Pädiatrie - Kastrationsspital.ch

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Pädiatrie - Kastrationsspital.ch
Medizinische Universität Innsbruck
Pädiatrie
Modul 3.03
Verena Kaiser
Wintersemester 2011/12
Inhaltsverzeichnis
Pädiatrie
Inhaltsverzeichnis:
Einführung ......................................................................................................................................................................... 1
Pädiatrische Anamnese .................................................................................................................................................................................1
Definitionen für bestimmte Altersgruppen ..............................................................................................................................................1
Pädiatrische Untersuchung ...........................................................................................................................................................................1
Wachstum und Meilensteine der kindlichen Entwicklung ................................................................................................ 11
Definition Entwicklung ................................................................................................................................................................................11
Körpergröße und Körpergewicht ................................................................................................................................................................11
Kopfumfang ................................................................................................................................................................................................12
Zahnentwicklung .........................................................................................................................................................................................12
Knochenentwicklung ...................................................................................................................................................................................12
Geschlechtsentwicklung..............................................................................................................................................................................13
Sensomotorische Reifung ...........................................................................................................................................................................14
Lebensphasen und ihre Zeiträume: .............................................................................................................................................................14
Neugeborenenreflexe .................................................................................................................................................................................14
Der Denvertest ............................................................................................................................................................................................15
Die Meilensteine der Entwicklung...............................................................................................................................................................15
Sauberkeitsgewöhnung:..............................................................................................................................................................................18
Entwicklung in der Adoleszenz ....................................................................................................................................................................18
Geschlechtsdifferenzierung .............................................................................................................................................. 19
Sexualdifferenzierung .................................................................................................................................................................................19
Entwicklung der Genitalorgane ...................................................................................................................................................................19
Störungen der Sexualdifferenzierung - Disorders of Sex Development (DSD).............................................................................................20
Störungen der sexuellen Differenzierung - 46 XY - DSD ..............................................................................................................................21
46, XX DSD...................................................................................................................................................................................................23
echter Hermaphroditismus .........................................................................................................................................................................26
Differentialdiagnosen..................................................................................................................................................................................26
Diagnostik ...................................................................................................................................................................................................26
Therapie - Intersexualität ............................................................................................................................................................................27
Knochenstoffwechsel ....................................................................................................................................................... 28
Physiologie ..................................................................................................................................................................................................28
Kalziumstoffwechsel ...................................................................................................................................................................................28
Rachitis........................................................................................................................................................................................................29
Asthma bronchiale beim Kind .......................................................................................................................................... 34
Definition ....................................................................................................................................................................................................34
„Asthma“ ≠ Asthma.....................................................................................................................................................................................34
Ätiologie ......................................................................................................................................................................................................35
Symptome...................................................................................................................................................................................................35
Asthma Pathophysiologie ...........................................................................................................................................................................35
Asthma - Diagnose ......................................................................................................................................................................................35
Asthmatherapie beim Kind .........................................................................................................................................................................36
Therapie des akuten Asthmaanfalles ..........................................................................................................................................................39
Kindesmisshandlung ........................................................................................................................................................ 40
Definition ....................................................................................................................................................................................................40
Epidemiologie .............................................................................................................................................................................................40
Fallbeispiele #1-4 ........................................................................................................................................................................................40
Anamnese und körperliche Untersuchung ..................................................................................................................................................43
Zusammenfassung ......................................................................................................................................................................................43
Klein- und Hochwuchs...................................................................................................................................................... 44
Auxologie ....................................................................................................................................................................................................44
Knochenalter ...............................................................................................................................................................................................44
Kleinwuchs ..................................................................................................................................................................................................44
Kleinwuchsformen ......................................................................................................................................................................................45
(Ulrich)-Turner Syndrom .............................................................................................................................................................................45
Hochwuchs..................................................................................................................................................................................................47
EKG im Kindes- und Jugendalter ....................................................................................................................................... 49
Elektrokardiographische Ableitungen .........................................................................................................................................................49
Besonderheiten im Kindesalter ...................................................................................................................................................................49
DRUCK- UND VOLUMENBELASTUNG DES HERZENS IM VORHOFBEREICH ..................................................................................................52
SCHENKELBLOCK BILDER .............................................................................................................................................................................52
HERZRYTHMUSSTÖRUNGEN – ARRHYTHMIEN ...........................................................................................................................................53
TACHYKARDE ARRYTHMIEN ........................................................................................................................................................................55
Zusammenfassung: .....................................................................................................................................................................................55
Spezielle EKG’s ............................................................................................................................................................................................56
Synkopen im Kindesalter ................................................................................................................................................. 57
Definition: ...................................................................................................................................................................................................57
Vasovagale Synkope....................................................................................................................................................................................57
Ursachen für Synkopen bzw. Synkopen-ähnliche Zustände (Erwachsene)..................................................................................................58
Seite i
Verena Kaiser
Pädiatrie
Inhaltsverzeichnis
Synkopen – Arrhythmien ............................................................................................................................................................................61
Take home message....................................................................................................................................................................................62
Catecholamin-induzierte ventrikuläre TK /KF (CPVT) ..................................................................................................................................62
Das infektanfällige Kind ................................................................................................................................................... 63
Player in der Immunologie ..........................................................................................................................................................................63
Autoimmunität............................................................................................................................................................................................63
Immundefizienz oder „Mein Kind hat ständig Fieber!!“ ..............................................................................................................................64
Primäre Immundefizienz .............................................................................................................................................................................65
Primäre Immundefizienz: 10 Warnzeichen (2 od. > Abklärung!) Jeffrey Modell Foundation .................................................................65
Take home messages ..................................................................................................................................................................................67
Exanthematische Erkrankungen ....................................................................................................................................... 68
Masern ........................................................................................................................................................................................................68
Scharlach .....................................................................................................................................................................................................69
Röteln..........................................................................................................................................................................................................70
Ringelröteln = Erythema infectiosum = slapped cheek disease...................................................................................................................70
Dreitagefieber = Exanthema subitum= Roseola infantum: .........................................................................................................................71
Varizellen = Windpocken = Schafblattern ...................................................................................................................................................72
Meningitis ....................................................................................................................................................................... 73
1. Definition ................................................................................................................................................................................................73
2. Häufigkeit ................................................................................................................................................................................................73
3. Ätiologie ..................................................................................................................................................................................................73
4. Anamnese ...............................................................................................................................................................................................74
5.Symptome ................................................................................................................................................................................................75
6. Diagnostik ...............................................................................................................................................................................................75
7. Differenzialdiagnose des Meningismus ...................................................................................................................................................75
8. Komplikationen .......................................................................................................................................................................................75
9. Antibiotische Therapie der bakteriellen Meningitis, Alter als Hinweis für Erreger ..................................................................................76
Vaskulitis im Kindesalter .................................................................................................................................................. 77
Vaskulitis: chronische Entzündung der Gefäße ...........................................................................................................................................77
Purpura Schönlein-Hennoch .......................................................................................................................................................................77
Kawasaki Syndrom ......................................................................................................................................................................................78
Arthritis im Kindesalter .................................................................................................................................................... 81
Differentialdiagnose Gelenkschmerzen und -schwellungen .......................................................................................................................81
Septische Arthritis (Rheumatologischer Notfall !!!) ....................................................................................................................................81
Lyme Arthritis..............................................................................................................................................................................................81
Transiente Synovitis (Coxitis fugax = Hüftschnupfen) .................................................................................................................................81
M. Perthes...................................................................................................................................................................................................82
Kriterien des Systemischen Lupus erythematodes ......................................................................................................................................82
juvenile idiopathische Arthritis (JIA) ...........................................................................................................................................................82
Zusammenfassung ......................................................................................................................................................................................84
Akute Leukämien im Kindes- und Jugendalter .................................................................................................................. 85
Definition und Häufigkeit ............................................................................................................................................................................85
Leitsymptome der Leukämien .....................................................................................................................................................................85
Klinik akuter Leukämien ..............................................................................................................................................................................85
Diagnostik der ALL.......................................................................................................................................................................................85
Therapie der ALL .........................................................................................................................................................................................86
Diabetes mellitus in Kindesalter ....................................................................................................................................... 89
Diabeteseinteilung ......................................................................................................................................................................................89
Physiologie der Insulinsekretion .................................................................................................................................................................89
Epidemiologie DM Typ 1 und 2 ...................................................................................................................................................................90
Phasen der Diabetesentstehung .................................................................................................................................................................90
Diagnostik ...................................................................................................................................................................................................90
Insulintherapie ............................................................................................................................................................................................91
Therapieformen ..........................................................................................................................................................................................91
Konventionelle Therapie .............................................................................................................................................................................92
Insuline und ihre Wirkung ...........................................................................................................................................................................92
Weitere Therapiemaßnahmen: ...................................................................................................................................................................93
Akute Komplikationen.................................................................................................................................................................................94
Spätkomplikationen ....................................................................................................................................................................................96
Harnwegsinfektionen und VUR ........................................................................................................................................ 99
Bakteriurie?............................................................................................................................................................................................... 100
Entwicklung der Blasenfunktion................................................................................................................................................................ 100
Epidemiologie der HWI ............................................................................................................................................................................. 100
Ursachen ................................................................................................................................................................................................... 100
Anamnese und Klinik................................................................................................................................................................................. 100
Therapie .................................................................................................................................................................................................... 101
Uronephrologische Anomalien ................................................................................................................................................................. 101
Algorithmus: ............................................................................................................................................................................................. 102
Einführung in die Klinische Genetik ................................................................................................................................ 103
Überblick ................................................................................................................................................................................................... 103
Verena Kaiser
Seite ii
Inhaltsverzeichnis
Pädiatrie
Chromosomenstörungen .......................................................................................................................................................................... 103
Trisomie 21, Down Syndrom ..................................................................................................................................................................... 103
Trisomie 18- kongenitale Fehlbildungen ................................................................................................................................................... 104
Trisomie 13 (Patau) ................................................................................................................................................................................... 104
Dysmorphiezeichen-Ohr ........................................................................................................................................................................... 105
Definition Lippe ......................................................................................................................................................................................... 105
Strukturelle Chromosomenanomalien ...................................................................................................................................................... 106
Smith Magenis Syndrom ........................................................................................................................................................................... 107
Wolf-Hirschhorn Syndrom 4p- (4p15) ....................................................................................................................................................... 107
Kryptische Chromosomenanomalien ........................................................................................................................................................ 108
del 22q11.2 Syndrome (DiGeorge/Velocardiofacial Syndrome) ................................................................................................................ 108
Imprintingstörung als Ursache von Krankheiten, Epigenetik .................................................................................................................... 108
Was ist neu? -> Computerunterstützte Techniken .................................................................................................................................... 109
Monogene Erbkrankheiten ....................................................................................................................................................................... 109
Signalpathways ......................................................................................................................................................................................... 109
Nephrotisches Syndrom und HUS .................................................................................................................................. 111
Fallbericht ................................................................................................................................................................................................. 111
Nephrotisches Syndrom ............................................................................................................................................................................ 111
Steroidsensibles Nephr. Syndrom ............................................................................................................................................................. 113
HUS – hämolytisch urämisches Syndrom .................................................................................................................................................. 114
Neugeborenenuntersuchung ......................................................................................................................................... 116
Anamnese ................................................................................................................................................................................................. 116
Beurteilung der Vitalität ............................................................................................................................................................................ 116
Haut .......................................................................................................................................................................................................... 116
Kopf........................................................................................................................................................................................................... 117
Gesicht ...................................................................................................................................................................................................... 117
Herz/Kreislauf ........................................................................................................................................................................................... 117
Atmung ..................................................................................................................................................................................................... 118
Abdomen .................................................................................................................................................................................................. 118
Genitale..................................................................................................................................................................................................... 118
Extremitäten ............................................................................................................................................................................................. 118
Neurologie ................................................................................................................................................................................................ 118
Neugeborenenscores zur Reifebeurteilung ............................................................................................................................................... 118
Untersuchungen gesundes NG .................................................................................................................................................................. 118
Zusammenfassung .................................................................................................................................................................................... 119
Neurologischer Neugeborenenstatus ............................................................................................................................. 119
Beurteilung der Vigilanz ............................................................................................................................................................................ 119
Motorik ..................................................................................................................................................................................................... 119
Reflex ........................................................................................................................................................................................................ 119
Untersuchung der Hirnnerven .................................................................................................................................................................. 120
Motorische Untersuchung des Neugeborenen ......................................................................................................................................... 120
Sensorische Untersuchung ........................................................................................................................................................................ 121
Neugeborenenreanimation ............................................................................................................................................ 122
Maßnahmen: ............................................................................................................................................................................................ 122
Algorithmen: ............................................................................................................................................................................................. 124
Grenzen..................................................................................................................................................................................................... 125
Medikamente............................................................................................................................................................................................ 125
Versuchen Sie folgende Fragen zu beantworten:...................................................................................................................................... 125
Ernährung des gesunden Säuglings und Kindes .............................................................................................................. 126
Stillen und Gewicht ................................................................................................................................................................................... 126
WHO - Empfehlung ................................................................................................................................................................................... 126
Ursachen für die Annahme: „zu wenig Milch“ .......................................................................................................................................... 127
Saugverhalten des Säuglings ..................................................................................................................................................................... 128
Ernährung effektiv?................................................................................................................................................................................... 128
Absolute Indikation zum Abstillen ............................................................................................................................................................ 129
Fallbeispiel 1 ............................................................................................................................................................................................. 129
Fallbeispiel 2 ............................................................................................................................................................................................. 129
Ab wann Beikost?...................................................................................................................................................................................... 129
Allgemeine Tipps ....................................................................................................................................................................................... 130
Neue (?) österreichische Beikost-Empfehlungen - „Richtig essen von Anfang an“ ................................................................................... 130
Österreichische Beikostempfehlungen ..................................................................................................................................................... 131
Geschmacksprägung ................................................................................................................................................................................. 133
Beikost: Soll sein … .................................................................................................................................................................................... 134
Zeitpunkt der Beikostgabe ........................................................................................................................................................................ 134
Beginn der Getränkegabe ......................................................................................................................................................................... 135
Energiedichte und Mahlzeitenfrequenz .................................................................................................................................................... 135
Zubereitungsempfehlung .......................................................................................................................................................................... 136
Empfehlungen zu Fisch-, Ei-, Erdnuss- und Nusskonsum .......................................................................................................................... 136
Zöliakie ...................................................................................................................................................................................................... 137
EMPFEHLUNGEN DER ÖSTERREICHISCHEN STILLKOMMISSION: ............................................................................................................... 137
Otitis externa und media, Mastoiditis, Tonsillopharyngitis, „banaler“ Atemwegsinfekt ................................................. 138
Otitis externa ............................................................................................................................................................................................ 138
Seite iii
Verena Kaiser
Pädiatrie
Inhaltsverzeichnis
Otitis media acuta ..................................................................................................................................................................................... 139
Mastoiditis ................................................................................................................................................................................................ 140
Tonsillen .................................................................................................................................................................................................... 141
Tonsillopharyngitis .................................................................................................................................................................................... 141
„Banaler“ Atemwegsinfekt........................................................................................................................................................................ 142
Atopie, Allergie .............................................................................................................................................................. 143
Definitionen .............................................................................................................................................................................................. 143
Häufigkeit atopischer Erkrankungen ......................................................................................................................................................... 143
Risikofaktoren ........................................................................................................................................................................................... 143
Rhinitis allergica ........................................................................................................................................................................................ 144
Insektengiftallergie ................................................................................................................................................................................... 145
Urtikaria .................................................................................................................................................................................................... 145
Quincke-Ödem (Angioödem) .................................................................................................................................................................... 146
Anaphylaktischer Schock........................................................................................................................................................................... 146
Atemwegsinfektionen der Bronchien ............................................................................................................................. 150
Subglottische Laryngitis – Viraler Krupp:................................................................................................................................................... 150
Epiglottitis: ................................................................................................................................................................................................ 150
Untersuchung eines Kindes mit Atemwegsinfektionen:............................................................................................................................ 150
Erkrankungen der Bronchien: ................................................................................................................................................................... 151
Erkrankungen der Pleura: ......................................................................................................................................................................... 152
Differenzialdiagnosen an die gedacht werden sollte: ............................................................................................................................... 152
Verena Kaiser
Seite iv
Anamnese und Untersuchung
Pädiatrie
08.11.11 - Müller
Einführung
Empfohlene Lehrbücher:
-
-
B. Koletzko:
∙ „Kinder- und Jugendmedizin“
∙ 13. Auflage, Springer Verlag
E. Mayatepek:
∙ „Pädiatrie“
∙ 1. Auflage, ELSEVIER Urban & Fischer
Pädiatrische Anamnese
-
Eigen-Anamnese meist nicht möglich
Fremd-Anamnese erforderlich (Eltern, Geschwister, Verwandte, Tagesmutter, Lehrer, etc.)
Genauer Hergang eines Ereignisses wird selten ganz verlässlich geschildert
„Verbotene“ Handlungen werden oft negiert (Ingestion von Beeren, Tabletten, Missbrauch usw.)
Kinder haben Angst und sind verunsichert
Personaldaten:
Erreichbarkeit der Erziehungsberechtigten
Haus- bzw. Kinderarzt, Zuweiser
akute Anamnese
Hauptbeschwerden: offene Fragen stellen?
Leitsymptom(e) identifizieren
häufige Differentialdiagnosen überlegen – welche Fragen wichtig?
Erweiterte Anamnese - Eigenanamnese
Schwangerschaft - Geburt
Ernährung
Wachstum und Entwicklung
frühere Erkrankungen
Vorsorgeuntersuchungen – im Mutter/Kind-Pass dokumentiert
Impfungen
1.
2.
3.
4.
Akutanamnese (AA):
∙ Leitsymptom(e) → Differentialdiagnosen?
Familienanamnese (FA):
∙ V.a. bei Erkrankungen mit genetischer Prädisposition!!
Umgebungsanamnese (UA):
∙ bei Infektionskrankheiten!!
Sozialanamnese (SA):
∙ bei psychosomatischen, psychiatrischen Symptomen!!
Definitionen für bestimmte Altersgruppen
-
Frühgeborenes (FG): < 36+6 SSW
Termingeborenes: 37+0 bis 41+6 SSW (+6 kommt selten vor: normalerweise spätestens Termin+10 Einleitung)
Neugeborenes (NG): 1.-28. Lebenstag
Säugling (Sgl.): 1.Lebensjahr
Kleinkind: 2.-3.Lebensjahr
Infant: die ersten 2 Lebensjahre
Pädiatrische Untersuchung
Untersuchungsreihenfolge:
1.
2.
Seite 1
Blutdruck - Größe - Gewicht – Kopfumfang → Perzentilenkurve
Hautbeurteilung
Verena Kaiser
Pädiatrie
3.
4.
5.
6.
Anamnese und Untersuchung
Palpation - Perkussion - Auskultation:
∙ Thorax, Abdomen
∙ Perkussion hat in der Pädiatrie eigentlich keinen Stellenwert mehr
Mund-Racheninspektion
Genitale-Rektum
∙ Rektale Untersuchung nicht obligat (nur bei entsprechenden Fragestellungen)
Zusatzuntersuchungen
Unangenehme Untersuchungen wie Racheninspektion zum Schluss!!!
Objektive Messgrößen
Körpertemperatur:
-
Körpertemperatur am Abend am höchsten
Rektal um 0,5 Grad C höher als axillär
bei NG und. Sgl. ist rektale Messung Standard (Ohrthermometer sind obsolet! → viel zu ungenau)
Fieber:
∙ NG und Sgl.: > 38,0 Grad C REKTAL
∙ Ältere Kinder: > 38,0 Grad C AXILLÄR
Körpermaße:
-
Gewicht
Kopfumfang
Körperlänge
BMI
Wachstumsgeschwindigkeit
Nicht nur der Einzelwert sondern auch der
Perzentilenverlauf ist zu beachten!!!
(unter der 3er Perzentile nicht automatisch
pathologisch → muss aber abgeklärt werden)
Allgemeinzustand (AZ)
→ Untersuchung des AZ v.a. bei Neugeborenen
und Säuglingen vorrangig
Guter AZ
Kind schreit laut und kräftig
Kind spielt mit Händen und Füßen, seitengleiche
Spontanmotorik
Interesse, Kind fixiert, folgt Blick
Hunger, „trinkt gut“
Reduzierter AZ
Schläfrig, Kind jammert leise, kraftlos
Kind hängt auf dem Arm der Mutter, wenig Spontanmotorik
Rosiges Hautkolorit
Haut: marmoriert zyanotisch, gräulich-weiss,
Apathie (teilnahmslos)
„trinkt nicht mehr“, lässt > 1 Mahlzeit aus
Haut
-
-
-
Reinheit:
∙ Pflegezustand (Fingernägel)
∙ Effloreszenzen (= Hauterscheinungen):
∙ Exantheme (wegdrückbar)
∙ Petechien (mit Glasspatel NICHT wegdrückbar) – Vgl.: Ausschlag ist immer wegdrückbar

Petechien und Fieber: Meningokokkeninfektion!
Kolorit:
∙ rosa, marmoriert, blassgrau
Turgor:
∙ vermindert → Dehydratation
∙ Ödeme
Rekapillarisierungszeit: < 2 Sekunden (Druck auf einen Fingernagel → Rekapillarisierung beobachten)
Schädel
-
Kopfumfang → Perzentilenkurve
∙ Makro- bzw. Mikrocephalus
Verena Kaiser
Seite 2
Anamnese und Untersuchung
-
-
-
Pädiatrie
Form:
∙ kurz (Brachycephalus)
∙ lang (Scaphocephalus)
∙ hoch (Turricephalus)
∙ Liegeschädel (Plagiocephalus)
Fontanelle:
∙ Größe: ca. 2,5 cm, Verschluss: 7-19 Lebensmonat
∙ Niveau (eingesunken, im Niveau, vorgewölbt)
∙ Verschluss ist sehr variabel (8-18 Monate)
Schädelnähte:
∙ knöcherner Kamm ´→ vorzeitiger Verschluss?
∙ Verschluss im Erwachsenenalter
Augen
-
-
-
Konjunktiven:
∙ „Rote Augen“, Entzündung
Skleren:
∙ Ikterisch → Hyperbilirubinämie > 2mg/dL
Pupillen:
∙ isokor: Anisokorie bis max. 2mm oft physiologisch, wenn im Dunkeln und Licht gleicher Unterschied
∙ Form
∙ direkte und indirekte Lichtreaktion
∙ Leukorie → Va. Retinoblastom
Strabismus:
∙ ab 6. Lebensmonat muss unilaterale (auch transiente) Achsenabweichung abgeklärt werden!!
∙ Abdecktest: NICHT abgedeckte Auge macht eine Einstellbewegung!!!
Motilitätsprüfung:
∙ Unterscheidung zw. konkommitierendem und paretischem Schielen!!
Nase
-
-
-
behinderte Nasenatmung:
∙ Säuglinge (Sgl.) obligate „Nasenatmer“
∙ bei Rhinitis daher oft Trinkprobleme bei Sgl.
Nasenflügeln beim Atemnotsyndrom des Neugeborenen
Epistaxis:
∙ Bei Kindern meist harmlos
∙ meist Locus Kieselbach Blutungen:

traumatisch („Nasenbohren“)

trockene Schleimhäute

Infekte
∙ seltener bei Thrombozytopenien:

idiopathisch (Mb. Werlhof)

Akute Leukämie
chronisch, blutiger Auslauf: Fremdkörper?
Nasennebenhöhlen:
∙ Sinusitis ethmoidalis: typische Lid bzw. Periorbitalschwellung
∙ Stirnbeinhöhlenentzündungen erst ab Schulalter relevant (Nasennebenhöhlen werden sukzessive mit
dem Alter angelegt)
Ohr
-
-
Äußere Form:
∙ Ohrform
∙ Ohrposition zu den Augen
∙ Missbildungen → Chromosomenanomalien
∙ Schwellung des Mastoids - einseitig abstehendes Ohr?
Otoskopie:
∙ Fixieren (um bei unerwarteten Bewegungen des Kindes das Trommelfell nicht zu verletzen), Rücklage
∙ Otoskop - Füllhaltergriff, am Schädel mit Handballenabstützen
∙ Ohr nach hinten (Sgl.) bzw. hinten oben ziehen
∙ Trichter unter Sicht! bis kurz vor Behaarungsende in GG führen
∙ Trommelfell-Landmark → Lichtreflex und Hammergriff:

TF gerötet? vorgewölbt? Perforation?
Mund und Pharynx
-
Seite 3
Zunge:
∙
∙
Beläge
Soor (schwer entfernbare weißliche Auflagerungen)
Verena Kaiser
Pädiatrie
Anamnese und Untersuchung
∙
-
-
Erdbeer- bzw. Himbeerzunge:

Scharlach

Kawasaki-Syndrom
Zähne:
∙ Dentition:
∙ Milchzähne (5-30 Monate)
∙ bleibende Zähne: 5-14 (30) Jahre
Mund-auf / „aaa“-Sagen bzw. Spateln:
∙ Gaumenbogen und Tonsillen-gerötet? Beläge?
∙ Rachenhinterwand gerötet? Schleimstrassen?
Tonsillopharyngitis ist sehr häufige Fieberursache im Kindesalter!! (Streptokokkenpharyngitis beim Säugling Rarität,
meist erst im Kindergartenalter)
Alter und Vitalparameter
Herzfrequenz und Atemfrequenz sinken, RR steigt mit dem Alter
Atmung
-
-
Atemfrequenz ist altersabhängig
Tachypnoe:
∙ Sepsis
∙ Pneumonie
∙ Schmerzen
∙ Fieber
∙ metabolische Azidose
∙ Herzfehler
→ Tachypnoe ist ein sehr wichtiges Leitsymptom
Dyspnoe → inspirator. Einziehungen:
∙ jugulär
∙ infrasternal
∙ intercostal
∙ subcostal
Thorax
-
-
-
-
Formveränderungen:
∙ Trichterbrust
∙ Glockenthorax bzw. Fassthorax
Atemtyp und Atemfrequenz:
∙ Brustatmung
∙ Bauchatmung
∙ Mischatmung
∙ Brady- bzw. Tachypnoe
Dyspnoezeichen:
∙ Inspirator. Einziehungen
∙ Nasenflügeln
∙ Stöhnen und Pressen
∙ Atemhilfsmuskulatur
Stridor:
∙ Inspiratorisch: Subglottische Laryngitis, Epiglottitis, Fremdkörperaspiration
∙ Exspiratorisch: Bronchiolitis, Asthma bronchiale
Verena Kaiser
Seite 4
Anamnese und Untersuchung
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
Seite 5
Pädiatrie
Husten:
∙ sporadisch, Salven, paroxysmal
∙ pertussiform (an Pertussis denken: nicht alle Kinder geimpft)
∙ trocken, produktiv
∙ bellend plus inspiratorischer Stridor → Subglottische Laryngitis
Perkussion:
∙ bei Sgl. und Kleinkindern keine Bedeutung
∙ ICR, nicht Rippen perkutieren
∙ immer im Seitenvergleich!!
Auskultation → IMMER im SEITENVERGLEICH!
∙ seitengleiche Belüftung?
∙ Atemabschwächung/Atemverschärfung
Rasselgeräusche:
∙ klingend (hochfrequent) - nicht klingend (niederfrequent)
∙ trockene RGs → Bronchiolitis, Asthma bronchiale:

Brummen

Giemen

Pfeifen
∙ feuchte RGs → Pneumonie, Lungenödem

fein-, mittel-, grobblasig
∙ fortgeleitete RGs:

behinderter Nasenatmung
Palpation:
∙ Spitzenstoß, Schwirren
Auskultation:
∙ HF, Rhythmus, Herzgeräusche
Auskultationspunkte:
∙ Mitralis: 5.ICR links MCL
∙ Tricuspidalis: 4.ICR re parasternal
∙ Aorta: 2.ICR re parasternal
∙ Pulmonalis: 2.ICR li parasternal
Herztöne:
∙ I. HT: p.m., 3./4ICR li
∙ II. HT: p.m. 2.ICR re und links bzw. Erb
Herzgeräusche:
∙ akzidentell, funktionell, organisch (selten)
∙ Systolikum (95%), Diastolikum, Kontinuierlich
Herzgeräusche Lautstärke:
∙ 1/6 sehr leise, nur in Atempause (meist harmlos)
∙ 2/6 leise, aber gut hörbar
∙ 3/6 mittellaut, nie präkordiales Schwirren
∙ 4/6 laut, meist Schwirren
∙ 5/6 sehr laut, immer Schwirren
∙ 6/6 sehr laut, Distanzgeräusch ohne Stethoskop
akzidentelle Herzgeräusche:
∙ 80% aller Kinder irgendwann im Leben
∙ Gipfel 3-4 Jahre
∙ systolisch, max. 2/6
∙ 2./3. ICR li, Lageabhängig: im Sitzen leiser bzw. verschwunden
∙ Patient hat KEINE Symptome!!!
∙ „Bei fast jedem Kind hört irgendein Arzt irgendwann ein Herzgeräusch!!!“
Funktionelle Herzgeräusche:
∙ bei erhöhtem Herzzeitvolumen:

