IKT 2020 - Forschungsprofile Niedersachsen

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IKT 2020 - Forschungsprofile Niedersachsen
IKT 2020
Forschung für Innovationen
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[sku:l] Büro für Grafik und Text,
Reichshof-Nosbach
Druckerei
Druckhaus LOCHER GmbH, Köln
Bonn, Berlin 2007
Bildnachweis/Nähere Informationen
Titelbild: Siemens AG
Getty Images (5), Digital Vision Ltd. (7), Infineon (16), AMO GmbH (16),
VDI TZ GmbH (17), Deutsche Telekom AG (19), Forschungszentrum Jülich GmbH (20),
Fraunhofer IZM (21), Fraunhofer FIT(22), DLR (23), DaimlerChrysler (29),
Fraunhofer IBMT (33), Siemens AG (33, 37, 40, 47), Carl Zeiss AG (43),
Städtisches Vermessungsamt Dresden (44), Prof. Hütten/Universität Bielefeld (48),
Werbeagentur creart/Fachhochschule Fulda (49), BASF (50), AMD (57)
IKT 2020
Forschung für Innovationen
INHALT
3
Inhalt
Zusammenfassung
4
1. Politische Einordnung
6
2. Wirtschaftliche Potentiale der IKT
9
3. Perspektiven der IuK-Technologien
15
4. Förderprogramm
24
4.1 Strategische Instrumente
26
4.1.1
Leitinnovationen
26
4.1.2
Technologieverbünde
34
4.1.3
Diensteplattformen
40
4.1.4
IKT-spezifische KMU-Förderung
43
4.2 Basistechnologien
43
4.2.1
Elektronik und Mikrosysteme
43
4.2.2
Softwaresysteme und Wissensverarbeitung
48
4.2.3 Kommunikationstechnik und Netze
4.3 Zukünftige Entwicklungen
5. IKT-Politik aus einem Guss
53
56
60
5.1 Entwicklung und Erprobung neuer Multimedia- und Internettechnologien
60
5.2 Europäische Kooperationen im 7. Forschungsprogramm der EU
62
5.3 Exzellenzinitiative
63
5.4 IKT-Forschung der Wissenschaftsorganisationen
64
5.4.1
Max-Planck-Gesellschaft
65
5.4.2 Fraunhofer Gesellschaft
65
5.4.3 Leibniz-Gemeinschaft
66
5.4.4 Helmholtz-Gemeinschaft
67
5.5 Nachwuchs, Fach- und Führungskräfte
68
6. Finanzmittel für IKT
70
7. Operative Umsetzung des Förderprogramms
71
8. Weitere nützliche Informationen
72
9. Glossar
73
4
ZUSAMMENFASSUNG
Zusammenfassung
Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) sind
der Innovationsmotor Nr. 1. Mehr als 80 Prozent der Innovationen in den in Deutschland starken Anwendungsfeldern/
Branchen Automobil, Medizintechnik und Logistik sind IKTgetrieben. In der Hightech-Strategie der Bundesregierung
gehören IKT deshalb zu den bedeutendsten Innovationsfeldern.
Diesen Motor müssen Wissenschaft, Wirtschaft und Politik in Deutschland gemeinsam weiter in Schwung bringen.
Das vorliegende Forschungsprogramm IKT 2020 ist der Beitrag des Bundesministeriums für Bildung und Forschung
für das in der Hightech-Strategie und im Aktionsprogramm
„iD2010 – Informationsgesellschaft Deutschland 2010“ identifizierte Handlungsfeld „Forschungsförderung“. Es ist das
Angebot an Wissenschaft und Wirtschaft, die Zukunft der
IKT-Forschung gemeinsam zu gestalten.
■
Zielsetzung und Leitlinien: Die Förderaktivitäten des
Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF)
und des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie (BMWi) zielen darauf ab, die technologische Spitzenstellung Deutschlands im Bereich IKT zu festigen und
auszubauen. Darüber hinaus soll die Wettbewerbsfähigkeit des Forschungs-, Produktions- und Arbeitsplatzstandortes Deutschland sowohl branchenbezogen als
auch branchenübergreifend durch IKT gesichert und
erhöht werden. Verfolgt wird eine Innovationspolitik aus
einem Guss, die an allen Gliedern der Innovationskette
ansetzt. Dazu gehört es auch, den Zugang für kleine
und mittlere Unternehmen (KMU) zu technologischem
Know-how zu verbessern. Im Vordergrund der Förderung stehen Technologieentwicklungen und Prozesse,
die eine besondere volkswirtschaftliche Hebelwirkung
entfalten, Technologieführerschaften erhalten und ausbauen sowie neue Dienstleistungen integrieren. Die
Forschungsschwerpunkte wurden und werden gemeinsam mit Wissenschaft und Wirtschaft identifiziert, bei
gleichzeitiger technologieübergreifender Bündelung
der Forschungskapazitäten und Forschungsgelder.
■
Strategische Ausrichtung: Die Forschungsförderung
von BMBF und BMWi wird auf in Deutschland starke
Anwendungsfelder/Branchen ausgerichtet, in denen
Innovationen in hohem Maße IKT-getrieben sind.
Neben der IKT-Wirtschaft selbst sind dies Automobil,
Maschinenbau, Medizin, Logistik und Energie. Wesentliche Grundlage für Innovationen auf diesen Feldern
sind (anwendungsorientierte) Forschungs- und Entwicklungsergebnisse im Bereich der Basistechnologien
Elektronik und Mikrosysteme, Softwaresysteme und
Wissensverarbeitung sowie Kommunikationstechnik
und Netze. Ausgerichtet wird die IKT-Förderung entlang
der strategischen Forschungs- und Entwicklungslinien
„IKT in komplexen Systemen“ (z. B. „Embedded Systems“),
„neue Geschäftsprozesse und Produktionsverfahren“
sowie „Internet der Dinge und Dienste“. Dabei ist eine
Fokussierung auf die Qualitätsziele Wirtschaftlichkeit,
Sicherheit, Nutzerfreundlichkeit und Ressourceneffizienz erforderlich, da sich nur so die Stärken in der
deutschen IKT-Forschung und das traditionell hohe
internationale Ansehen deutscher Ingenieurleistungen
auf IKT-Lösungen aus Deutschland übertragen lassen.
■
Instrumente und Schwerpunkte: Es sollen Brücken
geschlagen werden zwischen Technologien und Anwendungsfeldern/Branchen, damit aus Forschungsergebnissen auch wirtschaftliche Erfolge generiert werden können. Hierzu sollen Innovationsallianzen zwischen den
beteiligten Gruppen (Stakeholdern) – insbesondere in
Wissenschaft, Wirtschaft und Politik – geschlossen
werden. Zum einen werden stark vertikal ausgerichtete
Kooperationen (Leitinnovationen), die auf bestimmte
Anwendungsfelder/Branchen ausgerichtet sind und an
denen sich Technologiebereiche abgestimmt fördernd
beteiligen, gebildet. Zum anderen stark horizontal ausgerichtete Kooperationen (Technologieverbünde), die
eine gemeinsam mit Wissenschaft und Wirtschaft festgelegte technologische Zielsetzung verfolgen, sowie
Diensteplattformen. Darüber hinaus wird der in der
Hightech-Strategie vorgesehenen stärkeren Innovationsbeteiligung von KMU Rechnung getragen. Dazu wird die
im Rahmen des alten Programms „IT-Forschung 2006“
aufgelegte Forschungsoffensive „Software Engineering
2006“ neu ausgerichtet. Folgende strukturelle Änderungen werden vorgenommen: IuK-technologieübergreifende Förderung von kooperativen FuE-Vorhaben in
KMU, vereinfachte Förderverfahren, Bildung einer zentralen Anlaufstelle sowie Verkürzung der Zeit zwischen
Antragstellung und abschließender Förderentscheidung/Mittelbereitstellung.
■
Finanzmittel für IKT 2020: Auf der Basis der derzeitigen
Haushaltsplanung werden für das Förderprogramm IKT
2020 im Zeitraum von 2007 bis 2011 jährlich knapp 300
Mio. Euro zur Verfügung stehen. Hinzu kommen jährlich
rund 80 Mio. Euro für die IKT-Förderung seitens des
BMWi.
ZUSAMMENFASSUNG
5
(Getty Images)
■
IKT 2020 als lernendes Programm: Der strategische
Ansatz des Forschungsprogramms IKT 2020 ist auf zehn
Jahre angelegt und weist mit seiner grundsätzlichen
Orientierung auf das Jahr 2020. Da sich IKT rasant weiterentwickeln, ist der thematische Rahmen der FuE-Förderung allerdings zunächst auf 5 Jahre begrenzt. Die
extrem kurzen Innovationszyklen in der IKT machen
es erforderlich, dass möglicherweise bereits in diesem
Zeitraum Ergänzungen und Schwerpunktverlagerungen
vorgenommen werden müssen. Aus diesem Grund ist IKT
2020 bewusst als offenes und lernendes Forschungsprogramm ausgelegt. Die dargestellten Leitinnovationen,
Technologieverbünde und Diensteplattformen sowie
Schwerpunkte und Forschungsthemen sind weder
vollständig noch abgeschlossen. Wie bei der Erstellung
von IKT 2020 wird das BMBF zur Fortschreibung und
Weiterentwicklung den Dialog mit Wissenschaft und
Wirtschaft fortsetzen. Nur so kann rechtzeitig auf technologische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklungen reagiert und die Förderaktivitäten entsprechend angepasst werden.
6
POLITISCHE EINORDNUNG
1. Politische Einordnung
Der Informations- und Kommunikationstechnologie-Standort Deutschland soll an die Weltspitze kommen. Um dieses
Ziel zu erreichen, wollen Wirtschaft, Wissenschaft und
Politik gemeinsam neue Chancen für Wachstum und
Arbeitsplätze eröffnen, zukunftsträchtige Wachstumsfelder
mutig weiter entwickeln und die erfolgskritischen Handlungsfelder angehen. Hierzu ist beim ersten nationalen
Gipfel der Bundeskanzlerin am 18. Dezember 2006 in Potsdam ein 12-Punkte-Programm mit einem ersten Bündel von
Maßnahmen erarbeitet worden, dessen Umsetzung Wissenschaft, Wirtschaft und Politik als gemeinsame Verantwortung verstehen.
Innovationsfeld IKT in der Hightech-Strategie
Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) sind
der Innovationsmotor Nr. 1. Diesen Motor müssen Wissenschaft, Wirtschaft und Politik in Deutschland gemeinsam
weiter in Schwung bringen. Aus diesem Grund gehören IKT
zu den bedeutendsten Innovationsfeldern in der HightechStrategie der Bundesregierung und bilden einen Schwerpunkt der neuen integrierten Innovationspolitik der Bundesregierung.
Deutschland ist das Land der Ideen. Die Hightech-Strategie zeigt den Weg, wie dies auch in Zukunft so bleiben kann.
Aber neue Ideen sollen in Deutschland nicht nur entwickelt,
sondern auch umgesetzt werden. Dafür müssen die Wege
von der Entwicklung zum Markt kürzer und schneller werden. Mit der Hightech-Strategie werden erstmals Forschungsförderung und Rahmenbedingungen konsequent gemeinsam betrachtet.
Mit der Hightech-Strategie rückt Innovationspolitik in
das Zentrum des Regierungshandelns. Dieser Aufbruch für
eine neue Innovationspolitik wird durch Taten unterstrichen: Die Investitionen in Forschung und Entwicklung
werden bis Ende 2009 um insgesamt zusätzlich 6 Milliarden
Euro aufgestockt.
Mit dem neuen Aktionsprogramm „iD2010 – Informationsgesellschaft Deutschland 2010“ der Bundesregierung
werden die verschiedenen programmatischen Maßnahmen
der Bundesregierung in den Bereichen IKT und Neue Medien
zusammengefasst. Es beschreibt damit zusammen mit der
Hightech-Strategie die Innovationsstrategie der Bundesregierung für das Innovationsfeld IKT.
Das vorliegende Forschungsprogramm IKT 2020 ist
der Beitrag des BMBF zur Umsetzung des Handlungsfeldes
„Forschungsförderung“ im Innovationsfeld IKT der Hightech-Strategie und des Aktionsprogramms iD2010.
Ziele und Leitlinien der IKT-Forschungspolitik
Innerhalb der Bundesregierung wird die IKT-Forschungspolitik vor allem durch BMBF und BMWi gestaltet und
vorangebracht. Deren Förderaktivitäten zielen darauf ab,
die technologische Spitzenstellung Deutschlands im Bereich
IKT zu festigen und auszubauen. Hierdurch sollen die Umsetzung von Forschungsergebnissen in Produkte und Dienstleistungen vorangebracht und dabei neue Anwendungsfelder erschlossen werden. Durch Forschungsförderung
sollen so unternehmerische Investitionen in Deutschland
ausgelöst werden.
Die Wettbewerbsfähigkeit des Forschungs-, Produktionsund Arbeitsplatzstandortes Deutschland soll sowohl branchenbezogen als auch branchenübergreifend durch IKT
gesichert und erhöht werden. Darüber hinaus leisten die
IKT wichtige Beiträge im Bereich der Vorsorge (Gesundheit,
Ressourceneffizienz und Umwelt) und der zivilen Sicherheit.
Verfolgt wird eine Innovationspolitik aus einem Guss,
die an allen Gliedern der Innovationskette ansetzt. Dazu
gehört es auch, den Zugang für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) zu technologischem Know-how zu verbessern, (rechtliche) Rahmenbedingungen in Kooperation mit
anderen Ressorts innovationsfreundlich mit zu gestalten,
Hürden zu identifizieren und zu beseitigen sowie die Projektförderung und die institutionellen Aktivitäten noch besser
zu verzahnen.
Im Vordergrund der Förderung stehen Technologieentwicklungen und Prozesse, die eine besondere volkswirtschaftliche Hebelwirkung entfalten, Technologieführerschaften erhalten und ausbauen sowie neue Dienstleistungen integrieren. Die Forschungsschwerpunkte
werden gemeinsam mit Wirtschaft und Wissenschaft
identifiziert, bei gleichzeitiger technologieübergreifender
Bündelung der Forschungskapazitäten und Forschungsgelder.
Innovationspolitik ist mehr als Forschungsförderung.
Es geht auch darum, wissenschaftliche Exzellenz zu fördern,
technologische Stärken zu erkennen, sie auszubauen und
für Deutschland disziplin-, technologie- und branchenübergreifend zu nutzen. Es geht darum, Brücken zu bauen
zwischen Wissenschaft und Wirtschaft sowie zwischen
Technologien und Anwendungsfeldern/Branchen.
Forschung und die Umsetzung von Forschungsergebnissen bedürfen exzellent ausgebildeter Wissenschaftler
und Ingenieure sowie einer hervorragenden Forschungsinfrastruktur. Dabei stellt die Mitarbeit an anspruchsvollen
Forschungsprojekten ihrerseits eine berufliche Aus- und
Weiterbildung dar.
POLITISCHE EINORDNUNG
7
Ein weiterer wichtiger Faktor ist es, die Bedürfnisse von
Nutzern und Nutzerinnen frühzeitig zu berücksichtigen.
Wenn die Perspektive beider Geschlechter wie auch älterer
Mitbürger und Mitbürgerinnen von Anfang an in die Forschung einbezogen wird, kann es gelingen, Fehlentwicklungen oder einseitige Festlegungen zu vermeiden.
Europäische Kooperationen
und internationale Allianzen
Es sind Brücken zu bauen zwischen nationaler und europäischer Forschung. Die Verabredung gemeinsamer Ziele und
Strategien auf europäischer Ebene sind eine Grundvoraussetzung, um im internationalen Wettbewerb mit den USA
und Ostasien um die besten Forschungs- und Produktionsstandorte bestehen zu können. Zudem wird es in einigen
Bereichen darauf ankommen, durch Kooperation in Europa
kritische Massen zu schaffen, die dann zusammengenommen auch im globalen Maßstab wettbewerbsfähig sind.
Im 7. Forschungsrahmenprogramm stellt das Förderprogramm aus dem Bereich IKT (IST-Programm) mit einem
Budget von ca. 9 Mrd. Euro für 7 Jahre das größte Einzelprogramm im Bereich Kooperationen dar. Dies unterstreicht die
Bedeutung, die IKT auf europäischer Ebene beigemessen
wird, und die einer Verzahnung von nationaler Förderung
und Förderprogrammatik der EU zukommt.
Auf Grund der absehbaren Entwicklung des IKT-Marktes
und der damit verbundenen veränderten Wettbewerbslage
im globalen Kontext wird selbst die europäische Ebene als
Kooperationsplattform auf bestimmten Gebieten nicht mehr
ausreichen. Deshalb wird das BMBF im Rahmen seiner Strategie zum Internationalen Forschungsmarketing prüfen, ob
und inwieweit die Initiierung von und die Beteiligung an
internationalen Allianzen mit außereuropäischen Partnern
ein Mittel zur Sicherung der nationalen und europäischen
Wettbewerbsfähigkeit auf bestimmten Gebieten im IKTBereich sein kann. Die Strategieentwicklung und -umsetzung wird dann in enger Abstimmung mit Wirtschaft und
Wissenschaft erfolgen.
(Digital Vision Ltd.)
8
POLITISCHE EINORDNUNG
Stärken
■
■
■
■
■
Forschungslandschaft: Hoher Grad an Vernetzung;
FhG ist die größte IKT-Forschungseinrichtung Europas; alle großen IKT-Hersteller unterhalten FuELabore in Deutschland.
Marktgröße: Deutschland ist weltweit der drittgrößte
und in Europa der mit Abstand größte Markt der IKTBranche.
Europas Elektronik-Standort Nr. 1: Cluster Dresden;
jeder zweite Halbleiter aus Europa ist „Made in
Germany“.
Infrastruktur: Leistungsfähiges Transport-Netz; hohe
Funknetzabdeckung; funktionierender Wettbewerb.
Chipkarten-Technologie: 70 % Weltmarktanteil für
deutsche Unternehmen.
Chancen
■
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■
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Schwächen
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■
■
Wenige deutsche Global Player: Standardsoftware,
Unterhaltungselektronik, Chip- und Displayproduktion von asiatischen und US-amerikanischen Firmen
dominiert.
Langsame Technologiediffusion: Anteil der IKT-Ausgaben am BIP unter westeuropäischem Durchschnitt;
bei E-Government unteres Mittelfeld in Europa.
Große IT-Anwendungsprojekte: Projektmanagement
und Rahmenbedingungen optimierungsfähig.
Internationale Standardisierungsprozesse:
Bedeutung wird unterschätzt, Deutsche Beteiligung
vielfach zu gering.
Zu geringe Investitionen in IKT-Infrastrukturen
(neue Märkte).
Wachstumsmärkte: Chipproduktion +15 % p. a.
Forschung: Ergebnisse der Grundlagenforschung
nutzen, neue IKT-Anwendungen in Mobilität,
Medizin, Produktion absehbar.
Infrastruktur: Aufbau zukunftsfähiger Netze für
neue ortsfeste und mobile Anwendungsfelder
(z. B. Produktion, Dienstleistung, Gesundheit).
Sichere Anwendungen und vertrauenswürdige
Geschäftsprozesse: Unter Berücksichtigung von
Datenschutz / Nutzeranforderungen zu entwickeln.
IT-Markt in Bewegung: Es entwickeln sich KMU zu
hochspezialisierten Produktentwicklungs-, Systemarchitektur- und Systemintegrationsspezialisten.
IT-Sicherheit: Den mittelständisch geprägten
IT-Sicherheits-Standort Deutschland ausbauen.
Herausforderungen
■
■
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■
■
■
Globalisierung: Outsourcing von IT-Dienstleistungen;
Welthandel mit IKT-Produkten und v.a. -Dienstleistungen wächst überdurchschnittlich.
Zyklische Märkte: Starke Preisschwankungen
bei Elektronik-Bauteilen, Angebot und Nachfrage
bei IT-Spezialisten unausgeglichen.
Entwicklung neuer Geschäftsmodelle: Netzbetreiber
werden Plattformbetreiber und Inhalteanbieter,
TK-Unternehmen geraten durch Internet-Telefonie
etc. unter Druck.
Tiefgreifender Wandel: Informations- und Wissensgesellschaft entsteht.
Ganzheitliche IKT-gestützte Prozess- und
Produktinnovationen: Entwicklung vorantreiben.
Verletzlichkeit der Informationsinfrastruktur:
IKT-Sicherheitslösungen entwickeln und einsetzen.
Tabelle 1: SWOT-Analyse zum Innovationsfeld IKT 1
1
Akutalisierung der SWOT-Analye zu IKT aus: Hightech-Strategie der Bundesregierung (2006).
WIRTSCHAFTLICHE POTENTIALE DER IKT
9
2. Wirtschaftliche Potentiale der IKT
Wandelnde und neue Märkte
bieten großes Wachstumspotential
Mrd. Euro
Wachstum IT-Markt
80
70
Die IKT-Branche wächst stetig. Vergessen sind
die kargen Jahre nach Platzen der Internet60
blase zu Beginn dieses Jahrtausends. Handfeste
50
Technologien und zahlreiche Ideen bahnen
40
sich weltweit ihren Weg zum begehrten Produkt. Vom Chip über innovative Software30
Lösungen, von neuen Kommunikationsnetzen
20
bis zu weit reichenden, neuen Dienstleistungen für Internetnutzer wachsen alte
10
Märkte und neue entstehen. Parallel nimmt
0
die Zahl neu geschaffener Arbeitsplätze zu.
Nicht nur in Fernost und in den USA, sondern
dank zukunftsweisender Forschung und Entwicklung auch in Europa und Deutschland.
Dabei ist der große Anteil der IKT-Produkte „Made
in Germany“ für den Konsumenten oft nicht sichtbar.
Sie verbergen sich in Automobilen und Industrieanlagen,
Stromnetzen und Kraftwerken, Kommunikationsnetzen,
Robotern und Logistiksystemen.
„Neue Geschäftsmodelle, neue Kommunikationsplattformen, neue Pforten zum digitalen Wettbewerb finden
ihren Weg in den Weltmarkt“, sagt Bruno Lamborghini,
Leiter des European Information Technology Observatory
(EITO) in Frankfurt. Alljährlich ermittelt das EITO Marktzahlen und Trends der IKT-Branche. Nach schrumpfenden globalen Umsätzen 2002 und 2003 gewinnt seit 2004 der IKTMarkt wieder an Dynamik. Weltweit zeigen die EITO-Zahlen
für 2005/2006 ein Wachstum von 5,9 Prozent. Und auch 2007
erwarten die Frankfurter Experten eine ähnliche Zunahme.
Haupttreiber mit knapp zehn Prozent Marktwachstum sind
dabei die aufstrebenden Staaten wie China und Indien. In
Japan rechnet man mit einer schmalen Zunahme von 2,2,
in den USA mit einer kräftigeren von 5,6 Prozent. Und die
EU-Staaten legen mit 4,2 Prozent für 2007 leicht zu. Deutschland bleibt knapp unter diesem Durchschnitt mit drei Prozent Wachstum, zudem begleitet von einem stagnierenden
Markt in der Telekommunikationstechnik. „Doch die meisten
europäischen IKT-Märkte haben sich von der Rezessionsphase 2001 bis 2003 schneller erholt als die Gesamtwirtschaft“, so Lamborghini in dem aktuellen EITO-Report.
Deutschland
Großbritannien
Frankreich
Italien
Spanien
2003
2004
2005
2006
2007
Quelle: EITO, 2006
Metatrends der IKT-Branche
Ein klarer Trend zeichnet sich dabei für die kommenden
Jahre ab: Die größten Stützen des Wachstums werden nicht
mehr Geräte, IKT-Ausstattung und Übertragungstechniken
sein. Hier gehen die Marktanalysten von geringen Wachstumsraten um die zwei Prozent innerhalb der EU aus. Leistungsfähigere, modular aufgebaute Software und auf die
Bedürfnisse von Firmen und Privatpersonen genau zugeschnittene Dienstleistungen und Angebote, die IKT-Services,
werden europa- und weltweit mit gut sechs Prozent Zunahme immer stärker nachgefragt werden. Dabei spielt die Ausrichtung auf einzelne Nutzergruppen wie z. B. Frauen oder
ältere Mitbürger und Mitbürgerinnen eine zunehmende
Rolle.
Diese Entwicklung mit einer Konsolidierung beim Hardware-Absatz und deutlichen Steigerungen im Softwareund IKT-Diensleistungsgeschäft spiegelt sich auch in einem
Trendbericht des Bundesverbands Informationswirtschaft,
Telekommunikation und neue Medien e.V. (BITKOM) wieder.
Zusammen mit der Roland Berger Strategy Consultants
heben sich in einer Studie zur „Zukunft der digitalen Wirtschaft“ vier übergeordnete Metatrends für die nächsten
Jahre heraus: die Konvergenz der Märkte, die Flexibilisierung von Organisationen, die Allgegenwärtigkeit von IKTTechnologien und die uneingeschränkte Nutzbarkeit digitaler Informationen.
„Diese vier Entwicklungen verändern weltweit die Märkte, sie verändern die Unternehmen und sie verändern die
Geschäftsprozesse“, fasst BITKOM-Präsident Willi Berchtold
die Bedeutung dieser Trends zusammen. Damit die etwa
800.000 Arbeitsplätze in der IKT-Branche in Deutschland
mit einem Umsatz von rund 146 Milliarden Euro gesichert
10
Mrd. Euro
100,0
WIRTSCHAFTLICHE POTENTIALE DER IKT
IKT-Service Markt Deutschland
Gute Ideen steigern Chancen
Wer sich zuhause und im Büro umschaut,
wird kaum den Eindruck bekommen, dass
IKT-Produkte „Made in Germany“ eine wesent80,0
liche Rolle spielen. Digitalkameras und Flach70,0
Kommunikation
Kommunikation
56,6
bildschirme kommen aus Fernost, auf HiFi60,0
55,0
Anlagen, MP3-Playern und Fernsehern prangt
50,0
nur selten das Logo einer deutschen Firma,
40,0
auf den begehrten Spielekonsolen gar nicht.
30,0
In dem boomenden Markt der Computerspiele
wird Deutschland als Entwicklungsland ein20,0
IT
IT
29,4
gestuft.
25,6
10,0
Auch Software, gerade bei weit ver0,0
2004
2007
breiteten PC-Endanwendungen, importiert
Quelle: EITO, 2006
Deutschland in großen Mengen. Der Export
rangiert trotz des Global Players SAP gerade bei
und weitere geschaffen werden können, ist die Entwicklung
sieben Prozent Weltmarktanteil. Obwohl die meisten euround rasche Umsetzung von Schlüsseltechnologien gefordert.
päischen Chips in dem erfolgreichen Dresdner MikroelektroDies ist umso wichtiger, da die IKT-Branche schon heute im
nikcluster in Deutschland gefertigt werden, bleibt die BedeuDurchschnitt aller OECD-Länder etwa zehn Prozent des
tung dieses Standorts für den Weltmarkt begrenzt. Und der
Bruttoinlandsprodukts erwirtschaftet, Tendenz steigend.
aktuelle Trend weist noch stärker nach Asien. Hier ballen sich
35 der derzeit in Bau befindlichen Chipfabriken. In NordInnovationstreiber IKT
amerika sind es nur drei, in Europa zwei.
Doch der Wandel und die Schnelllebigkeit der IKT-ProIuK-Technologien durchdringen zunehmend eine Vielzahl
dukte bieten in diesen auf den ersten Blick für Deutschland
anderer Wirtschaftsbereiche wie den Maschinen- und Autodüsteren Märkten große Chancen. Und sie werden auch
mobilbau, die Automatisierungstechnik, das Bildungswesen
genutzt. So investiert der britische Kunststoff-Elektronikund die Dienstleistungsbranche, die Medizintechnik, die
hersteller Plastic Logic 100 Millionen Dollar in das europaEnergietechnik und die Logistik. IKT wird ein immer wichtiweit erste Werk für elektronisches Papier in Dresden.
gerer Innovationstreiber. Über drei Viertel der neuen ProIntegriert in Kleidung oder zusammengerollt wie eine
dukte entstehen in vielen dieser Märkte durch den Einsatz
normale Zeitung könnten diese stromsparenden Displays
von IKT. Für 2007 erwarten
technische Fach- und FühImpulsgeber für Mess- und Automatisierungstechnik
Top 10 für die
rungskräfte laut einer breiten
(% der Nennungen, Mehrfachnennungen möglich)
nächsten 3 Jahre
Umfrage des VDI, dass 11,2 Pro45
0
5
10
15
20
25
30
35
40
zent aller marktfähigen InnoMikrosystemtechnik / Miniaturisierung
40,1
vationen überhaupt auf IKTInternettechnologien
37,2
Fortschritten beruhen werden.
Drahtlose Kommunikation
36,5
Damit stehen die IKT an dritter
31,4
Stelle hinter der Nano- und
RFID (Transpondertechnik)
Biotechnologie. Durch das
30,7
Mensch-Maschine-Kommunikation
rechtzeitige Erkennen von
28,6
Optische Technologien
Marktentwicklungen, aktive
27,9
Biotechnologien
Forschung, sowie geeignete
wirtschaftliche und politische
24,1
Robotik
Randbedingungen sichern IuK23,1
Informationssicherheit (Security)
Technologien auch Spitzenpo22,1
Funktionale Sicherheit (Safety)
sitionen in traditionell starken
,
Quelle: VDI / VDE GMA Mitgliedsumfrage 06
Wirtschaftszweigen Deutschlands.
90,0
WIRTSCHAFTLICHE POTENTIALE DER IKT
kleine Flachbildschirme aus mobilen Anwendungen verdrängen. Bis 2010 wird mit einem Markt für über 40 Millionen Module gerechnet, die Dresdner Fabrik soll 2008 mit
einer Produktion von einer Million Stück pro Jahr starten.
Dieser Fabrikneubau zeigt genauso wie die moderne Chipfertigung von AMD und Qimonda, dass in Dresden das
Cluster-Konzept der Bundesregierung Früchte trägt.
11
„Made in Germany“ –
Verborgene Produkte brauchen
sich nicht zu verstecken
Die wahren Stärken der deutschen IuK-Technologie liegen
indes im Verborgenen. Und doch sind sie allgegenwärtig.
„Embedded Systems“ – in Produkte eingebettete Hard- und
Softwaretechniken allein bildeten laut BITKOM 2005 einen
Softwareentwicklung –
Weltmarkt von 138 Milliarden Euro, der auf rund 194 MilliarAuf dem Weg zu Europas Nr. 1
den Euro im Jahr 2010 steigen wird. „Moderne Elektronik
und mit ihr die Digital- und Computertechnik ist die VorausTrotz eines starken Kostendrucks investieren deutsche
setzung für die Leistungsfähigkeit der Produkte und Systeme
Unternehmen zunehmend mehr in ihre IKT-Ausstattung.
in der Energie- und Verkehrstechnik, der IndustrieautomatiMit großem Interesse beobachten sie die Entwicklung von
sierung, in Fahrzeug- und Maschinensteuerungen, in der
Webservices und so genannten SOA-Systemen – ServiceMedizintechnik und vielen anderen Kerngebieten der deutorientierten Architekturen. SOA bilden ein breit angelegtes,
schen Industrie“, sagt Friedhelm Loh, Präsident des Zentralkonzeptionelles Rahmenwerk, in dem sich Softwaremodule
verband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie (ZVEI).
erstellen, verwalten und kombinieren lassen. Die angestrebSo bringt der Exporttreiber Maschinenbau laut Aussage
ten Ziele: eine Erhöhung der Flexibilität des Unternehmens
seines Branchenverbandes VDMA mit 17 Prozent Wachstum
bei gleichzeitiger Optimierung und Vernetzung von Gein den letzten fünf Jahren und weiterhin guten Aussichten
schäfts- und Fertigungsprozessen. Diese Systeme werden
die IKT-gestützte Automatisierung voran. Flexible Fertizunehmend von außen eingekauft. „Deutsche Unternehmen
gungsprozesse bei geringen Kosten und zugleich hoher
werden sich bei der externen Softwareentwicklung zur
Qualität sind weltweit gefragt. Deutschlands Rolle auf dem
Nummer 1 in Zentraleuropa entwickeln“, heißt es in der
Weltmarkt der Automatisierungstechnik (etwa 13 Prozent)
IT-Trendstudie 2006 der Consulting-Firma Capgemini.
mit einem Gesamtvolumen von über 214 Milliarden Euro
Durchschnittlich fertigen deutsche Unternehmen heute
kann durch IKT-gestützte Innovationen ausgebaut werden.
nur noch 35,7 Prozent im eigenen Haus und geben den
Eine aktuelle Umfrage des VDI belegt, dass die wesentlichen
überwiegenden Teil der Arbeit mit steigender Tendenz an
Innovationsimpulse für die Automatisierungstechnik in den
Dienstleister ab. Von diesem Trend werden nicht nur die
nächsten drei Jahren aus der Einbindung der IKT erwartet
großen Softwareentwickler profitieren. Wegen des kundenwerden, z. B. Verwendung der Internettechnologien oder
spezifischen Zuschnitts der Unternehmenssoftware können
der drahtlosen Kommunikation.
vor allem kleinere, auf Branchen spezialisierte Firmen von
Viel Know-how bei offenen und vernetzten Kommunidem stark wachsenden Bedarf profitieren.
kationstechnologien wie zum Beispiel RFID, eine führende
Rolle in moderner Sensorik
und selbst organisierenden
Weltweiter Markt für Service-orientierte Architekturen
Mrd. Euro
Systemen legen dabei eine
40
viel versprechende Grundlage.
Diese werden in den nächsten
38,0
Mrd.
35
Euro
Jahren zu vollständigen Sensor30
netzwerken ausgebaut wer43 %
den. Ausgeklügelte Kommunijährliche
25
Wachstumsrate
kations- und Mikrosystemtechnik, Telematik und eine
20
starke Stellung im Bereich
15
Mensch-Maschine-Interaktion
fördern hier marktrelevante
10
Innovationen. Das Ziel ist die
9,0 Mrd.
5
Euro
intelligente, digitale Fabrik,
das sich auch das Projekt
0
SmartFactory der TU Kaisers2006
2010
Quelle: Roland Berger
12
WIRTSCHAFTLICHE POTENTIALE DER IKT
lautern mit Industriebeteilung gesetzt
hat. Große Marktchancen bietet zudem
der wachsende Markt für Industrie- und
Serviceroboter, der sich in den letzten
zehn Jahren verdoppelt hat. Mit Produktion und Entwicklung in Deutschland
stehen die Unternehmen Kuka und ABB
mit an der Spitze dieses Trends.
Mrd. Euro
Weltweite Marktentwicklung „Embedded Systems“
250
jährlich
9%
Wachstum
200
194
150
138
100
Führung im
Automobilbau
50
Im hart umkämpften Markt der Auto0
mobilbranche können deutsche Hersteller ihren Platz in der Spitzengruppe
nur mit einem Technologievorsprung
und hoher Zuverlässigkeit sichern. Das Beratungsunternehmen PriceWaterhouseCoopers schätzt, dass weltweit die
Produktion bis 2010 auf mehr als 70 Millionen Autos zunehmen wird, das sind knapp 14 Prozent mehr als 2005. Laut
ZVEI stützen sich über 80 Prozent aller Innovationen im
Automobilbau auf Elektrotechnik und Elektronik. „Die deutsche Hersteller- und Zulieferindustrie ist (noch) führend in
der Welt“, heißt es in einem Report des Industrieverbandes.
