GOLD
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Material wird Kunst – Prof. Hänsel – Mastersemester 1 – WS 2011/12 – Maren Waschewski Inhalt des Referates „GOLD“ 1. Einleitung / Einführung in das Thema 2. Die 7 Bedeutungsmuster des Materiales Gold 2.1 Sakralisierung des Profanen und Alltäglichen 2.1.1 Gustav Klimt, „Der Kuss“, 1907/08 2.1.2 Louise Nevelson, „Royal Tide IV“, 1959/60 2.1.3 Andy Warhol, „Gold Marilyn“, 1962 2.2 Der materielle Wert 2.2.1 Marcel Broodthaers, „Lingot d’or“, 1971 2.3 Das goldene Zeitalter 2.3.1 Jannis Kounellis, „Tragedia Civile“, 1975 2.3.2 Joseph Beuys, „Palazzo Regale“, 1985 2.4 Symbol für Spiritualität 2.4.1 Constantin Brancusi, „Unendliche Säule“, 1937/38 (und „schlummernde Muse“) 2.4.2 Yves Klein, „Monogold-Tafeln“, 1959-61 2.4.3 Joseph Beuys, „Wie man einem toten Hasen die Bilder erklärt“, 1965 2.5 Sinnbild des unendlichen Raumes 2.5.1 Lucio Fontana, „Concetto Spaziale Attese“, 1962 2.6 Symbol des Lichts 2.6.1 James Lee Byars, „666“, 1996 2.7 Die Materialität 2.7.1 Robert Rauschenberg, „Ohne Titel (Gold Painting)“, 1953 2.7.2 Roni Horn, „Gold Field“, 1980-82 3. kurze Zusammenfassung 1 Material wird Kunst – Prof. Hänsel – Mastersemester 1 – WS 2011/12 – Maren Waschewski Einleitung / Einführung in das Thema Um 1960 kommt es zu einem Wandel in der Materialverwendung und Beginn eines Demokratisierungsprozesses, bezüglich der Materialien, der dazu führt, dass alle Materialien kunstwürdig wurden und gleich wichtig waren. Gold wurde zu einem Material von vielen und verlor erst einmal seine tradierten Bedeutungsmuster (Reinigungsprozess). Jetzt, wo es wie Fett, Filz oder Neonröhren verwendet wurde, wurde es für Künstler wieder interessant. Sie greifen jedoch teilweise wieder viele der alten Bedeutungsmuster wieder auf und stellen diese nicht in Frage, sondern übernehmen sie unverändert und erweitern sie zum Teil. Diese sechs Bedeutungsmuster des Goldes kehren in der Kulturgeschichte des Goldes immer wieder. Im 20. Jahrhundert kommt jedoch der Ansatz hinzu, Gold ausschließlich als Material zu thematisieren und es in Kunstwerken so einzusetzen, dass seine Materialbeschaffenheit im Vordergrund steht. Das Referat zeigt, anhand zwölf ganz verschiedener Künstler, die vielschichtigen Bedeutungen und Verwendungen des Materiales Gold in der Kunst des 20. Jahrhunderts. Die 7 Bedeutungsmuster des Materiales Gold 1. Sakralisierung des Profanen und Alltäglichen 2. Der materielle Wert des Goldes 3. Metapher vom goldenen Zeitalter 4. Symbol für Spiritualität 5. Sinnbild des unendlichen Raumes 6. Symbol des Lichts 7. Die Materialität des Goldes 1. Sakralisierung des Profanen und Alltäglichen Gold wurde bereits in den frühen Hochkulturen der überirdischen, göttlichen Sphäre zugeordnet. Götterstatuen, Tempelräume, Sarkophage und Mumien wurden mit Blattgold belegt, um ihnen eine göttliche Aura zu verleihen. Gold hatte einen besonderen Glanz, war deswegen gut geeignet für kultische Gegenstände, um sie von der Umgebung abzuheben und zu überhöhen 20. Jhd.: Aspekt der Überhöhung wird von einigen Künstlern wieder aufgegriffen. Durch den Einsatz von Gold werden Objekte, Personen oder Momente aus dem Bereich des Alltäglichen herausgehoben und ideell aufgewertet. Gustav Klimt „Der Kuss“ (1907/08) Klimt vergoldet das Liebesglück von Mann und Frau, um den Moment höchster Emotionalität in eine Sphäre fernab der Wirklichkeit zu versetzen und ihm Unvergänglichkeit