Guido Mendes: Erfahrungsbericht aus der Universidade Federal de

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Guido Mendes: Erfahrungsbericht aus der Universidade Federal de
Guido Mendes: Erfahrungsbericht aus der Universidade Federal de Santa Catarina.
Florianópolis, Santa Catarina, Brasil
Paradiesisch gut studieren
Studieren auf einer kleinen, sonnigen Insel im Atlantik - ein Traum? Ganz gewiss nicht! Weit
im Süden des amerikanischen Kontinents, wo viele etwa nur ein
Urlaubsparadies erwarten würden, liegt eine der umworbensten
Universitäten Lateinamerikas: Die Universidade Federal de Santa
Catarina, kurz UFSC. In dieser brasilianischen Partneruniversität
der Hochschule Karlsruhe bin ich gerade zu Gast, als Maschinenbaustudent, und möchte mit diesem Bericht all diejenigen zum
Reisen ermutigen, die gerne einen Schritt in die Ferne wagen
möchten.
Die cidade
Unter Einheimischen auch bekannt als die „ilha da magia“, Insel
der Magie, ist Florianópolis die Hauptstadt vom brasilianischen
Bundesland Santa Catarina. Im Süden des Landes gelegen, gehört diese Region zu den
wohlhabensten Brasiliens und ist stark von ihrer europäischen Einwanderungsgeschichte
geprägt. Das Klima ist gegenüber nördlicheren Städten wie Rio de Janeiro eher kühler und
hat ausgeprägte Jahreszeiten. Im Sommer ist es heiß und die Stadt wird zu einem der beliebtesten Urlaubsziele im Lande, die Bevölkerung der etwa 300.000 Einwohner großen
Stadt kann sich dabei fast verdreifachen!
Der größte Teil der Stadtfläche liegt auf einer Insel, die etwa die zweifache Ausdehnung der
Stadt Karlsruhe hat und über eine Brücke mit dem Festland verbunden ist. Florianópolis ist
meiner Meinung nach eine gelungene Mischung zwischen Klein- und Großstadt. Während
man in abgelegenen Teilen der Insel auf ruhige Fischerdörfer trifft, bietet das dicht besiedelte
Stadtzentrum die Vorzüge einer Großstadt.
Bild 1: Der Blick auf das Stadtzentrum
Die universidade
Sehr beliebt wegen ihrem guten Ruf und der hohen Lebensqualität der Stadt, zieht die Universität Menschen aus ganz Brasilien und Südamerika zum Studieren an. Vor allem im Ingenieurwesen ist sie bekannt, nicht zuletzt weil sie drei Experimente an der ISS mit dem ersten
Brasilianer im All geleitet hat.
Die UFSC ist die größte Universität von Santa Catarina und wird vom Staat getragen. Sie
verfügt im Gegensatz zu anderen öffentlichen Einrichtungen wie Krankenhäusern und Schulen über eine gute Infrastruktur. Das liegt zum einem daran, dass die UFSC eine beträchtliche Summe an Drittmitteln aus der umliegenden Industrie erhält, vor allem im Technologiesektor, aber zum anderen auch an der Hochschulpolitik des Staates, der wenige aber dafür
besser finanzierte Studienplätze anbietet. Das hat leider den Nachteil, dass im allgemeinem
nur die Wohlhabenden, die sich eine gute Privatschule im voraus leisten konnten, Zugang zu
den öffentlichen Hochschulen haben. Für Austauschstundenten ist es deshalb schade, weil
man in der Universität nicht allzu sehr die Gelegenheit hat, die brasilianische Vielfalt an
Ethnien kennen zu lernen. Deshalb empfehle ich jedem sich auch ein bisschen außerhalb
der Uni umzuschauen!
An der UFSC gibt es ein breites Angebot an kulturellen und sportlichen Aktivitäten, an denen
nicht nur Studenten teilnehmen. Eine gute Gelegenheit also, um dem brasilianischen Fußball, Capoeira oder auch südamerikanischen Tänzen näher zu kommen.
