Bericht 2

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Bericht 2
Hessen-Wisconsin Exchange Program
University of Wisconsin – Eau Claire
Jonathan Moog
Universität Kassel
English and American Culture and Business Studies
Vorbereitung
Ich habe mit der Planung meines Auslandssemesters ungefähr ein Jahr im Voraus begonnen.
Mein Studienfach an der Universität Kassel beinhaltet ein obligatorisches Auslandspraktikum
oder -semester in einem englischsprachigen Land. Mir war von vornherein klar, dass ich
gerne ein Semester an einer amerikanischen Universität verbringen möchte und habe
begonnen nach Möglichkeiten der Finanzierung zu suchen. In einer Veranstaltung meiner
Universität habe ich vom Hessen-Wisconsin Exchange Program erfahren, das die
Studiengebühren an einer Universität des University of Wisconsin System im Falle einer
erfolgreichen Bewerbung übernimmt. Im Rahmen der Bewerbung für das Hessen-Wisconsin
Exchange Program musste ich einen TOEFL-Test nachweisen und würde jedem empfehlen
diesen
mit
ausreichendem
Abstand
zum
Abgabetermin
zu
absolvieren,
da
die
Bearbeitungszeit des Tests bis zu vier Wochen dauern kann. Ein weiteres für die Bewerbung
notwendiges Dokument ist ein Motivationsschreiben. Es ist ratsam, sich gut über den Staat
Wisconsin, die amerikanische Gesellschaft und die bevorzugten Universitäten zu informieren
um überzeugend zu begründen, warum man gerne an einer der Universitäten studieren möchte
und warum die USA und der Staat Wisconsin interessant für einen Studienaufenthalt sind.
Weiterhin solltet ihr rechtzeitig bei euren Professoren anfragen, ob sie euch ein
Empfehlungsschreiben ausstellen könnten, da diese häufig einige Zeit dafür benötigen. Ein
weiterer Bestandteil der Bewerbungsunterlagen ist die „List of Proposed Courses“ für die ihr
die Kurskataloge eurer bevorzugten Universitäten durchsuchen müsst. Das ist jedoch keine
finale Auswahl eurer Kurse, sondern vermittelt euch einen Eindruck über die Kursangebote
und die Universitäten. Abschließend würde ich euch raten (vor allem denen, die nach Hessen
zum Studieren gezogen sind), ein wenig Recherche über Hessen zu betreiben, um begründen
zu können, warum Hessen eine gute Wahl für ein Studium in Deutschland ist. Ihr seid
Hessens Botschafter an euren Universitäten in Wisconsin und im Rahmen des Programms
verpflichtet, Werbung für ein Auslandssemester in Hessen zu machen.
Wichtig: Zögert auch nicht, euer International Office oder Hessen-Wisconsin Alumni eurer
Universität bei Fragen zu kontaktieren, denn unvollständige oder unzureichende
Bewerbungsunterlagen könnten euch das Stipendium kosten.
Stadt und Universität
Ich habe mich bewusst für die University of Wisconsin – Eau Claire aus verschiedenen
Gründen beworben und wurde nicht enttäuscht. Die Universität hat 11.000 Studenten, was
ungefähr einem Verhältnis von Studenten zu Bevölkerung von 1 zu 6 entspricht und führt
dazu, dass Studenten das Stadtbild prägen. Die Uni ist nicht zu groß und nicht zu klein, man
läuft sich regelmäßig über den Weg, ist aber nicht gezwungen durchgehend mit den gleichen
Leuten zusammen zu sein. Der Campus ist ein City-Campus, das heißt er befindet sich in
nächster Nähe zur Innenstadt, die schnell zu Fuß zu erreichen ist. Alle Fakultäten befinden
sich an einem Ort und machen den Campus so zu einem eigenen Stadtteil mit einem großen
Freizeit- und Sportangebot. Der Campus ist unterteilt in Lower und Upper Campus, wobei
fast alle Lehrveranstaltungen auf dem Lower Campus stattfinden und sich die meisten
Studentenwohnheime, Mensa und Sporteinrichtungen auf dem Upper Campus befinden. Diese
Teilung von Uni und Wohnen empfand ich als schön, da man so in seiner Freizeit nicht das
Gefühl hatte zwischen Lehreinrichtungen hin und her zu rennen. Die Universität bietet ein
großes Angebot an Freizeitveranstaltungen. Auf dem Upper Campus befinden sich zwei
Fitnessstudios, eine Indoor-Track-Halle, Indoor-Schwimmbad, Tennis- und Basketballplätze,
Hochseilgarten, Beachvolleyballfelder, Bowling, Billard und vieles mehr. Die City of Eau
Claire hat ungefähr 65.000 Einwohner, ist jedoch nicht mit einer deutschen Stadt zu
