Poster-Kraus end - Universität Leipzig

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Poster-Kraus end - Universität Leipzig
Fruchtbarkeit von Stuten nach Fetotomie und anschließender Nachgeburtsverhaltung
Projektarbeit im Klinisch-Praktischen Jahr, angefertigt von
Katharina Kraus
Studentin im 10. Fachsemester Veterinärmedizin, Matrikel 2006; Betreuerin: TÄ Manuela Heine, Projektleiter: Prof. Dr. Axel Sobiraj,
Ambulatorische und Geburtshilfliche Tierklinik, Universitätstierklinikum, VMF, Universität Leipzig
Einleitung
Schwergeburten sind bei Stuten im Vergleich zu anderen Haustieren eher seltene Ereignisse. Ihre Inzidenz wird mit
1% bis 11% angegeben (1,2,3,4). Sobald jedoch eine Geburtsstockung (Dystokie) bei einer Stute auftritt, stellt dies eine
Gefährdung für das Leben des Fohlens, selten auch der Stute dar. Die Literatur gibt fast drei Viertel der Fälle mit
Dystokie Lage-, Stellungs- oder Haltungsanomalien der Fohlen an7 (Abb. 1), gefolgt von Missbildungen, feto-pelvinen
Dysproportionen, Uterustorsionen, Wehenschwächen und ineinander verkeilten Zwillingen. Geburtsschwierigkeiten in
Abhängigkeit von der Dauer, bis sie erkannt und behoben sind, sowie abhängig von der Schwere des
geburtshilflichen Eingriffs, schließlich auch abhängig vom anschließenden Frühpuerperium, sollen bei Zuchtstuten zu
einer beeinträchtigten Fertilität führen2,5,6.
Abb. 1: Dystokie infolge VEL, ob. Stellung, Ellbogenbeugehaltung
rechts, Schulterbeugehaltung links
Abb.2 : Stute mit partiellerer Retention secundinarum
Abb. 3: Nachgeburt, ausgelegt zur Prüfung auf Vollständigkeit
Häufige Folge einer Schwergeburt: Nachgeburtsverhaltung
Die Dauer des vollständigen Abgangs der Eihäute bei Equiden wird in der Literatur sehr unterschiedlich angegeben
(von 30 Minuten bis zu 6 Stunden post partum, p. p.).
In Leipzig wird von einem verzögerten Nachgeburtsabgang gesprochen, wenn die Secundinae zwar nicht binnen
drei Stunden vollständig geboren wurden, jedoch bis sechs Stunden p. p. noch vollständig abgehen.
Eine Nachgeburtsverhaltung liegt vor, wenn nach mehr als sechs Stunden p. p. die Secundinae im Ganzen oder in
Teilen nicht gelöst ist (Abb. 2).
Die Ursachen für eine Retentio secundinarum sind vielfältig. Einerseits wird ein erniedrigter Blut-Kalziumspiegel und
somit eine Uterusatonie genannt, andererseits soll auch das Fehlen von Reifungsprozessen an den vorgeburtlichen
Mikrokotyledonen hierzu beitragen. Geburtsstockungen mit Schwergeburt, vor allem mit operativer
Geburtbeendigung (Fetotomie, Kaiserschnitt), ziehen gehäuft Nachgeburtsverhaltungen nach sich. Entzündliche
Plazentaödeme können ebenfalls, aber sehr selten dazu führen. Nachgeburtsverhaltungen, selbst wenn es nur
kleine Teilabschnitte sind, stellen aufgrund der damit anflutenden Gewebs- und Bakterientoxine ein
gesundheitliches Risiko für die Stute dar. Die Toxämie verursacht schnell eine Hufrehe und kann gar zum Tod
führen8,9,10. „Zumindest“ bleibt eine meist dauerhaft reduzierte Fruchtbarkeit zurück. Daher sollte jede Nachgeburt,
bevor sie „auf dem Mist landet“, noch einmal ausgelegt werden und auf Vollständigkeit überprüft werden (Abb. 3).