„Die computerrelevanten Anwendungen in der Automobilbranche steigen von Jahr zu Jahr. Ein Oberklassewagen
Mrd. Euro
2006
2010
Quelle: Roland Berger, Gartner
besitzt heute bis zu 40 Prozent computergesteuerte Komponenten“, sagt auch der stellvertretende Direktor des Vereins
Deutscher Ingenieure (VDI), Volker Wanduch. Sensoren,
Aktuatoren, Regelsysteme und deren Vernetzung gehören
zu den IKT-relevanten Schlüsselbereichen. Nicht nur moderne Antriebs-, Abgas- und Ausstattungtechniken profitieren
davon, auch Entwicklungen wie Fahrerassistenzsysteme und
die dringend geforderte Robustheit der kompletten Fahrzeugelektronik werden dadurch unterstützt.
FuE-Aufwendungen der deutschen Automobilindustrie
20
18
16,3
15,8 *
15,7
16
14,4
14
14,8
15,1
15,2 *
2005
2006
13,5
12,4
12
9,5
10
8,8
8
6,9
6
4
2
0
1996
* Schätzung
1997
1998
1999
2000
2001
2002
2003
2004
2007
Quelle: Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft 2006
WIRTSCHAFTLICHE POTENTIALE DER IKT
13
Gute Aussichten: Medizin und Logistik
Neben diesen Paradebeispielen für Produkte „Made in
Germany“ führt IKT zu neuen Produkten in vielen anderen
Wachstumsbranchen. In der Medizintechnik, bei der nach
ZVEI-Angaben allein in Deutschland ein Investitionsstau von
10 bis 15 Milliarden Euro existiert, spielt IKT eine Schlüsselrolle. Weltweit erwarten Analysten bis 2010 ein stabiles
Wachstum von jährlich vier bis fünf Prozent. Und der Umsatz deutscher Medizintechnik-Unternehmen steigt mit
neun Prozent 2005 auf 14,7 Milliarden Euro überproportional. IKT-gestützte Neuerungen finden sich in der Telemedizin, intelligenten Patientensystemen für Krankenhäuser,
neuen diagnostischen und bildgebenden Verfahren und
nicht zuletzt in vernetzten Informationssystemen, bei denen
Deutschland mit der elektronischen Gesundheitskarte eine
Vorreiterrolle einnimmt.
Mit vernetzten Funkchips (RFID), Echtzeitmanagement
von Logistikketten, vollautomatisierten Lagersystemen und
Telematik baut die moderne Logistik zunehmend auf IKTLösungen. 2004 setzte die Logistikbranche allein in Deutschland rund 170 Milliarden Euro um und baut derzeit mit wachsenden Unternehmen wie DB Logistics, der Deutschen Post/
DHL und Kühne & Nagel ihren Marktanteil in Westeuropa
aus. „Der deutsche Anteil an den westeuropäischen Logistikumsätzen erhöhte sich somit auf rund 26 Prozent, bei einem
Bevölkerungsanteil von knapp 21 Prozent“, berichtet die
Logistik-Beratungsfirma KnowledgeAgent. In Deutschland
ist die Logistik mit 2,5 Millionen Arbeitsplätzen mittlerweile
die drittstärkste Branche. Und mit neuester Technologie
soll diese Position ausgebaut und der Warentransport noch
effizienter gestaltet werden.
Ein Schlüssel dazu sind Funkchips (RFID), die bisher vor
allem an Containern und wertvollen Waren prangen, um
Herkunft, Inhalt und Ziel elektronisch an die Logistikrechner
weiterzugeben. Das Fraunhofer-Institut für Materialfluss und
Logistik will auf diesen Chips die idealen Transportrouten
ergänzen. Pakete und Container melden sich damit selbstständig an Knotenpunkten an und werden automatisch auf
den richtigen Weg und in das jeweils schnellste und günstigste Verkehrsmittel geladen. Transportengpässe umgeht die
Ladung in Zukunft autark, und neue Routen werden rasch
durch spezielle Software ermittelt. Erste Simulationen bewiesen, dass sich so die Durchsatzraten effizient steigern
ließen. Die engen Parallelen zu dem paketvermittelten
Datentransport im Internet sind unübersehbar. So wie hier
Informationsstücke sich selbstständig den schnellsten Weg
durchs Web suchen, finden in zukünftigen Logistiknetzwerken reale Pakete ihre beste Route zum Ziel. So werden in den
kommenden Jahren Positionsbestimmungen von Containern
und Stückgut in Echtzeit an Bedeutung gewinnen. Durch die
führende Rolle deutscher Entwickler beim europäischen
Umsatzentwicklung der Medizintechnikindustrie
Mrd. Euro
Auslandsumsatz
Inlandsumsatz
16
14,72
13,56
14
12,54
11,99
12
11,27
10,05
9,18
10
7,89
6,81
6,58
5,96
8
5,09
6
4
4,96
5,3
5,41
5,73
5,67
5,63
2000
2001
2002
2003
2004
2005
2
0
Quelle: SPECTARIS e. V. Statistisches Bundesamt, 2006 (Rundungsabweichungen)
14
Satellitennavigationsprojekt Galileo wird hier ein weiterer
Technologievorsprung entstehen. Besonders im Handel
führen diese Innovationen mittelfristig auch zu wichtigen
Verbesserungen für den Endverbraucher. Umfassende Produktinformation und -beratung durch intelligente Einkaufsassistenten, kassenloses Bezahlen sowie rasches und gezieltes Auffinden der gewünschten Produkte im Warenmarkt sind Vorteile für den Kunden, die führende deutsche
Handelsunternehmen mit neuen IKT-Technologien unterstützen wollen.
Steigende Energiekosten
treiben IKT-Innovationen
Große Chancen für IKT-Systeme liegen in naher Zukunft im
Bereich der Energieversorgung, getrieben von steigenden
Kosten für Strom und Wärme. Deutsche Kraftwerks- und
Leitungsbauer nutzen intelligente Regelungstechnik und
Netzmonitoring-Systeme in ihren neuen Produkten. Wegen
der zunehmenden Einspeisung regenerativer Energien auf
allen Spannungsebenen muss das zukünftige Stromnetz
intelligent werden. Ein komplexes Datenkommunikationsnetz zwischen Erzeugern und Verbrauchern wird parallel zu
den Stromleitungen entstehen. Nach Aussage des Branchenverbandes (VDN) werden die deutschen Netzbetreiber bis
2020 etwa 40 Milliarden Euro in Ausbau und Modernisierung
des Stromnetzes investieren. Experten schätzen die nötigen
weltweiten Investitionen sogar auf bis zu fünf Billionen Euro
über die nächsten 20 bis 30 Jahre. Ein Riesenmarkt, von dem
auch die IKT-Branche profitieren wird.
Auch in Millionen von Eigenheimen wird Energieeffizienz zu einem Treiber für IKT. Heiz- und Stromkosten
lassen sich durch moderne Elektronik effizient einsparen.
Für Europa beträgt der gegenwärtige Energieverbrauch in
den Haushalten ca. 400 Milliarden Kilowattstunden. Davon
könnten allein 70 Milliarden Kilowattstunden – das entspräche der Leistung von vier Kernkraftwerken – eingespart
werden, ohne dass wir uns im täglichen Leben einschränken
müssten. Sensornetzwerke und optimierte Regelsysteme
passen dazu Wärme- und Strombedürfnisse flexibel und
sparsam an die Bewohner an. Nicht nur Neubauten profitieren davon, auch bei älterem Bestand lohnen sich solche
Investitionen gerade bei steigenden Energiekosten.
Boombranche Sicherheitstechnik
Parallel zu dieser umfassenden Datenvernetzung wird die
Nachfrage nach Sicherheitstechnologien im IKT-Bereich
ansteigen. So wird der Markt für Digitales Rechtemanagement, das die Urheberrechte an digitalen, medialen Inhalten
WIRTSCHAFTLICHE POTENTIALE DER IKT
sichert und ihre individuelle Verwertung ermöglicht, weltweit von rund 500 Millionen Euro in 2005 auf zwei Milliarden
Euro im Jahr 2010 wachsen. Zudem zeigt der BiometrieMarkt laut BITKOM eine starke Dynamik. Er soll von aktuell
1,3 Milliarden Euro auf rund fünf Milliarden Euro im Jahr
2010 wachsen. Deutsche Unternehmen haben hier eine gute,
aber keine dominante Position auf dem internationalen
Biometrie-Markt. Öffentliche Projekte wie der elektronische
Reisepass oder der elektronische Personalausweis könnten
Entwicklung und Verbreitung deutscher Biometrie-Technologie fördern.
Mehr Mut und Bildung –
Fachkräfte und Neugründungen
Die IKT-Märkte wachsen, auf vielen Gebieten mischen
deutsche Unternehmen in der weltweiten Spitzengruppe
mit. Wie aktuelle Patentzahlen zeigen, mangelt es nicht an
neuen Ideen gerade auf dem innovationsintensiven Feld
der Informationstechnologien. Um diese aber besser umzusetzen, müssen die deutsche Wirtschaft und Politik vier
hemmende Entwicklungen in den Griff bekommen: den
derzeit steigenden Fachkräftemangel, die stagnierende Zahl
der Neugründungen von Hightech-Firmen und nicht zuletzt
den mangelnden Mut zur Selbstständigkeit und eine bremsende Skepsis gegenüber technologischen Neuerungen.
PERSPEKTIVEN DER LUK-TECHNOLOGIEN
15
3. Perspektiven der IuK-Technologien
Fundierte Forschung
für die Märkte von morgen
Keine Branche ist so schnelllebig wie die der Informationsund Kommunikationstechnologien. Immer kürzer werden
die Abstände, in denen Speicherchips, Bildschirme und
Handys, Übertragungstechniken, Roboter oder Software
von leistungsfähigeren Nachfolgern aus dem Markt gedrängt werden. Behaupten können sich nur Unternehmen,
die Entwicklungen rechtzeitig aufspüren, Kontakte zu
ideenreichen Wissenschaftlern pflegen und massiv in die
eigenen Forschungsabteilungen investieren. Doch dem
drohenden Risiko, schnell den Anschluss und damit Marktanteile zu verlieren, stehen mindestens ebenso große Chancen gegenüber. Jeder Technologiewandel öffnet ein Tor, um
in scheinbar aufgeteilte Märkte einzudringen.
Von neuen Chiptechniken über autarke Roboter und
vernetzte Sensoren bis hin zu cleveren Bedienungsmodulen
und intelligenten Computerprogrammen legen deutsche
Forscher die Grundlagen für den Erhalt und Ausbau einer
Spitzenposition im weiten Feld der IKT-Technologien und
deren Anwendung. Im Gebiet der Nanotechnologie machen
sie wahr, was der amerikanische Physiker und Nobelpreisträger Richard P. Feynman bereits Ende 1959 in seiner berühmten Rede „There’s plenty of room at the bottom“
(„Da unten ist noch viel Raum“) vorausgesagt hat. Für neue
Techniken zur schnelleren Übertragung und Vernetzung
von Daten arbeiten deutsche Wissenschaftler im Sinne von
Guglielmo Marconi „It is dangerous to put limits on Wireless
Communications“ („Es ist gefährlich, die drahtlose Kommunikation zu begrenzen.“). Marconi hat Ende des 19. Jahrhunderts nach Heinrich Hertz Forschungen über die Ausbreitung von elektromagnetischen Wellen als erster diese Wellen auf größere Distanzen genutzt und damit die moderne,
drahtlose Datenübertragung begründet. Kaum überschaubar ist das Feld der Nutznießer vom Chiphersteller über
Softwareentwickler, Medizintechniker und Ingenieure
bis hin zu jedem einzelnen Bürger.
Chips geben den Takt an
Immer kleiner, schneller und günstiger. Computerchips mit
ihren Millionen von Transistoren geben den Taktschlag für
die gesamte IKT-Branche vor. Etwa alle 18 Monate verdoppeln Speicher und Rechenchips ihre Leistungsfähigkeit.
Mit den Halbleiterfabriken von Firmen wie AMD, Qimonda
und Infineon behauptet sich Dresden als der führende europäische Chip-Standort im internationalen Wettbewerb. Auf
300 Millimeter großen Silizium-Scheiben (Wafer) werden
hier in den kommenden Jahren Chips in der aktuellen 65
Nanometer-Technologie produziert. Und der nächste Schritt
auf 45 Nanometer kleine Strukturbreiten wird vorbereitet,
um im Wettlauf mit den Halbleiterproduzenten in USA und
Fernost mitzuhalten.
Die Zukunft der Halbleiterchips haben die Industrieforscher zusammen mit den Wissenschaftlern der Fraunhofer
Gesellschaft und einer Reihe von Halbleiterinstituten an
Hochschulen und anderen Forschungseinrichtungen im
Blick. Dreidimensionale Chipstrukturen wie beim so genannten FinFET-Transistor mit einer senkrecht stehenden
Silizium-Finne sollen den Stromverbrauch der Mikroprozessoren senken und etwa 2012 serienreif sein. Dieses Konzept
wurde unter anderem von Infineon und dem Institut für
Halbleitertechnik der RWTH Aachen auf seine Einsetzbarkeit
untersucht. Nach dem erfolgreichen Abschluss des Projekts
wird diese Technik auch von Intel und IBM für die nächsten
Chipgenerationen unter 65 Nanometer (Millionstel Millimeter) vorbereitet. Zusätzlich ermöglicht dabei die Immersionslithografie mit Wassertropfen zwischen Silizium-Scheibe
und Belichtungsoptik sogar ein Schrumpfen der Schaltkreisstrukturen auf nur noch 45 Nanometer Größe.
Selbst über die Zeit danach denken deutsche Forscher
und Forscherinnen intensiv nach. Bereits 2003 wurde gezeigt, dass spezielle Transistoren auf Silizium-Basis mit sehr
kleinen Strukturen von zehn Nanometern noch gute Dienste
leisten können. Doch Alternativen zum bewährten Werkstoff
Silizium sind gefragt. All diese neueren Ansätze, die ohne
diesen bewährten Halbleiter arbeiten sollen, müssen mehr
Leistungsfähigkeit und potenziell geringere Kosten als Silizium-Chips aufweisen. So weit ist die Nanoforschung heute
noch nicht.
16
PERSPEKTIVEN DER LUK-TECHNOLOGIEN
In Zukunft schalten und walten Nanomodule
Die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen setzen auf
Methoden, mit denen Transistoren nicht mehr aus einem
Kristall herausgeätzt, sondern aus einzelnen Atomen und
Molekülen zusammengesetzt werden. Im letzten Jahr offenbarte sich eine mögliche Alternative zu Silizium. In monomolekulare Graphitschichten, so genannte Graphen-Schichten, können Daten tragende Ladungen rasant mit einem
Drittel der Lichtgeschwindigkeit bewegt werden. Parallel
werden Lichtteilchen (Photonen) als Datenträger der Zukunft untersucht. Aufgebaut aus photonischen Kristallen
und Molekül-kleinen Lichtquellen könnten Photonik-Chips
die Nachfolge von elektronischen Mikroprozessoren antreten. Mit zahlreichen Arbeitsgruppen auf dem Gebiet der
Photonik ist die deutsche Forschung gut auf diesen Trend
vorbereitet und prägt ihn wesentlich mit. So entwickelten
jüngst Physiker der Technischen Universität Chemnitz eine
Art Nano-Scheinwerfer aus einem Millionstel Millimeter
kleinen Molekülhaufen aus Cadmiumselenid. Damit können
die optischen Eigenschaften von photonischen Kristallen
besser untersucht werden.
Klassische, aber teure Lithografie-Prozesse könnten
durch die selbstorganisierenden Fähigkeiten von Molekülen
ersetzt werden. Hier ist das Max-Planck-Institut für Mikrostrukturphysik in Halle in Europa federführend. In einem
EU-Projekt zusammen mit der Universität Würzburg lassen
sie beispielsweise winzige Nanodrähte aus Silizium gezielt
wachsen. Ein weiteres Beispiel liefert das Max-Planck-Institut
für Festkörperforschung in Stuttgart unter der Leitung des
Nobelpreisträgers Klaus von Klitzing mit einer spin-basierten
Elektronik oder kurz gesagt Spintronik. Statt elektrischer
Ladungen können hier die Spins der Elektronen als Informationsträger eingesetzt werden. Damit soll die Schaltenergie
von zukünftigen Spin-Transistoren stark vermindert und die
unerwünschte Verlustwärme eines Chips deutlich verringert
werden. Ganz vorne in der internationalen Liga spielen die
Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen vom Center of
Nanoelectronic Systems for Information Technology (CNI)
am Forschungszentrum Jülich mit. Hier werden magnetische
Spins und selbstorganisierende Nanostrukturen sowie neuartige Bauteil- und Materialkonzepte für extrem kleine,
schnelle und Strom sparende Schaltkreise unter die Lupe
genommen.
Und mit Messungen des Magnetismus von einzelnen
Atomen verblüffte das Institut für Angewandte Physik der
Universität Hamburg die Fachwelt. Heute ist dieses Institut
ein gesuchter Forschungspartner bei der Entwicklung
zukünftiger Nanospeicher. Aber trotz solch guter Ansätze in
Deutschland gelten die USA als Vorreiter auf diesem Feld der
Nanoelektronik.
MultiGate-FinFET
Rasterelektronenmikroskopische Aufnahme eines Graphen-Transistors
(Infineon)
(AMO GmbH)
Noch tiefer in die Quantenwelt tauchen Physiker und Physikerinnen in Bonn, Mainz und München ein. Sie entwickeln
sowohl die theoretischen als auch die praktischen Grundlagen für die Verarbeitung von Daten mit Quantenphänomenen, die das alltägliche Vorstellungsvermögen überfordern.
Ein Quantenbit könnte beispielsweise nicht nur eine digitale
Null oder Eins repräsentieren, sondern auch gleichzeitig
beliebig viele Zustände dazwischen annehmen. Diese nur auf
Wahrscheinlichkeiten basierenden, physikalischen Aussagen sollen eines Tages jeden Verschlüsselungscode rasant
brechen oder heute unvorstellbare Suchalgorithmen ermöglichen können. „Doch praktische Anwendungen für einen
Quantencomputer sehe ich in weiter Ferne“, dämpft Nobelpreisträger Theodor W. Hänsch vom Max-Planck-Institut für
Quantenoptik in Garching bei München allzu große Erwar-
PERSPEKTIVEN DER LUK-TECHNOLOGIEN
17
tungen. Er gilt als ein Pionier der Laserspektroskopie und
als internationale Kapazität für Quantenphänomene. Und
obwohl laut Hänsch Deutschland auf dem möglichen Zukunftsfeld der Quanteninformation gut aufgestellt sei, seien
die experimentellen Probleme bis zu einem funktionierenden Quantencomputer noch gewaltig.
Software bringt Rechner auf Trab
Weit näher am Markt als die Quantenphysiker und -physikerinnen und Nanoforscher und -forscherinnen arbeiten
Informatiker. Mit intelligenten Programmen forschen sie
daran, wie noch mehr Leistung aus bereits verfügbarer
Hardware heraus zu kitzeln ist. Software-Ingenieure haben
dabei vor allem die Steigerung von Effizienz, Qualität und
Zuverlässigkeit im Blick. Die Nutznießer der Entwicklungen
reichen von Telekommunikationsfirmen über Finanzdienstleister und Medizintechniker bis hin zu Automobil- und
Logistikunternehmen.
So abstrakt Software-Entwicklung im Detail sein mag,
handelt es sich für die IKT-Branche um eine grundlegende
und wichtige Wissenschaft. Neue mathematische Modelle,
Datenstrukturen und Algorithmen machen das exponentielle Wachstum der Computerleistungen erst möglich.
Zusammen mit verbesserter Hardware und immer genaueren Simulationen werden hohe Präzision, Visualisierungsqualität und Geschwindigkeit möglich. Aktuell wird zunehmend an der Modularisierung von Softwarearchitekturen
gearbeitet, um Service-orientierte Systeme zu entwickeln.
Ein weiterer Trend liegt in so genannten Multi-Nature
Systemen, bei denen elektronische und nichtelektronische
Komponenten miteinander kommunizieren.
Die Vorteile liegen auf der Hand: Mit immer leistungsfähigerer Software kann ein Produkt schon in der Entwicklung gründlich untersucht und getestet werden, obwohl es physisch noch gar nicht existiert. Rechner simulieren
chemische Reaktionen oder elektronische Schaltungen. Sie
zeigen, wie sich eine Autokarosserie bei einem Aufprall verformt oder welches Licht verschiedene Leuchtmittel ausstrahlen können. In der Produktion steuern intelligente
Systeme nicht nur den Materialfluss sondern auch komplexe und sicherheitskritische Fertigungsprozesse. Eine
kontinuierliche Datenerfassung in der Produktion ermöglicht genaue Chargenverfolgung bei sensiblen Produkten,
z. B. in den Bereichen Pharma, Chemie oder Lebensmittel.
(VDI TZ GmbH)
18
Netze der Intelligenz
So wichtig schnelle Prozessoren, gigantische Datenspeicher
und komplexe Programme auch sein mögen, ohne eine optimale Vernetzung können sie ihre volle Leistung nicht ausspielen. Heute bilden Glasfaserkabel das globale Rückgrat
der modernen Kommunikationstechnik mit dem Internet als
weltweit wichtiger Wirtschaftsmotor. Und ihre Kapazitäten
werden in Zukunft deutlich wachsen. Die Wissenschaftler
und Wissenschaftlerinnen des Fraunhofer Instituts für Nachrichtentechnik Heinrich-Hertz (HHI) in Berlin gehen davon
aus, dass das Netz der nächsten Generation die BackboneInfrastrukturkapazität drastisch erhöhen wird und maximal
ausnutzen muss. Dieses Ziel im Blick stellten HHI-Forscher
2006 eine neue Rekordmarke für die Datenrate durch Glasfaserkabel auf: 2,56 Terabit flossen pro Sekunde über eine
Strecke von 160 Kilometer Länge – das entspricht dem Inhalt
von 60 DVDs und ist etwa 50 mal schneller als auf den heute
besten Hochgeschwindigkeits-Strecken. Dazu schickten die
Berliner Nachrichtentechniker ultrakurze Laserblitze durch
die Fasern und nutzten eine Phasenmodulation des infraroten Lichts. Mit diesem Ergebnis, von dem die Glasfasernetze
in den kommenden Jahren profitieren werden, überholten
sie nach fünf Jahren wieder
ihre japanische Konkurrenz.
Mio. Zugänge
Und das Potential wird in heutigen Netzen nur zu einem
25
Bruchteil genutzt. Theoretisch
seien sogar Bandbreiten von
20
60 bis 70 Terabit pro Sekunde
möglich.
15
Nicht nur Netzwerkfirmen
werden die HHI-Resultate für
zukünftige Produkte nutzen
10
können. Das Berliner Institut
entwickelt auch die Technik
5
für deutlich schnellere Datenanschlüsse für Privatpersonen
0
zuhause. Heute fließen über
2005
Kupferkabel und mit DSLTechnik bis zu 16 Megabit pro
Sekunde in die Wohnzimmer
der Nation. Derzeit läuft der schrittweise Ausbau auf 52 Megabit mit VDSL-Technik. Aber die Zukunft liegt in dem Datentransport via Lichtleiter. Laut HHI wird es unvermeidlich
sein, die Glasfaser bis in die Haushalte zu verlegen. Derzeit
haben bei dem Ausbau der Infrastruktur Japan und Korea
die Nase vorn. Doch die Fiber To The Home-Technik (FTTH)
ist europaweit auf dem Vormarsch. Bis zu 2500 Megabit pro
Sekunde sowohl als Down- als auch als Upload werden damit
PERSPEKTIVEN DER LUK-TECHNOLOGIEN
möglich sein. Erste Pilotprojekte, beispielsweise in Schwerte
und Berlin, sind bereits gestartet. Nach einer Studie der TU
Dresden und der Fraunhofer Gesellschaft wird erwartet, dass
schon 2010 mehr als zehn Prozent aller Haushalte mit FTTH
versorgt werden.
Gut ausgebaute Breitbandnetze bilden auch die Grundlage für ein leistungsfähiges Mobilfunknetz. Denn ein
Mobilfunknetz beruht zu 80 Prozent auf einem Festnetz:
Ein Zusammenhang, der den wenigsten Handy-Nutzern
bewusst ist. Begnügen sich UMTS-Nutzer heute mit maximal
1,8 Megabit pro Sekunde (HSDPA), peilt die nächste vierte
Mobilfunkgeneration, kurz 4G, die 1000 Megabit-Schwelle
an. Das zentrale Ziel dieser noch in den Anfängen steckenden Entwicklung sind höhere Datenraten zu geringeren
Kosten. Auch die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen
am Lehrstuhl für Mobile Nachrichtensysteme der Technischen Universität Dresden konzentrieren sich auf die 4GForschung. In ihrem Labor funken auch erste Prototypen
mit hohen Megabit-Raten. Noch nimmt die aufwändige
Elektronik ganze Laborschränke ein und passt in kein
Handy. Bis zu einer Einführung von 4G Mitte des kommenden Jahrzehnts werden Chips und Antennen noch deutlich
schrumpfen müssen.
Breitband-Internetzugänge
Deutschland
Großbritannien
Frankreich
Italien
Spanien
2006
2010
Quelle: EITO, 2006
4G wird anders als alle bisherigen Mobilfunkstandards
mehrere Funkkanäle in einem System vereinen. Mindestens
vier Antennen stellen nach dem MIMO-Prinzip (multiple in –
multiple out) ihre Datenverbindungen parallel zu einer
Basisstation her. Damit kann auch jedes Handy selbst als
Basisstation dienen und je nach Verteilung der Geräte die
Netzabdeckung flexibel und schnell erhöhen.
PERSPEKTIVEN DER LUK-TECHNOLOGIEN
19
Vermittlungsstellen dienen nach wie vor als wichtige Knotenpunkte im weltweiten Datenverkehr.
Zusätzlich greifen die Dresdner Forscher zu einem zweiten
Kunstgriff mit dem Namen OFDM (Orthogonal Frequence
Division Multiplexing). Damit kann ein Frequenzbereich in
viele kleine Subkanäle eingeteilt werden, wodurch die
Datenrate steigt.
In Deutschland ballen sich die Entwicklungslabore für
die Datenübertragung der Zukunft geradezu und schaffen
in der Mobilfunkforschung eine führende Position. Unternehmen wie Nokia und Siemens, Alcatel-Lucent oder Ericsson arbeiten hierzulande an 4G-Techniken. Im Verbund mit
weiteren 4G-Forschern in Europa besteht sogar die Chance,
einen kommenden Standard vor den USA und Fernost maßgeblich gestalten zu können. Auch wenn nach dem Aus für
Siemens-BenQ nur noch wenige Handys in Deutschland gebaut werden, liegt hier die Wissensbasis für die Mobilfunkbranche. Die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen an
der TU Dresden sehen hier riesige Chancen für neue kleine
Firmen in Deutschland. Und aus den vielen Blüten könnten
neue Firmen mit 100, 1.000 oder gar 10.000 Mitarbeitern
entstehen.
(Deutsche Telekom AG)
Grids und Supercomputer –
Die perfekte Simulation
Breitbandige Datennetze eröffnen nicht nur völlig neue
Märkte für Dienstleistungen, sie ermöglichen zudem ausgeklügelte Grid-Netzwerke. Durch die Verknüpfung leistungsfähiger Rechner werden in einem Grid nicht nur Daten wie
im Internet ausgetauscht, auch die Kopplung und dezentrale
Abfrage von gebündelter Rechenleistung wird möglich. In
Deutschland baut die D-Grid-Initiative eine nachhaltige
Infrastruktur für Anwender aus Wissenschaft, Wirtschaft
und Gesellschaft auf. Beim Höchstleistungsrechenzentrum
der Universität Stuttgart geht man davon aus, dass D-Grid
der Kern einer zukünftigen Infrastruktur ist, die ähnlich dem
Stromnetz die Basis dafür schafft, dass Lösungen nicht lokal
und zeitlich beschränkt, sondern deutschlandweit und auf
Dauer eingesetzt werden können. Der einfache und schnelle
Zugriff auf gewaltige Datenbanken und die Bearbeitung
komplexer Forschungsdaten und Simulationen stehen im
Mittelpunkt.
Deutsche Grid-Entwickler stehen im internationalen Vergleich sehr gut da. Nach wichtigen Pionierarbeiten nehmen
deutsche Grid-Forscher viele Führungsrollen in europäischen
Projekten ein. Ein Marktpotential des Grid liegt in der Kombination von Grid- und Web-Technologien. Über das Grid können nicht voll ausgenutzte Ressourcen verfügbar gemacht
20
PERSPEKTIVEN DER LUK-TECHNOLOGIEN
In vier Doppelschränken versammelt der Jülicher Superrechner JUBL mehr Rechenleistung als jeder andere Rechner in Europa. Unter den frei verfügbaren Wissenschaftsrechnern
ist er sogar weltweit die Nummer 1.
(Forschungszentrum Jülich)
werden. Eine große Menge von Benutzern kann über das
Grid Zugang zu Daten und Rechenleistung bekommen und
damit Dinge wie individualisierte Wettervorhersagen und
Finanzanalysen durchführen. Einmal entwickelt bieten sich
Grid-Produkte für Unternehmen an, um die Nutzung ihrer
IKT-Ressourcen optimieren und Kosten senken zu können.
Neben der D-Grid-Initiative wird das bundesdeutsche
Potential der Supercomputer im Gauß Centrum für Supercomputing gebündelt. Dort arbeiten die Wissenschaftler
und Wissenschaftlerinnen der drei Standorte für das Höchstleistungsrechnen in Deutschland – Jülich, München/Garching, Stuttgart – zusammen. Damit entsteht der größte
Höchstleistungsrechnerverbund in Europa, der eine herausragende Bedeutung für Forschung und Entwicklung haben
wird. Aufwändige Simulationen stehen an erster Stelle. Denn
das Modellieren am Computer wird für die moderne Klimaforschung, Hochenergiephysik, Astronomie und medizinische Grundlagenforschung immer wichtiger. Der deutsche
Automobil-, Flugzeug- und Schiffbau, der Maschinenbau
insgesamt, sowie die Werkstoffentwicklung – um nur einige
Anwendungsfelder zu nennen – wären ohne diese leistungsfähige Rechnerinfrastruktur und dazugehörigen Softwaresysteme auf dem Weltmarkt nicht wettbewerbsfähig.
Sensorik – Das Web lernt Begreifen
Vom Vormarsch der vernetzten und allgegenwärtigen
Datenverarbeitung hat in den letzten 15 Jahren besonders
die Logistik-Branche profitiert. Rechnersysteme und intelligente Algorithmen beschleunigen den Warentransport zu
Wasser, zu Lande und in der Luft. Fabriken lassen ihre Lager
schrumpfen und erhalten ihre Rohwaren „just in time“ für
die aktuelle Produktion. Dieser Wandel ist heute Realität. In
der Zukunft liegt das „Internet der Dinge“, in dem nicht nur
Container per Funkchip identifiziert werden, sondern jeder
einzelne Joghurtbecher Teil des weltweiten Datennetzes
werden kann. Günstigere RFID-Funkchips, entwickelt in
Deutschland, sollen diesen Trend unterstützen. Den Weg
dazu ebnet beispielsweise das Hightech-Unternehmen
PolyIC. Im Rolldruckverfahren bannen sie elektronische
PERSPEKTIVEN DER LUK-TECHNOLOGIEN
RFID/Polymer-MST: Folie auf Rolle. Hybrider additiver polymer-elektronischer Prozess
für Polymer Elektronik und Sensorik (HADPEPP).
(Fraunhofer IZM)
Schaltkreise aus halbleitenden und flexiblen Polymeren auf
Kunststofffolie. Mit dieser Schlüsseltechnologie können
schon in den kommenden Jahren die Kosten pro Funkchip
von derzeit rund 25 Cent auf nur wenige Cent fallen.
Noch intelligentere Datennetzwerke haben deutsche
Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen mit autarken
Sensoren im Sinn. Kombiniert mit der RFID-Funktechnik
oder mit Schnittstellen zu Handynetzen können sie in der
Warenwirtschaft beispielsweise den Frischezustand von
Lebensmitteln bestimmen und übermitteln. Medizintechniker und -technikerinnen denken an autarke Überwachungssysteme von Patienten, die ständig Blutzuckerspiegel, Herzschlag und andere wichtige Körperfunktionen kontrollieren
und bei Bedarf selbstständig einen Alarm auslösen. Im Automobil- und Maschinenbau sind Sensoren für die Überwachung der technischen Funktionen schon heute unerlässlich.
Sie regeln die Verbrennung im Motor, messen den Abstand
zum vorausfahrenden Auto oder kontrollieren den Reifendruck. In einem Neuwagen stecken schon heute bis zu 150
der kleinen Detektoren, Tendenz steigend. Letztlich hängt
der praktische Mehrwert von Sensornetzen aber von der
inhaltlichen Analyse der Sensordaten durch intelligente
Mustererkennung und wissensbasierte Interpretation ab.
Durch semantische Technologien muss gewährleistet werden, dass sich alle Einzelkomponenten im Internet der Dinge
21
auch untereinander verstehen, so dass ein intelligentes
Gesamtsystem entsteht.
Sensoren und Sensornetzwerke sind auch der Schlüssel
zu einer höheren Zuverlässigkeit der immer komplexer
werdenden Technik. Kontrollieren eingebettete Chips und
Elektronikmodule alle wichtigen Abläufe vom Küchenherd
bis zum Verkehrsflugzeug, kann damit auch die Zuverlässigkeit dieser Systeme erhöht werden. Über die Rückkopplung
mit Sensordaten können diese Systeme Fehlfunktionen früher erkennen und darauf reagieren. Zudem weiten sich die
Anwendungen der Sensortechnik mit Detektoren für Chemikalien und Schadstoffe zunehmend auf Produktionsprozesse
und das Umweltmonitoring aus. Insgesamt werden Sensoren
die sichere Anwendung von Technik deutlich erhöhen.
Der Drang zu kleineren, leistungsfähigeren und günstigeren Modulen bestimmt den boomenden Sensormarkt.
Zahlreiche Universitäten und Fraunhofer-Institute widmen
sich der Entwicklung neuer Sensortechniken, die sowohl
optische Effekte als auch Fortschritte in der Mikro- und
Nanotechnologie für so genannte MEMS (mikro-elektromechanische Systeme) und NEMS (nano-elektromechanische
Systeme) nutzen. Selbst die Verknüpfung von lebloser
Elektronik mit biologischen Sensorsystemen verspricht, die
Empfindlichkeiten und Zuverlässigkeit zu liefern, die der
Technik allein noch versagt bleibt. So greift beispielsweise
ein Team am Forschungszentrum Jülich auf lebende Zellen
zurück, um robuste und genaue Sensoren für spezielle Substanzen zu entwickeln. Über diesen Weg können in Zukunft
IKT-Methoden verstärkt in die biologische Analytik und Medizintechnik für bessere Lab-on-Chip-Systeme vordringen.
