Hefegärung
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Hefegärung
Hefegärung Peter Bützer, Markus Roth Inhalt 1 2 Einleitung/Theorie ....................................................................................................2 Messungen...............................................................................................................3 2.1 Aufgabenstellung...............................................................................................3 2.2 Durchführung ....................................................................................................3 2.3 Reaktionsbedingungen......................................................................................3 2.4 Beobachtungen/Messungen..............................................................................4 2.5 Reaktionsgleichungen/Berechnungen...............................................................4 2.6 Folgerungen ......................................................................................................4 2.7 „Selbstvergiftung“ ..............................................................................................4 3 Simulation.................................................................................................................5 3.1 Simulationsdiagramm (Typ 9) ...........................................................................5 3.2 Zeitdiagramm ....................................................................................................6 3.3 Dokumentation (Gleichungen, Parameter) ........................................................6 3.4 Vergleich von Messungen und Simulation ........................................................7 3.5 Interpretation .....................................................................................................7 4 Geschwindigkeit der Produktbildung bei der Hefe....................................................7 4.1 Bildung von Kohlendioxid (CO2) ........................................................................8 4.2 Experiment ........................................................................................................8 5 Die Konzentrationsabhängigkeit der Reaktionsgeschwindigkeit...............................8 5.1 Michaelis-Menten-Gleichung .............................................................................8 5.2 Messungen........................................................................................................9 5.3 Simulation .........................................................................................................9 5.3.1 Simulationsdiagramm.................................................................................9 5.3.2 Zeitdiagramm ...........................................................................................10 5.3.3 Dokumentation (Gleichungen, Parameter) ...............................................10 5.3.4 Vergleich von Messungen und Simulation ...............................................11 5.3.5 Interpretation ............................................................................................11 Prof. Dr. Peter Bützer, Dipl.