Tiere, Material und Methoden
Ziel der Projektarbeit war eine retrospektive Analyse des Patientengutes der Ambulatorischen und Geburtshilflichen Tierklinik der Jahre 2006 bis 2010
anhand einer bewusst ausgesuchten Negativvariante, nämlich an Stuten vorzunehmen, die eine Dystokie mit Beendigung durch eine Fetotomie und
außerdem eine Störung im Nachgeburtsabgang aufwiesen. Bei den Patientenbesitzern wurde erfragt, welche Zuchtleistung diese Stuten später erzielt
haben.
Die Auswahlkriterien erfüllten im besagten Zeitraum 17 Tiere, bei denen die Geburt nur mit einer Fetotomie beendet werden konnte. Die Stuten
befanden sich im Alter zwischen 3 und 19 Jahren. Vertreten waren verschiedene Rassen (Deutsches Reitpferd, Schweres Warmblut, Friesen,
Kaltblut, Haflinger und Shetland-Ponys). Alle Stuten wiesen im Anschluss an die Geburtshilfe eine Puerperalstörung auf. Sie wurden intra und post
operationem einer annähernd gleichen Therapie unterzogen.
Je nach Art der puerperalen Komplikation wurden die Stuten in 3 Gruppen eingeteilt:
A: 6 Stuten, bei denen es postoperativ einen verzögerten Nachgeburtsabgang gab.
B: 3 Stuten, bei denen eine Retentio secundinarum binnen 24h behoben werden konnte.
C: 8 Stuten, bei denen die Retentio secundinarum länger als 24h bestehen blieb.
8
7
6
Ergebnisse
Von den 17 Patientinnen wurden 11 Geburtsstockungen per Totalfetotomie (>3 Schnitte) und
6 per Teilfetotomie beendet. Ursache für die Dystokie war bei 15 Stuten (88%) eine
fehlerhafte Lage und/oder Stellung und/oder Haltung des toten Fohlens. Bei zwei Stuten
(12%) lag ein feto-pelvines Missverhältnis als Ursache für die Dystokie vor.
Ergebnisse der Besitzerbefragungen:
Aus Gruppe A (n=6) haben zwei Stuten später abgefohlt, eine Stute war zunächst tragend
geworden, hatte jedoch resorbiert. Drei Stuten aus dieser Gruppe wurden nicht mehr belegt.
Aus Gruppe B (n=3) haben alle Stuten anschließend wieder gefohlt.
Aus Gruppe C (n=8) nahmen zwei Stuten in den zwei Folgejahre zunächst nicht auf, aber
danach.
Die übrigen sechs Stuten aus dieser Gruppe wurden züchterisch nicht mehr verwendet
(siehe Abb. 4).
5
n
4
3
tragend
nicht belegt
2
1
0
A
B
C
Abb. 4
Diskussion und Schlussfolgerungen
Wie von anderen Autoren beschrieben, so stellte auch bei den eigenen Studien die häufigste Ursache für eine Geburtsstockung eine Anomalie von
Lage, Stellung oder Haltung des Fohlens (88% der Fälle) dar. Obwohl es bei diesen Stuten zusätzlich zu einer Puerperalstörung mit verzögertem
bzw. ausgebliebenem Abgang der Nachgeburt gekommen war, kann anhand der Studie nicht bestätigt werden, dass die Fruchtbarkeitsaussichten
dadurch erheblich verschlechtert waren.
Es muss sogar angemerkt werden, dass nur 41 % der Besitzer ihre Stute erneut versucht haben zu belegen, bedingt dadurch, dass es sich bei den
übrigen Stuten um Hobbytiere gehandelt hat. Die Stuten jedoch, die später belegt worden sind, wiesen keine reduzierte Fruchtbarkeit auf.
Dies lässt die Schlussfolgerung angebracht erscheinen, dass selbst eine schwerwiegende Dystokie, die nur mit einer Fetotomie beendet werden
kann, selbst wenn sie mit einer anschließenden Nachgeburtsverhaltung kompliziert wird, eine konsequente Kontrolle und Behandlung der Patienten
vorausgesetzt, nicht zwingend eine Infertilität zur Folge hat. Im Gegenteil, solche Stuten können mit guten Aussichten in der Zucht bleiben.
Literatur:
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