zu verleihen. Durch das Gold wird die Diesseitsbezogenheit des Hintergrundes aufgehoben und das Paradies versinnbildlicht, in dem sich das Paar befindet. Durch die extreme Flächigkeit der Darstellung und der Verwendung unterschiedlicher Formen von Gold entsteht eine „realitätsferne Zweidimensionalität“. Außerdem übernimmt das Gold, um das Paar, die Funktion eines kostbaren Rahmens. Durch das starre, goldene, anorganische Ornament der Kleidung, wird der menschliche Körper in die Bildfläche eingebunden, um zu symbolisieren, dass er keinen Handlungsspielraum besitzt. Louise Nevelson, „Royal Tide IV“ (1959/60) Sie setzt das Prinzip der Überhöhung durch Vergoldung in einem ganz anderen Kontext ein. Hölzerner Sperrmüll, den sie auf den Straßen New Yorks aufgesammelt hatte, tauchte sie in goldene Farbe und setzte sie zu einer goldenen Altarwand zusammen. Neue Wertung des „armen“ Materials. Ursprünglich kam Louise Nevelson aus Russland, zog dann nach Amerika. In ihrer Heimat hieß es, dass „die Straßen in Amerika mit Gold gepflastert seien.“ Dies nahm sie wörtlich und setzte diese Idee als Kunstwerk um. Transformationsprozess Alltagsfragmente werden in Gold verwandelt. Pracht und Überfluss sind sichtbar. Sakralisierung der Fundstücke als „Reliquien der Konsumgesellschaft“. Andy Warhol, „Gold Marilyn“ (1962) Acryl und Goldbronze auf Leinwand, 1962, Museum of Modern Art, New York Moderne Variante des traditionellen Marienbildes, photomechanisch reproduziertes Porträt des Filmstars Marilyn Monroe, deren Gesicht in ein goldenes Umfeld eingebettet ist. Marilyn Monroe als einzelner strahlender Stern, an einem goldenen Himmel. Mythos und Unsterblichkeit. Entstand nach ihrem Tod als Gedenkbild. Durch den Goldgrund wird ihr eine überirdische, zeitlose Existenz verliehen. Er transformiert sie zu einer Ikone des Konsumzeitalters, über alles erhaben. Sakrale Züge, Darstellung als Halbgöttin. 2 Material wird Kunst – Prof. Hänsel – Mastersemester 1 – WS 2011/12 – Maren Waschewski 2. Der materielle Wert des Goldes Gold ist nur rar vorhanden und kann nicht künstlich hergestellt werden. Dadurch hat es einen besonderen, materiellen Wert. Es wird als Zahlungsmittel in Form von Münzen und als wertbeständige Geldanlage in Form von Goldbarren verwendet. Von der Antike bis zur Gegenwart besaß Gold schon immer eine außerordentliche wirtschaftliche und machtpolitische Bedeutung. Künstler des 20. Jahrhunderts thematisieren in ihren Arbeiten bewusst den materiellen Wert des Goldes, in seiner Funktion als Währung, Wertmaßstab und Kapital. Marcel Broodthaers, „Lingot d’or“ (1971) Hierbei handelt es sich um einen Goldbarren mit dem Format 11,8 x 5,4 cm, in dem ein Adler (= Logo des Boodthaers’schen Musée d’Art Moderne) geprägt ist, der sich in einer Tresorvitrine befindet und von einem Sicherheitsbeamten bewacht wird. Der Goldbarren wurde zum Verkauf angeboten und konnte zum doppelten Tageskurs des Goldes erworben werden. Dazu gab es einem Brief eines Konservators, der die Echtheit der Arbeit bestätigte und die Herstellung von Fälschungen verhindern sollte. Es geht bei dieser Arbeit um den Materialwert des Goldes. Er bezog sich auf den allgemein anerkannten Wert, den Gold weltweit als krisensichere Geldanlage besitzt. Der Goldbarren als Symbol unerschütterlichen Wertes. Willkürlich bestimmte der Künstler, dass der immaterielle Faktor Kunst ebenso viel wert sei wie der Materialwert des Goldes, so dass der