Brüssel 2013

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Brüssel 2013
Erasmus Bericht Sommersemester 2013/2014
Vorbereitung
Sobald ich erfahren habe, dass ich für ein Semester an der Université libre
de Bruxelles zugelassen wurde, begann die Vorbereitung.
Kurz nach der Zusage kam schon das erste Infopacket mit wichtigen
Informationen zu den nächsten Schritten; wo und wie man eine Wohnung
findet, was in Brüssel anders oder gleich ist, wie man sich online auf der
Homepage der Universität anmeldet etc. Der Emailkontakt mit der
Koordinatorin der UlB war sehr zufriedenstellend, so dass ich jederzeit das
Gefühl hatte mich bei Problemen an jemanden wenden zu können.
Dies steht ganz im Gegensatz zu den Links, die die UlB zur
Wohnungssuche bereitstellt. Da auf diesen Seiten sehr viele schöne
Wohnungsangebote vorhanden sind, die einem das Gefühl vermitteln, dass
es sehr einfach ist in Brüssel eine Unterkunft zu finden, habe ich leider viel
zu wenig Zeit für die Wohnungssuche eingeplant. Wie sich herausstellte,
waren sämtliche Links auf dieser Seite unnütz, da sie alle nur von
Trickbetrügern betrieben wurden und darauf hinausliefen ein Deposit bei
der Western Union Bank zu machen.
Die Studentenwohnheime der Universität habe ich nicht kontaktiert, da
schon in den Emails der zuständigen Mitarbeiter stand, dass diese
ausschließlich für reguläre Studenten reserviert sind. So stand ich nun da,
unter Zeitdruck und auf Wohnungssuche.
Nachdem ich eine nützliche Homepage gefunden hatte, begann die Suche
von Neuem. Die Wohnungssuche in Brüssel ist in etwa mit der in Düssel‐
dorf zu vergleichen. Es ist sehr schwierig etwas zu finden, vorallem
während des Semesterbeginns; und ist man nicht vor Ort so kann es
schnell passieren, dass man noch nicht einmal die Chance bekommt sich
eine Wohnung/ein Zimmer zum ausgemachten Termin anzuschauen, da
diese/dieses dann doch schon vergeben ist.
Letzten Endes habe ich dann - dank des Yahoo-Email-Newsletters für
deutsche Praktikanten in Brüssel - doch noch ein schönes Zimmer in Ixelles
gefunden.
Unterkunft
Wie schon oben erwähnt, mietete ich ein Zimmer in einem Familienhaus in
Ixelles. Es war 10 Busminuten von der Universität und dem Zentrum
entfernt.
Brüssel ist um einiges teurer als Düsseldorf, somit muss man sich darauf
einstellen, entweder mehr auszugeben oder auf den Komfort, den man
wahrscheinlich aus Deutschland gewohnt ist, zu verzichten. Sehr typisch ist
es hier in WGs, "Studentenwohnhäuser" oder in gemieteten Zimmern zu
wohnen. Studentenwohnheime sind ebenfalls sehr typisch, doch sind diese
offiziell nur für reguläre Studenten vorbehalten. Wie ich während meines
Aufenthalts erfahren habe, kann man dort aber auch als Erasmus Student
ein Zimmer bekommen, wenn man denn beharrlich genug ist. Empfehlens‐
wert ist es auf jeden Fall, da es eine der günstigsten Alternativen ist und
meist besser ausgestattet ist, als vergleichbare Angebote. Die meisten
Zimmer sind möbliert und in Regel sehr einfach, aber ausreichend
ausgestattet. So hat man ein Bett, einen Schreibtisch und einen Schrank. In
meinen Fall teilte ich mir die Küche und das Badezimmer mit meiner
Vermieterin und ihrer Tochter, die oftmals da war.
Generell war es dennoch sehr entspannt bei mir.
Aufenthalt
In Brüssel angekommen, sollte ich mich bei meiner Erasmus Koordinatorin
melden. Dort wurde mir dann nochmals ein Infopacket zur Universität und
Brüssel allgemein überreicht. Anschließend holte ich dann beim
Studierendenservice meinen Studentenausweis ab und eine
Bescheinigung, die man beim "Stib", dem Netz der öffentlichen
Verkehrsmittel vorzeigen muss, um vergünstigte Ticketpreise zu
bekommen. Als nächstes ging ich zu einer Stib zentrale und ließ mir ein
Ticketabo erstellen. Ironischerweise ist dies in Belgien um einiges günstiger
als in Deutschland.