Bild 2 : Eine grüne Universität
Das Studium
Die UFSC hat einen ähnlichen
Kursaufbau wie deutsche Unis. Der
Unterricht ist in der Regel sehr theoretisch und vom mathematischen
Ansatz her anspruchsvoll. Es gibt
auch viele Haus- und Gruppenarbeiten, die in der Summe viel Zeit in
Anspruch nehmen können. Demgegenüber stehen jedoch gute Unterrichtsbedingungen, oft mit nur wenigen Studenten in den Unterrichtsräumen, und hilfsbereite Kommilitonen. Da ich schon vom
Hause aus Portugiesisch konnte, hatte ich mit der Sprache wenige Probleme. Ich erfahre
jedoch von anderen Austauschstudenten, dass eine sechsmonatige Sprachvorbereitung im
eigenen Land oft ausreicht. Die UFSC bietet außerdem auch studienbegleitende Portugiesischkurse für Anfänger an.
Generell kann ich das Studium sehr empfehlen, die Professoren sind ausländischen Studenten gegenüber sehr offen und man lernt durch die unzähligen Gruppenarbeiten schnell neue
Leute kennen. Es gibt zurzeit über hundert Austauschstudenten aus aller Welt an der UFSC,
Tendenz steigend, und die Betreuung, sei es für das Studentenvisum oder bei der Kurswahl,
ist sehr gut. Wegen dem Klima empfehle ich die Ausreise zum Wintersemester.
Fazit
Für alle, die neuen Kulturen gegenüber aufgeschlossen sind und es mit dem Portugiesisch
lernen aufnehmen möchten, ist ein Austausch an die UFSC sehr empfehlenswert. Denn er
wird nicht nur den fachlichen Ansprüchen gerecht, sondern bietet auch eine ausgezeichnete
Lebensqualität in einer paradiesisch schönen Umgebung. Ich möchte mich bei Prof. Dr. Jutzler herzlich bedanken, da sein Engagement die Partnerschaft zwischen beiden Hochschulen
erst ermöglichte. Für weitere Informationen stehe ich gerne zur Verfügung. Até logo amigos!
Praktische Tipps (Stand 07/2007)
Dieser Teil des Berichts befasst sich mit den Einzelheiten des Studiums an der UFSC und ist
vor allem für die Studierenden gedacht, die einen Austausch in Brasilien planen.
1. Planung vor der Abreise
Um sich für einen Austausch an der UFSC bewerben zu können, muss eine Partnerschaft
zwischen Deiner Universität und der UFSC bestehen. Bewerbungsfrist ist in der Regel im
März für Studienbeginn im August oder im August für Studienbeginn im März. Am besten
bewirbst Du Dich über das akademische Auslandsamt Deiner Universität. Weitere Informationen findet man unter www.ufsc.br/esai.
Ungefähr drei Monate vor Studienbeginn wird eine Zusage erteilt und man erhält per Post
ein Schreiben, mit dem man ohne weiteres ein Studentenvisum von Deutschland aus beantragen kann. Die Chancen auf eine Zusage sind sehr gut und es kann im allgemeinen
Fall damit gerechnet werden. Deshalb empfehle ich sich früh genug einzuplanen und
mindestens ein halbes Jahr vor Abflug mit einem Portugiesisch-Basiskurs anzufangen.
Wer Spanisch gelernt hat, hat bereits eine gute Basis. Auf jeden Fall aber bei Ankunft an
der UFSC im akademischen Auslandsamt nach den Portugiesischkursen für Austauschstudenten fragen! Dieser kostet im Semester umgerechnet 90 Euro, ansonsten ist das
Studium an der UFSC aber gebührenfrei.
