein interdisziplinäres Lehramtsfach wie WTH/S wählen und welche Charakteristika diese Studierenden aufweisen. Im Hinblick auf den aktuellen Mangel an Lehrenden in technischen Fächer scheint es sinnvoll zu überprüfen, ob Kompensationseffekte zwischen Berufswahlmotivation bezüglich der einzelnen im Fach WTH/S enthaltenen Disziplinen existieren. Weiterhin könnten auf Grundlage der Ergebnisse spezifische Anforderungen an das Lehramtsstudium eines interdisziplinären Faches bestimmt werden. Wissenschaftliche Fragestellungen: Das Fach Wirtschaft-Technik-Haushalt/Soziales zeichnet sich besonders durch seine starke fachliche Interdisziplinarität aus. Am Beispiel des Fachs WTH/S sollen daher folgende Fragen untersucht werden: 1) Inwieweit stehen die Skalen „Fachliches Interesse“ (Femola, vgl. Pohlmann & Möller, 2010) und „Selbstkonzept Fach“ (ERBSEL, vgl. Retelsdorf et al. 2014) lehramtsübergreifender Instrumente zur Erfassung der Motivation zur Lehramtsstudienwahl und berufsbezogener Selbstkonzepte mit spezifischen Skalen der jeweiligen Bezugsdisziplinen eines interdisziplinäres Lehramtsfach wie z. B. WTH/S in einem Zusammenhang? 2) Welche Charakteristika (z.B. Berufswahlmotivative, berufsbezogene Selbstkonzepte, Persönlichkeitsvariablen) weisen angehende Lehrkräfte auf, die sich für das Fach WTH/S im Lehramt Sonderpädagogik entschieden haben? Methoden: Die personenbezogenen demografischen Daten und Merkmale der Studienfachwahl werden mittels eines PaperPencil-Fragebogens in einer Querschnittsbefragung der angehender Lehrkräfte des Fachs WTH/S zu Studienbeginn (Wintersemester 2015/16) an allen sächsischen WTH/S-Studienorten (Leipzig, Dresden, Chemnitz, N=90) erhoben. Zur Beantwortung der Forschungsfragen wurden relevante Skalen der etablierten Instrumente FEMOLA und ERBSE-L auf das Fach WTH/S angepasst. Die Dimension „fachliches Interesse“ von FEMOLA wurde gemäß den vier im Fach WTH/S vereinten wissenschaftlichen Disziplinen (Wirtschaftswissenschaft, Techniklehre, Ökotrophologie und Sozialwissenschaft) spezifiziert und für alle vier einzeln erhoben. Das berufsbezogene Selbstkonzept wird mit dem Instrument ERBSE-L (Retelsdorf et al., 2014) untersucht. Hierbei werden die Items zum Selbstkonzept Fach auf die vier einzelnen Disziplinen konkretisiert und für diese getrennt erhoben. Mit Hilfe von Korrelationsanalysen wird der Zusammen zwischen den lehramtsübergreifenden Skalen und denen der WTH/S-spezifischen Skalen untersucht. Die Beschreibung der WTH/S-Studierenden hinsichtlich ihrer Berufswahlmotive und berufsbezogenen Selbstkonzepte erfolgt mittels deskriptiver Statistik. Vorläufige Ergebnisse: Die sachsenweite Querschnittsbefragung wird neue Erkenntnisse bezüglich der Anwendbarkeit etablierter lehramtsübergreifender Konstrukte zur Erfassung von Motivation zur Studienwahl und des berufsbezogenen Selbstkonzepts bei stark interdisziplinär ausgerichteten Lehramtsstudiengängen liefern. Da die Befragung der Studierenden aktuell zu Beginn des Wintersemesters 2015/16 stattfindet, können die Ergebnisse erst auf der Tagung präsentiert werden. Mit einer an die Querschnittsbefragung angedockte Längsschnittuntersuchung soll die kontinuierliche Entwicklung motivationaler und kompetenzbezogener Merkmale über den Studienverlauf abgebildet werden. Dies könnte das motivationale Entwicklungspotenzial innerhalb fachlich stark differenzierter interdisziplinärer Lehramtsstudiengänge aufzeigen. ID: 574 Poster Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft, Psychologie Thematisches Cluster: Genderforschung, Methoden der empirischen Bildungsforschung Stichworte: Stereotype, Gender Bias, quantitative Textanalyse Gender Bias in der Darstellung von Care und MINT in Kinder- und Schulbüchern Michael Heilemann, Daniel Patrick Balestrini, Sigrun Schirner, Heidrun Stöger Universität Regensburg, Lehrstuhl für Schulpädagogik, 93040 Regensburg Theoretischer Hintergrund: Mediale Präsentationen von weiblichen und männlichen Rollenmodellen haben einen Einfluss auf die Übernahme von Geschlechtsrollenstereotypen und darauf, was als typisch männlich bzw. typisch weiblich eingeschätzt wird (Oppliger, 2006). Beispielsweise wird der Care-Bereich als typisch weibliche Domäne wahrgenommen (Rose & Stibane, 2013), während der naturwissenschaftliche Bereich als typisch männlich wahrgenommen wird (Keller, 2001). Gender Biases in Vorstellungen über Care und MINT (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik) tragen zur geringen Beteiligung von Jungen und Männern im Care-Bereich bzw. von Mädchen und Frauen im MINT-Bereich bei (z.B. Leslie, Cimpian, Meyer & Freeland, 2015). Neben verschiedenen anderen Faktoren üben auch Kinder- und Schulbücher einen Einfluss auf die Geschlechtsrollenidentität aus. Sie stellen in einer prägenden Entwicklungsphase nahezu täglich Identifikationsfiguren zur Verfügung. Bisherige Studien konnten vor allem auf Ebene der visuellen Darstellung von weiblichen und männlichen Rollenmodellen zeigen, dass der CareBereich überwiegend als weiblich und der MINT-Bereich überwiegend als männlich dargestellt wird (z.B. Finsterwald & Ziegler, 2007). Entsprechende Auswertungen von Kinder- und Schulbücher auf schriftsprachlicher Ebene fehlen bislang jedoch. Fragestellung: Dieser Beitrag fokussiert die Frage, inwiefern auf lexikalischer Ebene in Kinder- und Schulbüchern ein Gender Bias für die Bereiche Care und MINT nachzuweisen ist. Es wird angenommen, dass Kinder- und Schulbücher (1) mehr Care-Wörter mit weiblicher als mit männlicher Konnotation aufweisen sowie (2) mehr MINT-Wörter mit männlicher als mit weiblicher Konnotation. Methode: Als Datengrundlage wird childLex verwendet, ein ca. 10 Millionen Wörter umfassendes Textkorpus aus Kinder- und Schulbüchern (Schroeder, Würzner, Heister, Geyken & Kliegl, 2015). Das Textkorpus bildet in optimaler Weise die schriftsprachliche Umwelt ab, von der Kinder in den drei Altersgruppen 6 bis 8 Jahre, 9 bis 10 Jahre und 11 bis 12 Jahre in ihrer Sozialisation beeinflusst werden. Die Auswertung des Textkorpus erfolgt mit LIWC (Linguistic Inquiry and Word Count), einem Programm zur automatischen Textanalyse, das in der psychologischen Forschung breiten Einsatz findet (Pennebaker, Boyd, Jordan & Blackburn, 2015). Für die Analyse werden umfangreiche Wortlisten erstellt, die Care- und MINT-Wörter mit weiblicher (z.B. Krankenschwester, Informatikerin), männlicher (z.B. Krankenpfleger, Informatiker) sowie neutraler Konnotation (z.B. Krankenpflege, Informatik) umfassen. Ergebnisse: Erste Analysen zeigen, gemäß unserer Erwartungen, dass Care-Wörter mit männlicher Konnotation (16.2%) und MINT-Wörter mit weiblicher Konnotation (4.3%) selten auftreten. Ausblick: Die Ergebnisse liefern erste Hinweise auf den Ausprägungsgrad des Gender Bias in der schriftsprachlichen Darstellung von Care und MINT. In weiteren Analysen soll überprüft werden, ob Männer und Frauen in den Bereichen überwiegend in positiven bzw. negativen Kontexten dargestellt werden. ID: 588 Poster Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft, Psychologie Thematisches Cluster: Lehrer(aus)bildung Stichworte: Beanspruchungserleben, fachspezifisch-pädagogische Vorstellungen, Gymnasiallehrpersonen Gesund und kompetent: Beanspruchungserleben Schweizer Lehramtsstudierender und dessen Zusammenhang mit fachspezifischen pädagogischen Vorstellungen Daniela Nussbaumer1, Henrik Saalbach2, Roland Grabner3 1 ETH Zürich und Hochschule für Heilpädagogik Zürich, Schweiz; 2Universität Leipzig; 3Universität Graz Theoretischer Hintergrund In der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit der Berufseignung von Lehrpersonen wurden mehrere Kompetenzbereiche identifiziert, die für die erfolgreiche Ausübung