Diplomarbeit

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Diplomarbeit
MAZ – Die Schweizer Journalistenschule
Diplomausbildung Journalismus 2012–2014
Diplomarbeit
Tobias Bär
Schweizerische Depeschenagentur sda
Länggassstrasse 7, 3001 Bern
[email protected]
Betreuer: Balz Bruppacher
Januar 2014
«Hang them!»
Homosexualität als Fluchtgrund
Von Tobias Bär
Schwule und Lesben werden in vielen Teilen der Welt verfolgt. Jedes Jahr beantragen Tausende
Homosexuelle Asyl in Europa. Einer von ihnen ist Joseph.
Joseph entdeckt seine Homosexualität mit 22. Wäre er Schweizer, Deutscher, Franzose, würde er jetzt
wahrscheinlich das Gespräch suchen mit seinen Eltern, seinen zwei Brüdern, seinen zwei Schwestern.
Auch in der Schweiz, in Deutschland, in Frankreich kann ein solches Gespräch unangenehm sein. In
Uganda, wo Joseph lebt, ist ein Coming-out lebensgefährlich. Das zeigt die Reaktion seiner Familie,
als sie Jahre später Wind bekommt von seiner sexuellen Orientierung: «If we get him, we kill him.»
Heute ist Joseph 29. Er wohnt in einer Unterkunft im Kanton Luzern. Dort wartet er auf die Antwort
auf sein zweites Asylgesuch in der Schweiz. Er befindet sich jetzt in einem Land, in dem
gleichgeschlechtliche Paare nahezu die gleichen Rechte haben wie heterosexuelle Paare. Seit sieben
Jahren können Lesben und Schwule ihre Partnerschaft beim Zivilstandsamt eintragen lassen. Der
Bundesrat will, dass gleichgeschlechtliche Paare – mit Einschränkungen – bald Kinder adoptieren
dürfen.
Doch Länder wie die Schweiz sind die Ausnahme. Nur rund dreissig Staaten ermöglichen
gleichgeschlechtlichen Paaren die vollwertige Ehe oder eine eingetragene Partnerschaft. In über
siebzig Ländern steht Homosexualität hingegen unter Strafe. Joseph könnte in Uganda zu einer
Freiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt werden. Joseph ist ein LGBTI-Asylsuchender. Die
Abkürzung steht für Menschen, die lesbisch, schwul, bisexuell, transsexuell oder intersexuell sind.
Klare Zunahme
Dass Menschen wie Joseph wegen ihrer sexuellen Orientierung verfolgt werden, ist kein neues
Phänomen. Seit den 1980er-Jahren anerkennen Behörden und Gerichte weltweit, dass die Verfolgung
wegen Homosexualität ein Asylgrund sein kann. Neu ist der Begriff LGBTI. Neu ist auch, dass immer
mehr Asylsuchende, die unter diesen Begriff fallen, den Weg in die Schweiz finden. «In den
vergangenen fünf bis acht Jahren hat ihre Zahl klar zugenommen», sagt Liselotte Barzé-Loosli. Sie
leitet die Fachgruppe Geschlechtsspezifische Verfolgung des Bundesamts für Migration (BFM). Die
genauen Zahlen weist das Bundesamt nicht aus. Eine holländische Studie aus dem Jahr 2011 geht von
bis zu zehntausend Anträgen von LGBTI-Asylsuchenden pro Jahr in den Ländern der EU aus.
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Die Autoren der Studie weisen zudem auf die grossen Unterschiede hin, die zwischen den EU-Staaten
im Umgang mit homosexuellen Asylsuchenden bestehen. Wo steht die Schweiz? «Die
Rechtsprechung der Schweiz bei homosexuellen Asylsuchenden ist relativ restriktiv», sagt Seraina
Nufer von der Schweizerischen Flüchtlingshilfe. Aus der Sicht des BFM hingegen gilt für LGBTIAsylsuchende, was auch für alle anderen Asylsuchenden gilt: Oft seien die Schilderungen nicht
glaubhaft. Oft wird deshalb kein Asyl gewährt. Es sei zudem «einfach, sich im Asylverfahren als
Homosexuellen auszugeben».