2. Ankunft
Ein Flug von Deutschland nach Florianópolis kostet rund 1.000 Euro. Lufthansa bietet ein
Studententicket mit einem Jahr Gültigkeit und offenem Rückflug. Das hat den Vorteil, dass
man sein Rückflugdatum später aussuchen kann. Es empfiehlt sich sehr, denn die UFSC
veröffentlicht erst kurz vor Semesterbeginn die offiziellen Vorlesungszeiten (im calendário
acadêmico nachschauen).
Wegen Wohnung braucht man sich in Florianópolis keine Sorgen machen, die Mieten sind
günstig (ab etwa 150 Euro) und es gibt reichlich Angebote. Dazu hat die UFSC eigenst
einen Anzeigepool (classificados) im Internet eingerichtet: www.notes.ufsc.br.
Wer lieber in Ruhe ankommen möchte, um sich erst dann um Wohnungssuche zu kümmern, dem empfehle ich die kleine und etwas familiären Pension „Casa da Angela“. Dort
kann man nah zur Universität möblierte Zimmer wochenweise mieten und es ist eine beliebte Anlaufstelle von Austauschstudenten. Kontakt: [email protected]
3. Kurswahl
An der UFSC werden Austauschstudenten erst drei Wochen nach Studienbeginn in den
Kursen eingeschrieben, man kann aber von Beginn aus an den Unterrichten teilnehmen.
Es gibt für jeden Kurs ein Kontingent an freien Plätzen, aber für Austauschstudenten werden grundsätzlich immer Plätze freigegeben (das wurde letztens in den Hochschulgesetzen festgeschrieben). Auch der Portugiesischunterricht fängt erst in der dritten Woche an,
wobei die Anmeldung und die Einstufungstests schon in der ersten Vorlesungswoche
stattfinden.
Auf der Webseite der meisten Fachbereiche findet man den aktuellen Kursaufbau und
meistens auch noch die Inhaltsangabe der Kurse. Für Maschinenbauer rate ich um Vorsicht bei der Wahl der Wahlfächer (optativas), da die meisten nicht jedes Semester angeboten werden und die Angebotsliste, wie sollte es sonst sein, erst kurz vor Studienbeginn
bekanntgegeben wird.
Bei der Wahl der Anzahl der Fächer sollte man darauf achten, dass in den Unterrichten
einiges an Hausarbeiten gefordert wird. Am besten schaust Du selber in den Fachbereichen nach, welche die durchschnittlichen Stundenwochenbelastungen sind. Grundsätzlich
rate ich jedem ab, mehr als 25 SWS zu nehmen.
Einmal die Kurswahl getroffen, steht einer erfolgreichen Teilnahme an den Kursen nichts
mehr im Wege. Bei den Gruppenarbeiten kann man sich gegenseitig unterstützen, es wird
in der Regel eine Zusatzprüfung angeboten, wenn man am Semesterende die Mindestpunktzahl nicht erreicht hat. Das ist mit einer der Gründe, warum an der UFSC die Durchfallsquoten niedriger sind als in Deutschland.
4. Reisen
Wie im Erfahrungsbericht schon erwähnt, ist die Lebensqualität in Florianópolis sehr hoch
und auf der Insel kann man sich etwa genauso sicher fühlen wie in Europa. Ein weiterer
Vorteil des Landes sind die günstigen Reisemöglichkeiten. Mit dem Bus als Hauptverkehrsmittel kommt man überall hin und low-fare airlines gibt es in Brasilien auch schon (z.
B. GOL). Als Reiseziele im Süden des Landes empfehle ich die Iguaçu-Fälle und ein Abstecher nach Buenos Aires. Da man während des Studiums höchstens ein verlängertes
Wochenende zum Reisen hat, empfehle ich eine Reisezeit vor oder nach der Studienzeit
einzuplanen.
5. Abschlusswort
Meine Eindrücke von diesem Austausch sind sehr positiv, es war eine einzigartige Chance einen neuen Lebensstil kennen zu lernen und es werden viele schöne Erinnerungen
zurückbleiben.