Okkultismus / Satanismus
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Okkultismus / Satanismus
Tipps für Betroffene und Angehörige • Zeigen Sie neugieriges Interesse und hören Sie lange zu. Nur so erfahren Sie, was den betroffenen Menschen bewegt. Nur wenn Sie aufmerksam zuhören, lernen Sie kennen, worüber der Betroffene redet. Und durch ausführliches Erzählen kann ein Betroffener bereits erste Schritte zu Klärung machen. • Bieten Sie keine voreiligen Erklärungen an. Ungewöhnliche Erfahrungen sind für Betroffene erlebte Tatsachen! Nehmen Sie die Erfahrungen der Betroffenen ernst. Niemand kann sie einfach „wegmachen". Sie gehören zu diesem Menschen in seiner Situation. • Machen Sie sich kundig und erweitern Sie Ihren Horizont! Einen ersten Überblick können Sie sich mit Hilfe von Internet und Fachliteratur verschaffen. Weitere Informationen und Hilfe zur richtigen Einschätzung finden Sie bei den Informations- und Beratungsstellen. • Verteufeln Sie weder die Praktiken noch den Glauben. Dahinter stehen immer Menschen, die verletzlich sind. • Geben Sie keine Pauschalrezepte, die gibt es nämlich auch nicht! Machen Sie Hoffnung und damit zugleich Mut, selbst aktiv an der Lösung der Situation mitzuarbeiten. Gemeinsam geht vieles besser! • Behalten Sie Ihren Humor!„Das ist leicht gesagt," werden manche denken, „bei diesem ernsten Thema!" Aber: Bierernste Ratgeber sehen oft nur das Schlimmste und vergessen dabei, dass diese Welt viel bunter und erstaunlicher ist, als uns so manche Bilder glauben machen wollen. • Ermuntern Sie den betroffenen Menschen, Hilfe von Fachstellen anzunehmen. Niemand muss alleine mit seinen Problemen fertig werden. Hier finden Sie Information, Beratung und Hilfe: Erzbischöfliches Ordinariat München Fachbereich Sekten- und Weltanschauungsfragen Dachauer Str. 5 / V, 80335 München Tel. 089/5458130, Fax 089/54581315 E-Mail: [email protected] www.weltanschauungsfragen.de • Beratung, Information und Seelsorge für Betroffene, Angehörige und Interessierte Evangelische Beratungsstelle Neue Religiöse Bewegungen Landwehrstr. 15 Rückgebäude, 80336 München Tel. 089/55029034, Fax 089/55029624 Email: [email protected] www.bayern-evangelisch.de/web/ informiert_thematisch_sekten.php • Beratung, Information und Seelsorge für Betroffene, Angehörige und Interessierte Polizeipräsidium München, Kommissariat 314 Verhaltensorientierte Prävention und Opferschutz Tegernseer Landstr. 212, 81549 München Tel. 089 6216-4444, Fax 089 6216-4400 E-Mail: [email protected] www.polizei.bayern.de/ppmuc/schutz/k314 • Information und Beratung ZBFS Bayerisches Landesjugendamt Postfach 400260, 80702 München Tel. 089/1261-2479 und 089/1261-2595 • Telefonische Erstberatung und Unterstützung für Betroffene und Angehörige sowie Beratung und Information für Fachstellen der Jugendhilfe Geht unsere Jugend zum Teufel!??? Herausgeber: Drastische Schlagzeilen und schockierende Medienberichte wissen von Jugendlichen, die nachts über Friedhöfe ziehen, Grabsteine umstürzen und so genannte „Schwarze Messen“ feiern. Oder von Erwachsenen, die geheime Rituale praktizieren, vor (sexuellem) Missbrauch und Mord im Namen des Teufels nicht zurückschrecken. Erzbischöfliches Ordinariat München Fachbereich Sekten- und Weltanschauungsfragen Axel Seegers (verantwortlicher Redakteur) Dachauer Str. 5, 80335 München Unter Mitarbeit: Evangelische Beratungsstelle Neue Religiöse Bewegungen Kreisverwaltungsreferat München Polizeipräsidium München, K 314 Redaktion: Harry Bräuer, Rudi Forstmeier, Albert Notter Zeichnungen: Albert Notter Gestaltung: A,S,M, Werbeagentur GmbH GWA, München Druck: Rehmbrand GmbH, München 1. Auflage 2005 Die alltägliche Auseinandersetzung findet jedoch eher unspektakulär statt. Besorgte Eltern suchen nach Informationen, weil ihr Kind z. B. schwarze Kleidung trägt, behängt mit Pentagramm, Totenkopf o. Ä. Eine Freundin pendelt ständig und wirkt ängstlich und verschreckt. Dem Lehrer fällt ein Schüler auf, der aggressive Musik hört und über Satanismus gut informiert scheint. Eltern, Freunde, Lehrer, Kollegen oder Bekannte sind irritiert und suchen nach seriösen Informationen und Tipps für den Umgang mit betroffenen Menschen. Die stilisierten Zeichnungen geben einige typische Symbole aus der Szene wieder. Bitte beachten Sie unser Angebot im Internet mit weiteren Informationen, Tipps und Hilfestellungen: www.okk.weltanschauungsfragen.de „Wer nichts weiß, muss alles glauben.