Früher hatten es die Behörden leichter. Bis die Weltgesundheitsorganisation die Homosexualität im
Jahr 1992 von der Liste der Krankheiten strich, konnte die sexuelle Orientierung mittels medizinischen
Gutachten festgestellt werden. Danach behalfen sich die Migrationsämter mit Klischees. Wie
gestikuliert der Asylsuchende? Spricht er mit hoher Stimme? Zumindest bis 2007 hielt das Bundesamt
für Migration in Asylentscheiden fest, ob die Erscheinung oder die Gestik des Asylsuchenden
derjenigen eines Homosexuellen entsprach. Kannte er sich nicht aus in der Schwulenszene seiner
Heimatstadt, war seine Glaubwürdigkeit beschädigt. Dasselbe galt für Asylsuchende, die aussagten,
bisher nur mit einer einzigen gleichgeschlechtlichen Person in einer Beziehung gelebt zu haben. Ein
Schwuler wechselt seine Partner doch ständig, so das Stereotyp. Die tschechischen Behörden prüften
schwule Asylsuchende, indem sie diesen Pornos vorspielten. Erst 2009 wurde der Erregungstest
gestoppt.
Auch in der Schweiz hat ein Umdenken stattgefunden. «Herauszufinden, ob der Asylsuchende
wirklich homosexuell ist, steht nicht im Vordergrund», sagt Liselotte Barzé-Loosli vom BFM.
Vielmehr gelte es abzuklären, ob die Person eine begründete Furcht hat, im Fall einer Rückkehr
verfolgt zu werden. Gefragt werde zum Beispiel nach den Schwierigkeiten, denen die Person nach
dem Coming-out begegnete. Ob die Antworten auf solche Fragen als glaubwürdig erachtet werden
oder nicht, hänge nach wie vor von äusseren Merkmalen ab, sagt Pascale Navarra. Sie engagiert sich
bei Queeramnesty, einer Gruppe von Amnesty International, die LGBTI-Asylsuchende unterstützt.
«Einem femininen Mann oder einer maskulinen Frau wird im Asylverfahren auf Anhieb mehr
Glauben geschenkt als einem ‹untypischen› Homosexuellen.»
«Man is born free…»
Wer sich an Stereotypen orientiert, der würde Joseph wohl zu den «untypischen» Homosexuellen
zählen. Er spricht langsam und leise. Oft so leise, dass seine tiefe Stimme kaum mehr zu hören ist.
Joseph erzählt, wie er sich irgendwann gesagt hat: Jetzt ist fertig mit dem Versteckspiel. Während
seines Studiums der Kommunikationswissenschaft in der ugandischen Hauptstadt Kampala verfasst er
einen Beitrag für die Schulzeitung. Im Titel zitiert er Rousseau: «Man is born free but everywhere he
is in chains». Ab sofort steht er unter Beobachtung.
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Das BFM zweifelt am Wahrheitsgehalt von Josephs Geschichte. Es tritt im Oktober 2011 nicht auf
sein Asylgesuch ein. Joseph habe nicht glaubhaft darlegen können, dass er von den ugandischen
Sicherheitsbehörden wegen seiner Homosexualität behelligt worden sei. Erschwerend für Joseph
kommt hinzu, dass er keine Identitätspapiere vorweisen kann. Das Bundesverwaltungsgericht bestätigt
den Entscheid.
Joseph spricht hingegen von «Tagen der Folter», die er in Uganda erlebt habe. Begonnen habe alles,
als er und sein Freund in einem Hostel beim Sex erwischt worden seien. Nach diesem Vorfall sei er
von der Schule geflogen und noch schlimmer: Die Schulleitung habe die Eltern über die «Krankheit»
des Sohnes informiert. Er habe daraufhin in sein Heimatdorf fliehen müssen, erzählt Joseph. Dort habe
ihn wenig später der Militärgeheimdienst aufgespürt. Die Männer vom Geheimdienst hätten ihn an
einen unbekannten Ort verschleppt, ihn mit heissem Wasser übergossen und an den
Geschlechtsorganen verletzt. Irgendwann sei er zurück nach Kampala gebracht worden. Dort wäre er
früher oder später vor Gericht gestanden. Ein Freund habe für ihn dann die Flucht nach Europa
organisiert. Und auch dafür bezahlt. Diese Flucht endet im Empfangszentrum Vallorbe im Waadtland.