Fieber

Anämie

Schmerzen

nach körperlicher Anstrengung

Hyperthyreose
∙ verschwindet bzw. deutlich leiser bei normalem HZV
organische Herzgeräusche:
∙ organisch bzw. strukturell fixierte Anomalien
∙ meist lautes Systolikum (mind. 2-3/6)
∙ Diastolikum (selten)
∙ nie lageabhängig
∙ abnorm kräftige bzw. abnorm schwache Axillaris- bzw. Femoralispulse

schwache Femoralispulse: Hinweis auf Aortenisthmusstenose
∙ Patient symptomatisch
Verena Kaiser
Pädiatrie
Anamnese und Untersuchung
∙
∙
∙
Zyanose
pathologisches EKG
auffälliges Thoraxröntgen

Herzgröße

Herzsilhouette
Blutdruck
-
-
RR-Manschette:
die größte Manschette verwenden, welche die Ellenbeuge bzw. Kniekehle noch frei lässt
Normalwerte entsprechend 5-95 % Perzentilen
bei erhöhten RR Werten an einem Arm:
∙ RR an alle 4 Extremitäten messen
∙ RR im Sitzen, Liegen und Stehen messen
Art. Hypertension wenn RR in allen Messungen jeweils > 95%
Abdomen
-
-
-
-
-
-
Inspektion:
∙ verminderte Bauchatmung:

Sgl. bei Peritonitis, Schmerzen → resp.Insuffizienz
∙ vermehrte Bauchatmung:

z.B.: Pneumonie ab Vorschulalter

bis zum 3. Lebensjahr ist Bauchatmung physiologisch
∙ vermehrte Venenzeichnung:

physiologisch in ersten 2.Lebensjahren

distendiertes Abdomen

Caput medusae
Abdominelle Vorwölbung:
∙ normal bei Sgl. und Kleinkindern!!
∙ Aszites
∙ Gasgefülltes Abdomen
∙ Obstipation
∙ Hepato- bzw. Splenomegalie
∙ Neoplasien
∙ Zysten
Bauchdecke weich?
∙ bessere Beurteilung bei gebeugten Hüften
Peritonitiszeichen:
∙ Bauchschmerzen
∙ schmerzempfindliche Bauchdecke
∙ Abwehrspannung (Defense)
∙ gespannte, harte Bauchdecke
Eine weiche Bauchdecke bedeutet kein Hinweis auf generalisierte Peritonitis, schließt aber eine schwerwiegende
Pathologie niemals aus!!!
Auskultation:
∙ Peristaltische Darmgeräusche: normal, lebhaft

keine, vermindert, gesteigert

metallisch klingend → mechanischer Ileus

Totenstille → paralytischer Ileus
Perkussion:
∙ tympanitischer Klopfschall: gasgefüllter Darm

Meteorismus
∙ Dämpfung: Stuhl, flüssigkeitsgefülltes od. solides Organ

Tumor, Aszites
∙ Nierenlager: klopfempfindlich?
Appendizitiszeichen
Verena Kaiser
Seite 6
Anamnese und Untersuchung
∙
∙
-
-
Pädiatrie
Bei Mädchen auch an Ovarialtorsion denken!!!
Generell: bei Kindern mit Bauchschmerzen, Erbrechen und keinem Durchfall ist an eine Appendizitis zu
denken
Leber:
∙ Größe: abhängig von Inspiration
∙ NG und Säuglinge: bis 4 cm unter Ribo in MCL normal
∙ ältere Kinder 1-2cm unter Ribo in MCL normal
∙ Kratzauskultation manchmal hilfreich
Milz:
∙ vergrößert wenn tastbar
Nierenflankenschmerz:
∙ bei Vorschulkindern keine Relevanz!!
∙ Erst im Schulalter bei Nierenbeckenentzündung, Urosepsis,..
Lymphknoten
-
-
LK-Stationen pathologisch vergrößert?
∙ nuchal → Röteln
∙ submandibulär
∙ zervikal→ Angina tonsillaris, Lymphadentitis?
∙ supra- und infraclaviculär? → ALL, Lymphom
∙ axillär → ALL, Lymphom
∙ inguinal: bis Pubertät physiologisch palpabel!
∙ (druck)schmerzhaft→ Infektion (häufiger)
∙ nicht schmerzhaft → Leukämie, Lymphom
Pathologische LK-Station:
∙ Größe?
∙ Oberflächenbeschaffenheit?
∙ Konsistenz?
∙ Druckdolenz?
∙ Verschieblichkeit mit Umgebung?
Bewegungsapparat
-
-
-
-
Längenverhältnisse zw. Extr. und Rumpf
Haltung:
∙ Beinstellung
∙ Beckenschiefstand
∙ Skapula und Rautendreieck symmetrisch?
Wirbelsäule:
∙ Skoliose
Gelenke:
∙ Bewegungseinschränkung - Schonung
∙ Entzündungszeichen
∙ Kniegelenkserguss
Knochenschmerzen:
∙ Wachstumsschmerzen (physiologisch, harmlos)
∙ CAVE: Akute lymphatische Leukämie (erster Hinweis auf eine Leukämie, durch Lymphoblasten
ausgelöst)
Verletzungen
∙ Kindesmisshandlung wenn nicht plausibler Hergang?!?
Muskelatrophien
Genitale
-
-
Seite 7
Pubesentwicklung:
∙ Reifestadien nach Tanner!
∙ Hinweis auf Misshandlung
Mädchen:
∙ Vulvovaginitis, Labiensynechie
Knaben:
∙ Pendelhoden? Gleithoden? Leistenhoden?

ab 7.Lebensmonat hormonelle Therapie, wenn bis dahin kein spontaner Descensus
∙ Hydrocele
∙ Phimose (in ersten 3 Lebensjahren physiologisch)
∙ Hypospadie (unterhalb)? Epispadie (oberhalb)?
∙ Hydrocele?
∙ Hernia inguinalis?
Verena Kaiser
Pädiatrie
Anamnese und Untersuchung
http://e-learning.studmed.unibe.ch/
Die Untersuchung des Kindes Teil 1
→ Video in der VL vom 09.11.11
Verena Kaiser
Seite 8
Anamnese und Untersuchung
Seite 9
Pädiatrie
Verena Kaiser
Pädiatrie
Verena Kaiser
Anamnese und Untersuchung
Seite 10
Wachstum und Meilensteine
Pädiatrie
10.11.11 - Hofer
Wachstum und Meilensteine der kindlichen Entwicklung
Definition Entwicklung
-
alle Veränderungen, die innerhalb eines Zeitraums zu struktureller und funktioneller Differenzierung führen
Wandel betrifft quantitative Veränderungen (Wachstum)
Differenzierung der Organsysteme und deren Vernetzung (Entwicklung)
Entwicklungsprozesse
quantitativ und zeitlich messbar – Abweichungen vom Normalen erfassbar
Körpergröße und Körpergewicht
Altersentsprechende Entwicklung von Größe und Gewicht lassen erkennen ob Entwicklung des Kindes normal verläuft
Aussagekraft der Perzentilenkurven:
Normvergleich zum Normkollektiv
Entwicklungsverlauf des Individuums
Definition von Groß- und Kleinwuchs
Definition von Über- und Untergewicht
Größen und Gewichtsentwicklung des Kindes:
Proportionen
-
Unterschiedliche Wachstumsgeschwindigkeit von Kopf, Rupf und Extremitäten
Verhältnis Körperlänge: Kopfhöhe: Neugeborenes 4:1 - Erwachsener 8:1
Wachstumsgeschwindigkeit
-
-
Nimmt im ersten Lebensjahr ab
Bleibt dann weitgehend konstant (5-7cm/J)
Steigt in Pubertät nochmals an
∙ Trigger: Östrogen- bzw. Testosteronproduktion
∙ → auch für Epiphysenschluss verantwortlich
Eintritt des pubertären Wachstumsschubes bei Mädchen früher → daher bei
Frauen üblicherweise geringere Endlänge im Vergleich zu Männern
Seite 11
Verena Kaiser
Pädiatrie
Wachstum und Meilensteine
Kopfumfang
-
Messung mittels Maßband
Kopfwachstum:
∙ entspricht Massenzunahme des Gehirns
∙ Korreliert mit Alter des Kindes
∙ Im Lauf des Entwicklung bleibt individuelle Perzentile weitgehend konstant
Zahnentwicklung
-
-
-
Erste Zähne:
∙ 6 Monate (3.-12. Monat) erst untere Schneidezähne, dann obere Schneidezähne und Mahl- und
Eckzähne
Vollständiges Milchgebiss: 3 Jahre; 20 Zähne
Zahnwechsel:
∙ Beginn ca. 6 Jahre (zuerst obere Molaren)
∙ Abschluss ca. 12 Jahre
∙ Weisheitszähne häufig erst nach 18. Lebensjahr
Im Rahmen z.B. einer Hypothyreose kann ein sehr später
Zahndurchbruch/Zahnwechsel auftreten
Knochenentwicklung
-
Beurteilung von Verknöcherung von Handwurzel und Hand
∙ 2. Lebensjahr: zwei Handwurzelknochen erkennbar
∙ 12. Lebensjahr: meist alle Knochenkerne erkennbar
∙ Bestimmung des Knochenalters Mithilfe spezieller Atlanten möglich (Greulich und Pyle)
∙ ab 10 Jahren Ermittlung der prospektiven Endgröße anhand der Knochenalterbestimmung möglich
Verena Kaiser
Seite 12
Wachstum und Meilensteine
Pädiatrie
Skizze der Hand und Handwurzelknochen
Bis zum 6. Lebensjahr ist die Anlage der knochenkerne sehr
variabel,
d.h.
die
Altersbestimmung
durch
Handwurzelröntgen ist erst nach dem 6. Lebensjahr
aussagekräftig
Auftreten der Knochenkerne der Handwurzel
Ermittlung des Reifegrades der Knochen (Knochenalter)
1. Epiphysen der Mesophalangen medial verbreitert
2. Epiphysen der Basophalangen proximal konkav
3. Os trapezium oder Os trapezoideum sichtbar
4. Höhe des Os capitatum mindestens so groß wie der Abstand dieses Knochens von
der Radiusmetaphyse
Röntgenbilder
4 jähriges Mädchen
4 jähriger Knabe
mit retardiertem Knochenalter
Geschlechtsentwicklung
Pubertät:
-
Geschlechtsspezifische endokrine Situation
Pubertärer Wachstumsschub mit anschließendem Sistieren des Körperwachstums
Strukturelle und funktionelle Reifung der Geschlechtsorgane
Seite 13
Verena Kaiser
Pädiatrie
Wachstum und Meilensteine
Pubertätsstadien nach Tanner
-
P1 kindliche Verhältnisse, keine Schambehaarung
P2 wenige, gering pigmentierte Haare an der Peniswurzel bzw. an den großen Labien
P3 kräftigere, dunklere gekräuselte Haare, bis über die Symphyse ausgedehnt
P4 ähnlich wie bei Erwachsenen aber nicht auf Oberschenkel übergehend
P5 Ausdehnung und Dichte wie bei Erwachsenen, auf die Oberschenkel übergehend
P6 auf der Linea alba in Richtung Nabel weiterreichende Behaarung, in 80% bei
Männern, in 10% bei Frauen
-
G1 Hoden, Skrotum und Penis wie in der Kindheit
G2 Hodenvolumen ca. 4 ml, Skrotum größer, Penis noch wie in der Kindheit
G3 Hodenvolumen und Scrotum größer, Penis länger
G4 Hodenvolumen ca. 12 ml, Skrotum dunkler pigmentiert, Penis länger und dicker
G5 Hoden, Skrotum und Penis in Größe und Aussehen wie beim Erwachsenen Die Größe der Hoden kann mit dem
Orchidometer relativ genau bestimmt werden.
-
B1 kindliche Verhältnisse, lediglich Erhebung der Brustwarze
B2 Brustdrüse vergrößert. Vorwölbung des Warzenhofs. Areola im Durchmesser größer
B3 weitere Vergrößerung, Volumen des Drüsenkörpers größer als das der Areola
B4 Brustwarze und Areola bilden jetzt über dem Drüsenkörper eine zweite Vorwölbung
B5 vollentwickelte Brust mit kontinuierlichem Übergang vom Drüsenkörper zu Areola und
prominenter Mamille
Sensomotorische Reifung
„Meilensteine“ → ““Grenzsteine“
Entwicklung läuft nicht stufenförmig ab, sondern auf verschiedenen Ebenen, die sich überlagern und Fluktuationen
zulassen:
>97% der Kinder erreichen Fähigkeit im Bereich des „Grenzsteins“
Lebensphasen und ihre Zeiträume:
-
Pränatalperiode: bis zur Geburt
Neugeborenenperiode: bis Ende 4. L-Woche
Säuglingszeit: bis Ende 1. L-jahr
Kleinkindalter: bis Ende 6. L-jahr
Schulalter: bis 14. L-Jahr
Adoleszenz: bis Erwachsenenalter
Neugeborenenreflexe
Persistenz der Neugeborenenreflexe
kann auf eine ZNS-Störung hinweisen
und muss in jedem Fall abgeklärt werden
Verena Kaiser
Seite 14
Wachstum und Meilensteine
Glabellareflex
Pädiatrie
Palmarer Greifreflex
plantarer Greifreflex
Augenschluss durch
klopfen
Magnetreflex
Steigreaktion
Galantreflex
Schreitreaktion
Reiz an der Seite der WS führt zur Beugung zum
Reiz hin
Moro-Reaktion
= Umklammerungsreflex
Der Denvertest
Im Rahmen des MKP zum Abschätzen
des Entwicklungsstandes durchgeführt
Die Meilensteine der Entwicklung
1. Lebensjahr Motorik, Sprache, Sozialisation
-
1. Monat
∙ Kopfkontrolle in schwebender Bauchlage
∙ Kurze guturale Laute
∙ Läßt sich durch Ansprache/Aufnehmen beruhigen
Seite 15
Verena Kaiser
Pädiatrie
-
-
-
Wachstum und Meilensteine
3. Monat
∙ Kopfheben in Bauchlage
∙ Spontanes Vokalisieren
∙ Lächeln auf Gesicht und Ansprache
6. Monat
∙ Dreht sich
∙ Vokalisieren auf Ansprache
∙ Freut sich über Ansprache / Ansprechen / Anlachen
9. Monat
∙ Freies Sitzen
∙ Silbenketten mit A (wawa, rara)
∙ Unterscheidet zwischen fremden und bekannten Personen
Motorische Entwicklung
Handfunktion
differenzierte Entwicklung:
-
-
3.-4. Monat: Greifen mit der ganzen Hand (Ulnarseite)
Gegenstände von einer Hand in die andere
Überkreuzen der Mittellinie
2. Lebenshalbjahr: Miteinbeziehen des Daumens in Greiffunktion:
∙ Scherengriff
∙ Pinzettengriff
Verbesserung der visuell-motorischen Koordination
2. Lebensjahr Motorik, Sprache, Sozialisation
-
-
-
-
12. Monat
∙ Stehen mit Festhalten
∙ Doppelsilben mit A (mama, papa)
∙ Enge Bindung zu Bezugspersonen
15. Monat
∙ Kommt von Stehen mit Festhalten wieder zum Sitzen
∙ Ausgeprägtes Artikulieren ohne Einwortsprache
∙ Ahmt Gestik und Laute nach
18. Monat
∙ Geht frei und sicher
∙ Mama, Papa, einzelne Worte sinngemäß
∙ Versteht Gebote, Verbote
24. Monat
∙ Hockt sicher, steht freihändig auf
∙ 2-Wortsätze
∙ Kann für sich spielen, Bezugsperson noch notwendig
Verena Kaiser
Seite 16
Wachstum und Meilensteine
Pädiatrie
Bewegungskoordination (sensorische Integration)
Motorische Entwicklung im Kleinkindalter
-
-
Kleinkind:
∙ Motorik leicht durch organische und psychische Ursachen störbar
Beginn des Schulalters:
∙ Stabiler Gleichgewichtssinn
∙ Differenzierte manuelle Geschicklichkeit
Wesentliche Prinzipien der Bewegungsentwicklung:
∙ Variabilität
∙ Redundanz
d.h. mehrfache Wiederholung unter wechselnden Bedingungen führen zu Differenzierung und
Ökonomie der Bewegung
Geistig-seelische (emotionale) Entwicklung Sozialverhalten im Säuglingsalter
-
-
Interaktionen zwischen Kind und Eltern beginnen bald nach der Geburt (Blickkontakt)
Frühzeitig kommt es zu Imitationsvorgängen
Signale des Kindes werden von Erwachsenen beantwortet und umgekehrt
Durch gegenseitige Verstärkung wird die Kompetenz der sozialen Interaktionen zunehmend verbessert und
gefestigt
soziales Lächeln (ca.4.-6.Lebenswoche):
∙ angeborenes Verhalten
∙ von der Stirn-Augenpartie des Gegenüber ausgelöst
Soziale Antwort wird zunehmend differenziert
Fremdeln (Achtmonatsangst): Unterscheidung zwischen Bekanntem und Nichtvertrautem
Geistig-seelische (emotionale) Entwicklung Sozialverhalten im Kleinkindalter
-
Kleinkind:
∙ Trennungsangst
∙ Zunehmend Entwicklung von Autonomie:

Voraussetzung für Kindergartenbesuch

Soziale Orientierung auf Altersgenossen und Erzieher
∙ Trotzreaktionen:

Ausdruck des Strebens nach Selbständigkeit

Normales Phänomen des Kleinkindalters
Spielverhalten
-
Spielverhalten liefert Aussagen über:
∙ soziale Entwicklung des Kindes
∙ Erlebniswelt des Kindes
∙ Fähigkeit zu Konzentration
∙ Fähigkeit emotional zu reagieren
∙ Ideenvielfalt und Phantasie
∙ motorische Fähigkeiten
∙ geistige Leistungen
Seite 17
Verena Kaiser
Pädiatrie
Wachstum und Meilensteine
Kriterien für altersentsprechendes Spielverhalten
Sauberkeitsgewöhnung:
-
Voraussetzung: funktionsreifer biologischer Apparat
Unwillkürliche Funktion der Ausscheidungsorgane muss willentlich beherrscht werden
Erziehungsmaßnahmen sind am besten im 3. und 4. Lebensjahr zu beginnen
Entwicklung in der Adoleszenz
-
-
-
Pubertät und Adoleszenz sind durch tiefgreifende körperliche und seelische Umstellungen gekennzeichnet →
krisenhafte Situationen
Pubertät:
∙ Veränderungen an Genitalien (Tanner Stadien)
∙ Auftreten sekundärer Geschlechtsmerkmale
∙ Abschluss des körperlichen Wachstums (Jungen 18J., Mädchen 16J.)
Adoleszenz:
∙ Bis Erwachsenenalter
Sexualität des Jugendlichen:
∙ Sexuelle Kontakte heute deutlich früher
Ablösung vom Elternhaus:
∙ Konfliktsituationen mit Autoritätsprotest
∙ Suche nach eigner Identität
∙ Einfluss der Peer-Gruppen (Gleichaltrige)
Krisensituationen:
∙ Emotionale Labilität (hormonelle Ursache)
∙ Kontakt mit Drogen, AIDS, Jugendsekten
Nach dieser Phase:
-
rationale Unabhängigkeit von den Eltern
Rebellion gegen Eltern nicht mehr notwendig
Unterstützung gerne wieder akzeptiert
Lehrbuch Empfehlung: Koletzko, Kinder- und Jugendmedizin
Verena Kaiser
Seite 18
Geschlechtsdifferenzierung
Pädiatrie
14.11.11 - Hofer
Geschlechtsdifferenzierung
Inhalt
-
-
Sexualdifferenzierung
∙ genetisches Geschlecht
∙ gonadales Geschlecht
∙ somatisches Geschlecht
∙ psychisches Geschlecht
Entwicklung der Genitalorgane – Sexualdeterminierung und -differenzierung
Störungen der Sexualdifferenzierung
∙ Disorders of Sex Developement - DSD
Diagnostisches Vorgehen
Therapie der DSD (Intersexualität)
Sexualdifferenzierung
-
-
-
-
genetisches Geschlecht:
∙ Geschlechtschromosomen
∙ Y-Chromosom für weitere Differenzierung notwendig
∙ hochkonserviertes Gen: SRY → sex-determinierende Region des Y-Chromsoms
Gonadales Geschlecht:
∙ indifferente und bipotente Gonadenanlage
∙ unter Einfluss von Testes determinierenden Faktoren (SRY gesteuert) Differenzierung der
Gonadenanlage zu Testes
∙ bei fehlendem Einfluss von TdF Entwicklung von Ovarien
Psychisches Geschlecht:
∙ Tierexperimente zeigen, dass das embryonale Gehirn je nach hormonellem Einfluss in männlich oder
weiblich differenziert.
∙ Einfluß ob Gonadotropinsekretion

zyklisch (weiblich)

tonisch (männlich)
Somatisches Geschlecht:
∙ bei beiden Geschlechtern entwickeln sich zwei paarig angelegte Geschlechtsgänge
∙ daraus entwickeln sich das innere männliche und innere weibliche Genitale
∙ Wolff-Gänge
∙ Müller-Gänge
Entwicklung der Genitalorgane
Wolff-Gang (c):
-
männliches Geschlecht:
∙ Nebenhodengang, Samenleiter und Bläschendrüse
∙ Hoden produziert Testosteron und Anti-Müller-Hormon (AMH)
∙ Regression des Müller-Gangs
Müller-Gang (b):
-
weibliches Geschlecht:
∙ Tube, Uterus, oberer Teil der Vagina
∙ durch Fehlen von Hoden Regression der Wolff-Gänge
Seite 19
Verena Kaiser
Pädiatrie
Geschlechtsdifferenzierung
Sexualdeterminierung und -differenzierung
Durch Vorhandensein der SRY
Region kommt es zur Ausbildung
der Hoden und damit der Leydigund Sertoli-Zellen
Sertoli-Zellen produzieren AntiMüller-Hormon,
Leydig-Zellen
Testosteron
Sexualdeterminierung:
genetische Prozesse, die die Entwicklung von Nebennieren und
Gonadenanlage steuern.
z.B. DAX 1 (Defekte führen zu Schwierigkeiten der
Gonadenanlagendifferenzierung, aber auch begleitend zu
Nebennierenstörungen)
Sexualdifferenzierung:
hormonelle Prozesse, die durch Steroidbiosynthese, enzymatische
Schritte und durch Rezeptorbindung induziert werden.
z.B. Androgenrezeptor der aktiv eine Virilisierung bedingt.
Störungen der Sexualdifferenzierung - Disorders of Sex Development (DSD)
Definition:
Störung der sexuellen Differenzierung, bei der sich die inneren und äußeren Geschlechtsorgane in unterschiedlich starker
Ausprägung entgegen dem chromosomalen Geschlecht entwickeln.
Änderung der Nomenklatur
Verena Kaiser
Seite 20
Geschlechtsdifferenzierung
Pädiatrie
Störungen der sexuellen Differenzierung - 46 XY - DSD
-
46 XY - DSD (genetisch männliche Individuen mit Testes, deren inneres und/oder äußeres Genitale unzureichend
maskulinisiert ist) - Pseudohermaphroditismus masculinus
∙ gonadale und chromosomale Störungen

inkomplette oder komplette Gonadendysgenesie
∙ Testosteronbiosynthesedefekt
∙ Leydig-Zell-Hypoplasie
∙ Steroid-5-alpha-Reduktase-2-Defekt
∙ Androgenresistenz – komplett oder partiell
Gonadendysgenesie
-
mehr als die Hälfte der Patienten sind phänotypisch weiblich
Anstelle von Gonaden – bds. Bindegewebsstränge
10% der Fälle auf SRY-Genmutation zurückzuführen
weiblicher Phänotyp mit normalem Wachstum
Ausbleiben der Pubertätsentwicklung
sonographisch keine Ovarien darstellbar, ansonsten innerse und äußeres
Genitale weiblich
Therapie: Substitution von Östrogen und Gestagen ab Pubertätsalter
Entfernung der Streak-Gonaden aufgrund malignem Entartungsrisiko
Patientin mit 46, XY
Gonadendysgenesie (Sinnecker und
Mitarbeiter: Monatszeitschrift für
Kinderheilkunde 130, 1982)
Fehlendes/unzureichendes
AMH
führt
unvollständigen Regression der Müller-Gänge
Seite 21
zur
Verena Kaiser
Pädiatrie
Geschlechtsdifferenzierung
Phänotypen 1-5
1
2
3
4
5
männlich
vorwiegend männlich
ambivalent
vorwiegend weiblich
weiblich
gestörte Spermatogenese/Virilisierung
Hypospadie, Mikropenis,
klitorisähnlicher Mikrophallus, labienähnliches Skrotum, blind endende Vagina
Klitorishypertrophie, labiale Fusion, kurze blind endende Vagina
keine Virilisierungszeichen präpuberal
Beispiele – Gonadendysgenesie
Pfeil: tastbare Gonade
Pfeil: Öffnung der Urethra
Testosteronbiosynthesedefekt
-
Verena Kaiser
unzureichende Virilisierung
ungestörte Produktion von Anti-MüllerHormon, daher vollständige Regression der
Müller Gänge
Seite 22
Geschlechtsdifferenzierung
Pädiatrie
Androgenresistenz
-
trotz normaler oder erhöhter Androgenkonzentration unzureichende Androgenwirkung im Gewebe
Störung im Androgenrezeptormechanismus
Phänotyp:
∙ komplette Resistenz: weiblicher Phänotyp
∙ partielle Resistenz: ambivalentes äußeres Genitale
komplette Androgenresistenz
-
-
-
Embryonalzeit:
∙ keine Entwicklung der Wolff Gänge
∙ keine Maskulinisierung des äußeren Genitale
∙ durch Bildung von Anit-Müller-Hormon Regression der Müller Gänge
Kindheit:
∙ weiblicher Phänotyp
Pubertät:
∙ gute Entwicklung weiblicher sekundärer Geschlechtsmerkmale
∙ LH Ausschüttung gesteigert
∙ Testosteron und Estradiol gesteigert
∙ Umwandlung von Testosteron in Estradiol
Feminisierung
primäre Amenorrhö
blind endende Vagina
erhöhte LH Spiegel
stark erhöhte Testosteronwerte
Patientin 46,XY
komplette
Androgenresistenz
-
Therapie:
∙ Gonaden bis zum Abschluss der Pubertät belassen
∙ physiologisch ablaufende weibliche Pubertät
∙ danach Entfernung der Gonaden aufgrund des Entartungsrisikos
∙ Substitution mit Östrogenen und Gestagenen
46, XX DSD
-
46, XX DSD (genetisch weibliche Individuen mit Ovarien und weiblichem inneren Genitale, deren äußeres Genitale
virilisiert ist) - Pseudohermaphroditismus femininus
∙ Adrenogenitales Syndrom (häufig)
∙ Plazentaaromatasedefekt (selten)
∙ Transplazentare Virilisierung (selten)
Seite 23
Verena Kaiser
Pädiatrie
Geschlechtsdifferenzierung
Virilisierungsstadien nach Prader
Mädchen mit adrenogenitalem Syndrom
Adrenogenitales Syndrom (AGS)
Enzymdefekte (3 häufigste):
1.
2.
3.
21-Hydroxylasemangel (> 90 %)
∙ 2 Formen:

Ohne
Salzverlust:
Störung
der
Kortisolbiosynthese
(Aldosteron
noch
ausreichend produziert)