Die digitale Zukunft des Stroms
Schon heute werden IKT-Systeme verstärkt zur besseren
Kontrolle des Stromnetzes genutzt. Doch in Zukunft müssen
diese gekoppelt mit moderner Sensorik noch intelligenter
werden und einen zunehmenden Einfluss auf die Energieversorgung haben. Besonders regenerative Quellen wie Wind
und Sonne sollen von verlässlichen Wettervorhersagen profitieren. Ziel ist eine zeitnahe Planung für die zu erwartende
Stromerzeugung. Schwankungen bei Flaute oder bewölktem
Himmel können so intelligent und schnell aufgefangen werden. An der Spitze dieses jungen Forschungsbereichs der
Energiemeteorologie stehen deutsche Wissenschaftler. Ihre
Erkenntnisse und die Vorteile der IKT-Technik für die Energieerzeugung bündeln sie im „Wissensnetz Energiemeteorologie (WISENT)“, das wesentliche Grundlagen für die sichere
und nachhaltige Energieversorgung von morgen legt.
22
Doch dem Stromnetz steht auch ein grundlegender Wandel
bevor, in dem IKT eine zentrale Rolle spielen wird. Heute
fließt der Strom meistens zentral von Gigawatt-Kraftwerken
wie in einer Einbahnstraße zum Verbraucher. Für den zunehmenden Austausch von Strom auf allen Spannungsebenen ist
es nicht ausgelegt. Um diesen Anforderungen gerecht zu
werden, sollen möglichst alle Komponenten, seien es kleine
Stromerzeuger oder -verbraucher, mit einem eng geknüpften Datennetz verbunden werden. Die Forschungen reichen
in Deutschland sogar so weit, dass aktuelle Preisinformationen von der Strombörse in Leipzig im Eigenheim abgerufen
werden können und so Strom fressende Geräte in Niedrigpreisphasen gestartet werden können. Im Verbund mit europäischen Wissenschaftlern könnte hierzulande ein Technikstandard für die Stromnetzregelung entwickelt werden,
der die weltweite Technologieführerschaft in diesem wachsenden IKT-Bereich festigen könnte.
Der Computer wird sinnlich
So vielseitig die Leistungen von Rechnern und Datennetzen
auch sind, letztendlich muss ein Mensch die Befehle eingeben und die Ergebnisse wahrnehmen. Forschungen an der
Aufklärung von kognitiven Prozessen auf experimentellem,
theoretischem und methodischem Gebiet, wie am MPI für
biologische Kybernetik, sind die Grundlage für zukunftsweisende Innovationen. Tastatur, Maus und Bildschirm
stehen längst nicht mehr allein. Ausgereifte Sprachdialogsysteme drängen nach dem Einsatz bei Service-Hotlines,
am PC und dem Handy auch ins Auto und in die Fabriken.
„Auf diesem Feld sind deutsche Forscher dank langjähriger
Förderungen führend“, betont man im Zentrum für MenschMaschine-Interaktion (ZMMI) im Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) an der TU Kaiserslautern. 3D-Displays setzen gerade zum Sprung an, um in
Kürze in Spielekonsolen oder auf speziellen Monitoren Technikern und Wissenschaftlern die Bearbeitung ihrer Daten
zu erleichtern. Und Datenbrillen zeigen automatisch beim
Betrachten eines Objekts, sei es ein zu reparierendes Gerät in
einer Werkstatt oder eine Sehenswürdigkeit in einer Stadt,
Zusatzinformationen, Schaltpläne oder historische Ansichten an. Dieser Bereich der „erweiterten Realität“, in dem das
Fraunhofer Institut für Graphische Datenverarbeitung zahlreiche Fortschritte erzielt hat, könnte schon bald Einzug in
viele Produkte für Industrie, Forschung und Tourismus halten. „Eine der wichtigsten Herausforderungen für die zukünftige Wissensgesellschaft ist die Schaffung intelligenter
Technologien für die Mensch-Maschine-Interaktion, die den
natürlichen Kommunikationsstil von Techniklaien akzeptieren, einen direkten Dialog mit der Technik unterstützen und
PERSPEKTIVEN DER LUK-TECHNOLOGIEN
damit Hemmschwellen bei der Nutzung von Hochtechnologie abbauen“, so Wolfgang Wahlster, Vorsitzender der
Geschäftsführung des Deutschen Forschungszentrums für
künstliche Intelligenz (DFKI) in Saarbrücken, Kaiserslautern
und Bremen.
Weit sind die Entwicklungen, Elektronik über Gesten
und Augen zu steuern. Und entsprechende Geräte für berührungslose Kommunikation mit dem Computer sind zwar
noch teuer, aber verfügbar. Fehlerfrei arbeiten sie jedoch
noch nicht. Ein noch besseres Verständnis zwischen Mensch
und Maschine ist gefordert. Der Trend geht zur Verknüpfung
von mehreren Kanälen. Über eine Redundanz der Informationen wird auch die Zuverlässigkeit steigen. Gerade für neuartige Steuerungen in der Industrie, beispielsweise in Chemieanlagen, hätten Fehlbedienungen katastrophale Folgen.
Weltweit verfolgen die Forscher und Forscherinnen das
Ziel, den Rechnern alle Sinne des Menschen beizubringen.
In Deutschland wollen beispielsweise Wissenschaftler und
Wissenschaftlerinnen von der Leibniz Universität Hannover
den Rechnern das Fühlen und Tasten beibringen. Form und
Haptik eines Gegenstandes sollen über Tastsensoren digitalisiert werden. Über Fühlmodule könnte so ein Mensch in
Europa ein Stück Seide in China über das Internet auf seine
Qualität prüfen. Noch stehen diese Entwicklungen ganz am
Anfang, aber über ein elektronisch gesteuertes Fühlmodul,
das aussieht wie ein kleines Nagelbrett, kann heute schon
die Rauhigkeit einer Oberfläche simuliert werden.
Der Blick durch die Brille erweitert die Realität: Mit Hilfe von semitransparenten
Spezialbrillen werden virtuelle computergenerierte Gebäude dreidimensional in das
Sichtfeld projiziert. Es entsteht der Eindruck, als stünden die Objekte vor dem Benutzer
auf dem Besprechungstisch. Die Gebäude können in Echtzeit modifiziert werden.
Perspektive und Position des Betrachters werden stets berücksichtigt.
(Fraunhofer FIT)
PERSPEKTIVEN DER LUK-TECHNOLOGIEN
DLR Leichtbauroboter mit Vierfingerhand.
Roboter mit Gefühl
Ein gefühlvoller Tastsinn wird auch Roboter zu neuen Anwendungen führen. Weit gediehen sind hier die Entwicklungen am Institut für Robotik und Mechatronik des Deutschen
Zentrums für Luft- und Raumfahrt e.V. (DLR). Die „DLR Hand“
mit zahlreichen Motoren, Gelenken und Sensoren kann
selbst fragile Objekte sanft ertasten und bewegen. Diese
Technik könnte einen Menschen beim Zupacken in gefährlicher und lebensfeindlicher Umgebung – sei es bei Weltraummissionen, Laboren oder Kerntechnikanlagen – unterstützen. Heute treiben vor allem japanische Firmen mit
tanzenden Androiden oder künstlichen Hunden die Entwicklung wesentlich voran. Aber die deutsche RobotikForschung braucht sich nicht zu verstecken. Bei Industrierobotern steht Deutschland sehr gut da, wissen die Roboterexperten am Lehrstuhl für Angewandte Informatik III der
Universität Bayreuth. Zusammen mit dem ABB Forschungszentrum in Ladenburg arbeiten sie am Fließband der Zukunft mit intelligenteren und beweglicheren Robotern.
Sie sollen vor allem in der Automobilindustrie zu kürzeren
Produktionszeiten bei höherer Qualität führen. Dieses Team
23
(DLR)
entwirft Techniken und Steuerungsprogramme, wie mehrere Roboter an einem Objekt zusammenarbeiten können. In
Zukunft werden Mensch und Roboter sogar auf der gleichen
Arbeitsfläche zusammenarbeiten und sich ergänzen. Ist
diese Kooperation heute aus Sicherheitsgründen nicht möglich, werden Sensorsysteme alle Bewegungen eines Arbeiters
erkennen und die Roboteraktionen an den Kollegen aus
Fleisch und Blut anpassen ohne ihn zu verletzen. Der Trend
muss sich langfristig weg vom starren zum weichen Roboter
ausrichten.
24
FÖRDERPROGRAMM
4. Förderprogramm
Vor dem Hintergrund der Zielsetzung der IKT-Forschungspolitik, die technologische Spitzenstellung Deutschlands im
Bereich IKT zu festigen und auszubauen, und die Wettbewerbsfähigkeit des Forschungs-, Produktions- und Arbeitsplatzstandortes Deutschland sowohl branchenbezogen als
auch branchenübergreifend durch IKT zu sichern und zu
erhöhen, sind für die Ausrichtung der Förderaktivitäten
drei Fragen von zentraler Bedeutung:
■
■
■
Worin bestehen die spezifisch deutschen Stärken?
Welche technologischen Entwicklungen sind von
besonderer Bedeutung?
Mit welchen (strategischen) Instrumenten kann am
wirkungsvollsten Innovationspolitik betrieben werden?
Das nachfolgende Förderprogramm ist der Beitrag des BMBF
zur Umsetzung des Handlungsfeldes „Forschungsförderung“
der Hightech-Strategie im IKT-Bereich und des Aktionsprogramms iD2010. Die weiteren IKT-relevanten Maßnahmen
der Bundesregierung in diesem Handlungsfeld sind im
Aktionsprogramm iD2010 zu finden und werden mit Ausnahme der BMWi-Förderung von Multimedia- und Internettechnologien (vgl. Abschnitt 5.1) im Folgenden nicht dargestellt.
Anwendungsfelder/Branchen
Die Analyse der wirtschaftlichen Potentiale (vgl. Kapitel 2)
hat die Bedeutung der in Deutschland starken Anwendungsfelder/Branchen, in denen Innovationen in hohem Maße
durch IKT getrieben sind oder ohne IKT gar nicht möglich
wären, herausgearbeitet. Die Forschungsförderung wird
deshalb – neben der IKT-Wirtschaft selbst – auf die folgenden
Anwendungsfelder/Branchen ausgerichtet:
■
■
■
■
■
Automobil, Mobilität
Maschinenbau, Automatisierung
Gesundheit, Medizintechnik
Logistik, Dienstleistungen
Energie, Umwelt
Qualitätsziele
Bei allen Maßnahmen ist eine Fokussierung auf Qualitätsziele erforderlich, denn nur mit klaren Qualitätszielen können
die Stärken in der deutschen IKT-Forschung in Anwendungsfeldern umgesetzt und das traditionell hohe internationale
Ansehen deutscher Ingenieurleistungen besonders im
Maschinen- und Anlagenbau auf IKT-Lösungen aus Deutschland übertragen werden. Vorrangige Qualitätsziele sind:
Wirtschaftlichkeit, Sicherheit (und Zuverlässigkeit), Nutzerfreundlichkeit und Ressourceneffizienz. Durch klare Entwurfs- und Qualitätsziele für IKT-Lösungen, die dann auch zu
einem internationalen Gütesiegel für IKT-Produkte „Made in
Germany“ werden, werden im Hochlohnland Deutschland
auch weiterhin wettbewerbsfähige Systemlösungen im
Bereich IKT entstehen.
Strategische Forschungsund Entwicklungslinien
Die Analyse der technologischen Perspektiven (vgl. Kapitel 3)
hat deutlich gemacht, dass die wichtigen technologischen
Entwicklungen zwar ausgesprochen breit gefächert sind,
dass sich aber drei Themen wie ein roter Faden durch dieses
Spektrum ziehen: IKT in komplexen Systemen („Embedded
Systems“), neue Geschäftsprozesse und Produktionsverfahren sowie Internet der Dinge und Dienste. Die IKT-Förderung
wird deshalb vorrangig entlang der entsprechenden strategischen Forschungs- und Entwicklungslinien ausgerichtet.
Strategische Instrumente
Um Brücken zu schlagen zwischen (Basis-)Technologien und
Anwendungsfeldern/Branchen und damit aus FuE-Ergebnissen auch wirtschaftliche Erfolge zu generieren, sollen Innovationsallianzen aus Wissenschaft, Wirtschaft und Politik
(vgl. Hightech-Strategie der Bundesregierung) vereinbart
werden. Zur Bildung solcher Innovationsallianzen kommen
im IKT-Bereich drei strategische Instrumente 2 zum Einsatz
(vgl. Abschnitt 4.1):
Basistechnologien
■
Wesentliche Grundlage für Innovationen in diesen Feldern
sind (anwendungsorientierte) Forschung und Entwicklung
im Bereich der Basistechnologien der IKT: Elektronik und
Mikrosysteme, Softwaresysteme und Wissensverarbeitung
sowie Kommunikationstechnik und Netze.
2
■
■
Leitinnovationen,
Technologieverbünde und
Diensteplattformen.
Auf operativer Ebene steht die Förderung von FuE-Vorhaben als Verbundprojekte im Vordergrund.
FÖRDERPROGRAMM
25
Anwendungsfelder / Branchen
IKT-Wirtschaft
Automobil,
Mobilität
Maschinenbau,
Automatisierung
Leitinnovationen
Logistik,
Dienstleistungen
Gesundheit,
Medizin
Wirtschaftlichkeit
(z. B. Initiative
„Automobilelektronik“)
Energie,
Umwelt
Technologieverbünde /
Diensteplattformen
Sicherheit
Qualitätsziele
Nutzerfreundlichkeit
Elektronik und
Mikrosysteme
Ressourceneffizienz
Software und
Wissensverabeitung
(z. B. „Standards für
die Kommunikation
der Zukunft“)
Kommunikationstechnik und Netze
Basistechnologien
IKT 2020 – Strategischer Ansatz
Darüber hinaus wird ein KMU-spezifisches Förderinstrument
für das Aktionsfeld IKT eingeführt (vgl. Abschnitt 4.1.4).
In der oberen Abbildung ist der strategische Ansatz von
IKT 2020 schematisch dargestellt.
IKT Politik aus einem Guss
Auch für das Innovationsfeld IKT gilt: Innovationspolitik ist
mehr als Forschungspolitik. Deshalb ist „Forschungsförderung“ nur ein Handlungsfeld im Bereich IKT in der HightechStrategie der Bundesregierung und darf nicht isoliert von
anderen IKT-relevanten Maßnahmen betrachtet werden.
Vielmehr gilt es, diese im Sinne einer IKT-Politik aus einem
Guss in den Gesamtkontext einer IKT-Politik der Bundesregierung einzuordnen (vgl. Kapitel 5).
Angrenzende Forschungs- und
Technologieprogramme des BMBF
Durch das immer stärkere Zusammenwachsen von IKT mit
anderen Schlüsseltechnologien ergibt sich die Notwendigkeit einer technologieübergreifenden, koordinierten Vorgehensweise. Eine solche abgestimmte Förderpolitik findet
im BMBF durch die Bündelung aller Schlüsseltechnologien,
insbesondere zwischen dem Forschungsprogramm IKT 2020
sowie den folgenden Programmen/Initiativen statt:
■
■
■
■
■
Förderprogramm Optische Technologien
Mikrosysteme – Rahmenprogramm zur Förderung
von 2004 – 2009
Nano-Initiative – Aktionsplan 2010
Rahmenkonzept „Forschung für die Produktion
von morgen“
Rahmenprogramm Werkstoffinnovationen für Industrie
und Gesellschaft - WING
26
FÖRDERPROGRAMM
Das Qualitätsziel Sicherheit (und Zuverlässigkeit) und damit
das Forschungsthema IKT-Sicherheit sind nicht nur Gegenstand des vorliegenden Forschungsprogramms. Sie werden
auch im neuen Programm „Forschung für die zivile Sicherheit“ der Bundesregierung adressiert, sofern Fragen mit
gesellschaftsdestabilisierendem Potential berührt sind.
■
IKT 2020 als lernendes Programm
Auf diese vier strategischen Instrumente werden die Fördermittel (vgl. Kapitel 6) konzentriert.
Der strategische Ansatz des Forschungsprogramms IKT 2020
ist auf 10 Jahre angelegt und weist mit seiner grundsätzlichen Orientierung auf das Jahr 2020. Aufgrund der dynamischen Entwicklung der IKT ist der thematische Rahmen der
FuE-Förderung allerdings zunächst auf 5 Jahre begrenzt, und
die extrem kurzen Innovationszyklen in der IKT werden es
erforderlich machen, dass möglicherweise bereits in diesem
Zeitraum Ergänzungen und Schwerpunktverlagerungen
vorgenommen werden müssen.
Aus diesem Grund ist IKT 2020 als offenes und lernendes
Forschungsprogramm ausgelegt. Die dargestellten Leitinnovationen, Technologieverbünde, und Diensteplattformen
sowie Schwerpunkte und Forschungsthemen sind weder
vollständig noch abgeschlossen. Wie bei der Erstellung von
IKT 2020 wird das BMBF zur Qualitätssicherung, Fortschreibung und Weiterentwicklung den Dialog mit Wissenschaft
und Wirtschaft fortsetzen, um auf technologische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklungen abgestimmt und zeitnah reagieren zu können. Darüber hinaus
soll das Programm auf seine Wirksamkeit hin von unabhängigen Experten während der Laufzeit und vor der Weiterentwicklung des thematischen Rahmens der FuE-Förderung
untersucht werden (Evaluierung).
4.1 Strategische Instrumente
Mit Richtung auf die Ziele der IKT-Forschungspolitik
kommen vier strategische Instrumente bei der Förderung
zum Einsatz:
■
■
Leitinnovationen: stark vertikal ausgerichtete Kooperationen von Wissenschaft und Wirtschaft, die auf
bestimmte Anwendungsfelder/Branchen ausgerichtet
sind und an denen sich Technologiebereiche abgestimmt
fördernd beteiligen.
Technologieverbünde: stark horizontal ausgerichtete
Kooperationen, die eine gemeinsam mit Wissenschaft
und Wirtschaft festgelegte konkrete technologische
Zielsetzung verfolgen und zu deren Umsetzung eine
technologisch ausgerichtete Roadmap vereinbart wird.
■
Diensteplattformen: stark horizontal ausgerichtete
Kooperationen von Wissenschaft und Wirtschaft, ähnlich den Technologieverbünden, allerdings mit dem Ziel,
neue Dienstleistungen durch neue Dienste zu ermöglichen.
IKT-spezifische KMU-Förderung.
Diese vier strategischen Instrumente können sowohl Ausgangspunkt für neue (regionale) Cluster im Sinne der Hightech-Strategie sein als auch zur Weiterentwicklung vorhandener Cluster beitragen. Ein prominentes Beispiel für ein
Cluster ist die Mikroelektronik in Dresden und Umgebung:
Mit Anstoß des BMBF ist der heute weltweit akzeptierte
300 mm Silizium-Waferstandard in Dresden geschaffen
worden: Dresden hat sich in den letzten Jahren insbesondere
durch staatliche Unterstützung zum bedeutendsten Standort
für Mikro- und Nanoelektronik in Europa entwickelt
(ca. 20.000 Arbeitsplätze).
4.1.1 Leitinnovationen
Die Ausrichtung der Technologieförderung auf ausgewählte
Branchen- und Anwendungsfelder ist immer dann besonders
sinnvoll, wenn so (gesellschaftliche) Problemstellungen
technologieübergreifend zu lösen sind, die Stärke in einem
Anwendungsfeld durch die Nutzung neuer Technologien
ausgebaut werden kann und zugleich die Technologieentwicklung ihrerseits profitiert. Märkte und Anwendungsfelder können heute nur noch durch das interdisziplinäre Zusammenwirken unterschiedlicher Schlüsseltechnologien
erschlossen werden.
Die gezielte Markt- und Anwendungsorientierung bei
einer Innovationsallianz wird im Rahmen des Konzeptes der
Leitinnovationen umgesetzt. Leitinnovationen sind stark
vertikal ausgerichtete strategische Kooperationen von Wirtschaft und Wissenschaft, die auf ein(e) bestimmte(s) Anwendungsfeld/Branche ausgerichtet sind, eine besondere volkswirtschaftliche Hebelwirkung entfalten und an denen sich
unterschiedliche Technologiebereiche abgestimmt beteiligen. Sie werden gemeinsam mit Wirtschaft und Wissenschaft identifiziert, bei gleichzeitiger technologieübergreifender Bündelung der Forschungskapazitäten und
Forschungsgelder. Leitinnovationen schaffen so eine kritische Masse an Forschungskompetenz und -kapazitäten, die
es erlaubt, besonders ehrgeizige und wichtige übergreifende
technologische Fragestellungen anwendungsbezogen
anzugehen.
FÖRDERPROGRAMM
Entscheidend für den Erfolg von Leitinnovationen sind die
Ausrichtung an den Zeitplänen (Roadmaps) der Anwender
und die strategischen Verabredungen mit den beteiligten
Unternehmen auf der Ebene der Geschäftsfeldverantwortlichen. Die Leitinnovationen gehen über die Forschungsphase hinaus und beziehen die gesamte Wertschöpfungskette mit ein, weshalb ggf. weitere strategische Partner,
wie beispielsweise Verbände und Sozialpartner, hinzugezogen werden. Insbesondere werden die Gestaltung der
erforderlichen (rechtlichen) Rahmenbedingungen sowie
möglicher Nachwuchs-, Fachkräfte- und Qualifizierungsbedarf als integraler Bestandteil der Leitinnovation frühzeitig aufgegriffen.
Ziel der Zusammenarbeit von Wirtschaft und Wissenschaft
ist es, Brücken von den Technologien zu den Anwendungsfeldern/Branchen zu bauen. Für die Umsetzung wird deshalb
ein erheblicher (finanzieller) Eigenanteil der Wirtschaft erwartet. Ein Commitment in dieser Richtung ist ebenso Bestandteil der zwischen den Beteiligten zu schließenden Vereinbarung wie operationale Ziele der Zusammenarbeit. Die
Leitinnovationen haben eine Laufzeit von 3 bis 10 Jahren.
Derzeit werden mit Wirtschaft und Wissenschaft die folgenden Leitinnovationen diskutiert:
■
■
■
■
Initiative Automobilelektronik
Vernetzte intelligente Objekte in der Logistik
Sichere Mobilität durch Kommunikationstechnologien
IKT für Gesundheit
Diese Liste ist nicht abschließend. Weitere Leitinnovationen
können und sollen während der Laufzeit des Programms
bzw. im Rahmen der Fortschreibung definiert werden. Wirtschaft und Wissenschaft sind aufgefordert, gemeinsam mit
der Politik weitere Leitinnovationen zu konzipieren. Bei der
Förderentscheidung wird das BMBF unabhängige Experten
hinzuziehen.
27
28
FÖRDERPROGRAMM
Leitinnovation Initiative Automobilelektronik
Elektrik und Elektronik sind heute die wesentlichen Treiber für etwa 80 % aller Innovationen im Automobil. Im Sinne des Erhalts der
Wettbewerbsfähigkeit in 10 und mehr Jahren erscheint es geboten, die deutsche Automobilindustrie durch eine nationale Initiative im vorwettbewerblichen Bereich zu unterstützen. Die führenden deutschen Automobilhersteller und -zulieferer regen deshalb
an, eine solche Initiative unter der Überschrift „Initiative Automobilelektronik“ aufzusetzen, um mit einem ganzheitlichen Ansatz
gezielt und nachhaltig aktuelle Forschungsthemen genau auf diesem Gebiet zu bearbeiten.
Herausforderungen
Sicherheit
Fahrerassistenzsysteme haben ein großes Potential zum Schutz des Lebens der Fahrzeuginsassen und anderer Verkehrsteilnehmer. Durch die Erfassung des Umfelds z. B. durch vernetzte Sensoren und die Steuerung des Fahrzeugs z. B. durch den Antriebsstrang lassen sich Fahrerassistenzsysteme darstellen, die den Fahrer in kritischen Situationen unterstützen oder gar die Aufgabe
des Fahrens autonom durchführen.
Zuverlässigkeit
Die Zuverlässigkeit der Automobilelektronik ist eines der wichtigsten Kaufkriterien und hat einen starken Einfluss auf die Gewährleistungskosten. Dabei stellen die wachsende Systemkomplexität und die fortschreitende Miniaturisierung ganz neue Herausforderungen an die Zuverlässigkeit.
Umweltfreundlichkeit
Umweltfreundlichkeit heißt Energieeffizienz und Schadstoffreduzierung. Die Energieeffizienz kann durch ein umfassendes Energiemanagement vergrößert werden. Eine wichtige Rolle spielt die Elektronik auch bei der Regelung des Antriebsstrangs. Aufgaben einer zukünftigen Motorelektronik umfassen diesbezüglich die Effizienzerhöhung des Motors, die Reduzierung des Schadstoffausstoßes, und die Integration elektrischer Antriebe (Hybridisierung). Dazu sind umfangreiche leistungselektronische und
mechatronische Systementwicklungen notwendig.
Zielsetzung
Die Initiative Automobilelektronik möchte dafür sorgen, dass durch Forschung auf dem Gebiet der elektronischen Komponenten
und Systeme für das Auto von morgen, die im Wettbewerbsvorfeld unternehmensübergreifend gemeinsam mit den Universitäten
und anderen Forschungseinrichtungen durchgeführt wird, Autos aus Deutschland auch in 10 Jahren noch zu den besten gehören
und sich auf dem Weltmarkt durchsetzen. Vision: 0-Tote-Auto, 0-Fehler-Auto und 0-Emissionen-Auto, d. h.
■
■
■
■
■
Emissionsreduzierung und Steigerung der Kraftstoffeffizienz
Erhöhung der Sicherheit durch Fahrerassistenzsysteme mit vollständiger Erfassung der Fahrzeugumgebung mit dem Langfristziel des „unfallfreien Fahrens“
Individuelle und intuitive Komfortsysteme zur einfachen und sicheren Bedienung und Steuerung unter Einbeziehung der
Kommunikationsinfrastrukturen
Beherrschbarkeit der Systemkomplexität und Kostenreduzierung bei zunehmendem Anteil der Elektronik im Auto
Steigerung der System- und Funktionszuverlässigkeit bei wachsender Systemkomplexität und gleichzeitig fortschreitender
Miniaturisierung
Strategische Partner
Automobilhersteller, System- und Komponentenzulieferer, Hochschulen, Forschungseinrichtungen, BMWi (Verkehrsforschung)
FÖRDERPROGRAMM
29
Forschungsthemen und technologische Voraussetzungen
■
■
■
Technologien
advanced CMOS, Softwaretechnologie, intelligente Leistungselektronik, Sensorsysteme, sichere Datenkommunikation,
Systemintegrationstechnologien, unkonventionelle Aktuatoren, Mustererkennung und Sensorfusion, adaptive und
multimodale Fahrerdialogsysteme
Systeme & Architekturen
modulare Architekturen, Fehlertoleranz und Ausfallsicherheit, durchgängige Simulation/Design, System- und Funktionszuverlässigkeit, Robustheit, Null-Fehler-Konzepte
Standardisierung
Standardisierung von Schnittstellen & Modulen, Schaffung offener Systeme für hohe Modularität
(DaimlerChrysler)
30
FÖRDERPROGRAMM
Leitinnovation Vernetzte intelligente Objekte in der Logistik
Die Globalisierung der Produktion und des Wirtschaftsverkehrs sowie die Beschleunigung der Taktraten wirtschaftlicher Aktivität
gelten derzeit als die wesentlichen Treiber moderner Logistikentwicklung. Neue Anforderungen an Geschwindigkeit, Fehlertoleranz und Flexibilität setzen eine maximale Transparenz und automatisierte Abwicklung der physischen Flüsse voraus.
Herausforderungen
Aus technischer Sicht liegt die Herausforderung in der Realisierung einer intelligenten Selbstorganisation der möglicherweise
dezentralen Anwendungskomponenten, die gleichzeitig die Reduzierung der Komplexität der bislang zentral organisierten
IKT-Systeme und eine Steigerung der Systemzuverlässigkeit ermöglicht. Sicherheitsaspekte betreffen die zuverlässige Absicherung der Kommunikation zwischen allen Systemkomponenten sowie die kontinuierliche Erkennung von Manipulationen oder
Eindringlingen.
Zielsetzung
Gesamtziel ist die prototypische Implementierung einer innovativen Integrationsplattform für sensornetzwerkbasierte Informationssysteme in der Logistik. Dies beinhaltet die Entwicklung einer Dienste-orientierten Software-Architektur, Hardwareinfrastruktur, Systemintegration, Validierung sowie die Demonstration an praktischen Anwendungsfällen. Aus Sicht der Anwendung
ist wissenschaftlich zu klären, wie sich logistische Prozesse mit intelligenten Objekten basierend auf Sensornetzen oder anderen
Auto-ID- bzw. Tracking-Technologien technisch und wirtschaftlich verbessern lassen, wie Sensornetzwerk-basierte, dezentrale
Informationssysteme in unternehmensinterne und unternehmensübergreifende IKT-Infrastrukturen integriert werden können
und wie sich daraus neuartige Geschäftsprozessmodelle entwickeln lassen.3
Strategische Partner
Softwareunternehmen, Logistikdienstleister und Anbieter von Sicherheitslösungen, Forschungsinstitute, Hochschulen, BMWi
Forschungsthemen und technologische Voraussetzungen
Sensornetzwerke, Mikrosysteme, Sicherheit, Energie (Speicher, Erzeugung/Versorgung), Miniaturisierung, Service-Engineering,
IKT-Netzwerke und -Systeme, Protokolle und Standards, Service-orientierte Softwarearchitekturen, Datenintegration
3
Im Rahmen des Leitvorhabens „NextGenerationMedia – Vernetzte Lebens- und Arbeitswelten“ setzt das BMWi Schwerpunkte
in den Bereichen unternehmensübergreifende RFID-basierte Logistiknetze, Rückverfolgbarkeit durch prozesskettenübergreifende RFID-gestützte Erfassung von Produktions- und Logistikdaten, intelligente Assistenzsysteme zur Steuerung von
Logistiknetzen, RFID-gestützte Produktions- und Beschaffungslogistik.
FÖRDERPROGRAMM
31
Leitinnovation
Sichere Mobilität durch Kommunikationstechnologien
In den letzten Jahrzehnten wurde zwar erreicht, dass weit weniger Menschen tödlich im Straßenverkehr verunglücken als früher.
Solange aber immer noch Menschen im Verkehr zu Schaden kommen, bleibt die Sicherheit im Verkehr ein wichtiges forschungspolitisches Thema. Darüber hinaus ist eine effiziente Mobilität einer der wesentlichen Stützpfeiler eines funktionierenden Wirtschaftssystems und einer modernen Gesellschaft. In Anbetracht des prognostizierten weiteren Verkehrswachstums müssen Verkehrsströme intelligent organisiert werden, u. a. unter Berücksichtigung unterschiedlicher Anforderungen einzelner Gruppen
wie älterer Mitbürger und Mitbürgerinnen.
Informations- und Kommunikationstechnologien haben hier ein großes Zukunftspotential. Sie eröffnen eine neue Dimension des
vorausschauenden Fahrens: Der Informationsaustausch zwischen intelligenten Systemen von Fahrzeug zu Fahrzeug oder von
Fahrzeugen zur Verkehrsinfrastruktur könnten in Zukunft Leben retten: So kann eine Stau-Ende-Warnung an nachfolgende Fahrzeuge gesendet werden, entfernte Fahrzeuge können über Unfälle informiert werden usw. Die Daten, die Fahrzeuge an eine
Verkehrsleitzentrale übersenden, könnten zudem zu einem besseren Verkehrsfluss beitragen.
Herausforderungen
Die gängigen Standards der drahtlosen Datenübertragung eignen sich noch nicht für sicherheitsrelevante Anwendungen. Für
solche Anwendungen müssen die Kommunikationsnetze insbesondere ausfallsicher sein und schnelle Reaktionen mit geringer
Zeitverzögerung zulassen. In einer Reihe von durch das BMBF und das BMWi geförderten Projekten wurden bisher schon Grundlagen gelegt, die jetzt in realitätsnahen Umgebungen weiter erforscht und erprobt werden müssen. Dazu ist ein Ressort übergreifendes Vorgehen notwendig.
Zielsetzung
Übergeordnetes Ziel ist es, die Zahl der Verkehrstoten in Deutschland mittelfristig zu halbieren und die Zahl der Unfälle drastisch
zu reduzieren. Ferner sollen Staus vermieden werden und zeitnahe exakte Verkehrsinformationen den Verkehrsteilnehmern zur
Verfügung stehen. Technologisches und wirtschaftspolitisches Ziel ist es, einen einheitlichen Standard für die Fahrzeug-zu-Fahrzeug-Kommunikation zunächst auf europäischer Ebene zu etablieren.
Strategische Partner
Industrie: Automobilhersteller, Elektronik- und Endgerätehersteller, Netzausrüster und Netzbetreiber, Mobilitätsdienstleister,
Bundesressorts (Wirtschaft, Forschung, Verkehr), Forschungseinrichtungen, Hochschulen.
Forschungsthemen und technologische Voraussetzungen
Weiterentwicklung des WLAN-Standards (IEEE 802.11p) zu einem tauglichen Standard für die hochbitratige Fahrzeug-zu-Fahrzeug-Kommunikation; Weiterentwicklung der Standards im zellularen Mobilfunk für Verkehrsanwendungen; Untersuchung der
Tauglichkeit eines reservierten Frequenzbandes im 5,9 GHz Band für Sicherheitsfunktionen; neue Formen des Mobilitätsmanagements an lokalen bzw. beweglichen Gefahrenstellen (z. B. Baustelle, Unfall), Multimodale Fahrerassistenzsysteme und standardisierte semantische Technologien für die Kommunikation zwischen Fahrzeugen und der Verkehrsinfrastruktur.
32
FÖRDERPROGRAMM
Leitinnovation IKT für Gesundheit
Für die Verbesserung der Gesundheitsvorsorge und die Diagnose und Therapie von Krankheiten werden IKT künftig weiter an
Bedeutung gewinnen. Informationstechnische Geräte befinden sich bereits heute im Einsatz oder in der klinischen Erprobung.
Neue Dienste im Gesundheitsbereich erfordern Forschung und Entwicklung in vielen Technologiefeldern von der Mikrosystemtechnik über die Softwaretechnik bis zu den Kommunikationstechnologien.
a)
Mobile Monitoring-Systeme werden Patienten künftig ein eigenständiges und gleichzeitig sicheres Leben ermöglichen.
Krankenhausaufenthalte, die nur der Beobachtung dienen, bleiben ihnen damit erspart. Derzeit arbeiten Wissenschaftler an
der Entwicklung von Monitoring-Systemen, mit denen wichtige Körperfunktionen kontinuierlich überprüft werden können.
b)
Mobil einsetzbare Analysesysteme können schon bald langwierige Laboruntersuchungen überflüssig machen. Notärzte
werden Patienten damit direkt vor Ort untersuchen und können sofort lebenserhaltende Therapieentscheidungen treffen.
In diesen Mini-Labors steckt eine Menge Intelligenz: Auf kleinstem Raum müssen Reagenzien und Reaktionsprodukte von
einem Ort zum nächsten transportiert, Proben injiziert, aufbereitet und analysiert sowie die geeigneten Umgebungsbedingungen für die Reaktionen hergestellt werden. Außerdem müssen die Versuchsergebnisse erfasst und ausgewertet
werden.
c)
Die Entwicklung isolierter Monitoring-Systeme allein reicht nicht. Der Patient ist nicht an Daten, sondern an Gesundheitsdiensten interessiert, die ihm konkrete Hilfe anbieten, z. B. Mobilität und Sicherheit für Risikopatienten, selbstbestimmtes
Wohnen für ältere Menschen, oder schneller Kontakt zum Arzt. Die Monitoring-Systeme sind dazu in Netzwerke einzubinden.