des Lehrberufs zentral sind, vergleichsweise wenige Befunde liegen jedoch zu deren Zusammenhängen untereinander vor. Die vorliegende Studie fokussiert auf das Beanspruchungserleben als Teil der selbstregulativen Fähigkeiten sowie auf die fachspezifischen pädagogischen Überzeugungen bei Lehramtsstudierenden und setzt beide Kompetenzbereiche mit dem Konstrukt der Berufseignung in Verbindung. Fragestellung Wir untersuchen die AVEM-Musterverteilung bei Schweizer Lehramtsstudierenden. Wir erwarten, dass sich die Zuteilung der Studierenden zu den AVEM-Mustern mit gesundheitlichen Beschwerden in Verbindung bringen lässt, dass nämlich Studierende mit den Mustern G und S weniger körperliche und psychische Beschwerden aufweisen als Studierende der Risikogruppen. Wir erwarten einen Zusammenhang zwischen dem Beanspruchungserleben und fachspezifisch-pädagogischen Überzeugungen dergestalt, dass ein ungünstiges Beanspruchungserleben (Risikomuster A und B) im Vergleich zum günstigen (G-Muster) mit weniger stark ausgeprägten konstruktivistischen Überzeugungen und mit stärker ausgeprägteren transmissiven Überzeugungen einhergeht. Methode Eine Stichprobe von 192 Schweizer Lehramtsstudierenden für die Gymnasiale Oberstufe bearbeitete Fragebogen zur Messung des Beanspruchungserlebens (Arbeitsbezogene Verhaltens- und Erlebensmuster (AVEM); Schaarschmidt & Fischer, 2001)), zu fachspezifisch-pädagogischen Überzeugungen (Kleickmann, 2008; Voss, Kleineckmann, Kunter, & Hachfeld, 2011), zur Berufseignung (FIT-L, Herlt & Schaarschmidt, 2007) sowie zu körperlichen und psychischen Beschwerden (Schaarschmidt, 2005). Die Ergebnisse werden mit jenen aus der Potsdamer Lehrerstudie verglichen. Ergebnisse Die prozentuale Verteilung der AVEM-Muster zeigt sich wie folgt: dem G-Muster können in der Stichprobe der Lehramtsstudierenden der ETH Zürich mit 48% am meisten Studierende zugeordnet werden. Auf das S-Muster entfallen 31% der Studierenden, auf das Risikomuster A 13% und auf das Risikomuster B 8%. Im Vergleich zur Potsdamer Lehrerstudie fällt die Musterverteilung somit deutlich günstiger aus: knapp 20% mehr Studierende gehören dem Muster G an und knapp 20% weniger dem Risikomuster B. Eine univariate, einfaktorielle Varianzanalyse mit den 4 Ausprägungen der AVEM-Muster und der abhängigen Variablen „Gesamtwert der berichteten Beschwerden“ ergibt signifikante Mittelwertsunterschiede (F(3,168) = 14.03; p < .001; η2p = .20). Damit lässt sich die Gesundheitsrelevanz der Bewältigungsmuster in der Stichprobe der ETH Studierenden replizieren. Signifikante Unterschiede (p<.05) zeigen sich zwischen dem Muster G und jeweils Muster S, A und B. Das Muster G hebt sich also von allen anderen drei Mustern durch weniger Beschwerden ab (siehe Abb. 2). Das S Muster hebt sich ebenfalls vom Risikomuster B ab. Zur Überprüfung diese Hypothese wurden Varianzanalysen (ANOVAs) mit dem Faktor AVEM-Muster (Ausprägungen G, S, A und V) und den abhängigen Variablen konstruktivistische vs. nicht-konstruktivistische Vorstellungen gerechnet. Es ergeben sich Unterschiede zwischen den AVEM-Mustern sowohl für konstruktivistische Vorstellungen F(3,30)= 3.10, p = .022 η2p = .06 wie auch für nicht-konstruktivistische Vorstellungen: F(3,168) = 3.43; p = .018; η2p = .06. Es zeigen sich signifikante Unterschiede (p<.05) für die konstruktivistischen Vorstellungen zwischen den Mustern G und A, sowie G und B und für die transmissiven Vorstellungen zwischen den Mustern G und S, sowie A und S. Diskussion Im Vergleich zu den deutschen Studierenden zeigten sich in der Schweizer Stichprobe also deutlich günstigere Bewältigungsmuster. Die Gesundheitsrelevanz der Bewältigungsmuster konnte für die Stichprobe der ETH Studierenden repliziert werden – Studierende mit einem gesunden Bewältigungsmuster zeigen weniger Beschwerden als andere Studierende. Ein Befund, der die Bedeutsamkeit des Beanspruchungserlebens aufzeigt. Studierende des Risikotyps B zeigen bezüglich aller Komponenten der Berufseignung (Psychische Stabilität, Motivation soziale Kompetenzen, und Grundfähigkeiten und – fertigkeiten) tiefere Werte und fallen durch weniger konstruktivistische fachspezifisch-pädagogische Überzeugungen auf. Die günstigere Musterverteilung kann durch die strukturellen Unterschiede des Studiums sowie durch personelle Faktoren erklärt werden. Das Lehramtsstudium wird nach einem erfolgreichen Abschluss des Fachstudiums absolviert oder parallel zu einem regulären Fachstudium begonnen, was dazu führen könnte, dass die Entscheidung mit größerer Sicherheit gefällt wurde. ID: 595 Poster Disziplinen-Cluster: Psychologie Thematisches Cluster: Selbstreguliertes Lernen, Hochschulbildung Stichworte: Selbstreguliertes Lernen, Strategien des Ressourcenmanagements, Studienerfolg Selbstregulation des Lernens in der Studieneingangsphase – Strategien des Ressourcenmanagements Julia Waldeyer1, Jens Fleischer1, Detlev Leutner1, Joachim Wirth2 1 Uni Duisburg Essen, Deutschland; 2Ruhr Uni Bochum, Deutschland Es gibt nur wenige Lernfelder, in denen die Freiheitsgrade zur Gestaltung des eigenen Lernens so offen gestaltet sind wie im Bereich der Hochschule (Wild, 2005). Akademisches Lernen unterscheidet sich somit maßgeblich vom Lernen an Schulen und stellt damit deutlich höhere Anforderungen an die Selbstregulation und die strategische Ausrichtung von Lernprozessen (z.B. Streblow & Schiefele, 2006; Wild, 2005). Während kognitive und metakognitive Strategien als Prädiktoren für schulischen Lernerfolg hinreichend untersucht sind und zumeist keine oder nur geringe Korrelationen vorweisen (für einen Überblick siehe: Leutner & Leopold, 2003), rücken in der Forschung ressourcenbezogene Strategien in Bezug auf akademisches Lernen und Studienerfolg zunehmend in den Blick. Aber auch Persönlichkeitsfaktoren korrelieren in nennenswertem Maß mit Studienerfolg (z.B. Blickle, 1996; DeFeyter et al., 2012). Das Projekt fokussiert daher sowohl auf das Ressourcenmanagement als auch auf Persönlichkeitsfaktoren. Es wird untersucht, inwiefern Lernprobleme in der Studieneingangsphase auf Defizite beim Einsatz von Strategien des Ressourcenmanagements zurückzuführen sind und inwieweit die Verfügbarkeit und die Nutzung dieser Strategien den Zusammenhang zwischen Persönlichkeitseigenschaften und Studienerfolg vermitteln. Hierfür werden folgende Forschungsfragen bearbeitet: FF1: Kompetenzen Studierender im Bereich des Ressourcenmanagements: Sind Strategiewissen und Regulationsdefizite der Strategienutzung diagnostizierbar – z.B. Verfügbarkeits-, Produktionsund Nutzungsdefizite? FF2: Bedeutung von Strategien des Ressourcenmanagements für den Studienerfolg: Gibt es Unterschiede in Studienfächern (Bauingenieurwesen/Erziehungswissenschaft)? mit unterschiedlichen Leistungsanforderungen Fungieren Verfügbarkeit und Nutzung entsprechender Strategien als Mediator zwischen Persönlichkeitsfaktoren (insbesondere Gewissenhaftigkeit) und Studienerfolg? Zur Beantwortung der Forschungsfragen werden insgesamt drei Studien durchgeführt, wovon die erste bereits abgeschlossen ist. Studie 1 identifizierte mittels Fokusdiskussionsgruppen Lernunterschiede zwischen Schule und Hochschule, die besondere Anforderungen an das Ressourcenmanagement stellen sowie Bewältigungsstrategien, die Studierende kennen und nutzen. Die Fokusdiskussionsgruppen wurden anhand eines 2x2x2-Designs gebildet – mit den Faktoren Studienfach (Bauingenieurwesen/Erziehungswissenschaft), Zeitpunkt im Studienverlauf (zweites Studiensemester/viertes Studiensemester) sowie Selbstwirksamkeit der Teilnehmerinnen und Teilnehmer (niedrig/hoch). Innerhalb jeder dieser acht Zellen wurden jeweils zwei Diskussionsgruppen mit je fünf Teilnehmerinnen und Teilnehmern