Streit über die Private-Equity- und Hedge-Funds

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Streit über die Private-Equity- und Hedge-Funds
nzz
08.05.08
Nr. 106
Seite 35
bm
Teil 01
Streit über die Private-Equity- und
Hedge-Funds-Besteuerung
Finanzverbände warten auf Schreiben der Eidgenössischen Steuerverwaltung zum Fonds-Gesetz
Das Kollektivanlagengesetz (KAG), das
die Rahmenbedingungen für Fondsgesellschaften in der Schweiz verbessern sollte,
ist bis jetzt eine Enttäuschung. Nur sehr
wenige Unternehmen nutzen die neuen
Rechtsformen. Verbände kritisieren Unklarheiten bei der Besteuerung.
feb. Die Detailarbeit zu dem im vergangenen September veröffentlichten «Masterplan Finanzplatz
Schweiz», wonach sich die Schweiz bis zum Jahr
2015 international unter den Top 3 der Finanzplätze etablieren soll, hat begonnen. Nachdem
der zum Dialog zwischen Behörden und der
Finanzbranche eingerichtete «Steuerungsausschuss Dialog Finanzplatz» (Stafi) Ende Januar
seine erste Sitzung abgehalten hat, prüfen nun
vier eingesetzte Arbeitsgruppen, wie die Rahmenbedingungen für den Finanzplatz verbessert
werden könnten. Derzeit machen besonders die
Mitglieder der Arbeitsgruppe, die sich mit den
steuerlichen Rahmenbedingungen für HedgeFunds und Private Equity befassen, von sich
reden. Ende April tagten sie zum ersten Mal.
Mangelnde Klarheit
In der Finanzbranche regt sich dabei Unmut über
die mangelnde Klarheit bei der Besteuerung der
mit dem neuen Kollektivanlagengesetz (KAG)
eingeführten Rechtsform der Kommanditgesellschaft für kollektive Kapitalanlagen (KGK), auch
als «Swiss Limited Partnership» bekannt. Ihre
Schaffung sollte erreichen, dass sich hierzulande
mehr Hedge-Funds und Private-Equity-Fonds ansiedeln. Da die Schweiz nicht Teil des europäischen Fondsmarkts ist, will die hiesige AssetManagement-Branche die Rahmenbedingungen
des Standorts in nicht harmonisierten Nischenbereichen wie Hedge-Funds, Private Equity oder
Wagniskapital verbessern. Hierzu hat das KAG
die Rechtsform der KGK geschaffen.
Diese wird jedoch auch rund 16 Monate nach
Einführung des KAG kaum genutzt. Das KAG sei
bis jetzt eine Enttäuschung, heisst es etwa bei
dem Verband Swiss Private Equity & Corporate
Finance Association (Seca). Hierfür macht die
Seca wie auch der Schweizerische Anlagefondsverband (Swiss Funds Association, SFA) in erster
Linie die herrschende Rechtsunsicherheit bei der
Besteuerung der KGK verantwortlich. Um den
Standort für Private-Equity-Gesellschaften attraktiv zu machen, fordert die Seca eine aus ihrer
Sicht wettbewerbsfähige Besteuerung des «Carried Interest». Dies meint die Gewinnbeteiligung
einer Managementgesellschaft und ihrer Manager am Erfolg der von ihnen verwalteten PrivateEquity-Fonds. Um international wettbewerbsfähig zu sein, sei ein Steuersatz von 15% eine
gute, pragmatische Lösung, sagen die Seca-Vertreter Massimo Lattmann und Hannes Glaus.
Noch weiter gehen sie beim Wagniskapital (Venture-Capital). Hier fordern sie komplette Steuerfreiheit. Dies sei notwendig, um die chronische
Unterversorgung von innovativen Jungunternehmen mit Kapital zu beseitigen.
Die Vorschläge wären allerdings gleichbedeu-
tend mit einer bevorzugten steuerlichen Behandlung von Private-Equity- und Hedge-Fund-Managern. Dies ist politisch ein hochbrisantes Thema,
wie die öffentliche Diskussion etwa in Grossbritannien zeigt. Im vergangenen Jahr hat die
Schweizerische Bankiervereinigung bereits einen
Vorstoss in Sachen Besteuerung des «Carried
Interest» gewagt. Einige Genfer Banken seien dabei wie «Elefanten im Porzellanladen» vorgegangen, ist bei Branchenvertretern zu hören. Sie
fürchten nun, die Eidgenössische Steuerverwaltung (EStV) stehe dem Thema negativ gegenüber.
Kreisschreiben der Steuerverwaltung
Derzeit warten die Verbände auf zwei Kreisschreiben der EStV zum KAG, von denen sie sich
eine Konkretisierung erhoffen. Ein Sprecher der
EStV äusserte sich nicht zu Inhalt und Termin der
Schreiben, die in Vorbereitung sind und den betroffenen Kreisen vor der Veröffentlichung vorgelegt werden. Sie beschäftigten sich jedoch mit
dem KAG insgesamt und nicht mit der Besteuerung von Private-Equity- und Hedge-Fund-Managern, sagte er. Der Stafi befasse sich mit den
Rahmenbedingungen für Private Equity und
Hedge-Funds. Der «Carried Interest» gehöre dabei zu den Fragen, die mit Priorität geprüft werden sollen. Dieser werde noch als Einkommen aus
Erwerbstätigkeit betrachtet, das entsprechend zu
besteuern sei. Wolle man den «Carried Interest»
anders behandeln, brauche es eine Rechtsänderung, sagte der Sprecher. Dazu sei ein politischer
Entscheid nötig.
Aus Sicht der Seca bieten sich derzeit grosse
Chancen, Firmen anzulocken. Die in der Öffentlichkeit geführte Diskussion in Grossbritannien
und Deutschland über die Besteuerung von Private-Equity-Managern verunsichere einige Beteiligungsgesellschaften. Diese prüften nun Standort-Alternativen zu London, und ihr Interesse am
Standort Schweiz steige. Die Umsetzung ihrer
Vorschläge könne eine dreistellige Zahl an Arbeitsplätzen schaffen, heisst es bei der Seca.
«Reflexe» Seite 34

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