Sie haben einen

Transcription

Sie haben einen
Sie haben einen „Fleischfresser“ erworben?
Herzlichen Glückwunsch – Sie haben sich für
eine bemerkenswerte Pflanze entschieden.
Nun suchen Sie nach Informationen zur
„artgerechten“
Haltung
einer Dionaea
Muscipula,
im
Volksmund
auch
„Venusfliegenfalle“ genannt. Dieser kleine
Pflegeleitfaden soll Ihnen dabei helfen, die
gängigsten „Anfängerfehler“ zu vermeiden
und der Pflanze einen guten Start und
üppiges Wachstum im neuen Heim zu
ermöglichen.
Denn
alljährlich
gehen
unzählige dieser faszinierenden Pflanzen in
Gartencentern und Baumärkten über die
Ladentische,
manchmal
reißerisch
als
„Insekten-Killer“ beworben. Oft mangelt es
jedoch im Handel an fachkundiger
Kundeninformation, so dass so mancher
Käufer nur kurz Freude an seiner Pflanze hat.
Denn die Venusfliegenfalle stellt einige
spezielle, von der Pflege herkömmlicher
Zimmerpflanzen abweichende Ansprüche an
ihren neuen Halter, deren Nichtbeachtung
zum schnellen Verlust der Pflanze führt.
Dabei ist die erfolgreiche Kultur einer
Venusfliegenfalle sehr einfach – es gilt:
Gewusst, wie.
Ein amerikanischer Ureinwohner...
Der Naturstandort der Venusfliegenfalle in
den USA beschränkt sich auf ein relativ
kleines Gebiet in Carolina bzw. Florida, wo
sie unter strengstem Naturschutz steht.
Zwischenzeitlich
hat
sich
die
Venusfliegenfalle
durch
kommerzielle
Nachzucht rund um den Globus verbreitet.
Neben der klassischen Urform – grün mit
roten Falleninnenseiten – existieren in Kultur
auch diverse rote oder komplett grüne
Varianten sowie solche mit verschiedenen
„Zahnungen“.
Verkehrte
Welt
Pflanze
frisst Tier die Venusfliegenfalle
fasziniert
die
Menschen;
ist sie doch
durch
Diese Fliege hatte Glück...
ihre
Anatomie mit den gezähnten „Mäulern“ (die
eigentlich umfunktionierte Laubblätter sind)
und
ihre
Fähigkeit,
zuzuschnappen
vermeintlich ein „Mittelding“ zwischen einer
passiven Pflanze und einem aktiven (Raub-)
Tier. Der mittels der mit einer raffinierten
Mechanik ausgestatten Blätter ausgeführte
Beutefang ist ein evolutionärer Schachzug
der
Pflanze,
um
sich
zusätzliche
Nahrungsquellen an ihren nährstoffarmen
Standorten zu erschließen. Es wird der
Pflanze jedoch nicht gerecht, sie lediglich als
Fliegenfänger oder gar als originelles
„Spielzeug“ zu betrachten. Es handelt sich
um
einen
lebendigen,
komplexen
Organismus, dem man mit wenig Aufwand
ein angemessenes Ambiente schaffen kann.
Das Wichtigste: Licht!
Venusfliegenfallen sind Sonnenanbeter. Sie
wollen so viel Licht wie nur möglich haben.
Das heißt: Ein sonniges Plätzchen im Freien
(Moorbeet) oder eine Fensterbank an einem
Südfenster sind perfekt. Bekommt die Pflanze
genug Licht, färben sich die Innenseiten der
Fallen rot. Pflanzen mit Lichtmangel bleiben
grasgrün und bekunden ihren Sonnenhunger
auch durch übermäßig lange Blätter mit im
Verhältnis dazu viel zu kleinen Fallen.
Bloß keine Blumenerde!
Venusfliegenfallen sind Moorpflanzen, von
der Natur für das Wachstum auf
nährstoffarmem, saurem Grund optimiert.
Das
heißt: handelsübliche Erde für
Topfpflanzen ist absolut ungeeignet für eine
Venusfliegenfalle, mehr noch: Gewöhnliche
Blumenerde
ist
tödlich!
