Erfahrungsbericht zum Praktikum in der Villa Aurora, L.A.

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Erfahrungsbericht zum Praktikum in der Villa Aurora, L.A.
Erfahrungsbericht zum Praktikum in der Villa Aurora, L.A.
Der vorliegende Bericht beschäftigt sich mit meinem Praktikum, das ich von Januar bis April
2012 in der Villa Aurora in Los Angeles durchgeführt habe. Bei der Villa Aurora handelt es
sich um eine Künstlerresidenz, ein historisches Kulturdenkmal und einen Veranstaltungsort,
welcher als Begegnungsstätte deutscher, europäischer und amerikanischer Kultur dient.
Vorbereitung des Aufenthaltes in Los Angeles
Die Vorbereitungen für mein Praktikum in der Villa Aurora in Los Angeles waren insgesamt
sehr aufwändig und haben viel Zeit in Anspruch genommen. Erschwerend kam während der
Vorbereitungen hinzu, dass ich zeitgleich meine Masterarbeit geschrieben habe und dadurch
zwar zeitlich relativ flexibel, aber dennoch an einen recht straffen Zeitplan gebunden war.
Um den Praktikumsplatz an sich hatte ich mich bereits über ein Jahr vor dem geplanten Praktikumsbeginn beworben. Zu den geforderten Bewerbungsunterlagen zählten ein
tabellarischer Lebenslauf und ein kurzes, in englischer Sprache verfasstes Motivationsschreiben. Die Zusage für meinen Praktikumsplatz erhielt ich bereits nach wenigen Wochen.
Der genaue Zeitraum für das Praktikum stand jedoch erst ein halbes Jahr vor dem Praktikumsbeginn endgültig fest, da sich hinsichtlich der Abreisedaten meiner Vorgängerin noch
Veränderungen ergeben hatten bzw. diese noch nicht endgültig geklärt waren. Daher mussten jegliche Vorbereitungen für mein Praktikum innerhalb kürzester Zeit durchgeführt werden. Dabei haben die Ansprechpartner im Büro der Villa Aurora in Los Angeles und an der
University of Southern California (USC), über welche das Praktikantenprogramm abgewickelt
wurde, mir bei jeglichen Fragen immer sehr freundlich und sehr schnell geholfen.
Besonders viel Zeit im Rahmen der Vorbereitungen hat die Regelung der Visumsangelegenheiten in Anspruch genommen. Dazu zählte nicht nur die intensive Einarbeitung und
Auseinandersetzung mit den Formalitäten, sondern auch die zügige Beschaffung aller nötigen Unterlagen. Da auf den Internetseiten der amerikanischen Botschaft wiederholt betont
wird, dass ein einziger Fehler beim Ausfüllen der Dokumente dazu führen kann, dass der
komplette Visumsantrag nochmal gestellt werden muss, ist man natürlich darauf bedacht,
bloß keinen Fehler zu machen und nicht versehentlich etwas zu übersehen. Zumal eine erneute Antragstellung auch mit weiteren Kosten verbunden wäre, die ja ohnehin schon sehr
hoch sind. Bei der Beschaffung der notwendigen Formulare, die der Botschaft vorgelegt
werden müssen, hat es dann zudem unerwarteter Weise noch mehrere Wochen statt weniger Tage gedauert, bis eines der Dokumente von der USC vorlag. Im Rahmen des Visumsprozesses war es außerdem notwendig, persönlich zu einem Interviewtermin in einer der
ausgewählten diplomatischen Vertretungen der USA in Deutschland zu erscheinen. In meinem Fall war es das Generalkonsulat in Frankfurt am Main. Die Organisation und Beschaffung des Visums hat allerdings nicht nur viel Zeit in Anspruch genommen, sondern war alles
in allem auch mit hohen Kosten verbunden.