gebildet, so dass sich insgesamt ein N von 5x2x2x2x2=80 ergab. Die Ergebnisse der ersten Studie bilden die Basis für die Entwicklung eines Situational-Judgement-Instruments zur Erfassung von Strategiewissen und Regulationsdefiziten, das in Studie 2 pilotiert wird. Dabei liegt der Fokus auf solchen Lernsituationen, für die Studierende retrospektiv ein geringes Strategiewissen innerhalb ihrer Schulzeit berichten, so dass sie mit entsprechend geringer Strategieerfahrung ihr Studium aufnehmen mussten. Studie 3 überprüft Hypothesen zur Bedeutsamkeit, zu Defiziten sowie zur mediierenden Rolle von Strategien des Ressourcenmanagements im Studium und kontrastiert dabei die Fächer Bauingenieurswesen und Erziehungswissenschaft. Im Rahmen des Posters werden erste Ergebnisse der Studie 1 und 2 präsentiert. Das Projekt leistet einen wesentlichen Beitrag zur DFG-Forschergruppe „ALSTER“, indem es auf Lernstrategien fokussiert und untersucht, inwieweit die Verbindung zwischen Lernvoraussetzungen und Studienerfolg über Lernstrategien vermittelt wird (Mediation) und inwieweit der vermittelte Zusammenhang sich in den betrachteten Fächern unterschiedlich darstellt (moderierte Mediation). ID: 600 Poster Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft Thematisches Cluster: Bildungsgerechtigkeit/ Migration, Genderforschung, Hochschulbildung Stichworte: Bildungsaufstieg, Migration, Männlichkeit, soziale Lage, Intersektionalität Bildungsaufstieg im Kontext von Migration und Geschlecht – Selbst- und Fremdpositionierungen männlicher Studierender mit Migrationshintergrund Benjamin Schäfer, Manuela Westphal, Karin Kämpfe, Samia Aden Universität Kassel, Deutschland Junge Menschen aus bildungsfernen Schichten und Migrationsfamilien finden zunehmend den Weg an die Hochschule. Migrationserfahrung und -hintergrund sowie sozialer Hintergrund erweisen sich jedoch nach wie vor als starke bildungsbenachteiligende Faktoren für den Übergang in Schule, Ausbildung, und Studium (vgl. Middendorff u.a. 2013; Geißler 2013). Welche Strategien, Kompetenzen und Ressourcen im Bildungsverlauf genutzt werden, um benachteiligende familiäre Ausgangslagen und diskriminierende Strukturen im Bildungs- und Ausbildungssystem aufgrund von Migrationshintergrund und Sozialstatus individuell zu bewältigen, sind noch nicht hinreichend geklärte Forschungsfragen. Was den Zusammenhang von Bildungserfolg, Migration und Geschlecht betrifft, so liegen für Deutschland mehrere v.a. qualitativ und biographisch angelegte Studien vor, in denen Frauen im Mittelpunkt standen (z.B. Behrensen/Westphal 2009; Farrokhzad 2007; Hummrich 2002), sowie geschlechterübergreifende Studien weitgehend ohne systematischen Geschlechtervergleich (z.B. Schneider/Lang/Pott 2015; ElMafaalani 2012; Silkenbeumer/Wernet 2012; Schittenhelm 2012; Tepecik 2010; Raiser 2007; Pott 2002). Bildungserfolg ist im Zusammenhang mit Genderdynamiken von Männlichkeit jedoch erst teilweise untersucht (z.B. King u.a. 2011, King 2006). Auf dem Poster möchten wir eigene Forschungsergebnisse der qualitativ angelegten Studie „Bildungserfolgreiche Migranten – Ihre Wege und Handlungsstrategien“ unter Rückbindung an vorliegende aktuelle Befunde darlegen. Das Sample umfasst 17 problemzentrierte Interviews mit männlichen Studierenden verschiedener Fachrichtungen der Universitäten Kassel und Marburg, die im Vergleich zur Elterngeneration eine schulische Aufwärtsmobilität vorweisen, darunter überwiegend Selbstmelder. Ihre Eltern sind aus verschiedenen Ländern vorwiegend als Arbeitsmigranten, aber auch als Flüchtlinge oder Aussiedler nach Deutschland eingewandert. Die jungen Männer sind hier geboren bzw. spätestens im Grundschulalter zusammen mit ihren Eltern nach Deutschland migriert. Konkret wurden die individuellen und familiären Ressourcen und Handlungsstrategien der jungen Männer als auch deren Umgang mit Barrieren und (institutionellen) Diskriminierungen sowie Rassismuserfahrungen untersucht. Das Auswertungsvorgehen orientiert sich an der inhaltsanalytischen Verfahrensweise nach Mayring (2010). Beleuchtet werden Bildungsaufstiege als Aushandlungsprozesse zugewiesener und eingenommener Positionierungen. Die Analyse des Materials ist an eine intersektionelle Perspektive angelehnt, bei der vor allem der Verschränkung und Interdependenz von Geschlecht, Migration und Sozialstatus analytisch nachgegangen wird (vgl. Huxel 2014, Tunc 2012, Bereswill/Rieker/Schnitzer 2012). Dabei zeigen wir, wie die verschiedenen interdependenten Differenzlinien in Bildungsaufstiegsprozessen in Form von zugewiesenen und eingenommenen Positionierungen in (Hoch)Schule, Peer und Familie wirksam werden. Unsere Daten schließen dabei an Erkenntnisse zu Habitustransformation und -diversifizierung als Ressource für und Folge von Bildungsaufstiegen an (vgl. Lehmann 2014, El-Mafaalani 2012, Schneider/ Lang 2014). So zeigt sich die Ausbildung einer Adaptabilität, beruhend auf einem breiten Handlungsrepertoire, das u.a. in familiären und (außer)schulischen Sozialisations- und Akkulturationsprozessen verankert ist (vgl. Westphal/Kämpfe 2013). Der daraus resultierenden Fähigkeit des flexiblen und kompetenten ‚Acting‘ und ‚Switching‘ zwischen den sprachlichen und kulturellen Codes unterschiedlicher Sphären schreiben die von uns befragten Studierenden eine zentrale Bedeutung für die Bewältigung des Bildungsaufstiegs zu. Transformations- und Anpassungsanforderungen im Rahmen von sozialen Aufstiegsprozessen sind dabei nicht nur in Hinblick auf die intersektionalen Dimensionen Soziale Klasse und Ethnizität, sondern auch auf geschlechtsbezogene Positionierungen auszumachen (vgl. Mollenkopf u.a. 1997; Friend 2009; Francis/Skelton/Read 2012). Insgesamt verweisen Bildungsaufstiegsprozesse auf kontextsensible Aushandlungen von sich verändernden Positionierungen in (Hoch-)Schule, Peer und (Migrations-)Familie. Die vorliegenden Befunde weisen zudem auf das Erleben und Bearbeiten von sog. als aufstiegstypisch markierten Habitus-StrukturKonflikten im Kontext Hochschule hin (vgl. Schmitt 2010) und zeigen komplexe Verstrickungen von Mehrbelastungen, erhöhtem (Leistungs)Druck und Risiken des Scheiterns auf. ID: 604 Poster Disziplinen-Cluster: Psychologie Thematisches Cluster: Grundschulbildung, Lese- und Sprachförderung, Trainings- und Evaluationsforschung Stichworte: Lesenlernen, Leseförderung, Lese-Rechtschreibschwierigkeiten, Primarstufe Wirkung von systematischer Förderung auf das Lesenlernen Claudia Harte, Harald Marx Universität Leipzig, Deutschland Über frühzeitige und gezielte Förderung von Kindern mit Lese-Rechtschreibschwierigkeiten (LRS) besteht disziplinübergreifend Konsens. Trotz einer Vielzahl an Förderprogrammen für Grundschulkinder mit LRS betonen aktuelle Übersichtsarbeiten (Huemer et al. 2009, Smolinska 2010, Ise et al. 2012), dass Fördermethoden mit theoretischer Fundierung und/ oder kontrollierter empirischer Evidenz immer noch die Ausnahme sind. In einer Interventionsstudie wurde das Trainingsprogramm „Lesen und Rechtschreiben lernen nach dem IntraActPlus-Konzept“ von Jansen, Streit & Fuchs (2007, 2012²) bezüglich seiner Effektivität als Leselerntraining empirisch geprüft. Es ist Baustein des übergeordneten IntraActPlus-Konzepts (IAP-Konzept), welches der Arbeit an einer positiven Lernbeziehung als Basis für das Lernen an Inhalten besondere Bedeutung zuweist (ebd.). Das evaluierte Leselerntraining ist lernpsychologisch fundiert und konzentriert sich auf einen Prozess, der zu einer sicheren Automatisierung von neuen, spezifischen Teilfertigkeiten des Lesens führen soll. Über die Relevanz von Leseprozessmodellen unter Berücksichtigung der Automatisierung von Teilfertigkeiten (z.B. Graphem-Phonem-Korrespondenz) herrscht in der Leseforschung Einigkeit. Wie dieser Lernprozess jedoch zu organisieren ist, darüber bestehen beträchtliche Differenzen (vgl. Glaser 2009). Unzureichende Automatisierung von Basisfertigkeiten des Lesens ist jedoch nach Jansen & Streit (2006) das Kernproblem von LRS. Basierend auf umfangreichen Befunden zu effektiven Lernwegen im Leseunterricht (National Institute of Child Health and Human Development, 2000) sind die Übungsmodule deshalb systematisch und lerntheoretisch kleinschrittig aufgebaut. 