Einfache Diskriminierung reicht nicht
Wie jeder Asylsuchende muss Joseph belegen können, dass er in seinem Heimatland verfolgt wird
oder dass ihm Verfolgung droht. Nur dann kann er als Flüchtling anerkannt werden. Gibt er bei der
Befragung hingegen an, er sei auf der Strasse in Kampala bespuckt und beleidigt worden, gilt dies
höchstens als Nebenaspekt. «Eine einfache Diskriminierung reicht nicht», so das BFM. Die
Verfolgung wiederum muss nicht zwingend vom Staat ausgehen. Die Bedrohung kann auch von der
Familie, vom Arbeitgeber kommen. «Dann stellt sich die Frage, ob die Person bei den Behörden
Schutz suchen kann», sagt Liselotte Barzé-Loosli.
Asylsuchende aus Ländern, in denen homosexuelle Handlungen als Straftat gelten, erhalten nicht
automatisch Asyl. Die im Gesetz angedrohten Strafen müssen auch tatsächlich verhängt werden. Das
Bundesverwaltungsgericht, bei dem die angefochtenen Asylentscheide landen, hielt 2011 in einem
Urteil fest: In Afghanistan würden homosexuelle Handlungen zwar kriminalisiert. «Indessen berichten
verschiedene seriöse Quellen, es seien seit dem Sturz der Taliban keine Todesstrafen wegen
Homosexualität verhängt worden.» Das Gesuch des homosexuellen afghanischen Asylsuchenden
wurde abgelehnt.
Das BFM kläre die Situation in den Herkunftsländern nur oberflächlich ab, kritisiert Queeramnesty.
«Die Behörden in Jamaika geben vielleicht an, bei ihnen sitze niemand wegen seiner sexuellen
Orientierung im Gefängnis. Aber was ist mit jenen Homosexuellen, die aus anderen, fadenscheinigen
Gründen wie zum Beispiel Diebstahl verurteilt werden?», sagt Pascale Navarra. Das Bundesamt für
Migration müsse sich vermehrt auf die Informationen von Nichtregierungsorganisationen abstützen.
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«Erst dadurch wird sichtbar, ob Homosexuelle Opfer von spontanen Gewaltakten werden, ihren Job
verlieren oder ihnen medizinische Hilfe verweigert wird.»
«Ugandas Top-Homos»
Oft sind es die Medien, die die Stimmung gegen Homosexuelle zusätzlich anheizen. Diese Erfahrung
macht auch Joseph. Seine Erzählungen mögen schwer nachprüfbar sein, doch die Botschaft, welche
die ugandische Zeitung «Daily Onion» am 21. November 2011 verbreitet, ist unmissverständlich.
Joseph – zu dieser Zeit bereits in der Schweiz – habe die von ihm gegründete Organisation zum
Schutz von Waisenkindern nur als Deckmantel benutzt, um Knaben in die Sex-Falle zu locken. Neben
dem Artikel ein Foto – es scheint Joseph zu zeigen. In den Wochen darauf folgen weitere
Zeitungsberichte, in denen Josephs Name fällt.
Auch David Kato, einer der prominentesten Schwulenaktivisten Ugandas, wurde zur Zielscheibe von
homophoben Journalisten. Das Bild Katos war unter den «100 Fotos von Ugandas Top-Homos», mit
denen die Boulevardzeitung «Rolling Stone» im Oktober 2010 aufmachte. «Hang them: They are after
our kids!», forderte das Blatt. Vier Monate später war David Kato tot. Erschlagen mit einem Hammer.
Nach Darstellung der ugandischen Behörden wurde Kato Opfer eines Streits mit einem Callboy. Auch
der Chefredaktor des «Rolling Stone» schloss einen Zusammenhang mit der Hetzkampagne aus.
Schliesslich habe man dazu aufgerufen, Homos zu hängen. Kato aber sei erschlagen worden.
