Englische Landschaftsgärten/ -parks

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Englische Landschaftsgärten/ -parks
JESSABELLE GLEICH
Englische Landschaftsgärten/ -parks
"Die Natur pflanzt nichts nach Schnur" 1
Die im 18. Jahrhundert entstandene Idee des Englischen Landschaftsgartens basiert auf der von
Jean-Jaques Rousseau geprägten Lebensphilosophie der Aufklärung, die die Verbindung des
Menschen mit der Natur vorsah. Hinsichtlich der Gartengestaltung wandte sich die neue Einstellung
strikt gegen die Geometrisierung des französischen Barockgartens und dessen absolutistischen
Symbolgehalt.
Ziel war es nun, den natürlichen Wuchs der Pflanzen zu fördern und der Bevölkerung urbaner
Räume den Zugang zur Natur und Orten der Erholung zu ermöglichen. Der Mensch sollte in einem
Garten zu den Quellen seines Ichs und zur Natürlichkeit zurückfinden. Deshalb zielte die
Gartenarchitektur auf den dynamischen Prozess der Natur, den es zu kultivieren, nicht aber zu
organisieren und geometrisieren galt. 2
Als Gegenpart zur industrialisierten Stadt, versuchte der englische Landschaftspark die beiden
widersprüchlichen Merkmale ursprünglicher Wildnis und künstlichen Komforts zu vereinen.
Man verband das Nützliche mit dem Angenehmen und kombinierte Landwirtschaft und Garten zu
einer Einheit. Daraus entwickelte sich auch das charakteristische Stilelement befestigter Gräben zur
Begrenzung der Gartenanlage, den sogenannten Ha-Ha- oder Aha-Mauern. Diese Gräben sind von
der Hausseite aus unsichtbar, in ihnen sind die Mauern versenkt, um den visuellen Übergang vom
Garten zur Landschaft nicht zu stören. Zudem dienten sie als Einfriedung des Weidelandes für
Vieh. 3
Im Gegensatz zu den, auf die Fernwirkung einer Landschaft ausgerichteten Barockgärten wird nun
als ästhetisches Ideal ein „begehbares Landschaftsbild“ angestrebt. Die Betrachtung des Gartens
soll wie die Sicht auf ein Gemälde wirken.
Die Gärten bestehen aus weiten Rasenflächen, die durch kleine Baumgruppen (Clumps)
aufgelockert werden und von einem Belt Walk umgeben sind. Dieser, innerhalb der Gartengrenze
verlaufende Weg, zieht sich um den Park herum und führt die Besucher_innen zu den Points of View.
1
Kluckert, Ehrenfried: Gartenkunst in Europa. Von der Antike Bis zur Gegenwart. Potsdam 2013, S. 401.
Vgl. ebd. 2013, S. 354, 401.
3
Vgl. ebd., S. 392ff.
2
Die urwüchsige Landschaft wird durch natürlich gestaltete Seen, Flüsse, Wasserfälle, Felsen, wild
wuchernde Uferpartien, geschwungene Wege und Staffagebauten bereichert. 4
Durch den aufkommenden „Gartentourismus“ gelangte der „englische Gartenstil“ auch nach
Deutschland, wo er sich vom Landschaftspark, über den Volksgarten, bis hin zum heutigen
Stadtpark entwickelte.
Einer der bedeutendsten Gartenarchitekten und Begründer des „klassischen, englischen
Landschaftsgartens“ war Lancelot „Capability“ Brown (1716-1783). Er verfügte über die
Eigenschaft nahezu jede Landschaft gärtnerisch in ein harmonisches Gesamtbild zu verwandeln und
mit über 200 Schöpfungen trug er maßgeblich zur Gestaltung der englischen Parklandschaft bei. 5
Das Jahr 2016 wird offizielles „Jahr des Englischen Gartens“. Zu diesem 300-jährigen Jubiläum
englischer Gartenbaukunst und zu Ehren Lancelot Browns wird ein Festival mit einer Vielzahl von
Sonderevents in zahlreichen der verschiedenen historischen Gärten Englands veranstaltet. 6
Staffagebauten: eigens für Landschaftsgärten entwickelte Architektur als Schmuckelement. Häufig
an zurückliegenden Stilepochen oder exotischen Vorbildern orientiert (gotische Bauten,
Chinoiserien, Pagoden, Eremitagen, Ruinen,…) die aber meist nicht real nutzbar sind. 7
Beispiele für englische Landschaftsgärten:
Stowe in Buckinghamshire, Rousham Park in Oxfordshire, Stourhead in Wiltshire, Sheffield Park in
East Sussex, Landschaftsgärten in Dessau-Wörlitz, Bergpark Wilhelmshöhe in Kassel,
Gartenanlagen in Berlin-Potsdam (Sanssouci), Landschaftsgärten in Muskau und Branitz.
Wisley Garden: Mittelpunkt des englischen Gartenbaus und Wiege des englischen „garden spirit“:
Die „Royal Horticultural Society“ unterhält in Wisley (South East England) einen Garten, der als
Versuchsfeld aller aktuellen Gartenansprüche genutzt wird. Hier werden Gärtner ausgebildet,
Blumen, hinsichtlich der verschiedensten Qualitätsmerkmale geprüft, ausgezeichnet und verkauft,
4
Vgl. Landschaftsgarten. In: Janaszek, Ralf: Gartenarchitektur-Glossar online unter:
http://www.janaszek.de/ga/begriffe.html (letzter Zugriff 29.02.2016).
5
Vgl. Kreisverband für Gartenbau und Landespflege Fürstenfeldbruck e.V. online unter: http://www.gartenffb.de/PDF/landschaftsgarten-s.pdf, S.2f; vgl. Kluckert 2013, S. 370 ff.
6
Vgl. Informationsportal zu Lancelot „Capability“ Brown online unter: http://www.capabilitybrown.org/ (letzter
Zugriff 05.03.2016); vgl. Tourismus England online unter: https://www.visitengland.com/de/jahr-desgartens (letzter Zugriff 05.03.2016).
7
Vgl. Kluckert 2013, S. 487.
der Öffentlichkeit stehen zahlreiche unterschiedliche Schaugärten und Gewächshäuser, aber auch
Gartenmärkte,
Ausstellungen
und
Verkaufsgärtnereien
zur
Verfügung.
Vielfältige
Forschungsmöglichkeiten und die hier befindlichen nationalen Sammlungen machen Wisley zum
Arbeitsplatz etlicher Spezialist_innen. Dies bescherte der ansässigen Bibliothek die größte
Sammlung allen bereits existierenden botanischen Wissens und sorgt auch weiterhin für dessen
stetige Erweiterung. 8
Literatur:
Informationsportal zu Lancelot „Capability“ Brown online unter (http://www.capabilitybrown.org/).
Janaszek, Ralf: Gartenarchitektur-Glossar online unter (http://www.janaszek.de/ga/begriffe.html).
Kluckert, Ehrenfried: Gartenkunst in Europa. Von der Antike Bis zur Gegenwart. Potsdam 2013.
Kreisverband
für
Gartenbau
und
Landespflege
Fürstenfeldbruck
e.V.
online
unter
(http://www.garten-ffb.de/PDF/landschaftsgarten-s.pdf).
rbb Gartenzeit vom 29.02.2016: England – Im Königreich der Gartenkünstler. Informationssendung.
Deutschland 2014.
Tourismus England online unter (https://www.visitengland.com/de/jahr-des-gartens).
8
Vgl. rbb Gartenzeit vom 29.02.2016: England – Im Königreich der Gartenkünstler. Informationssendung. D
2014.

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