Erfahrungsbericht - Akademisches Auslandsamt

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Erfahrungsbericht - Akademisches Auslandsamt
Erfahrungsbericht
Name: C a r i n a, E s s l
Studiengang und -fach: Aisthesis. Historische Kunst- und Literaturdiskurse
Austauschjahr: WS 2014/2015
Gastuniversität: Università degli Studi di Pisa
Stadt: Pisa
Land: Italien
Aus Spam- und Datenschutzgründen wird die E-Mail-Adresse nicht im Internet veröffentlicht. Studierende der Universität Augsburg können diese auf Anfrage im Auslandsamt erhalten.
Die Erfahrungsberichte werden von Studierenden verfasst und spiegeln nicht zwangsläufig die Meinung der Universität Augsburg wider. Für den Inhalt des Berichts ist der/die Verfasser/in verantwortlich. Das Akademische Auslandsamt behält sich vor, ggf. Änderungen vorzunehmen.
Erfahrungsbericht –
Auslandssemester an der Università degli Studi di Pisa
im WS 2014/2015
Das Auslandssemester an der Università degli Studi di Pisa war sowohl für meine persönliche
Entwicklung als auch für den akademischen Werdegang eine sehr einprägsame Zeit. Wann
hat man schon einmal die Möglichkeit, für eine begrenzte Zeit in ein anderes Leben zu
schlüpfen und anschließend wieder heimzukehren – ein halbes Jahr älter und um viele
Erfahrungen reicher. Durch das Eintauchen in eine andere Kultur und Lebensart fernab
von bisherigen Rollenmustern entdeckte ich neue Seiten an mir. Zudem war es sehr
aufschlussreich, ein ausländisches Bildungssystem kennenzulernen und Einblicke in die
didaktischen Lehrmethoden und akademischen Standards zu erhalten.
1) Prima: Vorher - Die Vorbereitungsphase des Auslandssemesters
Bevor das Auslandssemester in seinen organisatorischen Einzelheiten vorbereitet werden
kann, gilt es eine wichtige Entscheidung zu treffen: Wo möchte ich mein Auslandssemester
verbringen? Da ich bereits während meines Bachelor-Studiums ein Praktikum in Genua
absolviert hatte und ich meine Sprachkenntnisse vertiefen wollte, fiel die Wahl auf Italien.
Pisa sprach mich zum Einen aufgrund seiner geographischen Lage im Herzen der
kulturreichen und geschichtsträchtigen Toskana an, zum anderen war es für seinen familiären
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Universitätsstadtcharakter bekannt. Das akademische Angebot der Universität überzeugte
mich durch die interdisziplinäre Ausrichtung des kunsthistorischen Instituts, das die
Studieninhalte meines Heimatstudienganges widerspiegelte. Als ich einen zuständigen
Professor bezüglich des Studienangebotes per E-Mail anschrieb, erhielt ich eine freundliche
und kompetente Antwort.
Nachdem ich eine Zusage für einen Studienplatz an der Università degli Studi di Pisa erhalten
hatte, galt es einige Punkte auf der To-Do-Liste abzuhaken: das Abschließen einer
Auslandsversicherung, das Zusammenstellen des Learning-Agreements, das Suchen einer
Unterkunft, das Besuchen von Sprachkursen etc. Die Auslandskrankenversicherung
vermittelte mir mein Finanzanbieter und wurde pro Tag abgerechnet, sodass auf den Tag
genau mein Versicherungsschutz aktiv war. Bei einer Verkürzung des Aufenthaltes bestand
die Möglichkeit einer Rückzahlung seitens der Versicherung.
Bei der Erstellung des Learning-Agreements stand ich vor der Schwierigkeit, dass das
Kursangebot zwar online auf der Homepage der Universität zur Verfügung stand, die
Angaben sich allerdings nicht auf das künftige Semester bezogen. Somit dienten die
Informationen auf der Universitätsseite einer allgemeinen Orientierung, mit Hilfe derer eine
vorläufige Kursauswahl für das Learning-Agreement getroffen werden konnte. Es empfiehlt
sich, verschiedene Veranstaltungen zu besuchen, um entsprechend der Lehrinhalte, des Lernund Lesepensums und vor allem auch des Sprachniveaus des Dozierenden eine direkte
Auswahl vor Ort zu treffen. Manche Dozenten geben in der ersten Stunde den zu
bewältigenden Lesestoff sowie den Erwartungshorizont für die Abschlussprüfung an, andere
wiederum erst im Laufe des Semesters. Besuche in der Sprechstunde sind sinnvoll, um
Prüfungsleistungen abzuklären.