Softwareplattformen müssen die Entwicklung einfach zu handhabender Dienste ermöglichen und Fragen der Datensicherheit beantworten.
Herausforderungen
Zur kontinuierlichen Erfassung von Patientendaten werden im und außerhalb des Körpers befindliche Sensorsysteme benötigt.
Bisher verfügte man hier über Insellösungen, d. h. die Daten werden nur im Gerät gespeichert. So gibt es ambulant einsetzbare
Geräte, beispielsweise die 24-Stunden-Blutdruckmessung oder die 72-Stunden-Blutzuckermessung. Deren Aufzeichnungsmöglichkeiten sind begrenzt. Es geht nun darum, einerseits miniaturisierte und neue Sensorsysteme zu entwickeln, andererseits die
Insellösungen zu vernetzten Gesundheitsdiensten zusammenzubringen. Nahtlose Nutzungsmöglichkeiten in wechselnden
Umgebungen (zuhause, unterwegs, im Auto usw.) müssen entstehen. Die Benutzerschnittstellen müssen intuitiv bedienbar sein
bzw. automatisch und individuell angepasst arbeiten. 4
Zielsetzung
Ziel ist, durch IKT im Gesundheitsbereich mehr Lebensqualität für Risikopatienten und ältere Menschen zu erreichen. Konkret
bedeutet Lebensqualität mehr Mobilität, Steigerung des Sicherheitsempfindens, größere Selbständigkeit in der Lebensgestaltung und Erhöhung der sozialen Kontaktmöglichkeiten. Der Gesundheitsbereich ist aber gleichzeitig auch ein großer Markt: Ziel
der Leitinnovation ist es deshalb, durch neue Gesundheitsdienste Arbeitsplätze in Deutschland aufzubauen. Schließlich werden
IKT-basierte Gesundheitsdienste zu einer Kostensenkung im Gesundheitswesen beitragen bei gleichzeitig steigender Qualität
der Leistungen und den unterschiedlichen Bedürfnissen von Männern und Frauen besser Rechnung tragen können.
4
Im Rahmen des Technologievorhabens NextGenerationMedia unterstützt das BMWi die Entwicklung und Erprobung von
zukunftsweisenden integrierten telemedizinischen Anwendungen, um die Möglichkeiten modernster funkbasierter Sensortechnologien, leistungsfähiger mobiler Kommunikationstechnologien, intelligenter Software zu verbinden und um neue
Formen von Dienstleistungs- und Geschäftsmodellen aufzuzeigen. Dabei geht es neben rein medizinischer Prävention und
Nachsorge auch um den Wachstumsmarkt Life-Style.
FÖRDERPROGRAMM
33
Strategische Partner
Medizintechnik-Hersteller und -Zulieferer, Kommunikationsdienstleister und Ausrüster für Kommunikationstechnologien;
Kompetenzzentren der Medizintechnik, Forschungsinstitute; Fachärzte-Vertreter, BMWi
Forschungsthemen und technologische Voraussetzungen
Telemedizin (z. B. 24/7 Telemonitoring einschl. Kommunikation), Computergestützte Diagnose, Therapieplanung und Therapiebegleitung, Navigation in der minimal-invasiven Chirurgie und Intervention, Funktionelle und zellbiologische Bildgebung
(z. B. Großgeräte wie MRT), Vernetzung miniaturisierter Sensoren und Aktoren (z. B. Intelligente Implantate, Point-of-Care und
Drug-Delivery), Bildverarbeitung, Wissensmanagement, Softwaretechnologien, Entwicklung flexibler Softwareplattformen als
Basis für neue Dienste im Gesundheitsbereich, intuitiv bedienbare und automatisch arbeitende Benutzerschnittstellen, Dienste
mit automatischer situativer Anpassung, Standardisierung, Echtzeitfähigkeit, nahtlose Nutzungsmöglichkeiten in wechselnden
Umgebungen.
Mikrosystemtechnologisches Gerätesystem für die kryobiologische Lebendablage
von multizellulären Aggregaten (µCryoLab).
(Fraunhofer IBMT)
Das Bild zeigt Nerven im Gehirn, die mit speziellen Magnetresonanztomographen
von Siemens Medical Solutions sichtbar gemacht werden.
(Siemens AG)
34
4.1.2 Technologieverbünde
Voraussetzung für den Auf- und Ausbau von Technologieführerschaften und damit auch für den Erhalt der technologischen Spitzenstellung Deutschlands ist, dass den großen
technologischen Herausforderungen branchen- und disziplinübergreifend bei gleichzeitiger Bündelung aller Aktivitäten (von der Forschung bis zu den Rahmenbedingungen)
begegnet wird. Die Ausrichtung auf technologische Fragestellungen ist insbesondere dann sinnvoll, wenn Fragen der
Standardisierung im Vordergrund stehen und es im internationalen Wettbewerb einer kritischen Masse bedarf.
Die gezielte Technologieorientierung bei einer Innovationsallianz wird im Rahmen des Konzeptes der Technologieverbünde umgesetzt. Technologieverbünde sind stark horizontal ausgerichtete strategische Kooperationen von Wirtschaft und Wissenschaft, bei denen eine technologische
Zielsetzung im Vordergrund steht, die auf Erhalt und Ausbau von Technologieführerschaften abzielen und durch die
Anwendungspotentiale in Breite erschlossen werden. Sie
werden gemeinsam von Wirtschaft und Wissenschaft definiert, bei gleichzeitiger branchen- und disziplinübergreifender Bündelung der Forschungskapazitäten und Forschungsgelder.
Entscheidend für den Erfolg der Technologieverbünde
sind die Ausrichtung an technologieorientierten Zeitplänen
(Roadmaps) sowie die Einbeziehung von unterschiedlichen
Anwendungsfeldern/Branchen. Die Technologieverbünde
gehen über die Forschungsphase hinaus und bereiten vor
dem Hintergrund des angestrebten Technologietransfers insbesondere Standardisierungen und deren Überführung in
Normen sowie die Gestaltung von Rahmenbedingungen für
die spätere Nutzung der Technologie vor. Dabei sind Interoperabilität und offene Standards anzustreben. Wie bei den
Leitinnovationen werden deshalb ggf. weitere strategische
Partner, wie beispielsweise Verbände und Sozialverbände,
hinzugezogen, und möglicher Nachwuchs-, Fachkräfte- und
Qualifizierungsbedarf werden als integraler Bestandteil des
Technologieverbundes frühzeitig aufgegriffen.
Ziel der Zusammenarbeit von Wirtschaft und Wissenschaft ist es, Brücken von den Technologien zu den Anwendungsfeldern/Branchen zu bauen. Anders als bei den Leitinnovationen steht aber stärker die Funktion von IKT als
Enabler und weniger als Basis konkreter Innovationen im
Vordergrund. Für die Umsetzung wird auch hier erheblicher
(finanzieller) Eigenanteil der Wirtschaft erwartet. Ein Commitment in dieser Richtung ist ebenso Bestandteil der zwischen den Beteiligten zu schließenden Vereinbarung wie
operationale Ziele der Zusammenarbeit. Die Technologieverbünde haben eine Laufzeit von 3 bis 10 Jahren.
FÖRDERPROGRAMM
Aus erfolgreichen Technologieverbünden können sich
dabei (neue) Leitinnovationen entwickeln.
Derzeit werden mit Wirtschaft und Wissenschaft die
folgenden Technologieverbünde diskutiert:
■
■
■
■
Standards für die Kommunikation der Zukunft
Virtuelle Technologien und reale Produkte
Digitales Produktgedächtnis
Umgebungsintelligenz für autonome vernetzte Systeme
Diese Liste ist nicht abschließend. Weitere Technologieverbünde können und sollen während der Laufzeit des
Programms bzw. im Rahmen der Fortschreibung definiert
werden. Wirtschaft und Wissenschaft sind aufgefordert,
gemeinsam mit der Politik weitere Technologieverbünde
zu konzipieren. Bei der Förderentscheidung wird das BMBF
unabhängige Experten hinzuziehen.
FÖRDERPROGRAMM
35
Technologieverbund Digitales Produktgedächtnis
Die IKT-gestützte Logistik und Dienstleistungen (von der Beratung, über die Wartung, und Reparatur bis zum Recycling) rund um
hochwertige Produkte sind in vielen Branchen zum wichtigsten Erfolgsfaktor geworden. Durch die immer kürzeren Produkt- und
Innovationszyklen sowie immer komplexere Logistikketten ist die digitale Erfassung des Lebenszyklus von hochwertigen Produkten, die ständige Überwachung des Zustandes und Verfolgung der Position eines Produktes sowie der ubiquitäre Zugang zu allen
relevanten Produktdaten für die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Produktions- und Handelsunternehmen von entscheidender Bedeutung. Schließlich eröffnet das digitale Produktgedächtnis eine neue Dimension beim Schutz vor Produktpiraterie,
dem Verbraucherschutz und der Produkthaftung.
Herausforderungen
Die nächste Generation der in Produkten verbauten „Smart Items“ muss über die reine Identifikationsfunktion von RFID-Kennzeichnungen hinausgehen und neben der Auswertung verschiedener eingebetteter Sensoren (Temperatur, Lage, Licht, Feuchtigkeit) alle relevanten Produkt- und Betriebsdaten erfassen und im Sinne eines „Internet der Dinge“ mit seiner Umgebung und
seinen Nutzern aktiv Information austauschen können: Softwaremäßig durchgehende Verfolgung der Produkte von der Entstehung bis zum Recycling in einer im Produkt integrierten digitalen Blackbox, benutzerfreundlicher dialogischer Zugang zum
Produktgedächtnis, semantische Interoperabilität zwischen Produktgedächtnissen durch Produktontologien, Standardisierung
von webfähigen Markierungssprachen für Produktgedächtnisse.
Zielsetzung
Durchgängige Innovation von anwendungsorientierter Grundlagenforschung bis zum Demonstrator in der ersten Phase, rasche
internationale Technologieführerschaft durch parallele praxistaugliche Entwicklung und industrielle Pilotanwendung in ausgewählten Zielbranchen wie Automobilbau, Medizintechnik, Paketlogistik, Anlagenbau und Luftfahrttechnik, innovative Geschäftsmodelle im Logistik, Handels- und Dienstleistungsbereich durch Standardisierung und Nutzung der Information durch den Endkunden in der zweiten Phase.
Strategische Partner
Logistikunternehmen der o. g. Zielbranchen, Forschungseinrichtungen, Hochschulen.
Forschungsthemen und technologische Schwerpunkte
Maschinell verstehbare semantische Beschreibungssprachen für Produktgedächtnisse, Kombination von Nahfeldkommunikation
und Telekommunikation, multimodale Interaktion mit dem Endverbraucher für den Zugriff auf kritische Produktdaten, Nutzung
der Produktinformation durch Serviceroboter beim Handling (Größe, Gewicht, Aufnahmepunkte), aktive und passive Komponenten mit integrierten Umgebungssensoren, Zugriff auf externe Sensoren in instrumentierten Umgebungen (z. B. Kühlhaus, Verladestation, Verkaufsregal), Schutz vor unerlaubtem Zugriff oder Zerstörung des Produktgedächtnisses, fälschungssichere Integration des digitalen Produktgedächtnisses.
36
FÖRDERPROGRAMM
Technologieverbund
Standards für die Kommunikation der Zukunft
Kommunikation ist ein Grundbedürfnis des Menschen. Die technischen Voraussetzungen, über weite Entfernungen zu kommunizieren, haben sich in den letzten Jahren revolutionär entwickelt. Aber:
■
■
■
■
Netze sind nicht flächendeckend und jederzeit verfügbar. Das ist besonders für sicherheitsrelevante Anwendungen
(Notruf, Sicherheit im Verkehr, Telemedizin) problematisch. Es sind neue Standards notwendig, durch die die dafür
essenziellen Parameter wie z. B. „Quality of Service“, „Fairness“ und „Latenz“ weiter verbessert werden können.
Der Datenverkehr allein im Mobilfunk verzehnfacht sich alle fünf Jahre, der Datenverkehr über das Internet steigt um
30 % jährlich an. Die Versorgung der Menschen mit Kommunikationsmöglichkeiten kann in Zukunft nur gewährleistet
werden, wenn die knappen Ressourcen (Frequenzen) effizienter genutzt werden können. Dafür sind neue Übertragungsstandards notwendig.
Wirtschaftliche Entwicklung und Wettbewerbsfähigkeit in Deutschland sind nur mit einer leistungsfähigen Netzinfrastruktur
möglich. Durch die Möglichkeiten der Telekommunikation ändern sich die Geschäftsprozesse in den Unternehmen. Videokonferenzen sind nur ein Beispiel für ein zwar etabliertes Instrument, das aber durch die netzseitige Begrenzung (Bandbreite,
Kodierung, Latenzzeiten) die Ansprüche an eine Kommunikation noch nicht erfüllen kann.
Das heutige Internet stößt hinsichtlich Beherrschbarkeit der Komplexität, Zuverlässigkeit und Sicherheit an seine Grenzen.
Der notwendige Wandel zur nächsten Generation der Kommunikationsnetze bietet die Chance, durch neue technologische
Konzepte die Zuverlässigkeit und die Ausfallsicherheit des Internets auf ein neues Niveau zu bringen.
Die steigenden Anforderungen betreffen also die drahtgebundenen Zugangsnetze und den Mobilfunkbereich wie auch die
Metro- und Kernnetze. Es werden konzeptionell neue Architekturen und Technologien für die Kommunikationsnetze zu
erforschen und entwickeln sein. Daraus leiten sich die technischen Kommunikationsstandards der Zukunft ab.
Die Ausgangsposition der Ausrüster sowohl im Mobilfunk als auch bei den Festnetzen ist gut: Europäische Unternehmen sind in
vielen Teilbereichen weltweit führend und haben wesentliche Produktionskapazitäten in Deutschland. Deutschland ist einer der
Leitmärkte für Telekommunikation. Der Markt der Telekommunikation wuchs in den letzten Jahren in Deutschland jährlich durchschnittlich um 4,4 %. In anderen Teilbereichen (z. B. Router) liegt eine US-amerikanische Dominanz vor. Die Herausforderung an
die Kommunikationsnetze der Zukunft ist nur in einer gemeinsamen europäischen Anstrengung zu bewältigen.
Herausforderungen
Für die künftigen Netze sind neue Architekturen und Standards, insbesondere auch für die Wechselwirkung bisher getrennter
Netze wie Mobilfunk, Internet und Festnetz erforderlich und in Testumgebungen zu überprüfen. Es sind Netz- und Komponententechnologien zu entwickeln, die den erwarteten Datenverkehr unterstützen können, ohne Duplizierung des heute installierten
Netzes. Für ein völlig neues Internet („Post-IP“) sind grundlegend neue Konzepte zu erforschen und mit Partnern im internationalen Umfeld zu testen.
Zielsetzung
Es gilt, die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Unternehmen zu stärken und so die rund 66.500 Arbeitsplätze in diesem
Bereich in Deutschland auszubauen. Deutsche KMU sind bereits heute weltweit technologisch in Teilbereichen führend. Mit steigendem Datenverkehr bietet sich die Chance, diese Leitposition in eine deutlich höhere Zahl von Arbeitsplätzen umzusetzen.
Neue innovative Übertragungsverfahren und Netztechniken sowie einheitliche Standards für die Datenübertragung im Internet
sollen europäisch geschaffen werden (z. B. für Netzbetreiber geeignetes 100 Gbit/s Ethernet) und damit die Basis für eine weltweite Durchsetzung gelegt werden.
Die Schwächen des heutigen Internets hinsichtlich Zuverlässigkeit und Sicherheit sollen durch neue Technologien, Netzarchitekturen und Netzmanagementkonzepte beseitigt werden. Dabei sollen sowohl kurz- und mittelfristig neue evolutionäre,
als auch langfristig revolutionäre („clean slate“) Ansätze verfolgt werden.
FÖRDERPROGRAMM
37
Strategische Partner
Industrie: Netzausrüster, Netzbetreiber, mittelständische Unternehmen als Komponentenhersteller, Normungsgremien,
Forschungseinrichtungen, Hochschulen.
Forschungsthemen und technologische Voraussetzungen
Neue Standards: 100 Gbit/s Ethernet im Bereich der Netzbetreiber, effiziente, zuverlässige und skalierbare Paket-Transportnetze,
zukünftige Mobilfunkstandards nach 3GPP-LTE („beyond LTE“). Architekturen für ein sichereres und zuverlässigeres Internet. Technologien zur Verbesserung der Latenz (Zeitverzögerungen), der Fairness (gerechte Versorgung aller Teilnehmer) und der Qualität
im Mobilfunk. Die Bandbreite in der Datenübertragung muss gesteigert werden, z. B. im Mobilfunk durch bessere Ausnutzung der
Frequenzen und Einführung von Techniken zur Selbstoptimierung der Funkzugangsnetze. Konzepte für einen revolutionär neuen
Ansatz des Internets ohne Vorbedingung („clean slate“). Neue Technologien für eine Weiterentwicklung internetgestützter
Dienstleistungen, wie peer-to-peer Technologien oder IMS-basierte Plattformen sowie Komponenten für eine Datenübertragung,
die die Bandbreite der existierenden Leitungen deutlich effizienter ausnutzen.
Der Ticketkauf für Bus oder Bahn mit dem Mobiltelefon läuft in Deutschland jetzt im großen Stil an: Eine Software von Siemens macht das Handy damit zum mobilen Fahrkartenautomaten. Ab dem zweiten Quartal 2007 ist der neue Service des Verbandes Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) in sieben Großstädten und einer Reihe kleinerer Kommunen verfügbar.
(Siemens AG)
38
FÖRDERPROGRAMM
Technologieverbund
Virtuelle Technologien und reale Produkte
Technologien aus den Bereichen „Virtuelle und Erweiterte Realität“ (VR/AR) können komplexe Vorgänge visualisieren und damit
für den Menschen besser erfassbar und interpretierbar machen. Dies unterstützt beispielsweise die Produktentwicklung in computergenerierten dreidimensionalen Räumen und an realen Modellen. Konkrete Anwendungsschwerpunkte im Bereich VR/AR
finden sich beispielsweise im Automobil- und im Anlagenbau. In der angemessenen Aufbereitung und Nutzung digitaler Information während des gesamten Lebenszyklus eines Produkts bzw. Produktionsmittels von der Entstehung über die Nutzung bis
zur Entsorgung liegen erhebliche Produktivitätspotentiale. Auch viele Dienstleistungen, wie zum Beispiel die Fernwartung, bei
der dem Techniker vor Ort über eine Datenbrille relevante Angaben über die zu wartende Anlage eingeblendet werden, können
hiervon profitieren.
Herausforderungen
Zwar ist grundsätzlich bekannt, dass geeignete Informationsaufbereitung und -visualisierung einen erheblichen Beitrag zur
effizienten Produktentwicklung und Produktion leisten können. Erfolgreiche Arbeiten in dieser Richtung waren aber bisher im
Wesentlichen nur vereinzelt und unzusammenhängend vorzufinden. Die daraus resultierende Herausforderung zur Bündelung
der Anstrengungen hat eine Reihe von Unternehmen erkannt. Mit der Gründung des „Industriekreises Augmented Reality“
verfolgen sie das Ziel einer gemeinsamen Strategie des Einsatzes menschzentrierter virtueller Techniken in der industriellen
Praxis.
Zielsetzung
Mit diesen Aktivitäten soll im vorwettbewerblichen Bereich der sich durch die Einzelanstrengungen abzeichnende Vorteil für
den Standort Deutschland umgesetzt und verstärkt werden. Wesentliche positive Effekte werden hier im Hinblick auf die Verbesserung der Produkt- und Prozessqualität, die Reduktion von Kosten und die Verkürzung der Time to Market erwartet.
Strategische Partner (partiell bereits im Industriekreis Augmented Reality organisiert)
Investitionsgüterindustrie, Automobilindustrie, Luft- und Raumfahrt sowie Optische Industrie, KMU verschiedener Branchen,
Hochschulen, Forschungseinrichtungen
Forschungsthemen und technologische Schwerpunkte
Ausbau und insbesondere Integration der Themenbereiche Informationsmanagement, Produktion mit digitalen Informationen,
Darstellung virtueller Informationen, Tracking-Systeme, Systeme zur Visualisierung (Renderer), Gerätetechnologie (insbesondere
mobile Informationsaufnahme- und Anzeigegeräte) sowie Technologien zur Erstellung und Verarbeitung der Informationen
(Engineering- und Autorensysteme).
FÖRDERPROGRAMM
39
Technologieverbund
Umgebungsintelligenz für autonome vernetzte Systeme
Die Nutzung des Internets steht vor einem Paradigmenwechsel: In Zukunft werden kleine mobile Geräte, die über drahtlose Technologien mit dem Netz verbunden sind, den größten Teil der Internetnutzer stellen. Man schätzt, dass bis 2017 bei einer Weltbevölkerung von 7 Milliarden Menschen weltweit bis zu 7 Billionen drahtlos vernetzte Sensoren und Endgeräte existieren. Im Bereich
des Handels und der Logistik hat die Einführung von Funketiketten bereits begonnen. Dabei geht es insbesondere auch um „Real
World Awareness“ von IKT-Systemen, d. h. um IKT-Systeme, die ihre (umgebende) Welt erfassen und „verstehen“, wie wir sie in
Zukunft finden werden in Fahrzeugen (Orientierung im Verkehr) sowie in der Überwachung von Fertigungen, im Servicebereich
(Roboter) und bei Objektsicherungsanlagen. Intelligente und autonome vernetzte Sensorsysteme bieten Einsatzmöglichkeiten
u. a. bei der genauen und preiswerten Steuerung chemischer Prozesse, bei der Überwachung und Verknüpfung von Maschinen,
bei der Verfolgung und Verwaltung sicherheitsrelevanter Objekte, bei der Erfassung von Umweltbedingungen sowie bei der Prüfung von Produktqualität oder des Zustands von Bausubstanz. Im Gesundheitswesen kann Umgebungsintelligenz z. B. Patienten,
die aus Gesundheitsgründen einer Beobachtung bedürfen, volle Bewegungsfreiheit ermöglichen.
Herausforderungen
Eine zentrale Herausforderung ist, Zuverlässigkeit und Ausfallsicherheit bei autonomen Systemen mit Umgebungsintelligenz
zu erreichen. Beispiele für anspruchsvolle Anforderungen an zukünftige Technologien sind die Hochintegration der elektronischen Komponenten und der Sensorik, die Zuverlässigkeit auf Radioebene, die Echtzeitfähigkeit, die Lokalisierung und die
Energieeffizienz der Sensorknoten. Zurzeit existieren noch keine Kommunikationsprotokolle, mit denen Sensornetzwerke
hinreichend effizient arbeiten können.
Zielsetzung
Die Spitzenposition des deutschen Maschinenbaus in der Automatisierungstechnik und der Unternehmen der Mikrosystemtechnik soll durch Technologieführerschaft bei autonomen vernetzten Systemen weiter ausgebaut werden. Durch Sensornetze soll
bestimmten kritischen Patientengruppen, industriellen Anlagen und Gebäuden mehr Sicherheit gegeben werden und der einzelne Bürger vor Kriminalität und Terrorismus geschützt werden.
Strategische Partner
System-, Komponenten- und Endgerätehersteller, Netzbetreiber, Unternehmen des Maschinenbaus und der Automatisierungstechnik, Verkehrsträger, Versicherungen, Akteure im Gesundheitswesen, Anlagenbetreiber, Forschungseinrichtungen, Hochschulen
Forschungsthemen und technologische Schwerpunkte
Energiemanagement und -effizienz der Sensorknoten, Algorithmen für die Kommunikation in Sensornetzen, Kommunikationsprotokolle für autonome Sensornetze, Echtzeitfähigkeit, selbstkonfigurierbare Kommunikationsschnittstellen, neue Funksysteme und
Netzarchitekturen, Anbindung an Kommunikationsnetze, neue Systemkonzepte für Sensornetze, Programmierung und Management
von Sensornetzen, adaptive und selbstlernende Sensoren/Aktuatoren, Lokalisierung mit hoher Ortsauflösung (auch in Gebäuden).
40
FÖRDERPROGRAMM
4.1.3 Diensteplattformen
Voraussetzung für die Integration neuer Dienstleistungen
und damit auch für die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle
– insbesondere für KMU – ist, dass den großen Herausforderungen hinsichtlich der Entwicklung von IKT-basierten
Diensten branchen- und disziplinübergreifend bei gleichzeitiger Bündelung aller Aktivitäten (von der Forschung bis
zu den Rahmenbedingungen) begegnet wird. Gerade im
Bereich der Dienstleistungen hat sich gezeigt, dass sich eine
besondere wirtschaftliche Dynamik dann entwickelt, wenn
alle relevanten Partner im Innovationsprozess (Wissenschaft,
Forschung, Industrie, Kapitalgeber sowie Politik) intelligent
miteinander vernetzt sind und auf eine gemeinsame Plattform aufsetzen können.
Die gezielte Diensteorientierung bei einer Innovationsallianz wird im Rahmen des Konzeptes der Diensteplattformen umgesetzt. Aus instrumenteller Sicht sind Diensteplattformen ähnlich den Technologieverbünden, nur dass
keine technologischen Ziele, sondern Ziele hinsichtlich der
Entwicklung und Bereitstellung von IKT-basierten Diensten
im Vordergrund stehen. Diese stark horizontal ausgerichteten Kooperationen von Wirtschaft und Wissenschaft haben
aber wie die Leitinnovationen auch vertikale Anteile, da auf
der Basis neuer IKT-basierter Dienste auch die Integration
neuer Dienstleistungen ermöglicht werden soll. Gerade für
KMU sind deshalb die auf der Basis der Diensteplattformen
entstehenden Netzwerke und Forschungskooperationen für
den angestrebten Zugang zu Forschungsergebnissen von
zentraler Bedeutung.
Auch hinsichtlich der Beteiligung von Stakeholdern,
der Umsetzung und der Laufzeit gilt für Diensteplattformen
im Wesentlichen dasselbe wie für Technologieverbünde.
Derzeit werden mit Wirtschaft und Wissenschaft die folgenden Diensteplattformen diskutiert:
■
■
IKT für Dienste und Dienstleistungen
Flexible Module für Kommunikationsdienste
Diese Liste ist nicht abschließend. Weitere Diensteplattformen können und sollen während der Laufzeit des Programms bzw. im Rahmen der Fortschreibung definiert
werden. Wirtschaft und Wissenschaft sind aufgefordert,
gemeinsam mit der Politik weitere Diensteplattformen zu
konzipieren. Bei der Förderentscheidung wird das BMBF
unabhängige Experten hinzuziehen.
Call Center-Lösungen
(Siemens AG)
FÖRDERPROGRAMM
41
Diensteplattform IKT für Dienste und Dienstleistungen
Im Mittelpunkt steht ein (Software-)Konzept zur Bereitstellung (plattform-)unabhängiger IKT-Dienste auf einem Netzwerk. Diese
Dienste bestehen aus lose miteinander gekoppelten und über Standard-Schnittstellen interoperablen Komponenten, die sowohl
in spontanen und veränderlichen Netzwerken als auch in klassischen Geschäftsprozessen Anwendung finden. Damit sollen die
Gestaltungsziele der Geschäftsprozess-Orientierung, der Flexibilität, der Wiederverwendbarkeit und der Unterstützung verteilter
Software-Systeme mit dem Ziel einer an Geschäftsprozessen ausgerichteten IKT-Infrastruktur verbunden werden, die schnell auf
veränderliche Anforderungen reagiert und damit den Unternehmen ein wirtschaftlicheres Handeln ermöglicht.5
Herausforderungen
Heutige IKT-Systeme sind in der Regel komplexe, monolitische, statische Anwendungssysteme. Beim Aufbau zu einer flexiblen
Service-orientierten Architektur (SOA) können Unternehmen deshalb nur in kleinen Schritten vorgehen, ausgehend von den vorhandenen Ressourcen und unter Einbeziehen aller Fachabteilungen und gegebenenfalls auch externer Partner. Insbesondere
müssen auch die zahlreichen internen und externen Daten-Repositorien eingebunden werden. Die Herausforderung besteht
dabei in der flexiblen effizienten Anpassung der bestehenden heterogenen Systemlandschaft an Änderungen im Geschäftsprozess (oder im Geschäftsmodell).
Zielsetzung
Die Spitzenposition deutscher Unternehmen, die IKT als ein wesentliches Werkzeug anbieten oder für ihre Geschäftsprozesse einsetzen, soll durch die Migration von Silo-orientierten IKT-Umgebungen zu Service-orientierten Architekturen (SOA) weiter ausgebaut werden. Durch die Erweiterung der unternehmensspezifischen SOA auf externe Partner und globale Prozesse soll die internationale Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen und ihre Reaktionsfähigkeit auf einen sich dynamisch verändernden
Markt gestärkt werden.
Strategische Partner
Unternehmen im Business Services Bereich sowie im Bereich Unternehmensanwendungen, Forschungseinrichtungen,
Hochschulen, BMWi
Forschungsthemen und technologische Schwerpunkte
Entwicklung dynamischer, intelligenter, standardisierter SOA-Systeme der nächsten Generation, Einsatz und Nutzenbewertung
von SOA für KMU, Konzeption und Implementierung von SOA für global agierende Unternehmen unter Einbeziehung aller Geschäftsprozesse, Integration heterogener Daten-Repositorien in eine SOA als Basis für eine rasche und vollständige Information
bei Management-Entscheidungen, Werkzeuge zur Analyse von Geschäftsprozessen und IKT-Ressourcen, Sicherheit in einer
globalen SOA, SOA Service Orchestrierung und ‚Composite Applications’.
5
Im Rahmen der BMWi-Fördermaßnahmen wurde hierzu bereits das Projekt MODIFRAME im Jahr 2006 für den Bereich mobiler
Netzwerkanwendungen gestartet.
42
FÖRDERPROGRAMM
Diensteplattform Flexible Module für Kommunikationsdienste
Im Bereich der Kommunikationstechnologien haben Dienste das größte Wachstums- und Arbeitsplatzpotential. Von den rund
283.000 Arbeitsplätzen sind rund 220.000 im Bereich der Telekommunikationsdienstleistungen angesiedelt. Bei Festnetz-Datendiensten wird für 2007 ein Wachstum von 6,5 % vorausgesagt, bei Mobiltelefondiensten ein Wachstum von 1 % (BITKOM). Treibender Faktor des Wachstums ist dabei die Nutzung von Diensten im oder über das Internet. Besonders datenintensive Dienste sind
Web-Broadcast und Video-Gruppenkommunikation, für die auch Bedarf bei mobilen Nutzern besteht. In Zukunft werden eine
Vielzahl kleiner Endgeräte und Sensoren dem Internet eine neue Qualität geben. Das Internet dient dann nicht nur der Informationsbeschaffung, sondern über Sensoren und Aktuatoren werden zusätzliche Informationen für neue kommunikationsintensive
Dienste und Anwendungen verfügbar. Diese werden besonders im Gesundheitsbereich, im Verkehrsbereich, im Ablauf von
Geschäfts- und Produktionsprozessen und bei Sicherheitsanwendungen erwartet.
Herausforderungen
Das Anwendungspotential neuer Dienste kann nur erschlossen werden, wenn die Unternehmen aus den Anwenderbranchen ihre
jeweiligen Dienste einfach und intuitiv erstellen können. Diensteanbieter benötigen deshalb geeignete Plattformen, auf denen
aus flexiblen Modulen neue Dienste entwickelt werden können.6 Die Konvergenz der Netze ist dabei eine besondere Herausforderung: Der Nutzer möchte den Dienst unabhängig vom Netzzugang über Netzgrenzen hinweg nutzen. Die technische Umsetzung im Netz darf für den Nutzer, aber auch für den Diensteentwickler nicht hemmend sein (engl. „seamless services“). Die Dienste müssen die momentane Situation des Netzes, aber auch des individuellen Nutzers erfassen (Kontextsensitivität) und sich auf
die aktuellen Bedingungen im Netz und die individuellen Bedürfnisse des Nutzers einstellen. Ferner werden neue Dienste auch
geänderte Strukturen des Internets bewirken. So werden die bisherigen Client-Server-Architekturen durch neue peer-to-peerArchitekturen und entsprechende Dienste ergänzt oder ersetzt.
Zielsetzung
Übergeordnetes Ziel ist es, neue Anwendungen in der Gesundheit, im Verkehrsbereich, in der Geschäftskommunikation und im
Sicherheitsbereich zu erschließen. Der Zugang zu neuen Diensten soll intuitiv nutzbar und einfach zugänglich (barrierefrei) sein.
Die flexible Modularität der Diensteplattform soll es jedem Nutzer ermöglichen, neue und kreative Ideen zu entwickeln und in
einem neuen Internet anbieten zu können.
Strategische Partner
Telekommunikationsausrüster und -dienstleister, Netzbetreiber, Unternehmen aus den Anwendungsbranchen, insbesondere
KMU, Forschungsinstitute
Forschungsthemen und technologische Schwerpunkte
Middleware und neue Dienste für peer-to-peer Netze, Module für IMS-basierte Plattformen, Verschlüsselungstechnologien für
Sicherheit und Schutz der Privatsphäre, Technologien für Kontextsensitivität (z. B. Dienste, die Lokalisierung benötigen, intelligente personenbezogene Dienste), standardisierte Beschreibung der Funktionalität von Diensten bzw. Dienstemodule, Methoden zur zentralen Orchestrierung von Diensten („Service Orchestration“), dezentrale Kooperationsprotokolle („Service Choreography“), Semantische Technologien zur Komposition und Interoperabilität von Diensten.
6
Zur Förderung der Entwicklung und Anwendung mobiler IKT-Dienste in Wirtschaft und Verwaltung hat das BMWi im Jahr
2006 den Technologiewettbewerb „SimoBIT: Sichere mobile IT-Anwendungen in Wirtschaft und Verwaltung“ gestartet.
FÖRDERPROGRAMM
4.1.4 IKT-spezifische KMU-Förderung
Die exzellente Position Deutschlands bei Forschungsleistungen und -potentialen muss auch mit der konsequenten Umsetzung der (Forschungs-)Ergebnisse in industriellen Anwendungen und Produkten einhergehen. Eine besondere
Stellung nehmen hier KMU ein, die nicht nur wichtiger
Innovationsmotor sind, sondern auch eine entscheidende
Schnittstelle für den Transfer von Forschungsergebnissen
aus der Wissenschaft in die Wirtschaft darstellen. Daher
sollen vorrangig technologie- und forschungsintensive
KMU noch stärker als bisher in die öffentliche Förderung
von Innovation einbezogen werden.
IKT 2020 trägt in besonderem Maße der Innovationsbeteiligung von KMU durch direkte Projektförderung Rechnung. Dazu wird die im Rahmen von „IT-Forschung 2006“
aufgelegte Forschungsoffensive „Software Engineering
2006“ neu ausgerichtet. Dabei werden insbesondere
folgende strukturelle Verbesserungen vorgenommen:
■
■
■
■
themenoffene Förderung von FuE-Vorhaben im Rahmen
des Programms IKT 2020;
zentrale Anlaufstelle;
vereinfachtes Förderverfahren;
Verkürzung der Zeit zwischen Antragsstellung und
abschließender Förderentscheidung/Mittelbereitstellung.