Gesamtwert der Arbeit das Doppelte seines eigentlichen Materialwertes beträgt. Durch den persönlichen Stempel des Künstlers wird der Goldbarren zum Kunstwerk erklärt und damit der Wert des Goldes verdoppelt. (Münzprägung zur Wertgarantie) Thema: Materialwert und Wert der künstlerischen Idee, von Kunsthistorikern schon immer diskutierte Frage, ob Gold in der Kunst eingesetzt werden dürfe oder ob seine Verwendung in der Kunst kunstfeindlich sei, da das kostbare Material höher geschätzt werden könnte, als das Kunstwerk und die Kunstfertigkeit des Künstlers. Sein Stempel ist eine Garantie dafür, dass es sich nicht um einen gewöhnlichen Goldbarren (Zahlungsmittel), sondern um ein Kunstwerk handelt. Das Gold bürgt dabei für den materiellen Wert des Kunstwerks. Er verwendet Gold als objektiven materiellen Wert, um die in der Kunst vorhandene Spannung zwischen Nennwert und Materialwert vorzuführen. Bei diesem Werk sieht der Laie deutlich, worauf der Wert des Kunstwerks beruht und wie sich der Preis zusammensetzt. Kritik an der herkömmlichen Beurteilungsweise von Kunst und der Wunsch den Wert eines Kunstwerks messen zu können. Aufgrund seines Materialwertes hat das Gold immer einen Wert. Allerdings schwankt der Goldkurs täglich durch Angebot und Nachfrage, womit deutlich wird, dass das Kunstwerk einen nicht messbaren, objektivierbaren, stabilen Wert hat und die absurde Willkür der Preismechanismen am Kunstmarkt verdeutlicht wird. 3. Metapher vom Goldenen Zeitalter Es gab schon sehr früh die Vorstellung von einem vollkommenen, paradiesischen Urzustand und man erwartete, dass diese verherrlichte Zeit wiederkehrt. Im Goldenen Zeitalter leben die Menschen im Einklang mit der Natur. Es herrschen Frieden, Gerechtigkeit und Wohlstand. Das Gold, als Sonnenmetall, symbolisiert dieses Zeitalter. Durch Habgier, Neid, Krieg und sittlichen Verfall folgen auf das Goldene Zeitalter, das Silberne, Bronzene und zuletzt das Eiserne Zeitalter. Künstler im 20. Jahrhundert arbeiten mit Gold, um die von ihnen angestrebten, gesellschaftlichen Utopien zu verdeutlichen und auf eine bessere Zukunft zu verweisen. (Schon in der christlichen Kunst war der Goldgrund eine Metapher für Erlösung, für eine bessere Zukunft im Jenseits.) Jannis Kounellis, „Tragedia Civile“ (1975) (Bürgerliche Komödie) Auseinandersetzung mit der Definition des Tafelbildes. Die goldene Wand bildet den Bildhintergrund und erinnert an die Goldgründe der mittelalterlichen Malerei. Der Garderobenständer mit Kleidung übernimmt die Rolle der handelnden Person. Er holt die Bildelemente des Tafelbildes aus der Zweidimensionalität der Fläche in die Dreidimensionalität des realen Raumes. Der flächige Goldgrund wird zum plastischen Objekt und verleiht der Installation einen zeitlosen, allgemeingültigen Charakter. (Theaterbühne, Wand als Bühnenbild) Durch die Leere im Zentrum der Installation zeigt er die Tragödie der Gegenwart. Die goldene Wand ist eine Metapher für die Epoche, in der die abendländische Gesellschaft und Kultur vom Christentum geprägt war. Statt heiliger Person im Zentrum, eine Leere, Bedeutung des Christentums schwindet, Entfremdung. Die Situation wird auf der räumlichen Ebene des Betrachters installiert, sodass dieser auf dem Goldgrund reflektiert wird und sich unfreiwillig auf der Bühne wiederfindet und zum Mitspieler der bürgerlichen Tragödie wird. (aktive Teilnahme, handeln) 3 Material wird Kunst – Prof. Hänsel – Mastersemester 