Als weitere wichtige Angelegenheiten, die vorbereitet werden mussten, spielten neben vielen Kleinigkeiten, die bedacht werden mussten, vor allem die Regelung der Versicherung im Ausland und die Besorgung einer Kreditkarte, die in den USA das Hauptzahlungsmittel darstellt, eine wichtige Rolle. Neben diesen Besorgungen und Regelungen habe ich
mich zusätzlich durch das Lesen von Reiseführern und -berichten, den intensiven Austausch
mit früheren Praktikanten meiner Praktikumsstelle und durch Gespräche mit Freunden und
Bekannten, die zuvor bereits in den USA gewesen sind, auf den für mich ersten Besuch der
USA vorzubereitet. Im Nachhinein konnte ich feststellen, dass ich insgesamt sehr gut vorbereitet war - so weit und so gut es eben überhaupt möglich ist, sich auf das Erleben einer anderen Kultur vorbereiten kann.
Unterkunft während des Aufenthaltes in der Villa Aurora
Während meines Praktikums war ich in einem Zimmer in der Künstlerresidenz einquartiert, in
der sowohl die Künstler als auch das Büro untergebracht waren. Bei allen Räumen der Villa außer den einzelnen Zimmern der Stipendiaten und Praktikanten - handelte es sich um
Zimmer, die gemeinschaftlich von Praktikanten und in erster Linie natürlich von den Stipendiaten genutzt werden durften. So gab es beispielsweise eine große Gemeinschaftsküche
und eine allen zugängliche Waschküche mit Waschmaschine und Trockner. Da es sich bei
der Residenz um das ehemalige Wohnhaus des deutsch-jüdischen Autors Lion Feuchtwanger handelt und diese Villa auch immer wieder Besuchergruppen gezeigt wird, befindet sich
die Einrichtung noch teilweise in ihrem historischen Zustand. Dabei war es aber erwünscht,
dass jedes der teilweise historisch belassenen Zimmer mit seinen ursprünglichen Möbeln
ganz normal im alltäglichen Leben genutzt wird.
Die Villa an sich verfügte über etwa 14 Zimmer, von denen sieben als Schlafzimmer
der Stipendiaten und Praktikanten genutzt wurden. Zusätzlich gab es unter anderem ein
Esszimmer, eine zweite kleinere Küche, den Salon als Hauptveranstaltungsraum und ein
„Fernsehzimmer“. Zu der Villa gehörte zudem ein großer Balkon, ein nach innenliegender
umbauter Patio und ein relativ großer Garten. Die Villa befindet sich in Pacific Palisades,
einem Stadtteil von Los Angeles, welcher unter anderem von Malibu, Santa Monica und
Brentwood umgeben ist. Sie ist dort an einem Hang gelegen, an dem viele weitere Villen
liegen und tendenziell eher reichere soziale Schichten angesiedelt sind. Als die Villa 1927/28
gebaut wurde, befanden sich in dieser heutzutage dicht besiedelten Gegend lediglich fünf
weitere Häuser. Die Villa Aurora wurde damals als „L.A. Times Demonstration House“, also
als Mustervilla gebaut, um den Bewohnern von Santa Monica das Leben „außerhalb der
Stadt“ schmackhaft zu machen. Lion Feuchtwanger und seine Frau Marta zogen 1943 in die
Villa ein, nachdem sie auf der Flucht vor den Nationalsozialisten von Berlin aus zunächst
nach Südfrankreich und dann über Spanien und Portugal schließlich in die USA gelangten.
Bis 1987 lebte Marta in der Villa Aurora, Lion starb bereits im Jahre 1958. Heutzutage soll
die Villa Aurora als erlebbares Denkmal an die Exilgeschichte erinnern.
Aufgaben während des Praktikums
Zu Beginn des Praktikums galt es zunächst, sich in die typischen Vorgänge und Abläufe innerhalb des in der Villa untergebrachten Büros einzuarbeiten. Dies musste sehr schnell gehen, da bereits drei Tage nach meiner Ankunft die erste Veranstaltung in der Villa stattfinden
sollte. Zu den Hauptaufgaben der Praktikanten gehört dabei unter anderem Folgendes:
- Unterstützung bei der Veranstaltungsorganisation
In der Villa Aurora finden über das Jahr hinweg unterschiedlichste Formen von Veranstaltungen statt: Von Welcome-Receptions für die jeweils neuen Stipendiaten über Konzerte bis zu
Silent-Movie-Nights, wissenschaftlich ausgerichteten Konferenzen oder der alljährlich ausgetragenen Pre-Oscar-Party für die deutschen Oscar-Nominierten. Im Rahmen dieser Veranstaltungen wird man als Praktikant umfassend in jegliche Schritte miteingebunden und übernimmt die unterschiedlichsten Aufgaben, sowohl bei der Vor- und Nachbereitung als auch
während der Veranstaltungen. Im Vorfeld gehört beispielsweise die Versendung der Einladungen und das Führen einer RSVP-List bzw. Gästeliste aber auch die Vorbereitung des
jeweiligen Veranstaltungsraumes oder des Caterings dazu. Während der Veranstaltungen
schließt es die Begrüßung und Betreuung der Gäste und die Gewährleistung einer reibungslosen Veranstaltung mit ein.
