Man muss ein bisschen Spaß an der Quälerei haben«
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Man muss ein bisschen Spaß an der Quälerei haben«
FABIAN WEGMANN »Man muss ein bisschen Spaß an der Quälerei haben« Am 29. Juni findet in Bochum die Deutsche Meisterschaft im Straßenrennen statt. Titelverteidiger Fabian Wegmann über weiße Radklamotten, Spaß am Schmerz, Existenzangst und das beste Rennfahreralter TOUR: Herr Wegmann, Ihre Hobbys sind Angeln und Motorradfahren. Was ist Ihnen lieber? WEGMANN: Es ist lange her, dass ich geangelt habe. Wenn nach der Saison Freunde einen Angelurlaub planen, will meine Freundin mit mir wegfahren. Und meine Kawasaki „Ninja“ habe ich verkauft. Ich bin zu selten gefahren. Ich bin zwar risikofreudig, aber ohne regelmäßiges Training macht’s keinen Sinn. Ich habe mir stattdessen ein schnelles Auto gekauft – einen Maserati. Risikobereitschaft kennt man von Ihnen – auf dem Rad gelten Sie außerdem als das personifizierte Leiden. Warum geben Sie sich so wenig Mühe, das Radfahren leicht aussehen zu lassen? (lacht) Etwas vorzuspielen geht ja nur bis zu einem gewissen Grad! Wenn ich bei 100 Prozent bin, kann ich nicht mehr auf meine Mimik achten. Es wirkt aber fast so, als mache Ihnen das Leiden auch noch Spaß! Ein bisschen Spaß, sich zu quälen, muss man schon haben, auch wenn man es nicht wahrhaben will. Die Schmerzen verdrängt man, der Gedanke an einen möglichen Sieg überwiegt alles. Den Schmerz spürt man erst, wenn die Verfolger einen einholen – dann aber umso schlimmer. Es scheint, als sei Ihnen ein beherzter Angriff wichtiger als der Sieg. Ist das so? Ja, auch. Ich war mir beispielsweise sicher, dass ich beim Flèche Wallonne Ende April unter die ersten Zehn gefahren wäre. Aber weil ich dort schon einmal unter den ersten Zehn war, habe ich diesmal probiert zu gewinnen und deshalb früh angegriffen. Es hat nicht geklappt, aber ich war nah dran! (Wegmann wurde 250 Meter vor dem Ziel eingeholt; Anm. d. Red.) Kurz vor der Deutschen Meisterschaft am 29. Juni werden Sie 28 Jahre alt – das ist das beste Rennfahreralter: Was fehlt Ihnen noch zu einem großen internationalen Sieg? So viel fehlt mir nicht mehr. Wenn ich in der Spitzengruppe bin, muss man im Sprint mit mir rechnen. Jetzt habe ich auch die nötige Erfahrung. Ich weiß, wo ich vorne fahren muss, wo’s abgeht und wo ich mich ausruhen kann. Ich bin absolut kein Frühentwickler – ich habe sehr, sehr lange gebraucht. Deshalb mache ich mir keine Gedanken, wenn ich mit 28 noch nicht da bin, wo ich hin will. 2007 wurden Sie als erster Gerolsteiner-Profi Deutscher Meister. Gab es eine Sonderprämie dafür – vom Teamchef oder vom Sponsor? Nein, mir war die Ehre genug. Ich brauche keine Sonderprämie. Es gab auch keine Gehaltserhöhung. Was verändert denn das Meistertrikot? Man wird schnell erkannt – auch im Training –, und das ist eine schöne Sache. Immer wenn man das Trikot im Training oder im Rennen anzieht, wird man an den Sieg erinnert. Das gibt Motivation. Zum Meistertrikot gehören weiße Radhosen, die sehr pflegeintensiv sind. Nervt das? Nun, ich muss mir die Bekleidung ja nicht kaufen. Aber natürlich muss man weiße Hosen öfter wechseln als andere. Nach einem Regenrennen kann man die Hose wegschmeißen. Ansonsten wasche ich sie abends von Hand mit Kernseife vor, bevor ich sie in den Wäschesack stecke. Kennen Sie die DM-Strecke in Bochum? Sehen Sie dort Chancen für die Titelverteidigung? Ich bin die Strecke ja öfter beim Sparkassen-Giro gefahren, wo ich