1 – WS 2011/12 – Maren Waschewski Goldene Wand = Vergangenheit, Erlösung; Garderobenständer mit Kleidung = Alltagsgegenstände der Gegenwart; Petroleumlampe = Veränderung, geistige Aktivität. Verbindung dieser Elemente zu einer Vision (Utopie) der kulturellen Synthese. Das Gold ist sowohl ein Verweis auf die Vergangenheit, als auch der Glauben an eine bessere Zeit in der Zukunft. Joseph Beuys, „Palazzo Regale“ (1985) 2 vergoldete Messingvitrinen (Sarkophag und Aktionsmaterialien Filz, Fett, eiserner Kopf, Rucksack, Spazierstöcke, Trockenfleisch) sowie sieben große, mit Goldstaub bestrichene Messingtafeln (Skulpturen) erzeugen Feierlichkeit und prunkvolle Stille. Beuys setzt ebenfalls Gold ein, um seinen Glauben an eine bessere Zukunft auszudrücken, in der der Mensch kreativ und souverän sein Schicksal selbst in die Hand nimmt. Auseinandersetzung mit seinem Tod, Selbstreflexion, überblickt sein Leben und Werk. Wirken wie Ausstattungen antiker Grabkammern, Beigaben, die den Toten mit ins Grab gegeben wurden zur Versorgung (Lebensmittel, Kleider...) für die Ewigkeit, Leben nach dem Tod. Messingvitrinen mit goldenen Rahmen um die Objekte zu würdigen und bringt sie in eine zeit- und raumlose Sphäre. Die Goldtafeln mit ihrem Licht und ihrer Helligkeit sind der Gegenpol zur Finsternis des Todes und vertreiben diese. Der Tod nicht als das Ende, sondern Übergang in ein neues Leben. Prinzip der Öffnung, Wandel und Transformation. Überwindung des Todes und der Endlichkeit. Die Goldtafeln als Tore zu einer anderen Welt für die Seelen zum Übergang vom Diesseits in Jenseits. Rucksack, Stock und Lebensmittel für jemanden, der auf Wanderschaft geht (Bewegung) hin zu einer neuen Existenz. Fordert den Menschen zum freien Denken und Handeln auf, Selbsterlösung (statt abgebildeter Heiligenfiguren wie in der Ikonografie, spiegelt der Betrachter sich selbst in den Messingtafeln). Statt christliches Erlösungsmodell, erweiterter Kunstbegriff (Beuys). >> FILMAUSSCHNITT 1 !!! 4. Symbol für Spiritualität Schon in den frühen Hochkulturen wurden mit Gold (Sonnenmetall) die Aura des Überirdischen und Göttlichen verbunden. Es galt als unzerstörbar und symbolisierte die Ewigkeit. Vom Gold ging schon immer eine unerklärliche Faszination aus. Zusammen mit seinem Glanz und der genannten Verkörperung des Unvergänglichkeiten, führte dazu, dass Gold im religiösen Bereich als Metapher für das Göttliche galt. Im Gold wird das Immaterielle und Absolute scheinbar greifbar gemacht. Unsichtbare Dinge wie spirituelle Erfahrungen, Ideen und Intentionen werden durch Gold sichtbar gemacht. Constantin Brancusi “Unendliche Säule“ (1937/38) Mit diesem Thema beschäftigte er sich rund 40 Jahre und realisierte viele Versionen in unterschiedlichen Größen - die höchste ist 30 Meter – gefertigt in Gusseisen mit goldfarbener Oberflächenlegierung. (Dauerhaftigkeit dieses Materials). Der Betrachter erweitert die Säule nach oben hin und durch die perspektivische Verkürzung, entsteht der Eindruck von Unendlichkeit. Es geht um die Umsetzung dieser Idee, durch die Form und Materialität soll die Vorstellung des Endlosen erzeugt werden. Sie ist nicht endlos, verkörpert aber das Endlose über sich hinaus. Oberfläche, die Licht reflektiert dadurch wird die Schwere aufgehoben und eine aufsteigende Bewegung und der Eindruck der Unendlichkeit verstärkt. Gold gilt als unzerstörbar und Zeichen für Ewigkeit, Skulptur wird zum Symbol für