Bei der Wohnungssuche unterstützte mich ein italienischer Freund, der mir ein Zimmer in
einer Wohngemeinschaft vermittelte. Meine Mitbewohner hatten bereits öfters mit
ERASMUS-Studenten zusammengelebt und waren entsprechend offen im Umgang, sodass
sich das WG-Leben unkompliziert und sehr unterhaltsam gestaltete. Auf Facebook gibt es
verschiedene Gruppen („Studio a Pisa – Cerco/Offro casa“ oder „Cerco casa o camera in
affitto a Pisa), in denen entsprechende Angebote und Gesuche von Wohnungsportalen geteilt
oder
unabhängige
Beiträge
gepostet
werden.
Leider
werden
aufgrund
des
Organisationsaufwandes oftmals Studenten bevorzugt, die mindestens ein Jahr in der
Wohnung bleiben. Wie ich von anderen ERASMUS-Studenten erfahren habe, hat es sich
bewährt, ein paar Tage vor Vorlesungsbeginn anzureisen, um sich vor Ort persönlich auf
Wohnungssuche zu begeben.
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Sich sprachlich auf das Auslandssemester in Pisa vorzubereiten, ist unerlässlich. Die
geisteswissenschaftlichen Kurse werden nahezu ausschließlich auf Italienisch abgehalten.
Auch im Alltag sollte man sich auf seine Italienischkenntnisse verlassen können, da für eine
Kommunikation ausreichende Englischkenntnisse auch bei einem jungen Gegenüber nicht
selbstverständlich sind. Neben der Teilnahme an Sprachkursen an meiner Heimatuniversität
sowie Treffen mit Tandem-Partnern habe ich mich mit italienischen Büchern und Filmen
sprachlich auf meinen Italienaufenthalt vorbereitet.
2) Durante: Mittendrin - Das Auslandssemester an der Università degli Studi di
Pisa
Aufgrund der geringen Distanz von ein paar Fahrstunden bin ich mit dem Auto von München
nach Pisa gereist. Somit musste ich keine Rücksicht auf Gepäckbegrenzung nehmen, was sich
besonders in den Wintermonaten als sehr vorteilhaft erwies. Der Winter in der Toskana ist
zwar milder als in Deutschland, doch sind die Wohnungen entsprechend schlecht für kältere
Temperaturen ausgestattet. Fehlende Isolierungen im Gemäuer und an Fenstern führen zu
hohen Heizkosten. In meiner Wohnung waren beispielsweise die Heizkörper nicht einzeln
regulierbar, sodass nur die gesamte Wohnung geheizt werden konnte. Dies führte dazu, dass
die Beheizung nur unregelmäßig in Betrieb genommen wurde und man sich vor dem
Schreibtisch dick einpacken musste. Neben Wollsocken sollte man unbedingt Gummistiefel
einpacken. Da sich Wolken an den nahegelegenen Bergen (Monte Pisano, fast 1000 Meter
hoch) stauen, wird Pisa von unwetterartigen Regenschauern heimgesucht. Straßen und Plätze
sind innerhalb kurzer Zeit komplett geflutet, sodass man sich nur noch mit Gummistiefeln
trockenen Fußes fortbewegen kann. Bei schönem Wetter lässt sich die Stadt allerdings gut zu
Fuß erkunden – falls man sich in dem Gässchengewirr der Altstadt verirrt, bildet der Arno
einen guten Orientierungspunkt. Pisa ist ein überschaubares Städtchen, dessen rustikaler
Charme von alten Palazzi und vielzähligen Piazze bestimmt wird. Zudem bildet Pisa einen
guten Ausgangspunkt sowohl für Tagesausflüge als auch Kurztripps. Das Zugfahren in Italien
ist recht günstig, sodass dich Trenitalia für wenig Geld nach Florenz (1 Stunde), Lucca (45
min.) oder auch Rom (4 Stunden, ab 23 €) bringt. Bei den Themen Zuverlässigkeit und
Pünktlichkeit kann Trenitalia mit der DB übrigens locker mithalten.