Mit den Zeitungsartikeln in der Hand stellt Joseph im Dezember 2011 ein zweites Asylgesuch in der
Schweiz. Diesmal braucht das BFM länger für den Entscheid, es verstreichen neun Monate. Dann
kommt die negative Antwort. Die Zeitungsartikel seien zwar nicht gefälscht. Doch enthielten sie
keinen Hinweis auf eine Verfolgung in Uganda. Weil Joseph keine Ausweispapiere besitze, sei zudem
nicht klar, ob die Artikel von ihm handelten. Und es sei nicht auszuschliessen, dass es sich bei
sämtlichen Artikeln um Gefälligkeitsartikel handle. Mit anderen Worten: Joseph könnte den
Journalisten von «Daily Onion» aus der Schweiz angestiftet haben, ihn als Pädophilen zu
verunglimpfen.
Diesmal pfeift das Bundesverwaltungsgericht das Bundesamt für Migration zurück. Das BFM lasse
durchblicken, dass im Fall von Joseph Hinweise auf Verfolgung bestünden, urteilt das Gericht im
Oktober 2012. Dieser hätte deshalb zwingend zu einer Anhörung eingeladen werden müssen.
Lange stellten die Befrager des BFM bei solchen Anhörungen explizit sexuelle Fragen. Wie oft hatten
Sie schon Sex mit Männern? Mit wie vielen Sexpartnern verkehrten Sie? Im Protokoll stand dann oft,
der Antragsteller sei bei der Antwort ausgewichen – keine gute Grundlage für einen positiven
Entscheid. «Solche Fragen entsprechen nicht der heute geltenden Praxis», sagt Liselotte Barzé-Loosli.
Seit 2009 seien die Befrager angehalten, darauf zu verzichten. Die Fragen bei Josephs Anhörung seien
in Ordnung gewesen, sagt Josephs Anwalt Sven Gretler. «Die Atmosphäre war korrekt bis
freundlich.» Die Anhörung fand vor über einem Jahr statt. Seither wartet Joseph auf den Entscheid.
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Das Argument der Diskretion
Joseph geht davon aus, dass das BFM sein Gesuch erneut ablehnen wird. In diesem Fall dürfte das
Amt wohl nicht argumentieren, Joseph müsse sich in Uganda einfach diskret verhalten, um sich vor
Verfolgung zu schützen. «Seit etwa vier Jahren sollte dieses Argument nicht mehr in den
Asylentscheiden zu finden sein», sagt Liselotte Barzé-Loosli. Auf diesen Standpunkt stellte sich im
Dezember auch Bundesrätin Simonetta Sommaruga in der Fragestunde des Nationalrats. Die Realität
sieht anders aus. Im März 2013 lehnte das BFM das Asylgesuch eines homosexuellen Mannes aus
Marokko ab. In der Begründung hiess es, «bei einer diskreten Ausübung seiner Homosexualität»
müsse der Mann nicht damit rechnen, in seinem Heimatland behelligt zu werden.
Dabei stellte ein deutsches Gericht bereits vor dreissig Jahren fest, die Aufforderung zur Diskretion sei
vergleichbar mit der Aufforderung, die Hautfarbe zu wechseln. 2010 fällte dann der Oberste
Gerichtshof Grossbritanniens ein vielbeachtetes Urteil: Wer argumentiere, Homosexuelle könnten ihre
Sexualität einfach verheimlichen, vereitle genau das Recht, für dessen Schutz die
Menschenrechtskonvention existiere – «das Recht, frei und offen als schwuler Mann ohne Furcht vor
Verfolgung zu leben». Am meisten Gewicht hat aber das Grundsatzurteil des Europäischen
Gerichtshofs vom November 2013: Einem Homosexuellen sei es grundsätzlich nicht zuzumuten, seine
sexuelle Orientierung im Heimatland geheim zu halten oder sich beim Ausleben zurückzuhalten.
In der Regel verzichte das Bundesamt inzwischen tatsächlich darauf, homosexuellen Gesuchstellern
einen diskreten Lebensstil zu empfehlen, sagt Pascale Navarra von Amnesty. Beim
Bundesverwaltungsgericht hingegen, dort wo die abschliessenden Entscheide gefällt werden, sei die
Botschaft noch nicht angekommen. Die Richter argumentierten bis heute mit der Möglichkeit des
Verheimlichens.
