Die Saz - Adax Dörsam

Transcription

Die Saz - Adax Dörsam
World Of Strings
von Adax Dörsam
Siebensaitige Saz
aus Maulbeerholz
Die Saz
Die Saz ist ein uraltes traditionelles
Instrument, das orientalisches Flair in die
Musik zaubert.
n dieser Ausgabe möchten wir ein Instrument vorstellen, das bei den Turkvölkern eine große Rolle spielt: die Saz
Baglama. Bei den Aleviten, einer mit
dem Islam verwandten Religionsgemeinschaft
aus Anatolien, hat dieses Instrument sogar
kultische Bedeutung: Jeder Geistliche spielt
die Saz Baglama bei den traditionellen Feiern.
Oft wird das Instrument nur Saz genannt, was
wörtlich übersetzt „Musikinstrument“ heißt.
Eine Trommel ist also auch eine Saz. Erst der
Zusatz Baglama (zu deutsch „gebündelt“)
macht es zu dem bekannten, traditionellen
siebensaitigen Zupfinstrument. Sieben Saiten?
Die Saz ist im Grunde genommen ein dreisaitiges Instrument. Wie bei einer Mandoline sind
die beiden tiefen Saiten doppelchörig: Hier
klingen, wenn man einen Ton anschlägt, zwei
eng beieinander liegende Saiten gleichzeitig.
Das Besondere bei der Saz ist, dass die höchste Saite sogar dreichörig ist. Richtig – hier
klingen also bei einem Anschlag drei ganz eng
beieinander liegende Saiten, was dem Ton ein
größeres Gewicht gibt. Deshalb benutzt man
für das Melodiespiel gerne diese Saite.
Wie klingt eine Saz? Sie hat einen wunderbar
glasig-strengen Ton. Es besteht eine klangliche Verwandtschaft zu der Charakteristik von
Begleit-CD: Track 15
Zur Saz gibt es ein Klangbeispiel unserer
Begleit-CD, eingespielt von Adax Dörsam.
180
A K U S TI K GIT A RR E 2 / 1 0
tiefen Cembalotönen, sehr luftig und klar. Ausschlaggebend hierfür ist auch der Anschlag:
Hierfür sollte man unbedingt ein ultradünnes
Plektrum verwenden. Mit einem normalen oder
harten Plektrum würde man die dünnen Stahlsaiten schnell ruinieren.
Es gibt verschiedene Stimmungen für die Saz,
zum Beispiel E-A-H oder Bb-F-Bb. Bei der MTV
Unplugged-Aufnahme ‚Wettsingen in Schwetzingen’ im Juli 2008 mit Xavier Naidoo spielte
ich eine Saz in der Stimmung Bb-F-Bb, also
die tiefste Saite: Bb (tiefes Bb) Bb (eine Oktave höheres Bb). Die mittlere Saite: F / F
(beide Saiten gleich hoch). Die hohe Saite:
Bb (tiefes Bb wie bei tiefster Saite) Bb / Bb
(beide Saiten eine Oktave höheres Bb wie bei
der tiefsten Saite).
Kommen wir zu einer weiteren Besonderheit
der Saz: Die Bundstäbchen sind nicht, wie
bei der Gitarre, fest eingesetzte Metallstäbe,
sondern verknotete Nylonschnüre. Man kann
sie also verschieben! Das wäre auch meine
Empfehlung an alle Interessierte, die sich mit
diesem Instrument vertraut machen möchten:
Ändert die originale Bundeinteilung der Saz.
Es gibt da nämlich neben der uns vertrauten
Halbton- auch die Drittelton-Einteilung. Das
ist zwar für die originale Saz Musik unerlässlich, aber damit kann man nicht die Tonart
wechseln. Und auch ‚Hänschen klein’ kann
man mit Drittelton-Stimmung nicht spielen.
Also ran an die Bünde und verschieben, bis
unser temperiertes Halbton-System wie bei
der Gitarre erreicht ist! Ein weiterer Punkt
sind die Stimmwirbel: Traditionellerweise sind
Holzwirbel üblich. Unter Bühnenbedingungen
empfehle ich allerdings eine Saz mit Gitarrenstimmmechaniken. Die sind zuverlässiger und
schneller. Für Studioaufnahmen verwende ich
meine schöne alte Saz aus Maulbeerbaumholz
mit Holzwirbeln, bei Konzerten dagegen spiele
ich lieber eine moderne Saz mit eingebautem
Tonabnehmer. Wer sich dafür interessiert, dem
empfehle ich, sich Informationen unter www.
cemmusiccenter.de einzuholen.
Das Holz des Maulbeerbaums ist die beste Wahl
bei der traditionellen Bauweise für den birnenförmigen Korpus der Saz, manchmal wird
auch Kastanie verwendet. Für den Hals wird
gerne Ahorn genommen, das Griffholz sollte
hartes Ebenholz oder Rosenholz sein. Bei der
modernen Bauweise werden mit Knochenkleber fein zusammengeklebte Holzblätter verarbeitet. Da ist die Wahl der Holzart nicht so
entscheidend. Als Hörprobe empfehle ich das
Taksim Trio (mehr unter www.myspace.com/
taksimtrio) mit dem fantastischen Ismail Tuncbilek an der Saz, weiterhin Musiker wie Muhlis Akarsu, Hasret Gültekin oder Hasan Genc.
Fazit: Wer gute Ohren und zwei nicht völlig
untalentierte Hände hat, kann mit der Saz ein
wunderbar exotisch klingendes Instrument
entdecken. Ich kann nur sagen: Saz
bringt Spaß!