Mit Salzverlust: zusätzlich Störung der
Aldosteronbiosynthese!
11b-Hydroxylasemangel:
∙ wie oben plus Bluthochdruck
b-Hydroxysteroid-Dehydrogenasedefekt (selten)
∙ Mit und ohne Salzverlustzustände
∙ Mädchen Klitorishypertrophie
∙ Pseudohermaphroditismus maskulinus
Pathogenese - AGS
Verminderte Serumkortisol-Konzentration
→ negativer Feedback-Mechanismus
→ Steigerung der CRH- und ACTH-Synthese und -Sekretion!
→ NN-Hyperplasie
→ chronisch stimulierte NN bildet vermehrt Androgene
→ Virilisierung.
Je nach Ausprägung des Enzymdefektes → Störung der Aldosteronbiosynthese mit nachfolgendem Salzverlust!
AGS – klinische Zeichen
-
-
-
Verminderte Glukokortikoidproduktion:
∙ Müdigkeit
sugar
∙ Apathie
∙ Verminderte Stresstoleranz
∙ Hypoglykämien
∙ Erhöhte Infektneigung
∙ Hyperplasie der Nebennierenrinde (s. Abb.)
Verminderte Mineralkortikoidproduktion:
∙ Salzverlustsyndrom (Hyponatriämie, Hyperkaliämie)
∙ Hypotonie, hypovolämischer Schock
∙ Metabolische Azidose
Vermehrte Androgenproduktion:
∙ Auffälliges äußeres Genitale
∙ Virilisierung des weiblichen Genitales
∙ Postnatal: Pseudopubertas praecox bei beiden Geschlechtern
salt
sex
AGS - Lebensbedrohliche Salzverlustkrise
-
-
Tritt typischerweise zwischen der 2.-3. Lebenswoche ein
Typische Symptome:
∙ Trinkschwäche
∙ Erbrechen
∙ Exsikkose
∙ Zunehmende Apathie
Screening aller Neugeborenen empfohlen
Verena Kaiser
Seite 24
Geschlechtsdifferenzierung
Pädiatrie
Nebennierenhyperplasie
Sonographie:
Anamnese:
-
Genitalauffälligkeiten (evtl. Hyperpigmentation)
mehrfache unklare Exsikkosen
Weibliche Neugeborene:
-
Intersexuelles äußeres Genitale (in utero stattgefundene Virilisierung) = Pseudohermaphroditismus femininus
einfache Klitorishypertrophie ( Prader 1) bis hin zu kompletter Fusion der Labio-Skrotalfalten mit phallusartig
vergrößerter Klitoris und Extension der Urethra auf die Glans (Prader 5)
Inneres Genital immer weiblich!
Virilisierungsstadien nach Prader
Klitorishypertrophie
Nicht pathologisch
→ Normvarianten
Seite 25
Verena Kaiser
Pädiatrie
Geschlechtsdifferenzierung
Falldarstellung:
-
Neugeborenes Mädchen mit Klitorishypertrophie Grad 4 nach Prader
Salzverlustsyndrom in NG-Periode
operative Korrektur im Alter von 2 Jahren:
∙ Klitorisreduktionsplastik
∙ Vaginalplastik
∙ Labialplastik
Transplazentare Virilisierung
Genetisch weiblicher Patient mit Pseudohermaphroditismus femininus aufgrund
transplazentarer Virilisierung
Ursachen:
exogene mütterliche Androgene - Behandlung von Schwangeren mit
Testosteronderivaten
endogene mütterliche Androgene - z.B. virilisierende Tumore der
Nebenniere oder Ovarien
Steroidtherapie vor 12 SSW
Labioskrotale Fusion
Nach 12 SSW Hypertrophie der Klitoris
Steroidtherapie nach der 12. SSW: keine labioskrotale Fusion mehr, aber
Klitorishypertrophie
echter Hermaphroditismus
-
definiert durch das gleichzeitige Vorhandensein ovariellen und testikulären Gewebes
meist beide Gewebsarten einseitig in einer Gonade (Ovotestis)
Ursachen sind meist Geschlechtschromosomenmosaike und Translokationen des Y-Chromosoms bzw. Yspezifischen Materials
Differenzierungsstörungen
Echter Hermaphroditismus
Pseudohermaphroditismus
masculinus
Pseudohermaphroditismus
femininus
Gonaden
Ovotestes, Testes
und/oder Ovar
Testes
Ovarien
Karyotyp
46 XX, 46 XY
46 XY
46 XX
Phänotyp
weiblich
männlich
vorwiegend
weiblich,
virilisiert
vorwiegend
männlich,
virilisiert
oder
Genitale
Intersex
Intersex, weiblich
wenig
Intersex, männlich
stark
Differentialdiagnosen
Zuerst chromosomales Geschlecht bestimmen
AGS: 17-OH-Progesteron erhöht
Diagnostik
-
-
Familienanamnese:
∙ Indexfälle
∙ Medikamente
∙ Virilisierung der Mutter in der SS
Körperliche Untersuchung:
∙ Gonaden tastbar
∙ Virilisierungsgrad
∙ assoziierte Symptome
Verena Kaiser
Seite 26
Geschlechtsdifferenzierung
-
Pädiatrie
Untersuchung inneres Genitale:
∙ Uterus, Tuben, Vagina
∙ Sonographie
∙ Vaginoscopie/Genitographie
Basisdiagnostik
-
Laboruntersuchungen:
∙ Chromosomenanalyse
∙ 17-alph-OH-Progesteron
∙ Cortisol, Elektrolyte
∙ Testosteron, Estradiol
∙ Gonadotropine
spezielle Diagnostik
-
-
Stimulationstests:
∙ hCG (Human Chorion Gonadotropin) Test zur Prüfung der Testosteronsynthese → fehlender
Testosteronanstieg bei Anorchie, dysgenetischem Hodengewebe oder Testosteronsynthesedefekt
∙ Androgenresistenztest
∙ ACTH Test
Genetische Analysen
∙ Molekulargenetische Untersuchungen (Androgenrezeptordefekte, DAX 1 Mutationen)
Therapie - Intersexualität
Geschlechtszuordnung abhängig von:
Zugrundeliegender Diagnose
konkreten anatomische Verhältnissen des´Genitalbefundes
von operativen Korrekturmöglichkeiten
von kulturellen und sozialen Gegebenheiten der betroffenen Familie
Schwierig! - keine rasche Zuordnung treffen!
Therapie
1.
2.
3.
Chirurgisch:
∙ Möglichst frühzeitige Korrektur des äußeren Genitales (z. B. Vulvaplastik)
∙ Das innere Genitale sollte erst viel später korrigiert werden (Pubertät).
∙ Vorgehen sehr individuell!
∙ Bei Kindern, die als Mädchen aufwachsen, frühzeitige Entfernung testikulären Gewebes.
∙ Bei Knaben Entfernung des ovariellen Gewebes.
Hormontherapie ab Pubertät. Sehr individuell.
Psychologische Betreuung und Führung.
Seite 27
Verena Kaiser
Pädiatrie
Knochenstoffwechsel
15.11.11 – Steichen
Knochenstoffwechsel
Physiologie
-
Das Skelett enthält ca 99% des Gesamtkörperbestandes an Calcium
85% des Phosphors in der anorganischen Form
Kalziumstoffwechsel
Wichtiger Bestandteil: Vitamin D → vorwiegend durch
Sonneneinstrahlung gebildet (auch mit der Nahrung
zugeführt)
25-OH-VitD ist inaktiv → muss erst in der Niere in die
aktive Form gebracht werden
Auch der Darm hat eine wichtige Funktion: Ca und PO 4
mit der Nahrung aufgenommen → reguliert durch
Parathormon
Weitere wichtige Faktoren sind PHEX und FGF3
Sobald das Ca im Plasma absinkt reguliert das
Parathormon hoch → PTH = wichtiger Regulator
im Stoffwechsel
Ist in der Lage aus dem Knochen Ca freizusetzen,
außerdem kommt es in der Niere zu einer
verstärkten Ca-Rückresorption
In der Niere wird durch PTH auch die Vitamin-DBildung vermehrt
Osteoblasten bildet Protein des PHEX-Gens →
reguliert über ein Schlüsselenzym (FGF-23) die
Rückresorption in der Nierentubuluszelle
Abb.23.4: Das Protein des PHEX-Gens zusammen mit Dentin-MartrixProtein-(DMP-)1 reguliert die Bereitstellung von FGF-23, das in der Niere
an den FGF-Rezeptor-1 bindet und so die Phosphatrückresorption und
gleichzeitig auch die Synthese von 1,25-(OH)2-Vitamin D3 inhibiert
Verena Kaiser
Seite 28
Knochenstoffwechsel
Pädiatrie
Rachitis
Definition
-
gestörtes Ca-Phosphatprodukt mit Beteiligung der Wachstumsfuge
(Ca x P = Mineralisation) → Kalzium und Phosphat müssen immer im Verhältnis zueinander betrachtet werden →
Kalzium-Phosphat-Produkt beurteilen
Tritt nur während des Wachstums auf, später kann sich eine Osteomalazie (mangelnde Mineralisation von
Spongiosa und Kompakta) entwickeln
Typisches Bild der Rachitis erst wenn das Kind laufen lernt: belastungsabhängige Verbiegung der Beine
Einteilung
A. Kalzipenische Rachitis
B. Phosphopenische Rachitis
-
hereditär, erworben
Ätiologie
-
Ca niedrig (verminderte Zufuhr, Resorption oder vermindertes VitD)
Mangelnde Bildung von 1,25-(OH)2-Vitamin D3
Mangelnde Wirkung (Resistenz)
-
Phosphat niedrig
gestörte tubuläre Rückresorption
klassische kalzipenische Rachitis
Ätiologie
-
Vit D Mangel
Umwandlung 25 Vit D3 in 1,25 Vit D3
Vit. D. Resistenz
Ca-Mangel
Stufen der Entwicklung
-
kompensierte Hypokalzämie, Parathormonsekretion↑ (Stadium I)
Hypophosphatämie (Statium II)
manifeste Hypokalzämie, Hypophosphatämie
alkalische Phosphatase- Ostoblastaktitvität
=> hohe alkalische Phosphatase als Hinweis auf eine Rachitis
Vit D-Mangelrachitis
Ursachen
-
verminderte Sonneneinwirkung
alimentärer Vitamin D Mangel, verminderte intestinale Resorption,
dunkelhäutige Migranten
Seite 29
Verena Kaiser
Pädiatrie
Knochenstoffwechsel
Klinik
-
-
Hypokalzämiesymptome: Tetanie, Anfälle
Skelettveränderungen
∙ Kraniotabes, weite Suturen, Verdickung von Hand und Fußgelenken, Harrison-Furche, rachitischer
Rosenkranz, Sitzkyphose, Genua vara, pathologische Frakturen, Knochenschmerzen
∙ Kraniotabes = Veränderung beim Säugling: muss bei jeder MKP-Untersuchung getestet werden → bei
rachitischem Kind kann die Hinterhauptsschuppe eingedrückt werden (Weichheit der
Hinterhauptsschuppe)
Myopathie- Bewegungsarmut, Schwäche, Watschelgang (weil auch in der Muskulatur Ca fehlt)
Verzögerung von Wachstum und Entwicklung
Späte Dentition
Metaphysen, Haare:
Motorische Entwicklung sonst normal
Schmerzen, Verbiegung der Unterschenkel
Samara, 2a, kann noch nicht frei gehen
Rachitischer Rosenkranz
Weichheit des Thorax
Fäuste und Knöchel
Schwellung im Bereich des Handgelenkes, aber keine Weichteilschwellung
Auch an den Sprunggelenken finden sich solche Auftreibungen
Samara (2y)
Osama (4mo)
Femur vermehrt gekrümmt
Kortikalis verdünnt, Aufbau des Knochens vermehrt durchscheinend
O-Beinstellung noch stärker sichtbar
Epiphyse sehr verwaschen
Metaphyse aufgetrieben und irregulär ausgefranst
Wachstumsfuge deutlich verbreitert
Verena Kaiser
Seite 30
Knochenstoffwechsel
-
Pädiatrie
becherförmig aufgetriebene Methaphysen
unscharfe Begrenzung
erhöhte Strahlentransparenz
Looser Pseudofrakturen
-
Hinweis für eine Osteomalazie
V.a. am Becken und Femur sichtbar
Diagnostik der Vit-D-Mangelrachitis
-
Anamnese (Prophylaxe verabreicht, Ernährung)
Niedriger Serum 25-OH-D Spiegel (<10ng/ml – normal: 20-50)
Röntgen
Prophylaxe
-
Vitamin D Prophylaxe
gesteigerter Bedarf im Säuglingsalter
Oleovit D3 1 gtt tgl = 400E
ausgewogene Ernährung (mit Kuhmilch)
gestörte intestinale Resorption
-
Kurzdarmsyndrom, chronisch entzündliche Darmerkrankungen, CF
prophylaktische Supplementation
Therapie
-
-
Vit D3 5000IE/Tag + Ca (500-1500 mg)
∙ Cave Hypocalzämie (mit Tetanie) bei alleiniger Gabe von VitD
∙ Dauer : 3 Wochen ev. länger
∙ Kontrollen
∙ Dauersubstitution bei chronischen Darmerkrankungen 500-1000IE
alternative Therapie: Kalzitriol (kürzere HWZ- bessere Steuerung)
Renale Osteopathie
-
Ursachen: chronische Niereninsuffizienz
verminderte renale Phosphatausscheidung, verminderte renale 1,25 Vit D3 Sekretion
Hypokalzämie, Hyperphosphatämie
sek Hyperparathyroidismus, alk Phos. erhöht
Therapie: Kalzitriol 15-25ng/kg,
Peritonealdialyse
Retardiertes Knochenalter, Osteopenie, Metaphysen irregulär
Vitamin D abhängige Rachitis Typ I – VDAR I
-
autosomal rezessiv
Synthesestörung von 1,25 (OH)2D
familiär
fehlendes therapeutisches Ansprechen auf Vit D3 (Vitamin D Resistenz)
Defizienz der renalen 25-OH-D1α-Hydroxylase (Chr. 12)
Therapie: Kalzitriol 10-25ug/kg/KG + Ca
Vitamin-D-abhängige Rachitis Typ II – VDAR II
-
autosomal rezessiv
Vitamin D - Rezeptor-Mutation
Seite 31
Verena Kaiser
Pädiatrie
-
Knochenstoffwechsel
Vitamin D Resistenz
50% Alopezie
Labor: 1,25 (OH)2D3 stark erhöht
Phosphopenische Rachitis
-
-
erworben
∙ Frühgeborene- Bedarf
∙ Hypophosphatämie, alk P erhöht, renale Phospatrückresoprtion 100%
∙ TH: Phospatsupplementierung
∙ sekundäres Fanconi Syndrom: Diabetes, Onkologische Therapie
∙ Th: Phosphatsubstitution, Kalzitriol
hereditär
hereditäre hypophosphatämische Rachitis („Phosphatdiabetes“)
-
„Vit D resistente Rachitis“ obsolet
X- chromsosomal dominante Rachitis
Ratio w/m 2/1
1:20000
PHEX-Gen - verminderter Abbau von FGF23, Hemmung der Ph Rückresorption, verminderte 1,25-(OH)2Vit D3
Synthese
FGF-23- Schlüsselrolle – phosphaturischer Faktor
Stellen sie die Diagnose
Mädchen, Alter 27 Mo, Länge 81cm (P3 bis P10), Gewicht 9500g (knapp unterhalb P3)
Beim Gehen ausgeprägte Abduktions-, Außenrotations-, Extensionshaltung beider Hüften mit entsprechend
breitbasigem Watschelgang mit diskreter Genua valga Haltung.
Orthopädische Kontrolle: Hüftdysplasie
Befunde
Calcium 2.44 mmol/l (2.3 – 2.7), ↓Phosphat 0.63 mmol/l (1.1 – 1.95), ↑alkalische Phosphatase 731 U/l (200 –
600).
Hormone: Parathormon 37.3 pg/ml (10 – 55), 25-OH-Vitamin D3 55.7 ng/ml (20 – 120), 1,25↓OH-Vitamin D3 18.1 pg/ml (20.2 – 46.2),
Calcium/Kreatinin-Ratio 0.466 (0.06 – 1.4), ↓tubuläre Phosphatresorption 75.6 % (85 – 97), tubuläres
Phosphattransportmaximum/GFR 0.48 mmol/l (1.15 – 2.44).
Röntgenbefunde
Röntgen rechter Ober- und Unterschenkel und gesamte
Wirbelsäule ap. und seitlich: Es besteht eine Varuskrümmung
des Ober- und Unterschenkels. Sämtliche Epiphysenfugen sind
verbreitert und die Metaphysen sind unscharf berandet bzw.
ausgefranst. Die unteren Brust und die Lendenwirbelkörper
zeigen eine verstärkte ventrale Concavität. Das linke
Sacroileakalgelenk ist etwas unscharf berandet.
Phosphatdiabetes
Auch typisch vorgewölbte
prominente und breite Stirn
Verena Kaiser
Seite 32
Knochenstoffwechsel
Pädiatrie
Diagnose?
Phosphatdiabetes =
hereditäre hypophosphatämische Rachitis
Familienanamnese:
Vater Phosphatdiabetes
Mutation FGF23 Gen Exon 3; Chrom. 12; c536 G>A; R179Q
autosomal dominant
Genetik des Phosphatdiabetes
-
X-chromosomal dominant: PHEX (phosphate regulating gene)
∙ 1:20.000
FGF23, autosomal dominant
∙ Erkrankungsbeginn variabel (Kindheit, Erwachsenenalter, kann „ausheilen“)
Therapie des Phosphatdiabetes
-
Rocaltrol-Tropfen (1 μg/ml) 2 x 2 Tropfen (entsprechend 21 ng/kg/Tag)
Joulie-Lösung (30.4 mg/ml Phosphat) 5 x 4 ml (entsprechend 64 mg/kg/Tag).
Seite 33
Verena Kaiser
Pädiatrie
Asthma
16.11.11 – Horak
Asthma bronchiale beim Kind
Definition
Asthma is a chronic inflammatory disorder of the airways in which many cells and cellular elements play a role
Chronic inflammation causes an associated increase in airway hyperresponsiveness that leads to recurrent episodes of
wheezing, breathlessness, chest tightness and coughing, particularly at night or in the early morning
These episodes are usually associated with widespread but variable airflow obstruction that is often reversible either
spontaneously or with treatment
Asthma in Zahlen
-
ca. 300 mio Asthmatiker weltweit
ca. 30 mio Asthmatiker in Europa
∙ 680 Millionen Einwohner: ca. jeder 20. ist betroffen
ca. jedes 10 Kind in Österreich leidet dauernd oder vorübergehend an Asthma
„Asthma“ ≠ Asthma
-
„transient early wheezer“
∙ angeboren kleine Atemwege, ETS
non atopic wheezer
∙ Z.n. RSV Bronchiolitis
atopic (persistent wheezer)
Asthma (persistant wheezing) im Kindesalter ist in der Mehrzahl der Fälle eine Erkrankung des atopischen Formenkreises
-
atopic dermatitis 15-20 %
allergic rhinitis and conjunctivitis 15-20 %
asthma 7-10 %
„The Allergic March“
Asthma-Todesfälle
-
weltweit ist einer von 250 Todesfällen durch Asthma verursacht
die meisten Todesfälle ereignen sich außerhalb des Krankenhauses
die meisten Todesfälle wären vermeidbar, vor allem bei jungen Patienten
Todesfälle pro 100.000 Asthmatiker:
∙ China 36.7
∙ Russland 28.6
∙ Dänemark 9.3
∙ Australien 3.8
∙ England 3.2
∙ Österreich 2.6
∙ Finnland 1.6
Verena Kaiser
Seite 34
Asthma
Pädiatrie
Ätiologie
Mischung aus genetischer Disposition,
Umwelt und dem Immunsystem des
Säuglings, bzw. dessen Entwicklung
Kritisches Fenster innerhalb der ersten 12
Lebensmonate: hier entscheidet sich, ob das
Immunsystem in Richtung Atopie schwenkt
oder nicht.
Symptome
-
Atemnot
Husten
Wheezing – exspiratorisches Pfeifen
Überblähung der Lunge
Asthma Pathophysiologie
-
Bronchospasmus
Schleimhautentzündung und Schleimhautschwellung
Vermehrte Schleimproduktion
Asthma-Trigger
-
Allergene (Hausstaubmilbe, Pollen, Katze...)
Infekte
körperliche Anstrengung
Kälte
Luftverschmutzung
psychischer Stress
schlechte Compliance
Asthma - Diagnose
1.
2.
3.
4.
5.
ausführliche Anamnese
Status
Lungenfunktionsmessung
Allergietest
(Thoraxröntgen)
Seite 35
Verena Kaiser
Pädiatrie
Asthma
1. Anamnese
-
-
Leitsymptom ist oft Husten
∙ nächtlich, frühmorgens, bei Sport, Lachen, Temperaturwechsel
Wheezing / erschwerte Atmung / Atemnot
∙ nächtlich
∙ bei Sport
∙ bei Infekten
Familienanamnese bezüglich atopischer Erkrankungen
leidet das Kind selbst zusätzlich an Heuschnupfen / chronischem Schnupfen ohne erkältet zu sein oder
Neurodermitis ?
2. kinderpneumologischer Status
-
-
Inspektion
∙ Thoraxkonfiguration: Fassthorax, Glockenthorax

Glockenthorax durch vermehrte
Atemarbeit des Zwerchfells

Fassthorax durch Überblähung der
Lunge
∙ Atemfrequenz
∙ Einziehungen (Einsatz der Atemhilfsmuskulatur)
Auskultation
∙ Rasselgeräusche
Pfeifen (wheezing), Giemen, Brummen
∙ verlängertes Exspirium
3. Lungenfunktion: Peakflow- Messung
-
3-5 Versuche
der beste Wert gilt
die gemessenen Werte sollten max.10% auseinanderliegen
misst nur den Spitzenfluss → wird daher erst bei sehr
hohen Werten pathologisch (erst wenn die Peripherie
schon stark verengt)
Asthmaschweregrad
PEF < 60% severe
PEF 60-80% moderate
PEF>80% normal / mild
Peakflow-Protokoll
-
Morgendliche und abendliche Werte
Danach kann man die Therapie richten
Früher bei jedem Kind durchgeführt, heute nicht mehr regelmäßig
Lungenfunktion: Spirometrie
-
kombinierter Bronchospasmolysetest durchführbar
4. Allergietest
-
Prick (Hauttest)
RAST (Nachweis spezifischer IgE im Serum) = RadioAllergoSorbantTest
Asthmatherapie beim Kind
Asthma Dauertherapie
Verena Kaiser
vs.
Therapie des akuten Asthmaanfalles
Seite 36
Asthma
Pädiatrie
Dauertherapie
Asthma Therapiesäulen
→ Nicht immer möglich: z.B. Pollen
Hilfsmittel zur Einschätzung des Asthmaschweregrades
Symptomentagebuch nur im Rahmen von klinischen
Studien (Compliance sehr schlecht)
Peak-Flow-Protokoll auch nur mehr selten (hoher
Aufwand)
Schweregrade des Asthma bronchiale vor Therapiebeginn
Schweregrad
Seltenes episodisches Asthma
Häufiges episodisches Asthma
Persistierendes Asthma
Symptome
Episoden seltener als alle 6
Wochen
Episoden häufiger als alle 6
Wochen
Dauernde Beschwerden
Lungenfunktion
Lungenfunktion normal
Lungenfunktion normal oder
obstruktiv
Lungenfunktion obstruktiv
Asthmatherapie = medikamentöser Stufenplan
Asthmatherapie Medikation
-
besteht im Wesentlichen aus 2 Therapieschienen:
∙ Bronchospasmolytika (= Bedarfsmedikation bei Atemnot und als Dauermedikation bei schwerem
Asthma)
∙ antientzündlich wirksame Medikamente (Dauermedikation zur Stabilisierung des Asthma =
Basismedikation)
Bronchospasmolytika
-
ß-2 Mimetika kurzwirksam (Sultanol, Bricanyl u.a.)
ß-2 Mimetika langwirksam (Foradil, Serevent, Oxis u.a.)
Parasympatholytika (Atrovent)
Antiinflammatorische Therapie
-
Leukotrienrezeptorantagonisten (z.B. Singulair)
Inhalative Steroide (z.B. Flixotide, Pulmicort)
DNCG (z.B. Intal) und Nedocromil (Tilade)
-
orale Steroide
andere: Anti-IgE, Theophyllin
früher Chromone?? Viel verwendet → von Leukotrienen verdrängt
Seite 37
Verena Kaiser
Pädiatrie
Asthma
Welche Inhalationshilfe für welches Alter ?
Pulverinhalator nur, wenn ausreichender inspiratorischer Flow erreicht (da Kind das Pulver aktiv inhalieren muss)
Vernebler sind nur im stationären Bereich zu verwenden
Patientenschulung
-
Erklären und Vorführen der richtigen Inhalationstechnik
Überprüfen der Inhalationstechnik
Pflege der Inhaltionsgeräte
Asthmaschulung
Asthmatherapie funktioniert nicht von alleine
-
Eltern, Schule, Freunde
Arzt
Patient
Therapie
Verena Kaiser
Seite 38
Asthma
Pädiatrie
Therapie des akuten Asthmaanfalles
Asthmaanfall beim Kind
-
Diagnose - ist es wirklich Asthma?
∙ Oft auch Hyperventilationsanfall, seltener auch kardiologische Ursache
Einschätzung Schweregrad
rasche und effektive Therapie
Asthmaschweregrad –Symptomatik
Der schwere Asthmaanfall beim Kind
Erstversorgung
-
Inhalation mit Beta-2-Mimetikum
Steroid (i.v., oral)
Sauerstoff bei Sättigung <93%
rascher Transport ins Krankenhaus
Global Initiative on Asthma (GINA) - Guidelines for (paediatric) asthma
www.ginasthma.com
Seite 39
Verena Kaiser
Pädiatrie
Kindesmisshandlung
17.11.11 – Crazzolara
Kindesmisshandlung
Definition
Was ist Kindesmisshandlung ?
-
gewaltsame, psychische oder physische Schädigung eines Kindes < 18 Jahre
Epidemiologie
-
DHHS and Neglet Data System
∙ http://www.acf.hhs.gov
∙ 3,000,000 Fälle/Jahr gemeldet
∙ 1,000,000 Fälle/Jahr verifiziert
∙ 25% physische Gewaltakte
∙ 1,000 Todesfälle/Jahr
Fallbeispiele #1-4
Fallbeispiel #1
-
3 Monate alter , rez. Erbrechen
lt. Freund von der Mutter am Vorabend 6-7x erbrochen, dazwischen viel geschlafen
im peripheren KH V.a. Gastroenteritis, Rehydrierung
red AZ, lethargisch, HF 60-80/min, Fontanelle vorgewölbt und gespannt
Geständnis
nachdem der Freund der Mutter mit den Unstimmigkeiten konfrontiert wird, gibt er zu, dass er das Kind
geschlagen hat
ein alter Fall wird von der Polizei neu aufgerollt, bei dem ein weiteres Kind im selben Haushalt gestorben ist
Fallbeispiel #2
-
-
7 Monate alte , mit generalisiertem Krampfanfall zu Hause
lt. Vater hatte das Kind am Nachmittag mit ihrer älteren Schwester gespielt; um 17:30 200 ml Tee getrunken und
dann schlafen gelegt. Nach ca. ½ Stunde hörte er ein Stöhnen aus dem Zimmer und fand das Kind generalisiert
krampfend vor; Dauer ca. 4 Minuten
vom Notarzt wurde das Ereignis als Fieberkrampf (kein Fieber!) eingestuft, Anlage eines peripheren VF und Gabe
von Diazepam rektal
im peripheren KH neuerliches Krampfgeschehen, Gabe von Phenobarbital
Labor: pH 7.17, BE -8, Bikarbonat 14, Hb 8.5, T 250
Anamnese und Verlauf
die Ereignisse fanden immer in der Anwesenheit des Vater des Kindes statt
generalisierte epileptische Aktivität im EEG normalisierte sich nach wenigen Tagen
MRT-Kontrolle: linkshemisphärisch kortikale Schwellung + zytotoxisches Ödem entlang der langen Faserbahnen
Risikofaktoren
-
Individuelle, familiäre und soziale Faktoren
Drogenmissbrauch
Gewalt in der Familie
Mütterliche Depression
Misshandlung in der Kindheit
Verena Kaiser
Seite 40
Kindesmisshandlung
Pädiatrie
Pitfalls in der Anamnese
-
keine Erinnerung/Angaben über Hergang
wechselnde Meinung
Hergang unwahrscheinlich
Mechanismen unlogisch
zahlreiche Verletzungen in der Vergangenheit
Verzögerung in der Versorgung der Verletzungen
Trauma in der Anamnese
-
Hettler J et al. „Can the initial history predict whether a child with a head injury has been abused? Pediatrics
2003;111:602-607.
163 Kinder zw. 0-3 Jahren mit traumatischen Hirnverletzungen
30% Misshandlung
kein Trauma in der Anamnese (Spez. 0.97, PPV 0.92)
persistierende neurologische Defizite (Spez. 1.0, PPV 1.0)
Verletzungen wegen CPR (12% der Kinder)
die initiale Angabe einer traumatischen Genese (9% Revision)
Diagnostik
-
-
Jenny C et al. „Analysis of missed cases of abusive head trauma“. JAMA 1999;128:621-626.
∙ 173 Kinder mit akuten Kopfverletzungen
∙ 37% wurden in der initialen Bildgebung nicht erkannt
∙ Von diesen wurden 28% später wieder verletzt
∙ Insgesamt starben von diesen 10% aufgrund einer neuerlichen Kopfverletzung
Rubin DM et al. „Occult head injury in high-risk abused children“. Pediatrics 2003;1382-6.
∙ 65 Kinder mit hohem Risiko für Misshandlung:

