Interview mit Fritz Schaap
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Interview mit Fritz Schaap
Interview mit Fritz Schaap 1. Wie kam es, dass Sie heute als Journalist/in arbeiten? Ich bin schon immer viel und gerne gereist, ich denke daher rührt mein Interesse an der Fremde, am Anderen. Hinzu kam meine Liebe zum Lesen und der ebenfalls schon früh entstandene Wunsch zu schreiben. Aus dieser Kombination, plus einer gesunden Neugierde, die ich mir zusprechen würde, entstand relativ schnell der Wunsch als Journalist zu arbeiten. 2. Wie sind Sie auf die Idee gekommen, Ihren Beitrag zu machen? Gibt es eine Anekdote dazu? Die Schule, in der ich vier Wochen verdeckt recherchiert habe, hatte ich bereits ein Jahr früher als Student besucht. Mein Professor hatte sie mir empfohlen, mit dem beiläufigen Hinweis, sie sei ein wenig religiös. Als ich auf die Schule kam, stellte sich schnell heraus, dass man dort nicht ein wenig religiös ist, sondern, dass die Schule von strenggläubigen Salafiten geleitet wird, und ich und ein Freund von mir, mit dem ich zusammen in Ägypten war, die einzigen Nicht-Muslime waren. Hauptsächlich wurde die Schule von Konvertiten aus dem Westen besucht, die Lehrer legten gerne und mit ermüdender Regelmäßigkeit dar, wie Verachtenswert der Westen sei, erklärten im Unterricht, wann es gerechtfertigt sei seine Frau zu schlagen und Ähnliches. Monate später in Deutschland, während ich in einem japanischen Imbiss auf mein Essen wartete, blätterte ich dann in einer alten Ausgabe des Sterns und stieß auf einen kleinen Text über die Sauerland-Gruppe, in dem stand, dass Daniel Schneider – einer der sogenannten Sauerland-Bomber - auf eben jener Schule war. Über 100 weitere Deutsche seien an die Schule vermittelt worden und dort radikalisiert worden, sowie in Kontakt mit Werbern von Terrorcamps gebracht worden. An dem Punkt entstand die Idee noch einmal zurück an die Schule zu gehen und zu schauen wer diese jungen Konvertiten sind, die ihre Vergangenheit hinter sich lassen und sich einem extrem rückwärtsgewandten und radikalen Islam zuwenden. 3. Wie gehen Sie sonst bei der Themenfindung vor? Was macht eine Geschichte für Sie interessant? Einzelschicksale an denen sich größere Konflikte oder Problematiken erklären lassen, sind für mich oftmals interessante Geschichten. Ansonsten gehe ich natürlich so vor, dass ich viel lokale Presse lese, in meinem Fall aus dem arabischen Raum, und in häufigem Kontakt stehe zu den Menschen in der Region, die ich im Laufe der Zeit kennen gelernt habe und die mich immer wieder mit Themen und Kontakten versorgen. Turner Broadcasting System Deutschland GmbH/CNN International Leopoldstraße 10, 80802 München, Germany Phone: +49-89-3407 7125 Fax: +49-89-3407 7134 4. Für Ihren Beitrag waren Sie im Ausland. Hatten Sie Schwierigkeiten? Wie lief z.B. die Zusammenarbeit mit den Behörden? Da ich mir nicht sicher seien konnte, ob nicht aus den lokalen Behörden in Alexandria über Umwege zur Schule durchsickern würde, dass ich dort nicht als konversionswilliger Schüler, sondern als Journalist bin, habe ich die Behörden nicht eingeweiht und bin als Tourist eingereist. Die Hauptschwierigkeit bei dieser Recherche bestand viel mehr darin, in den vier Wochen nicht aus der Rolle herauszufallen, die ich gezwungen war zu spielen, um das Vertrauen meines Umfeldes zu gewinnen. 5. Gibt es etwas, das Sie bei Ihrem Beitrag im Nachhinein anders machen würden? Ich hätte gerne noch länger recherchiert 6. Können Sie von Ihrem Job auch richtig abschalten oder sind Sie immer auf der Suche nach neuen Themen? Es schließt sich ja nicht aus abzuschalten und trotzdem auf ein gutes Thema zu stoßen. 7. Gab es schon einmal den Punkt, an dem Sie bereut haben keinem „normalen Bürojob“ nachzugehen? Nein. 8. Was war die gefährlichste Situation in der Sie sich während Recherchen befunden haben? Wie sind Sie damit umgegangen? In Ägypten wurde ich mal kurz nach der Revolution mit einem befreundeten Fotografen und einem Übersetzer in einem Militärgefängnis festgehalten. Die Situation war eigentlich relativ ungefährlich, bis zu dem Punkt als der Übersetzer, den ich sicherheitshalber mitgenommen hatte, und der mir von einer Kollegin empfohlen worden war, sich weigerte seinen Ausweis vorzuzeigen. Relativ schnell fuhr ein Pick-Up mit bewaffneten Soldaten vor und wir wurden abgeführt, ebenfalls relativ schnell war von Spionage für Israel die Rede, kurz bevor man uns ins Gefängnis fuhr, schafften wir es noch die Botschaft zu kontaktieren, die über ein paar inoffizielle Kanäle dafür sorgte, dass wir am Abend wieder freigelassen wurden. Turner Broadcasting System Deutschland GmbH/CNN International Leopoldstraße 10, 80802 München, Germany Phone: +49-89-3407 7125 Fax: +49-89-3407 7134 9. Was macht Ihrer Meinung nach guten Auslandsjournalismus aus? Wissen über die Region aus der man arbeitet. Gerade im letzten Jahr, im Jahr der Revolutionen in der arabischen Welt, gab es Zeitungen, die Kollegen in die Region schickten, die weder kulturell noch religiös eine besonders große Vorbildung hatten, gerade die ist aber meiner Meinung nach in dieser Region unabdingbar, zum Verständnis vieler Entwicklungen und gesellschaftlicher Phänomene. Nur so konnte ein teils merkwürdig positives mediales Bild der Entwicklungen entstehen, welches ja nun mehr und mehr von einer Realität eingeholt wird, die leider vorhersehbar war. 10.Was sind Ihre Stärken, die Sie besonders für den Journalistenberuf auszeichnen? Wie holen Sie aus jedem Projekt das Beste heraus? Lieber mit fünf Leuten zu viel sprechen, als mit fünf zu wenig. 11.Welche Themen stehen Ihrer Meinung nach für 2012 auf der Agenda der Nachrichtenwelt? Der Nah-Ost-Konflikt. Die Entwicklungen im arabischen Raum. Der Iran. Die amerikanischen Wahlen, ebenso die französischen. Aber kann man am Anfang eines Jahres sagen welche Themen dominieren werden? 12.Welchem berühmten Journalisten würden Sie gerne mal über die Schulter schauen und wieso gerade ihm/ihr? Robert Fisk – weil er Robert Fisk ist. 13.Ihr nächstes Projekt? Ich arbeite gerade an einem Projekt in Israel und Palästina zusammen mit dem Fotografen Tobias Kruse Turner Broadcasting System Deutschland GmbH/CNN International Leopoldstraße 10, 80802 München, Germany Phone: +49-89-3407 7125 Fax: +49-89-3407 7134