Zwischen den Zeilen fordere auch das BFM homosexuelle Asylsuchende weiterhin dazu auf, ihre
sexuelle Orientierung zu verstecken, sagt Seraina Nufer von der Flüchtlingshilfe. Denn bei Personen,
die noch nicht behelligt worden seien oder die sich noch nicht geoutet hätten, gingen die Schweizer
Behörden in der Regel nicht davon aus, dass diese Personen bei einer Rückkehr speziell verfolgt
würden. «Im Ergebnis läuft dies darauf hinaus, dass die Schweiz von den Betroffenen erwartet, ihre
sexuelle Orientierung im Heimatland versteckt zu leben», sagt Nufer.
Lebenslang
Asylsuchende wie Joseph erhalten vergleichsweise selten Asyl (siehe Kasten). Aus der Sicht von
Organisationen wie Queeramnesty hängt die tiefe Anerkennungsquote auch mit dem Asylgesetz
zusammen. Darin ist seit fünfzehn Jahren die Rede von frauenspezifischen Fluchtgründen. Gemeint
sind unter anderem Zwangsheiraten. 2009 forderte die damalige Grüne Nationalrätin Katharina
Prelicz-Huber, auch die geschlechtsspezifische Verfolgung müsse ins Asylgesetz aufgenommen
werden. Der Nationalrat lehnte deutlich ab. So gelten homosexuelle Asylsuchende weiterhin als
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Mitglieder einer «bestimmten sozialen Gruppe». Trotzdem habe die Sensibilität beim BFM
zugenommen, sagt Pascale Navarra. Der richtige Umgang mit LGBTI-Asylsuchenden sei heute Thema
bei internen Schulungen.
Die Mitarbeiter des BFM werden in Zukunft nicht mehr nur mit lesbischen, schwulen, bi-, trans- und
intersexuellen Asylsuchende zu tun haben, die aus den extrem homophoben Ländern Afrikas und des
Nahen Ostens in die Schweiz kommen. In Deutschland erhielt im Jahr 2013 erstmals ein
homosexueller Mann aus Russland Asyl. Präsident Wladimir Putin hatte im gleichen Jahr ein Gesetz
unterzeichnet, das positive Äusserungen über Homosexualität in Anwesenheit von Minderjährigen
unter Strafe stellt.
In Josephs Heimat hat das Parlament eben erst ein neues Gesetz verabschiedet. Schwule und Lesben
können in Uganda nun bei mehrfachen Verstössen gegen das Anti-Homosexuellen-Gesetz zu einer
lebenslangen Gefängnisstrafe verurteilt werden. Der ursprüngliche Entwurf sah gar die Todesstrafe
vor. Wie in Mauretanien, wie im Sudan, wie in Teilen Nigerias und Somalias, wie im Iran, wie in
Saudiarabien, wie im Jemen.
Während des langen Asylverfahrens hat Joseph Freunde gefunden in der Schweiz. Er trifft sie in den
Bars von Luzern, tanzt mit ihnen an der Gay Pride in Zürich. Joseph lebt sein Leben so, wie er es in
Uganda nicht tun könnte.
Wegen des laufenden Asylverfahrens wurde auf die Nennung von Josephs richtigem Namen verzichtet.
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Der Jurist Martin Bertschi zählte in den Jahren 1993 bis 2007 in der Schweiz neunzig Asylgesuche,
bei denen die sexuelle Orientierung als Verfolgungsgrund genannt wurde. Nur vier Personen erhielten
Asyl. Die Gruppe Queeramnesty hat seit 2010 rund fünfzig LGBTI-Asylsuchende betreut. Von ihnen
wurden ebenfalls vier als Flüchtlinge anerkannt. Das macht acht Flüchtlinge auf rund 140
Asylgesuche. Ihr seien weitere positive Asylentscheide bekannt, sagt Liselotte Barzé-Loosli vom
BFM. Die Anerkennungsquote bei LGBTI-Asylsuchenden dürfte trotzdem unter dem Durchschnitt
liegen. 2011 wurde in der Schweiz jeder fünfte Asylsuchende als Flüchtling anerkannt, im Jahr 2012
war es etwa jeder Achte.
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