2009 geriet das Programm in die Kritik. Insbesondere von dem Pädagogen Hans Brügelmann wurde „Lesen und Rechtschreiben nach IAP-Konzept“ u.a. als „lerntheoretisch zweifelhaft“, „fachdidaktisch unhaltbar“ sowie „grundschulpädagogisch nicht wünschenswert“ beurteilt. In seinem Resümee betonte er, dass es sich verbieten würde, dieses Konzept zur Grundlage des Anfangsunterrichtes im Lesen und Schreiben zu machen. Weiterhin läge keine Evaluation in der Unterrichtspraxis vor (Brügelmann, 2009). Die eigene Studie griff diese Kritikpunkte auf und nahm die nötige empirische Prüfung vor. Sie ging folgender Frage nach: Lässt sich bei Einsatz des Leselerntrainings in der Unterrichtspraxis bei LRS-Grundschulkindern eine Lerneffektivität nachweisen? Die Untersuchung wurde in der Schulpraxis mit 85 Grundschulkindern im Rahmen eines quasi-experimentellen Längsschnittdesigns (Trainingsgruppe und Kontrollgruppe) in sächsischen LRS-Klassen durchgeführt. Neun Monate lang lernten die Kinder der Trainingsgruppe täglich in kurzen Übungseinheiten mit den IAP-Materialien, sowohl im Deutschunterricht unter Anleitung der Lehrkraft, als auch im Elternhaus. Dies ist ein Ansatz der in der Evaluationspraxis selten vorkommt. Aufgrund der Systematik des Programms wurden Hypothesen aufgestellt, welche annehmen, dass es in den abhängigen Variablen Leseleistung (H 1) und Rechtschreibleistung als Transferleistung (H 2) zu deutlicheren Verbesserungen kommen sollte als in der herkömmlich geförderten Kontrollgruppe. Die Messungen wurden mit standardisierten Testverfahren vorgenommen. Die Auswertung erfolgte mit zweifaktorieller Varianzanalyse. Ergänzend wurden die subjektiv erlebten Erfahrungen der Lehrkräfte und Eltern mit Fragebögen erfasst (Trainingsgruppe 2). H1 konnte vollständig bestätigt werden (Interaktionseffekt Eta²= 9%). LRS-Grundschulkinder steigern sich nicht nur signifikant in ihren Leseleistungen, sondern die Leseleistungsverbesserungen übertreffen auch die der Kontrollgruppe. Überdies erreichen die Trainingskinder mit einer Leistungssteigerung von im Mittel 11,63 T-Wert-Punkten eine durchschnittliche Lesefähigkeit (Wegfall des LRS-Kriteriums im Bereich Lesen). Hiermit kann gezeigt werden, dass Kinder mit einem lernpsychologisch fundierten und systematisch, kleinschrittig aufgebautem Programm erfolgreich lesen lernen können. H2 konnte bisher wegen hoher Streuung in den Posttestwerten nur in der Tendenz bestätigt werden (Interaktionseffekt Eta²= 2,8%). Diese Ergebnisse sollen unter Kontrolle von Störvariablen (systematische Gruppenunterschiede in der Schulpraxis bei nichtrandomisierten Klassenstichproben des quasiexperimentellen Designs) in Einzelvergleichen untermauert werden. Die Nachhaltigkeit der Trainingswirkung wird in der laufenden Follow up-Studie untersucht. Teildaten hierzu wurden bereits erhoben. Deren Rohwerte (Trainingsgruppe 1) weisen auf anhaltende Effekte des Trainings hin. Die subjektiven Einschätzungen der befragten Eltern und der Lehrkraft der Trainingsgruppe 2 bestätigen die empirischen Befunde. Die Annahmen Brügelmanns über die fehlende Eignung des Trainingsprogramms nach IntraActPlus-Konzept für Lesenlernende in der Grundschule sind nach diesen Befunden kaum mehr haltbar. ID: 609 Poster Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft, Soziologie Thematisches Cluster: Bildung im Sekundarbereich, Bildungsgerechtigkeit/ Migration Stichworte: Migration, Studienaspiration, Sozialkapital, Sekundarstufe II Die Bedeutung schulbezogenen Sozialkapitals für die Studienaspiration von SchülerInnen mit und ohne Migrationshintergrund im Verlauf der Sekundarstufe II Bettina Scheidt, Claudia Schuchart Bergische Universität Wuppertal, Deutschland Theoretischer Hintergrund Migranten weisen trotz schlechterer Schulleistungen (Ditton et al. 2005) und geringerer Netzwerk- und Ressourcenausstattung höhere Bildungsaspirationen auf als einheimische Eltern (Roth et al. 2010). Da am Übergang in die weiterführenden Schulen diese Aspirationen häufig nicht umgesetzt werden, wird bspw. die Fach- oder Allgemeine Hochschulreife häufig auf alternativem Wege erworben (Autorengruppe Bildungsberichterstattung 2010, Kristen 2014). Anschließend weisen Migranten eine höhere Studierneigung auf als andere Absolventen (Autorengruppe Bildungsberichterstattung 2010; auch international, z.B. Fekjaer & Birkelund 2007). Nach Bourdieu (1983) erreichen Menschen ihre Bildungsziele, indem sie verfügbare Kapitalien abrufen. Dazu zählt neben kulturellem und ökonomischem Kapital soziales Kapital, welches in den Beziehungen zu Personen besteht. Die Größe des Sozialkapitals einer Person ist abhängig davon, zu wie vielen Personen sie in Beziehung steht sowie von der Größe des kulturellen und ökonomischen Kapitals dieser Beziehungspartner. Gerade Migrantenfamilien verfügen über weniger ressourcenstarke Netzwerke (Roth et al. 2010). Eine mögliche Erklärung, wie es den SchülerInnen dennoch gelingt, die Aspirationen aufrecht zu erhalten und umzusetzen, liegt in den schulischen Beziehungen. So bieten die Beziehungen zu den Lehrkräften als institutionelle Agenten (Stanton-Salazar 1997, 2011) Zugang zu Ressourcen und Unterstützung, gleichwohl fällt es benachteiligten Jugendlichen schwerer, diese Unterstützung abzurufen (Stanton-Salazar & Spina 2005). Weiterhin spielen Peers als Sozialisationsagenten eine Rolle: So nehmen Freunde Einfluss auf Bildungsorientierungen und -aspirationen (Krüger & Deppe 2010, Ream & Rumberger 2005), aber auch die ethnische Klassenzusammensetzung kann bedeutsam sein für den Schulerfolg ethnischer Minderheiten (Baysu et al. 2014). Fragestellung In dem Beitrag soll folgende Frage verfolgt werden: Welche Rolle spielen die verschiedenen schulischen Sozialisationsagenten (Lehrkräfte, Peers) für die Entwicklung der Studienaspiration von SchülerInnen mit im Vergleich zu SchülerInnen ohne Migrationshintergrund im Verlauf der Sekundarstufe II? Die Beziehungen zu institutionellen Agenten und Peers sollen in ihrer Quantität und Qualität genauer untersucht und in ihrer Erklärungsmacht für die Entwicklung der Studienaspiration analysiert werden. Methode Unsere Datengrundlage umfasst 2700 SchülerInnen aus allgemeinbildenden und beruflichen Schulen, die zu Beginn und zum Ende der Sekundarstufe II zu ihren Studienaspirationen und damit im Zusammenhang stehenden Faktoren befragt wurden. Ein Drittel verfügt über einen Migrationshintergrund. Für die Analyse der Art und Qualität der Beziehungen zu schulischen Sozialisationsagenten werden varianzanalytische Methoden genutzt. Die Bedeutung der schulischen Sozialisationsagenten für die Bildungsaspiration im Zeitverlauf analysieren wir mit Strukturgleichungsmodellen. Ergebnisse Auch in unserer Studie finden wir eine deutlich höhere Studienaspiration von SchülerInnen mit Migrationshintergrund im Vergleich zu SchülerInnen ohne Migrationshintergrund, die im Verlauf der Sekundarstufe II in der letztgenannten Gruppe stärker sinkt als in der erstgenannten Gruppe. SchülerInnen mit Migrationshintergrund nehmen besonders hohe Elternaspirationen wahr, allerdings sind für sie im Unterschied zu SchülerInnen ohne Migrationshintergrund Lehrkräfte, Mitschüler und Freunde