die Überwindung des Todes und die Unsterblichkeit der Seele (Monument zur Erinnerung an rumänische Soldaten, die im 1. Weltkrieg gefallen sind) Constantin Brancusi “Schlummernde Muse“ (1906-10) Polierte Bronzenskulptur, die sich nahtlos in den Raum schmiegt. Vom Fragment – dem Kopf – findet der Bildhauer zur gerundeten, eiförmigen, alles einschließenden Elementarform. Meditative Versenkung in eine elementare Formensprache führt zu einfacher plastischen Gestaltung. Still in sich ruhend, sie ist eins mit sich und der Welt. Die Skulptur reflektiert in seiner spiegelnden goldenen Haut das Raumlicht, so dass sich in ihm Innen und Außen verbinden. Yves Klein, „Monogold-Tafeln“ (1959-61) 40 dieser Tafeln wurden in dem Zeitraum hergestellt, alle besitzen keinen Rahmen und die Seitenkanten sind ebenfalls vergoldet. Belebung der Oberfläche durch Unebenheiten, Wölbungen auf dem Holzuntergrund, schachbrettartiges Aufkleben von Blattgold, Blättchen bleiben erkennbar. Unvollständige Befestigung des Blattgoldes, sodass das lose Material bei Luftzug vibriert. Er vergoldet Bildttafeln um das Absolute zu materialisieren und das Bewusstsein der Betrachter durch meditative Konzentration zu erweitern (Meditationstafeln), die Materialität der Farbe soll im Augenblick ihrer Erfahrung ein Moment höchster Spiritualität auslösen. (Zen-Buddhismus Kunstwerke = Meditationsobjekte) 4 Material wird Kunst – Prof. Hänsel – Mastersemester 1 – WS 2011/12 – Maren Waschewski Joseph Beuys, „wie man dem toten Hasen die Bilder erklärt“ (1965) Die Honig-Gold-Maske, die direkt auf Beuys Kopf aufgetragen war, zeigte seine Verwandlung in eine andere Gestalt mit spirituellen Fähigkeiten. Das Gold symbolisiert die Erweiterung seines Bewusstseins und damit die Fähigkeit übersinnliche Vorgänge wahrzunehmen. Gold hat magische Heilkräfte, z.B. geht vom Gold Sonnenwärme und Lebensenergie aus. Seine Aktion ist ein Heilungsprozess und er agiert wie ein Schamane. Schon im Altertum glaubte man an die Heilkräfte des Goldes und verwendet häufig Blattgold als Ausgangssubstanz für Arzneimittel. (Herzstärkungsmittel oder Mittel zur Lebensverlängerung) Gold gilt seit Jahrtausenden als das Metall der Sonne. Diese lässt mit ihrem Licht und ihrer Wärme immer wieder neues Leben entstehen. Vom Kopf ausgehend, Verlebendigung des Denkens >> FILMAUSSCHNITT 2 !!! 5. Sinnbild des unendlichen Raumes Manche meinen der Goldgrund der Gemälde im Mittelalter wäre ein idealer Raumgrund mit Ausdehnung in die unendliche Tiefe. Auch sei er ein überirdischer Ort der Erscheinung des Heiligen, der Raum erahnen lässt. Andere dagegen bestreiten, dass der Goldgrund einen Raumaspekt beinhaltet. Bezugspunkt der Künstler des 20. Jahrhunderts bilden mittelalterliche Tafelbilder mit ihren Goldgründen. Unendlicher Raum wird dabei auf neue Art und Weise hergestellt. Lucio Fontana, „Concetto Spaziale Attese“ (1962) Monochrome Leinwand, in die Fontana mit einem Messer gerade konvexe oder konkave Öffnungen schnitt. Die Leinwände werden fast immer mit schwarzer Gaze hinterlegt. Dadurch springen die Schnitte je nachdem wie stark die Materialien auf dem Keilrahmen gespannt sind, nach hinten oder vorne. Durch die entstehenden Öffnungen wird dann ein undefinierbarer, schwarzer Raum sichtbar. Goldfarbene Leinwand im Hochformat, die mehrere parallel angeordnete vertikale Schnitte aufweist, deren Ränder sich leicht mach hinten wölben und einen Raum in unbestimmter Tiefe