Spiegelbild des Starlith 1700i an einem strukturierten 300mm Wafer. Es handelt sich
um ein 193nm Immersionssystem mit einer numerischen Apertur von 1,20. Systeme
mit diesem Objektiv sind schon bei verschiedenen Halbleiterherstellern im Einsatz.
Die Auflösung ist <50nm.
(Carl Zeiss AG)
43
Neben Querschnittsaktivitäten im Rahmen der HightechStrategie wie der technologieübergreifenden Forschungsprämie für Hochschulen und gemeinsam von Bund und
Ländern finanzierten Forschungseinrichtungen für FuEAufträge von KMU und der Mitwirkungsmöglichkeiten bei
Verbundprojekten im Rahmen der Fachprogramme wird
damit ein gezielter Beitrag zur Stärkung der Innovationsfähigkeit von KMU in Deutschland und besseren Vernetzung mit Industrie und Forschung geleistet.
4.2 Basistechnologien
Der thematische Raum für mögliche Förderungen von FuEVorhaben ist für die Basistechnologien wie folgt gegeben:
4.2.1 Elektronik und Mikrosysteme
Ohne Elektronik ist unser Alltag heute nicht mehr vorstellbar. Computer, Mobiltelefone, MP3-Player, Sicherheitssysteme, wie z. B. Anti-Blockier-Bremssysteme oder Antischleudersysteme im Automobil, Haushaltstechnik und Medizintechnik sind fester Bestandteil des täglichen Lebens geworden.
Der Einfluss, den diese Entwicklungen auf unser Leben
haben, wird vom größten Teil der Gesellschaft gesehen und
geschätzt, beispielsweise in den Bereichen Komfort und
Sicherheit.
Welche Herausforderungen und welcher Aufwand allerdings hinter all diesen neuen Entwicklungen stehen, ist den
meisten nicht bekannt. Kleinste Strukturen für Systeme mit
höchster Komplexität müssen in extrem kurzen Zeiten zu
einem akzeptablen Preis auf den Markt gebracht werden
und absolut zuverlässig funktionieren.
44
FÖRDERPROGRAMM
Silicon Saxony in Dresden
Zukünftige, hochkomplexe elektronische Schaltungen und
Systeme müssen neue Anforderungen an Lebensdauer und
Zuverlässigkeit erfüllen. Die Anzahl der kritischen Anwendungen, bei denen elektronische Systeme auf keinen Fall
versagen dürfen, nimmt stetig zu. Beispiel Fahrerassistenzsysteme: Der Ausfall des ABS ist vom Fahrer im Zweifelsfall
noch aufzufangen, bei einem Ausfall mitten in einem vom
System eigenständig durchgeführten Ausweichmanöver ist
das nicht mehr der Fall. Für diese Systeme sind die Anforderungen an die Funktionsfähigkeit und Zuverlässigkeit um
ein Vielfaches härter. Bei gleichzeitig voranschreitender
Innovation in der Fertigungstechnologie erfolgt parallel zu
dieser Entwicklung eine stark zunehmende Miniaturisierung
der verwendeten Bauteile.
Elektronik ist für Deutschland, das sich mit innovativen
technologischen Produkten führend am Weltmarkt positionieren will, unverzichtbarer und an Bedeutung noch zunehmender Bestandteil der Wertschöpfungskette. Weltweit
wird um die Ansiedelung von Forschungs- und Produktionsstätten dieser global agierenden Industrie geworben. Der
Forschungsförderung kommt hier eine zentrale Rolle zu.
Sie hilft, die Attraktivität des Standortes Deutschland zu
sichern und in Zukunft noch auszubauen.
In vielen Teilbereichen der Elektronik besitzt Deutschland noch einen Wissensvorsprung, der gepaart mit den für
die Umsetzung notwendigen Produktions- und Vertriebsstrukturen und der international anerkannten deutschen
Fähigkeit zur Systemintegration konsequent zum Markterfolg geführt werden muss.
(Luftbild, Befliegung 2005, Städtisches Vermessungsamt Dresden)
Schwerpunkte
Kompetenzzentren im Bereich Bauelemente und Geräte
für die Elektronikfertigung
■
Chipentwurf (EDA) als „Enabling Technologie“ der
Elektronik ausbauen
■
Neuartige Elektronik für die Erschließung neuer
Anwendungen
■
Organische Elektronik
■
Magnetische Mikrosysteme
■
RFID und Smart-Label
■
Kompetenzzentren im Bereich Bauelemente
und Geräte für die Elektronikfertigung
schaffen
Die bisherige Förderung der Elektronik hat insbesondere im
Raum Dresden ein beeindruckendes Netzwerk aus Produzenten von Halbleiterbauelementen, Material- und Technologiezulieferern, Serviceeinrichtungen sowie FuE-Strukturen (TU,
FhG etc.) wachsen lassen. Wesentlich hierfür war vor allem
die Ansiedelung der Großunternehmen. Um den Standort
zukunftsfähig zu machen, hat sich das BMBF vor allem auch
für eine Stärkung der Forschung vor Ort eingesetzt und an
der Schaffung geeigneter Rahmenbedingungen für die
Gründung von CNT (Center for Nanoelectronic Technologies)
und AMTC (Advanced Mask Technology Center) mitgewirkt.
Diese Forschungszentren, die aufgrund ihres Standortes
und ihrer Forschungsthemen in direktem Kontakt zur Chip-
FÖRDERPROGRAMM
produktion von AMD, Qimonda und Infineon stehen, werden
durch Forschungsaktivitäten zu grundlagennäheren Themen an den Universitäten, der Max-Planck- und FraunhoferGesellschaft sowie anderen Forschungseinrichtungen wie
dem Forschungszentrum Jülich ergänzt.
Handlungsbedarf
Die Strukturen von FuE in anwendungsnäheren Bereichen
(Produktion von Speicher- und Logikbausteinen) müssen
weiter entwickelt und durch strategische Allianzen mit
den Kapazitäten in grundlegenderen Forschungsbereichen
bereichert werden. Während der nächsten Jahre müssen
übergreifende Kompetenzzentren der Lithographie und
Strukturierung entstehen unter Einbeziehung aller hiermit
in Zusammenhang stehender Aspekte, wie z. B. neuer Materialien, neuer Geräte- und Prozesskonzepte, Metrologie- und
Analysetools etc. Hierfür wird gemeinsam mit Wirtschaft
und Wissenschaft eine nationale Roadmap Elektronik
erarbeitet werden.
Forschungsthemen
Hochauflösende Lithografie für Nanostrukturen
■
Materialien, innovative Strukturen und Prozesse für
Höchstleistungschips (Energieeffizienz, Höchstintegration, Multifunktionalität, zukunftsweisende Speicherund Logikkonzepte, neue Chiparchitekturen)
■
Neue Analyse- und Testverfahren für Nanostrukturen
■
Chipentwurf (EDA) als „Enabling Technologie“
der Elektronik ausbauen
Den aktuellen Anforderungen kann die Halbleiterindustrie
nur nachkommen, wenn sie sich permanent weiterentwikkelt und Entwurfsmethoden und Entwurfswerkzeuge zur
Verfügung hat, die sie optimal beim Entwurf und der Entwicklung ihrer Produkte unterstützen. Bei diesen rechnergestützten Entwurfswerkzeugen liegen mittlerweile die
größten Herausforderungen. Nur wenn diese bewältigt
werden, können wir auch in Zukunft die technologischen
Möglichkeiten ausnutzen und weiterhin wirtschaftlich
erfolgreich sein. Electronic Design Automation (EDA) steht
für die dazu benötigte Kompetenz, mit der elektronische
Systeme hoher Komplexität schnell und sicher entworfen
werden können. EDA ermöglicht, dass neue elektronische
Schaltungen und Systeme in einem hoch automatisierten
und weitgehend standardisierten Entwurfsprozess entwickelt werden und ihre Aufgaben während der gesamten
Benutzungszeit fehlerfrei erfüllen können.
45
Komplexe Elektroniksysteme mit hoch integrierten Chips als
wichtige Komponenten werden in Deutschland erfolgreich entwickelt. Dies basiert auf den Erfolgen von EDA. Auch wenn der
absolute Anteil des EDA-Marktes am gesamten Halbleitermarkt
klein ist, so ist seine Auswirkung ungleich größer: Der wirtschaftliche Markterfolg von elektronischen Schaltungen und
Systemen hängt entscheidend von den Ergebnissen der EDAForschung, den daraus entstehenden EDA-Werkzeugen und
deren Anwendung ab. Studien haben gezeigt, dass sich höhere
Investitionen in EDA mittelfristig in größeren Marktanteilen
niederschlagen. Aufgrund der besonderen Schwierigkeit und
Komplexität des Entwurfs elektronischer Schaltungen und Systeme liegen die Produktivitätszuwächse durch EDA mit ca. 35 % im
Vergleich zu denen durch die Entwicklungen in der Elektroniktechnologie mit ca. 60 % im Jahr weit zurück. Eine Steigerung der
Entwurfsproduktivität durch bessere EDA-Werkzeuge kann
daher die bessere Technologie eher nutzen und damit in entscheidendem Maße die Wertschöpfungskette der Halbleiterindustrie verbessern.
Handlungsbedarf
Miniaturisierung, Komplexität, Zuverlässigkeit, kurze Produktlebenszyklen und niedrige Preisniveaus – das sind die
Faktoren, die den Halbleitermarkt vor eine Herausforderung
stellen und weit reichende Fortschritte und neue Werkzeuge
im Bereich EDA erfordern und diesen Bereich damit zur Schlüsseltechnologie erheben: Ein sicherer Entwurfsprozess und die
Kompetenz zur Entwicklung zuverlässiger Produkte sind nur
möglich mit hervorragenden EDA-Werkzeugen. Sie schaffen
die Voraussetzungen, um integrierte Schaltungen (IC), SoC
(System-on-Chip) und SiP (System-in-Package) extrem wirtschaftlich zu produzieren.
Forschungsthemen
Produktiver Systementwurf für robuste, zuverlässige
Systeme
■
Herstellungsorientierter Entwurf von nanostrukturierten
Schaltungen
■
Automatisierter Entwurf von Analog- und MixedSignal-Schaltungen
■
Verifikation und Test von der Systemebene bis zum
Transistorlayout
■
46
Neuartige Elektronik für die Erschließung
neuer Anwendungen
Die Erfolge der konventionellen Silizium-CMOS Elektronik
sind in der Technikgeschichte beispiellos. Keine andere
Technologie hat in nur wenigen Jahrzehnten eine auch nur
ansatzweise vergleichbare Bedeutung und Durchdringung
erreicht. Der PC, das Mobiltelefon, die Digitalkamera und
MP3-Player sind dafür prominente Beispiele.
Die auf Höchstleistung, kleinste Strukturen und höchste
Stückzahlen optimierte CMOS Technologie erfüllt nicht
immer die Anforderungen der gewünschten Anwendung.
Bei zu kleinen Stückzahlen oder wenig anspruchsvollen
Anwendungen mit niedrigem Preisniveau (Low-Cost/LowPerformance) ist Silizium-CMOS zu teuer, da sich der hohe
Aufwand bei Strukturierung und Prozessierung nicht rechnet. Nicht immer ist die geforderte Funktionalität, z. B. die
Messung kleinster Magnetfelder mit CMOS Bauteilen, darstellbar.
Hier schlägt die Stunde neuartiger Ansätze zur Erschließung neuer Anwendungsfelder. Die im Folgenden beschriebenen Technologien organische Elektronik, magnetische
Mikrosysteme und RFID sind erste Beispiele für diese Entwicklung.
Organische Elektronik
Unter Organischer Elektronik werden Technologien mit
optoelektrischen und elektrisch aktiven organischen Materialien zusammengefasst. Ein wesentliches Merkmal
vieler Komponenten auf der Basis organischer Elektronik,
wie OLED-Displays, flexible Displays, OLED-Beleuchtungselemente, Funketiketten, Sensoren, organische Solarzellen,
Batterien sind, dass sie prinzipiell mit energieeffizienten und
schnellen Produktionsverfahren preiswert hergestellt werden können. Durch eine deutliche Kostenreduktion bei der
Herstellung verschiedener Komponenten kann die organische Elektronik neue Möglichkeiten der Informationsgewinnung, Informationsbereitstellung und der Umgebungskonfiguration in alltäglichen Zusammenhängen und dezentralen
Systemen erschließen. Daher ist die Organische Elektronik
eine „enabling technology“ für das „Internet der Dinge“.
In diesem werden zukünftig Gegenstände mit elektrisch
auslesbaren Codes gekennzeichnet und für verschiedenste
7
8
FÖRDERPROGRAMM
Anwendungen über ein mobiles Internet identifizierbar
werden, bis hin zu vollständigen Sensornetzen. Sensornetze
ermöglichen verschiedenste Monitoring- und Steuerungsanwendungen im Gesundheits-, Umwelt-, Produktions- und
Sicherheitsbereich, die eine zeitnahe adäquate Reaktion auf
verschiedenste Änderungen von Umgebungsparametern
gestatten.
Bedeutende Märkte für die organische Elektronik sind
die Informations- und Kommunikationstechnik, Medizintechnik, Energietechnik, Sicherheitstechnik, Verpackungsund Bekleidungsindustrie und der Life Sciences Sektor.
Handlungsbedarf
Forschung und Entwicklung ist noch in allen wesentlichen
Feldern der Organischen Elektronik erforderlich. Dieses
sind insbesondere die Bereiche:
■
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■
■
Materialsysteme (z. B. neue organische Halbleiterund Leitermaterialien)
Technologie (z. B. durch neue Bauteil- und Schaltungskonzepte)
Produktionstechnologien (z. B. hocheffiziente
Rolle-zu-Rolle Produktionsverfahren)
Systemintegration (z. B. elektronischer Produktcode
auf Basis von organischer Elektronik)
Anschlussfähigkeit an die klassische Halbleiterelektronik
(z. B. hybride Elektroniksysteme)
Polymere Mikrosysteme erfordern einen interdisziplinären
Ansatz und die ganzheitliche Betrachtung der miteinander
verzahnten Technologiefelder wie Material, Design und
Simulation, Herstellungs- und Strukturierungstechnologien,
Einzelkomponenten, Systemintegration sowie Zuverlässigkeit.
Forschungsthemen
■
Organische Bauelemente und integrierte Schaltungen
■
Sensoren und Sensornetze auf der Basis von organischer
Elektronik
■
Organische Photovoltaik (OPV) 7
■
RFID auf organischer Basis für die Logistik
■
Organische Leuchtdioden (OLED) für Beleuchtungsund Displayanwendungen 8
Hierzu ist derzeit eine gemeinsame Initiative von BMBF und Unternehmen in Vorbereitung, die voraussichtlich Ende 2007
zu ersten Projekten führen wird.
Auf diesem Gebiet arbeiten seit Mitte 2006 die Projekte im Rahmen der deutschen OLED-Initiative
(http://www.bmbf.de/de/3604.php).
FÖRDERPROGRAMM
47
gezielt markiert und mittels Magnetfeldsensoren detektiert.
Die Bedeutung magnetischer Mikrosysteme wird in den
nächsten Jahren weiter stark zunehmen, weil die Stückzahlen in einzelnen Anwendungen überdurchschnittlich wachsen. So wird allein der Markt für Radsensoren für Kraftfahrzeuge in 2010 auf 180 Mio. Einheiten geschätzt.
OLED-Displays mit neuen Farben
(Siemens AG)
Magnetische Mikrosysteme
Deutschland hat eine starke Position im Bereich der magnetischen Technologien und damit beste Voraussetzungen für
die Entwicklung und Anwendung Magnetischer Mikrosysteme. Basis sind die von deutscher Spitzenforschung erbrachten Ergebnisse: Der GMR-Effekt (engl. Giant Magneto Resistance, dt. „Riesen-Magnetwiderstand“) wurde zuerst 1988
von P. Grünberg vom Forschungszentrum Jülich und A. Fert
von der Universität Paris entdeckt und beruht auf quantenmechanischen Eigenschaften, die in dünnen Filmstrukturen
aus abwechselnd ferromagnetischen und nicht-magnetischen Schichten beobachtet werden. GMR-Schichten zeichnen sich durch größere magnetoresistive Effekte aus als die
bereits verwendeten AMR-Schichten, das heißt größere Messgenauigkeiten oder empfindlichere Messsysteme sind realisierbar. Neben der Anwendung in Speicherfestplatten werden GMR-Schichten zzt. auch in der nichtflüchtigen Datenspeichertechnologie „Magnetoresistive Random Access
Memory“ und in Magnetfeldsensoren, z. B. bei der Messung
der Raddrehzahl in der Automobilindustrie, eingesetzt. Noch
intensiv in der Vorentwicklungsphase steckt die Technologie
für die sogenannten TMR (Tunneling Magneto Resistance)Sensoren. Diese sind ideale Kandidaten, um sowohl den
Anforderungen nach noch größerer Empfindlichkeit, nach
geringerem Energieverbrauch und insbesondere raueren
Umgebungsbedingungen (z. B. Temperaturen über 300°C)
gerecht zu werden. In der Medizin werden zukünftig z. B.
DNA-Stränge oder Proteine mit magnetischen Partikeln
Handlungsbedarf
Auf der Forschungsseite ist erst ein kleiner Teil der möglichen Anwendungen einer magnetischen Elektronik erschlossen. Durch BMBF-Projekte konnte in den letzten
Jahren das Anwendungsspektrum der Magnetoelektronik
von der Magnetfeldmessung auf Drehzahl-, Winkel- und
Druckmessung erweitert werden. Neuartige Material-,
Bauteil- und Schaltungskonzepte, deren Erforschung
auch weiterhin durch das BMBF unterstützt wird, werden
die Leistungsfähigkeit erhöhen und zu weiteren Anwendungen führen.
Die Entwicklungen für die verschiedenen Anwendungsgebiete sind heute noch unterkritisch gebündelt hinsichtlich
Stückzahlen und Funktionalitäten, haben aber ein enormes
Marktpotential. Für diese zukünftigen Märkte bieten die
Mikrosysteme mittels Systemintegration von Magnetoelektronik, Magneto-Sensoren oder -Aktuatoren in hochwertige
Produkte sehr gute Chancen, im internationalen Wettbewerb Paroli zu bieten. Forschung und Entwicklung für die
breite Anwendung müssen in Kooperationen über die Innovations- und Wertschöpfungsketten gebündelt werden.
Forschungsthemen
Neuartige Material-, Bauteil- und Schaltungskonzepte
sowie die zugehörige Prozesstechnologie
■
Entwicklung von anwendungsspezifischen Basisfunktionalitäten von Elektronik, Sensorik und Aktorik
■
Weiterentwicklung von Querschnittstechnologien für
die Systemintegration (Entwurf, Simulation, Aufbauund Verbindungstechnik)
■
Entwicklung von Strategien/Technologien zur
Kostensenkung
■
48
FÖRDERPROGRAMM
Forschungsthemen
■
Erschließung neuer Basistechnologien
(z. B. organische Elektronik) für eine kostengünstige Fertigung von RFID Systemen
■
Anpassung der Transponder und der
Lesegeräte an besondere Anforderungen
bzgl. Baugröße, Funktionsumfang und
mechanischer Flexibilität
■
mehr Speicherplatz, größere Rechenkapazitäten, leistungsfähigere Antennen und
Zusatzfunktionen wie Sensorik auf den
Transponder in vorhandene Systemarchitekturen zu bringen
■
technologieintegrierter Datenschutz von
RFID-Systemen (Deaktivierung, Anpassung
krypto-graphischer Methoden an
beschränkte Ressourcen)
TMR Sensor Arrays mit integriertem Speicherelement.
(Universität Bielefeld)
4.2.2 Softwaresysteme und
Wissensverarbeitung
RFID und Smart-Label
Zusammen mit der Mikroelektronik und der Hochfrequenztechnik ist die Mikrosystemtechnik eine der Kerntechnologien für RFID und Smart Label. RFID (radio frequency identification) dient der berührungslosen, automatischen und
eindeutigen Identifikation von Gütern. Die hierfür notwendigen „Transponder“ sind kleine Chips, die wie Etiketten an
Waren angebracht oder in Gegenstände integriert werden
können. Die Besonderheit von RFID besteht in der berührungslosen Kommunikation ohne direkten Kontakt zwischen
dem Transponder und dem Lesegerät. Seit Jahren finden sich
RFID-Systeme in Autoschlüsseln, Warensicherungssystemen
im Kaufhaus oder in der Kennzeichnung von Nutztieren.
Neue technologische Entwicklungen eröffnen jetzt vielfältige weitere Einsatzbereiche. Mit RFID können unterschiedlichste Güter – Paletten, Kartons, Werkstücke oder Einzelprodukte – identifiziert und ihr Lauf durch die logistische
Kette verfolgt werden.
Handlungsbedarf
RFID-Systeme bieten für die zentralen Branchen der deutschen Volkswirtschaft – Handel, Konsumgüterindustrie,
Automobilindustrie, Elektronikindustrie, Logistikdienstleister – große Potentiale bei der Optimierung ihrer Produktions- und Distributionsprozesse. Für Massenanwendungen
sind kostengünstige Lösungen – insbesondere für passive
Transponder – zu erarbeiten. Durch übergreifende Kooperationen über die gesamte Wertschöpfungskette ist
die Anwendung von RFID-Systemen zu beschleunigen.
Softwaresysteme sind die Innovationstreiber in fast allen
Wirtschaftszweigen. Sie bestimmen maßgeblich die Wertschöpfung von Produkten, Fertigungs- und Geschäftsprozessen. Der Softwaremarkt war in Deutschland im Jahr 2006
durch deutliches Wachstum gekennzeichnet. Deutsche
Unternehmen erzielen bereits heute mit innovativen Softwarelösungen einen Konkurrenzvorsprung auf den internationalen Märkten. Diesen Wettbewerbsvorteil gilt es zu
halten und auszubauen und durch neue Aspekte in unserer
Wissensgesellschaft zu verstärken.
Bei der Gestaltung der Wissensgesellschaft kommt
einem schnellen transparenten und sicheren Zugang zu
verteiltem Wissen hohe Bedeutung zu. Weltweit wird mit
Hochdruck an einer stetigen Verkürzung wissenschaftlicher
Erkenntnis- und Innovationszyklen gearbeitet. Eine wesentliche Rolle spielen dabei Wissenstechnologien und speziell
der Wandel des weltumspannenden Webs zu einem auch
semantisch erschließbaren Netz des Wissens (Semantic
Web). Im Unterschied zu den heute angewandten Informationstechnologien werden innovative Wissenstechnologien
es Computern ermöglichen, Daten aus der schier unüberschaubaren Fülle elektronischer Informationen in ihren
inhaltlichen Bezügen zu interpretieren, ihren Sinn zu erschließen und dem Menschen sinngerecht zu präsentieren.
Sie verknüpfen Informationen logisch miteinander, speichern sie und machen sie in unterschiedlichen Kontexten
verfügbar. Die Erzeugung und Verteilung von Wissen werden künftig eine vorrangige Bedeutung in der Wertschöpfung von Produkten haben und eine tragende Rolle im gesellschaftlichen Bewusstsein einnehmen.
FÖRDERPROGRAMM
Die bisherige Forschungsförderung des BMBF im Rahmen
des auslaufenden Programms IT-Forschung 2006 deckt
wichtige softwarerelevante Themen ab. Spektakuläre Erfolge wurden bereits erzielt, die große Beachtung in der
internationalen Fachwelt gefunden haben. Mit der Initiative
„WissensMedia – Wissensmanagement in mittelständischen
Unternehmen und öffentlicher Verwaltung“ fördert darüber hinaus das BMWi anhand von Pilotprojekten die Entwicklung und Erprobung von neuen Technologien zum Wissensmanagement in KMU sowie öffentlichen Verwaltungen.
Thematische Schwerpunkte sind u. a. die Schaffung und
Sicherung einer netzbasierten dynamischen Wissensbasis,
die bedarfs- und nutzergerechte Wissensbereitstellung sowie die wirkungsvolle Nutzung von Wissen in komplexen
Organisationsstrukturen. Aufbauend auf diesen Erfolgen
soll im neuen Forschungsprogramm IKT 2020 eine Strategie
verfolgt werden, die mit Blick auf Praxis und Anwendungen
bereits vorhandene Stärken bei innovativen Softwarelösungen stärkt und die vorwettbewerbliche FuE von Schlüsseltechnologien mit marktrelevanter Hebelwirkung versieht.
49
Das Software Engineering sowie die Zuverlässigkeit und
Sicherheit ergänzen und verbinden als Querschnittstechnologien diese drei thematischen Säulen. Innerhalb derer
erfolgt eine besondere Fokussierung auf die strategischen
Schwerpunkte Softwareintensive Embedded Systems, GridAnwendungen und -Infrastruktur sowie virtuelle/erweiterte
Realität. Diese Akzentsetzung erfolgt unter dem Aspekt des
großen Innovationspotentials für die deutsche Wirtschaft
und der Tatsache, dass Deutschland in diesen Bereichen
weltweit eine Führungsrolle mit einnimmt bzw. führend ist.
Schwerpunkte
Der Förderbereich Softwaresysteme/Wissensverarbeitung
steht auf drei thematischen Säulen 9
(Werbeagentur creart/Fachhochschule Fulda)
■
■
■
9
Embedded Systems, wobei insbesondere softwareintensive eingebettete Systeme mit Anknüpfungen
an die Elektronik, Kommunikationstechnologie und
Mikrosystemtechnik im Vordergrund stehen
Simulierte Realität mit den Themen Grid-Anwendungen
und -Infrastruktur, virtuelle/erweiterte Realität und
Ambient Intelligence, Simulation, Informationslogistik
und Software-Entwicklung für Höchstleistungsrechnen
Mensch-Technik-Interaktion mit den Sprach- und Medientechnologien, Bioanaloger Informationsverarbeitung,
der Service-Robotik und der Usability/Gebrauchstauglichkeit
Der aktuelle Förderschwerpunkt THESEUS des BMWi, bei dem es um die Schaffung einer neuen Wissensinfrastruktur für
das Internet der nächsten Generation insbesondere mithilfe semantischer Verfahren geht („Internet der Dienste“), wird
in Abschnitt 5.1 dargestellt.
50
FÖRDERPROGRAMM
Softwareintensive Embedded Systems
Forschungsthemen
Requirements Engineering; Requirementsdriven
Engineering; Qualitätsmanagement; Usability
Engineering
■
Zukunftsträchtige Architekturen; Trade-off Analysen
■
Besondere Maßnahmen zur Verbesserung der
Zuverlässigkeit
■
Werkzeugunterstützung bei der Entwicklung;
Integration von Werkzeugketten
■
Produktlinien- und komponentenbasierte Ansätze
für die Entwicklung
■
Modellbasierte Entwicklung mit besonderer Betonung
auf Modellierungsaspekten
■
Fortschrittlicher Entwurfs- und Zertifizierungsprozess
softwareintensiver eingebetteter Systeme für sicherheitskritische Anwendungen
■
Evolutionäre Systeme, Fernwartung und Softwareaktualisierung
■
Embedded Systems sind der Innovationstreiber für viele
Kernbereiche der deutschen Industrie. Sie sind ein Paradebeispiel für ein Teilgebiet übergreifendes und interdisziplinäres Forschungs- und Entwicklungsgebiet. Aus den verschiedenen Anwendungsgebieten von Embedded Systems
ergeben sich Schnittstellen zu einer Reihe anderer Wissenschaftsdisziplinen. Hervorzuheben sind hierbei die Elektroniksysteme (Hardwarebausteine), die Kommunikationstechnologie (Vernetzungsplattformen) und die Mikrosystemtechnik (Sensoren, Aktuatoren).
Softwareintensive Embedded Systems, bei denen
Deutschland in Europa und zum Teil auch weltweit einen
Technologievorsprung hat, spielen in vielen HightechProdukten wie in Fahrzeugen, Flugzeugen, in der Robotik,
in der Haushaltstechnik, in der Medizintechnik und vielen
anderen Anwendungsgebieten des täglichen Lebens eine
zentrale Rolle. Sie werden immer entscheidender für die
Konkurrenzfähigkeit von Produkten.
Handlungsbedarf
Die Bereitstellung immer stärker integrierter Anwendungen
mit steigender Komplexität bei höchsten Qualitätsansprüchen unter gleichzeitiger Berücksichtigung von Kostenaspekten ist eine enorme Herausforderung für große Teile
der deutschen Wirtschaft. Die systematische Entwicklung,
Modellierung, Validierung, Verifikation und Gestaltung der
Software solcher Systeme, insbesondere auch über Unternehmensgrenzen hinweg und unter Einbeziehung des Mittelstands, bietet eine Fülle aktueller Forschungsfragen mit
hoher Anwendungsrelevanz.
(BASF)
Grid-Anwendungen und Grid-Infrastruktur
Nach World Wide Web als universeller Kommunikationsund Informations-Infrastruktur werden nunmehr GridMiddleware-Technologien entwickelt, die den einfachen
Zugriff auf IKT-Ressourcen und die weltweite Kooperation
über das Internet ermöglichen. In Deutschland haben Forschungsprojekte wie Unicore und D-Grid zu dieser Entwikklung beigetragen und haben in einem ersten Schritt insbesondere der Wissenschaft den einfachen Zugriff auf verteilte
Ressourcen (wie Computer, Datenspeicher, Experimente und
Instrumente) ermöglicht. Im Rahmen von D-Grid wird eine
IKT-Infrastruktur aufgebaut, die e-Research in breitem Rahmen ermöglicht: Computer und Speicher werden in eine vernetzte, transparente Serviceumgebung eingebunden, auf die
die Anwender bei Bedarf über das Internet zugreifen können.
Die Erweiterung des Internet um die Grid-Ressourcen wird
zukünftig allen den Zugriff auf die Rechnerleistung großer
Computer und auf die internationalen Daten- und Wissensbanken ermöglichen.
Handlungsbedarf
Wie bei jeder Schlüssel-Infrastruktur erfordern auch Entwicklung und Aufbau von Grid-Infrastrukturen eine längere
Zeitspanne. Ihre hohe Komplexität macht eine enge Zusammenarbeit von Wissenschaft und Wirtschaft erforderlich. Die Komplexität wird weiter steigen, wenn zusätzlich
die dynamischen und globalen Geschäftsprozesse der Wirtschaft mittels Service-orientierter Architekturen (SOA) auf
die Grid-Ressourcen und deren optimale Nutzung abgebildet werden sollen, um die Wirtschaft für den globalen Wett-
FÖRDERPROGRAMM
bewerb fit zu machen. Fernziel muss deshalb sein, beide
Architekturen – Grid und SOA – in eine gemeinsame Umgebung zusammenzuführen. Eine möglichst rasche Einführung dieser Technologien in Wissenschaft und Wirtschaft
und die damit einhergehende Anpassung der Anwendungen
und Prozesse werden von entscheidender Bedeutung für den
Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit am Standort Deutschland
sein.
Forschungsthemen
■
Sicherheit in Grids (Authentifizierung, Autorisierung,
Identität, Privatsphäre, Vertrauen)
■
Erweiterung der existierenden D-Grid-Infrastruktur um
weitere, insbesondere anwendungsorientierte Dienste
zur gemeinsamen Nutzung von im Internet verteilten
Ressourcen wie Computer, Speicher, Anwendungen und
Daten sowie zur interdisziplinären Zusammenarbeit auf
nationaler und internationaler Ebene
■
Anpassung von Software-Anwendungen aus Physik,
Chemie, Biologie, Wetter, Klima, Umwelt, Bioinformatik,
Biophysik, Pharmazie, Medizin, Aero- und Fluidmechanik, Bodenschätze, Wirtschaft, Finanzen, Visualisierung,
usw. an die neue Grid-Infrastruktur und an neue Dienstleistungskonzepte
■
Integration lokaler und nationaler Grids und
Anwendungen in europäische und internationale
Grid-Infrastrukturen
■
Sensor-Grids und Wireless-Grids zur Kommunikation
und Interaktion von Elementen unserer Umwelt, z. B.
aus Sicherheitsgründen, z. B. bei Brücken, Hochhäusern,
Automobilen, Flugzeugen usw.
■
Entstehen von Massen-Grids für Millionen von Nutzern
in den Bereichen Gesundheit (Krankheit, Vorsorge,
Fitness, sensorbasiertes Monitoring), Freizeit (MultiPlayer Spiele, digitales Entertainment, Sport), Bildung
und Weiterbildung (Life Long Learning, Schul-Grids,
digitale interaktive Labors) und Beruf (Internet-Kurse,
Training, kooperatives Arbeiten)
■
Ausleihen von Ressourcen und Diensten von ServiceProvidern gegen Nutzungsgebühr oder einen Subskriptionsbeitrag
51
Virtuelle/Erweiterte Realität
Virtuelle Technologien (Virtuelle Realität – Virtual Reality –
VR und Erweiterte Realität – Augmented Reality – AR) bieten
ein hohes Potential für innovative Lösungen in den Wertschöpfungsketten von Hightech-Branchen (z. B. Automobilund Flugzeugbau). Sie besitzen großes Potential, beispielsweise zur Unterstützung von industriellen Arbeitsprozessen.
Basierend auf der geeigneten Aufbereitung und Visualisierung von Daten wird bei dieser Technologie das Sichtfeld
eines Akteurs mit rechnergenerierten virtuellen Objekten
angereichert, so dass Produkt- bzw. Prozessinformationen
sehr viel direkter genutzt werden können. Neben der sehr
intuitiven Interaktion erschließt der Einsatz tragbarer Computer Anwendungsfelder mit hohen Mobilitätsanforderungen. Deutschland hat auf diesem Gebiet eine international
führende Rolle. Sowohl für die Produktion als auch für produktnahe Dienstleistungen ergeben sich durch den Einsatz
von Techniken der virtuellen und erweiterten Realität
Innovationssprünge, von denen viele Wirtschaftszweige
profitieren können.
Handlungsbedarf
Technische Systeme werden in ihrer Funktionalität immer
komplexer, was erheblich ansteigende Anforderungen an
die Entwickler, Hersteller und Nutzer dieser Systeme zur
Folge hat. Die Integration virtueller Technologien in den
Lebenszyklus von Produkten wird perspektivisch dazu beitragen, diese Komplexität zu beherrschen. Forschung zur
virtuellen Realität ist in den letzten Jahren bereits etabliert
und partiell in Standardtechnologie eingebunden worden.
Erforschung und Anwendung von erweiterter Realität ist
dagegen ein noch relativ junges Arbeitsgebiet mit ersten
Durchbrüchen, das von den Ergebnissen aus der Virtuellen
Realität profitieren kann. Zusammen lassen sie ein hohes
Forschungs- und Umsetzungspotential für die nächsten
Jahre erkennen.