“ Marie von Ebner-Eschenbach Bitte wenden Sie sich an die jeweils örtlich zuständige Dienststelle. Überreicht durch: Mit diesem Faltblatt wollen wir erste Informationen geben und Orientierungshilfe bieten. Darüber hinaus sind Informations- und Beratungsstellen genannt, die in einer solchen Situation Hilfe anbieten. Information und Beratung zur Weltanschauungsszene Was versteht man unter Okkultismus? Welche okkulten Methoden sind bekannt? Und was ist dann „Schwarze Magie“? Das Wort „Okkultismus“ kommt aus dem Lateinischen und heißt so viel wie „verborgen, geheim“. Dies bedeutet also, dass es sich um Phänomene handelt, die naturwissenschaftlich nicht erklärbar sind. Damit handelt es sich um einen Überbegriff, der die verschiedenen Methoden und Praktiken umfasst, wie z. B. Magie oder Spiritismus, aber auch den Satanismus. Am weitesten verbreitet sind sicherlich die spiritistischen Methoden wie Tischerücken, Gläserrücken oder Pendeln. Hier wird behauptet, mit Hilfe dieser Techniken Kontakt zu Geistwesen der Anderwelt oder Verstorbenen aufnehmen zu können. Daneben gibt es die Überzeugung, sich die Kräfte nutzbar machen zu können, indem bestimmte Rituale durchgeführt werden; dieses wird dann als Magie bezeichnet. Im Okkultismus wird die sogenannte „Weiße Magie“ von der „Schwarzen Magie“ unterschieden, wobei „Schwarz“ für destruktiv steht und vom Schadenszauber bis zum Satanismus reicht. Was glauben Menschen, die sich mit okkulten Dingen beschäftigen? Okkultisten sind davon überzeugt, dass es eine belebte „geistige“ Welt neben unserer „normalen“ Welt gibt, mit der sie in Kontakt treten können und die sie beeinflussen können. Gibt es dafür Beispiele? Jemand will seinen Traumpartner auf sich aufmerksam machen und in ihm die Liebesgefühle wecken. Oder jemand will seinem Feind Schaden zufügen. Dazu werden Rituale mit Kerzen, Zaubersprüchen, Runen oder anderen symbolhaften Gegenständen durchgeführt. Glauben Okkultisten an Gott? Sicherlich nicht im christlichen Sinn. Es gibt Richtungen im Okkultismus, in denen eine Gottesvorstellung irgendwie vorhanden ist. Daneben gibt es Anhänger, die eine Existenz Gottes ausdrücklich verneinen. Schließlich sind auch Vorstellungen von universalen Kräften, die alles Sichtbare und Unsichtbare durchwirken, weit verbreitet. Warum beschäftigt man sich mit dieser „Anderwelt“? Der Okkultist ist daran interessiert, diese dort vorhandenen Kräfte für sich und seine Interessen zu nutzen und zu beeinflussen bzw. sich vor ihnen zu schützen. Was ist Satanismus? Ursprünglich beschreibt der Begriff den Glauben an Satan als den Gegenspieler Gottes. Damit verbunden ist die Umkehrung aller vermeintlich christlichen Werte: böse statt gut, Rache statt Nächstenliebe, frei ausgelebte Lust statt Verantwortung für den Anderen. Heute gibt es eine Vielzahl ganz unterschiedlicher Formen des Satanismus. Der Glaube an Satan als Person spielt in den meisten Gruppen keine Rolle mehr. Dafür steht der Mensch mit seinem Machtstreben und seinen Allmachtsphantasien stärker im Mittelpunkt, gemäß dem Motto: „Tu was du willst sei das ganze Gesetz.