Alter
<
6
Monate,
posteriore Rippenfrakturen,
multiple
Gesichtsverletzungen

+ unauffälliger neurologischer Status
∙ 37% hatten Auffälligkeiten im CT/MRT (z.B. SAB, ICH)
∙ 10% wären allein mit Skelettstatus nicht erkannt worden
∙ Fundoskopie unauffällig in allen Patienten
Rippenfrakturen,
Fallbeispiel #3
-
-
2 Monate alter ♂, Apnoe
lt. Vater um 16:30 Flasche gegeben und sich dann um den älteren Bruder gekümmert; plötzlich lautes Schreien,
Atempause aufgefallen; aus dem Bett genommen, über seine Schulter gelegt, 2x kräftig zwischen den
Schulterblättern geklopft, Schnappatmung
vom NA ins periphere KH
red. AZ, blass, Kussmaulatmung
Labor: pH 7.18, BE -13, BZ 500
-
SIDS vs Asphyxie
-
schwere Diagnose selbst in der Autopsie
95% der Todesfälle im Säuglingsalter werden als SIDS eingestuft, wenn sonst klinisch unauffällig
Verdachtszeichen:
∙ Apnoe, Krampfanfälle, ALTE in der Anamnese
∙ unauffällig bis zum Ereignis
∙ > 6 Monate
Seite 41
Verena Kaiser
Pädiatrie
Kindesmisshandlung
∙
∙
positive Anamnese für Todesfälle im Säuglingsalter
häufig Hämorrhagien in Mund/Nase
Asphyxie
Zeichen des Pulmonalödems in der Autopsie
Hypodense Läsionen intrazerebral, subdurale Hygrome
Psychosozial:
∙ unrealistische Erwartungen/Benehmen gegenüber eigenem Kind
∙ Münchhausen-by-Proxy Syndrom
ALTE vs Asphyxie und traumatische Kopfverletzungen
-
Committee on child abuse and neglet. Investigation and review of unexpected infant and child deaths. Pediatrics
1999;104:1158
Committee on child abuse and neglet. Distinguishing sudden infant death syndrome from child abuse fatatlities.
Pediatrics 1994;94:124
Altman et al. Abusive head injury as a cause of apparent life-threatening events in infancy. Arch Ped Adolesc Med
2003;157:1011-1015.
Fallbeispiel #4
-
14 Monate alter , mit V.a. Kindesmisshandlung vom peripheren KH
multiple Hämatome im Gesäßbereich gluteal links, Oberarm rechts
ursprünglich im peripheren KH wegen Gastroenteritis und Ausschlag im Windelbereich vorgestellt
Mutter lebt mit Lebensgefährten
Differentialdiagnose Prellung/Blutung
-
Neuroblastom > periorbitale Ecchymose
Ehler Danlos Syndrom
Hämophilie
Vakuum Massage („Cupping“)
Cao Gao („Coining“)
prätibiale Hämatome
Mongolen Fleck
Fallbeispiel #4
-
Wiederaufnahme 3 Monate später
lt. Mutter über ein Bettrandgitter aus 1 m Höhe auf einen mit Legosteinen belegten Boden; sofort Schreien;
Schwellung im Bereich des linken Unterarmes
da nicht Besserung durch „Traumasalbe“ Vorstellung beim Kinderarzt 5 Tage später
Röntgen des linken Unterarmes: Fraktur der Elle und Speiche
Frakturen bei Misshandlung
-
45-60% der Frakturen bei Kindern unter 1 Jahr sind i.R. einer Misshandlung
Bestimmte Frakturen haben hohe Spezifität
∙ Metaphysär
∙ Posteriore Rippen
∙ Processus spinosus
∙ Meniskus
Bildgebung
-
AAP Section on Radiology. Diagnostic Imaging of Child Abuse. Pediatrics 2000; 105:1345-1346
Skelettstatus bei
Verena Kaiser
Seite 42
Kindesmisshandlung
∙
∙
Pädiatrie
allen Kindern < 2 Jahre mit V.a. Frakturen
nicht bei Kindern > 5 Jahre
Anamnese und körperliche Untersuchung
-
kein Ersatz für Anamnese und körperliche Untersuchung
dieselben Alarmzeichen wie bei Kopfverletzungen
Vergiss nicht das Frenulum!
Abdominelle Verletzungen
-
wiederholtes Erbrechen und Schmerzen abdominal
unklare Anämie
Duodenales Hämatom; Perforationen ileal, jejunal
Leber- und Milz-Hämatome
Zusammenfassung
-
stell dir selbst die Frage
genaue Anamnese
körperliche Untersuchung
eventuell CT/Skelettstatus
Seite 43
Verena Kaiser
Pädiatrie
Klein- und Hochwuchs
18.11.11 - Steichen
Klein- und Hochwuchs
Wachstumshormon steuert die Sekretion von IGF1 => IGF1
führt am Knochen an der Epiphyse zum wachstum und
beeinflusst auch das Wachstum von Muskeln
→ Zentrale Rolle von IGF-1
Auxologie
-
Stadiometer – z.b. Harpenden Technik
Perzentilenkurve (Alter/Mädchen/Knaben)
Problem der Perzentilenkurven: in den letzten Jahren starke Akzelerationen bei den Kindern → Kinder werden v.a. immer
schwerer (der „Normwert“ hat sich verändert, aber die 95er-Perzentile kann nicht einfach so nach oben geschoben werden,
dass diese höheren Werte dann normal sind)
-
jährliche Wachstumsgeschwindigkeit
(normal P25-75)
Genetische Zielgröße
∙ Formel: V+M/2+/- 6,5cm +/- 2SD (8cm)
Knochenalter
-
Standard nach Greulich und Pyle
Immer Röntgen beider Hände
Bilder
können
verglichen werden
mit
Atlanten
Braucht viel Erfahrung
KA 7 10/12
KA 11 Jahre
Kleinwuchs
Definition
-
Länge < P3 (-1,88 SDS)
Verminderte Wachstumsgeschwindigkeit (<P25)
Abfall von P3 → GH- Mangel → Aufholwachstum nach GH-Therapie (Pfeil)
Verena Kaiser
Seite 44
Klein- und Hochwuchs
Pädiatrie
Kleinwuchsformen
1.
2.
3.
4.
Familiärer konstitutioneller Kleinwuchs
∙ Genetischer Zielbereich: orientierend
∙ V+M/2 +6,5cm (Knaben)-6,5cm(Mädchen) +/-8cm (2SD)
Idiopathischer Kleinwuchs (ISS)
∙ Wachstum außerhalb des genetischen Zielbereiches
∙ Unbekannte Ursache, Normvariante
∙ Ausschlussdiagnose
Konstitutionelle Verzögerung von Wachstum und Pubertät (KEV)
∙ langsameres Wachstum in Kombination mit verspäteten Eintritt der Pubertät (nach 14.Lj)
∙ generelle Verzögerung der sexuellen Entwicklung
∙ Pubertätsentwicklung P3 mit 14,5 Jahren
∙ Diese Patienten kann man in der Pubertätsentwicklung mit Hormonen fördern, in der Regel wartet man
aber ab und beobachtet die Entwicklung
Syndromatischer Kleinwuchs
∙ (Ulrich)-Turner-Syndrom
(Ulrich)-Turner Syndrom
-
1: 2000
45,X0 und Varianten, Mosaike (sehr milde Formen nur mit Kleinwuchs möglich)
Kleinwuchs
Ovarielle Insuffizienz
Dysmorphiezeichen
∙ Pterygium, weiter Mamillenabstand, cubitus valgus, inverser Haaransatz, verkürztes Os metacarpale IV,
Aortenisthmusstenose
∙ Catch-down
Metacarpalzeichen (kann Hinweis auf Turner sein):
Poitiv: verkürztes Metacarpale IV
negativ
Prognose - Therapie
-
Endgröße ohne Therapie
145cm – 3SD
Therapie: GH + Östrogene ab „Pubertät“
SHOX- Haploinsuffizienz
Noonan Syndrom → Cardio-facio-cutanes Syndrom
-
Kleinwuchs, Ptose, Trichterbrust, Pulmonalstenose
SGA Kleinwuchs
-
intrauterine Wachstumsrestriktion (IUD)
heterogene Ursachen, Sammeldiagnose
Länge und GG < 2SD (P3)
catch up bis 3. Lj, 15% bleiben klein
GH-Therapie: L <2,5 SD, 1SD < MPH (mittlere Elterngröße), kein catch-up
Therapieerfolg individuell (oft nur wenige cm), hohe GH-Dosen
Seite 45
Verena Kaiser
Pädiatrie
Klein- und Hochwuchs
→ SGA-Kleinwuchs
GH Therapie ab 6. Lj
38 SSW, GG 2035g, L 42cm <-2,5
SD
GH- Mangel
1: 4000- 30.000
Meist idiopathisch
genetische Formen:
-
Transkriptionsfaktoren: Hypophyse/Hyothalamus:HESX1, SOX3, LHX3, LHX4, PROP1, PIT1
GH- Gen
GHRH- Rezeptor Gen
Bioinaktives GH (Kowarski)
Morphologische Fehlbildungen: Hypophyse, septooptische Dysplasie, Bestrahlung, Trauma
Testung
-
Arginintest
Insulintest: Hypoglycämie, cave K+
Pathologisch
∙ GH-Peak < 8μg/l
Indikation für Sozialversicherung: 2 unabhängige positive Tests.
Kosten!
Simon: GH-Mangel, Diabetes Typ1
Fallbeispiel- familiärer dysproportionierter Kleinwuchs
Klinische Daten
-
Hyperemesis gravidarum, sonst unauff. SS
Sectio 1 Wo vor Geburtstermin wegen path. CTG und grünem Fruchtwasser
39 SSW NSA-pH 7,36; Gewicht 2420 g (<P10, -2,24 SDS); Länge 46 cm (P10), Agpar-Score: 9/10/10
SGA
8 3/12 Jahre
L 120,8cm (P5, SDS-1,7) Gew 19,5kg (P3), Wachstumsgeschwindigkeit 5,2 cm
Sitzhöhe: 68,1 cm Beinlänge: 52,8 cm SH/BL: 129
FA: Vater 185 cm, Mutter 150,5cm, Genetischer Zielbereich 161,3 cm
Verena Kaiser
Seite 46
Klein- und Hochwuchs
Pädiatrie
Laborbefunde
-
-
Befunde:
∙ IGF-1 74 ug/l, (74 – 388), IGF-BP3.5 mg/l (1.8 – 7.1). nl
∙ Schilddrüse im Normbereich
Genetik: 46, XX - heterozygote Deletion der gesamten PAR-Region (SHOX)
→ LERI-WEILL DYSCHONDROSTEOSE
Madelung Deformität (Radiusveränderung
6 5/12 Jahre
Klinodaktylie des 5. Fingers.
Grenzwertig positives Metacarpalzeichen.
Irreguläre Berandung, sowie Verbreiterung der distalen Radiusmetaphyse, ebenfalls die
Radiusepiphyse unregelmäßig berandet.
Das Knochenalter beträgt ca. 6 10/12 Jahre.
Pseudoachondroplasie – dysproportioniert
The 3-M syndrome: a heritable low birthweight dwarfism. 3-M Syndrome
-
Autosomal recessiv
CUL7- Mutation („Culin-Familie“)
Skelett: LWS: Hohe Wirkelkörper
Hochwuchs
-
Definition:
Länge >97.P (>1,88 SDS)
Ursachen
-
Familiärer oder idiopathischer Hochwuchs
Hochwuchs durch konstitutionelle Akzeleration
Syndromal: z.B. Klinefelter
Dysproportionierter Hochwuchs: z.B. Marfan Syndrom
Hochwuchsyndrome : z.B. BWS
Obligat: Bestimmung des Knochenalters !!!!!!!
Seite 47
Verena Kaiser
Pädiatrie
Klein- und Hochwuchs
konstitutionelle Akzeleration
Marfan Syndrom - dysproportionierter Hochwuchs
-
Arachnodactylie, Linsenschlottern, Aortendilatation
Murdoch-Zeichen, Steinberg-Zeichen
Overgrowth Syndrome
-
z.B. Beckwith-Wiedmann Syndrom
∙ Makrosomie, Großwuchs von Geburt an
∙ Omphalocele
∙ Makrosomie, Organomegalie, Makroglossie
Hochwuchs-Therapie
„Bremstherapie“
-
Hochdosierte Sexualsteroide (Depotestosteron, Ethinylöstradiol-Gestagen)
Induktion der Pubertät
Körperhöhenreduktion von 5-7,5cm
Indikation: Knabe ELP >200cm
Mädchen ELP> 185cm
Nebenwirkungen (Akne, Thrombophilie, Gewicht), Aufklärung!
Verena Kaiser
Seite 48
EKG
Pädiatrie
21.11.11 – Stein
EKG im Kindes- und Jugendalter
Elektrokardiographische Ableitungen
-
bipolare Ableitungen: Extremitätenableitungen nach Einthoven
Unipolare Ableitungen nach Goldberger
Unipolare Ableitungen nach Wilson (Brustwandableitungen)
Systematisches Vorgehen bei der Auswertung eines EKGs
1.
2.
3.
4.
5.
6.
Herzfrequenz
Rhythmus
Extraschläge
Bestimmung der Herzachse
Ausmessen der Zeiten (P-Welle, PQ, QRS, QT, QTc Zeit)
Konfiguration der einzelnen Abschnitte
Hypertrophiezeichen (Sokolow Index)
Q Zacken in BWA, R in BWA
Leitungsstörungen: intraatrial, Überleitung, intraventrikulär
Erregungsrückbildungsstörung
Besonderheiten im Kindesalter
-
-
-
Zeitwerte (PQ- (PR) Zeit, QRS Dauer):
∙ diese sind im allgemeinen kürzer
∙ mit zunehmendem Alter werden die Zeitwerte länger, etwa mit 15 Jahren Angleichung an die
Erwachsenenwerte
QRS Achse
Amplitudenhöhe der R- und S-Zacke
∙ im Säuglingsalter spielen vor allem Veränderungen in der Muskelmasse und damit unterschiedliche
Höhen und Relationen der R- und S-Zacke eine Rolle
Verhalten der T-Welle in den Brustwandableitungen:
∙ während der ersten Lebenstage in V3R und V1 positiv, nach der ersten Lebenswoche negativ, ansonsten
pathologisch
Normalbild des EKG
Seite 49
Verena Kaiser
Pädiatrie
EKG
Altersabhängiges Verhalten der T-Welle
Drehung der Herzachse im Wachstum
-
Ursache: Änderung der Muskelmasse
Rechtsstellung -> Steilstellung -> ( S1QIII Typ).
Im ersten Lebensjahr Drehung der Herzachse nach links
Vom 2. Lebensjahr an, im Kleinkindalter und später, Normal- bis Mitteltyp.
Lagetypenbestimmung nach dem Cabrera-Sektoren-Kreis
+120 bis -30 ist bei Kindern normal → je älter da Kind wird, umso weiter
verschiebt sich die Achse nach links
CAVE
-
Pathologische Lagetypen:
∙ überdrehter Linkstyp (illusionärer Lagetyp): evtl. hinweisend für AV-Kanal, VSD, Trikuspidalatresie
∙ überdrehter Rechtstyp: evtl. Pulmonalatresie, Fallot
EKG eines Neugeborenen und eines Säuglings (3 Mo) SIQIII
S1Q3-Typ ist ein Spezifikum im
Kindes- und Jugendalter
Neugeborenes: T isoelektrisch
!!! Q kommt im Kindes- und
Jugendalter vor, ohne dass es ein
Zeichen für Myocardschädigung ist
!!!
Verena Kaiser
Seite 50
EKG
Pädiatrie
EKG eines Neugeborenen und eines Säuglings (8 Mo)
Veränderungen finden sehr
rasch
statt
→
Blutdruckunterschiede
zwischen rechtem und
linkem Herzen: sofort nach
der Geburt kommt es zur
Anpassung
→ Muskelmasse des re
Herzens
wird
langsam
weniger
Im 8. Monat schon kein S
mehr, aber noch ein
angedeutetes Q
6-jähriges Kind
Nur mehr das T in V1 negativ
(T darf bis V4 negativ sein)
Wichtig: ab der 4. Woche ist das T negativ, in der ersten
Woche kann es positiv sein
Weiteres Problem bei Kinder-EKGs: viele Artefakte (bes. bei Säuglingen und Kleinkindern – liegen nicht ruhig)
M, 4 Tage – Physiologische Rechtshypertrophiezeichen
Seite 51
Verena Kaiser
Pädiatrie
EKG
DRUCK- UND VOLUMENBELASTUNG DES HERZENS IM VORHOFBEREICH
-
-
P-dextroatriale: Überlastung des rechten Vorhofes
∙ Trikuspidalstenose oder -atresie
∙ im Gefolge eines erhöhten Druckes im rechten Ventrikel (Pulmonalstenose, Druckerhöhung in Lungenkreislauf)
∙ Insuffizienz der Trikuspidalklappe bei Ebstein Anomalie
P-sinistroatriale: Überlastung des linken Vorhofes
∙ Mitralstenose, Mitralinsuffizienz usw.
P-biatriale: Überlastung beider Vorhöfe
DRUCK- UND VOLUMENBELASTUNG DES HERZENS IM KAMMERBEREICH
-
Kennzeichen der Rechtshypertrophie:
∙ Vorkommen:

Widerstandshypertrophie (links):
Pulmonalstenose, Fallot, PHT

Volumenhypertrophie (rechts): ASD II
-
Kennzeichen der Linkshypertrophie
∙ Quantitative Diagnose:

Sokolow-Lyon-Index von Stoermer und Heck
(1971): Summe R-Zacke in V5 und S-Zacke in V2.
∙ Vorkommen:

Widerstandshypertrophie: Aortenstenose, CMP

Volumenhypertrophien: ODB (offener Ductus botalli), VSD, AI
SCHENKELBLOCK BILDER
Allgemeine Zeichen eines Schenkelblocks im
EKG
-
Rechtsschenkelblock
RSB: meist postoperativ,
z.B. nach Fallot-Korrektur
(weil re Ventrikel
aufgeschnitten und Narbe
gesetzt)
Verena Kaiser
QRS-Gruppen plump, aufgesplittert,
meist große Amplitude
QRS-Dauer verlängert
Störung der Erregungsrückbildung
ST-Senkung, negative T-Welle (meist
diskordant)
Inkompletter Rechtsschenkelblock
rSR‘, RSR‘, rechts präcordial
ohne Verbreiterung des
QRS-Komplexes
Aufsplitterung kann
pathologisch sein, aber auch
anatomisch bedingt
Seite 52
EKG
Pädiatrie
HERZRYTHMUSSTÖRUNGEN – ARRHYTHMIEN
-
Normofrequente Arrhythmien
Bradykarde Arrhythmien
Tachykarde Arrythmien
Normofrequente Arrythmien
Überwiegend Unregelmäßigkeiten des Herzschlages, die meist normal sind:
-
Sinusarrhyhtmie
∙ gleichbleibende P-Morphologie
Respiratorische Arrhythmie
Wandernder Schrittmacher
∙ Fortlaufende Änderung der P-Morphologie und oft der PQ Zeit. Ausdruck eines erhöhten vagalen Tonus.
Beispiel einer respiratorischen Arrhythmie
P-Wellen schauen immer gleich aus, immer gleiche QRS-Komplexe
Bis ins Jugendlichenalter vorkommend (v.a. wenn nervös und tief geatmet)
Beispiel eines wandernden Schrittmachers
Bradykarde Arrhythmien
Herzfrequenz überwiegend oder dauerhaft unterhalb der Norm
-
Sinusbradykardie
Intermittierender sinoatrialer Block bzw. Sinuspause
Syndrom des kranken Sinusknotens (Sick-Sinus-Syndrom)
AV-Block
Sinusbradykardie
-
Normal bei Entspannung (HF bis 35/min, Sinuspausen bis 2 sec.)
bei vagalen Tonus (Sportler)
Intermittierender sinoatrialer Block bzw. Sinuspause
-
Intermittierendes Ausbleiben des Sinusknotenimpulses (Sinuspause) oder Impuls wird blockiert (SA-Block)
oft progredient
bei Pausen über 2 Sek. und Synkopen liegt meist Sick-Sinus-Syndrom vor
Beispiel
Seite 53
Verena Kaiser
Pädiatrie
EKG
Syndrom des kranken Sinusknotens (Sick-Sinus-Syndrom)
-
-
Nebeneinander von
∙ Sinusbradykardien
∙ SA-Blockierungen
∙ AV-Überleitungsstörung
∙ schnelle regel- oder unregelmäßige atriale Tachyarrhythmien (VH-Flattern)
Vorkommen: besonders nach Operationen: Mustard, Fontan, Senning
Therapie bei Symptomen: Schwindel, Synkopen -> Schrittmacher
früher bei Kindern nach Vorhofoperationen bei Transposition der großen Gefäße (heute wird eine arterielle Switch-OP
durchgeführt)
AV-Block
-
Überleitung vom Vorhof in die Kammer gestört
Anatomisches Substrat kann im AV-Knoten, His Bündel oder Tawara Schenkeln liegen.
3 Schweregrade
AV-Block 1. Grades
PQ-Zeit verlängert
1:1 Überleitung
AV-Block 2.Grades:
Intermittierend kein Überleiten von P-Wellen auf die Kammer
Meist gewisse Periodik
Zwei Typen:
∙ Typ I Wenckebach
Von Schlag zu Schlag Verlängerung der PQ-Zeit bis ein QRS-Komplex ausbleibt
∙ Typ II Mobitz
PQ-Zeit konstant Überleitung 2:1, 3:1, 4:1
Prognostisch günstiger Wenckebach Periodik
Beispiel: AV-Block 2. Grades, Typ Wenckebach
Beispiel: AV-Block 2. Grades, Typ Mobitz
Verena Kaiser
Seite 54
EKG
Pädiatrie
AV-Block 3.Grades, totaler AV-Block
Bei AV-Block III immer nach Lupus bei
Mutter
suchen
→
scheint
Zusammenhang zu bestehen
vollständige Dissoziation
von Vorhof- und
Kammeraktivität
Therapie: Schrittmacherimplantation
TACHYKARDE ARRYTHMIEN
Einteilung nach anatomischen Strukuren, die zur Aufrechterhaltung der Tachykardie notwendig sind.
Reentry-Mechanismus oder Fokus
-
Vorhoftachykardien
Junktionale Tachykardien
Atrioventrikuläre Tachykardie
Ventrikuläre Tachykardien
Supraventrikuläre Extrasystolen (SVES):
-
Vorzeitig einfallende VH-Erregungen oberhalb der Kammerebene
∙ Meist schmaler QRS Komplex, -achse zeigt in gleiche Richtung
∙ Je vorzeitiger desto wahrscheinlicher Aberration mit erbreiterenden verbreiterenden QRS Komplexen
wegen refraktärem Gewebe
∙ harmlos, häufig postpartal bis 3 Mo, auch fetal
Sinustachykardie
-
Adäquat bei Fieber, Anämie usw.
Inadäquate Sinustachykardie: LZ EKG nötig
Sinusknoten-Reentry-Tachykardie (SNRT)
∙ Hf 150-250/min, beginnt und endet abrupt
Ventrikuläre Extrasystolen (VES)
-
Ursprung meist im Arbeitsmyokard
verfrüht in den Grundrhythmus einfallende verbreiterte, deformierte QRS Komplexe
Bigeminus, Trigeminus, Quadrigeminus, Couplet, Triplet, Salve, VT
Monomorph oder polymorph
kompensatorische Pause
Kommen selten vor → Abklärung
Wichtig: treten sie bei Belastung auf, oder verschwinden sie bei Belastung?
Oft auch Ausdruck einer Myocarditis
Zusammenfassung:
-
-
Änderung während des Wachstums/Alterns
∙ Lage, Muskelmasse
∙ Lagetyp, Voltagen von re >>> li
∙ Endstrecken T pos>>>neg>>>pos
HF
∙ fetal>>> Erwachsenenalter 180>>>60/min
Rhythmusstörungen
∙ SVES, Vorhoftachykardien (SVT >>> VhFli/Fla)
Herzfehler-spezifisches EKG
∙ Lagetyp
Postoperative Veränderungen
∙ RS -Block,SND
Seite 55
Verena Kaiser
Pädiatrie
EKG
Spezielle EKG’s
-
WPW
Myocard Infarkt - Bland- White – Garland
Kawasaki
Long QT
WPW-Syndrom
Bland White Garland Syndrom
ALCAPA
Anomlaous left coronary from pulmonary artery
Abgang der linken Koronararterien aus der Pulmonalarterie
EKG:
Vorderseitenwandinfarkt, meist Linkstyp
Q: in I und aVL, ev. linkspräcordial (v4-v6)
ST Hebung links präcordial, negative T-Wellen links
präcordial
Long QT-Syndrom
Meßtechnik: Ableitung II
Bei Werten über 460 ms –> Verdacht auf Long QT
Ausnahmen: Säuglinge < 6. Lm. und Neugeborene
Prävalenz 1:10000 – 15000
Diagnosekriterien nach Schwartz
verschiedene Typen angeboren , erworben
Genmutationen – 12?Gene > 50 Mutationen
Ionenkanalstörung der Zellmembran
Änderung der De- Repolarisationsphase
Verlängerung des Aktionspotentials
Therapie: Betablocker, SM/Defibrillator
Mortalität:
unbehandelt 20% im 1.Lj,50 % nach 10 Jahren
behandelt < 1%/Jahr, Erstmanifestation SD ca 8%
Verena Kaiser
Seite 56
Synkopen
Pädiatrie
22.11.11 – Geiger
Synkopen im Kindesalter
Definition:
Plötzlicher, kurzer Bewußtseins- und Tonusverlust mit spontaner Regeneration (“recovery”).
Bis zu 15%
aller Kinder erleiden eine synkopale Episode bis zum Ende der Adoleszenz.
Vasovagale Synkope
Häufigste Ursache: Blut sackt ab → Blutmangel im Kopf → Synkope → sobald man liegt, fließt das Blut wieder in den Kopf →
Bewusstsein kommt zurück
Markus T. , 8 a
-
zugewiesen von EEG-Ambulanz aufgrund von unklaren Synkopen
Vorgeschichte:
∙ Z.n. ALTE (acute life threatening event) mit 5 Mon.
Untersuchungen (EKG, Echo unauffällig, Monitor für 3 Wochen) unauffällig
∙ erste Synkope mit ca. 3-4 a in der Kirche, seitdem 3x wiederholt
Familienanamnese: kein Hinweis für plötzliche Todesfälle, Herzrhythmusstörungen, Epilepsieerkrankungen
Anamnese
-
gut belastbar, seit 1 a Leichtathletik
bei sehr starker Belastung Übelkeit
keine Synkope beim Sport
2 x in der Kirche
1 x beim Zahnarzt
1x im Park (in den Teich !) → sekundäre Gefährdung
kein Zucken, keine postiktale Phase
Dauer für einige Sekunden
Untersuchungen
-
-
Ruhe-EKG: unauffällig
Echokardiografie: unauffällig
Ergometrie: unauffällig
∙ adäquater Herzfrequenzanstieg
∙ normales Blutdruckverhalten
keine Rhythmusstörungen
am Ende des Anlegens des Langzeit EKGs plötzlich Schwindel + Bewusstlosigkeit für wenige Sekunden
Vasovagale Synkope („common faint“, „Boygroup-Syndrome“...)
-
-
= T-LOC (transient loss of consciousness), ausgelöst durch transiente globale Minderperfusion des Gehirns
Gruppe der Reflexsynkopen
∙ vasovagal
∙ situationsabhängig
∙ Carotissinus-Typ
Häufigste Ursache der Synkope im Kindesalter
Sonderformen
∙ Infantile reflex syncopal attacks („Pallid breathholding spells“ o. „reflex anoxic seizure“)
∙ Apnoeic hypoxic T-LOC
Symptomatik - Charakteristika
-
1. Episode meist bei jungen PatientInnen
ausgelöst durch emotionalen oder orthostatischen Stress
meist prodromale Symptome: Schwitzen, Übelkeit, Blässe
plötzlicher Beginn, kurze Dauer und spontane komplette Erholung
Pathophysiologie
-
Kardiovaskuläre Reflexe
∙ Trigger
∙ inadäquate Reaktion
∙ Vasodilatation und/oder Bradykardie
∙ Blutdruckabfall
∙ cerebrale Minderperfusion
Seite 57
Verena Kaiser
Pädiatrie
Synkopen
Calgary Syncope Symptom Score
Diagnostik Synkope
-
körperliche Untersuchung
Ruhe-EKG
Echokardiografie
Ergometrie
Langzeit-EKG (24 h – 1 Woche)
EEG
Therapie
-
-
Aufklärung
Schulung
∙ Vermeiden von Triggern (langes Stehen, wenig Trinken, warme überfüllte Plätze...)
∙ Prodromi !
∙ isometrische Übungen (hand-grip, Beine überschlagen)
Medikamente
∙ Beta-Blocker
∙ α-Agonisten, Vasokonstriktoren (Etilefrin, Mododrin)
Key-Points Vasovagale Synkope
-
Häufigste Ursache der Synkope im Kindesalter
Diagnostik: Anamnese !
gefährliche Ursachen ausschließen
wichtigste therapeutische Maßnahme:
∙ Aufklärung und Schulung
Synkopen sind dann akut lebensgefährlich, wenn sie kardiale Ursachen haben!
Ursachen für Synkopen bzw. Synkopen-ähnliche Zustände (Erwachsene)
-
Neurologische Störungen – 11% der Fälle:
z. B. Erkrankungen des Nervensystems.
Sonstige Ursachen – 21% der Fälle:
z.B. Unterzuckerung, Hyperventilation, Stoffwechselentgleisungen oder Sauerstoffmangel
Störungen des Herz-Kreislauf- Systems – 33% der Fälle:
z.B. gestörte Kreislaufregulation, Herzrhythmusstörungen.
Ungeklärte Ursachen – ca. 35%.
“Ungeklärte” Ursachen nehmen im Erwachsenenalter zu - bei Kindern sollte man sich mit dieser Diagnose nicht
begnügen!
K. A. 2a,
-
-
Angelita war seit 2 Tagen krank, respiratorischer Infekt, kein Fieber.
Gestern Vormittag hat Angelita auf einmal angefangen zu schreien und beide Hände fest aufeinander zu pressen.
Kurz darauf hat sie beide Arme fest und steif von sich gestreckt, die Hände zur Faust geballt, der rechte
Mundwinkel sei nach aussen verzerrt gewesen.
Kein Speichelfluss.
Verena Kaiser
Seite 58
Synkopen
-
Pädiatrie
Während dessen hätte sie den Blick nach oben gewandt und sei "weg" gewesen.
Schrittmacher: von Geburt an AV-Block II. Grades, ausgeprägte Bradykardien
Long-QT-Syndrom
Kind bekommt statt
Schrittmacher einen ICD
Außerdem Betablocker
Kammertachykardien
und
Kammerflimmern
Durch das Long-QT-Syndrom:
erstmals Kammerflimmern
Weiterer Patient: ANAMNESE:
Familienanamnese:
0 lebende Geschwister, 1 verstorbene Geschwister
akut oder chronisch kranke Geschwister oder Eltern: Bruder akut verstorben
Mutter Schwangerschafts-Diabetes
bisherige Impfungen: Diphtherie/Tetanus, H. influenzae b, Hepatitis B, Masern, Mumps, Pertussis
aktuelle Anamnese: Patient war im Kindergarten; die Erzieherin haben gesehen wie er aus dem Sitzen aufgestanden sei und
gesagt habe dass er müde sei. Daraufhin habe er sich hingelegt, die Augen nach oben verdreht und sei sehr blass im Gesicht
geworden. Nach ca. 20 sek. sei er wieder ansprechbar gewesen. Kurze Zeit später habe sich das Gleiche für eine Dauer von
5 sek. zugetragen. Z. sei schlaff gewesen und tonisch-klonische Bewegungen haben nicht stattgefunden. Nach den
Ereignissen sei er normal gewesen, insbesondere keine erhöhte Müdigkeit, kein Einnässen, kein Einkoten. kein
Durchfall/Erbrechen, diese seien die ersten Synkopen lt. Eltern.
Die Eltern berichten eine regelmäßige Einnahme des Atenolols (Betablocker → beim verstorbenen Bruder fragliches LongQT → deshalb bei diesem Patienten prophylaktisch Beta-Blocker)
STATUS PRÄSENS
-
5 Jahre altes Kleinkind, Allgemeinzustand gut, Ernährungszustand adipös, Pflegezustand gut , Dysmorphiezeichen:
keine Femoralispulse: rechts tastbar, links tastbar , Axillaris-/Radialispulse: rechts tastbar
Lymphknoten: nicht untersucht
Kopf/Hals: o.B.
Augen: o.B.
HNO und Mundhöhle: Trommelfelle, Tonsillen
Thorax: o.B., Herztöne rein
Abdomen: o.B.
Genitale: nicht untersucht
Orthopädie: nicht untersucht
Keine lange QT-Zeit
Aber minimale Kerbung in der T-Welle → weist auf
eine Störung in der Repolarisation
→ daraufhin genetische Untersuchung der Eltern und
des Kindes:
Eltern beide heterozygote Veränderungen in einem
Kanal für LQT, Kind homozygot
Diese Episdode war Anlass genug, dass man dem Kind
jetzt einen Schrittmacher/Defi implantiert hat
Außerdem weiterhin Betablocker
Seite 59
Verena Kaiser
Pädiatrie
Synkopen
Prodromi sehr verdächtig
für neurologische Ursache
→ aber neurologische
Symptome können auch
sekundär nach einer
kardialen Störung auftreten
(z.B. durch
Sauerstoffmangel
Ist das EKG normal, aber die
Symptome sind mit
Belastung assoziiert → Vd.
auf long QT oder andere
kardiale Ursache
Verena Kaiser
Seite 60
Synkopen
Pädiatrie
Synkopen – Arrhythmien
Anamnese
-
Assoziiert mit körperlicher Belastung?
Assoziiert mit Thoraxschmerz?
Assoziiert mit bekanntem Herzfehler?
Rezidivierend?
∙ (+/- körperliche Belastung)
Positive FA?
∙ (Nicht immer hilfreich – z.B. bei 90% der Kinder mit vasovagaler Ursache positiv)
EKG – Veränderungen
-
„Nicht – Sinusrhythmus“?
Ausgeprägte Bradykardie?
AV-Block?
Präexzitation?
Hypertrophiezeichen?
Hinweise für Myokardzell-Schaden?
∙ (Q/ST-Veränderungen)
QT-Intervall?
Primär „elektrische“ Erkrankungen
-
LQTS (Long-QT-Syndrome) 1:5000-10.000
-
∙ Häufigstes der primär elektrischen Erkrankungen
SQTS (Short-QT-Syndrom) < 1:100.000
CPVT (Cathecholaminergic Polymorphic Ventricular Tachycardia) < 1:100.000
ARVC < 1:100.000
Brugada-Syndrom 1:30.000-100.000
Long-QT-Syndrom
-
Bei bis zu 30% plötzlicher Herztod als Erstmanifestation!
Bei ~35% klinisch diagnostizierter LQTS keine genetische Diagnose!
Bei 30-50% genetisch gesicherter Diagnosen keine QT-Verlängerung - und unklares Risiko!
Medikamente können die QT-Zeit verlängern
∙ www.sads.org/
∙ Z.B. Antidepressiva
http://www.medical-calculator.nl/calculator/QTc/ (Kalkulator zum Berechnen der korrigierten QT-Zeit)
Seite 61
Verena Kaiser
Pädiatrie
Synkopen
Na-, Ca- oder K Kanäle können betroffen sein
Take home message
Synkopen sind generell dann lebensgefährlich, wenn sie kardiale Ursachen haben!
-
Häufigste, nicht-kardiale Ursachen für Synkopen: Vasovagal, orthostatische Dysregulation
Ursachen für Synkopen-ähnliche Zustände: Zerebrale Anfälle, syndromale Migraine, Hyperventilation, Hysterie
Katecholaminsensitive polymorphe ventrikuläre Tachykardie
Catecholamin-induzierte ventrikuläre TK /KF (CPVT)
-
Autosomal dominant
Auslöser: Stress (emotional/physisch)
Früher Beginn möglich
Normales Ruhe-EKG!
Therapie:
∙ ß-Blocker hochdosiert
∙ Sportverbot
∙ ICD- LSX
∙ Am Horizont: Flecainid
Verena Kaiser
Seite 62
Kinderimmunologie
Pädiatrie
23.11.11 – Brunner
Das infektanfällige Kind
Patientin:
7.11.: Seit gestern Morgen schmerzen ohne Trauma am Knie
Kind klagt über Schmerzen → kann nicht mehr gehen → Klinik: zuerst Vd. auf leichte Zerrung, Proxensaft
verschrieben → hat sich nur leicht gebessert, dann gibt Kind an, dass das Knie pocht
Kind hat Verhalten geändert!! → zuerst sehr aktives Kind, dann durch die Schmerzen wenig bewegt
Fieber
Untersuchungsbefund im Wesentlichen unauffällig
DD
∙ Juvenile Arthritis