Forschungsthemen
■
Entwicklung von Softwarekomponenten für VR/AR
gemeinsam mit Entwicklung der Hardware und der
Interaktion untereinander
■
Unterstützung für die Integration von VR/AR in Anwendungsgebiete durch die verstärkte Förderung interdisziplinärer Forschung im Bereich Computational
Science & Engineering
■
Interaktive VR/AR-basierte Worker- und Serviceunterstützung in verschiedenen Anwendungsbereichen
(z. B. Automobilbau, Luftfahrt, Maschinen- und Anlagenbau) sowie VR-basierte Lern- und Schulungssysteme
52
■
■
■
■
■
FÖRDERPROGRAMM
Virtuelle interaktive Prototypen zur Entwicklung und
Validierung von Mensch-Maschine-Schnittstellen sowie
Nutzerinteraktion in immersiven Umgebungen
Mixed Reality Systeme (z. B. Verknüpfung realer Bedienkomponenten mit virtuell repräsentierter Maschine)
zur Unterstützung der Produktentwicklung und des
Bedienertrainings
Unterstützung innovativer Forschung mit dem Ziel der
Handhabung extrem großer Datenmengen
Multimodale und perzeptive Benutzerschnittstellen mit
Integration von Sprache, Gestik sowie Haptik zur Interaktionen mit virtuellen Welten
Erweiterung der Aktivitäten in nicht-technische Bereiche
mit der Zielsetzung, die Nutzung der Technologie für
geistes-, sozialwissenschaftliche und künstlerische Anwendungen zu erforschen bzw. zu ermöglichen
Querschnittsthema Software Engineering
Software Engineering ist in vielen Industriezweigen die
„Produktionstechnik des 21. Jahrhunderts“. Defizite im
Bereich des Software Engineering gefährden im Informationszeitalter Arbeitsplätze in den primären, und insbesondere auch in den vielen Software-Sekundärbranchen. Die
Forschungsoffensive „Software Engineering 2006“ des
BMBF und das Virtuelle Software-Engineering-Kompetenzzentrum (VSEK) haben wesentlich zur Verbreitung von
Software-Engineering-Wissen gerade bei KMU beigetragen.
Deutschland lebt zu einem hohen Anteil von der Wertschöpfung seiner ingenieurgeprägten Industrie wie Automobil- oder Anlagenbau. In Zukunft werden dazu wichtige
neue Bereiche in der Medizin- und Betreuungstechnik, im
Umweltschutz sowie der Nanotechnologie hinzukommen.
All diesen Anwendungen ist gemeinsam, dass der Softwareanteil immer größer, komplexer und für die Wertschöpfung
immer wichtiger wird.
Handlungsbedarf
Heutige Entwicklungsansätze trennen immer noch Komponenten der Mechanik, Elektronik und Software bei Konzeption und Entwicklung komplexer technischer Systeme. Die
späte Berücksichtigung der Spezifika von Software führt zu
unnötiger Komplexität und unnötig hohen Entwicklungskosten. Die integrierte Systementwicklung solcher softwareintensiven Systeme basiert auf Erkenntnissen des Software
Engineering und wird die ingenieurwissenschaftliche Kompetenz in Deutschland entscheidend stärken. Die zu erwartenden Vorteile umfassen sowohl eine erhebliche Qualitätsverbesserung als auch deutliche Kosten- und Zeitreduktionen.
Forschungsthemen
Entwicklung einer neuen Generation von Softwaretechnologien zur Realisierung von Smart-Applikationen
und -Services
■
Entwicklung einer umfassenden neuartigen SoftwareKompetenz zur Stärkung der zentralen Sekundärbranchen im Hinblick auf die Beherrschung der
Systemkomplexität
■
Modellgetriebene Entwicklung und Endnutzerprogrammierung: Agile Methoden und modellgetriebene Ansätze
■
Flexibilisierung und Wiederverwendung von
Anwendungen
■
Weiterentwicklung der Technologiebasis für
Web-Services und Service-orientierte Architektur
■
Entwicklung von Methoden, Konzepten und
Entwicklungsumgebungen für eine ServiceOrchestrierung, die die Lücke zwischen Geschäftsprozessen und Web-Service basierten Entwicklungen
schließt
■
Aufbau von Erfahrungsdaten im Software
Engineering
■
Querschnittstechnologie
Sicherheit und Zuverlässigkeit
Sicherheit und Zuverlässigkeit sind conditio sine qua non für
die Nutzung moderner IKT. Softwaretechnologie muss dazu
beitragen, dass Daten und Kommunikationskanäle sicher
gegen unbefugten Zugriff und unbeabsichtigte Änderung
sind. Darüber hinaus muss die zuverlässige und korrekte
Arbeitsweise von Komponenten und Diensten unter normalen Betriebsbedingungen gewährleistet sein. Sicherheit und
Zuverlässigkeit durchdringen alle Bereiche des Lebens und
erfordern daher eine hochgradig multidisziplinäre Behandlung.
Die Entwicklung von Sicherheits- und Zuverlässigkeitsstandards, die Fehler ausschließen und das einwandfreie
Funktionieren mit Hilfe beispielsweise der Methoden der
formalen Verifikation und von softwaretechnologisch getriebenen Tests sicherstellen, ist eine Grundvoraussetzung
für den Einsatz und die Akzeptanz von immer mehr Elektronik im täglichen Leben. Sicherheit und Zuverlässigkeit von
Softwaresystemen haben deshalb in den Bereichen Embedded Systems, Kommunikation und Anwendungssoftware
hohe Priorität. Wer hier Maßstäbe setzt, hat entscheidende
Wettbewerbsvorteile auf den internationalen Märkten.
FÖRDERPROGRAMM
53
Die Unterstützung fehlerfreier Entwicklung von Software
durch Verifikation, wie sie vom BMBF im Projekt VERISOFT
gefördert wird, ist bereits heute eine deutsche Stärke, die
Grundlage für den guten Ruf von „Verified in Germany“
sein kann. Auch bei Softwaretestverfahren werden in
Deutschland im Verbund mit europäischen Partnern
wichtige Entwicklungen vorangetrieben.
■
Handlungsbedarf
Bei einer Reihe von Leitinnovationen, Technologieverbünden und Diensteplattformen aus IKT 2020 spielen Serviceorientierte Architekturen eine wichtige Rolle. Die Offenheit
und Flexibilität sind dabei besondere Sicherheitsherausforderungen. Hier können grundlegende gemeinsame und
instrumenteübergreifende Aktivitäten zur IKT-Sicherheit
für Service-orientierte Architekturen entscheidende Grundlagen für den Erfolg der Leitinnovationen bilden.
Qualitätsprobleme in großen Hardware-/Softwaresystemen begrenzen die Möglichkeiten funktionaler
Innovation. Hier muss die Zuverlässigkeit erhöht werden.
Es gibt einen gewaltigen Fundus an Basistechniken der
Verifikation und methodisch abgesicherter Softwaretestverfahren sowie eine Community von einer großen Zahl auf
diesem Gebiet tätigen Wissenschaftler allein in Deutschland.
Für industrielle FuE bleiben diese Ressourcen bisher oft weitgehend unzugänglich. Daher müssen neue Verfahren entwickelt und bestehende verbessert werden, die produktiv
alle Funktionsfehler einer komplexen industriellen Systemkomponente entdecken. Solche Komponenten sind anspruchsvolle, hoch optimierte Hardware-/Softwareeinheiten
von eigenständiger technischer und oft wirtschaftlicher
Bedeutung. Hierzu können insbesondere aktuelle Verfahren
der Verifikation dienen. Daneben sollen weitere Ansätze zur
Qualitätssicherung von Software gerade bei offenen, verteilten Systemen mit ad-hoc-Vernetzung zum Einsatz kommen.
Hier müssen neue Testverfahren entwickelt werden, um
zumindest minimale Qualitätskriterien zu erfüllen.
4.2.3 Kommunikationstechnik und Netze
Forschungsthemen
IKT-Sicherheit für Service-orientierte Architekturen
■
Sichere Dienste bei wechselnden Partnerschaften und
Sicherheit als Service
■
Entwicklung grundlegender Techniken, um SoftwareQualität zu produzieren und zu garantieren (formale
Testmethoden bis hin zu Qualität garantierenden Entwicklungsprozessen, Qualitätsmanagement)
■
Modellbasierte Software- und Systementwicklung
(Modellierung, Simulation, Verifikation,
Codegenerierung)
■
■
Einbindung der existierenden Software-Verifikationswerkzeuge in industrielle Entwicklungsumgebungen
und in den Standardisierungs- und Zertifizierungsprozess sicherheitskritischer Systeme
Werkzeugunterstützung zur Verifikation und Validierung (Theorembeweiser, Modellprüfer, Programmprüfer,
Testmanagement und Testfallprüfung)
Kommunikationstechnologien haben praktisch alle Lebensbereiche in den letzten Jahren grundlegend verändert, wie
Industrie, Handel, Dienstleistungen, Verkehr, Verwaltung,
Arbeit, Ausbildung, Gesundheitsversorgung (auch im Hinblick auf die alternde Gesellschaft), Umwelt, Wissen, Kultur
und Unterhaltung. Besonders sichtbar wird das durch die
stetig steigende Nutzung des Internets (30 % Zunahme des
Datenverkehrs in Europa jedes Jahr, in Ostasien rund 300 %)
und den raschen Ausbau der Mobilkommunikation (Verdopplung des Datenverkehrs alle 20 Monate).
Die industrielle Situation in den Netztechnologien in
Deutschland heute liefert ein gemischtes Bild: Die Unternehmen der Branche befinden sich zurzeit in einem Umbruch.
Strategische Fusionen vor allem europäischer Unternehmen
führen dazu, dass weniger und größere europäische Unternehmen den Markt für Netzwerkausrüster dominieren. In
einer Reihe von Bereichen hat es Rückschläge aus deutscher
und europäischer Sicht gegeben, wie der Rückgang der Handyfertigung in Deutschland beispielhaft zeigt. Entsprechend
ging in den Kommunikationstechnologien der letzten acht
Jahre im Schnitt die Zahl der Arbeitsplätze in Deutschland
um 4,5 % pro Jahr zurück. Die andere Seite ist, dass die Kommunikationstechnologien in unserem Land ein besonders
bedeutender Wirtschaftszweig geblieben sind. Sie beschäftigen heute rund 283.000 Menschen. Die in Deutschland produzierenden Festnetzausrüster haben in Teilbereichen (z. B.
optischen Netzen) einen hohen Weltmarktanteil von über
50 %. Die europäischen Mobilfunkausrüster dominieren den
Weltmarkt und produzieren wesentlich in Deutschland.
Diese Potentiale gilt es zu nutzen. Die Spitzenstellung für
die Ausrüster im Mobilfunk und im Festnetz in Deutschland ist
durch ein gemeinsames europäisch-strategisches Vorgehen
auszubauen. Eine leistungsfähige KMU-Szene im Bereich der
Komponentenhersteller und Systemzulieferer ist zu unterstützen. Die Wertschöpfung in den Netztechnologien erfolgt zu
einem großen Anteil durch neue Dienstleistungen. Es verwundert deshalb nicht, dass von den rund 270.000 Arbeitsplätzen
in Deutschland über 220.000 im Bereich der Kommunikationsdienstleistungen liegen. Neue Dienste auf der Basis
neuer Netztechnologien sind deshalb voranzubringen.
54
Eine leistungsfähige Netzinfrastruktur ist die Voraussetzung
für wirtschaftlichen Erfolg und eine funktionierende Gesellschaft. Die Forschungspolitik hat deshalb das Ziel, die Sicherheit, die Zuverlässigkeit und die Ausfallsicherheit von Netzen
zu verbessern. Erst damit können sich den Kommunikationstechnologien sicherheitsrelevante Anwendungen, z. B. im
Verkehr oder im Gesundheitsbereich erschließen.
Die Forschung in den Kommunikationstechnologien
steht angesichts der dynamischen Entwicklung vor den im
Folgenden genannten Herausforderungen.
Schwerpunkte
■
Neue Standards für künftige Kommunikationsnetze
■
Kommunikation ohne netzseitige Begrenzung:
überall, ohne merkliche Zeitverzögerung und
mit hohen Datenraten
■
Sicherheit und Zuverlässigkeit der Netze
■
Autonome vernetzte Sensorsysteme
Neue Standards für künftige
Kommunikationsnetze
Kommunikation zwischen Teilnehmern mit unterschiedlichen Endgeräten und über unterschiedliche Zugangsnetze,
Metronetze und Kernnetze hinweg ist nur möglich, wenn es
einheitliche, weit verbreitete technische Standards für die
Kommunikation gibt. Wem es gelingt, die Standards entscheidend mit zu gestalten, hat den Markterfolg. Die europäische Spitzenstellung im Mobilfunk (rund Dreiviertel
Weltmarktanteil der drei großen europäischen Mobilfunkausrüster) hat seine Ursache im Erfolg des europäischen
Mobilfunkstandards GSM.
Zukünftige Telekommunikationsdienste stellen hohe
Anforderungen, die im Rahmen der heute gültigen Standards nicht bewältigt werden können. So können sicherheitsrelevante Anwendungen nur erschlossen werden,
wenn Netze zuverlässig immer und überall zur Verfügung
stehen. Gefahrenwarnungen z. B. im Verkehr erfordern eine
schnelle Übermittlung von Information mit einer Zeitverzögerung im Millisekundenbereich, die heute nicht garantiert werden können.
Handlungsbedarf
Die Konvergenz der Netze erfordert übergreifende Standards mit gemeinsamen Grundkonzepten vom Netzzugang
bis zur Datenübertragung im Kernnetz. Das Internet der
Dinge wird ohne eine Vereinheitlichung der Übertragungsprotokolle nicht zum Durchbruch kommen und damit das
wirtschaftliche Potential nicht ausgeschöpft werden können.
Ziel sollte es sein, flexibel auf Module innerhalb von Stan-
FÖRDERPROGRAMM
dards zurückgreifen zu können, die der jeweiligen Anwendung optimal angepasst sind. Ziel neuer Standards ist gleichzeitig auch, die Komplexität des Netzmanagements zu verringern, um Ausfallsicherheit, Robustheit, Selbstorganisation
und Selbstheilung zu ermöglichen.
Die mobile Nutzung des Internets nimmt immer mehr
zu. Dienste sollten unabhängig vom Ort und der Geschwindigkeit, mit der sich der Nutzer bewegt, zur Verfügung stehen. Für viele mobile Anwendungen, z. B. Fahrzeug-zu-Fahrzeug-Kommunikation, gibt es noch keine funktionierenden
Standards.
Forschungsthemen
■
Standards mit einheitlichen Modulen vom Teilnehmerzugangsbereich bis hin zum Kernnetz, z. B. basierend
auf Ethernet-Technologie
■
Neue Netzprotokolle, die ausfallsichere und sichere
Netze ermöglichen, Steuerungsmechanismen mit
inhärenter Sicherheit, z. B. durch Trennung der Steuerungs- von der Nutzdatenebene, selbstorganisierende
Routingverfahren
■
Standards, die sicherheitsrelevanten Anwendungen
genügen, z. B. durch Verringerung von Latenzzeiten,
Standards auch für Signalübertragung bei höherer
Geschwindigkeit
■
Standards, die eine effizientere Ressourcennutzung
ermöglichen. Neue Ansätze sind Mehrantennensysteme,
Mehrzellen-Kooperationstechniken, Verfahren zur Interferenzreduktion, Ressourcenzuteilungsverfahren,
Signalübertragungs- und Modulationsverfahren und
Kodierungsverfahren
■
Standards, die einen zuverlässigen Zugang überall
ermöglichen. Forschungsparameter sind z. B. Fairness
des Zugangs und Scheduling
■
Standardisierung von Vereinfachungen des Netzmanagement („Self-X“- Methoden wie Selbstheilung,
Selbstorganisation etc.)
Kommunikation ohne netzseitige Begrenzung:
überall, ohne merkliche Zeitverzögerung
und mit hohen Datenraten
Bei dem oben beschriebenen dramatischen Anstieg des
Datenverkehrs ist abzusehen, dass die heutige Infrastruktur
der Netze den Anforderungen nicht mehr gewachsen sein
wird. Durch neue Technologien sollten die begrenzten Ressourcen der Netze optimal bis an die physikalische Grenze
ausgeschöpft werden. Getrieben durch neue Anwendungen
und Dienste und durch die Anforderungen an die Antwortzeiten (Latenz) steigt der Bandbreitebedarf und verschiebt
FÖRDERPROGRAMM
sich zunehmend an den Rand des Netzes. Im Anschluss-Bereich werden bei 20-100 Mbit/s pro Teilnehmer die Grenzen
der derzeitigen DSL-Technologie erreicht. Im Bereich des
drahtlosen Datenverkehrs werden Summendatenraten von
10 Gbit/s für schnelle Datensynchronisation und Inhausverteilung im Nahbereich (bis 3 m) und 1 Gbit/s im WLANBereich (bis 300 m) erwartet. Für den klassischen Mobilfunk
im zellularen Bereich (bis 3 km) werden flächendeckend
Summendatenraten von 100 Mbit/s zu bewältigen sein.
Handlungsbedarf
Die Herausforderung heißt: Kommunikation ohne netzseitige Begrenzung, überall, mit nicht merklicher Zeitverzögerung und mit hoher Qualität („Quality of Service“).
Dazu muss das Bandbreiteangebot einen qualitativen
Sprung machen. Der Trend im Internet geht dahin, dass der
Endnutzer selbst zum Anbieter von Inhalten wird (peerto-peer Datenaustausch). Dieses setzt einen breitbandigen
Anschluss auch für das Hochladen von Daten voraus. Dadurch werden die Dynamik und die Spitzenlasten des Datenverkehrs stark zunehmen. Störeffekte werden durch den
Anstieg im Datenverkehr zunehmen und müssen kompensiert werden. Es ergibt sich der im Folgenden umrissene
Forschungsbedarf:
Forschungsthemen
■
„Self-X“-Netze: Entwicklung neuer Netz-Managementkonzepte mit Mechanismen der Selbstorganisation,
Selbstheilung, Selbstoptimierung und integrierte Netzsteuerung
■
Frequenz-Ökonomie: möglichst effiziente Nutzung der
zur Verfügung stehenden begrenzten Ressourcen durch
Bearbeitung von Forschungsthemen wie „cognitive
radio“, Multizellen-Kooperationstechniken
■
Qualität trotz Störungen: Korrektur von unvermeidlichen Störeinflüssen („dirty RF“, „interference cancellation“)
■
Effizienter, zuverlässiger und skalierbarer Pakettransport
(Modul- und Subsystemtechnologien, Integration und
Parallelisierung optischer Komponenten, neue Verstärker- und Transmittertechnologien)
■
Konvergenz der Netze: Netzwerkübergreifendes Teilnehmerzugangs-, Mobilitäts- und Qualitätsmanagement
zur universellen Bereitstellung der gewünschten Dienste
■
Inhaus-Netze und andere kurzreichweitige Systeme
mit hohen und höchsten Datenraten, schnelle Datensynchronisation mobiler Geräte, medizinisches
und haustechnisches Monitoring; adaptive und
skalierbare Kodierverfahren
55
■
Lernfähige Endgeräte mit perzeptiven Komponenten,
die eine adäquate Anpassung an den situativen Kontext,
die Aufmerksamkeit und die Präferenzen des Nutzers
vornehmen
Sicherheit und Zuverlässigkeit der Netze
In dem Maße, wie die Abhängigkeit der Gesellschaft von den
modernen Informations- und Kommunikationstechniken
steigt, erhöhen sich auch die Anforderungen an Sicherheit
und Zuverlässigkeit. Die Themen Sicherheit und Zuverlässigkeit umfassen sowohl Angriffe infolge Terrorismus oder
Sabotage als auch den Bereich der Funktions- oder Betriebssicherheit. Eine neue Qualität von Sicherheit und Zuverlässigkeit ist entscheidend für die Akzeptanz neuer Netzdienste
und für die Vermeidung immenser betriebs- und volkswirtschaftlicher Schäden durch Netzattacken.
Handlungsbedarf
Zum Schutz der Netze vor Angriffen sind integrierte Sicherheitssysteme zu entwickeln, die in das Internet und in die
Telekommunikationsnetze eingebettet sind und Angriffe
und andere Störungen zuverlässig und frühzeitig erkennen
und abwehren. Zur Steigerung der Zuverlässigkeit ist das
Verhalten bei Netzfehlern zu untersuchen, wie trotz des Ausfalls ganzer Netzteile die Kommunikation gewährleistet werden kann, und es sind geeignete Netzarchitekturen sowie
robuste Übertragungsverfahren zu entwickeln. Drahtlose
Kommunikationssysteme sind eine besondere Herausforderung für Sicherheit und Zuverlässigkeit, da die Informationsübertragung über die Luft bislang anfällig gegen Angriffe
und Abhören ist. Auch neue Anwendungen müssen sicher
gestaltet werden, wie z. B. die Kommunikation zwischen
Fahrzeugen im Straßenverkehr oder Anwendungen im
Gesundheitsbereich.
Forschungsthemen
■
Robustes Netz: Neue Konzepte des Netzmanagements
zur Abwehr von Netzattacken. Beispielsweise kann eine
Entkopplung von Daten-, Netzsteuerungs- und Netzmanagementebenen das Netz immanent sicherer
gegen Angriffe machen
■
Authentifizierung, Autorisierung und Abrechnung in
technologisch inhomogener Landschaft
■
Verfahren zur Entwicklung von vertrauenswürdigen
offenen Sicherheitssystemen (single-sign-on, kryptographische und biometrische Verfahren)
■
Integrität von Bild-, Video- und Sprachinformationen
■
Selbstlernende Sicherheits-Gateways
■
Fälschungssichere Smart-Cards
56
FÖRDERPROGRAMM
Autonome vernetzte Sensorsysteme
Jedes Jahr sterben Menschen in Lawinen, weil es zu lange
dauert, sie unter dem Schnee zu finden. Waldbrände verwüsten Landschaften und bedrohen Siedlungsgebiete.
Gebäude stürzen ein, weil es keine regelmäßige Überwachung der Bausubstanz gibt. In Zukunft könnten autonome
Sensornetze bei diesen Gefahren helfen. Die Anwendungspotentiale gehen noch weit über die genannten Beispiele
hinaus und umfassen die Landwirtschaft, die Telemedizin,
die Logistik (z. B. beim Transport gefährlicher Güter), den
Personenschutz, die Prozessautomatisierung in der Fertigungstechnik, die Überwachung der technischen Sicherheit
von Flugzeugen und Gebäuden, das Umweltmonitoring
(z. B. Luftgüte, Wetterdaten), den Bereich Wellness/Freizeit,
die Sicherheit im Verkehr, den Verbraucherschutz z. B. bei
der Lebensmittelkennzeichnung und den Bereich der
Servicerobotik.
Autonome Sensornetze sind die technologische Basis für
IKT-Systeme, die ihre Umgebung erfassen und „verstehen“
(„Real World Awareness“) und ihre Informationen kommunizieren. Sensornetze können Umgebungsdaten an bisher
nicht oder nur mit hohem Aufwand erreichbaren Orten
messen und diese Daten ohne hohen Aufwand weiterleiten.
Sie bestehen aus einer hinreichend großen Zahl von einzelnen miniaturisierten Sensorknoten, welche sich auszeichnen
durch
■
■
■
■
eine integrierte Sensorik,
erste Datenverarbeitung vor Ort im Sensorsystem,
integrierte drahtlose Kommunikation für das Senden
und Empfangen von Daten (Ad-hoc und von und zur
Infrastruktur) und
eine autonome, d. h. der jeweiligen Applikation entsprechend von einem festen Netz unabhängige
Energieversorgung.
Handlungsbedarf
Die genannten Anwendungen für Sensornetze können nur
erschlossen werden, wenn die Basistechnologien für Sensornetze zur Verfügung stehen. Dies ist heute nicht der Fall. Ein
wichtiges Handlungsfeld ist z. B. die Energieversorgung des
Sensorknotens und die Minimierung des Energieverbrauchs
im Betrieb. Sensornetze müssen zuverlässig funktionieren,
auch wenn einzelne Sensorknoten ausfallen. Dazu müssen
Konzepte für die Kommunikationsarchitektur zwischen den
Sensorknoten und zur Basisstation entwickelt werden.
Darüber hinaus müssen Sensornetze kostengünstig sein,
was in der Regel bedeutet, dass die Sensorknoten hoch miniaturisiert sein müssen. Bei der zukünftigen Umsetzung sol-
len sowohl mobile als auch stationäre Sensornetzwerke entstehen, die in der Lage sind, neuartige Aufgaben der Datenerfassung und Auswertung vorrangig in technischen Prozessen zu erfüllen.
Forschungsthemen
■
Echtzeitfähigkeit
■
Energie-Autarkie, Zuverlässigkeit und Robustheit
■
Architektur des Sensornetzwerkes und Algorithmen für
die Datenkommunikation zwischen den Sensorknoten
und die Datenverarbeitung im Sensorknoten
■
Sicherheit der Sensornetze gegen Missbrauch und
Datenverlust
■
Reduktion des Installationsaufwandes, freie Konfigurierbarkeit
■
Mehrfachnutzbarkeit einzelner Sensorknoten
(mit der Möglichkeit zur Umprogrammierung)
4.3 Zukünftige Entwicklungen
Neben der Ausrichtung auf die Verbundforschung werden
auch Fördermittel aus den Technologietiteln für neue Themen mit noch geringer Markt- und Anwendungsnähe verwendet. Diese Themen werden gemeinsam mit Wirtschaft
und Wissenschaft identifiziert, aber zunächst an öffentlichen
Forschungseinrichtungen und Universitäten mit geringer
oder ganz ohne Industriebeteiligung gefördert. So soll
sichergestellt werden, dass die deutsche Wissenschaft und
Forschung im Bereich der Schlüsseltechnologien international wettbewerbsfähig bleibt und Zukunftstrends frühzeitig
erkannt werden.
Bei einer Reihe von Themen, mit denen physikalisches
und technologisches Neuland der Informations- und Kommunikationstechnik betreten wird, ist abzusehen, dass sie
erst langfristig, d. h. mit einer Zeitperspektive von 10 Jahren
und länger, zu Produkten führen werden. Bei diesen grundlagennäheren Forschungsthemen sind darüber hinaus
meistens heute noch längst nicht alle zukünftigen Anwendungen sicher zu benennen. Durch sie können die Grundlagen für die anwendungsorientierte Forschung in künftigen
Jahren gelegt werden. Im Rahmen des Forschungsprogrammes IKT 2020 werden deshalb 10 % der Mittel für Langfristforschung vorgesehen. Damit werden neue physikalische
Effekte und disruptive Technologien untersucht, denen langfristig im Innovationsprozess eine fundamentale Bedeutung
zukommt.
Derzeit sind folgende Zukunftsthemen mit Wissenschaft
und Wirtschaft in der Diskussion:
FÖRDERPROGRAMM
■
■
■
■
57
Elektroniksysteme der Zukunft
Organic Computing
Integrierte Photonik
Netzwerkinformationstheorie für Kommunikationssysteme
Diese Liste ist nicht abschließend. Weitere Themen können
und sollen während der Laufzeit des Programms bzw. im
Rahmen der Fortschreibung diskutiert werden.
Elektroniksysteme der Zukunft
Die heutige Elektronik steht vor zwei wesentlichen Herausforderungen:
■
■
Auch wenn durch die Massenfertigung Bauelemente auf
der Basis der Si-Hochleistungstechnologie (CMOS) ein
wesentlich günstigeres Kosten-Nutzen-Verhältnis als
noch vor wenigen Jahren aufweisen, müssen – durch den
Markt getrieben – heutige Verfahren und Produkte bei
einer Vielzahl von Anwendungen zu weiteren Höchstleistungen bei niedrigeren Preisen getrieben werden.
Immer weitere Strukturverkleinerungen und neuartige
Konzepte, z. B. bei der Chiparchitektur (Multilevel/Multicore) werden jedoch irgendwann an ihre prinzipiellen
physikalischen Grenzen stoßen, wobei selbst Spezialisten
mit Prognosen über den Zeitpunkt dieser Entwicklung
zurückhaltend sind.
Zum einen ist daher die rechtzeitige konzeptionelle Vorbereitung multifunktionaler Bauelemente mit neuen
Leistungsdimensionen und extremer Energieeffizienz auf der
Basis systemarer Hochintegration von Speicher-, Schalt- und
Steuerfunktionen wichtig. Auch wenn die Elektronikindustrie
sich ihre Maßstäbe für die zukünftige Leistungsfähigkeit der
Elektronik durch die sogenannte ITRS-Roadmap selbst definiert, ist bei weitem nicht immer klar, wie diese Maßstäbe
erfüllt werden können. Die technologische Umsetzung dieser
ITRS-Vorgaben wird von Jahr zu Jahr schwieriger. Zusätzlich
rücken fundamentale Probleme, die dem Erreichen physikalischer Grenzen geschuldet sind, immer näher. Somit erfordert
auch die „klassische“ Mikro- und Nanoelektronik immer größere FuE-Anstrengungen, um zukünftige Marktanforderungen zu erfüllen. Während vor ca. 30 Jahren nur eine geringe
Anzahl chemischer Elemente für die Chipproduktion notwendig war, ist es heute bereits ein Großteil der Elemente mit entsprechender Zunahme an Komplexität und Aufwand für Forschung und Produktion.
300 mm Wafer mit Vier-Kern Prozessoren in 65 nm Technologie
(AMD)
Zum anderen aber ist auch interdisziplinäre Grundlagenforschung nötig, um zukünftige Bauelemente bzw. Elektroniksysteme jenseits der heute bekannten Technologien, Strukturen und Materialien vorzubereiten. So gibt es im Bereich der
Spintronik noch viele ungelöste Grundlagenprobleme, da bisher ein anwendungsnahes Materialsystem fehlt, mit dem sich
alle relevanten Bauteile darstellen lassen. Entsprechend sind
auch die möglichen Anwendungen bzw. deren Überlegenheit
zu konventionellen Konzepten noch unklar.
Die Einschätzung der Entwicklung dieser oder auch anderer Bereiche (z. B. Bioelektronik oder Carbon Nano-Tubes)
muss einem regelmäßigen Evaluierungsprozess unterworfen
werden, der vor allem auch die Entwicklungen im internationalen Umfeld berücksichtigt, so in den USA und Asien.
Dieser längerfristige Ansatz im Bereich der interdisziplinären Grundlagenforschung stellt in besonderem Maße eine
große Herausforderung dar, da hierfür die Organisation einer
interdisziplinären Zusammenarbeit zwischen Physik, Chemie,
Ingenieur- und Lebenswissenschaften erforderlich ist. Zudem
müssen erhebliche Risiken bei der Schwerpunktsetzung für
FuE in Kauf genommen werden, da Grenzen heute bekannter
Substrate, Funktionen und Technologien überschritten werden müssen.
58
FÖRDERPROGRAMM
Organic Computing
Integrierte Photonik
Deutschland ist weltweit mit führend im Bereich von Systemen der Automobiltechnik, Verkehrstechnik, Automatisierungstechnik und Telekommunikation. Zur Wahrung und
zum Ausbau dieser Führungsposition ist es nötig, frühzeitig
die Möglichkeiten adaptiver und selbstorganisierender
Systeme zu nutzen und die absehbaren Probleme zu lösen.
Es geht dabei nicht mehr um die Frage, ob selbstorganisierende Systeme entstehen werden, sondern darum, wie wir
sie gewinnbringend gestalten und einsetzen können.
Die bisherige Grundlagenforschung zum Thema Organic
Computing, das sich mit diesen Fragen befasst, ist national
und international ausgerichtet (DFG-Schwerpunktprogramm
sowie EU-Projekte). Eine Reihe größerer Unternehmen in
Deutschland ist daran interessiert, die Ergebnisse aus diesen
Forschungsinitiativen mittelfristig wirtschaftlich nutzbar zu
machen. Hier bieten sich zunächst vor allem deutsche Unternehmen an, zu denen bereits vielfältige Kontakte existieren.
Weiterhin besteht im nationalen Rahmen die Chance, bereits
frühzeitig KMU in den FuE-Prozess einzubeziehen.
Das Thema Organic Computing ist in Deutschland frühzeitig aufgegriffen worden. Nach Aussagen potentieller
Anwender ist ein praktischer Einsatz im größeren Rahmen
etwa ab 2015 realistisch, wobei kleinere Systeme früher zu
erwarten sind. Daher soll eine gezielte Überführung aus der
Grundlagenforschung in die industrielle Praxis gefördert
werden.
Seit etwa dem Jahr 2003 bearbeitet eine wachsende
Anzahl von Forschungseinrichtungen Themen der Selbstorganisation und Adaptivität technischer Systeme. Auch die
Industrie sieht in der Beherrschbarkeit selbstorganisierender
Systeme eine der größten Herausforderungen für Forschung
und Entwicklung. Doch trotz vielfacher Aktivitäten vor allem
auch im Bereich bio-inspirierter Systeme fehlt noch weitgehend das grundlegende Verständnis für die technische
Beherrschung selbstorganisierender adaptiver Systeme.
Hierzu ist eine enge Zusammenarbeit zwischen unterschiedlichen Disziplinen der Grundlagenforschung und zwischen
Forschungseinrichtungen und Industrie nötig. Lücken bestehen u.a. auf den Gebieten Entwurfsverfahren und -werkzeuge für selbstorganisierende adaptive Systeme.
Erfolgversprechend ist hier, in Erweiterung der DFGAktivitäten die Hauptarbeitsgebiete Architekturen, Sicherheit sowie Entwurfsverfahren und -werkzeuge auf industriell
relevante Anwendungsfelder (Automobiltechnik, Fabrikautomatisierung, adaptive Energieversorgung und weitere)
auszudehnen.
Mit der Einführung der Glasfasertechnologie in die Kommunikationstechnik wurde das Fenster für eine nahezu unbegrenzte Bandbreite geöffnet. Mit den Fortschritten in der
Glasfaser-, Laser- und Codierungstechnologie nahm die übertragbare Datenrate ständig zu. Die daraus resultierenden
Anwendungen und die zunehmende Durchdringung aller
Lebensbereiche mit Kommunikationstechnologien generieren ihrerseits weiteren neuen Bandbreitebedarf. In naher Zukunft werden bereits bis zu 100 Mbit/s pro Teilnehmer und
40-100 Gbit/s je Einzelkanal im Kernnetz erwartet. Auf längere Sicht soll dem Teilnehmer 1 Gbit/s zu Verfügung stehen.
Dies wird nur auf der Basis von Optischen Technologien
(Photonik) möglich sein. Neue photonische Komponenten
werden das Potential für Leistungssteigerungen um den
Faktor 100 bis 1000 besitzen. Photonische Komponenten
sind aber heute oft noch recht teuer. Zur Realisierung preiswerter photonischer Komponenten wird weltweit an Lösungen gearbeitet, die Photonik in ähnlicher Weise kompakt
in Chips zu integrieren, wie es in der Silizium-Elektronik
gelang. Vor allem für flexible (schaltbare) optische Netze
werden Lösungen erforderlich, die viel mehr photonische
Funktionalität enthalten als gegenwärtige Systeme.
Deutsche Unternehmen, insbesondere kleine und mittlere, und Forschungseinrichtungen haben sowohl bei optischen als auch elektronischen Komponenten internationale
Spitzenstellungen erreicht. Erste Schritte der Integration
von elektronischen und photonischen Funktionen wurden
bereits in Empfängern und Verstärkern realisiert.