schon Dritter war. Es soll ein Berg mehr drin sein. Auf jeden Fall wird es dort schwer für eine Mannschaft, das Feld zusammenzuhalten. DE WAELE Typisch Wegmann: Dem Gerolsteiner-Profi sieht man an, dass Radsport Leiden schafft Wie wichtig ist Ihnen Olympia? Die Olympischen Spiele sind ein großes Ziel für mich. Große, schwere Eintagesrennen liegen mir ja. Ich habe länger mit Hanka (Kupfernagel; Anm. d. Red.) gesprochen, die bereits auf der Olympiastrecke in Peking war, und sie meinte, der Rundkurs sei sehr, sehr schwer. Es wird über Boykott diskutiert bzw. darüber, wie sich der Sport gegenüber China verhalten soll. Was denken Sie? 158 TOUR 6 | 2008 ǹǺǫǩDZǨǸǯǫǬ GETTY IMAGES Fabian Wegmann Geboren: 20.6.1980 Größe: 1,76 Meter Gewicht: 59 Kilo Wohnort: Freiburg Profi seit: 2002 Teams: Gerolsteiner Wichtige Erfolge: 2001: Deutscher Meister U23, Gesamtsieger Bundesliga U23; 2003: zwei Etappensiege und Gesamtsieg SachsenRundfahrt; 2004: Sieger Tre Valli Varesine, Sieger Bergwertung Giro d’Italia; 2005: Sieger GP San Francisco und GP Schwarzwald, Etappensieger Polen-Rundfahrt; 2006: Sieger GP Miguel Induráin, Etappensieger Dauphiné Libéré; 2007: Deutscher Meister Straße, Sieger Rund um die Nürnberger Altstadt; 2008: Sieger GP Miguel Induráin. Internet: www.fabianwegmann.de Es liegt nicht an uns Sportlern, zu boykottieren. Wir wollen bei Olympischen Spielen dabei sein. Die Probleme in China gibt’s ja nicht erst seit ein paar Wochen. Die Leute dort werden seit 50 Jahren geknechtet. Da hätten sich die Funktionäre vorher überlegen sollen, wohin sie die Spiele vergeben. Ihr Teamchef Hans-Michael Holczer sucht noch einen Hauptsponsor fürs kommende Jahr. Haben Sie Existenzangst? Nein. Ich bin ein guter Rennfahrer und habe einige Erfolge in petto. Deshalb werde ich nicht auf der Straße stehen. Es ist eher ein Problem für junge Rennfahrer – für die wäre es traurig, wenn das Team aufgelöst würde. Ich würde mich freuen, wenn’s weiterginge, denn ich fühle mich hier im Team wohl. Aber klar ist: Bis zur Tour de France muss eine Entscheidung gefallen sein. Sie gelten als Hoffnungsträger einer neuen deutschen Rennfahrer-Generation. Sie sind aber der gleiche Jahrgang wie Patrik Sinkewitz. Warum sollen Fans und Sponsoren glauben, dass jetzt alles besser wird? Ich hoffe, dass die Leute Vertrauen in uns setzen. Es wird immer wieder welche geben, die dieses Vertrauen missbrauchen. Es ist schwierig für uns. Wir haben viele Kontrollen. Mir bleibt nicht mehr, als zu sagen, dass ich sauber bin. Ich hoffe, dass es dank der intensiven Antidoping-Programme im Radsport künftig zumindest kein flächendeckendes Doping mehr gibt. Interview: Andreas Kublik 10. ewz Alpen-Challenge zwischen Bergsonne und Windschatten 23./24. August 2008 Classic 122 km, 3000 Höhenmeter Albulapass, Julierpass Challenge 220 km, 4000 Höhenmeter Albula, Bernina, Forcla di Livigno, Julierpass Rahmenprogramm: Kostenloses Zeitfahren am Samstag 23.8.2008 6 km /200 hm Start: Classic & Challenge 24.8.2008, 06.30 Uhr in Lantsch/ Lenz Startgebühren: Die Anmeldegebühren inkl. MwSt betragen pro Person: bis 30. April: CHF 69.–, Euro 42.– bis 15. August: CHF 89.–, Euro 55.– Nachmeldungen möglich: CHF 109.–, Euro 68.– Im Preis inbegriffen: Trikot, Verpflegung, Pasta-Party, Bidon, Reparatur Service Spezialaktion: 10 Jahre Alpen-Challenge 10. April, 10. Juni Startgebühren: CHF 35.–, Euro 20.– Anmeldungen nur über www.alpen-challenge.ch www.alpen-challenge.ch Tel. 081 385 11 22 [email protected] Fax 081 385 11 23