Dagegen sprechen: nicht geschwollen und typische Anamnese bei Arthritis: längerer
Verlauf der Veränderung
Labor
∙ BSG zu Beginn 40/110 mm → eher hoch
∙ CRP zuerst ansteigend, dann im Verlauf der Therapie sinkend
Ultraschall
∙ Unauffälliger Befund
Röntgenuntersuchung/CT/MRI
∙ Im MR
-
-
-
→ wichtig: an Osteomyelitis denken!!!
Schmerzen
Fieber „ohne Fokus“
→ zuhören, daran denken, therapieren!!!
Player in der Immunologie
Eine Autoimmunitätsreatktion alleine macht noch keine Erkrankung → manche bekommen mehrere Schübe, andere nur
einen einzigen
Autoimmunität
Anergie: Keine Reaktion auf ein Antigen (Zustand eines Lymphozyten)
Suppression/Regulation: Aktive Unterdrückung einer Immunreaktion gegen ein spezifisches Antigen z. B. durch
regulatorische T-Zellen
Toleranz: Abwesenheit einer offensichtlichen Immunreaktion gegen Antigene (bezeichnet meist Eigenschaft des gesamten
Immunsystems bzw. des Organismus, gegen bestimmte Antigene nicht zu reagieren).
Zentrale Toleranz: Deletion/Modifikation (durch Rezeptorediting) autoreaktiver Lymphozyten während ihrer Reifungsphase
(unmittelbar nach der Expression der Antigenrezeptoren)
Periphere Toleranz: Unterdrückung einer Immunreaktion durch regulatorische dendritische Zellen (DC), regulatorische TZellen (Treg), Anergisierung von Lymphozyten (z. B. durch Signal 1 ohne Signal 2)
Autoimmunopathien
-
Systemisch
organspezifisch
Seite 63
Verena Kaiser
Pädiatrie
Kinderimmunologie
Proinflammation und Apoptosedefekt
Systemisch
Schilddrüse
Pankreas
ZNS
Melanozyten
NNR
Systemischer Lupus erythematodes (SLE), Juvenile Dermatomyositis, Juvenile idiopathische
Arthritis, Sklerodermie, Vaskulitiden
M. Basedow, Thyreoiditis Hashimoto
Diabetes mellitus Typ I
Multiple Sklerose, Guillaín-Barre-Syndrom
Vitiligo
M. Addison
Immundefizienz oder „Mein Kind hat ständig Fieber!!“
Kasuistik, 12a
-
Verdacht auf Sarkoidose bei einer histologisch gesicherten granulomatösen Entzündung und erhöhtem ACE
Im Ultraschall echoarmer Befund in der Leber → muss operiert werden (Leberabszess → typisch für
Phagozytendefekte)
Reduzierte H2O2 Produktion der neutrophilen Granulozyten nach Stimulation mit Phorbolmyristatacetat
X-chromosomal vererbte Form einer septischen Granulomatose
Physiologische Infektanfälligkeit
Alter (Jahre)
<1
1–2
3–4
5–9
10 – 14
Respiratorische Infektionen pro Jahr
6.1
5,7
4,7
5,5
2,7
SD
+/- 2,6
+/- 3,0
+/- 2,9
+/- 2,6
+/- 2,2
Maximum
11,3
11,7
10,5
8,7
7,2
Ätiologie physiologischer Infektanfälligkeit
-
-
Partielle „Unreife“ immunologischer Funktionen:
∙ ↓ T-Zell-unabhängige Immunantwort → ↑ Anfälligkeit gegen bekapselte Bakterien
∙ Antigen-Unerfahrenheit → Erkrankung nach Erstkontakt mit ubiquitären Erregern
Anatomische Besonderheiten: Enge der Atemwege und HNO Bereich
Soziale Kontakte (Kinderkrippen/gärten)
Infektionserreger überwindet anatomische und physiologische Barriere
Ätiologie pathologischer Infektanfälligkeit
Lokale Ursachen
Infektionsort
Haut
Atemwege
HNO
ZNS
Urogenitaltrakt
Mögliche Ursache
Ekzem, Verbrennung, Hygiene
Mukozilliäre Clearance (Asthma, BPD, CF, Ziliendyskinesiesyndrom)
Ösophagotracheale Fistel
Bronchiale Fehlbildungen
Aspiration (Fremdkörper, GÖR)
Sekretorischer IgA-Mangel
Adenoide
Neuroporus, Liquorfistel
VUR, obstruktive Abflussstörung, Fehlbildung
Systemische Ursachen
Betroffenes System
Primäre Immundefekte (genetisch)
Sekundäre Immundefekte
(erworben)
Verena Kaiser
Mögliche Ursache
B-Zell-Defekte 60%, T-Zell-Defekte 30%, Phagozytendefekte 5%,
Komplementdefekte 5%
Mehrheitlich männlich < 15. LJ.
Malnutrition, HIV / EBV-Infektion, Autoimmunerkrankungen, Malignome,
Zytostatische Therapie, Diabetes mellitus
Seite 64
Kinderimmunologie
Pädiatrie
Primäre Immundefizienz Klassifikation
-
T- und B-Zell Immundefizienzen
Vorwiegende Antikörperdefizienzen
Andere gut charakterisierte Immundefektsyndrome
Immunregulatorische Erkrankungen
Angeborene Defekte der Makrophagenzahl oder Funktion
Defekte der angeborenen Immunität
Autoinflammatorische Erkrankungen
Komplementdefizienzen
Primäre Immundefizienz
Humorale Immundefekte
selektiver IgA-Mangel
Agammaglobulinämie
CVID
Geschlechtsprädominanz
Transitorische Hypogammaglobulinämie des Säuglings
Zelluläre Immundefekte
Phagozyten-Defekte
Komplement-Defekte
1:300 – 700
1:50.000
1:50-000 – 200.000
Junge zu Mädchen 5:1
Männer zu Frauen 1:1,4
variabel
Isoliert, selten, meist in
Kombination mit B-Zelldefekt
Selten
Selten
Diagnostik - Primäre Immundefizienz: klinische Hilfestellung
Infektanfälligkeit
1. Allgemeiner Eindruck
2. Familiäre Häufigkeit / Konsanguinität
3. Infekte
- Unerwartete Erreger
- Komplizierter Verlauf
- Folgeschäden
- Schutz vor Reinfekt
4. Impfinfekte
5. Hypoplasie lymphat. Organe
6. Verzögerung von Wachstum und Entwicklung
physiologisch
Gesund
-
pathologisch
Chronisch krank
+
+
-
+
+
+
+
+
+
Primäre Immundefizienz: 10 Warnzeichen (2 od. > Abklärung!) Jeffrey Modell Foundation
1
2
3
4
5
8 oder > Otitiden pro Jahr
2 oder > schwere Sinusitiden pro Jahr
2 oder > Monate einer ineffektiven Therapie mit
Antibiotika
2 oder > Pneumonien pro Jahr
Mangelnde Gewichts Gewichts- oder
Größenzunahme
Rekurrierende tiefe Haut Haut- oder Organabszesse
Persistierende Candida Infekte an Haut oder
Schleimhaut jenseits des 1. Lebensjahres
Notwendigkeit für intravenöse Antibiotika um Infekte
zu heilen
2 oder > tiefsitzende Infektionen (Meningitis,
Osteomyelitis, Empyem etc.)
Positive Familienanamnese eines primären
Immundefektes
6
7
8
9
10
Strukturierte Abklärung bei Infektanfälligkeit
Thorax-Röntgen: Thymus-Hypoplasie?
Seite 65
Verena Kaiser
Pädiatrie
Kinderimmunologie
Leitsymptome von Antikörpermangelsyndromen
-
> 6. Lebensmonat (mütterl. Leihimmunität)
Schwere bakterielle und virale Infektionen mit z.T. irreversiblen Residuen
Erreger oft bekapselte Bakterien
Immer Erregernachweis !
Untersuchungen: B-Zellen
-
IgG, IgA, IgM, IgE im Serum
IgG-Subklassen1-4
AB Isohämagglutinine
B-Zell-Zahl (CD 19, CD20)
Spezifische Antikörper (ggf. nach Impfungen)
∙ Proteine: z.B. Tetanus, Diphterie, Masern, Polio
∙ Polysaccharide: Pneumokokken, Hämophilus
Leitsymptome zellulärer Immundefekte
-
< 6. LM
Lymphatische Organe fehlend oder vermindert
Meist kombiniert mit humoralen Immundefekt
Rezid. Pneumonien, chronische Durchfälle, Gedeihstörungen, BCGitis oder GvH-Reaktion, schwere Infekte mit
opportunistischen Keimen, Viren, Pilzen, Pneumozystis-carinii, Varicellen, Herpes simplex, Candidiasis
Hautmanifestationen wie Ekzem, Seborrhoe, Abszesse, Teleangiektasien, Alopezie
Untersuchungen: T-Zellen
-
-
Oberflächenmarker
∙ T-Zellen+NK-Zellen(CD2)
∙ Reife T-Zellen (CD3)
∙ Wichtige Subpopulationen (CD4, CD8)
∙ HLA-Antigenexpression

Klasse I: Alle Zellen

Klasse II: B-Zellen, Monozyten
∙ Adhäsionsmoleküle (CD11a, CD18)
Lymphozytenstimulationen
∙ Mitogene: PHA, anti-CD3, ConA, PWM
∙ Antigene:

Fremdantigene: Tetanus, Candidin, Tuberkulin(PPD)

Alloantigene: Gemischte Lymphozytenkultur (MLC)
Leitsymptome von Komplementdefekten
-
-
C1, C4 und C2 Defekte
∙ gelegentlich Infektneigung
∙ Typisch Autoimmunerkrankungen
C1-Inhibitor-Mangel (Dysfunktion)
∙ Hereditäres Angioödem (HANE)
Bei allen anderen Defekten (C5, C6, C7 u. C9)
∙ Bakterielle Infektionen
∙ Meningokokken
Untersuchungen: Komplementsystem
-
-
CH 50, AP50 (Globaltest der hämolytischen Funktion)
C1-Inhibitor bei Angioödem
Einzelkomplement
∙ CH50 und AP50 normal: keine
∙ CH50=Null, AP50 normal: C1, C2, C4
∙ AP50=Null, CH50 normal: Properdin
∙ CH50=Null, AP50=Null: C3 –C9
Kontrolle:selektive in vitro-Rekonstitution durch Zugabe der fehlenden Komponente
Leitsymptome von Phagozytenstörungen
-
-
Rezidivierende Infektionen bald nach der Geburt
∙ Stomatitis, Gingivitis, Peridontitis, Dermatitis, Lymphadenitis, Leberabszess, Osteomyelitis, Otitis media,
Sinusitis, Pneumonie.
Granulzytopenie und Motilitätsstörungen:
∙ Ulzera und Nekrosen
Störung der Mikrobenabtötung:
∙ Abszessbildung
Verena Kaiser
Seite 66
Kinderimmunologie
-
Pädiatrie
Entzündliche Zeichen oft schwach
Gram +/- Erreger (v.a. S. aureus) und Pilze
Untersuchungen: Phagozyten
-
Absolute PMNL-Zahl2 x wöchentlich (4 Wochen) (zyklische Neutropenie)
Ausstrich (Riesengranula)
Bei NeutropenieSuche nach Auto-(Allo)antikörpern
Ohne Autoantikörper: Knochenmarkspunktion
O²¯-Produktion mit löslichem und partikulärem Stimulus
Adhäsionsproteine (CD11a, CD18, CD15s)
Mannose-bindendesProtein
Polymorphismusdes FcRIIa(CD32)
Therapie humoraler Immundefekte
-
7-S Immunglobuline i.v. (s.c.) lebenslang
∙ IgG-Spiegel vor Substitution > 500 mg/dl
Antibiotische Therapie: i.v.
Symptomatische Behandlung
∙ z.B. bei Autoimmunkomplikationen
Substitution C1 C1-Inaktivator im akuten Anfall
Therapie zellulärer Immundefekte
-
-
Kausale Behandlung
∙ Stammzellen der Lympho-Hämatopoese wie Knochenmark od. periphere Stammzellen
∙ HLA-identischer Spender
∙ HLA-nichtidentischer Spender (Eltern, Fremdspender)
∙ 50% Überlebenschance
Supportive Maßnahmen
∙ T-Zell Defekt hat gleichzeitig auch Antikörpermangel Defekt
∙ 7S-Ig Substitution
∙ Infektprophylaxe mit Co-trimoxazol (Pneumozystis carinii!)
∙ Bei ADA Mangel
∙ exogene Enzymsubstitution od. Gentherapie
Therapie von Phagozytenstörungen
-
-
Neutrozytopenie:
∙ G-CSF
Septische Granulomatose:
∙ Antiinfektiöse Therapie: aggressiv u. gezielt
∙ Antimykotische Therapie mit Ampho-B, Itrakonazol lebenslang
∙ Co-trimoxazolProphylaxe
∙ Ev. INF-γ s.c.
∙ KMT bei HLA identischem Spender
Leukozytenadhäsionsdefekt (LFA-1-Mangel):
∙ KMT
www.kinderimmunologie.de
Take home messages
-
Eine physiologische Infektanfälligkeit bedarf keiner spezifischen Therapie
Eltern beruhigen und aufklären
Jede einzelne Infektion ernst nehmen
Untersuchung und individuelle Behandlung
Wichtige Rolle in der „Erziehung“ des Immunsystems“
Seite 67
Verena Kaiser
Pädiatrie
Exanthematische Erkrankungen
24.11.11
Patientin: Gelenksschmerzen, starke Müdigkeit, Finger waren geschwollen, auch schmerzhaft (alle Finger)
Im Gesicht Schmetterlingserythem
Nierenprobleme
→ Ausschlag, Gelenke, Niere, Leukos, ANA
Vd.-Diagnose SLE: multiple Therapie → u.a. wegen Lupus-Nephritis Grad II und Schmerzen
Exanthematische Erkrankungen
Masern
Ätiologie und Epidemiologie MELDEPFLICHTIGE ERKRANKUNG
-
Erreger: Masernvirus (Morbillivirus), Paramyxovirus, RNA-Virus, 1 Serotyp,23 Genotypen.
Epidemiologie: Tröpfcheninfektion, hohe Infektösität(Kontagionsindex), lebenslange Immunität.
Infektiosität: 5 Tage vor bis 4 Tage nach Exanthemausbruch.
Inkubationszeit: 8-10 Tage bis zum Beginn der Prodromi, 14 Tage bis zum Beginn des Exanthems.
Klinik – Prodromi
-
Rhinitis, Konjunktivitis, Lichtscheu, Husten, aufgedunsenes Gesicht, Enanthemam Gaumen
Koplik`sche Flecken: kalkspritzerartige weißliche, festhaftende Stippchen /Flecken mit gerötetem Hof an der
Wangenschleimhaut gegenüber den unteren Molaren
Exanthem
-
blasst nach 3-4 Tagen in der Reihenfolge der Ausbreitung ab
Großfleckiges, makulopapulöses, bräunliches oder rosafarbenes, konfluierendes(„morbilliformes“) manchmal
hämorrhagisches Exanthem.
Beginn hinter den Ohren und sich über Gesicht, dann sich an Stamm und Extremitäten ausbreitend.
Komplikationen (bei ca. 15%)
-
Bronchitits
Bronchopneumonie
Myocarditis
Otitis (Streptokokken)
Enzephalitis (1:1000) Mechanismus unklar, Beginn 6-15 Tag nach Exanthem. Bei 25% der Kinder Defektheilung,
Letalität ca.10%
Erkranken Schwangere an Masern bedeutet das in 20% den Tod des Feten. Teratogene Effekte sind nicht
beschrieben
foudroyanter Verlauf
subakute sklerosierende Panenzephalitis(SSPE) Gliose und Entmarkung des ZNS, immer letal
Diagnostik:
-
Klinik
Serologie (IgM-Antikörper) → bei gesicherter klinischer Diagnose nicht notwendig
Virus RNA
Therapie: symptomatisch. Antibiotische Therapie bei bakteriellen Komplikationen
Verena Kaiser
Seite 68
Exanthematische Erkrankungen
Pädiatrie
Prophylaxe
1.
2.
Aktive Immunisierung (Impfung mit abgeschwächter Lebendvakzine)
∙ bei Kindern ab dem 12 LM
∙ Seronegative Bevölkerung
∙ Postexpositionelle Impfung innerhalb von 3 Tagen nach Exposition bei immungesunden Patienten
Passive Immunisierung mit Immuglobulinen
∙ bei abwehrgeschwächten Personen nach Exposition innerhalb von 3 Tagen
Scharlach
Ätiologie und Epidemiologie
-
Erreger: Streptococcuspyogenes = ß hämolysierende Streptococcen der Gruppe A, > 80 Serotypen
Epidemiologie: Tröpfcheninfektion, selten kontaminierte Gegenstände oder Lebensmittel. Häufigkeitsgipfel 3.-10.
Lebensjahr, bzw. Oktober –März
Infektiösität bis ca. 24. Stunden nach Antibiotikagabe
Inkubationszeit 2-4 Tage
Pathogenitätsfaktor: erythrogenes Toxin
Klinik
-
Plötzlicher Beginn, Fieber, Halsschmerzen, Husten, Erbrechen, Pharyngitis, Angina tonillaris
Himbeerzunge: stärkeres Hervortreten hochroter geschwollener Papillen
ab 2./ 3. Tag kleines bis stecknadelkopfgroßes nicht konfluierende Exanthem. Im Bereich der Achseln und der
Leisten beginnend und ausstrahlend
Aussparung des Munddreiecks
Hautschuppungen palmar und plantar nach 2 –4 Wochen
Komplikationen
-
Toxischer Verlauf
Myokarditis
UlzerierendeTonsillitis
Sinusvenenthrombose
RheumatoschesFieber
Poststreptococcenarthritis
Karditis
Glomerulonephritis
Chorea minor
∙ Neurologischer Komplikation
∙ Ähnlich wie die Poststreptokokkenarthritis Wochen bis Monate nach der Infektion
Diagnostik und Therapie
-
-
Diagnostik
∙ Klinische Befunde
∙ Antistreptolysintiter
∙ Kultureller Nachweis per Nasen-Rachenabstrich
Therapie:
∙ Penicillin V 100.000 IE / kg KG / d in 3-4 ED für 10 Tage
Expositionsprohylaxe bei Personen mit engem Kontakt zur erkrankten Person.
Zulassung zu Gemeinschaftseinrichtungen 48h nach Antibiotikagabe
Seite 69
Verena Kaiser
Pädiatrie
Exanthematische Erkrankungen
Röteln
Ätiologie und Epidemiologie
-
Synonym: “German measles” “3-day measles”
Erreger: Rubivirus, Togaviren, RNA-Virus, 10 Genotypen
Epidemiologie: Tröpfcheninfektion
∙ Kontagiosität <50%
Infektiosität: Virusausscheidung (Speichel). Beginnt 5-7 Tage vor Exanthem und hält maximal 5 Tage an.
∙ Nach BGA-Richtlinie dürfen Kinder 7 Tage nach Exanthem wieder in die Schule/Kindergarten
Inkubationszeit 14-21 Tage
Klinik und Komplikationen
-
oft inapperenter oder leichter Verlauf
cervicale, retroauriculäre Lymphadenopathie
Exanthem mit runden und ovalen, klein-bis mittelgroßen, gering erhabenen Effluoreszenzen, nicht konfluierend
Arthralgie
Arthritis
Enzephalitis
Thrombozytopenische Purpura
Komplikationen: Rötelnembryopathie (Gregg Syndrom= congenital rubella syndrome)
-
Risiko am höchsten: im 1.Trimenon. 15-20% der Kinder deren Mütter in diesem Zeitraum eine Rötelninfektion
durchgemacht haben entwickeln ein kongenitales Rötelnsyndrom
Kardiovaskuläre Läsionen (50%!!): persistierender Ductus arteriosus, Ventrikelseptumdefekt, Koarktation der
Aorta, Pulmonalstenose
Augenläsionen: Katarakt, Retinopathie, Mikrophthalmus, Glaukom
Hörstörungen (60%!!) und Wachstumsverminderung
Hepatopathie und ZNS-Läsionen (psychomotorische Entwicklungsstörungen, Enzephalitis, Mikrozephalie,
aseptische Meningitis)
Missbildungen der Röhrenknochen und Urogenitale Läsionen(Kryptorchismus, Nierenschäden)
Diagnose und Therapie
-
-
Diagnostik:
∙ Klinik
∙ Leukopenie
∙ Antikörperbestimmung
∙ Erregerdiagnostik ist keine Routinediagnostik
∙ Pränatale Diagnostik: Nachweis von Virus RNA aus dem Fruchtwasser oder Chorionzotten, oder IgMNachweis aus fetalem Blut.
Therapie:
∙ Symptomatisch
∙ Röteln-Immunglobulin
Prophylaxe
1.
2.
Aktive Immunisierung:
∙ Alle gebärfähigen Frauen: Immunität gegen Röteln
∙ Antikörpertiter> 1:32
∙ MMR Impfung (NW Arthritis, ThrombozytopenischePurpura)
∙ 95% haben nach 8-10 Wochen ausreichende
∙ AK-Titer
∙ “Impfversager”