- Ing. Markus Roth, Pädagogische Hochschule St.Gallen Peter Bützer, Markus Roth 2 1 Einleitung/Theorie Paul Karrer meinte 1937 1 : „Die ‚alkoholische Gärung’ ist einer der interessantesten und volkswirtschaftlich wichtigsten chemischen Prozesse“, und das gilt noch heute. Die Gärung verursacht schrittweise einen enzymatischen Abbau organischer Verbindungen zu Endprodukten, für die Hefe zum Zwecke der Energiegewinnung unter anaeroben Bedingungen. Der durch Gärung erzielte Energiegewinn ist viel geringer als jener durch Atmung. Während beispielsweise bei der alkoholischen Gärung der Hefezelle Abbildung 1: Hefezelle (ein Pilz) pro Mol Glucose nur 2 Mol ATP gebildet werden, entstehen bei der vollständigen Oxidation von einem Mol Glucose 36 bzw. 38 Mol ATP. Unter dem Gesichtspunkt der Substrat-Nutzung für das Wachstum ist die Gärung somit unökonomisch. Der oxidierte Kohlenstoff wird bekannterweise als CO2 ausgeschieden. Im Gegensatz zur Atmung werden die bei der Oxidation entstehenden Reduktionsäquivalente (NADH) nicht auf molekularen Sauerstoff, sondern auf den Rest des Substrates übertragen, woraus hohe Ausbeuten an Gärungsprodukten resultieren. Gärungen kommen vor allem bei niederen heterotrophen Organismen vor (Hefen und andere Pilze, Bakterien). OH OH O OH OH OH OH 2 NADH + 2 H+ 2 ATP Glucose 2 Ethanol 2 ADP + 2 Pi 2 NADH + 2 H+ 2 ATP 2 NAD+ HO 2 ADP + 2 Pi O O 2 NAD+ 2 Acetaldehyd 2 Pyruvat 2 CO2 alkoholische Gärung O 2 CO2 alkoholische Gärung Abbildung 2: Sehr stark vereinfachte Schemata der alkoholischen Gärung Die in diesem Experiment verwendete Trockenhefe (Backhefe, Gest, Bäckerhefe; Saccharomyces cerevisiae) sind Hefepilze, die in der Regel einzellig sind. Unter 1 Karrer P., Lehrbuch der organischen Chemie, Georg Thieme Verlag, Leipzig, 1937, S. 88 Februar 2008 Peter Bützer, Markus Roth 3 anaeroben Bedingungen werden Kohlenhydrate (Glucose, Saccharose) von Hefe zu Ethanol vergoren. Die Generationszeit der Hefe beträgt ca. 90 min 2 = 1 Stunde. (Verdoppelungszeit, also k = ln(2)/1.5 = 0.46 h-1). Hefen haben eine grosse wirtschaftliche Bedeutung einmal für die Erzeugung von Nahrungs- und Genussmitteln (Bier, Wein, Brot). Anstelle von Wildhefen werden speziell optimierte Zuchtrassen eingesetzt (Kulturhefen wie Back-, Wein-, Bier-, Futterhefen). Zur Brotherstellung kommt Bäckerhefe in den Handel als Presshefe und heute vermehrt sogenannte Trockenhefe mit einem Wassergehalt von 8–12% in den Handel. Beim Backen wird das Auftreiben des Teigs durch das bei der Gärung entstehende CO2 hervorgerufen, der Alkohol verdunstet. 1 g Trockenhefe enthält ca. 1010 Zellen (1 Würfel Hefe hat ca. 42 g, ein Tütchen Trockenhefe hat 7 g und entspricht 25 g Frischhefe). 2 Messungen 2.1 Aufgabenstellung Das Hefewachstum und die damit verbundene Ethanolproduktion sollen experimentell bestimmt werden. 2.2 Durchführung Die Hefezellen werden in je einer Probe mit 1/250 Mikroliter unter dem Mikroskop in regelmässigen Zeitabständen ausgezählt. Gleichzeitig wird der Ethanolgehalt bestimmt, z.B. mit einer filtrierten Probe mit dem GC. 2.3 Reaktionsbedingungen Die beste Temperatur für die Vermehrung der Hefe ist ungefähr bei 28 °C, über 45 °C beginnen die Hefen abzusterben. Die Hefe ist druckempfindlich, über 8 bar stellt Hefe ihre Gärtätigkeit ein. 2 Jentsch Stefan, Abbau für den Auf- und Umbau, http://www.uni-heidelberg.de/uni/presse/rc7/3.html, 2007-10-29 Februar 2008 Peter Bützer, Markus Roth 4 4 30 3 20 2 10 1 0 0 10 Ethanolkonz (mg/ml) 40 Hefe