wichtigere und häufigere Ansprechpartner bei Fragen zum weiteren Ausbildungsweg als die Eltern. Allerdings nehmen insbesondere SchülerInnen mit Migrationshintergrund Lehrkräfte im Verlauf der Sekundarstufe II als immer weniger hilfreich und unterstützend wahr, während die Unterstützung durch Freunde einen deutlichen Bedeutungszuwachs erfährt. Dass diese Freunde häufiger als bei SchülerInnen ohne Migrationshintergrund eine Studienberechtigung bzw. ein Studium anstreben, lässt annehmen, dass sich SchülerInnen mit Migrationshintergrund gezielter in Peergroups mit hohen Bildungsaspirationen aufhalten. Für die Entwicklung der Studienaspiration von größter Bedeutung sind für SchülerInnen mit Migrationshintergrund die Erwartungen der Freunde und die Ermunterung durch Lehrkräfte im Verlauf der Sekundarstufe, die Eltern besitzen keinen Einfluss. Im Unterschied dazu ist für SchülerInnen ohne Migrationshintergrund die Bedeutung der Peers geringer, während die Studienaspiration ganz klar von der Ermunterung durch die Eltern beeinflusst wird. Insgesamt verweisen die Ergebnisse auf die Wichtigkeit außerfamiliären sozialen Kapitals für die Bildungsaspiration von SchülerInnen mit Migrationshintergrund und problematisieren die Rolle der Lehrkräfte in der Sekundarstufe II. ID: 610 Poster Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft Thematisches Cluster: Selbstreguliertes Lernen, Motivation und Emotion, Unterrichtsentwicklung/ Unterrichtsqualität Stichworte: Lernzeiten, Helfersystem, Peer-Helping, Ganztag, Lernverhalten Der Ganztag im Spannungsfeld zwischen gemeinsamem und eigenständigem Lernen. Einführung eines Helfersystems in Lernzeiten im Rahmen einer Interventionsstudie Inga Wehe Technische Universität Dortmund, Deutschland Theoretischer Hintergrund Seit den unterdurchschnittlichen Ergebnissen deutscher Schülerinnen und Schüler bei den großen Schulleistungsstudien wie PISA, TIMMS und IGLU wird versucht die dort aufgeführten Defizite sowie die in Deutschland bestehende Chancenungleichheit und die Leistungsstreuung zwischen guten und schlechten Schülerinnen und Schülern durch den Ausbau von Ganztagsschulen zu kompensieren (vgl. Coelen & Stecher, 2014). Die Gestaltungselemente von Ganztagsschulen bergen besonders großes Potenzial gleiche Chancen auf Bildungserfolg zu ermöglichen (vgl. Holtappels, 2006). Hierzu zählen auch die Lernzeiten, die die bisherige Hausaufgabentradition ablösen und zur Etablierung einer neuen Lernkultur beitragen (vgl. BMBF; 2012). Lernzeiten sollen Schülerinnen und Schülern die Möglichkeit zu selbstständigem und eigenverantwortlichem Lernen geben und damit gleiche Voraussetzungen für alle schaffen (vgl. ebd.). Nach Zimmermann und Schunk (1989) stehen affektiv motivationale Faktoren des Lernens sowie Aspekte des Lernverhaltens wie beispielsweise die Lernmotivation und die Selbstreflexion in Zusammenhang mit selbstständigen Lernen. In diesem Kontext gilt Peer Education als ein Ansatz, das Selbstkonzept sowie Aspekte des Lernverhaltens zu steigern (vgl. Schumacher, 2008; Wagener, 2014; Ginsburg-Block, Fantuzzo & Rohrbeck, 2006). Insbesondere das Peer Helping kann hierauf in Form eines Helfersystems wirken, was bislang jedoch nicht tiefergehend erforscht wurde. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, inwiefern sich die Teilnahme an einem Helfersystem in den Lernzeiten auf das Lernverhalten sowie auf die affektiv-motivationalen Faktoren des Lernens auswirkt und somit Bedingungen für selbstständiges Lernen schafft. Ziel des Forschungsvorhabens Mit diesem Forschungsvorhaben sollen die positiven Effekte eines Helfersystems in Lernzeiten auf das Lernverhalten und affektiv-motivationale Faktoren des Lernens von teilnehmenden Schülerinnen und Schülern aufgezeigt werden und damit den Ansatz von Peer Education in Form eines Helfersystems als eine Möglichkeit für die Schaffung von gleichen Chancen auf Bildungserfolg an der Ganztagsschule anführen. Fragestellung 1) Inwiefern hat der Einsatz eines Helfersystem in Lernzeiten Auswirkungen auf das Lernverhalten und affektiv-motivationale Faktoren des Lernens? 2) Bestehen Unterschiede zwischen den Hilfe gebenden und Hilfe empfangenden Kindern? 3) Besteht ein Zusammenhang zwischen der Qualität/Form der Hilfeleistung und der Veränderung des Lernverhaltens affektivmotivationaler Faktoren des Lernens? 4) Gibt es Einflussfaktoren, die sich besonders positiv/ negativ auf das Zustandekommen und die Qualität der Hilfestellung auswirken? Methoden Der Interventionsstudie, unterliegt ein sequential mixed model design, bei dem zwei Hauptstudien mit qualitativem und quantitativem Schwerpunkt im Längsschnitt durchgeführt werden sollen: Quantitativer Forschungsanteil: Methode Prä-/Post-Design Fragebogenerhebung (standardisiert) Interventionsbegleitend Fragebogenerhebung (Reflexionsbögen) (standardisiert) Konstrukte Lernverhalten gemessen über: Selbstreflexion Lernmotivation, Leistungsbereitschaft, Selbstständigkeit im Lernprozess Lernverhalten gemessen über: Einzelitems zu: Selbstreflexion Lernmotivation Leistungsbereitschaft Lernzufriedenheit Anspruch an Hilfe Auswertungsmethode Deskriptive Analysen, Mittelwertvergleiche, Faktoren- und Varianzanalyse, Regressionsanalyse Deskriptive Analysen, Mittelwertvergleiche, Faktoren- und Varianzanalyse, Regressionsanalyse Personen/ Bereiche 3x2 fünfte Klassen (180 Schülerinnen und Schüler) Plus Kontrollgruppe (90 SuS) 180 teilnehmende Schülerinnen und Schüler (ca. 3800 Bögen verteilt über 21 Wochen/ein Halbjahr ) plus Kontrollgruppe (90 SuS) Themenbereiche/Ziel Einschätzungen der SuS (Unterscheidung in nicht teilnehmende, Hilfe empfangende und Hilfe gebende Kinder) zu ihrem Lernverhalten Einschätzungen der SuS zu ihrem Lernverhalten nach jeder Lernzeit sowie Dokumentation der Hilfestellungen, der Form der Hilfe und Erfolg Qualitativer Forschungsanteil: Methode Leitfadengestütztes Interview Auswertungsmethode Qualitative Inhaltsanalyse Personen/ Bereiche Auswahl an teilnehmenden Kindern (5. Klasse) Themenbereiche/ Ziele Einstellungen, Motivation zu Hilfeleistungen: Bedingungen und Voraussetzungen (Erwartete) Ergebnisse Auf Grundlage bereits existierender Forschungsergebnisse zu peer-gestütztem Lernen sowie dem damit eng in Beziehung stehenden kooperativem Lernen wird erwartet, dass sich die Teilnahme an einem Helfersystem insbesondere bei den Hilfe bekommenden Kindern positiv auf das Lernverhalten auswirkt. Darüber hinaus wird angenommen, dass vor allem positive Effekte bei den Hilfe gebenden Kindern die affektiv-motivationalen Faktoren des Lernens aufgezeigt werden können. Zudem wird davon ausgegangen, dass ein Zusammenhang zwischen der Form und Qualität der Leistung und den positiven Effekten auf das Lernverhalten sowie den affektiv-motivationalen Faktoren des Lernens identifiziert werden kann. ID: 626 Poster Disziplinen-Cluster: Psychologie Thematisches Cluster: Genderforschung, Lernen mit Computer und neuen Medien, Sonstiges Stichworte: Netzwerkanalyse, Online-Mentoring, Mentoring-Erfolg, PageRank, Ansteckung Unterstützende Netzwerkeffekte in Online-Mentoring Plattformen Manuel Hopp1, Michael Heilemann2, Heidrun Stöger2, Albert Ziegler1 1 Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Deutschland; 2Universität Regensburg, Deutschland » Hintergrund Der Erfolg von Mentoring wird zu großen Teilen durch die Passung und die Beziehung zwischen Mentor und Mentee bestimmt (vgl. DuBois & Karcher, 2013). In Online-Mentoring Netzwerken ist es Mentees und Mentorinnen neben der persönlichen Gespräche möglich, auch mit anderen Teilnehmerinnen darüber hinaus zu kommunizieren. Dabei können Netzwerkeffekte auftreten, die in der bisherigen Forschung vernachlässigt wurden. (Soziale) Netzwerkwerkanalyse