Frauen, die nach wiederholter Testung und wiederholter Impfung keine AK entwickeln, kann
wenn langfristig Kinderwunsch besteht und Schwangerschaft mittelfristig ausgeschlossen ist,
eine Infektion mit dem Wildvirus empfohlen werden.
Passive Immunisierung:
∙ Immunglobulingabe bei ungeimpften Schwangeren nach Rötelnkontakt vor Ausbruch des Exanthems
Ringelröteln = Erythema infectiosum = slapped cheek disease
Ätiologie und Epidemiologie
-
Erreger: Parvovirus B 19 (DNA-Virus) mit erythropoetischen Zellen als Zielzellen
Synonym: Erythema infectiosum
Epidemiologie:
∙ Kontagiosität ~ 50 % bei Haushaltskontakten
∙ Tröpfcheninfektion
∙ Häufigkeitsgipfel im Schulalter bzw. im Frühjahr
Verena Kaiser
Seite 70
Exanthematische Erkrankungen
-
Pädiatrie
Inkubationszeit 6-18 Tage
Klinik
-
30% asymptomatische Infektion
Erythema infectiosum: ringförmiges, girlandenförmiges makulopapulöses Exanthem Dauer mit periodischem
Abblassen und einer Dauer von 10 Tagen
Livide Wangenfärbung
schmetterlingsförmiges Exanthem
petechiale mandopedale Exantheme (Handschuh-Socken-Syndrom)
Arthritis
Komplikationen
-
Aplastische Krisen
Spontanabort bei Infektion im 1.Trimenon
Aplastische Anämie, Hydrops fetalis und Abort im 2 Trimenon
Aplastische Phasen ohne Schädigung des Feten im 3.Trimenon
Immunsupprimierte Patienten:
∙ Arthritis
∙ Myokarditis
∙ Hepatitis
Diagnostik und Therapie
-
-
Diagnostik
∙ Klinische Befunde
∙ Antikörpernachweis
∙ Erregernachweis per Virus DNA
∙ bei pränataler Infektion Untersuchung von Fruchtwasser, Aszites und fetalem Blut und sonographische
Kontrolle
Therapie
∙ symptomatisch
∙ bei aplastischen Krisen Immunglobuline
∙ bei Gefahr eines Hydrops fetalis: Austauschtransfusion
Dreitagefieber = Exanthema subitum= Roseola infantum:
Ätiologie und Epidemiologie
-
Erreger: Humanes Herpes virus Typ 6, Herpesvirus, DNA Virus
Epidemiologie: Tröpfcheninfektion
Häufigkeitsgipfel im 6. LM bis zum 3.LJ
Inkubationszeit 5-15 Tage
Klinik
-
Plötzlicher Beginn mit hohem Fieber (39°-40°C)
Zervikale Lymphknotenschwellung
periorbitale Ödeme
Dauer des Fiebers 3-5 Tage
Guter Allgemeinzustand
Nach Abfall des Fiebers Auftreten eines kleinfleckigen, blassen, rötlichen Exanthems am Stamm mit Ausbreitung
auf die Extremitäten, für eine Dauer von 2 Tagen
Komplikationen (selten)
-
Fieberkrämpfe
Arthritis
Hepatitis
Enzephalopathie
Diagnostik und Therapie
-
-
Diagnostik
∙ Klinische Befunde
∙ Antikörpernachweis
∙ Erregernachweis
Therapie
∙ symptomatisch
Seite 71
Verena Kaiser
Pädiatrie
Exanthematische Erkrankungen
Varizellen = Windpocken = Schafblattern
Ätiologie und Epidemiologie
-
Erreger: Varizella-Zoster-Virus, Gruppe der Herpesviren (DNA-Virus)
Epidemiologie: Kontagiosität >90%!!
Aerogene Tröpfcheninfektion, „fliegende Infektion“
Infektiosität 1-2 Tage vor dem Auftreten des Exanthems bis etwa 5 Tage nach Auftreten der letzten frischen
Effloreszenzen
Inkubationszeit 14-16 (-21) Tage
Klinik
-
generalisiertes, schubweise auftretendes vesikuläres Exanthem („Heubnersche Sternenkarte“)
Macula, Papula, Vesikula, Crusta, Fieber
Komplikationen Konnatales Varizellensyndrom= Varizellenembryopathie
-
Infektion in der 8.-21.SSW
Hautdefekte, Narben
Skelett- und Muskelhypoplasien
Augenanomalien: Chorioretinitis, Katarakt, Mikrophthalmus, Anisokorie)
ZNS Anomalien: Atrophie, Kleinhirnhypoplasie
Konnatale Varizellen (Lebenstag 1 –12)
-
Erkrankung der Mutter 5 Tage vor –2 Tage nach der Geburt. Da keine Antikörper übertragen werden erkrankt das
Kind lebensbedrohlich zwischen dem 5. und 10 Tag
Erkrankung der Mutter 5 Tage vor der Geburt. Kind kommt mit Varizellen zur Welt oder erkrankt in den ersten 4
Tagen mit guter Prognose
Exogen erworbene Varizellen der Neonatalperiode mit guter Prognose
Komplikationen - Cave bei Neurodermitis und Immunsuppression
-
Otitis
Hämorrhagischer Verlauf
Bakterielle Superinfektion
Pneumonie (Letalität bis 30%)
Meningitis
Cerebellitis
Enzephalitis
Zoster
Diagnostik und Therapie
-
-
Diagnostik
∙ Klinische Befunde
∙ Antikörpernachweis
∙ Erregernachweis
Therapie
∙ symptomatisch
∙ Lokaltherapie
∙ Sedativa
∙ Antihistaminika
∙ Acyclovir bei Komplikationen
Prophylaxe
1.
2.
3.
Aktive Immunisierung (Impfung mit abgeschwächter Lebendvakzine)
∙ Die Impfung wird für alle (seronegativen) Personen (auch Erwachsene) empfohlen. Insbesondere wird
sie für Personen empfohlen, für die die Infektion ein Risiko darstellt:

Seronegative Frauen im gebärfähigen Alter

empfängliche Betreuungspersonen von Kindern

empfängliches Personal im Gesundheitswesen

Kinder bei geplanter Immunsuppression

Kinder mit Leukämie oder Malignomen unter Berücksichtigung der Immunitätslage für eine
Lebendimpfung (z.B. im Therapie-Intervall, mit > 1.200/μl Lymphozyten)
Passive Immunisierung mit Immuglobulinen bei abwehrgeschwächten Personen nach Exposition innerhalb von 96
Stunden nach Exposition. Therapieoption für Neugeborene, Frühgeborene und Schwangere
Expositionsprophylaxe
Verena Kaiser
Seite 72
Meningitis
Pädiatrie
28.11.11 – Brunner
Patient: in die Klinik, weil er bemerkt hatte, dass eine Gesichtshälfte „beim Lachen nicht mehr richtig mitmacht“
→ periphere Fazialisparese
Eine der häufigsten Ursachen ist die Neuroborreliose, andere Ursachen müssen erwogen werden
Meningitis
1. Definition
Entzündung der Hirnhäute (Meningen); pathologisch anatomisch als Entzündung der harten (Pachymeningitis) oder
weichen Hirnhaut (Leptomeningitis) bzw. der Rückenmarkhäute (Meningitis spinalis), meist kombiniert (Meningitis
cerebrospinalis).
Meldepflicht!
2. Häufigkeit
Inzidenz im Kindesalter höher als in jedem anderen Lebensalter
Epidemiologie: „Meningitisgürtel“ → S-Amerika, Nord-Afrika, SO-Asien
Letalität 20% trotz Therapie
Faktoren, die eine infektiologisch bedingte Meningitis begünstigen:
-
-
-
Natürliche Faktoren:
∙ Männliches
Geschlecht,
Schwarze
Hautfarbe,
Verminderte
Immunantwort
gegenüber
polysaccharidbekapselten Bakterien
Soziale Faktoren
∙ Enger Kontakt zu Personen mit invasiven Infekten
Vorekrankungen
∙ Immundefizienz, Asplenie, Sytemische Infektion, Kraniale/Innenohrfehlbildung, Myelomeningozele,
Lumbosakraler Dermalsinus
Traumatische Faktoren
∙ Offenes Schädel-Hirn-Trauma
3. Ätiologie
3.1.Kinder > 3 Monate:
Haemophilus influenzae Typ B, Str. pneumoniae (Pneumokokken), N. meningitidis (Meningokokken)
Einteilung der Meningokokken in Serogruppen und Subtypen
Die Klassifizierung in Serogruppen beruht auf strukturellen Unterschieden in den Kapselpolysacchariden sowie auch
unterschiedlichen Agglutinationsreaktionen mit spezifischen Antisera. Die Serogruppen-Klassifizierung hat epidemiologische
und gesundheitspolitische Implikationen. Derzeit sind 13 Serogruppen bekannt: A, B, C, D, H, I, K, L, X, Y, Z, 29E und W135.
Serogruppen A, B, C, Y und W135 stellen den überwiegenden Anteil an Meningokokkenerkrankungen. In Mitteleuropa
spielen vor allem Serogruppe B Meningokokken (in jüngsten Jahren auch Serogruppe C) eine wesentliche Rolle, während im
sogenannten Meningitisgürtel Afrikas, aber auch in Nordindien und Nepal die letzten Epidemien durch Serogruppe A
Meningokokken bedingt waren.
3.2.Säuglinge < 3 Monate:
zusätzlich B-Streptokokken (Infektion über Geburtskanal), E. coli, Enterobacter, Klebsiellen
3.3.Zugrunde liegende Erkrankung oder begleitende Akutsymptomatik
als Hinweis auf bestimmte Erreger (nach Schmutzhard)
Erkrankung
Erreger
AIDS
Listerien, Nokardien, Mycobacterium tuberculosis
Alkoholismus
Streptococcus pneumoniae
Baden im Süßwasser
Amöben
Dermalsinus
Gramnegative Stäbchen, Staphylokokken
Diabetes mellitus
Streptococcus pneumoniae, gramnegative Stäbchen, Staphylokokken
Seite 73
Verena Kaiser
Pädiatrie
Meningitis
Endokarditis
Streptococcus pneumoniae,
Bacteroides spp.
Enterococcus,
Familiäre Belastung
Neisseria meningitidis, Haemophilus influenzae
Gehirnabszess
Anaerobier, Citrobacter (Kinder), Staphylococcus aureus, Enterobacteriaceae
Hautblutungen
Neisseria meningitidis
Immundefekt ( B Zellen)
Neisseria meningitidis, Streptococcus pneumoniae, Haemophilus influenzae
Immundefekt (T Zellen)
Listeria monocytogenes, gramnegative Stäbchen
Intensivpatient
Gramnegative Stäbchen, Staphylococcus aureus
Intrakranialer Shunt
Staphylococcus epidermidis, Staphylococcus aureus, gramnegative Stäbchen
Intravenöser Drogenmissbrauch
Staphylococcus aureus, andere Staphylokokken, gramnegative Stäbchen,
Enterococcus, Pseudomonas aeruginosa
Leukämie
Gramnegative Stäbchen, Staphylococcus aureus
Liquor-Rhinorrhoe (Liquor-Leck)
Streptococcus pneumoniae, gramnegative Stäbchen, Haemophilus influenzae
Lymphom
Listerien
Offene Schädelfraktur
Gramnegative Stäbchen,
Haemophilus influenzae
Otitis, Sinusitis
Streptococcus pneumoniae, Haemophilus influenzae, Anaerobier
Pneumonie
Streptococcus pneumoniae, andere Streptokokken, Neisseria meningitidis
Sichelzellanämie
Streptococcus pneumoniae, Salmonellen, Neisseria meningitidis, Haemophilus
influenzae
Splenektomie
Streptococcus pneumoniae, Neisseria meningitidis, Haemophilus influenzae
Rezidivierende Meningitis
Streptococcus pneumoniae, Haemophilus influenzae, Neisseria meningitidis
Staphylokokken,
Staphylococcus
Streptococcus
aureus,
pneumoniae,
3.4.Weitere bakterielle Ätiologie (selten)
Mykobakterien, Brucellen, Leptospiren, Spirochäten, Listerien etc., alle anbehandelten Meningitiden
3.5.Viral (häufig)
Mumpsviren, Echoviren, Coxsackie-Viren
3.6.Mykotisch (extrem selten)
vor allem Candida, in der Regel nur bei abwehrgeschwächten Patienten oder Frühgeborenen
3.7.Begleitmeningitis
als Nachbarschaftsreaktion bei Hirnabszess, Sinusitis, Mastoiditis etc., Shuntinfektion, Sinusvenenthrombophlebitis,
Schädelosteomyelitis
3.8.Meningitis bei systemischen Erkrankungen
Systemischer Lupus erythematodes, Sarkoidose, M. Behçet, Malignome
3.9.Physikalisch bedingte Meningitis
intrathekale Medikation, Bleivergiftung
Pathogenese:
1. Mikrothromben – Ischämie
2. Endothelschäden und Verletzung der Blut-Hirn-Schranke – Hirnödem
3. Gliaschäden – L-Aspartat und L-Glutamat-Freisetzung
4. Anamnese
-
Umgebungserkrankungen ?
Meningitische Symptome ?
Begleitsymptome wie Fieber, Durchfall, Exanthem, Parotitis, Infekt der oberen Luftwege (häufig vor
Meningokokken-Meningitis!) ?
Otitis, Mastoiditis ?
Verena Kaiser
Seite 74
Meningitis
Pädiatrie
5.Symptome
5.1.Neugeborene
-
Sehr schwer zu diagnostizieren
Temperaturschwankungen, verfallenes Aussehen, Ikterus Thrombozytopenie oder Leukopenie können die
einzigen Hinweiszeichen sein
Trinkunlust, Erbrechen, Apnoen, Krämpfe, Hypoglykämien
5.2.Säuglinge
Nackensteifigkeit nur inkonstant vorhanden; im Vordergrund unspezifische Symptome wie:
Berührungs- und Lagewechselempfindlichkeit, schrilles Schreien oder Wimmern, Tremor, ängstlicher Blick
Anorexie, Dehydratation
Fieber ohne erkennbare Ursache, kann auch fehlen
Gespannte, vorgewölbte Fontanelle (fehlt bei Dehydratation!)
Opisthotonus (krampfartige Reklination des Kopfes und Überstreckung von Rumpf und Extremitäten)
Säuglinge mit Meningitis sind eine Herausforderung! (je jünger, umso schwieriger) → Symptome nicht immer eindeutig,
daher bei Verdacht (auch wenn unsicher) immer Lumbalpunktion
5.3.Ältere Kinder
-
Trinkunlust, Erbrechen, Apnoen, Krämpfe
Kopfschmerzen,
Opisthotonus
Nackensteifigkeit,
positives Brudzinskisches und Kernigsches Zeichen
Dreifußzeichen (beim Sitzen auf ebener Unterlage Unterstützung durch Hände),
Kniekusszeichen (Berührung der Knie durch Mund nicht möglich)
Symptomatik in allen Altersstufen
1.
2.
3.
Allgemeine Symptome: Kreislaufzentralisierung, Koma, Myalgien, Hypertension, reduzierter Allgemeinzustand
Neurologische Symptome: Bewusstseinstrübung, Krämpfe, zerebrales Erbrechen, Herdzeichen
Bei Meningokokken-Meningitis: Waterhouse-Friderichsen-Syndrom, mit schwerster, rasch fortschreitender
Schocksymptomatik, mit disseminierter intravasaler Gerinnung und großflächigen Haut-und Organblutungen
(z.B. Nebennierenrinde)
6. Diagnostik
-
-
-
Liquor: Zellzahl und Zelldifferenzierung, Ausstrich mit Gram- und Methylenblaufärbung, Glukose, Eiweißgehalt,
bakteriologische Kultur, Antigenbestimmung, evtl. Versuch eines Virus- oder Pilznachweises, Schnelltests zur
Erregeridentifikation, säurefeste Stäbchen bei Tbc
Blut: Blutbild, CRP, Glukose, Blutkultur, Gerinnungsstatus,Serologie, BSG
Klinische Befunde:
∙ Nackensteifigkeit
∙ Brudzinski Zeichen
∙ Kernig Zeichen
∙ Lasegue Zeichen
∙ Nacken-Beuge Zeichen nach Lhermitte
∙ Dreifußzeichen beim Sitzen auf ebener Unterlage Unterstützung durch Hände
∙ Kniekusszeichen Berührung der Knie durch Mund nicht möglich
Bildgebung: Sono, MRT
7. Differenzialdiagnose des Meningismus
-
Infektionen (Lymphadenitis, Angina tonsillaris, Retrotonsillarabszess, Oberlappenpneumonie)
Myogelosen und Skeletterkrankungen (z. B. rheumatoide Arthritis der HWS)
Zerebrale Blutungen
Hirntumoren
8. Komplikationen
-
Azidose / Hypoxie / Infarzierung
Inadäquate ABH Sekretion
Status epilepticus mit Folgeschäden
Diffuse eitrige Enzephalitis, subdurale Gefäßverschlüsse
Sinusvenen-Thrombose
Hirnabszess
Subdurale Ergüsse, postmeningitischer Hydrozephalus
DIC (disseminated intravasal coagulation)
Seite 75
Verena Kaiser
Pädiatrie
Meningitis
9. Antibiotische Therapie der bakteriellen Meningitis, Alter als Hinweis für Erreger
Alter
antibiotische Therapie
Erreger
0-4 Wochen
Ampicillin + Cefotaxim oder Ampicillin
+ Aminoglycosid
Gruppe B Streptokokken, E. coli, Listerien
4 Wochen - 3 Monate
Ampicillin + Cefotaxim/Ceftriaxon
Gruppe B Streptokokken, E. coli, Listerien, H.
influenzae
3 Monate - 18 Jahre
Penicillin G oder Cefotaxim/Ceftriaxon
Neisseria
meningitidis,
pneumoniae H. influenzae
Streptococcus
> 18 Jahre
Penicillin G oder Cefotaxim/Ceftriaxon
Neisseria
meningitidis,
pneumoniae
Streptococcus
> 50 Jahre
Ampicillin + Cefotaxim/Ceftriaxon
Streptococcus pneumoniae, Listerien, Neisseria
meningitidis, gramnegative Stäbchen
Therapie der bakteriellen Meningitis
1.
2.
3.
4.
5.
Antibiotische Therapie
a. Neugeborene: Ampicillin+ Gentamycin+ Cefotaxim
b. Danach: Cefotaxim/Ceftriaxon (+ Gentamycin)
Dexamethason (Prophylaxe von Komplikationen)
Kreislaufunterstützende Maßnahmen (Volumen)
Intensivtherapie
Analgetische Therapie
Prophylaxe
-
Möglichkeit einer Meningokokkenimpfung
Zusammenfassung
-
Die bakterielle Meningitis ist ein medizinischer Notfall!!!
Bei der Diagnostik können Minuten entscheidend sein
Keine Zeit verlieren mit frustranenPunktionen
Rasche Einleitung der richtigen Therapie
An der bakteriellen Meningitis kann die Relevanz von Impfungen gezeigt werden
Verena Kaiser
Seite 76
Vaskulitis
Pädiatrie
29.11.11
Vaskulitis im Kindesalter
Vaskulitis: chronische Entzündung der Gefäße
1.
2.
3.
Große Gefäße:
a. Riesenzellarteriitis
b. Takayasu Arteriitis
Mittelgroße Gefäße:
a. Klassische Polyarteritis nodosa
b. Infantile Polyarteritis nodosa
i. Kawasaki Syndrom
ii. Atypisches Kawasaki Syndrom
c. Microscopische Polyarteritis nodosa
d. PrimäreZNS Vaskulitis
Kleine Gefäße:
a. Leukocytoclastische Vaskulitis
i. Kutane leukocytoclastische Vaskulitis
ii. Purpura Schoenlein Henoch (HSP)
iii. M. Wegener
iv. Churg Strauss Syndrom
v. Kryoglobulinämische Vaskulitis
Purpura Schönlein-Hennoch
→ nicht durch Biopsie sichern!
Definition (ACR Kriterien: 2 von 4 bei Erwachsenen) und Epidemiologie
1.
2.
3.
4.
Alter < 20 jahre
Palpable Purpura
Angina abdominalis
histologischer Nachweis von Granulozytenin der Gefäßwand
-
Häufigste Vaskulitis des Kindesalters
Inzidenz: 10-20 / 100.000 Kinder /Jahr
Bei den 4-6 jährigen: 70 /100.000 /Jahr
Häufung in den Herbst-und Wintermonaten
Klassifikation: Purpura PLUS Bauchschmerzen oder Histologie oder Arthritis oder Arthralgie oder Nierenbeteiligung
Pathogenese
-
Möglicherweise genetische Empfänglichkeit für Autoimmunopathien
Trigger zB. Salmonella Streptococcen Helicobacter Varizellen, Parvoviren
Präzipitation von Immunkomplexen in der Gefäßwand
Komplementaktivierung, Adhäsionsmoleküle
Migration von Neutrophilen Granulozyten und Makrophagen zum Endothel
Proteolytische Enzyme schädigen die Gefäßwand
Seite 77
Verena Kaiser
Pädiatrie
-
Vaskulitis
IgA-Ablagerungen (Cave: glomeruläre Veränderungen an der Niere)
∙ Können pathologisch festgestellt werden
∙ Neigung zur Nephropathie im Erwachsenenalter
Klinische Manifestationen
-
Allgemeinsymptome (Fieber, ödematöses, schmerzhaftes Exanthem, Purpura, Arthralgien, Arthritiden)
∙ Kind aber in gutem AZ
Abdominelle Beteiligung (Erbrechen, Bauchschmerzen, blutige Stühle, Invagination, Gallenblasenhydrops,
Pankreatitis)
Pulmonale Beteiligung (Husten, Tachydyspnoe, Hämoptoe, Pulmonale Hämorrhagie)
Beteiligung des Genitaltraktes (Hodenschmerzen, Orchitis)
ZNS Beteiligung (Krampfanfälle, Kopfschmerzen, Paresen)
Nierenbeteiligung (Hämaturie, Proteinurie, Hypertonie, Nephrotisches Syndrom, Niereninsuffizienz)
Bettruhe ist indiziert: bei zu frühem Wiederaufstehen kann es leicht zu einem Rezidiv kommen
Diagnostik
Labordiagnostik ( Blutbild, Organfunktionsparameter, Immunglobuline, insbesondere IgA, ANA, ENA, ds-DNA, C3, C4, ANCA ,
Faktor XIII (abdominelle Beteiligung))
Bildgebende Diagnostik ( Sonografie Abdomen, Gelenke, Hoden ,Röntgenaufnahme Abdomen, Thorax, CT Thorax (bei
Indikation), EEG (bei Indikation), Schädel-MRT(bei Indikation))
Indikation für Nierenbiopsie bei PSH
große Proteinurie
nephrotisches Syndrom
nephritisches Syndrom
nephrotisch-nephritisches Syndrom
eingeschränkte glomeruläre Filtrationsrate
Therapie
Maßnahme
Indikation
Immobilisierung
Organbeteiligung
Paracetamol, NSAR
Arthritis
Steroide
Bauchschmerzen
ACE Hemmer, AT-1Antagonist
renale Beteiligung
Steroidstoßtherapie
nephrotisches, nephritisches Syndrom
Steroidstoßtherapie plus Cyclophosphamid, ggf.
renale Beteiligung mit > 75 % glomerulärer
Azathioprin, Ciclosporin A, Plasmapherese
Halbmondbildung in der Nierenhistologie
Kurzzeitige Prednisolontherapie ist ein Streitthema: Daten belegen, dass Bauchschmerzen durch die
werden
Evidenz-Level
III B
III A
II B
III C
III B
III B
Therapie reduziert
Kawasaki Syndrom
Definition Ø
Immunologically mediated generalized Vasculitis that is triggered in a susceptible host by a variety of common infectious
agents prevalent in the community.
Ätiologie
Rickettsien, Streptococcen, Staphylococcen, ParvovirusB19, EBV, Adenoviren, Echoviren, CMV, Mykoplasmen, Candida.
Pathogenese
Genetische Prädisposition, infektiologischer Trigger, Endothelaktivierung, Zell-Migration, T-Zellaktivierung mögliche
Spezifität eines T-Zell-Rezeptors, Zytokinausschüttung.
Klinische Manifestationen
-
Persistierendes antibiotikaresistentes Fieber (5 Tage)
96%
Senkungsbeschleunigung mit / ohne CRP Erhöhung
93%
Bilaterale konjunktivale Injektion ohne Exsudation
88%
Erythem, palmare/plantare Erytheme und Ödeme
Periunguale Desquamation
∙ Ähnlich wie bei Scharlach
Lackrote Lippen und Enanthem im Orophyrynx, Lippenfissuren, Erdbeerzunge
Arthritis
zervikale Lymphadenopathie
sterile Leukozyturie
Thrombozytose ab 2.-3. Krankheitswoche
Verena Kaiser
Seite 78
Vaskulitis
Pädiatrie
Theoretisch kann jedes Organ beteiligt sein, weil jedes Gefäßsystem beteiligt sein kann:
Begleithepatitis (Transaminasen ↑ und Bilirubin ↑)
Pankreatitis
Diarrhoe, Erbrechen, Darmbeteiligung
Aseptische Meningitis
Husten mit röntgenologischen Infiltraten
Myokarditis/Perikarditis
Koronararterienaneurysmata
Aneurysmata
Gallenblasenhydrops
Makrophagenaktivierungssyndrom
Periphere Nekrosen (sehr selten – 0,8%)
Klinischer Verlauf
1.
2.
3.
Akutphase
∙ Tag 1-11
∙ reduzierter Allgemeinzustand
∙ Perivaskulitis
Subakutphase
∙ Tag 11-21
∙ Fieber, Exanthem, Lymphadenopathie ↓
∙ Schuppung
∙ Thrombozytose
∙ Panvaskulitis
∙ Aneurysmabildung
Rekonvaleszenz
∙ Tag 21-60
∙ 6-10 Wochen nach Krankheitsbeginn
∙ Normalisierung der Blutsenkung
∙ Fibrosierung in den Gefäßen
Diagnose-komplettes Kawasaki Syndrom
-
Persistierendes, antibiotikaresistentes Fieber über 5 Tage
+ 4 der 5 folgenden Kriterien:
∙ Bilaterale konjunktivale Injektion ohne Exsudation
∙ Lackrote Lippen Enanthem im Oropharynx, Lippenfissuren Erdbeerzunge
∙ Rashartiges Erythem
∙ Palmare/plantare Erytheme, Ödeme bzw. periunguale Desquamation
∙ Zervikale Lymphadenopathie
Diagnose-inkomplettes Kawasaki Syndrom
Atypische Kawasaki-Syndrome gehen häufiger mit Komplikationen der Koronararterien einher, als komplette
-
Persistierendes, antibiotikaresistentes Fieber über 5 Tage
+ Ausschluss anderer Ursachen
+ laborchemische Entzündungszeichen
+ 2 der 5 folgenden Kriterien:
∙ Bilaterale konjunktivale Injektion ohne Exsudation
∙ Lackrote Lippen Enanthem im Oropharynx, Lippenfissuren Erdbeerzunge
∙ Rashartiges Erythem
∙ Palmare/plantare Erytheme, Ödeme bzw. periunguale Desquamation
∙ Zervikale Lymphadenopathie
Diagnose: DARAN DENKEN!!!!!
-
Klinisch-diagnostische Kriterien
Labordiagnostik (Leukozytose, Anämie, Sterile Leukozyturie, IgE-Erhöhung, C3 und C4 Erniedrigung)
Echokardiografie
Sonografie
Weitere Bildgebung
-
Rheumatische Erkrankungen (andere Vaskulitiden Kollagenosen, juvenile idiopathische Arthritis)
Intoxikationen
Malignome
Infektionen (= wichtigste/häufigste DD)
DD
Seite 79
Verena Kaiser
Pädiatrie
Vaskulitis
Therapie
-
-
-
Immunglobuline 2 g/kgKG
∙ über 6-10 Stunden
∙ Wiederholung falls keine Entfieberungeintritt
Acetylsalicylsäure 80-100 mg/kgKG/d
∙ bis zur Entfieberung
∙ dann:3-5 mg/kgKG/d
... Steroide, TNFα Antagonisten, Cyclophosphamid, Plasmapherese?????
Zusammenfassung
K
A
W
A
S
A
K
I
awasaki Syndrom: wichtige DD des unklaren Fiebers
etiologisch: unklar
ichtig: Therapie ≤d 5 beginnen
usschlag, Arthritis
enkung im Blut: hoch
ugensymptomatik: bilaterale konjunktivale Injektionen
ardiologie!!!!
nkomplette Form des Kawasaki Syndroms: ebenso Therapie
Verena Kaiser
Seite 80
Arthritis
Pädiatrie
29.11.11
Arthritis im Kindesalter
Differentialdiagnose Gelenkschmerzen und -schwellungen
-
-
-
Infektionen:
∙ Septische Arthritis
∙ LymeArthritis
∙ Infektassoziierte Arthritis
∙ Poststreptococcenarthritis
∙ Osteomyelitis
Akutes Rheumatisches Fieber
Spondylarthropathien(z.B. bei M. Crohn)
Kollagenosen
∙ SLE
∙ Mischkollagenose(Sharp-Syndrom)
∙ juvenile Dermatomyositis
∙ juvenile Sklerodermie
Vaskulitiden
Autoinflammatory disorders
Nicht entzündlich bedingte Differentialdiagnosen:
∙ Skelettdysplasien
∙ Osteochondrosen (M. Perthes, M. Osgood–Schlatter)
∙ Speichererkrankungen (Mucopolysacharidosen, Sphingolipidosen)
∙ Überbelastung
∙ Chronische Schmerzsyndrome
∙ Traumen
∙ Malignome (Sarkome, Leukämie)
∙ Kindesmisshandlung
Septische Arthritis (Rheumatologischer Notfall !!!)
-
-
Fieber
hochakute Monarthritis (Rötung, Schwellung, Erwärmung, Schmerzen)
große Gelenke
schnelles Auftreten von Gelenksschmerzen
Schonung des Gelenkes
bei Neugeborenen: „Pseudoparalyse“
bei Kindern: Hinken/ Schonung
Gelenkpunktion obligat
KEIN ZUWARTEN!!!!!
∙ Bei Verdacht sofort reagieren: v.a. bei Säuglingen mit Gelenksschwellungen daran denken
(Gelenksverletzungen bei Säuglingen kommen nicht vor – ausg. Unfall oder Kindesmisshandlung)
Antibiotische Therapie, z.B. Cefuroxim, Fosfomycin
Lyme Arthritis
-
Häufig schmerzlose Monoarthritis!!!
Klassischerweise Kniegelenk
Starke Schwellung
Spezialdiagnostik: Punktion und Nachweis der Borrelien-DNA bzw. Antikörper
Transiente Synovitis (Coxitis fugax = Hüftschnupfen)
-
Anamnese:
banaler Infekt
Leitsymptom
akute einseitige Hüftschmerzen Ausstrahlung in den Oberschenkel
Alter:
vorwiegend Jungen, 3-10 Jahre
Klinik:
Schonhaltung der Hüften in Abduktion, Innenrotation eingeschränkt
Labor:
BSG, CRP meist unauffällig
Sonographie:
Hüftgelenkserguss, Kapseldistension
Therapie:
symptomatisch, NSAR z.B. Ibuprofen)
Differentialdiagnose:
∙ Morbus Perthes (aseptische Knochennekrose bei temporärer Durchblutungsstörung des Femurkopfes
unklarer Genese)