Ethanol 12 0 5 0 50 80 6 60 60 40 7 20 70 0 Anazhl Hefezellen (pro 1/250 Mikroliter) 2.4 Beobachtungen/Messungen 3 Zeit (Std.) Abbildung 3: Hefewachstum und Ethanolproduktion 2.5 Reaktionsgleichungen/Berechnungen Mit Glucose: C6H12O6 2 C2H6O + 2 CO2 Mit Saccharose: C12H22O11 + H2O 4 C2H6O + 4 CO2 2.6 Folgerungen Diese Experimente führen immer wieder zur Aussage, dass sich mit diesen Daten ableiten lasse, dass die Hefe durch das eigene Produkt, den Ethanol gehemmt werde – eine Selbstvergiftung oder Endprodukthemmung. Das ist so nicht richtig. Wenn die Hefe durch eine andere Wachstumsbegrenzung (Edukte oder Platz) das Wachstum langsam einstellen würde, wäre für Ethanol dieselbe Kurve zu erwarten. Es muss daher nachgewiesen werden, dass Ethanol die Aktivität der Hefezellen hemmt. Das lässt sich experimentell zeigen: 2.7 „Selbstvergiftung“ Variante 1: 5 g Trockenhefe + 10 g Glucose + 200 ml H2O + 20ml H2O (bei konstant 40°C in 250 ml Erlenmeyer auf Magnetrührer mit Drucksonde). Variante 2: 5 g Trockenhefe + 10 g Glucose + 200 ml H2O + 20ml Ethanol 95%ig (bei konstant 40°C in 250 ml Erlenmeyer auf Magnetrührer mit Drucksonde). 3 Krebs, Ch.J.: Ecology; The experimental analysis of distribution and abundance, New York 1972 (1.Auflage) und 1984 (3.Auflage), S.217 Februar 2008 Peter Bützer, Markus Roth 5 200 Druck (kPa) 180 160 ohne Ethanol 140 mit Ethanol 120 100 80 0 100 200 300 400 500 600 Zeit (s) Abbildung 4: Hemmung der Kohlendioxidproduktion von Hefe durch das Endprodukt Ethanol Folgerung: Dieses Experiment macht deutlich, dass die Aktivität in Gegenwart von 10% Ethanol deutlich gehemmt wird. 3 Simulation 3.1 Simulationsdiagramm 4 (Typ 9) 5 Simulation als logistisches Wachstum Das Wachstum verläuft exponentiell (jede Zelle kann sich teilen) Das Wachstum ist begrenzt Wachstums grenze Wachstums kapazität Zuwachs Hefezellen Wachstums koeff Abbildung 5: Simulationsdiagramm des Hefewachstums als logistisches Wachstum 4 5 Software: Programm Vensim® PLE, Ventana Systems, Inc. Bützer Peter, Roth Markus, Die Zeit im Griff, Systemdynamik in Chemie und Biochemie, verlag pestalozzianum, Zürich 2006, S. 94ff Februar 2008 Peter Bützer, Markus Roth 6 3.2 Zeitdiagramm Hefezellen 60 45 30 15 0 0 12 24 36 48 60 72 Time (Hour) 84 96 Hefezellen : Current Abbildung 6: Zeitdiagramm des Hefewachstums Das logistische Wachstum zeigt den typischen Verlauf einer Sigmoide. 3.3 Dokumentation (Gleichungen, Parameter) (01) (02) (03) (04) (05) (06) (07) (08) (09) FINAL TIME = 60 Units: Minute The final time for the simulation. Hefezellen= INTEG ( Zuwachs, 2) Units: Anzahl INITIAL TIME = 0 Units: Minute The initial time for the simulation. SAVEPER = 10 Units: Minute [0,?] The frequency with which output is stored. TIME STEP = 1 Units: Minute [0,?] The time step for the simulation. Wachstumsgrenze= 86 Units: Anzahl [0,1000,10] Wachstumskapazität= Wachstumsgrenze-Hefezellen Units: Anzahl Wachstumskoeff= 0.0018 Units: 1/Minute*1/Anzahl [0,0.01] Zuwachs= (Wachstumskoeff*Wachstumskapazität)*Hefezellen Units: Anzahl/Minute Februar 2008 108 120 Peter Bützer, Markus Roth 7 3.4 Vergleich von Messungen und Simulation Hefezellen (pro 1/25 Mikroliter) 70 60 50 40 Hefe Simulation 30 20 10 0 0 50 100 150 Zeit (Std.) Abbildung 7: Vergleich der Messungen mit der Simulation 3.5 Interpretation Das logistische Wachstum ist bei Mikroorganismen sehr gut bekannt. Es beginnt mit der so genannten lag-Phase, geht über in das exponentielle Wachstum (log-Phase) und macht dann den Übergang in die stationäre Phase. 