Ungedüngter
Weißtorf, vermischt mit Sand und Perlite
oder im Fachhandel erhältliche KarnivorenSpezialerde sind die passenden Substrate, in
denen Venusfliegenfallen sich wohl fühlen.
Kommunikation und Text/ Magabiz
Sandra Bloh M.A. Bocholder Straße 221
45356 Essen Fon 0179 6993616 Fax 0201 661830 [email protected] www.magabiz.com
Kein Mineral-Wasser!
Düngen verboten!
Auch was die Getränke angeht, bevorzugt die
Venusfliegenfalle
Schonkost:
Leitungs-,
Quell- oder gar Mineralwasser enthalten viel
zu viele Nährstoffe und Mineralien, die die
Pflanze nicht verträgt und die ebenso wie
ungeeignetes Substrat zum Absterben führen.
Daher sollte ausschließlich mit Regenwasser
gegossen werden; wer keine Möglichkeit hat,
solches zu beschaffen, kann sich problemlos
mit destilliertem Wasser behelfen.
Wie alle fleischfressenden Pflanzen verträgt
auch die Venusfliegenfalle keinerlei Dünger.
Die Pflanze zieht ausreichend Nährstoffe aus
dem auf ihren Stoffwechsel abgestimmten
Torfsubstrat und den gelegentlich erbeuteten
Insekten. Besondere Vorsicht ist daher auch
geboten,
sollten
einmal
z.B.
wegen
Schädlingsbefall Pflanzenschutzmittel zum
Einsatz kommen – es dürfen nur solche ohne
Zusatz von Düngemitteln verwendet werden.
Nasse Füße!
„Feed me?“
Dafür liebt es die Venusfliegenfalle so feucht
wie möglich: In der Wachstumsphase muss
die Pflanze ständig im Anstau stehen. Der
hierbei benutzte Untersetzer sollte einen
größeren Durchmesser haben als der
Blumentopf und mit ca. 1 cm Wasser gefüllt
sein. Nachfüllen kann man, sobald die
Pflanze „ausgetrunken“ hat; das Substrat darf
jedoch unter gar keinen Umständen
austrocknen. Während der Winterruhe (dazu
später mehr) hingegen darf kein Wasser im
Untersetzer stehen bleiben (es droht
Wurzelfäule!) Nun kann vorsichtig von oben
gegossen werden, so dass das Substrat stets
feucht, aber nicht mehr nass ist.
Die wohl dringlichste Frage, die sich dem
frischgebackenen Venusfliegenfallen-Halter
stellt, lautet: Was frisst die Pflanze eigentlich?
Nach der Mahlzeit – nur der Chitinpanzer des
Insekts bleibt übrig...
fliegenfalle auch gedeihen, ohne jemals ein
Insekt erbeutet zu haben. Und somit lautet
die Antwort auf die Frage, ob man seine
Pflanze füttern muss: Nein!
In die Falle getappt...
Die Venusfliegenfalle
ernährt sich wie jede
andere Pflanze auch - sie zieht Nährstoffe aus
dem Boden und betreibt Photosynthese.
Optimal angepasst an das Leben in
nährstoffarmem Boden, holt sie sich
gelegentlich eine Protein-Mahlzeit in Form
von erbeuteten Insekten. Hierzu bildet sie in
der Regel im Herbst eher liegende Blätter, um
Kriechinsekten zu fangen; zum Sommer hin
macht sie mit aufrecht wachsenden Blättern
Jagd auf Fluginsekten. Aber: Die gefangenen
Insekten sind lediglich Beifutter für die
Pflanze – theoretisch kann die Venus-
Macht die Pflanze aus eigener Kraft Beute,
geschieht das mittels eines cleveren
Mechanismus. Auf der Innenseite jeder
Fallenhälfte befinden sich mehrere winzige
Fühlborsten. Gerät ein Insekt, angelockt von
der verführerischen Farbe der Falle in
dieselbe, schnappt die Pflanze zu, sobald eine
oder mehrere der Borsten im Abstand von
einigen Sekunden berührt wurden - mit
dieser Auslöseverzögerung schützt die
Pflanze sich vor Fehlalarmen durch
Regentropfen o.ä. .
