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Erfolg dank Gäste-Mix Mittelklasse muss nicht zwangsläufig Mittelmass bedeuten. Gerade in der Sonnenstube der Schweiz, wo die Sterne der Luxushotellerie besonders hell leuchten, existieren im DreisternSegment Häuser, die sich erfolgreich in einer Nische positioniert haben. Zum Beispiel das 45-ZimmerHotel Collinetta bei Ascona. Wie lautet das Erfolgsprinzip von Hotelier Luca Foster? 36 I n der Region Ascona findet der Tourist viele schöne Hotels mit Sicht auf den Lago Maggiore. Warum, Luca Foster, sollte ich ausgerechnet bei Ihnen im «Collinetta» absteigen? Schauen Sie sich doch mal die traumhafte Lage hoch über dem Lago Maggiore mit direkter Sicht auf die Brissago-Inseln an! Und erst der mediterrane Garten mit subtropischen Blumen, Pflanzen und Bäumen. Eine grüne Oase über dem See. Danke für den Werbespot! Aber das Collinetta ist ja nicht das einzige Hotel am Lago Maggiore mit direkter Seesicht. Wer hier absteigt, hat seine Ruhe. Und trotzdem liegt unser Haus nur wenige Minuten von Ascona und Locarno entfernt. Und in acht Kilometern erreichen Sie die Grenze zu Italien, zum Piemont. Soll ich Ihnen noch weitere Argumente liefern? Bitte sehr! Unser Haus ist eher klein, es hat nur 45 Zimmer oder 86 Betten. Alles ist hier sehr familiär, persönlich. Zudem bieten wir den Gästen eine gute, ehrliche, regionale und marktfrische Küche. Kommt hinzu, dass wir laufend in Zimmer und Infrastruktur investieren. Es reicht! Zweifellos ist das Collinetta ein hervorragendes und gut positioniertes Dreistern-Haus und kein Sanierungsfall. Sie bezeichnen das Haus als «klassisches Ferienhotel im Tessin». Jawohl. Wir sind ein Ferienhotel! Es gibt nach wie vor ein paar Gäste, die im Tessin eine Woche oder zehn Tage Ferien verbringen, auch wenn der Trend in der Tessiner Hotellerie in die andere Richtung geht. In welche Richtung? Tatsache ist, dass das Tessin immer mehr zur WochenendDestination wird. Die durchschnittliche Aufenthaltsdauer liegt vielleicht bei zwei bis drei 10I2012 PORTRÄT DREISTERN-HOTELS IM TESSIN ERFOLGREICHE DREISTERN-HOTELS IM TESSIN (TEIL 2) Das Hotel Collinetta liegt idyllisch inmitten eines mediterranen Parks mit Palmen, Kamelien und Zitronenbäumen. Tagen. Vor zwanzig oder dreissig Jahren hat man hier eine Woche oder gar zwei Wochen Ferien gemacht! Heute kommt der Gast vermehrt für einen Kurzaufenthalt. Und bei Ihnen ist das anders. Sie haben noch Langzeitgäste. Ja, zum Glück. Dank attraktiven Wochenpauschalen verbringen viele Gäste eine oder zwei Wochen im Hotel Collinetta. Wenn ich mir Ihr Hotel anschaue, erinnern mich viele Dinge an ein Vierstern-Haus. Warum nur drei Sterne? Wir erreichen punkto Preise und Qualität tatsächlich die obere Grenze in der «Mittelklasse». Unser Ziel es ist, das Haus mittelfristig als Dreistern-Superior-Hotel klassifi zieren zu lassen. Im Moment sind wir ein gutes Dreistern-Hotel mit Vierstern-Elementen. Sie haben in den letzten Monaten und Jahren laufend investiert – in Zimmer, Restaurant, Garten, Haustechnik, Fassaden. In den letzten zehn Jahren haben wir über fünf 10I2012 Millionen Franken in das Haus investiert, davon gut die Hälfte in den letzten drei Jahren. Was haben Sie denn so alles umgebaut und erneuert? Vorerst wurden alle Zimmer sanft renoviert. Dann wollten wir ein Zeichen setzen. Die wichtigste Investition war ganz sicher das neue, moderne Restaurant mit den darüberliegenden vier Junior-Suiten. Dann wurde die RestaurantTerrasse vergrössert, das Frühstücksbüfett neu konzipiert, die Küche total umgebaut und mit einem Induktionsherd ausgestattet. Es folgte eine neue Heizung, die auf ökologischen Technologien basiert. Sie sehen, es hat sich was getan da oben am Hügel! Schön, wenn ein Hotelier laufend investieren kann. Im Tessin gibt es leider nicht wenige Beispiele, wo die Maler und Handwerker vor vielleicht dreissig Jahren zum letzten Mal das Hotel betreten haben. Wie finanzieren Sie die gut fünf Millionen? Lange Zeit war es uns möglich, die Investitionen aus dem eigenen Cash Flow zu tätigen. Doch für die grossen Umbauten der letzten Zeit reichte das nicht. Von der Besitzerin der Liegenschaft haben wir dann einen internen Kredit von drei Millionen Franken erhalten. Wem gehört denn die Liegenschaft? Der Genossenschaft Collinetta, schon seit 1944. Und wer steckt hinter dieser Genossenschaft? Ein reicher Mäzen oder Multimillionär? Nein. Früher gehörte das Hotel Collinetta den beiden Industriekonzernen BBC aus Baden und Georg Fischer (GF) aus Schaffhausen. Heute gehört die Liegenschaft je zur Hälfte den «Aquilana Versicherungen» – das