“ (Aleister Crowley) Und funktioniert das? Augenscheinlich ja. Wo Techniken wie Pendeln oder Gläserrücken angewendet werden, scheint es zu funktionieren. Beim Gläserrücken bewegt sich das Glas auf einmal wie von Geisterhand geführt und kann sogar noch sinnvolle Antworten geben. Diese Eindrücke sind oftmals so überwältigend, dass einfache, wissenschaftlich gut begründete (physikalische, psychische u. a.) Erklärungen nicht in Betracht gezogen werden. Wo magische Rituale abgehalten werden, ist die Wirkung schon nicht mehr so leicht beweisbar. Überwiegend wirkt hier die Verhaltensveränderung des Okkultisten: Allein der Glaube an die Wirkung verändert das Verhalten, was zu unerwarteten Ergebnissen führen kann, frei nach der Formel: Ergebnis entspricht Erwartungshaltung. Wie sind Satanisten organisiert? Es gibt ordensähnliche Gruppen, die im Verborgenen handeln, Ritualkleidung benutzen und liturgische Feiern abhalten. Zahlenmäßig größer dürfte die Gruppe der Anhänger sein, die sich in lockeren Netzwerken oder kleineren Zusammenschlüssen findet. Daneben gibt es eine Reihe von Individualisten, die ihre satanistische Überzeugung leben und sich z. B. im Internet entsprechend darstellen. Sind Gothic-Anhänger Satanisten? Nein. Gothic ist eine Jugendkultur, die das dunkle und depressive Lebensgefühl in den Mittelpunkt des Lebens stellt und sich mit Tod, Jenseits, Dunkelheit und weiteren, zum Teil gesellschaftlich tabuisierten Themen beschäftigt. Allerdings ergeben sich auch Berührungspunkte zwischen der Gothic-Szene und dem Satanismus beim (schwarzen) Outfit und der Beschäftigung mit diesem Gedankengut. … und was hat man vom Vampirismus zu halten? Der Vampirismus ist in letzter Zeit unter Jugendlichen in Mode gekommen. Die jugendlichen „Vampire“ lesen Schriften, die typischerweise dem Satanismus zugerechnet werden. Gesundheitlich (Aids, Hepatitis) und psychisch problematisch ist Vampirismus allemal, wenn man sich z. B. gegenseitig Bisswunden zufügt oder Blut trinkt. Wie auch bei anderen okkult-magischen Praktiken, die unter Jugendlichen verbreitet sind, stellt auch der Vampirismus oftmals eine Form der Realitätsflucht dar; mancher leidet darunter, den Abläufen im Alltag hilflos und ohnmächtig ausgeliefert zu sein. Wie ist der Satanismus unter Jugendlichen zu bewerten? Auch hier ist die Spannbreite sehr groß. Die Jugendlichen probieren zumeist das aus, was sie vom Satanismus zu wissen glauben. Als Einstieg kann schon eine spiritistische Sitzung in Gestalt einer „Schwarzen Messe“ dienen, in der scheinbar Kontakt mit dem Satan hergestellt wird. Die weitere Beschäftigung mit der Thematik findet sowohl in Gruppen Gleichaltriger als auch in Gruppen unter der Leitung von Erwachsenen statt. In beiden Fällen können sich durch entsprechende Machtstrukturen Abhängigkeiten herausbilden. Diese können zu psychischen Problemen und Konflikten führen und sowohl physische Übergriffe als auch andere Straftaten zur Folge haben. Woran erkennt man dann den Satanisten? Auf den ersten Blick gar nicht! Eine zuverlässige Aussage kann nur dann getroffen werden, wenn der Betroffene durch seine Handlungen oder sein Bekenntnis seine Zugehörigkeit zum Satanismus und sein Wertesystem offen legt. Sowohl das Äußere (falls überhaupt vorhanden: schwarze Kleidung, weiße Schminke) als auch die Benutzung einschlägiger Symbole (umgedrehtes Kreuz, Pentagramm, Satansgruß o. Ä.) sind keine ausreichenden Belege für die Zugehörigkeit zum Satanismus. Welche Rolle spielen Drogen und Sexualität im Satanismus? Erfahrungsberichte belegen, dass es in der Szene einen freizügigeren Umgang mit Drogen und Sexualität gibt. Sowohl Drogen unterschiedlichster Art als auch die Sexualität werden dazu benutzt, die herkömmlichen Werte und Hemmschwellen abzubauen. Das geschieht mit dem angeblichen Ziel, neue umfassendere Erfahrungen und Erkenntnisse zu gewinnen (sog. Sexualmagie). Hierbei werden nicht selten die Grenzen zur sexuellen Selbstbestimmung verletzt und Straftaten begangen. Warum erfährt der Satanismus heute so große Aufmerksamkeit? Satanistisches Denken mit seiner Fixierung auf das Ich als Maß aller Dinge scheint zu unserer Wirtschafts- und Gesellschaftsform zu passen. Ellenbogendenken, Egoismus und der Kampf bis aufs Messer sind Stilelemente, die wir im Satanismus wieder finden. Daher sehen Satanisten ihre Ideologie als die ehrlichere Antwort auf die real existierenden Gesellschaftsstrukturen.