freigeben. Er erschafft einen immateriellen, scheinbar unendlichen Raum, der allein in der Vorstellung des Betrachters entsteht. Er wollte dem Bild eine dritte Dimension geben, aber ohne die illusionistischen Darstellungsmittel der Malerei verwenden zu müssen. Er will die traditionelle Kunstauffassung und das „Gefängnis der flachen Oberfläche“ hinter sich lassen, indem er die Leinwand durchbricht und den Raum vor und hinter der Bildfläche zum integralen Bestandteil des Bildes erklärt. Illusion auf der Leinwand wird durch reale Räumlichkeit ersetzt. Fontana beschäftigt sich mit dem Tafelbild auf einer skulpturalen Ebene, Material wird in den Vordergrund gestellt und ist Ausgangspunkt seiner Arbeit. Die Leinwand rückt ins Zentrum der Wahrnehmung, wird zur Skulptur. Der Goldgrund bezieht sich auf die goldenen Hintergründe im Mittelalter, die ab dem 13. Jhd. ornamental verziert wurden um Räumlichkeit herzustellen. Doch statt nur eine reliefartige Oberfläche herzustellen, stellt Fontana eine reale Dreidimensionalität her und transformiert die goldene Leinwand in eine Skulptur. Er will den endlosen, grenzenlosen Raum (Weltall) erfassen und darstellen in seinen Raumkonzepten, die eine Projektionsfläche für den Betrachter darstellen, um meditativ das Raumerlebnis vorstellbar zu machen. Imaginäre Raumdimension entsteht (vorstellen statt nur sehen.). Mittelalter: dimensionsloser, überirdischer Raum -> Renaissance: Zentralperspektive und Raumillusion -> Fontana’s Raumkonzept der innerlichen Empfindung und Vorstellung eines unendlichen Raumes 6. Symbol des Lichts Zur Darstellung der Sonne wurde in fast allen Kulturen Gold verwendet. Es kommt der strahlenden Sonne am nächsten aufgrund seiner Farbe, Beschaffenheit und Reflexionseigenschaften. Im Christentum gilt Licht als Symbol Gottes. Die Sonne ist das Symbol Christi. Gemeint ist nicht das Tageslicht, sondern das metaphysische, paradiesische Licht. James Lee Byars thematisiert in einer seiner letzten Performances den Bezug des Materials zum Licht. James Lee Byars, „666“ (1996) Aktion: 25./26. Oktober 1999, 0:00 Uhr (= tiefster Stand der Sonne auf ihrer Bahn, der neue Tag beginnt, „Geisterstunde“), James Lee Byars trägt einen goldenen Anzug, lange Ärmel, schwarze Lackschuhe, schwarzen Zylinder, schwarze Augenbinde vor dem Hauptportal des Kölner Doms. Geheimnisvoll, Aufmerksamkeit erzeugend, dem Irdischen und Alltäglichen entrücktes Wesen (erinnert an Gewand von Priestern katholische Kirche), Erhabenheit 5 Material wird Kunst – Prof. Hänsel – Mastersemester 1 – WS 2011/12 – Maren Waschewski Philosoph Heinrich Heil liest eine Passage aus Faust. Dann ruft Byars „Six ! Six! Six“ und wirft hunderte kleine schwarze Papierquadrate mit goldener Aufschrift 666 in die Luft. Er läuft einen Bogen um die Kathedrale und wirft in regelmäßigen Abständen die Quadrate über die Schultern. Eingeladene Gäste und zufälliges Publikum folgen ihm. Am Ende des Rundgangs verschwinden beide. Thema: Polarität von Licht und Finsternis. Goldene und schwarze Kleidung betonen dieses LichtFinsternis-Thema. Goldene Kleidung lässt ihn wie ein himmlisches Wesen wirken. Traditionelle Symbolik wird genutzt: schwarz = lichtabsorbierend, Finsternis, Zerstörung, Chaos, Tod und das Ende, die böse Macht, Gold = lichtreflektierend, Licht, Sonne, Geist, Ordnung und das Leben, die gute Macht, Augenbinde = Bezug nicht auf Außenwelt, sondern Innenwelt des Menschen, Seele. Kleine