war früher die Betriebskrankenkasse der BBC (später ABB) – und der Wohlfahrtsstiftung von Georg Fischer. › 37 PORTRÄT DREISTERN-HOTELS IM TESSIN Das Collinetta verfügt über 45 Zimmer mit 86 Betten. Alle haben einen Balkon oder eine Terrasse. Zwei Drittel davon verfügen über direkte Seesicht. Sind Sie Pächter oder Direktor des Hauses? (lacht) Leider nur Direktor! Hätte ich eine Kristallkugel gehabt, dann hätte ich eine Pacht vorgezogen. Der Erfolg des Hotels war eben vor zwölf Jahren nicht vorauszusehen! Frustriert? Nein, ganz im Gegenteil! Ich kann hier unter optimalen Bedingungen arbeiten. Eine Pacht stand deshalb gar nie zur Diskussion. Wer ist der typische Collinetta-Gast? Eines unserer Erfolgsgeheimnisse ist der breite Gäste-Mix. Wir sprechen bewusst verschiedene Gästesegmente an, auch wenn viele Hotelexperten immer sagen, man müsse sich auf eine Zielgruppe konzentrieren. Glauben Sie mir: Wer nur ein Gästesegment anspricht, riskiert seine Existenz. Und warum das? Er steht in wenigen Jahren ohne Gäste da, einsam und verlassen in einem leeren Haus. Der Hauptgrund ist naheliegend: Bricht das einzige Gästesegment weg, haben Sie keine Gäste mehr. Ganz einfach! Sprechen wir über Ihre Gäste. Unsere Lieblingsgäste sind die Stammgäste. Gäste, die schon mal da waren. Sie wissen alles über uns und unser Haus, doch sie lassen sich trotzdem gerne überraschen, sofern die Überraschungen gut sind. 35 Prozent unserer Gäste sind solche «Wiederholungstäter». Weitere 35 Prozent holen wir übers Internet in unser Haus, und die restlichen 20 Prozent erreichen wir über spezielle Angebote. Und Gruppen? Sind eher selten, vielleicht fünf Prozent. Die spielen nur in der Nebensaison eine gewisse Rolle, sonst hätten wir die Kapazität ja gar nicht. Und wer ist nun der typische Collinetta-Gast? Also, er kommt zu zweit, ist vielleicht um die 60 Jahre alt und steigt während der Woche hier ab. Der Wochenendgast hingegen ist etwas jünger, vielleicht um die 50. Die Herkunft der Gäste ist völlig unterschiedlich: Familien, Singles, Arbei- 38 Die moderne, aber zeitlos gestaltete Bar im Collinetta. ter, Manager, Rentner, junge Leute, die das Filmfestival oder ein Konzert auf der Piazza in Locarno besuchen, Familien, Freaks, Sportler … Die meisten Hotels in der Region Locarno und Ascona sind Saisonbetriebe. Sie haben auch im Winter offen. Ja, aber nicht das ganze Haus, sondern nur gewisse Zimmer. Je nach Nachfrage. Und wie präsentiert sich die Zimmerauslastung? Von März bis Oktober liegt diese bei 92 bis 95 Prozent – und das schon seit Jahren! Zählen wir die schwachen Wintermonate dazu, liegt die durchschnittliche Belegung bei 62 bis 68 Prozent. Kein Tessiner Hotelier verdient im Winter gutes Geld. Rechnet sich das? Es rechnet sich nur, weil wir den Service stark reduzieren. Das Restaurant ist geschlossen, die Rezeption ist ausserhalb der Bürozeiten nur per Telefon erreichbar, das Hallenbad ist zu … Die Gäste kommen also in ein verlassenes, mehr oder weniger geschlossenes Haus. Wie reagieren die? Sie werden immer genau informiert! Wir sagen ihnen, wie die Situation im Hotel gerade ist. Sie lassen sich also auf kein Abenteuer ein. Sprechen wir über Ihre Gastronomie. Wie lautet das Konzept? Unser Restaurant ist vor allem eine Dienstleistung für den Feriengast. Wir bieten ein Tagesmenü zu einem attraktiven Preis, daneben natürlich auch À-la-carte-Gerichte. KLASSIFIZIERUNG: 3 Sterne INHABER: Genossenschaft Collinetta bestehend aus zwei Firmen: Aquilana Versicherungen, Baden, Georg Fischer, Schaffhausen DIREKTION: seit 2000, Luca Foster ZIMMER: 45 Zimmer (4 EZ, 32 DZ, 9 Junior-Suiten) BETTEN: 86 Betten plus zirka 20 Zusatzbetten möglich MITARBEITENDE: 30 Personen, die Hälfte in Teilzeit SITZPLÄTZE HOTELRESTAURANT: 90 TERRASSE: 120 DURCHSCHNITTLICHER ZIMMERPREIS: CHF 264 für zwei Pers. mit Frühstück HERKUNFT DER GÄSTE: 80 % Schweiz, 15 % Deutschland WELLNESS: Gartenhallenbad, kleiner Fitnessraum ZIMMERAUSLASTUNG: 66 % (2011) JAHRESUMSATZ: CHF 2,9 Millionen ANZAHL GÄSTETAGE: 20 572 (2011) ANTEIL F&B AM GESAMTUMSATZ: 35 bis 40 % www.collinetta.ch [email protected] Ihr Küchenchef Delio Beretta und sein Team machen offensichtlich einen guten Job und bieten eine konstante Leistung, sagen Gäste auf den Bewertungsplattformen. Danke. Ich denke auch, dass unser Küchen- und Service-Team eine gute Arbeit macht. Sie sind freundlich und aufmerksam und gehen jederzeit auf den Gast ein. Um das geht es ja in der Hotellerie! Luca Foster, vielen Dank für das Gespräch und weiterhin viel Erfolg! Führt seit zwölf Jahren das Collinetta: Luca Forster (43). 10I2012