Kommunikation und Text/ Magabiz
Sandra Bloh M.A. Bocholder Straße 22145356 Essen Fon 0179 6993616 Fax 0201 661830 [email protected] www.magabiz.com
Lebende Beute
Das Zuklappen der Falle wird durch eine
Veränderung des Zell-Innendrucks in der
Pflanze bewirkt und gilt als eine der
schnellsten Bewegungen in der Pflanzenwelt.
Den eigentlichen Verdauungsvorgang durch
Freisetzung von entsprechenden Enzymen
startet die Pflanze jedoch erst, wenn das
erbeutete Insekt sich in der Falle noch eine
Weile bewegt – die Venusfliegenfalle benötigt
also unbedingt lebendige Beute. Aus diesem
Grund verbietet es sich, mit totem
organischen Material wie Hackfleisch, Käse
oder auch toten Insekten zu „füttern“ – dies
bewirkt allenfalls ein Schimmeln und
Abfaulen der entsprechenden Falle.
ungefähr dreimal (bei Beutefang) bzw.
siebenmal (bei „Fehlalarm“) öffnen und
schließen – dann stirbt das entsprechende
Blatt ab. Man sollte daher im Interesse der
Pflanze die Fallen nicht unnötig reizen. So
spannend die Beobachtung des spektakulären
Schließreflexes auch ist – die Pflanze wird
dadurch unnötig geschwächt.
Blütenpracht...
Auch
Venusfliegenfallen
blühen.
Der
Blütenstand besteht
aus
mehreren
fünfblättrigen weißen
Blüten auf einem
auffällig
langem
Nicht die Pflanze ärgern!
Durch die in der Falle abgegebenen
Verdauungsenzyme
verflüssigt
die
Venusfliegenfalle das Innere der Beute und
nimmt es über die Blattoberfläche auf.
Danach öffnet sich die Falle wieder; der leere
Chitinpanzer der Beute bleibt zurück. Je nach
Größe der Beute dauert die „Mahlzeit“ einige
Tage. Hat die Venusfliegenfalle ins Leere
geschnappt, öffnet die entsprechende Falle
sich nach einiger Zeit ebenfalls wieder. Aber:
Das funktioniert nicht unbegrenzt. Jeder
Schließvorgang bedeutet für die Pflanze einen
erheblichen Aufwand. Jede Falle kann sich
Stängel (denn natürlich
will
die
Pflanze
potentielle
Bestäuberinsekten nicht in Gefahr bringen).
Das Ausbilden der Blüte kostet die
Venusfliegenfalle viel Kraft und kann mit
einem verlangsamten Wachstum der übrigen
Pflanze einhergehen. Will man dies
vermeiden, sollte man den Blütenstängel
rechtzeitig abschneiden.
Blüte einer
Venusfliegenfalle
Venusfliegenfallen vermehren
Ist man jedoch auf Samen aus, genügt schon
eine einzige blühende Pflanze. Ist im rechten
Moment keine Biene zur Stelle, kann man die
Pflanze mit einem Pinsel oder Wattestäbchen
selbst befruchten, indem man den Pollen
einer Blüte auf die Nabe einer anderen Blüte
des selben Blütenstandes abbringt. Hat man
zwei zeitgleich blühende Pflanzen, bietet sich
wechselseitige Bestäubung an.
Bei
erfolgreicher Befruchtung schwillt der
Fruchtknoten der Blüte an und es bilden sich
binnen
weniger
Wochen
etwa
sesamkorngroße, schwarzglänzende Samen
heran. Venusfliegenfallen sind Lichtkeimer,
die Samen dürfen also nicht mit Substrat
bedeckt werden – einfach auf der Oberfläche
ausstreuen genügt. Dann ist Geduld gefragt:
Venusfliegenfallen
keimen
erst
nach
mehreren Wochen und wachsen sehr
langsam. Vom Samen bis zur blühfähigen
Pflanze vergehen etwa drei Jahre – nichts für
Ungeduldige!