ist ein aufstrebendes Forschungsfeld. In sozialen Netzwerken werden die Benutzer durch Knoten und die sozialen Kontakte durch verbindende Kanten zwischen diesen Knoten abgebildet. Kanten können beispielsweise auch Kommunikationen, Facebook-Likes und anderen sozialen Austausch repräsentieren. Durch eine zusätzliche Gewichtung der Kanten ist eine weitere Differenzierung der Beziehung zwischen den Knoten möglich (z.B. die Stärke der Freundschaft). Die hieraus gebildeten Netzwerkabbildungen können schließlich durch graphentheoretische Analysen untersucht werden. So können die Position einer Person (Knoten) im Netzwerk und die Art der Verbindungen (Kanten) deren Entscheidungen beeinflussen und signifikante Unterschiede zwischen ansonsten ähnlichen Peers hervorrufen. Beispielsweise zeigt Granovetter (1973) die Bedeutung von schwachen sozialen Kontakten („weak ties“) für Vorstellungsgespräche im Arbeitsmarkt. Smith & Christakis (2008) zeigen an diversen Beispielen, wie die Gesundheit einer Person von ihrer Position und der Art von Peers im Netzwerk abhängt. Auch bei der Verbreitung von Ideen und Krankheiten spielt die Netzwerkstruktur eine entscheidende Rolle (Newman, 2002). Aus Kermacks und McKendricks (1927) SIR Modell (Susceptible-Infected-Recovered-Model) lässt sich schließen, dass zentral positionierte, empfängliche (susceptible) Personen eine höhere Ansteckungswahrscheinlichkeit besitzen als beispielsweise „Einzelgänger“. Friedkin & Johnson (1999) entwickelten passend hierzu die „social influence network theory“. Um erfolgreiches Mentoring zu erreichen, ist es daher naheliegend, positive Netzwerkeffekte zu fördern. CyberMentor ist deutschlandweit die größte Online-Mentoring Plattform für Mädchen in MINT (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften & Technik). Schülerinnen der 6. bis 12. Klasse werden ein Jahr von einer persönlichen Mentorin auf der Plattform begleitet. » Fragestellung In diesem Poster wird der Zusammenhang zwischen der Position einer Mentee im Mentoring-Netzwerk und dem Mentoring-Erfolg im Rahmen der Online-Mentoring Plattform CyberMentor beleuchtet. Dabei werden folgende Forschungsfragen beantwortet: (1) Ist alleine schon eine höhere Vernetzung von Mentees auf der Online-Plattform hilfreich für erfolgreiches Mentoring? (2) Zählt neben der Quantität des Austausches auch die Qualität der Kommunikation für den Mentoring-Erfolg? » Methode CyberMentor bietet den Teilnehmerinnen ein plattformgebundenes Nachrichtensystem. Im Verlauf von sechs Monaten im Jahr 2011 wurden zwischen den Teilnehmerinnen fast 11.000 Nachrichten ausgetauscht. Durch korpuslinguistische Analysen mit dem Programm LIWC (Linguistic Inquiry and Word Count) wurde deren Inhalt auf MINTBezug hin überprüft. Hieraus konnten zwei Netzwerkstrukturen mit NodeXL (Smith et al., 2010) konstruiert werden: Zum einen das gesamte CyberMentor Nachrichtennetzwerk und zum anderen das Netzwerk bestehend aus MINT-bezogenen Nachrichten. Aus den Daten von insgesamt 422 Mentees und 421 Mentorinnen wurde ein Subset von 90 Mentees mit vollständigem Datensatz extrahiert und deren Position in den jeweiligen Netzwerken berechnet. Sie unterscheiden sich bzgl. der erhobenen Attribute nicht signifikant von der Gesamtstichprobe. Als Zentralitätsmaß wurde der von Page et al. (1999) entwickelte PageRank verwendet. Je höher der PageRank, desto stärker ist die Person mit anderen zentralen Personen verbunden (Näheres in Langville & Meyer, 2004). In diesem Zusammenhang eignen sich einfachere Maße weniger für die Zentralitätsanalyse (vgl. Heidemann et al., 2010). Zu Beginn des Mentorings und nach sechs Monaten wurde per Fragebogen nach der Durchführung von MINT-bezogenen Tätigkeiten gefragt. Die Differenz der beiden Messzeitpunkte bildet den Mentoring-Erfolg. In einer schrittweisen linearen Regression mit Kontrolle auf den Initialzustand wird der Zusammenhang zwischen PageRank und Mentoring-Erfolg untersucht. » Ergebnisse Es zeigt sich ein linearer Zusammenhang zwischen der unabhängigen Variablen „PageRank“ und der abhängigen Variablen „Mentoring-Erfolg“. Je zentraler die Position einer Mentee bzgl. des PageRanks ist, umso mehr profitiert sie. Der Zusammenhang wird nur im MINT-Netzwerk signifikant (p<.01). ID: 627 Poster Disziplinen-Cluster: Psychologie Thematisches Cluster: Hochschulbildung Stichworte: Persönlichkeitsentwicklung, Studienfachwahl, Narzissmus, Machiavellismus Die Bedeutung der Studienfachwahl für die Entwicklung von Narzissmus und Machiavellismus Michael P. Grosz1, Brent W. Roberts2, John F. Rauthmann3, Richard Göllner4,1, Marion Spengler4,1, Benjamin Nagengast4, Ulrich Trautwein4 1 Graduiertenschule LEAD, Eberhard Karls Universität Tübingen; 2Department of Psychology, University of Illinois at UrbanaChampaign; 3Institut für Psychologie, Humboldt-Universität zu Berlin; 4Hector-Institut für Empirische Bildungsforschung, Eberhard Karls Universität Tübingen Die Veränderung von Persönlichkeitseigenschaften ist ein vieldiskutiertes Thema, welches inzwischen auch für die Pädagogische Psychologie und die Empirische Bildungsforschung von hoher Relevanz ist. Es besteht kaum mehr Zweifel daran, dass Persönlichkeitseigenschaften einer Veränderung unterliegen und durch Charakteristika der Umwelt beeinflusst werden können (insbesondere im frühen Erwachsenenalter; Roberts, Walton, & Viechtbauer, 2006). Die Identifikation entwicklungsrelevanter Kontexte ist in den letzten Jahren auch zunehmend mehr in das Blickfeld der Empirischen Bildungsforschung gerückt (z.B. Lüdtke, Roberts, Trautwein, & Nagy, 2011). Allerdings setzt die Identifikation kontextueller Einflussgrößen nicht nur das Vorhandensein hinreichend unterschiedlicher Entwicklungsmilieus voraus, sondern erfordert notwendigerweise die Trennung von Selektions- und Sozialisationseffekten. Ziel der vorliegenden Studie war es einerseits, den Einfluss von Narzissmus und Machiavellismus auf die Studienwahl von Abiturienten zu untersuchen (Selektionseffekt) und andererseits zu prüfen, ob und in welchem Ausmaß das gewählte Studienfach die Entwicklung von Narzissmus und Machiavellismus im frühen Erwachsenenalter beeinflusst (Sozialisationseffekt). Um diese Effekte zu untersuchen wurden längschnittliche Daten von zwei ähnlichen Kohorten des Projekts Transformation des Sekundarschulsystems und akademische Karrieren (TOSCA; Köller, Watermann, Trautwein & Lüdtke, 2004; Trautwein, Neumann, Nagy, Lüdtke, & Maaz, 2010) analysiert: TOSCA-2002 und TOSCA-2006. Die TOSCA-Kohorten sind ideal für die dargelegten Fragestellungen, da in den Kohorten die Entwicklung von Narzissmus und Machiavellismus beginnend mit dem letzten Schuljahr über eine Dauer von bis zu 12 Jahren erfasst wurde. Selektions- und Sozialisationseffekte wurden mittels Propensity Score Matching und Unterschieds- und Veränderungsanalysen in Strukturgleichungsmodellen mit latenter Modellierung getestet. Es wurde hypothesiert, dass Abiturienten hoch in Narzissmus als auch Abiturienten hoch in Machiavellismus häufiger ökonomische Studienrichtungen wählen als Abiturienten mit geringer Narzissmus- und Machiavellismusausprägung, da beide dunklen Persönlichkeitseigenschaften und auch ökonomische Studienrichtungen durch eine Betonung von agentischen Zielen (e.g., Status, Macht, Wettkampf und Überlegenheit) und einer Vernachlässigung von kommunalen Zielen (Beziehungen, Akzeptanz und Gemeinschaftsgefühle) gekennzeichnet sind (Campbell & Foster, 2007; Dahling, Whitaker, & Levy, 2009; McHoskey, 1999). Aus den gleichen Gründen wurde angenommen, dass das Studieren von ökonomischen Fächern mit einer stärkeren Zunahme bzw. geringeren Abnahme an Narzissmus und Machiavellismus als im früheren