V.a. daran denken, wenn rezidivierend
Seite 81
Verena Kaiser
Pädiatrie
Arthritis
M. Perthes
-
auch häufiger Jungen, 4.-8. Lj.
Inzidenz 10:100.000
Therapie: zunächst Physiotherapie
Wird die Erkrankung zu spät entdeckt, kann eine Operation nötig werden
Wichtig: nicht aufs Röntgen verlassen (ist am Anfang unauffällig)
Immer daran denken, wenn ein Kind mehrmals mit einer Coxitis fugax kommt
Kriterien des Systemischen Lupus erythematodes
Spezifität von 96% bei 4 Kriterien
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
8.
9.
10.
11.
12.
Schmetterlingserythem
Discoide Hautausschläge
Photosensibilität
Ulzerationen
Arthritis
Serositis: Pleuritis / Perikarditis
Nephritis (Proteinurie> 0,5 g / d oder
Erythrozytenzylinderim Harnsediment)
Enzephalopathie(zerebrale Anfälle / Psychose)
Zytopenie, hämolytischeAnämie
Positive Immunserologie
Nachweis von ANA
Autoinflammatory disorders
Alle diese Erkrankungen haben eine Gemeinsamkeit, sie sind monogenetische Erkrankungen: im Vergleich zur sonstigen
Rheumatologie ist eine Ursache zu finden; mit Biologika kann die vermehrte Zytokinproduktion, die bei allen
autoinflammatory disorders auftritt, gestoppt werden und der Patient zur Beschwerdefreiheit geführt werden
juvenile idiopathische Arthritis (JIA)
Rheumafaktor, der bei Erwachsenen eine Rolle spielt, ist bei Kindern selten wegweisend → bei Kindern immer ANA
bestimmen
Definition, Epidemiologie und Klassifikation
-
-
Definition: Reproduzierbare Schwellung, Erguss oder schmerzhafte Bewegungseinschränkung in mindestens 1
Gelenk, ohne vorangegangenes Trauma mit Erkrankungsdauer von mindestens 3 Monaten und mit
Erkrankungsbeginn vor dem 16. Lebensjahr.
Inzidenz: 2 -5/ 100000
Prävalenz:20-40/ 100000
Verena Kaiser
Seite 82
Arthritis
-
Pädiatrie
sexratio: w:m= 2:1
Klassifikation:
∙ Systemische JIA (M. Still)
∙ Oligoarthritis
∙ Polyarthritis RF∙ Polyarthritis RF+
∙ Enthesitis-assoziierte Arthritis
∙ Psoriasis Arthritis
∙ Unklassifizierte Arthritis
Pathogenese
Verschiedene Hypothesen:
Makrophage stimuliert über HLA Rezeptoren T-Zellen =
klassische Vorstellung
Antigeninduzierte Aktivierung von T-Zellen
Aktivierung von granulozyten durch DAMP (damage
associated molecular patterns), PAMP und Zytokine
Komplementaktivierung → gemeinsame Endstrecke
Systemische JIA (M. Still)
-
Häufigkeit: 10% aller JIAs
Altersgipfel 2a
Symptome:
Fieber 100%
Arthritis 100%
Exanthem 90%
Hepato-Splenomegalie 70-80%
Karditis 60%
Lymphadenopathie 55%
Pleuritis 15%
Iridozyklitis 2%
Therapie
Tocilizumab
Anakinra
Canakinumab
(früher Problem, weil nur Cortison verfügbar → Wachstumshemmung)
Gefürchtete Komplikation: Makrophagenaktivierungssyndrom
Polyartikuläre JIA (seronegativ)
-
25 % aller JIA
w >> m
2.-3. LJ, präpubertär
polyarthritischer Verlauf (> 5 Gelenke)
symmetrischer Befall kleiner Gelenke
Befall von HWS und TMG
RF negativ
Polyartikuläre JIA (seropositiv)
-
5 % aller JIA
Assoziation zu HLA-DR4 (Allel DRB1*04)
w >> m
ab dem 8.-10. Lebensjahr
kleine Gelenke sind betroffen
symmetrischer Befall
Rheumaknoten
RF positiv
Schlechteste Prognose: größtes Risiko zu chronifizieren
Enthesitisassoziierte Arthritis (EAA)
-
Einzige, bei der Buben stärker betroffen sind als Mädchen!
25 % aller JIA
Seite 83
Verena Kaiser
Pädiatrie
-
Arthritis
m:w=4:1
nach dem 10. Lebensjahr
große Gelenke (untere Extremität)
asymmetrischer Befall
Sacroiliacalgelenke
Iridocyclitisin 10 -20 % („rot“)
persistierende/ extended Oligoarthritis
-
1.-6. Lebensjahr
w:m=3:1
25 -30 % aller JCA
< 5 Gelenke
asymmetrischer Befall
Uveitis in ca. 50 % !!
häufig ANA positiv
wichtig: Kinderrheuma → zum Augenarzt!
Therapeutische Optionen bei Uveitis:
Anti-TNF-α
Infliximab und Adalimumab: besserer klinischer Response mit weniger Komplikationen als Etanercept
Psoriasis und Arthritis
Psoriasis bei Patient oder erstgradigen Verwandten. Ausschlusskriterium für andere Subgruppen der JIA.
Diagnostik
-
Anamnese
Klinischer Befund
Laborparameter (BB, ANA, RF, Anti CCP (Akö gg. citrulliniertes Peptid), CrP, BSG, Immunglobuline,
Synovialflüssigkeit)
Bildgebende Diagnostik
Orthopädisches Konsil
Augenkonsil
Medikamentöse Therapie
1.
2.
3.
4.
5.
NSAR
a. Naproxen
10–15 mg/kgKG in 2 ED
Saft
b. Ibuprofen
30-40 mg/kgKG in 3-4 ED
Saft
c. Indometacin
2–3 mg/kgKG in 3–4 ED
Saft
d. Diclofenac
2–3 mg/kgKG in 2–3 ED
Tabletten (ab 12LJ)
Methotrexat
a. Azathioprin. Möglichst Kortison sparend!!
Biologika
a. Etanercept = Anti-TNF-α
Intraartikuläre Corticoidgabe
Physikalische Therapie, Physiotherapie, Ergotherapie, Psychotherapie, Sozialdienst, Hilfsmittel
Zusammenfassung
I.
III.
Außerhalb von Epidemiezeiten mit Infekten der oberen Luftwege oder Gastroenteritiden sind Schmerzen am
Bewegungsapparat der dritthäufigste Grund für die Vorstellung beim Kinderarzt.
Bei unklaren Beschwerden des Bewegungsapparates muss vor einer Therapie eine Diagnosestellung
erfolgen.
Rheumatische Erkrankungen sind Ausschlussdiagnosen.
IV.
V.
Eine Uveitis muss ausgeschlossen werden.
Eine INTERDISZIPLINÄRE ZUSAMMENARBEIT ist erforderlich.
II.
Verena Kaiser
Seite 84
Akute Leukämien
Pädiatrie
01.12.11
Akute Leukämien im Kindes- und Jugendalter
Akute lymphatische Leukämie ist im Kindesalter die häufigste maligne Neoplasie.
Altersverteilung: Gipfel im ersten Lebensjahr
Definition und Häufigkeit
-
Ätiologisch nicht geklärte ungehemmte Proliferation pathologischer Vorstufen weißer Blutzellen
80% akute lymphatische Leukämien
18% akute myeloische Leukämien
2% chronisch myeloische Leukämien
∙ ⇒ Verdrängung normaler Hämatopoese
∙ ⇒ Infiltration extramedullärer Organe
Leitsymptome der Leukämien
-
-
erklärbar durch Knochenmarkinsuffizienz:
∙ Blässe, Abgeschlagenheit
∙ Blutungsneigung (Petechien, Hämatome, Zahnfleischbluten)
∙ Infektzeichen (Fieber)

i.d.R. Granulozytopenie durch Verdrängung der normalen Hämatopoese
30% Bauchschmerzen (bei der ALL)
50% Knochen- oder Gelenkschmerzen
∙ cave: Fehldiagnose: Verstauchung, rheumatische Arthritis
Klinik akuter Leukämien
-
Symptomatik entwickelt sich innerhalb weniger Wochen
Infiltration extramedullärer Organe
∙ vergrößerte Lymphknoten
∙ Leber, Milz bei 70% aller Kinder vergrößert: DD infektiöse Mononukleose
∙ Hautinfiltrate
∙ Hodenschwellung
∙ Meningeosis leucaemica: Sehstörungen, Kopfschmerzen, Hirnnervenausfälle
Diagnostik der ALL
-
-
Blutbild:
∙
∙
∙
∙
Leukozytenzahl: vermindert, normal oder selten stark erhöht, bei 50 % aller Kinder < 10 G/l
Anämie
Thrombozytopenie
DD: SAA (schwere aplastische Anämie: Thrombozytopenie, Anämie mit Retikulozytopenie und
Verminderung der Granulozyten), infektiöse Mononukleose
Differentialblutbild: Nachweis von Lymphoblasten im peripheren Blut
DD: Leukämie, Infektiöse Mononukleose
Lymphatische Reizform: Inf. Mononukleose
-
Wichtig! anhand der Leukozytenzahl allein läßt sich eine Leukämie nicht ausschließen
Auch die automatisierte Differentialblutdiagnostik ist nicht ausreichend, es muß eine manuelle, mikroskopische
Beurteilung erfolgen!
LDH ⇑, Harnsäure⇑
Knochenmark: zur Diagnosesicherung
∙ Zytologie: mehr als 20% Blasten, monomorphes Zellbild, hyperzellulär
∙ Immuntypisierung:

B-Vorläufer (84%): Prä-Prä-B-ALL, Common ALL, prä-B-ALL

T-ALL (13%)

B-ALL
∙ Zytogenetik (t9;22), t(4:11)
∙ (Zytochemie)
Immunologische Klassifikation der ALL:
Monoklonale Antikörper bestimmen
B-Vorläufer ALL (84%)
∙ Prä-prä B-ALL
∙ Common-ALL
Seite 85
Verena Kaiser
Pädiatrie
-
akute Leukämien
∙ Prä-B-ALL
T-ALL (13%)
B-ALL (3%)
ALL mit Koexpression myeloischer Marker
Peripheres Blut FAB-L1: L 8G/l, Thr 302 G/l, Hb 73 g/l, 3% Blasten
KM ED: 89 % Blasten
KM Tag 15: Remissionsmark
Patient 1: 3 Jahre alt
-
Anamnese: Fieber seit 3 Wochen, Appetitverlust, Müdigkeit, gelegentlich Nasenbluten
Klinik: Haut blass, zahlreiche Hämatome, einzelne Petechien, Leber 3 cm unter Ribo, Milz 6 cm unter Ribo
Labor: Leukozyten 5,0 G/l, Hämoglobin 57 g/l, Thrombozyten 16 G/l
Patient 2: 14 Jahre alt
-
Anamnese: seit 14 Tagen zunehmende Blässe und Abgeschlagenheit, vermehrte Müdigkeit, Leistungsabfall
Klinik: Haut blaß, Petechien an den Unterarmen,
Labor: Leukozyten 4,9 G/L, Hämoglobin 59 g/L, Thrombozyten 10 G/L
Therapie der ALL
-
-
Vernichtung von Leukämiezellen und Wiederherstellung der normalen Hämatopoese
∙ Cortison
∙ Chemotherapie
∙ ev. prophylaktische Schädelbesthrahlung
6-9 Monate intensive Chemotherapie, bis 2 Jahre nach Diagnose Erhaltungschemotherapie
frühes Ansprechen auf Therapie signalisiert gute Prognose (guter Cortisonresponse und minimale
Resterkrankung)
ZNS-Prophylaxe durch intrathekale Instillation von Methotrexat (Amethopterin), Verhütung eines ZNS-Rezidivs,
Vermeidung einer prophylaktischen Schädelbestrahlung
Supportive Therapie
-
Ersatz von Blutbestandteilen
Infektionsprophylaxe mit Trimethoprim/Sulfamethoxazol zur Verhinderung einer Pneumocystis Carinii Infektion
und Pilzprophylaxe
intensive i.v. antibiotische Therapie und ev. Sepsistherapie bei Infektionen (meist FUO), Pilztherapie
Klinische Überwachung und supportive Therapie
-
Permanente Kontrolle der Chemotherapieapplikation und Nebenwirkungen
sorgfältige Bilanzierung
antiemetische Therapie
Verena Kaiser
Seite 86
Akute Leukämien
-
Pädiatrie
psychosoziale Betreuung
Haut- und Schleimhautpflege
Behandlungsziele bei ALL
-
-
Durch intensive Induktionstherapie und Reinduktion früh nach erreichter Remission (<5% Blasten im KM) lässt
sich Remissionsqualität und damit Heilungsaussicht verbessern
∙ Reinduktion wichtig um vollständige Heilung zu erzielen
Aufrechterhaltung einer Remission
Da heute nahezu alle Kinder mit ALL eine Remission erreichen, ist es das primäre Ziel ein Knochenmarksrezidiv
und/oder extramedulläres Rezidiv (ZNS, Hoden) zu verhindern
Rezidiv (Wiederauftreten) einer ALL
-
-
Risiko bei Standardrisikopatienten bei unter 10%, bei Hochrisikopatienten bei ca. 40%
verschlechtert Prognose, isoliert oder kombinert
∙ Knochenmark
∙ Hoden
∙ ZNS: Hirndruckzeichen; ohne ZNS-Prophylaxe bei 50%, mit ZNS-Prophylaxe 5%
∙ Heilung durch Knochenmarktransplantation
Auch nach Rezidiv (Relapse) wird meist eine 2. Remission erzielt, die Heilungschancen sind dann aber relativ
schlecht, besonders bei kurzer Remissionsdauer
Trotz Fortschritten in der Behandlung der ALL im Kindesalter, müssen noch zahlreiche biologische und therapeutische
Fragen beantwortet werden, um das Ziel der Heilung aller Kinder mit ALL zu erreichen
⇒ Behandlung von Kindern mit Tumoren in Therapieoptimierungsstudien z.B. ALL BFM-2000, Folgestudie ALL BFM-2008
Prognostische Faktoren mit klinischer Relevanz – risikoadaptierte Therapie
-
-
Ansprechen auf Therapie
∙ Cortisonresponse
∙ Nonresponse am Tag 33
∙ MRD-Untersuchung (Durchflusszytometrie und PCR)
Translokationen (4;11) und (9;22)
Stellenwert der Stammzelltransplantation bei ALL
-
-
In erster Remission haben ca. 10% der Patienten eine Indikation zur allogenen Stammzelltranplantation
Indikation richtet sich nach Rezidivrisiko und Verfügbarkeit eines Spenders
∙ HLA identer Geschwisterspender
∙ HLA gematchter Fremdspender
∙ Fremdspender mit Mismatch (nur bei sehr hohem Risiko verwendet)
Knochenmarktransplantation in erster Remission nur für kleine Patientengruppe notwendig
∙ Translokationen: t(9;22); t(4;11)
∙ schlechtes Ansprechen auf 7 Tage Prednison Monotherapie (Cortisonresponse)
∙ minimal residual disease (MRD): schlechtes Ansprechen
Bedeutung des Cortisonresponse: Patienten mit einem
guten Response hatten eine wesentlich bessere Prognose
(heute etwas verschoben, aber Cortisonresponse ist immer
noch ein wichtiger Stratifizierungsparameter)
Seite 87
Verena Kaiser
Pädiatrie
akute Leukämien
mit der PCR lässt sich viel besser differenzieren, welche Patienten ein Rezidiv entwickeln und welche nicht: Einteilung in
Risikogruppen
Risikogruppen nach MRD-Resultat
-
MRD low risk group: Rezidivrisiko 2%
∙ MRD negativ in 5.Woche (Zeitpunkt 1)
MRD intermediate risk group: Rezidivrisiko 25%
∙ sinkende MRD-Belastung, < 10-3 nach 10-12 Wochen (Zeitpunkt 2)
MRD high risk group: Rezidivrisiko 85%
∙ MRD-Belastung ≥ 10-3 nach 10-12 Wochen (Zeitpunkt 2)
Rezidivfreies Überleben abhängig von MRD zu Zeitpunkt 1 + 2
Risikoadaptierte Therapie
Therapieintensität richtet sich nach Risikogruppe, je höher das Risiko desto intensiver die Behandlung
Ziel: Verhinderung eines Rezidivs
Kleine Änderung eines einzelnen Medikaments kann sich signifikant auf die Überlebensrate auswirken
Verena Kaiser
Seite 88
Diabetes
Pädiatrie
02.11.11 – Hofer
Diabetes mellitus in Kindesalter
Diabeteseinteilung
-
-
-
Typ I Diabetes
∙ autoimmunologisch Typ 1a → Großteil
∙ idiopathisch Typ1b
∙ Kein Unterschied im klinischen Verlauf, aber beim idiopathischen sind keine Antikörper gegen β-Zellspezifische Peptide zu finden
Typ II Diabetes
Andere spezifische Diabetestypen
∙ Genetische Defekte der β-Zell-Funktion
∙ Genetische Defekte der Insulinwirkung
∙ Erkrankungen des exokrinen Pankreas
∙ Endokrinopathien
∙ Medikamenten (Chemikalien-) induzierter Diabetes
∙ Infektionen
∙ Seltene Immunologische Formen
∙ Genetische Syndrome, die mit Diabetes assoziiert sein können
Gestationsdiabetes
Physiologie der Insulinsekretion
Änderung im Energielevel ist ein
wesentlicher Punkt, der sich auf den ATPabhängigen K-Kanal auswirkt → bei ATPÜberschuss
kommt
es
zu
einer
Depolarisation der Membran, die InsulinVesikel können entleert werden
KATP Kanal
Veränderungen in diesen
beobachtet werden → je
und Mutation kann es zu
Hyperglykämie kommen
Wichtig für Patienten
Diabetesformen
Seite 89
Kanälen können
nach Ausprägung
einer Hypo- oder
mit
neonatalen
Verena Kaiser
Pädiatrie
Diabetes
Epidemiologie DM Typ 1 und 2
Zunahme der Typ-I Diabetes Inzidenz im Kindesalter, wohingegen die Typ II Inzidenz in Österreich konstant zu bleiben
scheint (z.B. aus den USA sind andere Entwicklungen bekannt)
Die Inzidenz ist in nördlichen Ländern höher, in allen Ländern nimmt die Inzidenz des Typ I zu
Risikofaktoren für Typ I
-
genetische Prädisposition
Umweltfaktoren (z.B. Virusinfekte)
Risikofaktoren für Typ II
-
Übergewicht, Adipositas, BMI ↑
Hyperlipidämie, Hypertonie, Insulinresistenz
positive Familienanamnese für Typ II Diabetes
Androgenisierung bei Mädchen, Akanthosis nigricans, Regelstörungen - PCO (polycystic ovary syndrome)
Phasen der Diabetesentstehung
Initial 100%
Prädisposition
Beta-Zell-Masse
+
genetische
Stufenweise Reduktion bis es dann zu einer
klinischen Manifestation führt → meist erst bei nur
noch 10% Restfunktion
Diagnostik
-
-
Glukosurie: Harnteststreifen
Hyperglykämie
ev. oraler Glukosetoleranztest in initialen Phasen nötig
c-peptid, Insulin erniedrigt
Antikörperbestimmung (es gibt schon mehr als die unten genannten)
∙ Glutamatdecarboxylase Antikörper (GAD)
∙ Tyrosin-Phosphatase Antikörper (IA2)
∙ Insulinautoantikörper (IAA)
∙ Akademisch von Interesse, aber unmittelbar für die Diagnose wenig hilfreich, da sehr langwierig (aber
zur Unterscheidung eines Typ I oder II DM bzw. eines genetischen oder nicht-genetischen)
Ketoazidose
∙ Ketonurie
∙ Ketonkörpernachweis im Blut
∙ Azidose im Astrup
Diabetes spezifische Symptome
-
Polydipsie ( Durst)
Polyurie (Harndrang, nächtlicher Harndrang, Bettnässen)
Leistungseinschränkung (Schwäche, Müdigkeit)
Bauchschmerzen
Sehstörung
Bei kleinen Kindern auch häufig Pilzinfektionen als Erstmanifestation (Soor, etc.)
Verena Kaiser
Seite 90
Diabetes
Pädiatrie
Insulintherapie
Postprandiale Hyperglykämien
Unzureichendes Bolusmanagement
Ohne Diabetes: einmaliger Abfall des BZ auf unter 60: an
diesem Abend Alkohol konsumiert und daraufhin
Hypoglykämiesymptome entwickelt
Erste Insulininjektion 1922
Therapieziele in der pädiatrischen Diabetologie
-
Normoglykämie – Vermeidung von Akut- und Spätkomplikationen
Altersentsprechende Größe und Gewicht
normale Pubertätsentwicklung
körperliche und geistige Leistungsfähigkeit
seelische Ausgeglichenheit
ISPAD HbA1c < 7,5%
∙ ISPAD: internationale Gesellschaft für pädiatrische und adoleszente Diagnostik
APED (österreichische Arbeitsgruppe für pädiatrische Endokrinologie und Diabetes < 7,0% !!!
Therapieformen
-
Konventionelle Therapie
Intensivierte Therapie
Insulinpumpentherapie
Wahl der Therapieform
-
-
-
Alter des Patienten
∙ Säugling
∙ Kleinkind
∙ Schulkind
∙ Jugendlicher
Phase der Erkrankung
∙ Prädiabetes
∙ Erstmanifestation
∙ Remission
∙ Vollständige Insulinabhängigkeit
Lebensumstände
∙ Kindergarten
∙ Schule
∙ Lehre/Arbeit
Seite 91
Verena Kaiser
Pädiatrie
Diabetes
Therapieform in Abhängigkeit vom Lebensalter
Insulinpumpentherapie v.a. bei kleinen Kindern: ermöglicht eine
mehrmalige Insulinabgabe ohne jedes mal neu zu stechen → daher
besonders für kleine Kinder von Vorteil
Konventionelle Therapie
Kombination von Normalinsulin und eine langeirksame Komponente
für den ganzen Tag; diese Therapieform wird in der Pädiatrie fast
kaum mehr angewandt, außer evtl. bei Kindern mit einer
augeprägten Remissionsphase
Die meisten Kinder laufen unter Basis-Bolus-Therapie
Dawn - Phänomen
-
Morgendämmerungsphänomen
Pubertät
Blutzuckeranstieg in den frühen Morgenstunden
Durch Ausschüttung von
∙ Wachtumshormon
∙ Cortisol
∙ Adrenalin
Insuline und ihre Wirkung
Insulin
Schnell wirksame Analoga (Humalog ®, NovoRapid®, Apidra®)
Kurz wirksame Insuline
Normalinsulin (Actrapid®, Lilly normal®)
Basalinsuline
NPH-Insuline (Insulatard®, Lilly basal®)
Lang wirksame Analoga
Detemir (Levemir®)
Glargine (Lantus®)
Wirkbeginn
15 min
Wirkmax.(h)
1-2
Wirkdauer(h)
3-4
30-60 min
2-4
4-6
1-2 h
4-6-8
8-10-12
1-2 h
2-4 h
6-12
6-12
20-24
22-24
Wirkprofil verschiedener Insulinpräparate
Verena Kaiser
Seite 92
Diabetes
Pädiatrie
Variabilität im Wirkprofil verschiedener Basalinsuline
Gewisse Variabilität innerhalb eines Wirkprofils
Einflussfaktoren auf die Insulinwirkung
Einflussfaktoren
Insulinpräparation
Injektionsstelle
Injektionstiefe
Lipodystrophie
Insulindosis
Temperatur
Bewegung
Effekt auf die Absorption/Wirkung
NPH + Normalinsulin > späterer Wirkeintritt
Bauch > Oberschenkel > Po/Hüfte
intramuskulär schneller als subkutan
Schlechte Absorption bei Lipohyper- und Lipoatrophie
Je höher desto längere Wirksamkeit
Höhere Temperatur an der Injektionsstelle beschleunigt die Absorption
Höhere Durchblutung beschleunigt die Absorption
Pumpentherapie hat in den letzten Jahren massiv an Bedeutung gewonnen → v.a. bei den unter 5-Jährigen
Altersspezifische Therapieprobleme
-
geringer Insulinbedarf
Neigung zu Hypoglykämien
häufige Injektionen
unvorhersehbare Nahrungsaufnahme
schwer berechenbare körperliche Aktivität
Fremdbetreuung
∙ Tagesmütter, KindergärtnerInnen
∙ Schule
∙ Lehrstelle
Katheterlage
-
Gesäß
Oberschenkel
Bauch, Ausspaarung des Nabels
Bei kleinen Kindern werden die Katheter nicht am Bauch gelegt, sondern entweder am Gesäß oder am Oberschenkel
Berechnung des Insulinbedarfs
Insulinverteilungsschema:
-
Intensivierte Insulintherapie – Basis-Bolus-Therapie
∙ 50% Prandialbedarf - 50% Basalbedarf
Pumpentherapie
∙ 60-70% Prandialbedarf – 30-40% Basalbedarf
Weitere Therapiemaßnahmen:
-
Ernährung:
∙ Kohlenhydratberechnende Diät
Seite 93
Verena Kaiser
Pädiatrie
-
∙
∙
Sport
∙
∙
∙
Diabetes
BE = Broteinheit
1 BE entspricht 12 g Kohlenhydrate (in D: 10g)
sportliche Aktivität senkt den Blutzucker in Anwesenheit von Insulin
serbessert die Insulinsensitivität
senkt die Insulinresistenz
Akute Komplikationen
Hypoglykämie
je niedriger der HbA1c, desto höher die Hypoglykämierate
Gegenregulationsprinzipien beim Stoffwechselgesunden
-
reduzierte Insulinsekretion
80-85 mg/dl
Sekret. gegenregulativer Hormone
65-70 mg/dl
Symptome
50-55 mg/dl
kognitive Dysfunktion
< 50 mg/dl
dynamische, nicht statische Grenzen
liegen höher bei Patienten mit schlecht eingestelltem Diabetes
liegen niedriger bei Patienten mit rezidivierenden Hypoglykämien
Gegenregulative Hormone
-
Glukagon: Stimulation der hepatischen Glukoseproduktion
Epinephrine: Stimulation der hepatischen und renalen Glukoseproduktion, Hemmung der Glukoseverwertung in
Geweben außerhalb des Gehirns
Cortisol und Wachstumshormon: Stimulation der Glukoseproduktion, Hemmung der Glukoseutilisation, für einige
Stunden
Gegenregulation durch Glukagon funktioniert am Anfang
noch recht gut, aber im Laufe der Zeit werden auch die α
Zellen in Mitleidenschaft gezogen und können die
Hypoglykämie nicht mehr adäquat kompensieren
Sympatho-adrenale Aktivierung
-
autonome Symptome
Zittern, Schwäche, Hunger, Schwitzen, Blässe
BZ 58-65mg/dl in gesunden Kindern
bei schlechter Stoffwechselkontrolle Shift zu höheren Schwellenwerten (durchaus als normal bezeichnete
Glukosewerte)
Verena Kaiser
Seite 94
Diabetes
Pädiatrie
Glukosemangel cerebral
-
neuroglykopenische Symptome
Kopfschmerzen, Konzentrationsschwierigkeiten, Benommenheit, Verwirrtheit, Sprachstörungen
Kleinkinder können nicht zwischen autonomen und neuroglykopenischen Symptomen unterscheiden
Reizbarkeit, Ruhe, Eigensinn, Dickköpfig, Trotz und Wutanfälle
Unterschied zwischen Eigen- und Fremdwahrnehmung
Therapie
Leichte Hypoglykämien
Orale Gabe von Glukose
Traubenzucker (Plättchen, flüssig)
Schwere Hypoglykämien
Glukagon i.m. oder s.c.
< 12 Jahre: 0,5 mg bzw. 0,1 mg/10 kg KG
> 12 Jahre: 1,0 mg bzw. 0,2 mg/kg KG
Nach Restitutio Kohlenhydrate per os
Orale Gabe von Kohlehydraten in Nahrungsmittel
Apfelsaft, Limonade, Banane, Brot
Glucose: 0,2 -0,5 g Glucose/kg KG i.v.
= 0,6 ml Glucose 33 %/kg KG
= 0,8 ml Glucose 25 %/kg KG
Ketoazidose
Definition - DKA
-
BG > 200 mg/dl (> 11 mmol/L)
Venöser pH < 7, 30
Bicarbonat < 15 mmol/L
Glucosurie
Ketonurie
Ketonämie
Pathogenese der DKA
Gesteigerte hepatische Glykogenolyse
gesteigerte hepatische Glykoneogenese
verminderter Glukoseabbau
HYPERGLYKÄMIE
Gesteigerte periphere Lipolyse
gesteigerte hepatische Ketogenese
verminderte Ketonverwertung
HYPERKETONÄMIE
Klinische Befunde - DKA
-
Polydipsie, Polyurie
Gewichtsverlust
Leistungsschwäche
Exsikkose, trockene Haut und Schleimhäute
Übelkeit, Erbrechen
Acetongeruch
Kussmaulatmung
Osmotische Verteilung - ICR und ECR
-
Gesteigerter osmotischer Gradient durch extrazelluläre Glukose.
Wasser shiftet von IC nach EC.
Seite 95
Verena Kaiser
Pädiatrie
-
Diabetes
Flüssigkeitsverlust renal bedingt ein Schrumpfen beider Kompartments.
Insulintherapie
0,1 U/kg/h (damit werden steady state plasma insulin levels von 100-200 μU/ml innerhalb einer Stunde erreicht. Dies reicht
aus, um die Insulinresistenz, die Lipolyse und die Ketogenese zu stoppen.)
Intravenöse Gabe per Perfusor (grundsätzlich auch I.m. oder s.c. möglich)
Flüssigkeitszufuhr
-
Bei Schock Beginn mit isotoner Flüssigkeit (0,9% NaCl)
∙ 10-20 ml/kg KG über 1 Stunde
Berechne Flüssigkeitsbedarf für die nächsten 24 – 48 Stunden
∙ 3%, 5% oder 10% Dehydratation
∙ Bedarf = Verlust + Grundbedarf
∙ 3000 - 5000 ml/m2 für 24 Stunden, davon 2/3 in den ersten 12 Stunden
Komplikationen der DKA - Therapie
-
Hirnödem (Inzidenzrate des Hirnödems: 0,5-1,5%)
Elektrolytdefizit: K↓, Na↓, Ca↓
Hypoglykämie
Lungenödem
ZNS Blutung und Thrombosen
Nierenversagen, Rhabdomyolyse
Spätkomplikationen
Relatives Risiko für diabetische Komplikationen anhand des mittleren HbA1c (DCCT Daten)
Screeningmethode – diabetische Retinopathie
-
Funduskopie in Mydriasis:
∙ Frühstadien der RP werden nicht sicher erkannt
Fundusphotographie: sensitivste Methode
Fluoreszenzangiopraphie:
∙ Unklare Befunde
∙ Früherkennungsmethode
Stadieneinteilung der Retinopathie
Stadium
Keine Retinopathie
Milde nichtproliferative Retinopathie
Mäßige nichtproliferative Retinopathie
Schwere nichtproliferative Retinopathie (4-21 Regel)
Proliferative Retinopathie
Verena Kaiser
Befund
Keine sichtbaren Veränderungen
Nur Mikroaneurysmen
Mikroaneurysmen und andere Veränderungen, aber
weniger als schwere nicht-proliferative DRP
Entweder mehr als 20 Blutungen in allen 4 Quadranten
oder Perlschnurvenen in 2 Quadranten, oder
ausgeprägte IRMA in einem Quadranten
Vasoproliferation mit präretinalen Blutungen und/oder
Glaskörperblutungen
Kontrollen
12 Monate
12 Monate
6 Monate
3 Monate
3 Monate
Seite 96
Diabetes
Pädiatrie
Diabetische Nephropathie
Stadien der Nephropathie
Nephropathiestadium
I. Stadium der Hyperfunktion
II. Stadium der klinischen Latenz
III. Beginnende Nephropathie
(Mikroalbuminurie)
IV. Klinisch- manifeste Nephropathie
Albuminausscheidung
Erhöht
Normal
Persistierend
Serumkreatinin
Normal
Normal
Normal
GFR
Erhöht
Normal bis erhöht
Normal bis erhöht
Makroalbuminurie
Abnehmend
V. Niereninsufizienz
Makroalbuminurie
Im Normbereich
ansteigend
Erhöht
Erniedrigt
Neuropathie
-
Anamnese (zB Young Score)
Screeningmethoden
Therapie sehr schwierig
Therapie der diabetischen Neuropathie
-
Nur symptomatische Maßnahmen zur Reduzierung der Symptome und Beschwerden
Fußpflege und ev Krankengymnastik
Bei Schmerzen
∙ Analgetika
∙ Antiepileptika (z. B. Carpamazepin)
∙ Selektive Serotonin - Reuptake – Hemmer
∙ Trizyklische Antidepressiva
Diabetes assoziierte Erkrankungen
-
-
Schilddrüsenerkrankungen
Zöliakie
Psychiatrische Erkrankungen
∙ Eßstörungen
∙ Depressio
Limited joint mobility
Necrobiosis lipoidica diabeticorum
Vitiligo
Schilddrüsenerkrankungen
-
-
-
Labor:
∙ bTSH, fT4, fT3,
∙ SD-AK: TPO-AK, Tg-AK, ev TRAK
Ultraschall
∙ Volumen der SD
∙ Veränderung der Echogenität
SD-Szintigraphie bei Knoten im US
T1DM und CD
Klassische Symptome
Symptome des Magen/Darmtrakts
Aufgetriebenes Abdomen
fehlende Gewichtszunahme/-verlust
Misslaunigkeit
Wachstumsstörungen
Pubertätsstörungen
Seite 97
Atypische Symptome
Bedingt durch Malabsorption
∙ Sideropenische Anämie
∙ Kleinwuchs
∙ Osteopenie
∙ Steatosis hepatis
Unabhängig von Malabsorption
∙ Dentale Enamel Hypoplasie
∙ Ataxie
∙ Alopezie
∙ Erhöhte LFP
∙ Rekurrente Stomatitis aphtosa
Verena Kaiser
Pädiatrie
Diabetes
LJM - Limited Joint Mobility
-
9-35 % der Kinder und Jugendlichen mit T1DM
Abhängig von DD und Stoffwechselkontrolle
Schmerzlose Einschränkung der Beweglichkeit in den Gelenken
Meist Finger und Hände
Positives „prayer sign“
Rate abnehmend durch bessere Stoffwechselkontrolle
Necrobiosis lipoidica diabeticorum
-
Prävalenz bei Kindern mit T1DM: 0,06-10 %
Ätiologie unklar
Assoziation mit microvaskulären Komplikationen
Keine suffiziente Therapie möglich
Vitiligo
Psychiatrische Erkrankungen
-
-
Essstörungen
∙ V. a. bei Mädchen
∙ Ca. 10% der weibliche Jugendlichen mit T1DM vs. 5% in der Kontrollgruppe (Jones JM et al, BMJ 2000)
Depressionen, Verhaltensauffälligkeiten, Angststörungen…
∙ Häufiger bei schlechter metabolischer Einstellung
ISPAD guidelines für Screening 2009
Retinopathie
Nephropathie
Screeningfrequenz
Jährlich ab 11. LJ und 2 J DD
Ab 9. LJ und 5 J DD
Jährlich ab 11. LJ und 2 J DD
Ab 9. LJ und 5 J DD
Neuropathie
unklar
Makrovaskuläre
Komplikationen
Nach dem 12.LJ
Verena Kaiser
Methode
Fundusphotgraphie
Ophthalmoskopie
Urin Alb/Krea Ratio
Morgenurin: Albumin Konzentration
Sammelharn
Anamnese
Klinische Untersuchung
Lipidprofil alle 5 J
RR jährlich
Seite 98
HWI und VUR
Pädiatrie
05.12.11 – Crazzolara
Harnwegsinfektionen und VUR
Fallbeispiel:
-
-
-
-
-
-
-
-
3 Monate alter Patient: um Mitternacht auf der Ambulanz vorgestellt
Schon seit dem Vortag hohe Temperatur
Zuhause erbrochen und Durchfall
→ DD Gastroenteritis
Kind weinerlich, kein Blut im Stuhl
Leicht reduzierter AZ
6,5kg (eher viel)
Pflegezustand gut
Rektal 38,7° gemessen (Fieber ab 38,5°)
Untersuchung: bis auf Abdomen unauffällig
∙ Darmgräusche regelrecht, Druckschmerz
∙ Haut und Schleimhäute feucht (gute Hydration)
Verdachtsdiagnose: akute Gastroenteritis → Vd. auf Dehydratation
Stationäre Aufnahme zur Infusionstherapie
Labor
∙ CRP 13,5 mg/dl (0-0,7)
∙ Elyte: normal (minimale Hyponatriämie)
∙ Astrup (venös)