Anschließend kümmerte ich mich um einen Französischkurs. Schon am
nächsten Tag hatte ich einen Französisch-Einstufungstest, der die
Erasmusstudenten entsprechenden Niveaus zuteilte. Die Kurse fanden
zweimal die Woche a 2,5 h statt.
Nun kümmerte ich mich um die Kursauswahl. Da für mich keine Kurse
zusammengestellt wurden, durfte ich diese selbst wählen. An sich
unterscheidet sich das System nicht viel von dem in Düsseldorf, dennoch
war es schwierig passende Kurse zu finden, da viele Kurse zweisemestrig
stattfanden, was hieß, dass ich diese nicht belegen konnte, oder sich
herausstellte, dass zu den einzelnen Vorlesungen noch im Verzeichnis
nicht erwähnte Übungen dazukamen, die sich dann mit anderen Kursen
überschnitten. Das Angebot der Seminare und Vorlesung ist jedoch sehr
breit gefächert und man hat eine große Auswahl an Kursen. Allein schon
aus diesem Grund würde ich jedem, der ebenfalls Sozialwissenschaften
oder Soziologie als Ergänzungsfach studiert einen Erasmus Aufenthalt in
Brüssel empfehlen. Auch wenn es am Anfang schwierig sein könnte den
Kursen, die alle auf Französisch sind zu folgen. Es gibt keine
Anwesenheitspflicht in den Kursen, nichtsdestotrotz ist es sehr
empfehlenswert die Vorlesungen zu besuchen, da man so Notizen machen
kann, die man online nirgendwo finden wird, somit ist es sehr wichtig
anwesend zu sein, um in den Kursen mitzukommen.
Die ersten zweiten Wochen konnte man sich die Kurse an‐ schauen und
sich dann für die, die einem gefallen entscheiden.
Nun musste man das learning agreement ausfüllen. Zu dem von der
Heimatuniversität kam noch ein internes der UlB hinzu. Dies führte zu
einem Problem, da die Mitarbeiter der UlB es nicht gerade eilig hatten, das
learning Agreement, welches ich für mein Erasmus Stipendium brauchte, zu
unterschreiben und mir zurückzugeben. Das Ganze sah dann so aus, dass
ich ca. 3 Monate beharrlich nachfragen durfte, was denn mit dem Dokument
ist, bis ich es zurückbekam. Wie sich am Ende herausstellte, lag dies aber
nicht an dem Koordinator der UlB, wie meine Erasmus Koordinatorin stets
betonte, sondern an ihr. Frau Beauchamp hatte ihre Unterlagen relativ
unsortiert und so passierte es, dass sie mein learning agreement 3 Monate
lang übersehen hatte, was dazu führte, dass ich mein Erasmusstipendium
leider erst sehr spät ausgezahlt bekommen habe. Leider konnte ich mich
aber auch an niemanden anderen wenden, da wir Erasmus Studenten der
Fakultät Sciences Sociales et Politiques von jeglichen anderen Mitarbeitern
stets zu ihr verwiesen wurden. Mein Fall war da keine Ausnahme.
Unterricht
Der Unterrichtsstil in Brüssel unterscheidet sich nicht von dem in
Deutschland, je‐ doch ist das Studium viel zeitaufwendiger. So gibt es in
den meisten Kursen nicht eine Abschlussprüfung, sondern zunächst
Referate und Hausarbeiten, die einem erst ermöglichen an den
abschließenden mündlichen oder schriftlichen Prüfungen teilzunehmen.
Der Stoff, der durchgearbeitet wird, ist dabei jedoch nicht mehr, als der, der
an der Heinrich-Heine-Universität behandelt wird. So haben Studenten in
Belgien jedoch viel weniger Freizeit, was sich auch darin zeigt, dass es hier
sehr beliebt ist, sich nach der Universität in der Bibliothek oder in einem
Cafe zum gemeinsamen Lernen zu treffen.
Einen Monat vor den Klausuren geht bei den Brüsseler Studenten der
Lernmarathon los, der so aussieht, dass man von morgens 8 bis abends 8
in der Bibliothek lernt.
Generell ist die Universität aber sehr gut ausgestattet, so konnten wir zum
Beispiel für unseren Französisch Kurs einen Multimediaraum nutzen, in
dem wir verstärkt unsere Aussprache übten.