Erwachsenalter üblich einhergeht. Die Ergebnisse zeigten allerdings durchaus unterschiedliche Effekte für die beiden Persönlichkeitseigenschaften. Abiturienten mit hohem Machiavellismus (nicht aber mit hohem Narzissmus) wählten häufiger ökonomische Studienrichtungen als Abiturienten mit geringem Machiavellismus (beziehungsweise Narzissmus). Gleichzeitig ging das Studieren von ökonomischen Fächern auch nur mit einer geringeren Abnahme an Machiavellismus nicht aber mit einer geringeren Abnahme an Narzissmus einher. Darüber hinaus zeigte sich unter anderem, dass Abiturienten mit einer hohen Machiavellismusausprägung häufiger als nicht-machiavellistische Abiturienten Rechtswissenschaften studieren. Möglicherweise wählen Abiturienten hoch in Machiavellismus vermehrt ökonomische und rechtwissenschaftliche Fächer, weil sie sich aufgrund ihres zynischen Weltbildes davor fürchten ausgebeutet, dominiert und verletzt zu werden (Christie & Geis, 1970) und daher ökonomische Ressourcen und Rechtsicherheit anstreben. Potentielle Erklärungen für die Abwesenheit der angenommenen Selektions- und Sozialisationseffekte bezüglich Narzissmus werden diskutiert. ID: 630 Poster Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft, Psychologie, Sonstige Didaktiken Thematisches Cluster: Bildungsgerechtigkeit/ Migration, Hochschulbildung, Kompetenzdiagnostik/ Kompetenzentwicklung Stichworte: Auslandsstudium, interkulturelle Kompetenz, Auslandsaufenthalt interkultureller Erfolg Persönlichkeitsentwicklung und Kompetenzförderung im Auslandsstudium Eine empirische Untersuchung über den Einfluss von Auslandsaufenthalten Petia Genkova HS Osnabrück, Deutschland Die Studie beschäftigt sich mit der Frage, welche Auswirkungen ein Auslandsstudium auf die interkulturelle Kompetenz und die Persönlichkeitsentwicklung hinsichtlich der Stressbewältigungsstrategien von Studierenden hat. Ist ein Auslandsstudium die Basis für Interkulturelle Kompetenzentwicklung? Oder bringt ein Auslandsstudium eine Vielzahl von Problemen mit sich, sodass es allgemeinhin nur als Lücke im Lebenslauf angesehen werden kann? Bei der vorliegenden Studie handelt es sich um zwei Untersuchungen, die den interkulturellen Erfolg in Bezug auf den Auslandsaufenthalt und die Rückkehr betrachten. Bei der Untersuchung wurde eine Regressionsanalyse durchgeführt sowie die Unterschiede der Mittelwerte analysiert. In den beiden Untersuchungen mit den Stichprobengrößen N= 453 und N= 151 werden die Wechselwirkungen zwischen den Stressbewältigungsstrategien und soziokultureller und psychologischer Anpassung analysiert, um die Einflussfaktoren von interkulturellem Erfolg zu ermitteln. Anhand der Messung der soziokulturellen Anpassung durch die SCAS (Ward & Kennedy, 1999) werden Unterschiede im Ausmaß der Stressbewältigungsprobleme (Fillip & Ferring, 1999) und den persönlichen Arbeitsund Erlebnisverhaltensmuster (AVEM- Schaarschmidt 6 Fischer, 2008) erkennbar. Mittels moderierter Regression und SGMs wurden moderierende Faktoren auf der situationsbezogenen Ebene, speziell kulturelle Distanz, Aufenthaltsdauer und Kontaktqualität zu Angehörigen der Gastkultur ermittelt. Als Einflussfaktoren der soziokulturellen Anpassungen lassen sich auf der individuellen Ebene die Sprachkenntnisse und eine kulturorientierte Ausbildung ermitteln. Zwischen soziokultureller und psychologischer Anpassung kann ein wechselseitiges Beeinflussungsverhältnis festgestellt werden. Die Studierenden unterscheiden sich ebenfalls in Bezug auf die Copingstrategien. Es konnte festgestellt werden, dass Studierende mit problemorientiertem Coping eine bessere Anpassung und einen besseren Studienerfolg erzielten als diejenigen, welche emotionszentrierte Copingstrategien verfolgten. Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass längere Aufenthalte tendenziell zu bevorzugen sind, da hierbei bessere Anpassungserfolge erreicht werden können. Ferner erweist sich die Kontaktpflege im Ausland als hilfreich. Ein guter Kontakt zu Angehörigen der Gastkultur wirkt sich vor allen Dingen förderlich auf die soziokulturelle Anpassung der Studierenden aus. Hierbei kommt es allerdings nicht auf die Quantität der Kontakte zu den Angehörigen der Gastkultur an, sondern auf die Qualität und Intensität der Kontakte. Die Studierenden, welche tiefergehenden Kontakt zu Angehörigen der Gastkultur hatten, zeigten größere Studienerfolge und größere Entwicklungen in ihrer interkulturellen Kompetenz. Dadurch lässt sich sicherstellen, dass im Ausland gewohnte Leistungen erreicht werden. Zudem kann die Gefahr eines vorzeitigen Abbruchs des Aufenthalts reduziert werden. Letztendlich können die beiden untersuchten Aspekte der Anpassung als Voraussetzungen für den interkulturellen Studienerfolg gewertet werden. ID: 649 Poster Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft, Psychologie, Didaktiken der Naturwissenschaften und Technik Thematisches Cluster: Hochschulbildung, Lehrerexpertise, Mathematisch-naturwissenschaftlicher Unterricht Stichworte: Videografie, Performanz, Lernprozesse Kommunikationspartner und Lern- und Leistungsmotivationen als Determinan-ten von Art und Qualität der sozialen Interaktion in offenen Lernarrangements. Befunde einer Videostudie im Planspielunterricht in der Beruflichen Bildung Antonia Scholkmann2, Jens Siemon2, Michel Knigge1, Kay-Dennis Boom2 1 Universität Potsdam, Deutschland; 2Universität Hamburg I Theoretischer Hintergrund Im schulischen Kontext gilt sozial angemessenes Kommunizieren als wesentliche Voraus-setzung für akademische Leistungen und späteren beruflichen Erfolg gleichermaßen (vgl. Chew, Md Zain, & Hassan, 2015; Conrad & Newberry, 2012; Kunter & Stanat, 2002). Zur Bewertung der Angemessenheit einer Kommunikation gilt dabei, dass diese sich je nach Anforderungsgehalt der Situation anpassen kann (vgl. Kanning, 2002). Auf den schulischen Kontext übertragen ist hier davon auszugehen, dass auch der Status bzw. die Funktion einer Person (Lehrer oder Mitschüler) und motivationale Einflüsse zur Variation von Art und Qualität der Kommunikation beitragen (vgl. Kunter & Stanat, 2002). Als dritter Ein-fluss lässt sich, insbesondere in verstärkt umgesetzten partnerarbeitsbasierten Lernarran-gements, auf der Basis existierender Befunde der Einfluss von motivationalen Charakteris-tika von Lernpartnern annehmen (vgl. z. B. Knigge, Siemon, Nordstrand, & Stolp, 2013) .Allerdings fehlen bisher empirische Befunde, die genaueren Aufschluss über die komple-xe Dynamik zwischen situationellen Anforderungen, individuellen Motivationen und der Art und Qualität der sozialen Interaktion in Lernprozessen geben können, wenn insbe-sondere auch Lernpartnercharakteristika berücksichtigt werden. II Fragestellung Vor diesem Hintergrund stellte die hier vorgestellte Studie stellte die Frage, wie Kommu-nikationspartner und Lern- und Leistungsmotivationen auf Schüler- und auf Lernpartner-seite die Art und Qualität sozialer Kommunikation von Schülern in offenen Unterrichtssi-tuationen beeinflussen. Aufgrund theoretischer Vorannahmen und eigener Vorarbeiten wurde dabei davon ausgegangen, dass insbesondere die Kommunikation von Lernpart-nern in Kombination mit intrinsisch geprägten Motivationsaspekten sowie die Kommuni-kation mit dem Lehrern in Kombination mit einer hohen Leistungsmotivationen die Art und Qualität der sozialen Kommunikation voraussagen sollte. III Methode Zur Untersuchung dieser Forschungsfrage nutzte die vorliegende Studie das Videografie-verfahren MuVA (Multimodale Videound Audioanalyse, Siemon, Boom, & Scholkmann, 2015), welches unterrichtliches Geschehen mithilfe mehrere Kameras in Kombination mit individuellen Audioaufnahmen erfasst. Für die vorliegende Studie wurden Daten aus