Etwas schneller funktioniert die vegetative
Vermehrung über Blattstecklinge. Hierbei wird
ein Blatt einer erwachsenen Pflanze möglichst
nahe an der Basis abgebrochen, so dass ein
Stück
des
weißen
Rhizoms
(der
unterirdischen „Zwiebel“) anhängt. Dieses
abgebrochene Blatt wird am Stängel in
frisches, feuchtes Substrat gesteckt. Hat man
Kommunikation und Text/ Magabiz
Sandra Bloh M.A. Bocholder Straße 22145356 Essen Fon 0179 6993616 Fax 0201 661830 [email protected] www.magabiz.com
Glück, entwickelt sich aus diesem Steckling
eine neue Mini-Pflanze, während das
ursprüngliche Blatt abstirbt.
Diese Sämlinge sind etwa ein Jahr alt – und im
Vergleich mit dem Streichholz noch winzig...
„Scheintote“ Pflanzen – Die Winterruhe
Wird
es
Herbst,
verändern
die
Venusfliegenfallen ihr Wachstum. Es werden
zunehmend kleinere Fallen gebildet, die sich
manchmal schon schwarz verfärben, bevor
sie vollständig ausgebildet sind. Manche
Venusfliegenfalle stirbt oberirdisch fast
gänzlich
ab,
woraufhin
unerfahrene
Pflanzenfreunde ratlos das Ableben ihres
grünen Lieblings betrauern. Jedes Jahr enden
so zahlreiche Venusfliegenfallen im Biomüll.
Ein tragisches Missverständnis! Denn die
Venusfliegenfalle ist nicht tot – sie hat sich
zum „Winterschlaf“ zurückgezogen. Etwa
von Oktober bis März machen die Pflanzen
diese Ruhephase durch und brauchen dann
einen möglichst hellen, aber kühlen Standort
und weniger Gießwasser (siehe dort). Wo die
Pflanze nicht ohnehin in einem Moorbeet im
Freien steht (die Pflanzen sind winterhart
und
vertragen
durchschnittliche
Wintertemperaturen
in
der
Regel
problemlos), bietet sich als Standort
beispielsweise
ein
Fensterplatz
im
unbeheizten Treppenhaus an. Wo auch das
nicht möglich ist, kann eine Überwinterung
im Kühlschrank stattfinden. Dazu wird die
Venusfliegenfalle
aus
dem
Substrat
genommen,
oberirdische
Pflanzenteile
vorsichtig gestutzt, das Rhizom in feuchtes
Sphagnum-Moos – zur Not tut es auch
feuchte Watte – gelegt, in einen Zip-LockPlastikbeutel verpackt und ins Gemüsefach
des Kühlschranks verfrachtet. Es empfiehlt
sich, das Rhizom gelegentlich auf etwaige
Schimmelbildung zu kontrollieren – etwa im
März kann es dann wieder in Substrat
eingepflanzt werden und treibt nach kurzer
Zeit neu aus.
Die Überwinterung einer Venusfliegenfalle in
der geheizten Wohnung oder in einem
Terrarium hingegen tut der Pflanze nicht gut
und sollte auf jeden Fall vermieden werden.
Dieser kleine Leitfaden sollte die wichtigsten Fragen
zur Venusfliegenfalle beantwortet haben und dem
neuen grünen Hausgenossen einen guten Start im
neuen Heim ermöglichen. Antwort auf weitergehende
und speziellere Fragen zu Haltung, Vermehrung,
Bekämpfung von Schädlingen, unterschiedlichen
Varietäten usw. geben Foren wie www.karnivorenforum.de bzw. www.forum.carnivoren.org (letzteres
Hausforum der Gesellschaft für Fleischfressende
Pflanzen GFP) oder einschlägige Fachliteratur.
Text und Fotos: Sandra Bloh/ Magabiz
Kommunikation und Text/ Magabiz
Sandra Bloh M.A. Bocholder Straße 22145356 Essen Fon 0179 6993616 Fax 0201 661830 [email protected] www.magabiz.com

Documents pareils