Die photonische und die photonisch/elektrische Integration wird dabei in mehreren Stufen erwartet: Erstens
die Integration mehrerer photonischer Funktionalitäten
basierend auf klassischen Technologien, zweitens die hybride Integration von Elektronik und Photonik und drittens die
Integration einer hohen Anzahl elektrischer und photonischer Funktionalitäten z. B. auf Basis einer CMOS kompatiblen Siliziumtechnologie. Die Photonik zur Informationsübertragung wird in alle denkbaren Anwendungsbereiche
vordringen und die zu Verfügung stehende Bandbreite,
deren Grenzen noch nicht erreicht sind, effizienter nutzen.
FÖRDERPROGRAMM
Netzwerkinformationstheorie
für Kommunikationssysteme
Die mobile Kommunikation verwendet für die Übertragung
der Informationen ein sehr wertvolles Allgemeingut, das
Frequenzspektrum. Der steigende Bedarf an Datenkommunikation als Basis neuer, innovativer Dienste ist weiterhin für
absehbare Zukunft unbegrenzt. Um diese Ressource verantwortlich und mit erheblich gesteigerter Effizienz einzusetzen, bedarf es grundlegender theoretischer Forschung sowie
experimenteller Verifizierung der Theorien. Nur so können
Reserven gehoben werden, die heute noch unbekannt sind.
Als eine der großen Herausforderungen gilt die multivalente
Optimierung dieses multidimensionalen Problems. Zukünftig stehen nicht mehr das Betrachten und Optimieren einzelner Netzelemente im Vordergrund, sondern deren Zusammenhang und die konstruktive Interaktion sowie die gegenseitige Störung der kommunizierenden Netzelemente. Auch
das Verständnis der physikalischen Grundlagen der technisch nie optimal, sondern nur degradiert realisierbaren
Komponenten, und der Einfluss dieser Effekte auf die Nutzung der Funkressource muss aufgebaut werden. Durch
diese fundamentalen Arbeiten kann das theoretisch erzielbare Maximum an Frequenzökonomie mit dem realisierten
verglichen werden.
Eine maßgebliche Herausforderung besteht dabei darin,
neben dem klassischen Leistungsmaß der spektralen Effizienz neue Kriterien wie Energieeffizienz, Delay und Robustheit des gesamten Systems zu beherrschen. Für die Vielfalt
der unterschiedlichen Leistungsmaße muss eine Netzwerkinformationstheorie entwickelt werden, die unter Berücksichtigung der verfügbaren Hardware einen effizienten Entwurf und Betrieb von mobilen Kommunikationssystemen
ermöglicht. Hierzu müssen neue Ansätze zur Modellierung
des gesamten Netzes, von Diensten, Kanälen und Hardware
entwickelt werden (Paradigmenwechsel von der Punkt-zuPunkt-Optimierung hin zur Netzoptimierung).
59
60
IKT-POLITIK AUS EINEM GUSS
5. IKT-Politik aus einem Guss
Innovationspolitik ist mehr als Forschungspolitik. In der
Hightech-Strategie wurden für das spezifische Innovationsfeld IKT vier Handlungsfelder identifiziert:
■
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■
■
Informationsgesellschaft: Diffusion und Nutzung
voranbringen; E-Government: Zukunft gestalten
Schutz der Informationsinfrastruktur: Nationalen
Plan zur IKT-Sicherheit umsetzen
Forschungsförderung: Stärken ausbauen, Chancen
nutzen, Herausforderungen begegnen
Rahmenbedingungen: Innovations- und investitionsfreundliche Ausgestaltung
Mit dem Aktionsprogramm „iD2010 – Informationsgesellschaft Deutschland 2010“ werden die verschiedenen programmatischen Maßnahmen der Bundesregierung in den
Bereichen IKT und Neue Medien zusammengefasst. Aus diesem Grund wurde auf die Darstellung derjenigen Maßnahmen, die nicht dem Handlungsfeld „Forschungsförderung“
zuzuordnen sind, verzichtet.
Das vorliegende Förderprogramm (vgl. Kapitel 4) ist der
Beitrag des BMBF zur Umsetzung der Hightech-Strategie im
IKT-Bereich für das Handlungsfeld „Forschungsförderung“.
Die weiteren IKT-relevanten Maßnahmen der Bundesregierung in diesem Handlungsfeld sowie in den anderen sind im
Aktionsprogramm iD2010 zu finden und werden im Folgenden nicht im Einzelnen dargestellt.
Darüber hinaus wurden in der Hightech-Strategie die
folgenden (auch) für IKT relevanten Querschnittsthemen
identifiziert:
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■
■
■
10
Europäische Forschungs- und Innovationspolitik
mit gestalten (vgl. Abschnitt 5.2)
Exzellenzinitiative zur Förderung der Hochschulen
(vgl. Abschnitt 5.3)
Anwendungsorientierte Wissenschaft
(vgl. Abschnitt 5.4)
Nachwuchs, Fach- und Führungskräfte
(vgl. Abschnitt 5.5)
5.1 Entwicklung und Erprobung
neuer Multimedia- und Internettechnologien 10
Bei der Förderung multimedialer Technologien geht es um
die Neuausrichtung, Automatisierung und Optimierung von
Abläufen und Wertschöpfungsketten, neuen Formen der
Wissensvermittlung, Wissensbeschaffung (E-Learning,
Wissensmanagement) oder der individualisierten, kontextsensitiven und mobilen Wissensbereitstellung.
Mit Technologiewettbewerben und Pilotvorhaben zur
digitalen Konvergenz, zum mobilen Geschäftsverkehr in
Wirtschaft und Verwaltung sowie zu intelligenten Methoden für die Digitalisierung und Nutzung globalen Wissens
sollen Demonstrationsvorhaben angestoßen werden, die
nicht nur technische, sondern auch rechtliche und organisatorische Fragen lösen und nachhaltige Effekte bewirken.
Grundvoraussetzung ist dabei, dass die beteiligten Unternehmen ihr Umsetzungsinteresse mit der Übernahme eines
Eigenanteils, der sich nach dem jeweiligen Anwendungsgrad der Forschungs- und Entwicklungsvorhaben richtet
und in der Regel über 50 % liegt, unterstreichen. Mit Hilfe
einer Begleitforschung wird der Technologietransfer entwicklungsbegleitend beschleunigt.
Schwerpunkte der Förderung multimedialer Technologien seitens BMWi sind:
Next Generation Media
Mit der Förderung von Entwicklung, Erprobung und Demonstration von Multimedia-Anwendungen für vernetzte intelligente Systeme („Next Generation Media“) sollen Referenzmodelle und Vorzeige-Beispiele entstehen, die Machbarkeit
und wirtschaftlichen Nutzen aufzeigen und zur Nachahmung anregen. Die angestrebten Entwicklungen greifen
Begriffe wie Ambient Intelligence, Ubiquitous Computing
oder „Things that Think“ auf, die den Beginn eines neuen
Zeitalters, das „Internet der Dinge“, markieren. Die ausgewählten Projekte zielen auf technologische Leitinnovationen
in den Feldern „Konsumelektronik in vernetzten Systemen“,
„Intelligente Logistiknetze“, „Intelligente Vernetzung von
Produktionsanlagen“ und „Intelligente Systeme in der Gesundheitsversorgung“. Vor allem zukunftsweisende RFIDAnwendungen bilden einen wichtigen Schwerpunkt des
Gesamtvorhabens.
Förderaktivitäten des Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi).
IKT-POLITIK AUS EINEM GUSS
Mobile Anwendungen
Im Gegensatz zu den Fortschritten im Lifestyle-Bereich wird
das Potenzial mobiler IKT-Anwendungen in KMU und Verwaltungen nur zögerlich aufgegriffen. Ein Hauptgrund sind
Sicherheitsbedenken. Hier setzt die neue BMWi-Fördermaßnahme SimoBIT mit dem Schwerpunkt IKT-Sicherheit an.
SimoBIT wurde im Mai 2006 als Technologiewettbewerb ausgeschrieben. Von 100 Einsendungen hat eine Jury 9 Projektideen ausgewählt, die mit Hilfe der BMWi-Förderung in den
nächsten drei Jahren umgesetzt werden sollen. BMWi hat
hierfür bis zu 20 Mio. Euro vorgesehen.
Ziel ist die Ausschöpfung des Potenzials mobil-vernetzter
Multimedia-Dienste zur Steigerung von Produktivität und
Qualität sowie Kosten- und Zeitersparnisse in Wirtschaft und
Behörden. Einen hohen Stellenwert hat die Umsetzung von
Konzepten zur Gewährleistung hoher IT-Sicherheit. SimoBIT
soll helfen, die Zurückhaltung auf diesem für die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen und Standorte unseres Landes wichtigen Gebiet zu überwinden und mehr Dynamik zu
entfachen. Insbesondere sollen FuE-Aktivitäten unterstützt
werden, die zu Beispiellösungen führen, die den Sicherheitserfordernissen entsprechen, den hohen Nutzen für Anbieter
und Anwender deutlich machen und möglichst schnell und
breitenwirksam Nachahmungseffekte und Folgeinvestitionen auslösen.
Radiofrequenz-Identifikation (RFID)
Deutschland nimmt bei der Forschung und Entwicklung
von RFID weltweit eine führende Position ein. Ziel ist, diesen
technologischen Vorsprung zügig in Markterfolge umzusetzen. Dazu leistet die Bundesregierung durch die Förderung von Entwicklungsvorhaben für zukunftweisende
RFID-Anwendungen auch im Rahmen von „Next Generation
Media“ (s. o.) gezielte Unterstützungsmaßnahmen, um Vorzeigelösungen zu schaffen und Machbarkeit zu demonstrieren. Zu den öffentlichen Vorhaben mit großer Breitenwirkung gehört die für 2008 geplante Einführung des elektronischen Personalausweises. Diese zielt auf eine zum
elektronischen Pass – der seit Ende 2005 bereits herausgegeben wird – vergleichbare RFID-Lösung zur kontaktlosen Datenübertragung.
Informationen zu Aktivitäten und Initiativen von Wirtschaft und Bundesregierung wurden in einer gemeinsamen
„RFID-Dialogplattform“ zusammengeführt. Darüber hinaus
zielt das Diskussionsforum „RFID und Verbraucherschutz“
darauf ab, nötiges Vertrauen und Transparenz für Anwender
und Nutzer zu schaffen. Sowohl Fragen des Datenschutzes
wie auch umfassende Informationen für Verbraucher sind
61
aus Sicht der Bundesregierung wichtige Themen, um die
nötige Akzeptanz bei der Einführung von RFID-Technologien
zu erreichen.
E-Energy: IKT-basiertes Energiesystem
der Zukunft
Zur Auslotung der Bedeutung der neuen IKT für die Energiewirtschaft hat das BMWi 2005 eine umfassende Potenzialanalyse und Bestandsaufnahme (E-Energy Studie) in Auftrag
gegeben und in Verbindung damit zahlreiche Fachgespräche durchgeführt. Entsprechend den Analyse-Ergebnissen
und Experteneinschätzungen wird die Energietechnik allein
den erforderlichen innovativen Wandel der Energiemärkte
zu mehr Wettbewerb, dezentraler Energieerzeugung und
verteilten Wertschöpfungsprozessen nicht vollbringen
können. Um weitere Fortschritte bei Energieeffizienz, Versorgungssicherheit und Umweltverträglichkeit erreichen
zu können, muss nun auch im Energiesektor (wie sonst schon
in Wirtschaft und Gesellschaft) die digitale Vernetzung von
Marktteilnehmern und technischen Anlagen sowie ihre Nutzung mit Hilfe intelligenter IKT-Systeme beschleunigt und
verstärkt voran gebracht werden.
Besondere technologische und wirtschaftliche Chancen
bestehen darin, effiziente elektronische Online-Interaktionssysteme und Anwendungen zu schaffen, die von der Erzeugung über Transport und Verteilung bis hin zum Verbrauch
elektrischer Energie alle Segmente des Strommarktes integrieren. So können auf flexible und intelligente Weise Angebot und Nachfrage besser aufeinander abgestimmt und
ressourcenschonend gesteuert werden. Damit werden große
Effizienzschübe im Geschäfts- und Rechtsverkehr, aber auch
im technischen Betrieb erwartet.
Darauf aufbauend wurde E-Energy als Leuchtturmprojekt der Bundesregierung auf dem von der Bundeskanzlerin
im Dezember 2006 durchgeführten IT-Gipfel angekündigt.
Das Förderprogramm E-Energy wird derzeit vom BMWi im
Dialog mit Wirtschaft und Wissenschaft strukturiert. Die
Ausschreibung des Förderschwerpunkts „E-Energy“ erfolgt
im ersten Halbjahr 2007. In auf Basis eines Technologiewettbewerbs ausgewählten E-Energy-Modellregionen sollen
Beispiellösungen geschaffen werden, die zeigen, was machbar und wirtschaftlich ist und so breitenwirksam Nachahmungseffekte und Folgeinvestitionen auslösen.
Eine neue Wissensinfrastruktur
für das Internet der Zukunft schaffen
Ein Schwerpunkt des Aktionsprogramms iD2010 ist die
Schaffung einer neuen internetbasierten Infrastruktur zur
62
Ordnung und Verbreitung von Wissen. Mit dem Leuchtturmprojekt THESEUS (vormals QUAERO), das auf dem nationalen
IT-Gipfel vorgestellt wurde, soll die Wettbewerbsfähigkeit
Deutschlands und Europas beim Zugang und der Nutzung
von digital verfügbarem Wissen als wichtigste Ressource
des 21. Jahrhunderts und mit Blick auf den globalen InhalteWettbewerb verbessert werden.
Strategisches Ziel von THESEUS ist die Entwicklung und
Erprobung einer neuen internetbasierten Wissensinfrastruktur („Internet der Dienste“). Durch die Zusammenarbeit
führender Partner aus IKT-Wirtschaft und -Wissenschaft in
Deutschland und Bündelung der Kräfte sollen innovative
Technologien (Web 3.0, semantische Verfahren, Mustererkennung) entwickelt werden, die die Grundlage für international wettbewerbsfähige Lösungen und damit auch den
Durchbruch mit Blick auf neue integrierte IKT-Services auf
vielversprechenden Anwendungsfeldern wie z. B. Software,
Medizintechnik, Medien und Maschinenbau bilden sollen.
Mit den im Rahmen des THESEUS-Programms entwickelten Lösungen zur Suche und Präsentation multimedialer
Inhalte im Internet sollen auch deutsche und europäische
Kultureinrichtungen befähigt werden, in eigener Regie
einem breiten Publikum den strukturierten Zugriff auf
innovativ aufbereitete kulturelle Bestände online zu ermöglichen. Das THESEUS-Programm leistet insoweit eine wichtige Unterstützung beim Aufbau der Europäischen Digitalen
Bibliothek durch die Europäische Kommission.
Gründerwettbewerb
„Mit Multimedia erfolgreich starten“
Der „Gründerwettbewerb – Mit Multimedia erfolgreich starten“ des BMWi soll einen neuen Impuls für mehr Unternehmensgründungen im zukunftsträchtigen Multimediabereich geben. Jährlich werden zukünftig zwei Wettbewerbsrunden veranstaltet. In jeder Runde werden bis zu 5 beste
Gründungsideen mit Hauptpreisen von je 25.000 Euro Startkapital ausgezeichnet, bis zu 5 weitere Preisträger erhalten
je 5.000 Euro. Außerdem wird in jeder Runde ein Sonderpreis
in Höhe von 5.000 Euro zu einem Fokusthema gemeinsam
mit einem Partner aus der Wirtschaft ausgelobt. Neben den
Preisgeldern erhalten Gründer aktive Unterstützung (individuelles Coaching, Seminare, Workshops durch erfahrene
Experten), um damit typische Fehler in der Startphase zu
vermeiden. Daneben wird einmal im Jahr im Rahmen des
„Gründerkongresses Multimedia“ der mit 50.000 Euro
11
IKT-POLITIK AUS EINEM GUSS
dotierte Preis „Multimediagründung des Jahres“ für den
erfolgreichsten aus dem „Gründerwettbewerb – Mit Multimedia erfolgreich starten“ hervorgegangenen Unternehmensstart vergeben.
Zukünftige Entwicklungen
Die Maßnahmen des BMWi zur Förderung von Entwicklung
und Erprobung neuer Multimedia- und Internettechnologien werden laufend auf neue Herausforderungen und Fragestellungen hin angepasst. Hauptinstrument sind dabei
Technologiewettbewerbe, die starken Anwendungscharakter haben und nicht nur technische, sondern auch rechtliche
und organisatorische Fragen mit einbeziehen sowie Nachahmungseffekte bewirken sollen. Mit Hilfe einer Begleitforschung, die sowohl für ein begleitendes Monitoring und
Benchmarking der Projekte auch im internationalen Vergleich sorgt, eine projektübergreifende Netzwerkbildung
anregt und eine zielgerichtete, vor allem mittelstandsbezogene Öffentlichkeitsdarstellung durchführt, soll der Technologietransfer entwicklungsbegleitend beschleunigt werden.
Zur Vorbereitung der Technologiewettbewerbe werden Studien zur Ermittlung des Handlungsbedarfs in Auftrag gegeben und Gespräche mit Wirtschaft und Wissenschaft geführt. Zur Zeit zeichnen sich über die o. g. Förderschwerpunkte hinaus als Themen u. a. „E-Simulation“ (webbasierte
Simulation von Bauteilen und Prozessen), „E-Robotik“ (autonome Steuerung webbasierter Strukturen) und „3D-Applikationen für digitale Medien“ ab.
5.2 Europäische Kooperationen im
7. Forschungsrahmenprogramm der EU
Der Verzahnung der Fachprogramme des BMBF mit der
Förderprogrammatik der Forschungsrahmenprogramme
der EU kommt eine immer größere Bedeutung zu. Im Vollzug
des 7. Forschungsrahmenprogramms 11 (2006 – 2013) werden,
eine gleich bleibend hohe deutsche Beteiligung vorausgesetzt, im IKT-Bereich jährlich annähernd so viele EU-Fördermittel für deutsche Antragsteller zur Verfügung stehen,
wie in diesem Förderprogramm.
Die EU-Förderung wird in diesem Kontext als konstitutiver Baustein des nationalen IKT-Förderprogramms verstanden, da sie mehr und mehr an „Grundlast“ in der IKT-Förderung schultern und damit Spielräume für eine Fokussierung
der nationalen Förderung schaffen wird.
Nähere Informationen zum 7. Forschungsrahmenprogramm: http://www.forschungsrahmenprogramm.de
IKT-POLITIK AUS EINEM GUSS
Auf Basis der Lissabon-Beschlüsse des EU-Rats wurden insbesondere zwei strategische Ansätze zur FuE-Förderung
auf EU-Ebene forciert, entwickelt und implementiert:
■
■
Dies ist zum einen der ERA-NET Ansatz mit dem Ziel,
europäische Forschungsansätze zu defragmentieren,
nationale/regionale Forschungsprogramme zu koordinieren und nationale Anstrengungen additiv zu übernehmen. Ziel ist die Schaffung von Synergieeffekten
zwischen der Kommission und, uns um die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie entscheidend zu
stärken.
Ein weiterer strategischer Ansatz für das 7. Forschungsrahmenprogramm wurde mit den europäischen Technologieplattformen (ETP) geschaffen. Hier entwickelte die
europäische IKT-Industrie im Vorfeld für ökonomisch
strategische Zukunftsbereiche gemeinsame Zukunftsvisionen. Deren Umsetzung und Realisierung wurden in
Forschungsagenden beschrieben und bilden einen Leitfaden für die gemeinsame europäische und nationale
Forschungspolitik. Zudem haben sich zwei Technologieplattformen aus dem IKT-Sektor, ARTEMIS und ENIAC,
zu JTIs (Joint Technology Initiatives) formiert. In dieser
Public Private Partnership wollen Industrie und Wissenschaft gemeinsam mit der europäischen Kommission
und den nationalen Förderern die Umsetzung der Forschungsagenden unterstützen. Sie können auf ihrem
speziellen Gebiet Fördergelder allokieren und vergeben.
Angesichts der Bedeutung der gemeinsamen strategischen
Ansätze und der Höhe der europäischen Fördergelder wird
das BMBF kontinuierlich darauf hinwirken, dass die EU-Förderung und die nationale Förderung im IKT-Bereich zukünftig ein Höchstmaß an programmatischer und strategischer
Komplementarität aufweisen. Deshalb werden die Arbeitsprogramme der EU fortlaufend mit den Förderschwerpunkten des IKT-2020-Programmes abgeglichen. Ziel ist es, die
Industrie in ihrem Bemühen um die bestmögliche internationale Wettbewerbsfähigkeit zu unterstützen und somit
nachhaltig Arbeitsplätze in Deutschland zu sichern.
Gemeinsame Strategieentwicklung
und Projektförderung
63
Kommunikationstechnologie), NEM (vernetzte elektronische
Medien), NESSI (vernetzte Software und Systeme), EUROP
(Robotik), PHOTONICS21 (Photonik) und ISI (Satellitenkommunikation) entwickelt.
ARTEMIS
Zukünftig soll die europäische Kooperation im Bereich
der Embedded Systems über die Joint Technology Initiative
ARTEMIS noch verstärkt werden. Dabei wird in einer gemeinsamen Anstrengung der europäischen Industrie, der Mitgliedstaaten und der EU-Kommission eine europäische
Strategie zu Embedded Systems entwickelt und vorangetrieben, wobei die bisher fragmentierten Förderansätze
gebündelt und fokussiert werden.
Der inhaltliche Schwerpunkt von ARTEMIS liegt im
Design, der Entwicklung und der Anwendung von ubiquitären, interoperablen, kosteneffektiven und sicheren
Embedded Systems. Ein elementarer Aspekt, der künftig
zunehmend einen Wettbewerbsvorteil darstellen wird, ist
die möglichst breit angelegte Wiederverwendbarkeit von
Bausteinen bis hin zu ganzen Systemen. Europäische Unternehmen müssen darüber hinaus auf dem Gebiet Systementwicklung von „Embedded Systems“, insbesondere bei
„time to market“ und Zuverlässigkeit auf der Basis dieser
JTI gefördert werden.
ENIAC
Die europäische Technologieplattform ENIAC (European
Nanoelectronics Initiative Advisory Council) hat sich ebenfalls zu einer Joint Technology Initiative mit starker deutscher Beteiligung formiert. Die Nanoelektronik bildet in
zunehmendem Maße die technologische Basis für alle Entwicklungen der Informations- und Kommunikationstechnik
und wirkt damit in alle Lebensbereiche hinein.
Die wesentlichen Zielsetzungen der Technologieplattform ENIAC lauten daher: Sicherung der globalen Führungsposition Europas, Schaffung wettbewerbsfähiger Produkte,
Stärkung eines hohen Innovationsniveaus und die Stärkung hochklassiger beruflicher Qualitäten der Fachkräfte
in Europa.
5.3 Exzellenzinitiative
Aufbauend auf den EUREKA-Clustern MEDEA+ (Nanoelektronik) und ITEA (Software-Systeme) werden mit der
EU-Kommission und den Mitgliedstaaten Strategien für die
gemeinsam finanzierten Technologieplattformen ENIAC
(Nanoelektronik), ARTEMIS (Embedded Systems), EPoSS
(Smart Systems Integration), eMobility (mobile und drahtlose
Mit der Förderung der universitären Spitzenforschung im
Rahmen der Exzellenzinitiative sollen Leuchttürme der Wissenschaft in Deutschland entstehen, die auch international
ausstrahlen. Für die Hochschulen stehen im Rahmen der Exzellenzinitiative 1,9 Mrd. Euro zur Verfügung, 75 % davon
64
IKT-POLITIK AUS EINEM GUSS
trägt der Bund. Die Begutachtungen werden von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) und dem Wissenschaftsrat durchgeführt. In der zweiten Wettbewerbsrunde
wurde am 12. Januar 2007 eine Vorentscheidung bekannt
gegeben. Für die erste Förderrunde fielen bereits am
13. Oktober 2006 die finalen Entscheidungen.
Konkret geht es beim Wettbewerb Exzellenzinitiative
um drei projektorientierte Förderlinien:
■
■
■
Graduiertenschulen für den wissenschaftlichen Nachwuchs bieten strukturierte Promotionsprogramme
innerhalb eines exzellenten Forschungsumfeldes und
eines breiten Wissenschaftsgebietes an. Etwa 40 Graduiertenschulen erhalten jeweils durchschnittlich eine
Million Euro pro Jahr, insgesamt stehen für diesen
Bereich jährlich 40 Millionen Euro zur Verfügung.
Mit Exzellenzclustern sollen an den Universitäten international sichtbare und konkurrenzfähige Forschungsund Ausbildungseinrichtungen etabliert werden, die
mit außeruniversitären Forschungseinrichtungen,
Fachhochschulen und der Wirtschaft kooperieren.
Für jedes dieser etwa 30 geförderten Cluster stehen pro
Jahr durchschnittlich 6,5 Millionen Euro zur Verfügung,
in Summe damit insgesamt 195 Millionen Euro pro Jahr.
Mit der Förderung von „Zukunftskonzepten zum
Ausbau universitärer Spitzenforschung“ soll das
Forschungsprofil von bis zu zehn ausgewählten Universitäten weiter gestärkt werden. Voraussetzung ist, dass
eine Hochschule mindestens ein Exzellenzcluster, eine
Graduiertenschule sowie eine schlüssige Gesamtstrategie zu einem weltweit anerkannten „Leuchtturm der
Wissenschaft“ vorweisen kann. Für diesen Bereich sind
insgesamt 210 Millionen Euro pro Jahr eingeplant. Der
Umfang jedes Fördervorhabens soll bei durchschnittlich
21 Millionen Euro liegen.
Mit Bezug zu Informations- und Kommunikationstechnologien zählen die Graduiertenschulen:
■
■
■
12
„Aachen Institute for Advanced Studies in
Computational Engineering Science“,
„Karlsruhe School of Optics and Photonics“ und
„Erlangen Graduate School in Advanced Optical
Technologies“
sowie die Exzellenzcluster:
■
■
„Ultra High-Speed Mobile Information and
Communication“ in Aachen und
„Cognition for Technical Systems“ in München
zu den bisherigen Gewinnern der Förderrunden.
5.4 IKT-Forschung der Wissenschaftsorganisationen
Die deutsche Forschung wird getragen von den Universitäten, den außeruniversitären Forschungsorganisationen
(Fraunhofer-Gesellschaft, Helmholtz-Gemeinschaft, LeibnizGemeinschaft, Max-Planck-Gesellschaft), unabhängigen
Instituten sowie der Wirtschaft. Jede Einrichtung hat einen
spezifischen Auftrag, sei es Grundlagenforschung, angewandte Forschung, deren interdisziplinäre Verknüpfung,
Technologietransfer und/oder Entwicklung, wissenschaftliche Großgeräte und Vorsorgeforschung.
Zusammenarbeit innerhalb der Wissenschaft
In den letzten Jahren wurde von den Wissenschaftsorganisationen vieles angestoßen: Sonderforschungsbereiche und
Transregios, DFG-Forschungszentren und Exzellenzcluster,
Schwerpunktprogramme, die Max-Planck-Research Schools,
Leibniz Graduate Schools, international integrierende EUProjekte, Kooperationsprojekte zwischen FhG und MPG
sowie zwischen MPG und WGL, Max-Planck-Innovation,
gemeinsame Research Labs mit der Industrie, Private-PublicPartnerships wie beispielsweise das Deutsche Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI)12, innovative
IP-Regelungen, eine stärkere Vernetzung der außeruniversitären Forschung mit den Hochschulen etc. Die meisten dieser Programme betreffen die Zusammenarbeit innerhalb
der Wissenschaft.
Einzeldarstellungen der Organisationen in den folgenden Abschnitten werden die individuellen Stärken aufzeigen.
Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft
und Wirtschaft
Die Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Wirtschaft
kann noch deutlich verbessert werden. Das Ziel muss eine
wesentlich gesteigerte Innovationseffizienz sein. Die Wissen-
Das DFKI wurde 1988 von namhaften deutschen Unternehmen der IKT-Wirtschaft zusammen mit Forschungseinrichtungen
sowie den Ländern Rheinland-Pfalz und Saarland gegründet.
IKT-POLITIK AUS EINEM GUSS
schaft muss bereit sein, auf die Fragen der Wirtschaft einzugehen (market-pull), und die Wirtschaft muss offen für die
Ergebnisse der Wissenschaft (technology-push) sein.
Über die Zusammenarbeit innerhalb der Wissenschaft
hinaus gibt es seitens der Wissenschaftsorganisationen das
Angebot zur Kooperation mit der Wirtschaft entlang der
gesamten Innovationskette – von der Grundlagenforschung
über angewandte Forschung bis hin zum Technologietransfer. Konkrete Anknüpfungspunkte werden vor allen Dingen
bei folgenden Themenschwerpunkten gesehen, die unmittelbaren Bezug zu den thematischen Schwerpunkten
in diesem Forschungsprogramm haben:
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■
Intelligente und sichere Automobile, Mobilität
als Dienstleistung – Automotive Engineering;
Anwendungs- und branchenübergreifende
Schlüsseltechnologien im Bereich „Computing“;
Intelligente Lösungen zur Wissensvernetzung/
Wissensmanagement;
Unterstützung älterer Menschen – Assisted Living.
Um zu einer noch besseren Verzahnung der IKT-Forschungspolitik des BMBF mit den IKT-Forschungsaktivitäten der
Wissenschaftsorganisationen zu gelangen, werden wie bei
der Erstellung des Programms IKT 2020 auch bei dessen
Weiterentwicklung die Wissenschaftsorganisationen mit
eingebunden.
5.4.1 Max-Planck-Gesellschaft
Die Institute der Max-Planck-Gesellschaft (MPG) betreiben
erkenntnisorientiert und anwendungsoffen Grundlagenforschung in den Natur-, Sozial- und Geisteswissenschaften
auf höchstem Niveau. Viele der in den Max-Planck-Instituten
bearbeiteten Themen sind mittel- oder unmittelbar für die
Informations- und Kommunikationstechnik relevant. Derzeit
gibt es 78 Max-Planck-Institute und Einrichtungen mit unterschiedlicher Größe, Struktur und Aufgabenstellung, die sich
mit ihren Standorten auf alle Bundesländer und das nähere
Ausland (Niederlande, Italien) verteilen.
Grundlegende Beiträge im Bereich Software liefern vor
allem das Max-Planck-Institut für Informatik und das MaxPlanck-Institut für Softwaresysteme. Relevante Forschung
wird aber auch in den Max-Planck-Instituten auf dem Gebiet
der Mathematik und der theoretischen Physik, in den Computational Science Abteilungen der Institute auf dem Gebiet
der Physik, Chemie, Meteorologie, Medizin und Biologie, im
Deutschen Klimarechenzentrum (DKRZ), im Rechenzentrum
Garching (RZG), in der Gesellschaft für Wissenschaftliche
Datenverarbeitung Göttingen (GWDG) und in der Max-
65
Planck Digital Library (MPDL) betrieben. Hinzu kommen
Forschungsarbeiten zu Grundlagen neuronaler und kognitiver Prozesse, die zum Grossteil in der Biologisch-Medizinischen Sektion angebunden sind. Mit den gesellschaftlichen Auswirkungen und den Rahmenbedingungen der
neuen Technologien beschäftigen sich ebenso mehrere
Institute der Geistes-, Sozial- und Humanwissenschaftlichen
Sektion der MPG (GSHS).
Im Bereich Hardware tragen vor allem die materialwissenschaftlich orientierten Institute durch grundlagenorientierte Forschungsarbeit zur Neu- und Weiterentwicklung
von Materialien und Prozessen bei. Die adressierten Fragestellungen reichen von der Fertigung von Komponenten und
Systemen der Mikro- und Optoelektronik bis zu den Grundlagen für neuartige, miniaturisierte Speichermedien. Im
Rahmen der Verbundforschung, aber auch begründet durch
rein wissenschaftliche Fragestellungen arbeiten vor allem
die folgenden Institute mit erheblichen Teilen ihrer Potentiale an diesen Themen: MPI für Metallforschung, MPI für Festkörperforschung, MPI für Mikrostrukturphysik, MPI für Polymerforschung, MPI für Quantenoptik und die Max-PlanckForschungsgruppe Optik, Information und Photonik.
Der Forschungsschwerpunkt des Max-Planck-Instituts für
Informatik sind Algorithmen. Informatiksysteme haben über
die letzten Jahrzehnte wesentlich an Effizienz gewonnen.
Der Fortschritt beruht zum einen auf Entwicklungen in der
Hardware (Moore’s Gesetz) und zum anderen auf verbesserten Algorithmen.
Das Max-Planck-Institut für Softwaresysteme wurde im
November 2004 gegründet und befindet sich im Aufbau. Der
Forschungsschwerpunkt des Instituts sind Softwaresysteme,
komplexe technische Systeme, die durch Softwareprogramme realisiert werden. Verglichen mit dem Max-Planck-Institut für Informatik, das Algorithmen untersucht, ist hier das
komplexe Zusammenspiel verschiedenster durch Algorithmen realisierter Komponenten plus deren Interaktion mit
der Außenwelt Forschungsgegenstand.
5.4.2 Fraunhofer Gesellschaft
Angewandte Forschung zum direkten Nutzen der Unternehmen kennzeichnet die Arbeit der Fraunhofer-Gesellschaft:
An 80 Forschungseinrichtungen werden neue Technologien
in kurzer Zeit zusammen mit der Industrie umgesetzt in konkrete Problemlösungen, Produkte und Dienstleistungen,
wobei mittlerweile ein Großteil der Fraunhofer-Gesellschaft
Hard- und Software erforscht und entwickelt. Somit deckt
die Fraunhofer-Gruppe Informations- und Kommunikationstechnik (IuK) die gesamten Wertschöpfungsketten nahezu
aller Branchen ab – von der Medizin über die Medienindustrie und das produzierende Gewerbe bis hin zum Finanz-
66
wesen – was die Gruppe in Europa zur größten IKT-Forschungsorganisation macht. Daneben leistet auch der Verbund Mikroelektronik der FhG – in Kooperation mit der Industrie – wichtige Beiträge zu Equipment-, Material- und
Prozessentwicklung sowohl im Frontend als auch im Backend der Halbleitertechnologie.
Charakteristisch für den IKT-Bereich sind die außerordentlich kurzen Innovationszyklen, wodurch Fachkenntnisse eine nur kurze Halbwertzeit haben. Schnelligkeit und
Effizienz von Prozess- und Produktinnovationen entscheiden
deshalb im Softwarebereich noch weitaus stärker als in den
meisten anderen Forschungsgebieten über die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen. Weil Software-Systeme
zugleich immer komplexer werden – und dies auch in immer
mehr eingebetteten Systemen für Alltagsgegenstände – wird
es für Unternehmen und Anwender immer schwieriger zu
entscheiden, welche Investitionen wirklich nachhaltig Wettbewerbsvorteile schaffen. Marktkenntnis, technisches Knowhow und eine kritische Masse an Experten und Ausstattung
machen die Fraunhofer-Institute somit zum strategischen
Partner der Industrie.
In den fünf Jahren seit der Integration der GMD-Institute
in die Fraunhofer-Gesellschaft hat die IuK-Gruppe gemeinsame Geschäftsfelder etabliert sowie strategische Themen
der Vorlaufforschung und gemeinsame Technologieszenarien erarbeitet. Diese Bündelung ermöglicht branchenspezifische, ganzheitliche und maßgeschneiderte IKT-Lösungen
sowie kompetente Technologieberatung. Bei Kooperationsprojekten werden die Verwertungsrechte je nach Wunsch
des Unternehmens individuell gestaltet. Regelmäßige Wirtschafts-Summits bringen Industrie, Forschung und Politik
zu bestimmten Themen an einen Tisch und bilden so eine
Plattform für kontinuierlichen Wissenstransfer.
