Die unerzählbare Geschichte
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Die unerzählbare Geschichte
| Aktuell | Kino | Musik | Bestseller | Gutenberg-DE Home > Kultur > Kino 15. September 2004 Druckversion | Versenden | Leserbrief " D E R U NTE R G A NG " Die unerzählbare Geschichte Von Andreas Borcholte Im Führerbunker bleibt es kalt: Bernd Eichingers Film "Der Untergang" will die menschliche Seite der deutschen Albtraumgestalt Hitler zeigen. Sein notwendiger Rückzug vor jeder Wärme macht den "Untergang" zu einem letztlich überflüssigen Film. Der Führer isst Spaghetti mit Tomatensauce. Konzentriert schlingt er die Teigwaren in sich hinein, während ihm gegenüber drei Damen sitzen zwei Sekretärinnen und die Köchin, die allesamt keinen rechten Appetit zu haben scheinen. Augenscheinlich verstört sitzen sie ihm gegenüber, kein Wort mildert die unangenehme Stille. Es ist Adolf Hitlers Henkersmahlzeit. Nur wenige Stunden später wird er erst seine frisch Constantin Film Hitler-Darsteller angetraute Ehefrau Eva, dann sich Ganz: Der Führer isst selbst umbringen und mit nicht Spaghetti weniger als 200 Litern Benzin verbrannt werden. Als er aufgegessen hat, putzt er sich sorgfältig den Mund ab und dankt der Köchin artig für das "ausgezeichnete" Essen. Es sind betuliche Szenen wie diese, die um den Film "Der Untergang" schon Wochen vor dem Kinostart heftigen Medienrummel ausgelöst haben: Die deutsche Albtraumgestalt Hitler nicht als Monster, sondern auch als Mensch zu zeigen, für den man unerlaubt freundliche Gefühle entwickelt, das berührt auch 60 Jahre nach Kriegsende einen nicht verkümmerten Fragereflex der Empörung: Darf man das? Natürlich darf man das. Man darf sogar noch viel mehr, wenn man sich im fiktionalen Raum des Kunstwerks Film bewegt. Man darf interpretieren, karikieren, vereinfachen und natürlich provozieren. Auch in Deutschland darf man das, so lange man es Constantin Film Satire nennt: Man denke nur an Szene mit Ulrich Matthes und Corinna Harfouch als Ehepaar Christoph Schlingensiefs "100 Goebbels: Leere Schablonen Jahre Adolf Hitler" (1988) oder Jörg Buttgereits Kurzfilm "Blutige Exzesse im Führerbunker" (1982). Aber saftige Überdrehtheit ist immer auch eine Entschuldigung, das Werk des Künstlers PARTNERSUCHE Finden Sie die Liebe Ihres Lebens! Mit dem einzigartigen PARSHIP-Prinzip finden Sie unter mehr als 700.000 Singles genau den Partner, der zu Ihnen passt. Machen Sie den kostenlosen Test! 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Doch wehe, es tarnt sich ein Filmemacher mit dem Deckmantel der Quasi-Authentizität und entwirft seinen HitlerFilm als großes Drama, rekrutiert dazu noch fast die gesamte deutsche Leinwandprominenz als Darstellerriege - er kann sich einer lebhaften, erneuten Diskussion der "Darf-man-das"Frage sicher sein. So scheint es zunächst, als hätten Drehbuchautor Bernd Eichinger und Regisseur Oliver Hirschbiegel ihr Ziel erreicht, "sich der Geschichte von innen zu nähern" und der deutschen Vergangenheitsbewältigung ins 21. Jahrhundert zu verhelfen. Wie ein Honigkuchenpferd sitzt Eichinger in Talkshows herum und freut sich darüber, nach Dingen gefragt zu werden, die man Filmproduzenten normalerweise nicht fragt, weil sie keine Historiker sind. Der Münchner Kinomogul ("Die unendliche Geschichte", "Resident Evil") gibt zu Protokoll, dass er den Gedanken einer deutschen Kollektivschuld für "affig" hält und dass er es als die größte Herausforderung begriff, "das zu tun, was bisher keiner gewagt hat, nämlich die