Hund, Katze, Maus – „Mach mal Kunst!“ im Praxistest

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Hund, Katze, Maus – „Mach mal Kunst!“ im Praxistest
klasse  buch!
Hund, Katze, Maus –
„Mach mal Kunst!“ im Praxistest
© Robert Roedern
© Robert Roedern
© Robert Roedern
Henri Matisse, Joan Miró, Andy Warhol und Franz Marc stehen Pate für die originellen Werke in
dem großformatigen Bastelbuch Mach mal Kunst! Tolle Tiere von Susie Brooks. Grundschullehrer
Robert Roedern und die Zweitklässler der Münchner Grundschule am Schererplatz haben aus­
probiert, ob Malen, Drucken, Falten, Kleben nach diesen Anleitungen wirklich kinderleicht ist.
Der bunte Weg zum Katzenbild
Katzen à la Andy Wahrhol
Auf der Spur des Harlekins von Joan Miró
Dünner Karton, Bleistift, Schere, Papier, Büroklammern, leuchtende Farben, Schwamm, Kleber: Jetzt braucht es laut Susie Brooks noch vier
Arbeitsschritte, um in einem Katzenbild Warhols
Siebdruck-Methode nachzuempfinden und sich
wie ein kleiner Künstler zu fühlen. „Grundschulkinder können die Projekte durch die Schrittfür-Schritt-Anleitung bereits alleine umsetzen,
Kindergartenkinder können nach kurzer Einführung loslegen“, verspricht der Klappentext.
Stimmt das? „Im Grunde ist das wie bei einem
Kochbuch“, sagt Robert Roedern. „Ein gutes
Rezept allein ist noch keine Garantie für ein gelungenes Essen. Im Detail setzt es Wissen und
Können voraus – für die Katze beispielsweise
das Gefühl für eine starke Farbauswahl und das
richtige Mischverhältnis von Wasser und Farbe.“
Zwölf tierische Kunstwerke und ebenso viele
Techniken aus verschiedenen Epochen zeigt
Brooks in Mach mal Kunst! Tolle Tiere – von
Henri Matisse’ Schnipsel-Schnecke über bunte „Stimmungsschafe“ à la Franz Marc und ein
Mobile von Alexander Calder bis hin zum chinesischen Drachenteller. Nach einer bebilderten
Einleitung mit Infos zum Buchaufbau, zu Farben, Papiersorten und Materialien geht’s los:
Auf einer Doppelseite finden sich jeweils eine
Abbildung des Werks, dessen Titel, Erscheinungsjahr und Beschreibung plus Minibiografie
des Künstlers. Wer die rechte Seite nochmals
zur Hälfte aufklappt, entdeckt die Anleitung zu
einem vom Original inspirierten SelbermachProjekt. Dass es dabei nie um eine schlichte
Eins-zu-eins-Nachahmung geht, sondern um
kreative, kindgerechte Interpretationen, ist ein
großer Pluspunkt. So betont auch Brooks: „Der
halbe Spaß an der Kunst ist, etwas Eigenes zu
schaffen!“
Brooks’ originelle Ideen, die vielfältigen Materialien und Techniken überzeugen den Grundschullehrer: „Das Buch ist einfallsreich, ansprechend und übersichtlich gestaltet, die mögliche
Umsetzung passend für die Zielgruppe beschrieben.“ Auch das Thema gefällt: „Tiere sind für
Kinder anregend. Doch für das meiste braucht
man viel Geduld, Lust am Ausprobieren und entsprechende Frustrationstoleranz. Die gezeigten
Beispiele sehen toll aus, vermutlich hat sie kein
Kind gemacht.“
Als erstes Schulprojekt wählte Roedern das offenste Werk: Mirós „Karneval des Harlekins“
wimmelt nur so von Fantasieformen und -figuren. „Das Bild inspirierte die Kinder zur eigenen
ungezwungenen Umsetzung“, erzählt Roedern.
„Und es forderte ihre Fantasie und Kreativität,
da sie in der Gestaltung sehr frei waren.“ Die
Kinder zeichneten mit schwarzer Wachsmalkreide verschiedene Formen auf ein Blatt Papier, ergänzten und verbanden diese mit Linien, Kringeln und malten alles mit Wasserfarben an.
Andere Beispiele erfordern größere Genauigkeit. „Die Faltanleitung für das Fischmosaik
nach M. C. Escher verstehe ich selbst auf Anhieb
nicht so ganz“, meint Roedern kopfschüttelnd.
„Da ist eine hohe Lesekompetenz vonnöten, damit Grundschüler so ein Werk allein umsetzen
können.“
Als Nächstes wagt er sich mit seiner Klasse an
Warhols Siebdruck-Katze. Die vier im Buch beschriebenen Schritte hat er groß kopiert an
die Tafel gehängt und den jeweils wichtigsten
Aspekt zusätzlich hervorgehoben. Anders als im
Buch beschrieben, hat er die Tierschablone bereits vorbereitet – was auch der engen Taktung
eines Schultags geschuldet sein mag. Nachdem
er das Prozedere ausführlich erklärt hat, ruft
ein Mädchen: „Ich finde das ganz schön kompliziert!“ Worauf Roedern beruhigt, dass die Katze
nicht echt aussehen muss, sondern es vor allem
darum geht, mit den Farben zu experimentieren.
Da wird geschnippelt und geheftet, gekleckst
und getupft! Manch ein Katzengesicht zerfließt
in letzter Minute, da das Mischverhältnis noch
nicht optimal war – doch was am Ende der Kunststunde an der Tafel hängt, kann sich durchaus
sehen lassen.
Für Vorschüler ist Roedern zufolge die Schnecke
von Matisse am leichtesten umsetzbar. „Letztlich stellt sich bei all diesen Projekten die Frage, auf welchem Niveau ich das mache – und
was Kunst überhaupt ist“, gibt er zu bedenken.
„Gerade bei Matisse ist der Abstand zu einem
Kinderwerk nicht groß. Auch daher wirkt dieses
Buch so motivierend auf Kinder: So sieht Kunst
also aus – und ich kann das auch!“
Tina Rausch
18 | eselsohr april 2014
Susie Brooks: Mach mal Kunst! Tolle Tiere. A. d. Engl. v.
Birgit Franz. Prestel 2013, 32 S., ab 6, € 9,99 (D),
€ 10,30 (A), SFr 14,90. ISBN 978-3-7913-7153-5