- Mitgliederpflege
Da die Veranstaltungen und das Stipendiatenprogramm vor allem auch durch eine Vielzahl
von Mitgliedern finanziell ermöglicht werden, gehört zu den Praktikantenaufgaben auch die
Pflege der Mitgliederkartei. Dabei müssen die Mitglieder nicht nur speziell über die zukünfti-
ge Veranstaltungen informiert werden, sondern auch Dankes- und Erinnerungsschreiben an
sie verschickt werden, damit sie die Villa Aurora auch weiterhin unterstützen. Teilweise werden auch Veranstaltungen organisiert, zu denen ausschließlich die Mitglieder eingeladen
werden.
- Führungen von Gruppen oder Einzelpersonen durch die Villa
Zu den Praktikantenaufgaben gehört auch die Führung von Gruppen und Einzelpersonen
durch die Villa Aurora. In englischer oder deutscher Sprache soll den Besuchern die spannende Geschichte des Hauses und seiner ehemaligen Bewohner nähergebracht werden. Die
Führungen werden von den Praktikanten arrangiert und in Absprache mit den Stipendiaten
durchgeführt, damit die Stipendiaten, die in allen Räumen des Hauses arbeiten dürfen, nicht
zu sehr von den Besuchergruppen bei ihren Projekten gestört werden.
- Unterstützung der Stipendiaten bei ihren Projekten und Vorhaben
Wenn die Stipendiaten es möchten, können die Praktikanten ihnen bei der Vorbereitung und
der Realisierung ihrer Projekte helfen. In meinem Fall gehörten zum Beispiel Rechercheaufgaben für einen Drehbuchautor dazu. Vom Büro aus werden aber auch Veranstaltungen wie
Lesungen und Ausstellungen oder das Zusammentreffen mit interessanten Persönlichkeiten
aus Los Angeles arrangiert und organisiert.
- Allgemeine Bürotätigkeiten
Zu den allgemeinen Bürotätigkeiten gehörten natürlich auch einfache Tätigkeiten wie unter
anderem die Annahme und Weiterleitung jeglicher eingehender Telefonate an die entsprechenden Ansprechpartner, die Beantwortung aller Arten von Email-Anfragen (z.B. zu möglichen Filmaufnahmen in der Villa, Informationen zu Veranstaltungen oder dem Stipendienprogramm oder Führungen), die Annahme und Verteilung der Post, die Nachbestellung von
Büromaterialien oder ähnliches.
Neben all diesen Aufgabenbereichen besteht eine wesentliche Funktion der Praktikanten vor allem aber auch darin, quasi rund um die Uhr offizieller Ansprechpartner für die
Stipendiaten zu sein. Dies spielt eine besonders große Rolle für die Zeit, in der das Büro
geschlossen ist (allgemeine Büroöffnungszeiten: Montag bis Freitag, 9 bis 17 Uhr). Dadurch
trägt man als Praktikant jederzeit eine große Verantwortung.
Das Leben in der Villa Aurora
Es war ein unglaublich spannendes Erlebnis und eine tolle Erfahrung in der Villa Aurora leben zu dürfen. Dies lag nicht nur an dem Ambiente und der Atmosphäre, welche allein schon
durch die historische Einrichtung ausgelöst wurden, sondern auch an dem Zusammenleben
mit den Künstlern im Hause. Ich habe alle Künstler als sehr offen, freundlich und immer
hilfsbereit erlebt. Es wurde abends zusammen gekocht, diskutiert oder einfach nur gequatscht und teilweise an den Wochenenden auch gemeinsam Besichtigungen oder Tagesausflüge unternommen. Der rege Austausch und die unterschiedlichsten Vorstellungen und
Ideen haben einen enormen Anteil an der angenehmen und teilweise sehr inspirierenden
Atmosphäre gehabt.