Personen, die im Constantin Film Wesentlichen das NS-Regime Szene mit Bruno Ganz und geprägt haben, als Heino Ferch: Hitler als einzige dreidimensionale Charaktere Identifikationsfigur darzustellen". Damit, so erklärt er es einer Nachrichtenagentur, wollte er die "bisherige Dämonisierung und das Tabu" brechen. Den kalkulierten Tabubruch stützt Eichinger auf Joachim C. Fests Buch "Der Untergang - Hitler und das Ende des Dritten Reichs" und die Erinnerungen der Hitler-Sekretärin Traudl Junge ("Bis zur letzten Stunde"). Chronologisch zeichnen der Produzent und sein Regisseur die letzten zwölf Tage des NaziRegimes vom 20. April bis zum 2. Mai 1945 inmitten des umstellten Berlin nach. Schauplatz ist der Führerbunker unter der Reichskanzlei, in den sich Hitler und seine engsten Getreuen zurückgezogen haben. Gezeigt werden die letzten Versuche des Diktators, seinen Traum von der Weltmacht aufrecht zu erhalten, seine Erkenntnis, dass der Sieg nicht mehr zu erringen ist, und schließlich die Flucht in den Selbstmord. Wie ein Kammerspiel ist die Handlung inszeniert, unterbrochen nur von einigen actionreichen Szenen außerhalb des Bunkers, die den grausamen Krieg in den Straßen und das Leid des deutschen Volkes abbilden sollen. Hier werden Kindersoldaten aus Hitlers letztem Aufgebot ebenso Constantin Film gezeigt, wie Leichenberge und Hitler (Bruno Ganz) mit verzweifelte Wehrmachtsoffiziere, Ehefrau Eva (Juliane Köhler): Beherzter Kuss auf den Mund die begriffen haben, dass der Untergang naht - im Gegensatz zu ihrem hinter Betonmauern verschanzten Führer. Das ganze deutsche Volk ist Hitlers Opfer, versuchen diese Sequenzen zu sagen. Der millionenfache Mord an den Juden bleibt unerwähnt. SPIEGEL-DOSSIERS Datenkrake GEZ: Der Inkasso-Riese mit dem Stasi-Image Literatur: Die glücklich geteilte Nation Philosophie: Der Aufklärer Immanuel Kant Thomas Bernhard: "Unter uns gesagt, ich bin ein Klassiker" Harald Schmidt: "Ich find' mich prima" KULTUR IN BILDERN "Fashion Rocks": Popstars à la Mode Neue Doku-Soap: "Mein großer dicker peinlicher Verlobter" Filmfestspiele in Venedig: Großes Kino am Lido MTV Video Music Awards: Sexappeal ja, Schock nein PC-Spiele: Leben und sterben lassen KOLUMNEN Heute in den Feuilletons: Die tägliche Presseschau vom Perlentaucher Zwiebelfisch: Die Sprachpfleger-Kolumne von Bastian Sick Televisionen: Die TV-Kritik. SPIEGEL- und SPIEGEL-ONLINE-Autoren meditieren über das alltägliche Flimmern und Rauschen auf der Mattscheibe KulturSPIEGEL 9/2004 TITEL: Linientreu Ozwald Boateng schneidert für das Pariser Modehaus Givenchy Inhalt Der Holocaust ist nicht das Thema dieses Films. Eichinger wollte die Spiegelung der Soziologie des Dritten Reichs in einer zugespitzten Situation, das Herantasten an die HitlerBewältigung - und scheitert daran, dass ein unbefangener Umgang mit der Figur Hitler schlicht nicht möglich ist. Was bleibt, ist der Grusel: Bruno Ganz, der sich Mimik, Gestik und den Sprachduktus Hitlers aneignete, vollbringt mehr als Mummenschanz. Sein fesselndes und ausdifferenziertes Spiel überstrahlt hochkarätige Darsteller wie Corinna Harfouch, Heino Ferch, Ulrich Matthes und Juliane Köhler und lässt ihm zugleich die beklemmende Rolle der einzigen Identifikationsfigur zufallen. Denn ob Albert Speer, Joseph Goebbels Oberst Jodl, Feldmarschall Keitel oder Eva Braun - sie alle werden eben nicht "dreidimensional", wie Eichinger schwärmt, sie bleiben leere Schablonen, deren Motivation nicht klar wird. Auch Hitlers Sekretärin Traudl Junge, rehäugig