vergleichen, da sie sich sehr in die Weite streckt und sich so das Stadtleben nicht wie in
Deutschland auf die Innenstadt konzentriert, sondern über das ganze Stadtgebiet verteilt. In
Laufweite vom Campus befinden sich in der Innenstadt einige Bars, Cafés und ein schöner
kleiner Bauern-Markt, sie ist ansonsten aber wenig spektakulär. Die Uni hat einige gemütliche
Cafés und eine kleine Outdoor-Mall mit Supermarkt. Fastfood-Restaurants (Jimmy Johns,
Starbucks,…) befinden sich in der Nähe vom Upper Campus und ziehen besonders zu
Semesterbeginn Ströme von Studenten an. Etwas weiter entfernt befindet sich eine größere
Mall (Macy’s, Hollister, American Eagle, Old Navy,…), zu der Busse vom Upper Campus
fahren. Der Bus ist das einzige öffentliche Transportmittel und ist kostenlos für Studenten der
Uni. Das Bussystem ist jedoch nicht in der Häufigkeit und Netzabdeckung mit dem deutschen
Bussystem zu vergleichen. Ich habe häufiger das Taxi als den Bus zur Fortbewegung gewählt,
da es wirklich sehr günstig (!) ist und mich auch nach 6 Uhr abends noch zu meinem Ziel
gebracht hat. Zum Glück war die Hauptattraktion für Studenten über 21 Jahren am
Wochenende zu Fuß gut zu erreichen: die Waterstreet. Das ist eine Straße mit einigen netten
Läden (Frozen Yoghurt, Restaurants, Shops, Friseure,…) und vielen Bars/Pubs und Clubs.
Vom Upper Campus fährt Freitags- und Samstagsnachts halbstündig ein Bus (der
„Drunkbus“) von dem man für $2 zum gewünschten Ziel in Eau Claire gebracht werden kann.
Es ist das bevorzugte Transportmittel, wenn es ab November langsam kalt wird. Aber auch
wenn man noch nicht 21 ist, kann man in Eau Claire viel Spaß haben. Seit kurzem befindet
sich im Studentencenter ein schönes Cafe – The Cabin – in dem regelmäßig Auftritte von
lokalen und national bekannten Künstlern stattfinden. Hier kann man es sich mit einem
leckeren Kaffee vor den Kaminen gemütlich machen, im Internet surfen, den Musikern
lauschen oder einfach nur entspannen. Jedes Wochenende zeigt der Film Club einen vom
International Film Comitee ausgewählten Film im uni-eigenen Kino. Hier wechseln sich
schöne, spannende und seriöse Filme ab und das Beste: es gibt kostenloses Popcorn. In Eau
Claire finden außerdem regelmäßig Veranstaltungen statt, die man besuchen kann und auch
auf dem Campus gibt es viele Möglichkeiten einen schönen Abend zu verbringen, da die
Mehrzahl der Studenten noch keine 21 ist. Für Unterhaltung ist also immer gesorgt, der
Campus ist sehr schön und die Stadt bietet genug Abwechslung für ein schönes Semester.
Unterkunft und Verpflegung
Wie schon erwähnt, befinden sich die meisten Wohnheime auf dem Upper Campus. Das ist
von Vorteil, da man so ruckzuck bei seinen Freunden in den anderen Wohnheimen ist. Jedes
Wohnheim hat eine Lobby, die 24/7 besetzt ist und in welcher man Getränke und Snacks
kaufen kann. Für einmalig $10 kann man einen Ausweis („Activity Pass“) erwerben mit dem
DVDs, Tischtennis- und Tennisschläger, Spiele und weiteres Equipment ausgeliehen werden
können. In jedem Dorm gibt es einen TV-Raum mit einem riesigen Fernseher, einen
Musikraum, einen kleinen Fitnessraum, einen Lernraum, eine Küche, Tischtennisplatten und
Tischkicker. Alle Internationals wohnen in einem ca. 12 m² großen Zimmer mit einem
amerikanischen Roommate, in dem pro Person eine Kommode, ein Schreibtisch und ein Bett
stehen. Häufig bringt der Roommate noch eine Couch, Fernseher, Mikrowelle und
Kühlschrank mit, die meistens mitbenutzt werden dürfen. Ich würde euch raten, euch mit
eurem Roommate zu arrangieren, denn ihr seid nur vier Monate an der Uni und solltet diese
Monate genießen und nicht durch Streit oder Zimmerwechsel verderben. Ihr teilt euch ein Bad
mit den anderen Jungs/Mädchen auf eurem Flur, welches regelmäßig gereinigt wird, aber es
an euch und euren Kommilitonen liegt, wie sauber ihr es nach der Reinigung haltet. Ich
denke, dass das Wohnen im Studentenwohnheim zu der Erfahrung eines Auslandssemesters
in den USA dazu gehört und auch wenn ich es vorziehe mein eigenes Zimmer und Bad zu
haben, bin ich froh, diese Erfahrung gemacht zu haben.