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Die Studentenvereinigungen ESN und Aegee sind ziemlich aktiv und unterstützen die
ausländischen Studenten nicht nur
bei allen universitären Angelegenheiten, sondern
organisieren auch verschiedene Ausflüge und Veranstaltungen. Auch wenn das auf der UniHomepage vorgestellte „Meet-a-mate-Programm“ wohl nicht mehr aktuell zu sein scheint,
trifft man vor Ort einige hilfsbereite Studenten innerhalb dieser Netzwerke. Im Rahmen der
akademischen Veranstaltungen kommt allerdings kaum ein Kontakt zu den einheimischen
Studenten zu Stande. Dies mag auch daran liegen, dass sowohl die Vorlesungen als auch die
Seminare oftmals als Frontalunterricht abgehalten werden und kaum eine Interaktion mit den
Studierenden stattfindet.
Die Università degli Studi di Pisa ist keine Campus-Uni, sondern verteilt sich auf
verschiedene Gebäude in der Stadt, die aber fußläufig gut zu erreichen sind. Das Department
für Kunstgeschichte sowie die Kunstgeschichtsbibliothek sind in einem Neubau am Stadtrand
untergebracht und verfügen somit über moderne Universitätsstandards. Die Veranstaltungen
finden je nach Anzahl der angegebenen Credits mehrmals wöchentlich statt. Prüfungsrelevant
sind nicht nur die Inhalte der Vorlesungen bzw. Seminare, sondern auch die Thesen der zu
lesenden Bücher. Es empfiehlt sich, den genauen Prüfungsstoff mit dem Dozenten zu
besprechen. Abgeklärt werden sollte, ob sich für ausländische Studierende Abweichungen im
Prüfungsprogramm ergeben und welche Schwerpunktbildung der Professor vornimmt.
Allgemeine Informationen zum Kurs bietet auch das Online-Portal „Omero“, über das man
sich zu den Prüfungen anmeldet. Bei der Prüfungsleistung handelt es sich überwiegend um
mündlich abgehaltene Tests. Wie an den Prüfungstagen genau vorgegangen wird, hängt von
den Professoren ab. Da es meist keine klare Zeiteinteilung gibt, kann es zu längeren
Wartezeiten kommen, die man mit anderen Studenten wartend auf dem Gang vor dem Büro
des Dozenten verbringt. Ein Vorteil dieses Systems ist die direkte Eintragung des erzielten
Notenergebnisses in das „Libretto“ – ein Papierdokument, in dem alle während des
Auslandsstudiums erbrachten Prüfungsleistungen erfasst sind.
Eine Beratung oder Begleitung seitens der Universität fand nur in reduziertem Maße statt.
Zwar konnte man sich mit konkreten Fragen an die zuständigen ERASMUS-Betreuer
wenden, doch wäre eine allgemeine, umfassende Einführung in den Unialltag in Pisa
wünschenswert gewesen. Ich war überwiegend auf mich selbst gestellt und auf den Austausch
mit anderen ERASMUS-Studenten angewiesen.
3) Dopo: Und jetzt? – Die Nachbereitungsphase des Auslandssemesters
Die Nachbereitungsphase umfasste wesentlich weniger Punkte auf der To-Do-Liste als die
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Vorbereitungsphase: Die Università degli Studi di Pisa stellte mir eine Bestätigung der
erzielten Noten aus, die ohne Probleme von meinem Studiengang anerkannt worden sind.
Jenseits der organisatorischen Angelegenheiten erkenne ich jedoch: Das Leben in Italien fehlt
mir. Sei es der lebhafte Aperitivo mit lieben Menschen aus aller Welt, der günstige Espresso
an der Bar, das Bier an der Piazza bis spät in die Nacht – das Leben in Deutschland ist anders.
Hier wird ab 23 Uhr der Bürgersteig hochgeklappt und das Nachtleben in vier Wände
eingesperrt. Hier kostet der Caffè 2,50 € und heißt Espresso. Dennoch kann man sich auch
hier ein kleines Stückchen Italien bewahren: Wenn man mit dem italienischen TandemPartner einen Cappuccino im Straßencafé um’s Eck trinkt, wenn man italienische Bücher liest
und Filme anschaut, die mit „C’era una volta…“ beginnen, wenn man den nächsten Urlaub in
Italien plant. Und ist München nicht sowieso die nördlichste Stadt Italiens?
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