gespielt von Alexandra Maria Lara, bespiegelt die Ereignisse und Konflikte im Bunker nur, obwohl sie - als narratives Element des Films - unseren Blick lenken soll. Constantin Film Schauspielerin Lara als Traudl Junge: Rehäugige Beobachterin Natürlich fühlt man sich unwohl, wenn man genötigt ist, sich einem Monster zu nähern. Zwar zetert Hitler zuweilen Furcht einflößend und lässt genügend Antisemitisches verlauten, um gehasst zu werden. Doch dann lässt Ganz ihn zärtlich mit Traudl turteln oder seiner Eva herzhaft einen Kuss auf den Mund drücken. Hier regt sich zumindest die Bereitschaft zum Verständnis dieser Figur. Aber will man das? Sicher nicht. Automatisch geht man innerlich auf Distanz. Zu viel an diesem Film funktioniert nicht. Die ersten Reaktionen des Premieren-Publikums auf das Ereignis "Untergang" fielen entsprechend zwiespältig aus: Zu lang, zu zäh, das Ganze lasse einen seltsam kalt. In Berlin, wo der Film am Sonntag unter Anwesenheit vieler Darsteller aufgeführt wurde, wollte der Applaus am Ende nur spärlich einsetzen. Eichinger und Hirschbiegel ließen zu große Vorsicht walten im Umgang mit dem heiklen Sujet: Unentschlossen zwischen dokumentarischer Präzision und künstlerischer Freiheit haben sie einen unterkühlten Film geschaffen, der keine wirklich DPA berührende Geschichte erzählt, "Untergang"-Produzent und Drehbuchautor Eichinger: keine berührende Geschichte Kalkulierter Tabubruch erzählen kann: Es geht um Verbrecher, die ihrem letzten Stündlein mehr oder minder verzweifelt entgegenharren, während draußen die Welt im Leid und Chaos versinkt. Am Ende des Bunkerspiels bleibt nur die Faszination der akkuraten Hitler-Darstellung, weil sie den Reiz des Verbotenen besitzt. Erkenntnisse über die agierenden Menschen, ihre Beweggründe und Motivationen bietet der Film nicht an. Wie auch, wenn selbst Joachim C. Fest bei der Frage nach dem "Warum" passen muss, wie unlängst in einem Interview mit der "Welt". Im Unerklärlichen und Unerklärten liegt üblicherweise die Chance des Filmemachers, seine eigene Version zu propagieren, historisch belegt oder frei erfunden - das ist nebensächlich. Doch es ist eben nicht möglich, Hitler, Goebbels oder selbst Traudl Junge als Helden in einem emotionalen Kinodrama zu inszenieren. Sein notwendiger Rückzug vor jeder Wärme, Epik und Interpretation macht den "Untergang" zu einem letztlich überflüssigen Film. Für die banale Erkenntnis, dass das Böse im Menschlichen existiert, hätte es keiner 13 Millionen Euro teuren Kinoproduktion bedurft, die auf der Leinwand so harmlos und flach wie ein besserer TV-Zweiteiler wirkt. Der Untergang Deutschland 2004. Regie: Oliver Hirschbiegel. Buch: Bernd Eichinger. Darsteller: Bruno Ganz, Alexandra Maria Lara, Juliane Köhler, Heino Ferch, Ulrich Noethen, Ulrich Matthes, Corinna Harfouch, Michael Mendl u.v.a. Produktion: Constantin Film. Verleih: Constantin. Länge: 155 Minuten. Start: 16. September 2004 ANZEIGE SUCHTIPPS Partnersuche mit PARSHIP.de Deutschlands größte Partneragentur mit über 700.000 Singles. http://www.parship.de Partnervermittlung - Anbieter im Vergleich Kostenloser redaktioneller Vergleich von Partnervermittlungen, KontaktanzeigeSites, Seitensprung-Agenturen etc. und alles Neue rund um die Single-Szene. http://www.singleboersen- vergleich.de Gratis Partnersuche - über 9 Mio. Mitglieder Stöbern Sie kostenlos in Foto-Profilen und versenden Sie gratis virtuelle Küsse. Das erfolgreiche Dating Portal mit über 9 Mio. 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