schwarze Quadrate = Verteilung von ungesäuertem Brot in der Kirche, steht für Archetypen der modernen, abstrakten Kunst, Malewitsch „schwarzes Quadrat“ Der Mensch trägt beide Seiten (böse, gut) in sich, 666 = als Zahl des Teufels, Unruhe, Ruhelosigkeit, Verlangen nach Ruhe, innere Zerrissenheit des Menschen Aktion wirkt wie ein geheimes, mystisches Ritual oder feierliche Zeremonie. Er inszeniert sich als Priester in mystischer Überhöhung. Künstler kennt das Mysterium, Licht der Erkenntnis und vermittelt dies verschlüsselt, lässt Zuschauer seelisch erleben. Bild goldener Raum: James Lee Byars „The perfect Silcence“, 1994, goldener Raum mit einem Sarkophag, Er nennt es „Probe für seinen eigenen Tod“. 7. Die Materialität des Goldes Für manche Künstler spielte die Materialität und der Eigenwert des Goldes eine zentrale Rolle. Teilweise entwickelten die Künstler die Formvorstellungen für ihre Arbeiten aus dem Material heraus und ließen es durch Hervorhebung der Materialeigenschaften aus sich heraus zur Wirkung kommen. Inhalt der Bilder war die Stofflichkeit. Das Material ist nicht mehr Träger von Bedeutungen, sondern verweist auf sich selbst. Robert Rauschenberg, „Ohne Titel (Gold Painting)“ um 1953 Blattgold, das in mehreren Schichten auf leimbeschichtetem, groben Stoff befestigt ist. Teilweise, an Stellen, wo das Gold haften bleibt, ist die Textur des Goldes erkennbar. An anderen Stellen ist das Gold sehr lose auf der Leinwand angebracht und vibriert bei Luftbewegungen. Woanders hat sich das Gold ganz abgelöst, sodass der Stoff des Untergrundes sichtbar wird. Bildtthema: Materialität des Goldes und Wechsel von Licht und Schatten auf der glänzenden Bildoberfläche, die eine Lebendigkeit erzeugen. (Dazu gibt es noch echte, direkt wahrnehmbare Bewegungen des Blattgoldes bei Luftbewegungen.) Gold ist Farbe und Material zugleich. Das Bild ist einem Holzrahmen eingerahmt, der mit einer Glasscheibe abgedeckt ist. Die Gold paintings sind Teil der Werkgruppe „Elemental Paintings“, zu denen Werke aus Erde und Toilettenpapier gehören. Sein Hauptthema: Auseinandersetzung mit den spezifischen Eigenschaften und Ausdrucksmöglichkeiten von Materialien.(irdische Materialeigenschaften) Mit diesen Bildern hinterfragt er die tradierte Materialhierarchie und die Aura des Goldes. Für ihn sind alle Materialien gleich viel wert. Löst sich von der Wertung der Materialien nach Wert, Beständigkeit, Seltenheit und Schönheit. Er stellt Gold mit dem Alltäglichen und Wertlosen auf eine Stufe. Hauchdünnes Gold, das Licht reflektiert, Knicke zeigt, vibriert, eingerissenes, beschädigtes Blattgold stellt den Mythos des unzerstörbaren Goldes in Frage, zeigt das Fragilität und Vergänglichkeit Roni Horn, „Gold Field“ (1980-82) Stellt eine Arbeit aus reinem Gold her. Es handelt sich bei dem Werk um eine flächig ausgedehnte, viereckige Form, die sich aus hauchdünnen, aneinander gehämmerten Goldblättern zusammensetzt (124,5 x 152,5 cm, Dicke 0,02 mm). Es eine Bodenarbeit und wir ohne Sockel präsentiert. Sie will die Aufmerksamkeit des Betrachters vor allem auf die Materialeigenschaften des Goldes lenken und hebt die Substanz des Materials heraus und verdeutlicht, worin die Faszination des Goldes besteht. Sie zeigt durch die Verarbeitung, dass Gold eine geringe Härte und damit eine leichte Verformbarkeit aufweist. Die Dehnbarkeit übertrifft alle anderen Metalle. 