Die freie Zeit an den Wochenenden habe ich allerdings nicht nur mit den Stipendiaten, sondern auch viel mit Freunden oder auch mal allein in Los Angeles verbracht. Da mir
die Kosten für ein Auto, gemietet oder gekauft, während meines Praktikumsaufenthaltes zu
hoch waren und ich nicht immer darauf angewiesen sein wollte, dass jemand anderes aus
der Villa mich mit seinem Auto zu einem bestimmten Ort mitnimmt, war ich sehr häufig mit
dem Bus unterwegs, um die Stadt zu erkunden. Im Vergleich zu Deutschland ist das Bussystem in Los Angeles allerdings eher kläglich ausgebaut, weswegen man sich darüber im Klaren sein muss, dass Unternehmungen per Bus viel Zeit beanspruchen. Je nach Busstrecke
kamen die Busse beispielsweise nur sehr selten oder ganz unabhängig von den eigentlich
angegebenen Ankunftszeiten. Als Tourist fiel man in jedem Fall in den Bussen auf, da die
Hauptnutzer des Bussystems eher Mexikaner oder Obdachlose waren. Allerdings habe ich
auf diese Weise Los Angeles auf eine ganz andere Weise kennengelernt als diejenigen, die
nur mit dem Auto unterwegs waren. So weit es ging, habe ich in Los Angeles die unterschiedlichsten Orte - Museen, Sehenswürdigkeiten, Film Studios, Aussichtspunkte usw. besucht und trotz eingeschränkter Mobilität die Zeit an den Wochenenden so effektiv wie
möglich ausgenutzt, um so viel wie möglich von der Stadt zu sehen.
Fazit
Alles in allem kann ich nach den 2 ½ Monaten in Los Angeles feststellen, dass es eine tolle
Zeit war, die ich dort erleben durfte und an die ich wahrscheinlich noch sehr lange zurückdenken werde. Ich habe viele unglaublich nette und faszinierende Menschen kennenlernen,
die amerikanische Kultur live erleben, die kontrastreichen Seiten von Los Angeles sehen und
viele spannende Momente in dieser riesigen Stadt miterleben dürfen. Dies gilt sowohl für die
Unternehmungen in der Freizeit als auch für die Arbeit im Büro. Gerade hinsichtlich meiner
Arbeit als Praktikantin habe ich Tätigkeiten, die ich im Rahmen anderer Praktika eigentlich
schon kennengelernt hatte, in einem ganz neuen Zusammenhang und Umfeld erleben dürfen. Besonders spannend war dabei auch die Zusammenarbeit und Unterstützung der Stipendiaten. Für mich persönlich war es gleichzeitig auch eine sehr wichtige Zeit. Mit den neuen und ungewohnten (Lebens-)Umständen habe ich mich schnell arrangiert und mich in
meinem Umfeld zurecht gefunden und wohl gefühlt. Diese Zeit hat mich in vielerlei Hinsicht
selbstständiger und selbstbewusster gemacht. Neben meiner persönlichen Weiterentwicklung konnte ich meine Sprachkenntnisse und Softskills verbessern und habe einen viel tieferen und intensiveren Einblick in die amerikanische Kultur erhalten als ich durch meine universitären Vorkenntnisse bereits erlangt hatte. Hinsichtlich meiner beruflichen Zukunft wünsche ich mir, dass ich auf jeden Fall einen Job bekomme, bei dem ich auch auf internationaler Ebene agieren kann und meine neu gewonnenen Erkenntnisse also auch direkt anwenden kann. Für eine gewisse Zeit könnte ich mir auch vorstellen, komplett im Ausland zu leben und zu arbeiten. Alles in allem waren diese 2 ½ Monate also eine sehr lehrreiche, eindrucksvolle und erlebnisreiche Zeit. Ich freue mich und bin dankbar, dass ich während dieser
Zeit durch das PROMOS-Programm gefördert wurde und die Zeit in Los Angeles dadurch
viel unbeschwerter und sorgenfreier genießen konnte.

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