Auch die Bibliothek ist hervorragend mit elektronischen und schriftlichen
Ressourcen ausgestattet.
Ebenso gibt es 4 verschiedene Mensen, die alle sehr gut aber leider auch
relativ teuer sind. Dazu kommt noch eine Cafeteria, die aber leider auch
nicht gerade günstig ist.
Für das Sozialleben ist die Teilnahme an den "Express" Veranstaltungen,
die extra für die Austauschstudenten organisiert werden, sehr wichtig. Dort
lernt man viele andere ausländische Studenten kennen und man hat die
Möglichkeit an günstigen und interessanten Städtetrips teilzunehmen, wie
zum Beispiel nach Paris, Gent oder Brügge. Generell gilt aber das Motto:
"Kennst du einen, kennst du alle". Sobald man eine Person kennengelernt
hat, lernt man über sie weitere kennen.
In meinem Fall war das sehr praktisch, da ich leider bedingt durch noch
nicht beendete Kurse in Deutschland, die komplette "Introduction Week"
verpasst habe und somit auch niemanden kannte, als ich ankam
beziehungsweise als ich anfing die Kurse zu besuchen.
Kontakt zu den anderen Erasmusstudenten herzustellen war sehr einfach,
leider war dies aber nicht der Fall, wenn es um belgische Studenten ging.
Diese waren zwar immer sehr höflich, doch habe ich Sie als sehr reserviert
empfunden. Die Belgier blieben gerne unter sich. Auch wenn es um
Gruppenarbeiten in den einzelnen Kursen ging, arbeitete niemand gerne
mit uns zusammen. Ich hatte das Gefühl, dass das Konkurrenzdenken in
Brüssel um einiges größer ist und die Studenten aus Angst um ihre Note
nicht mit uns Erasmusstudenten zusammen arbeiten wollten, da sie wohl
davon ausgingen, dass wir die Aufgaben nicht ernst genug nehmen.
Alltag und Freizeit
Generell ist das Leben in Brüssel teurer. Angefangen mit den Mieten bis hin
zu Lebensmitteln, Kosmetik- und Hygieneartikeln. Interessanterweise ist
Bahn fahren aber vergleichsweise um einiges günstiger. Dies ist
wahrscheinlich eine Folge der dortigen Autoüberlastung, so ist es fast
unmöglich nach 20 Uhr einen Parkplatz in Ixelles, Zentrum oder Umgebung
zu finden.
Nichtsdestotrotz ist Ixelles als Wohnort generell sehr zu empfehlen, es gilt
als eines der hippsten Viertel und hat viele Einkaufsmöglichkeiten, Cafés
und Restaurants, in denen man sich verabreden kann. Vor allem aber ist es
zentral, in Universitätsnähe und ein Stadtteil mit einer hohen
Studentendichte.
Brüssel gilt als hochkriminelle Stadt, doch ich habe davon nichts
mitbekommen und mich stets sicher gefühlt.
Als europäische Hauptstadt hat sie natürlich auch kulturell viel zu bieten.
Ob dies nun Museen, Ausstellungen, Festivals, oder Independentfilme sind,
es gibt immer etwas zu tun. Ganz abgesehen von der Vielfalt der Cafés,
Bars und Diskotheken. Mich hat vor allem die Festivalvielfalt begeistert.
Fast jeden Monat fand ein Festival mit unter‐ schiedlichen Mottos statt. Erst
letztens war der Jazz Marathon, der sich über ein Wochenende und
komplett Brüssel zog.
Fazit
Ich habe Brüssel als eine sehr lebendige und kosmopolite Stadt
empfunden. Mich begeistert die kulturelle und sprachliche Vielfalt und das
internationale Flair, das Brüssel versprüht. Deswegen würde ich jedem, der
darüber nachdenkt ein Austauschsemester in Belgien zu machen, definitiv
dazu raten. Schöner wäre es gewesen, wenn meine Ansprechpartnerin
kompetenter gewesen wäre und es somit nicht zu den Problemen zu denen
es gekommen ist, gekommen wäre. Nichtsdestotrotz glaube ich, dass ein
Erasmus Semester eine wunderbare sprachliche und persönliche
Bereicherung für jedermann ist und ich bin sehr traurig darüber, dass es nur
ein Semester und kein Jahr war.
Von Julia Wilczewski