drei Hamburger Berufsschulklassen für den Ausbildungsberuf Kaufmann/Kauffrau für Spediti-ons- und Logistikdienstleistungen analysiert (N = 59). Alle Schüler/-innen nahmen an ei-nem computerbasierten Simulationsplanspiel teil, welches über jeweils 8 Stunden gespielt wurde und dabei über weite Strecken selbständige Partnerarbeit in Zweiergruppen erfor-derte. Die Videodaten wurden mittels des Kodiermanuals SoKom (Siemon, Scholkmann, Boom, & Knigge, 2015) hinsichtlich der Qualität der sozialen Interaktionen zwischen den Lern-partner/-innen sowie zwischen Schüler/-innen und der anwesenden Lehrperson analy-siert. Das Manual differenzierte dabei basierend auf Fydrich, Chambless, Perry, Buergener, & Beazley (1998) (1) den angemessenen Gebrauch von Stimme und Sprache, (2) die ange-messene Sprechdauer und (3) den angemessenen Konversationsfluss. Zur Identifikation der Interaktionspartner „Lehrer“ oder „Lernpartner“ wurde die Dimension „Sozial“ des Kodiermanuals Time on Task (TT) (Siemon, Scholkmann, Boom, & Knigge, 2015a) verwen-det. Die Erhebung der Motivation erfolgte mit dem Fragebogen zur Erfassung aktueller Motivation in Lern- und Leistungssituationen (FAM, Rheinberg, Vollmeyer, & Burns, 2001) zu zwei Zeitpunkten im Laufe des achtstündigen Planspiels. Neben den Werten der Schü-ler/-innen selbst auf den erhobenen Dimensionen wurden in den Analysen die Werte des Lernpartners/der Lernpartnerin in der Dyade berücksichtigt. IV Ergebnisse Erste Ergebnisse mittels hierarchischer schrittweiser Regressionsanalysen zeigen, dass vor allem die Kommunikation mit dem Lernpartner/der Lernpartnerin zusammen mit intrinsi-schen Motivationskomponenten die Qualität der sozialen Interaktion bestimmt: Schüler/-innen, die viel mit ihrem Partner interagieren, kommunizieren adäquater in Stimme und Sprache und Konversationsfluss, wenn sie gleichzeitig zu einem frühen Zeitpunkt im Lern-prozess ein hohes Interesse am Lerngegenstand zeigen (Dimension Stimme und Sprache: R2=.56, p=.039, BetaKonvPart=.46/BetaFam1_I=.49; Dimension Konversationsfluss: R2=.57, p=.032, BetaKonvPart.79/ BetaFam1_I=.42). Effekte für die Konversation mit der Lehrperson hingegen können in den bisherigen Analysen nicht nachgewiesen werden. Ebenso zeigt sich, entgegen bestehender Annahmen, keinerlei Einfluss von Motivationen des Lernpart-ners auf die Angemessenheit sozialer Kommunikationen. ID: 651 Poster Disziplinen-Cluster: Erziehungswissenschaft, Soziologie, Lehrerbildung Thematisches Cluster: Methoden der empirischen Bildungsforschung Stichworte: Partizipation, Zivilgesellschaft, Politik, zivilgesellschaftliches Engagement Zivilgesellschaftliche und politische Partizipation von 14jährigen Schülerinnen und Schülern unter Risikobedingungen Daniel Deimel Universität Duisburg-Essen, Deutschland Problemkontext & theoretischer Hintergrund Aktive Bürgerschaft ist definiert als „participation in civil society, community and/or political life, characterised by mutual respect and non-violence and in accordance with human rights and democracy“ (Hoskins, 2006) und legitimiert den demokratischen Staat (Meyer, 2009; Putnam, Leonardi & Nanetti, 1994). An diesen breiten Partizipationsbegriff anknüpfend beschreibt das Civic Voluntarism Model (CVM, Verba, Schlozman & Brady, 1995) Ressourcen, das innere Beteiligtsein sowie das Eingebundensein in präpolitische Kontexte als Prädiktoren zivilgesellschaftlichen und politischen Engagements. Politische Integration, also die gleichberechtigte Berücksichtigung möglichst vieler Interessen, erscheint als Mittel der Wahl zur Sicherung sozialen Friedens (Klein, Heitmeyer & Zick, 2012). Bei Menschen mit ungünstigen sozio-ökonomischen und sozio-kulturellen Voraussetzungen zeigt sich eine Partizipations-Kluft: eine Abkehr von verfassten politischen Akten zeigt sich insbesondere bei Angehörigen der unteren sozialen Schichten und Personen mit geringen Formalabschlüssen (Petersen, Hierlemann, Vehrkamp & Wratil, 2013). Bei Jugendlichen gehen ungünstige sozio-ökonomische Bedingungen des Elternhauses mit geringem Interesse an Politik, gering ausgeprägter Bereitschaft zur politischen Partizipation sowie dem Ausbleiben gesellschaftlichen und politischen Engagements einher (Lange, Onken & Korn, 2013). Bei Jugendlichen mit Zuwanderungsgeschichte erweist sich vor allem Eingebundensein als wichtiger Prädiktor; der elterliche soziale Status und inneres Beteiligtsein gilt hingegen ausschließlich bei Jugendlichen ohne Zuwanderungsgeschichte als Prädiktor für unkonventionelles zivilgesellschaftliches Engagement (Eckstein, Jugert, Noack, Born & Sener, 2015). Während die Rolle der Schulen hinsichtlich von Ungleichheiten breit diskutiert wurde (Quenzel & Hurrelmann, 2010), sind schulische Lernumgebungen förderlich für die zivilgesellschaftliche und politische Teilhabe junger Menschen (Geboers, Geijsel, Admiraal & Dam, 2013; Torney-Purta, 2002). Die im Poster präsentierte Studie zielt darauf ab, Schutzfaktoren (Noeker & Petermann, 2008) zu beschreiben, welche politische und zivilgesellschaftliche Teilhabe von SchülerInnen (SuS) unter Risikobedingungen begünstigen. Fragestellungen 1. Welche Merkmale charakterisieren Risikogruppen wenig partizipierender Jugendlicher? 2. Welche Schutzfaktoren fördern die Absicht zivilgesellschaftlicher und politischer Partizipation trotz Zugehörigkeit zu Risikogruppen? 3. Welche schulbezogenen Variablen wirken hier moderierend / mediierend? 4. Welche Arten der Partizipation wählen Angehörige von Risikogruppen am ehesten? Methoden Im Rahmen der International Civic and Citizenship Education Study 2016 (ICCS 2016) wird untersucht, wie SuS auf ihre Rolle als BürgerInnen vorbereitet sind. ICCS 2016 steht in einer Reihe mit weiteren Studien der International Association for the Evaluation of Educational Achievement (IEA): CIVED (Schulz & Sibberns, 2004) und ICCS 2009 (Schulz, Ainley & Fraillon, 2011). Im Rahmen von ICCS 2016 nimmt, neben weltweit 23 weiteren Bildungssystemen, als einziges deutsches Bundesland NordrheinWestfalen teil. Zielpopulation sind SuS der achten Jahrgangsstufe. Erfasst werden unter anderem Wissen über Demokratie, politische Handlungen und Institutionen, Einstellungen zu verschiedenen gesellschaftlichen Problemfeldern, politisches Interesse sowie zivilgesellschaftliche und politische Handlungsabsichten. Weiter werden Hintergrundvariablen erhoben, welche eine Kategorisierung nach sozio-ökonomischen Gesichtspunkten zulassen. Zusätzlich werden LehrerInnen und die Schulleitungen befragt, um den schulischen Kontext der SuS zu erfassen. Die Befragung der SuS erfolgt papierbasiert, die der Lehrkräfte und Schulleitungen als Online-Befragung. Die Stichprobe soll ca. 150 Schulklassen aus NRW umfassen, was ca. 3.500 SuS entspricht und ist hinsichtlich Schulform und Anteil der SuS mit Migrationshintergrund stratifiziert. Gymnasien mit hohem Anteil von SuS mit Migrationshintergrund haben ein beabsichtigtes Oversampling erfahren. Die Hauptuntersuchung findet im Frühjahr 2016 statt. Ziele Analog zum CVM (Verba et al., 1995) sollen verschiedene Modelle erarbeitet werden, in denen als abhängige Variable jeweils bestimmte politische Beteiligungsakte definiert werden, die anhand der Pole „verfasst – nicht verfasst“, „legal – illegal“ und „konventionell – unkonventionell“ systematisiert werden (Kaase, 1997). Die unabhängigen Variablen des CVM sollen als latente Variablen konstruiert werden. ICCS 2016 bietet eine Reihe von Skalen und Variablen, welche diese Konstruktionen ermöglichen. Anschließend lässt sich anhand der Ladungen beurteilen, welche dieser Einflüsse im Sinne von Schutzfaktoren für Risikogruppen bedeutsam sind. Diese Schutzfaktoren bieten Ansätze für pädagogische Interventionen.