Jeder International, der On-Campus wohnt muss einen Mealplan kaufen. Ihr könnt zwischen
drei verschiedenen auswählen, wobei jeder, den ich kenne, den all-inclusive Mealplan
gewählt hat. Mit diesem kann man jederzeit in die Mensa auf den Upper Campus gehen und
so viel essen wie man möchte. Es gibt jeden Tag ein anderes Gericht, Pizza, Burger, eine
große Salatbar, verschiedene Desserts und noch drei weitere Ausgabestellen. Bei der einen
kann man sich sein eigenes Sandwich/Wrap zusammenstellen, es gibt eine Pastastation und
eine Station, an der man verschiedene mexikanische Spezialitäten bestellen kann. Morgens
gibt es von Pancakes, French Toast, Waffeln, Obst, Cornflakes bis zu Breakfast Burritos
wirklich alles, was man möchte. Zusätzlich kann man jeden Tag ein Gericht im Marketplace
auf dem Lower Campus bestellen, wo es Sushi, Subs, Pasta, Burger, Salat und asiatisches
Essen gibt. Im Großen und Ganzen war ich mit dem Mensaessen zufrieden, da es mir
geschmeckt hat und es genug Abwechslung gab.
Studium
Ich habe vier Kurse besucht von denen drei Level 300 Kurse und einer ein Level 200 Kurs
war. Die Level geben an, in welchem Jahr ein Kurs von den Studenten besucht werden sollte.
Ein Level 300 Kurs ist also für Studenten im dritten Studienjahr vorgesehen, jedoch ist das
nur eine Richtlinie und keine Verpflichtung. Kurz nach meiner Zulassung wurde ich von der
UW-Eau Claire bezüglich meiner Kurswahl kontaktiert. Als internationaler Student hat man
die Möglichkeit bei der Kurswahl bevorzugt zu werden und kann zu beinahe jedem Kurs
zugelassen werden. Mithilfe eurer Kontaktperson ist es sehr unkompliziert einen Stundenplan
zu erstellen und ihr müsst euch nicht selbstständig in die Kurse einwählen. Sofern ihr Credits
aus den USA nach Deutschland transferieren wollt, würde ich euch raten frühzeitig bei euren
Professoren anzufragen, welcher der an der UW-Eau Claire angebotenen Kurse als
Alternativkurs zu einem an eurer Heimatuniversität angebotenen Kurse akzeptiert wird. Die
UW-Eau Claire schickt von jedem internationalen Studenten den Leistungsnachweis über
belegte Kurse im Auslandssemester an die Universität Gießen, von wo aus diese an eure
jeweilige Uni verteilt werden.
Mit zunehmendem Level steigt auch der Anspruch der Kurse, was bei der Kursauswahl
berücksichtigt werden sollte. Ihr braucht ein Minimum von 12 Credits (= meistens mehr nach
der Übertragung in Deutschland), was zugleich häufig das Maximum ist, was für
Internationals empfohlen wird. Ich würde euch raten nicht mehr Kurse als notwendig zu
belegen, da der Arbeitsaufwand für einen Kurs an der UW-Eau Claire wesentlich höher ist als
in Deutschland. Es werden regelmäßig Quizze geschrieben, Präsentationen gehalten,
Hausaufgaben verteilt, Hausarbeiten und Exams geschrieben, was einen durchgehend hohen
Aufwand erfordert. Der hohe Arbeitsaufwand lohnt sich aber, da man meistens sehr gute
Noten erhält. Die Professoren beziehen in ihre Notengebung mit ein, dass ihr keine „native
speaker“ seid und man hat als International die Möglichkeit mehr Zeit für die Exams zu
erhalten. Sollte man mal mehr Zeit für eine Hausarbeit oder Hausaufgabe benötigen, ist das
häufig kein Problem solange man den Professor darüber informiert. Die Professoren haben
mehrmals pro Woche Sprechstunde und antworten auf E-Mails meistens innerhalb eines
Tages, was sehr angenehm ist.
Fazit
Das Auslandssemester an der University of Wisconsin – Eau Claire war für mich akademisch
und persönlich eine tolle Erfahrung. Ich habe viele neue Freunde gefunden, die aus der
ganzen Welt nach Eau Claire gekommen sind. Somit habe ich nicht nur die amerikanische
Kultur und Gesellschaft kennengelernt, sondern auch viel über die Welt und andere Kulturen
erfahren. Die Stadt und die Universität mögen ein wenig klein erscheinen, aber allein in
meinem Semester kamen Internationals aus über 40 (!) verschiedenen Ländern nach Eau
Claire, was zu einer bunten und interessanten Mischung beigetragen hat. Akademisch habe
ich mich an der Uni sehr gut „betreut“ gefühlt und meine Fragen und Probleme wurden immer
sofort behoben. Meine Kurse waren sehr interessant und helfen mir einige Bereiche meines
Studiums aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten. Ich bin sehr froh, an der University
of Wisconsin – Eau Claire studiert zu haben. Deshalb kann ich jedem nur raten: Go Blugold!