4 Geschwindigkeit der Produktbildung bei der Hefe O C O OH OH O OH OH OH Abbildung 8: Die Hefezelle als biochemische „Black-Box“ Februar 2008 OH Peter Bützer, Markus Roth 8 4.1 Bildung von Kohlendioxid (CO2) Reaktionsgleichung: C6H12O6 2 C2H6O + 2 CO2 Die Zunahme des Gasdrucks ist bei konstantem Volumen und konstanter Temperatur proportional der Menge gebildetes CO2 in Molen: n p V p konst. ; n: Anzahl Mole, p: Druck in Pa RT 4.2 Experiment 3 g Trockenhefe, 10 g Glucose, 100 ml Wasser, Temperatur 308 K, Vernier Drucksonde (Pressure Sensor), Magnetrührer (500 ml Rundkolben im Wasserbad). 150 140 p [kPa] 130 120 110 100 90 0 600 1200 1800 2400 3000 t [s] Abbildung 9: Druckverlauf bei der Hefegärung 5 Die Konzentrationsabhängigkeit der Reaktionsgeschwindigkeit 5.1 Michaelis-Menten-Gleichung Annahme: Die Hefe als Einzeller wird wie ein Enzym betrachtet (Black-Box). Februar 2008 Peter Bützer, Markus Roth 9 5.2 Messungen Tabelle 1: Geschwindigkeit des Glucoseabbaus in Funktion der Substratkonzentration (Glucose) [Glucose] Geschwindigkeit (g/l) (1/h) 0 0 0.125 0.16 0.25 0.23 0.5 0.3 1 0.38 1.5 0.42 2 0.44 3 0.46 5.3 Simulation 5.3.1 Simulationsdiagramm 6 (Typ 1) 7 Substrat RG Produkt Km Geschwindigkeit max Geschwindigkeit Abbildung 10: Simulationsdiagramm der Michaelis-Menten-Gleichung 6 7 Software: Programm Vensim® PLE, Ventana Systems, Inc. Bützer Peter, Roth Markus, Die Zeit im Griff, Systemdynamik in Chemie und Biochemie, verlag pestalozzianum, Zürich 2006, S. 37ff Februar 2008 Peter Bützer, Markus Roth 10 5.3.2 Zeitdiagramm Geschwindigkeit 0.6 u 0.45 0.3 0.15 0 0 0.50 1 1.50 2 Time (Konz) 2.50 3 Geschwindigkeit : Current Abbildung 11: Zeitdiagramm der Geschwindigkeit des Glucoseabbaus in Funktion der Substratkonzentration (Abszisse: Konzentration Glucose in g/l) 5.3.3 Dokumentation (Gleichungen, Parameter) (01) (02) (03) (04) (05) (06) (07) (08) (09) (10) FINAL TIME = 3 Units: Konz The final time for the simulation. Geschwindigkeit= max Geschwindigkeit*Produkt/(Km+Produkt) Units: u [0,?] Bei der entsprechenden Konzentration erreichte Geschwindigkeit INITIAL TIME = 0 Units: Konz The initial time for the simulation. Km= 0.33 Units: g/l [0,1] Michaelis-Menten-Konstante max Geschwindigkeit= 0.51 Units: u [0,?] Maximal erreichbare Geschwindigkeit Produkt= INTEG (RG, 0) Units: g/l [0,?] RG= 1 Units: g/l/Konz [0,?] Steigerung der Konzentration SAVEPER = 0.125 Units: Konz [0,?] The frequency with which output is stored. Substrat= INTEG (-RG, 3) Units: g/l [0,?] Konzentration von Glucose in g/l ist am Anfang = 0 und wird bis auf 3 g/l gesteigert TIME STEP = 0.01 Units: Konz [0,?] The time step for the simulation. Februar 2008 Peter Bützer, Markus Roth 11 5.3.4 Vergleich von Messungen und Simulation 0.5 Geschwindigkeit 0.45 0.4 0.35 0.3 u (1/h) Simulation 0.25 0.2 0.15 0.1 0.05 0 0 1 2 3 Glucose (g/l) Abbildung 12: Vergleich von Messungen und Simulation (Km= 0.33, vmax= 0.51) 5.3.5 Interpretation Die Michaelis-Menten-Gleichung kann die Konzentrationsabhängigkeit des Glucoseabbaus der Hefe sehr gut beschreiben, obwohl es sich um ein Enzymsystem und nicht um ein isoliertes Enzym handelt. Februar 2008