Yvan Goll: JEAN SANS TERRE LE DOUBLE (2)

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Yvan Goll: JEAN SANS TERRE LE DOUBLE (2)
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Yvan Goll: JEAN SANS TERRE
LE DOUBLE (2)
A la dérive
Entre les rives rivales
La rive du désir et celle de l´oubli
Ma vague divague
Ma vie descend
Le fleuve incandescent
Je suis l´Unique et l´Etre Double
Le Roi de Cur debout et à l´envers
Perdant gagnant Passant passé au jour la mort
Je suis le Moi et déjà ma mémoire
Regarde le Fleuve: tu vois le corps et l´âme
Et si tu trempes ta main, elle s´enduit de nuages
La lune fleurit aux branches des algues
Et le poisson voyage parmi les sphères de feu
Je suis l´Instant au double message
Bien que ma rive droite ignore ma rive gauche
En mon nom se marient l´Est et l´Ouest
Je suis la noce du Oui et du Non
J´ai bu aux deux seins de Léda l´innocence et l´expérience
De l´innocence à l´ éxpérience est suspendue l´araignée fatale
Qui tisse les ponts interdits les ponts de rêve
Les ponts de la magie maudite à midi
Entre sagesse et sainteté passe la présence
Le courant qui relie les pôles de vie et de mort
Entre la rose d´aube et la pourpre charogne du soir
Le fleuve ténébreux fait une barre noire
De la main gauche de chair à la main pâle de l´âme
Le fleuve de sang compte les vagues du temps
Je suis le Roi de Cur Passant passé
jouant sur deux tableaux je gagnerai la mort
Je suis l´homme aux deux rives je suis l´homme
Aux deux profils: le saint et l´assassin
Mon poitrail de héros porte une nuque lâche
Mon flanc mâle obéit à mes seins féminins
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Main droite, qu´as-tu fait de ta main gauche?
Epaule, as-tu trompé ta cuisse?
Les mains droites ne serrent que des mains droites
Les mains du coeur sont seules comme des mains d´arbres
Comment joindre ma rive droite à ma main gauche?
Il faut faire le tour du monde pour toucher l´autre rive
Tandis qu´entre les deux passe le fleuve aveugle
Dans l´ennui d´immortalité et de justice
JOHANN OHNELAND
DER DOPPELGÄNGER (2)
Umhergetrieben
zwischen gegnerischen Ufern,
Ufer der Sehnsucht, Ufer des Vergessens,
schwankt meine Woge
und mein Leben zieht
den aufgewühlten Fluss hinab.
Ich bin der Einzige und das Doppelwesen,
Herzkönig, aufrecht und verkehrt herum,
Verlust, Gewinn, Vorübergehn, Vergehn, auf Tag der Tod;
ich bin das Selbst und schon Erinnerung.
Schau diesen Fluß an: du siehst Leib und Seele;
tauchst du die Hand hinein, ist sie umhüllt von Wolken,
der Mond erblüht in dem Geäst der Algen,
auf Feuerbahnen zieht der Fisch umher.
Ich bin der Augenblick mit doppelter Bedeutung;
obwohl das rechte Ufer nicht das linke kennt,
vermählen sich in meinem Namen Ost und West;
ich bin die Hochzeit zwischen Ja und Nein.
An beiden Brüsten Ledas trank ich Unschuld und Erfahrung;
von Unschuld zu Erfahrung schwebt die unheilvolle Spinne,
die die verbotenen Brücken spinnt, die Brücke für den Traum,
die Brücke der verfluchten Zauberei am Mittag.
Die Gegenwart fließt zwischen Heiligkeit und Weisheit;
der Strom, der Tod mit Leben, Pol mit Pol verbindet,
der dunkle Fluss zieht einen schwarzen Querstrich zwischen
der Morgenrose und dem purpurroten Aas des Abends.
Der Blutstrom zählt die Wellen dieser Zeit
von meiner linken Leibhand in die bleiche Seelenhand;
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Herzkönig bin ich, im Vorübergehn vergangen,
spiel mit zwei Bildern und gewinn den Tod.
Mann mit zwei Ufern, Mann mit zwei Gesichtern
bin ich: der Mörder und der Heilige.
Die Heldenbrust trägt einen feigen Nacken;
in meinen Lenden herrscht mein Frauenbusen.
Was hast du rechte Hand getan mit deiner linken?
Und Schulter, hast du deinen Schenkel hintergangen?
Die rechten Hände drücken nur die rechten,
Herzhände sind so einsam wie Baumhände.
Wie füge ich mein rechtes Ufer zu der linken Hand?
Man reicht ans andre Ufer nur, wenn man die Welt umkreist,
und zwischen beiden fließt derweil der blinde Strom
in Sorge um Unsterblichkeit und Recht.
Aus: Goll, Yvan: Jean sans Terre. Johann Ohneland. Gesamtausgabe nach den Erstdrucken und Handschriften. Französisch-deutsche Textedition. Hrsg. von Kristian Wachinger, übersetzt von Monika Fahrenbach-Wackendorff. Ebenhausen bei München: 1990,
S. 290-293.
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