31,1 g Feingold kann zu einer Fläche von 30 qm geschlagen werden. Die Oberfläche des „Gold Field“ hat zahlreiche Knicke. Durch die hohe Dichte kann dann das Licht nicht eindringen, sondern reflektiert an der Oberfläche. Das Gold soll nur sich selbst repräsentieren ohne Verweis auf dessen Kulturgeschichte und Symbolik. >>> Zitat: „Ich wollte das Gold an sich zeigen. Sich selbst genügend, zurückgeführt auf die Fülle dessen, was ist, und ausgebreitet auf dem Boden – nicht als Begleitung irgendeiner anderen Idee, nur als solches an sich. Gold ist etwas Sinnliches und zugleich etwas Übersinnliches.“ 6 Material wird Kunst – Prof. Hänsel – Mastersemester 1 – WS 2011/12 – Maren Waschewski Die Oberfläche ist der Zugang zu ihrer Arbeit. Sie täuscht nicht etwas oberflächlich vor, sondern die Arbeit ist komplett aus dem Material, das von Außen sichtbar ist. Die Arbeiten stellen das dar, was sie wirklich sind, Äußeres – Inneres, Oberfläche – Körper sowie Sichtbares – Nicht-Sichtbares stimmen überein. Sie will den Betrachter wieder zum aktiven Sehen im Raum und zur kritischen Auseinandersetzung mit der Umwelt anregen, statt einer passiven, durch die Medien gefilterten Erfahrung, ermöglicht sie echte Erfahrungen. Das Werk ist zugleich Bild und Objekt, ist goldene Fläche, als auch hauchdünne goldene Form. Zwiespalt zwischen Materialität und entmaterialisierter Körperlichkeit wird in „Gold Field“ deutlich. Obwohl die Arbeit aus reinem Gold hergestellt ist, mildert die Reflexion des Lichts den Eindruck von Massivität (entmaterialisierte Körperlichkeit). Zusammenfassung Im 20. Jahrhundert haben Künstler immer wieder Objekte, Motive, Situationen und Personen vergoldet, um sie zu überhöhen, sie von der Alltagwelt abzugrenzen, der Realität zu entheben und absolut zu setzen. Es ist eine Metapher für das Kapital der Gesellschaft und gesellschaftliche Werte. Gold kann sowohl Kapitalismus, Kommerz und Konsum symbolisieren, als auch das genaue Gegenteil davon, wie Transzendenz und Spiritualität. Es verweist häufig auf vergangene oder zukünftige Epochen, ist Sinnbild für gesellschaftliche Utopien und ein zukünftiges „goldenes Zeitalter“. Der materielle Wert des Goldes dient den Künstlern dazu, die Definition des Wertes von Kunst sowie die scheinbare Objektivierung und Wertsicherung von Kunstwerken zu hinterfragen. Oft wurde es verwendet, um die Rolle des Künstlers in der Gesellschaft zu thematisieren und zu reflektieren, um zu zeigen, dass sie sich dem Alltäglichen und Irdischen enthoben fühlten (z.B. Byars, goldener Anzug). Meistens wird es allerdings verwendet, um auf das Absolute, das Unsagbare, das Geistige und damit auf Spiritualität und Transzendenz im Allgemeinen zu verweisen. Gold als Heilmittel für die kranke Gesellschaft (z.B. Beuys, Aktion mit dem Hasen). Sie soll vom Materialismus zum Spiritualismus geführt werden. Gold als Metapher für Erleuchtung, Selbsterkenntnis und Ganzheitlichkeit. Einige Künstler stellen dagegen die Materialität des Goldes, seine physikalischen und chemischen Eigenschaften in den Vordergrund. Meistens entstanden dabei Serien, in denen sich die Künstler mit unterschiedlichen, sogar gegensätzlichen Materialien auseinandersetzten, mit dem Ziel der Aufhebung und Demokratisierung traditioneller Material- und Werthierarchien. Diese vielen verschiedenen Aspekte, vielschichtigen Bedeutungen und Einsatzmöglichkeiten des Goldes in der Kunst, machen Gold zu einem außergewöhnlichen, einzigartigen, faszinierenden Material. 7