Artikel aus alimenta Nr. 13, Juni 2015

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Artikel aus alimenta Nr. 13, Juni 2015
MARKT & POLITIK • MARCHÉ & POLITIQUE
Fleischskandal unter Schweizer Flagge
zvg
Betrüger missbrauchten Schweizer Veterinärzertifikate, um Schweinefleisch und Speck nach Russland zu exportieren. Der Schwindel flog auf,
die Schweizer Fleischexportfirmen haben das Nachsehen.
Speck unbekannter Herkunft wurde mit gefälschten
Zeugnissen zu Schweizer Speck veredelt.
Grâce à des certificats falsifiés, du lard d’origine
inconnue a été vendu pour du lard suisse.
KARIN ISELI-TRÖSCH. Im August 2014 hat Russland ein Einfuhrverbot für Agrargüter und
Lebensmittel aus den USA, Norwegen, Kanada,
Australien und der EU verhängt. Einige Monate
später erhoben russische Behörden bereits zum
ersten Mal den Vorwurf, die Schweiz diene als
Umschlagplatz für Obst und Gemüse aus der EU
nach Russland. Ob und was an diesen Vorwürfen dran war, konnte nicht eruiert werden. Es
wurde still um das Thema. Doch Mitte Mai dieses Jahres dann die Schlagzeile in der Basler Zeitung: «Betrug mit falschen Schweizer Zeugnissen». Unbekannte hätten illegal Schweinefleisch
und Schweinespeck unbekannter Herkunft mit
dem Label «Swiss made» nach Russland exportiert. Dazu seien Schweizer Veterinär-Zeugnisse
gefälscht worden. «Stimmt», sagt Stefan Kunfermann, Mediensprecher beim Bundesamt für
Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen BLV.
«Wir wurden von den russischen Veterinärberhörden über gefälschte Zeugnisse informiert.
Wir sind aber nicht im Besitz der gefälschten
Originaldokumente.» Solche Zeugnisse enthalten die Bestätigung, dass der Seuchenstatus
Schweiz und die Konformität bezüglich russischer Bestimmungen eingehalten wurde.
Zoll wurde in Litauen abgewickelt
105 Veterinärzertifikate liessen die russischen
Behörden in der Schweiz überprüfen, 90 davon
erwiesen sich als gefälscht. Der Zoll dieser fast
1800 Tonnen Fleischprodukte ist allem
Anschein nach in Litauen abgewickelt worden.
Zuständig für die Vergabe solcher Zertifikate
sind die kantonalen Veterinärbehörden. Rund
35 der Dokumente tragen den gefälschten Stempel der Berner Kantonalbehörde, wie der Berner Kantonstierarzt Reto Wyss sagt. «Wir
konnten die Fälschungen anhand der Zeugnisnummern und der Schriftbilder identifizieren.»
Von Amtes wegen sei Strafanzeige wegen
Urkundenfälschung gegen Unbekannt eingereicht worden. Dies hat der Kanton Bern
zusammen mit dem Kanton St. Gallen gemacht,
welcher ebenfalls Opfer der Betrüger geworden
war. Die Ermittlungen laufen.
Nach heutigem Stand ist keine Schweizer
Ware von dem Betrug betroffen. Dennoch hat
Russland als Reaktion auf den Betrug im Februar 2015 Sanktionen verhängt, auch gegenüber
der Schweiz. Dies veranlasste das Schweizer
Fleischverwertungsunternehmen Centravo, an
der Generalversammlung das Thema Urkundenfälschung auf den Tisch zu bringen. «Wir
dürfen nicht zulassen, dass im Graumarkt
Geschäfte getätigt werden, die verboten sind,
nur um ein paar Rappen mehr zu verdienen»,
sagte Centravo-Verwaltungsratspräsident Peter
Bachmann laut dem Fachmagazin «Fleisch und
Feinkost». Man dürfe nicht riskieren, dass
wegen solchen Schlaumeiern oder gar Kriminiellen Grenzen für Schweizer Produkte geschlossen würden. «Wir dürfen uns überhaupt keine
Fleischskandale leisten, weder aus Nachlässigkeit noch aus Gewinnsucht!»
Exportverbot und tiefe Preise
Das zumindest temporäre Exportverbot ist
nach Ansicht von Centravo-Sprecher Georg O.
Herriger aber nicht der einzige Schaden, den
die Schweize Fleischwirtschaft durch die Fälschungen erleidet: «So ein Missbrauch von
Schweizer Zertifikaten ist schlecht für das
Image und die Akzeptanz von Schweizer Produkten.» Dieser Effekt sei besonders schädlich
und wirke wesentlich länger. Das falsch deklarierte Fleisch wurde von den Russen zurückge-
schickt, wohin weiss niemand genau. «Da die
Ware in der Regel nicht vernichtet wird, sondern gekühlt und transportbereit bleibt, stellt
sie nun international ein Zusatzangebot dar.»
Und dies zu einer Zeit, in der die Nachfrage in
einem gesättigten Markt so oder so schon klein
sei. Für die Centravo bedeute dies, dass die Verkaufspreise für einige ihrer Produkte internationale nochmals weiter unter Druck gerieten.
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Fausse viande
suisse
Au mois d’août 2014, la Russie décrétait une
interdiction d’importation des denrées
agro-alimentaires en provenance des USA, de
Norvège, du Canada, d’Australie et de l’UE.
Quelques mois plus tard, les autorités russes
soulevaient pour la première fois le fait que la
Suisse servait de plaque tournante pour les
fruits et légumes de l’UE vers la Russie. La
lumière n’a jamais été faite à ce sujet. En mai
de cette année, les journaux titraient que des
inconnus auraient exporté de la viande de
porc et du lard d’origine inconnue vers la Russie avec le label «Swiss made», se servant à cet
effet de certificats vétérinaires suisses falsifiés.
De tels certificats attestent le respect du statut
sanitaire suisse et de la conformité des dispositions russes. Les autorités russes ont fait
vérifier 105 certificats vétérinaires en Suisse:
90 se sont avérés faux. Les formalités douanières semblent avoir été menées en Lituanie.
Une enquête est en cours. Selon les informations actuelles, l’escroquerie ne concernerait
pas de marchandise suisse. Malgré tout, en
réaction, la Russie a également décrété des
sanctions contre la Suisse.
Pour Georg O. Herriger, porte-parole de
l’entreprise de transformation de viande Centravo, l’interdiction d’exportation, pour l’instant du moins temporaire, n’est pas le seul préjudice pour l’économie carnée suisse: «Un tel
abus de certificats suisses est mauvais pour
l’image et l’acceptation des produits suisses.»
Un effet qui serait particulièrement néfaste et
beaucoup plus durable. La marchandise
n’étant généralement pas détruite, elle reste
disposée à la vente et continue de mettre les
prix des produits d’autres entreprises sous
pression sur les marchés internationaux. ki
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