Aktuelle Top-Themen der Vorlaufforschung, die mit
einem Zeithorizont von 2 bis 3 Jahren neue Märkte adressieren oder schaffen, sind Sicherheit und Usability, Ambient
Intelligence und Grid Computing, Spiele und Unterhaltung,
Data Analysis und Information Extraction, Produktion und
Simulierte Realität, Software Engineering und Next Generation Networks.
13
14
15
IKT-POLITIK AUS EINEM GUSS
Außerdem stimmt die IuK-Gruppe intern Forschungs-Perspektiven für unterschiedlichste Lebens- und Arbeitsbereiche ab, die in Form von Anwendungsszenarien und Technologie-Roadmaps mit externen Fachleuten erarbeitet und validiert werden. Der Zeithorizont liegt hier bei 5 bis 7 Jahren.
5.4.3 Leibniz-Gemeinschaft
Die Institute der Leibniz-Gemeinschaft sind als Strukturelement von IKT 2020 vor allem als Partner für Innovationsplattformen und Träger von Querschnittsthemen essentiell. Leibniz-Institute nehmen mit ihrem einzigartigen Charakter der
missionsgebundenen Forschung in transsektoralen Verbünden eine Scharnierfunktion wahr. Dieser translationale interdisziplinäre Ansatz kann und sollte im Sinne der IKT 2020Strategie weiter ausgebaut und unterstützt werden.
So bestehen z. B. erfolgreiche Verbünde zur Materialforschung in Dresden 13 und in Berlin zur optischen Technologie
und Mikrosystemtechnik 14, die entweder selbst als Innovationsplattformen verstanden werden können oder wichtige
Beiträge zur Lösung der anstehenden Herausforderungen im
Bereich der Hardware für das Programm IKT 2020 liefern
können.
Im Einzelnen lassen sich neben der allgemeinen Nutzung von IKT zwei (Querschnitts-)Felder identifizieren, in
denen Leibniz-Institute im Rahmen des Forschungsprogramms IKT 2020 aktiv sind: die schon angesprochene
Hardware für IKT und wissenschaftliche Nutzung von IKT.
Dazu kommen Aspekte, die einzelne Leibniz-Einrichtungen
bereits heute erfolgreich als Service an die Wirtschaft vermarkten, z. B. im Bereich des Informationstransfers.
Hardware für IKT
Hier sind vor allem die Institute zu nennen, die im Bereich
der Mikrosystemtechnik und Elektroniksysteme auch Komponenten für Kommunikationstechnologien entwickeln und
herstellen 15. Beispiele sind Sendebausteine für die nächste
Generation von Basisstationen in der Mobilkommunikation
sowie für autarke verteilte Mikrosysteme oder effiziente
Materialforschungsverbund Dresden e. V.
OpTecBB, ZEMI
Innovations for High Performance Microelectronics/Institut für Innovative Mikroelektronik, Frankfurt (Oder) (IHP), FerdinandBraun-Institut für Höchstfrequenztechnik, Berlin (FBH), Paul-Drude-Institut für Festkörperelektronik, Berlin (PDI, eingeschränkt)
IKT-POLITIK AUS EINEM GUSS
Lichtquellen für zukünftige Displaytechnologien. Hinzu
kommen Institute im Bereich der optischen Technologien
und die vorwiegend materialwissenschaftlichen Institute,
die in die Entwicklung neuer Materialien für IKT eingebunden werden 16.
Wissenschaftliche Nutzung von IKT
Die Weiterentwicklung von Hoch- und Höchstleistungsrechnen sowie Grid-Computing in Deutschland kann nicht losgelöst von deren Nutzern geschehen. Die Leibniz-Institute,
die auf so unterschiedlichen Gebieten wie Astrophysik, Sonnenphysik, Klimafolgenforschung oder Meereswissenschaften tätig sind 17, sind mit der Simulation und Verarbeitung
großer Datenmengen beschäftigt und haben entsprechende
Expertise in der Erstellung und Benutzung eigener Software
für diese Bereiche. Das Weierstraß-Institut für Angewandte
Analysis und Stochastik (WIAS) entwickelt Simulationssoftware für spezifische Rechnerarchitekturen. Zahlreiche
lebenswissenschaftliche Institute unterhalten Abteilungen
für Bioinformatik und haben Datenbanken mit Struktureigenschaften biologisch und damit ggf. auch industriell
relevanter Verbindungen.
Die Fachinfomationszentren18 betreiben (und vermarkten) Datenbanken mit komplexen naturwissenschaftlichen
Informationen, eingeschlossen Strukturen, Metadaten, Volltexten sowie Patenten. Die Serviceinstitute in den Bereichen
Informatik und Mathematik19 können durch die Ausrichtung
ihrer Veranstaltungen den Prozess des Forschungsprogramms IKT 2020 unterstützen.
Die neuen Formen des wissenschaftlichen Arbeitens –
vernetztes Wissensmanagement – erfordern innovative,
IKT-getriebene, effiziente und sichere Infrastrukturen und
Applikationen. Das Fachinformationszentrum (FIZ) Karlsruhe entwickelt Software, die den gesamten Prozess der
wissenschaftlichen Wertschöpfung unterstützt. Mit der
Max-Planck- Gesellschaft besteht eine Partnerschaft zum
Aufbau einer nationalen Service-Infrastruktur für netzbasierte Formen wissenschaftlichen Arbeitens.
16
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67
5.4.4 Helmholtz-Gemeinschaft
Die wissenschaftlichen Aktivitäten in der HelmholtzGemeinschaft (HGF) orientieren sich entlang einer nach
sechs Forschungsbereichen gegliederten Programmstruktur.
Die einzelnen wissenschaftlichen Programme werden in der
Regel von mehreren Helmholtz-Zentren kooperativ bearbeitet. Unter den etwa 30 Programmen finden sich einige zentrale, die sich explizit mit Themen aus dem Bereich IKT beschäftigen, und andere, die IKT-Forschung und Entwicklung
mit Blick auf eine übergeordnete wissenschaftliche Fragestellung betreiben. Die im Folgenden vorgestellten Projekte
und Themen sollen daher exemplarisch einen Einblick in die
IKT-Forschung der HGF geben.
Höchstskalierbare Hard- und Software
für Supercomputer
Die Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten der HGF
umfassen die Gebiete „Höchstskalierbare Hard- und Software für Supercomputer“ sowie „Grid-Computing“ im
Rahmen der Programmorientierten Förderung (aktuelle
Laufzeit: 2005 bis 2009) im Programm „Wissenschaftliches
Rechnen“ des Forschungsbereichs „Schlüsseltechnologien“.
Das aktuelle Strategiekonzept des Forschungsbereichs
„Schlüsseltechnologien“ für die zweite Periode der Programmorientierten Förderung (2010 bis 2014) sieht eine
massive Verstärkung dieser Forschungsaktivitäten vor.
Die HGF wird:
■
■
hoch skalierbare Supercomputer der Multi-PetaflopKlasse in Zusammenarbeit mit führenden europäischen
Firmen und europäischen Universitäten und Forschungseinrichtungen mitentwickeln;
ihre Forschung zum „High-Productivity-Computing“
auch durch Verschränkung mit Universitäten (bspw.
im Rahmen von „Virtuellen Instituten“) erheblich intensivieren. Ein weiterer Schritt in diese Richtung ist die
gemeinsam vom Forschungszentrum Jülich und der
Max-Born-Institut für Nichtlineare Optik und Kurzzeitspektroskopie, Berlin (MBI), Leibniz-Institut für Polymerforschung,
Dresden (IPF, organische Halbleiter), Leibniz-Institut für Neue Materialien, Saarbrücken (INM, nanostrukturierte Schichten),
Leibniz-Institut für Festkörper- und Werkstoffforschung, Dresden (IFW), Forschungszentrum Dresden-Rossendorf (FZD)
Astrophysikalisches Institut Potsdam (AIP), Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK), Leibniz-Institut für Meereswissenschaften, Kiel (IFM-GEOMAR), Kiepenheuer-Institut für Sonnenphysik (KIS)
Fachinformationszentrum Karlsruhe, Karlsruhe (FIZ K); Fachinfomationszentrum Chemie; Berlin (FIZ C)
Mathematisches Forschungsinstitut, Oberwolfach (MFO), Internationales Begegnungs- und Forschungszentrum für Informatik
Schloss Dagstuhl (IBFI)
68
■
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IKT-POLITIK AUS EINEM GUSS
RWTH Aachen gegründete „German Research School
for Simulation Science“. Diese Initiative stellt ein neuartiges Ausbildungskonzept für besonders begabte
Master- und Promotionsstudenten dar;
ein Supercomputerzentrum als Teil des deutschen
Gauß-Centrums am Forschungszentrum Jülich mit
Unterstützung der Bundesregierung und des Landes
Nordrhein-Westfalen betreiben;
ein Helmholtz-Grid aufbauen, in der Absicht, weitere
Communities an das Thema Grid-Computing heranzuführen, die Community-Bildung anzustoßen sowie sich
für die Weiterentwicklung und den nachhaltigen
Betrieb des D-Grid zu engagieren.
Forschungszentrum Jülich (FZJ)
Das Forschungszentrum Jülich (FZJ) befasst sich mit IKT
im Wesentlichen innerhalb seines Forschungsschwerpunktes „Information“. Das FZJ sieht seine Rolle in diesem
Zusammenhang bei den Querschnittstechnologien in der
Erforschung von zukünftigen und innovativen nanoelektronischen Systemen für die Informationstechnik und im
Bereich des Supercomputings.
Bei der Mehrzahl aller zukünftigen Anwendungen im
Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologien werden höhere Rechenleistungen und Speicherkapazitäten der elektronischen Systeme notwendig sein als
derzeit verfügbar sind. Dies zudem vor dem Hintergrund,
dass in den nächsten 10 – 15 Jahren die augenblickliche
höchst-integrierte CMOS-Technologie absehbar an ihre technischen und ökonomischen Grenzen stoßen wird. Deshalb
forscht das FZJ sowohl an Konzepten, welche die CMOS-Technologie an ihre ultimativen Grenzen bringen („Advanced
CMOS“), als auch an alternativen Technologien, die mit höherer Rechenleistung und geringerem Leistungsverbrauch die
bisherige Siliziumtechnologie ergänzen sollen („Beyond
CMOS“). Durch Gründung eines gemeinsamen Zentrums mit
der RWTH Aachen, das alle physik- und technologieorientierten IKT-Institute des FZJ und der RWTH umfasst und welches
eine Technologie-Plattform als User Facility betreiben will,
wird ein weiterer, bedeutender Ausbau der Forschungskapazität und eine erhebliche Bündelung der Kräfte erreicht.
Neben der Nanoelektronik ist der zweite große Schwerpunkt in Jülich das Supercomputing und – in verschiedenen
zentralen Bereichen in Kooperation mit dem FZK – das Thema
„Grids für Simulation Science“. Simulation und Datenauswertung auf Supercomputern („Capability“) und in GridInfrastrukturen („Capacity“) sind heute eine unabdingbare
Methodik bei der Lösung komplexester Fragen in Wissenschaft, Technik und Industrie.
Forschungszentrum Karlsruhe (FZK)
Im Forschungszentrum Karlsruhe (FZK) sind es im Wesentlichen die drei Institute für Angewandte Informatik (IAI),
für Prozessdatenverarbeitung und Elektronik (IPE) und für
Wissenschaftliches Rechnen (IWR), die sich als zentrale
Arbeitsschwerpunkte mit IKT-Themen beschäftigen. Hier
sind es insbesondere die Virtualisierung von IKT-Ressourcen,
das Ressource-Brokering in Grids sowie die Simulation und
Leistungsbewertung von Rechenressourcen und die Zusammenschaltung heterogener IKT-Infrastrukturen in weiträumig verteilten Computing- und Daten-Grids. Weitere
Themen sind parallele und verteilte Systeme und Datenstrukturen, das Datenmanagement sowie Netzwerke und
Kommunikationsstrukturen und die Entwicklung ausgewählter Middlewarekomponenten.
Deutsches Zentrum für Luftund Raumfahrt e.V. (DLR)
Im Forschungsbereich „Verkehr und Weltraum“, der vom
Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt e.V. (DLR) getragen wird, ist die IKT-Forschung überwiegend im Institut
für Kommunikation und Navigation konzentriert. Das Institut befasst sich mit den Themen Satellitenkommunikation,
optische Freiraumkommunikation, aeronautische Kommunikation, terrestrische Kommunikation und insbesondere
auch mit der Navigation (speziell im Zusammenhang mit
dem europäischen Satellitennavigationssystem GALILEO)
sowie mit Diensten, die sich aus diesem Kontext heraus
ergeben. Schwerpunkte der Aktivitäten sind neue Systemkonzepte, Übertragungsverfahren und Protokolle zur mobilen und breitbandigen Multimediakommunikation über
Satellit einerseits und der allgemeinen Kommunikationsfähigkeit durch „Satellite Messaging“ andererseits. Zielsetzung ist es, neue Dienste durch effizientere und besonders
angepasste Verfahren zu ermöglichen.
5.5 Nachwuchs, Fach- und Führungskräfte
Der internationale Wettbewerb ist nicht nur ein Wettbewerb
um Kosten, sondern auch um Köpfe. Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit sowohl der IKT-Branche selbst als auch der
in Deutschland starken Branchen, in denen Innovationen zu
einem hohen Maße IKT-getrieben sind, sind in zunehmendem Maße auf hoch qualifizierte Fachkräfte und Nachwuchs
angewiesen.
Die Verfügbarkeit von Fachkräften und Nachwuchs wird
allerdings zu einem kritischen Erfolgsfaktor für den Standort
Deutschland: Jedes Jahr verlassen bis zu 10.000 IKT-Fachkräf-
IKT-POLITIK AUS EINEM GUSS
te weniger die Hochschulen, als benötigt werden. Beim ITGipfel der Bundeskanzlerin im Dezember 2006 war deshalb
die einhellige Meinung, dass die Problematik des Fachkräfteund Nachwuchsmangels stärker als bisher bei der Ausgestaltung innovations- und investitionsfreundlicher Rahmenbedingungen aufgegriffen werden muss. Gleichzeitig gelte es,
alle Ebenen, die berufliche Ausbildung, das Studium und die
Weiterbildung, besser auf die zentralen Optionen für die
weitere IKT-Entwicklung auszurichten. Dies beinhaltet, System- und Prozessorientierung sowie Innovationsfähigkeit in
den Mittelpunkt zu stellen und dabei zu mehr integrativen,
interdisziplinären oder sogar transdisziplinären Bildungsmodellen überzugehen, die in einer Strategie lebenslangen
Lernens verankert sind.
Eine Veränderung der Situation bei Fachkräften und
Nachwuchs im IKT-Bereich lässt sich nur durch gesamtgesellschaftliche Anstrengungen erreichen. Aus Sicht der
Arbeitsgruppe „Hightech-Strategie für die Informationsgesellschaft“ müssen die Ziele des gemeinsamen Handelns
von Wissenschaft, Wirtschaft und Politik sein:
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ein technikfreundliches gesamtgesellschaftliches Klima
schaffen, dass die Begeisterung für Zukunftstechnologien weckt;
die Anzahl von IKT-Fachleuten durch verstärkte Anstrengungen im Bereich Erstausbildung/Weiterbildung
erhöhen;
Erhöhung des Anteils von Frauen in den IKT-Berufen;
durchgängige Angebote zur effektiven IKT-Nutzung von
der Schule bis zum Beruf sowie für die Aus- und Weiterbildung von IKT-Nutzern schaffen;
die Attraktivität Deutschlands für die weltweit besten
Köpfe durch sichtbare Exzellenz und vereinfachten
Zugang (Zuwanderungsrecht) erhöhen.
Derzeit gibt es umfangreiche Aktivitäten und Maßnahmen
mit dieser Zielrichtung: Allen voran sind hier vom BMBF geförderte Vorhaben (vgl. Aktionsplan iD2010) und die beim
IT-Gipfel vereinbarten Initiativen zu nennen. Eine Gesamtstrategie und ein durchgängiges Konzept stehen bisher aber
noch aus. Im Rahmen des Follow-up-Prozesses zum IT-Gipfel
gibt es aber seitens Wissenschaft, Wirtschaft und Politik
erste Ansätze, die Vielzahl von Einzelmaßnahmen zu bündeln und zu einem kohärenten Ganzen zusammenzuführen.
Es gilt dann, die IKT-Forschungspolitik eng mit der Gesamtstrategie zu Nachwuchs, Fach- und Führungskräften im IKTBereich zu verzahnen.
Neben der Verzahnung mit bestehenden können aus
IKT 2020 heraus aber auch neue Initiativen und Prozesse zur
Verbesserung der Situation bei Nachwuchs, Fach- und Füh-
69
rungskräften angestoßen werden. Ausgangspunkt hierfür
sind der im Rahmen von Leitinnovationen, Technologieverbünden und Dienstplattformen identifizierte Nachwuchs-, Fach- und Führungskräftebedarf immer dann,
wenn sich der Bedarf bzw. die konkrete Problemstellung
auch über die spezifische Kooperation (von Wissenschaft
und Wirtschaft) hinaus stellt.
70
FINANZMITTEL FÜR IKT
6. Finanzmittel für IKT 20
IKT-Projektförderung des BMBF (Forschung; Haushaltsplanung)
Titel
Vernetzte Welt,
Nanoelektronik,
Softwaresysteme,
Mikrosystemtechnik
2007
2008
2009
2010
2011
Summe
287,0
292,0
293,0
299,3
308,3
1.479,6
IKT-Projektförderung des BMWi (Forschung; Haushaltsplanung)
Titel
2007
2008
2009
2010
2011
Summe
Multimedia,
Theseus,
IKT-Anwendungen
60,8
71,2
87,0
87,5
73,0
379,5
IKT-Institutionelle Förderung des BMBF im Zeitraum 2007 – 2011 (Plan- und Schätzwerte)
Summe
120
750
190
420
260
1.740
MPG
FhG
WGL
HGF
DFG
Gesamtmittel des BMBF im Bereich IKT-Forschung
Summe
IKT-Projektförderung
IKT-institutionelle
Förderung
20
Alle Angaben gerundet in Mio. Euro.
1.480
1.740
3.220
OPERATIVE UMSETZUNG DES FÖRDERPROGRAMMS
71
7. Operative Umsetzung des Förderprogramms
Grundlage für die Förderung im IKT-Bereich im Rahmen
der direkten Projektförderung sind die im Abschnitt 4.1 dargestellten strategischen Instrumente sowie der in den
Abschnitten 4.2 und 4.3 abgesteckte thematische Rahmen.
Gefördert werden vorrangig an der Innovations- und Wertschöpfungskette ausgerichtete Verbundprojekte zwischen
Industrie und Forschungseinrichtungen, d. h. industriegeführte Forschungsvorhaben, in die universitäre und außeruniversitäre Forschungseinrichtungen gezielt einbezogen
werden. Eine Förderung von Einzelvorhaben sowie von Verbundvorhaben allein zwischen wissenschaftlichen Partnern
ist nur in Ausnahmefällen möglich.
Sowohl Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft (mit
Sitz und überwiegender Ergebnisverwertung in Deutschland) als auch Hochschulen, Großforschungseinrichtungen
und andere FuE-Institutionen können sich an diesem Pro-
gramm beteiligen. Die Beteiligung kleiner und mittlerer
Unternehmen ist ausdrücklich erwünscht. Das BMBF ist
darüber hinaus bestrebt, den Anteil der Fachhochschulen
in der Forschungsförderung zu erhöhen.
Aktuelle Bekanntmachungen zu einzelnen Förderschwerpunkten werden im Bundesanzeiger veröffentlicht
und über die Internetseiten der Förderinstitutionen verbreitet. Mit diesen werden die Fördermodalitäten bzw. -regularien verbindlich festgelegt. Bei der Begutachtung wird das
BMBF von unabhängigen Experten (aus Wissenschaft und
Wirtschaft) unterstützt. Die Förderentscheidung trifft das
BMBF. Zur fachlichen und administrativen Betreuung von
FuE-Förderprojekten beauftragen das BMBF und das BMWi
Projektträger. Diese beraten Antragsteller und begleiten
die Durchführung der Projekte bis zu ihrem Abschluss.
Informationen zur Förderung durch das BMBF
erteilen die Auskunftsstelle BMBF-Förderung
sowie speziell für IKT (BMBF, BMWi)
Forschungszentrum Jülich GmbH
Förderberatung des BMBF beim Projektträger Jülich
Wallstr. 18
10179 Berlin
Tel: 0800 – 262-3008
Fax: 030 – 20199-470
E-Mail: [email protected]
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt e.V. (DLR)
Projektträger im DLR - Informationstechnik
Linder Höhe
51147 Köln
Tel. 02203 – 601-2862
Fax: 02203 – 601-2842
E-Mail: [email protected]
72
WEITERE NÜTZLICHE INFORMATIONEN
8. Weitere nützliche Informationen
Informationen der Bundesregierung
http://www.bundesregierung.de
Bundesverband der Deutschen Industrie e.V.
http://www.bdi-online.de
Informationen des BMBF
http://www.bmbf.de
BITKOM – Bundesverband Informationswirtschaft,
Telekommunikation und neue Medien e.V.
http://www.bitkom.org
BMBF-Informationen zur Hightech-Strategie
für Deutschland
http://www.bmbf.de/de/6608.php
ZVEI – Zentralverband Elektrotechnik- und
Elektronikindustrie e.V.
http://www.zvei.org
BMWi-Informationen zu Informationsgesellschaft
Deutschland 2010
http://www.bmwi.de/BMWi/Navigation/Technologieund-Innovation/informationsgesellschaft.html
VDMA – Verband Deutscher Maschinenund Anlagenbau e.V.
http://www.vdma.org
BMBF-Informationen zu Exzellenzinitiative und Pakt
für Forschung und Innovation
http://www.bmbf.de/press/1505.php
VDE – Verband der Elektrotechnik Elektronik
Informationstechnik e.V.
http://www.vde.com
BMBF-Informationen zur Forschung für die
zivile Sicherheit
http://www.bmbf.de/de/6293.php
VDI – Verein Deutscher Ingenieure
http://www.vdi.de
BMBF-Informationen zur Nanotechnologie
http://www.bmbf.de/de/nanotechnologie.php
Max-Planck-Gesellschaft
http://www.mpg.de
BMBF-Informationen zu Optischen Technologien
http://www.bmbf.de/de/3591.php
Fraunhofer-Gesellschaft zur Förderung der Angewandten
Forschung e.V.
http://www.fraunhofer.de
BMBF-Informationen zur Mikrosystemtechnik
http://www.bmbf.de/de/5701.php
Helmholtz-Gemeinschaft
http://www.helmholtz.de
BMBF-Informationen zur Werkstoffforschung
http://www.bmbf.de/de/3738.php
Wissenschaftsgemeinschaft Gottfried Wilhelm Leibniz e.V.
http://www.wgl.de
BMBF-Informationen zur Produktionsforschung
http://www.bmbf.de/de/686.php
Deutsche Forschungsgemeinschaft e.V.
http://www.dfg.de
Deutsches Portal zum 7. Forschungsrahmenprogramm
der EU
http://www.forschungsrahmenprogramm.de
Deutsches Forschungszentrum für künstliche Intelligenz
http://www.dfki.de
Förderdatenbank des Bundes im Internet
http://www.foerderdatenbank.de
Gesellschaft für Informatik e.V. (GI)
http://www.gi-ev.de
Feldafinger Kreis
http://www.feldafinger-kreis.de
Münchner Kreis – Übernationale Vereinigung
für Kommunikationsforschung e.V.
http://www.muenchner-kreis.de
GLOSSAR
73
9. Glossar
4G
auch als „Beyond 3G“ bezeichnet, steht für die Weiterentwicklung der mobilen Kommunikation über die dritte
Generation (UMTS „3G“; HSDPA- „3,5G“) hinaus.
Aktuatoren
(auch Aktoren genannt) bezeichnen in der Steuer- und Regelungstechnik das wandlerbezogene Gegenstück zu Sensoren
und bilden das Stellglied in einem Regelkreis.
Auto-ID- bzw. Trackingtechnologien
Logische Prozesse mit intelligenten Objekten basierend auf
Sensornetzen und anderen automatischen Identifikationssystemen und einer Technologie der dynamischen Zuordnung.
Backbone
Hauptstränge eines Netzwerks (Hauptnetz) mit hoher Bandbreite, die kleinere Teilnetze verbinden.
Bioanaloge Informationsverarbeitung
Nachbildung der Eigenschaften biologischer Informationsverarbeitungssysteme (z. B. Gehirn, Immunsystem) in technischen Systemen.
Biometrie
Identifizierung einer Person durch Körpermerkmale wie
beispielsweise Fingerabdruck oder Gesichtsform.
Carbon Nano-Tubes
Kohlenstoffnanoröhren sind mikroskopisch kleine röhrenförmige Gebilde aus Kohlenstoff mit entweder halbleitenden
oder leitenden Eigenschaften.
Clean slate – Ansätze
Ansätze zum radikalen Neuentwurf der technologischen
Basis des Internet, die auch Sicherheitsaspekte beinhalten
sollen.
CMOS
(Complementary Metal Oxid Semiconductor) Halbleitertechnologie, die hauptsächlich für integrierte Schaltkreise verwendet wird.
Composite Applications
Composite Applications ist eine Vorgehensweise in der Software-Entwicklung, bei der eine Anwendung auf Basis der
Kombination multipler Dienste und deren Funktionalitäten
definiert wird.
Daten-Repositorien
Verzeichnisstruktur oder Datenbank, die Datenobjekte und
deren Methoden zur Datentransformation enthält. Repositorien werden unter anderem zum Versionsmanagement verwendet.
Drug-Delivery
Medikamente/Wirkstoffe sollen im Körper so transportiert
werden, dass sie unter Überwindung biologischer Barrieren
an ihrem Bestimmungsort zum Einsatz kommen können.
Echtzeitfähigkeit
Fähigkeit eines Systems, auf Eingaben aus der Systemumwelt
innerhalb von definierten Zeitlimits zu reagieren.
EDA
Electronic Design Automation (EDA) ist ein rechnergestützter Entwurf integrierter Schaltungen und Systeme, wobei
nicht die Entwurfsobjekte (Schaltungen), sondern die Entwurfsmittel (Werkzeuge) im Vordergrund stehen.
ERA-NET
European Research Area Networks, strategischer Forschungsansatz der Europäischen Kommission zur Forschungsförderung auf EU-Ebene.
Erweiterte Realität
computergestützte Überlagerung der Realitätswahrnehmung mit virtueller Information.
ETP
Europäische Technologieplattform, Zusammenschluss der
wichtigsten Akteure aus dem jeweiligen Forschungsgebiet
auf EU-Ebene mit dem Ziel der Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit Europas.
EUV
„Extremes Ultraviolett“ ermöglicht die Fortführung der
optischen Lithographie.
Fahrerassistenzsystem
Fahrerassistenzsysteme sind elektronische Zusatzeinrichtungen in Kraftfahrzeugen zur Unterstützung des Fahrers in
bestimmten Fahrsituationen.
FinFET-Transistor
Das Fin Field Effect Transistor Design (FinFET) basiert auf
einer dünnen, vertikalen "Siliziumlamelle" (s. SiliziumFinne). Ein solches Design ermöglicht es, neue Chips mit
mehr Leistung und immer kleineren Maßen herzustellen.
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Fiber-to-the-Home
Abkürzung FTTH. Bei der FTTH-Technik wird mittels Glasfaser der Anschluss von der Ortsvermittlungsstelle bis zum
Teilnehmer geführt.
GMR
„Giant Magneto Resistance“, Riesen-Magnetwiderstand
beruht auf quantenmechanischen Eigenschaften, die in
dünnen Filmstrukturen aus abwechselnd ferromagnetischen
und nichtmagnetischen Schichten beobachtet werden.
Graphen-Schichten
Monomolekulare Graphit-Schichten, die halbleitende Eigenschaften aufweisen.
Grid
Leitet sich ab vom englischen Begriff für das Stromnetz
(„power grid“) und bedeutet, dass jeder angeschlossene Nutzer eine „Leistung“ auf einfache Art beziehen kann, ohne die
vollständige Infrastruktur zur Erzeugung und Weiterleitung
besitzen zu müssen. Für den Bereich IKT umfasst diese Leistung z. B. den Zugriff auf Hochleistungsrechner, Datenbanken, Software und Messinstrumente/Maschinen/Werkzeuge.
GSM
Global System for Mobile Communications (GSM). Digitaler
Mobilfunk-Standard für Mobilfunknetze, der 1992 in
Deutschland eingeführt wurde.
GLOSSAR
JTI
Joint Technology Initiative, Europäische Technologieplattformen können sich zu JTIs formieren und damit Fördergelder auf ihrem speziellen Gebiet vergeben. Das Budget
setzt sich aus Fördermitteln der Industrie, der Europäischen
Kommission und nationalstaatlicher Förderung zusammen.
Lab-on-Chip Systeme
„Lab-On-Chip Systeme“ bilden neue Verfahren zur Handhabung, Messung und Analyse von biologischen Objekten.
Maskentechnologie
beschäftigt sich mit der Herstellung von Belichtungsmasken
für die Halbleiterproduktion (Prozessoren, Speicherchips
etc.).
MEDEA
Microelectronics Development for European Applications,
von der Industrie initiiertes, pan-europäisches Programm
für kooperative Forschung und Entwicklung in der Mikroelektronik.
MEMS
MEMS (Micro-Electro-Mechanical System) ist die Kombination aus mechanischen Elementen, Sensoren, Aktuatoren
und elektronischen Schaltungen auf einem Substrat bzw.
Chip.
HSDPA
HSDPA steht für „high speed downlink packet access“ und ist
eine Erweiterung des UMTS-Standards, um im Datenverkehr
(Internetzugriff etc.) in Mobilfunknetzen höhere Übertragungsgeschwindigkeiten (im „Downlink“, d. h. vom Sender
zum Enduser), zu erzielen.
MIMO
(multiple input multiple output) Beim MIMO-Verfahren handelt es sich um ein Mehrantennensystem, bei dem die gleichen Funkfrequenzen gleichzeitig über ein Antennen-Array
gesendet und von einem Mehrantennensystem empfangen
werden.
Immersionslithografie
Optisches Verfahren in der Halbleiterfertigung, mit dem die
Abbildungsgenauigkeit der Projektion verbessert wird.
Mixed Reality Systeme
Umgebungen oder Systeme, die die reale Welt mit einer
virtuellen Realität vermischen.
Intelligente Implantate
Intelligente Implantate sind in der Lage, Informationen über
den Heilungsverlauf sowie den Zustand des Implantats
drahtlos aus dem Körperinneren zu übertragen.
MP3
MP3 (Abkürzung für MPEG-1 Audio Layer 3) ist ein Dateiformat zur verlustbehafteten Audiodatenkompression. Dabei
wird versucht, keine für den Menschen hörbaren Verluste zu
erzeugen.
ITEA
Information Technology for European Advancement, strategisches pan-europäisches Programm für fortgeschrittene,
vor-wettbewerbliche FuE in der Software für softwareintensive Systeme und Dienstleistungen.
MRAM
Magneto-resistive Random Access Memory (MRAM) ist eine
nichtflüchtige Speicher-Technik. Speicher-Chips behalten
ihre gespeicherten Daten auch nach dem Abschalten der
Energieversorgung.
GLOSSAR
MRT
Magnetresonanztomographie (MR, MRT); Tomographie ist
ein bildgebendes Verfahren zur Darstellung von Strukturen
im Inneren des Körpers. Die Magnetresonanztomographie
nutzt magnetische Felder, keine Röntgenstrahlen.
Nanotechnologie
Von „Nano“-Technologie wird gesprochen ab dem Einzelatom bis zu einer Strukturgröße von 100 Nanometern (nm).
Ein Nanometer ist ein Milliardstel Meter. Diese Größenordnung bezeichnet einen Grenzbereich, in dem die Oberflächeneigenschaften gegenüber den Volumeneigenschaften
der Materialien eine immer größere Rolle spielen und zunehmend quantenphysikalische Effekte berücksichtigt werden
müssen.
NEMS
Nano-elektromechanische Systeme. Beispiele: Nanorotor,
ein Nanotransportband, eine Nanohydraulik.
OFDM
Orthogonal Frequence Division Multiplexing „OFDM“ ist eine
Frequenzmultiplex-Technik, die mehrere Trägerfrequenzen
für die Übertragung verwendet. Durch das Unterteilen des
zur Verfügung stehenden Frequenzbandes in mehrere
Trägerbänder wird eine höhere Übertragungsrate erzielt.
Organische Bauelemente
Die Entdeckung von elektrisch hochleitfähigen Polymeren
führte zu einem enormen weltweiten Interesse an organischen Halbleitern und deren Verwendung in der Elektronik
und Optoelektronik.
Quality of Service
bezeichnet die Gesamtheit der Qualitätsmerkmale eines
Netzwerks aus der Sicht der Benutzer eines bestimmten
Dienstes (Verkehrsgüte, Übertragungsgüte etc.).
Quantenbits
sind die kleinstmögliche Speichereinheit in der Quanteninformatik; sie bilden die Grundlage für Quantencomputer
und die Quantenkryptografie.
RFID
RFID (radio frequency identification) dient der berührungslosen, automatischen und eindeutigen Identifikation von
Gütern. Die hierfür notwendigen „Transponder" sind kleine
Chips, die wie Etiketten an Waren angebracht oder in Gegenstände integriert werden und berührungslos und ohne Sichtkontakt gelesen werden können.
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Router
Ein Router ist ein Vermittlungsrechner, der mehrere Rechnernetze koppelt.
Semantik/Semantic Web
Erweiterung des World Wide Web, die es ermöglichen soll,
Inhalte aufgrund ihres Bedeutungsinhalts (Semantik) zu
finden.
Service-Engineering
Systematische Entwicklung und Gestaltung von Dienstleistungsprodukten unter Verwendung geeigneter Vorgehensmodelle, Methoden und Werkzeuge.
Smart-Card
Chipkarte mit integriertem Mikroprozessor und Datenspeicher.
SOA
Service Oriented Architecture, Managementkonzept, das
eine an den Geschäftsprozessen orientierte IKT-Infrastruktur
anstrebt, die schnell auf Veränderungen im Geschäftsumfeld
reagieren kann.
Spintronik
Forschungsgebiet, welches die Nutzung des Elektronenspins
(engl. spin: Drehung, Drall) zur Erweiterung der Funktionalität von Chips zum Ziel hat.
UMTS
Das Universal Mobile Telecommunications System (UMTS) ist
das 1998 von der ETSI (European Telecommunications Standards Institute) standardisierte Mobilfunksystem der dritten
Generation (3G).
VR
Virtuelle Realität, Darstellung und gleichzeitige Wahrnehmung der Wirklichkeit und ihrer physikalischen Eigenschaften in einer computergenerierten, interaktiven, virtuellen
Umgebung (Beispiel: Fahrsimulator).
WLAN
WLANs sind lokale Netze, die wireless (ohne Kabelverbindung) über Funkfrequenzen bzw. über Infrarotlicht arbeiten.
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Gruppen verstanden werden könnte.

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