pH normal

CO2 normal (sagt im venösen Blut nicht viel aus)

Negativer BE (leicht säuerlich, wahrscheinlich metabolisch) bei normalem Bicarbonat
∙ BB

23 G/l Leukos → Entzündung
∙ DDBB

Hoher Anteil an Neutrophilen (14.000 → spricht für bakterielle Entzündung)
=> wichtig: genauere Untersuchung
∙ Das Kind kann auch eine Meningitis haben (in diesem Alter schwierig klinisch zu diagnostizieren)
∙ Daher wenn alle Untersuchungen negativ: LP
Harnstatus
∙ Leukos erhöht
∙ Nitrit positiv
∙ Leicht erhöhte Proteine
∙ Einige wenige Erys
=> Diagnose steht schon relativ fest: Kind hat wahrscheinlich einen HWI
Nach Infusionstherapie 6900g (im Vgl. dazu vorher: 6500g)
Kultur eingeschickt: schon nach wenigen Stunden positiver Befund: E.coli mit sehr hoher Keimzahl → kaum
Resistenzen
Sonographie durchgeführt: Blase
∙ Viele Partikel in der Blase sichtbar: möglicherweise Leukozytenzylinder oder Bakterienakkumulationen
∙ Niere: Nierenbecken stark erweitert, Nierenprenchym noch normal → Hydronephrose
Einige Tage später: Miktionszystourethrographie
∙ KM in die Harnblase appliziert → bei VUR steigt das KM auf und füllt das Nierenbecken
∙ KM reicht bis in die Nierenkelche → Refluxgrad III-IV
Nach Hause geschickt mit einer Low-Dose-Prophylaxe (AB zur Verhinderung eines weiteren HWI)
Kind entwickelte einen weiteren HWI innerhalb weniger Monate → Indikation zur OP
Vor der OP noch ein DMSA Scan durchgeführt
∙ Linke Niere etwas größer als rechte, in der linken weniger Anspeicherung als in der Rechten
∙ Beide Nieren zu wenig perfundiert
Ureter sehr dysplastisch
∙ Ureter in die Blasenwand eingenäht
Durch OP konnte der Reflux nicht therapiert werden
Kind wurde auf Eigeninitiative der Eltern ein weiteres Mal an einer anderen Klinik operiert → keine wesentliche
Besserung
Abwarten → wenn keine Besserung mit der Zeit: ev. weitere OP nötig
Seite 99
Verena Kaiser
Pädiatrie
HWI und VUR
Bakteriurie?
Kolonie-bildende Einheit (KBE) / ml
Mittelstrahlharn
Punktionsurin
5
>10
0
>10
Mittelstrahlharn sollte auf der Pädiatrie nicht durchgeführt werden → viele falsch positive Werte
Punktionsurin: suprapubisch
Harnstix
-
Cave: auch bei negativem Nitrit im Harnsitx kann eine HWI vorliegen: Staphylokokken, Enterokokken, Candida
Cave: Auch bei negativen Leukos im Harnstix kann eine HWI vorliegen
∙ Bei kurzer Verweildauer des Harns in der Blase können Leukos nicht nachgewiesen werden (LeukozytenEsterase-Reaktion muss ablaufen)
Zählkammer
-
Kammer hat seitlich zwei Außenstäbe, mit einem Deckglas bedeckt
In der Mitte zwei Felder für 2 Proben
∙ Vorgegebene Tiefe und Größe
Cut-off: ≥ 10 Leukos / µl
Ein Quadrant hat 50x50µm → auf dieser Fläche können sich in einer Länge 10 Leukos projezieren
Im Zytoplasma sind Leukos etwas körniger
Mitunter können auch Leukozytenzylinder gesehen werden → Verdacht auf eine Pyelonephritis
Auch Bakterien können gesehen werden
∙ E. coli: Stäbchen mit Fimbrien → in der Mikroskopie sichtbar, wie sie sich bewegen
Entwicklung der Blasenfunktion
-
Neugeborenes entleert die Blase etwa 1-2 stündlich = Reflexentleerung
ab ca 6. LM: Anstieg des Blasenvolumens und Rückgang der Miktionsfrequenz
Etwa ab dem 1.-2. Lj erkennt das Kind, dass die Blase voll ist
3. LJ: Beginn der Miktionskontrolle, tagsüber trocken
Mit dem 4. Lj kann das Kind die Blasenfunktion selbst kontrollieren
Physiologie der Harnblase
-
Miktionsfrequenz sinkt mit dem Alter
Damit steigt das Harnvolumen
Blasenkapazität in ml: 30 + 30x Lebensalter in Jahren
Epidemiologie der HWI
-
Kommen relativ häufig in den ersten Lebensmonaten vor
In erster Linie Buben betroffen
Bei Mädchen erst ab dem 7. Lebensmonat überwiegende Inzidenz
Ursachen
-
E.coli 70%
Proteus und Enterokokken an zweiter Stelle
Klebsiellen
Pseudomonaden: problematisch v.a. an Kliniken
Auf verschiedenen Stationen (Onkologie, Intensiv) nimmt der Anteil an E.coli immer mehr ab → dafür hoher
Anteil an Pseudomonas aeruginosa (diese Patienten sind schon oft mit AB vorbehandelt und können dadurch
Resistenzen entwickeln)
Anamnese und Klinik
Verena Kaiser
Seite 100
HWI und VUR
-
-
Pädiatrie
DD: normaler oder komplizierter HWI
BSG selten gemacht, mehr CRP
∙ Unterer HWI hat selten ein erhöhtes CRP
∙ Bei hohem CRP: Wahrscheinlichkeit einer Pyelonephritis oder Urosepsis
Leukos mit Linksverschiebung
∙ Bei oberem HWI vorhanden, bei unterem nicht
Leukozytenzylinder im Urin
∙ Beweisend für einen oberen HWI
CAVE:
∙ Unterer HWI ~ Zystitis
∙ Oberer HWI ~ Pyelonephritis
Therapie
-
Bei Säuglingen gibt man gerne 2 AB, weil diese häufig mit einer Pyelonephritis oder Urosepsis einhergehen
(außerdem Resistenzen möglich)
In erster Linie Cephalosporine
Kleine Kinder werden immer stationär aufgenommen
Bei kleinen Kindern wird eine i.v. Therapie bevorzugt
Bei ambulanter Therapie: Thrimetoprim oder andere Cephalosporine
Resistenzen
-
Sehr hohe Resistenzlage gegen Aminopenicilline
Auch Trimethoprim zeigt auf onkologischen Stationen hohe Resistenzen (weil dort alle Patienten zur
Pneumocystis-Prophylaxe ein TRP bekommen) – im ambulanten Bereich kaum Resistenzen
Gentamicin: kaum Resistenzen
Cepohalosporine: sehr gute Medikamente
Uronephrologische Anomalien
-
Vesikoureteraler Reflux
∙ Relativ häufig
„Doppelniere“
Hufeisenniere
Nierenhypoplasie (einseitig)
Einseitige Nierenagenesie
Obstruktive Uropathie
Urethralklappe
Multizystische Dyspl. Niere (MCDK)
Seite 101
1:10 - 1:100
1:20 - 1:125
1:400-1:500
1:500
1:1000
1:500-1:1000
1:800-1:25,000
1:4300
Verena Kaiser
Pädiatrie
HWI und VUR
Einteilung des VUR
-
Grad IV: weit dilatierter Ureter, KM bis zu den Nierenkelchen
Grad V: ebenso weit dilatierter Ureter, der weit geschlängelt ist → aber schon abgeflachte Nierenkelche
Spontaner Rückgang ist möglich
Miktionszystouretrographie soll erst ca. 5 Wochen nach Therapie durchgeführt werden
Low-Dose-Prophylaxe: Trimethoprim in Kombination mit Sulfamethoxazol → niedrige Dosierung
Algorithmus:
-
2-24 MO FUO → Harngewinnung (steril!) → Urin auf Leuko/Nitrit + → Kultur + Therapie initial i.v. → Nieren-Sono
→ MCUG
Verena Kaiser
Seite 102
Klinische Genetik
Pädiatrie
06.12.11 – Steichen-Gersdorf
Einführung in die Klinische Genetik
Überblick
-
-
Chromosomale Anomalien
∙ numerisch
∙ strukturell
Mikrodeletionen/Duplikationen
Monogene Erkrankungen
Epigenetische Erkrankungen
∙ Beckwith Widemann S., Silver Russel S.
Chromosomenstörungen
1.
2.
Numerisch (Trisomie, Monosomie, Mosaik)
Strukturell
Karyogramm (klassisch)
Strukturelle Chromosomenanomalien
Trisomie 21, Down Syndrom
-
Epicantus, mongoloide Lidachsenstellung, rel. Makroglossie, 4- Fingerfurche
Herzfehler (AV-Kanal), Hypotonie, überstreckbare Gelenke, geistige Retardierung
-
Hypotonie, floppy infant
Epicanthus
Brachycephalie
rel. Makroglossie
4- Finger Furche
Sandalenfurche
Ursachen
-
non-disjunction (70% in der maternalen Meiose I)
Risiko steigt mit mütterlichem Alter
Alter (Jahre)
Risiko
Seite 103
20
1/1500
30
1/900
36
1/300
40
1/100
45
1/30
Verena Kaiser
Pädiatrie
Klinische Genetik
Trisomie 18- kongenitale Fehlbildungen
-
angeborener Herzfehler
∙ VSD, PDA, dysplastische Pulmonalklappe
Gastrointestinal
∙ Duodenalatresie, Analatresie, Zwerchfellhernie, Ösophagusatresie
Extremitäten
∙ Polydactylie, Arthrogrypose, Fibulaaplasie, Radiusaplasie, Handdeformität
Kopf, Cerebrum
∙ Microcephalie, Hydrocephalie
Auge
∙ Microphthalmie, Synechien der Augenlider, Hornhauttrübung
Omphalocele
Genitale
∙ Hypospadie, Hypoplast. Scrotum, Kryptorchismus
∙ Hypoplasie der gr. Labien
Dolichocephalie mit prominentem Occiput
Hypoplasia of the
clitoris and labia
minora
Rockerbottom feet
Dorsiflexed, short halluces
Trisomy 18 like flexed fingers
(Kontrakturen der Finger)
Trisomie 18: meist letal (entweder intrauterin oder innerhalb von 100 Tagen)
Trisomie 13 (Patau)
-
Mikocephalie
Mikrophthalmie
tiefsitzende Dysplast. Ohren,
Hörstörung
LKG-Spalte
Polydactylie
Skalp Defekte
Prominente Fersen
letal, Tod im 1. Lj
Verena Kaiser
Seite 104
Klinische Genetik
Pädiatrie
Mosaik
Incontinentia pigmenti
Pigmentveränderungen im Rahmen von genetischen Erkrankugen deuten
meistens auf ein Mosaik hin (v.a. Pigmentstörungen, die den Blaschke’schen
Linien folgen
Dysmorphiezeichen-Ohr
-
Tiefsitzende Ohren
∙ Meatus akusticus externus – Lidachse
Posterior rotierte Ohren
Systematik - Ohr
Dysmorphologie – Ohr
Crumpled ear
Overfolded helix
Creases in lobe
Absent lobe
Cupped ear
Absent crus helicis
Mikrotie
Definition Lippe
Dysmorphologie der Lippe
fehlender
Amorsbogen
Seite 105
accentuierter
Amorsbogen
Verena Kaiser
Pädiatrie
Klinische Genetik
flaches Philtrum,dünnes
Lippenrot
zeltförmiges
Lippenrot
evertierte
Unterlippe
dickes
Lippenrot
Strukturelle Chromosomenanomalien
Patient mit multiplen Diagnosen
-
Diagnose:
∙ Kleinwuchs – partieller HGH-Mangel (Genotropin seit 01/03) ICD-10: E 34.3
∙ Symptomatische Epilepsie ICD-10: R 56.8
∙ Hyperkinetische Störung ICD-10: F 90.9
∙ Mentale Retardierung ICD-10: R 62.9
∙ Hydrocephalus internus ICD-10: G 91.9
∙ Strabismus ICD-10: H 50.0
∙ Selektiver IgA-Mangel
Wachstumskurve unter HCG-Therapie
-
Epilepsie mit tonisch-klonischen Anfällen (Valproinsäure)
MRI- erweiterte Seitenventrikel, keine Hirndruckzeichen
Mentale Retardierung: Sprache einfach, braucht Unterstützung im Alltag
Verhaltensauffälligkeiten: aggressives Verhalten mit Wutausbrüchen, Selbstverletzungen und Verletzungen von
Betreuungspersonen
Massive fam. und psychosoziale Problematik, keine Betreuungstelle, Sonderschule abgebrochen
Schlafstörung: Tagesmüdigkeit, Frühaufsteher
Verminderte Schmerzwahrnehmung
Enuresis ist immer noch ein Problem, prim. Enkopresis bis 10.Lj
-
13 Jahre
flaches Mittelgesicht
tiefsitzende Augen
breite Nasenwurzel
prominentes Kinn
tiefsitzende nach hinten
rotierte Ohren
Brachycephalie
M- förmiges Philtrum
Chromosomen : 46, XY normal
FISH: Microdeletion 17p11.2
Dg.: Smith- Magenis Syndrom
-
Verena Kaiser
Seite 106
Klinische Genetik
-
Pädiatrie
RAI1- Gen – retinoic induced Gene –
Transkriptionskontrolle
zirkadian gestörte Melatoninausschüttung
Therapie: Melatonin und ß-Blocker
Gropman AL, Duncan WC, Smith ACM. Neurologic and developmental features of the Smith-Magenis syndrome
(del 17p11.2). Pediatr Neurol 2006;34:337-350.
Smith Magenis Syndrom
-
Del 17p11.2
Häufigkeit 1/25000
Diagnose mittels FISH
Brachycephalie, Mittelgesichtshypoplasie, prominente Stirn
Mentale Retardierung, verzögerte Sprachentwicklung (expressiv), Kleinwuchs (P5-10), Skoliose
Schlafstörung, Verhaltensauffälligkeiten, Selbstverletzung, Stereotypien, Wutausbrüche, Impulsivität
Exzellentes Langzeitgesdächtnis
Affinität für elektronische Geräte
SMS, Skoliose, keine Sprachentwicklung, Gebärdensprache,
Hyperthyreotropinämie, M- förmiger Amorsbogen
Schlaf-Wachrhythmus bei SMS
-
inverse Melatoninsekretion
Wolf-Hirschhorn Syndrom 4p- (4p15)
-
IUGR
„greek warrior helmet“
ASD, VSD, PDA
Gaumenspalte
Epilepsie
schwerer EWR
Seite 107
Verena Kaiser
Pädiatrie
Klinische Genetik
Epileptic activity
80% der Kinder entwickeln eine Epilepsie
Kryptische Chromosomenanomalien
contiguous gene syndromes
-
FISH
Subtelomeren FISH
array CGH - comparative genomic hybridisation
MLPA
del 22q11.2 Syndrome (DiGeorge/Velocardiofacial Syndrome)
-
Ansteigende Lidachsen
schmaler Nasenrücken, bulböse Nasenspitze
kleiner Mund
lange Finger
Aussehen sehr uncharakteristisch
-
TBX1-Gen spielt zentrale Rolle
(Embrionalentwicklung-Gaumen, cardialer Ausflusstrakt, Schilddrüse)
Symptome
-
conotrunkale Vitien (Fallot, outlet VSD, AV-Kanal)
mediane Gaumenspalte
Veluminsuffizienz
Immundefekt (Thymus, T-Zell)
Schilddrüsenhypoplasie
Rez. Otitis media
psychische, psychiatrische Erkrankungen
Imprintingstörung als Ursache von Krankheiten, Epigenetik
-
Beckwith-Wiedemann Syndrom (BWS)
Hochwuchs, Makrosomie
Silver Russel Syndrom (SRS)
Kleinwuchs
→ Kritische Region Chr.11p15
→ BWS - Hypermethylation
→ SRS – Hypomethylation ICR1, UPD7
BWS
-
Makrosomie GG > P 97
Makroglossie
Omphalocele
Organomegalie (Leber, Niere, Pankreas)
Hypoglykämie in der Neugebornenperiode
Tumorrisiko-Screening (Hepatoblastom-!-FP, Wilms Tumor)
∙
Risiko in den ersten 9 Lebensjahren sehr hoch: v.a. Nierentumore
Verena Kaiser
Seite 108
Klinische Genetik
Pädiatrie
Was ist neu? -> Computerunterstützte Techniken
Array CGH
-
Submikroskopische Deletionen am Chr.3, 5,18
10-20% bei Patienten mit EWR
Methode der Zukunft
Oligonucleotide Microarray – Technologie, Chip-Technologie
-
Next generation sequencing
Pardigmenwechsel ?
-
Phenotype first
Genotype first
z.b. Del 16p11.2 Syndrom
Patient mit normaler Chromosomenanalyse
-
mentale Retardierung
kongenitaler Herzfehler (Pulmonalstenose, VSD)
„dysmorph“
Familienanamnese:
∙ Eltern gesund, Schwester postpartum verstorben- Zwerchfellhernie, Vitium
→ Kryptische Chromosomenaberrationen
-
46,XY,der(10)t(10;15)(p15.3;q26.1) partielle Trisomie 15q, kl. Monosomie 10p
Patientin /Anamnese
-
unauff. SS, Geburt mit 39/2 Wochen;
NSA-pH 7,24; GG 2610 (P25) g; L 49 cm;
KU 32 cm (P3), Agpar-Score: 9/10/10
„Looks chromosomal“
-
prominente Glabella
relative Microcephalie
corpus callosum Agenesie
Vermis cerebelli Hypoplasie flat flache
Nasenwurzel
Micro-/Retrognathie
gespaltene Uvula
Analatresie, perineale Fistel
Trinkschwäche
Monogene Erbkrankheiten
Mendelian disorders
(20.000-30.000 Gene)
-
Autosomal dominant
Autosomal rezessiv
X-chromosomal
Signalpathways
-
Noonan Syndrom
Cardiofacio-cutanes Syndrom
Costello Syndrom
→ Überlappende Phänotypen
Seite 109
Verena Kaiser
Pädiatrie
Klinische Genetik
Noonan Syndrom
-
Inzidenz 1:1000- 1:2500
Kleinwuchs- postnatal
Hypertelorismus, antimongoloide Lidachsen, Ptose, tief sitzende Ohren
Cardial: valv. Pulmonalstenose, hypertrophe Cardiomyopathie
Trichterbrust
Kryptorchismus 80%
Fehlbildungen des Urogenitalsystems 10%
Blutungsrisiko: Faktor VIII, XI, XII Defizienz
bei OP – mit Blutungsrisko rechnen!
Myeloproliferative Erkrankungen: MPD, JMML selten
-
Kleinwuchs (postnatal)
„Trichterbrust“
Pectus carinatum
Pectus excavatum
Skoliose 15%
-
Grobe Gesichtszüge
antimongoloide Lidachsen, Ptose
„fleischige“ Ohrläppchen, tiefsitzende Ohren
Ulerythema ophryogenes, lateral fehlende Augenbrauen
milde valv. Pulmonalstenose
CFC
-
„Noonan Stigmata“ – Übergänge zum Costello Syndrom
Kleinwuchs
ektodermale Störungen
Pulmonalstenose
Entwicklungsverzögerung
Costello Syndrom (CS)
-
grobe Gesichtszüge
weiche, laxe Haut, tiefe Hand-und Fußlinien
Hyperpigmentierung
Papillome
Mentale Retardierung – mild bis schwer
Tumorrisiko 15-20% (Tumorscreening)
Genetik
(Keimbahnmutationen im RAS-RAF-MAPK-Pathway)
-
Noonan Syndrom
∙ Mutationen: PTPN11 (SHP-2), KRAS, SOS1
CFC
∙ Mutationen : BRAF (47%), MAP2K1, (MEK1), MAPK2 (MEK2)
Costello Syndrom
∙ Mutationen: HRAS (90,3%), KRAS (6,5%) - paternales Alleel
Literatur: Sitzmann MLP, für Interessierte: Clinical Genetics (Read, Donnai 2007)
Verena Kaiser
Seite 110
Nephrot. Syndrom und HUS
Pädiatrie
07.12.11 – Crazzolara
Nephrotisches Syndrom und HUS
Fallbericht
13.11.11: 2-jähriges Mädchen, hat ein generalisiertes Ödem, seit Montag Otitis media bds.: deshalb Clavamox verabreicht
(HA)
Keine wesentlichen Vorerkrankungen, keine Nierenerkrankungen in der Familie bekannt
Schwangerschaft und Entwicklung unauffällig
+
++
Labor: Gesamtprotein deutlich erniedrigt (4,46g/dl), Na erniedrigt, Ca erniedrigt, Cholestein und TG erhöht
→ Körper versucht die Flüssigkeitsverschiebung durch Lipide auszugleichen
ASTRUP: neg. BE (-1,9) bei normalem pH
Harngewinnung: Protein deutlich erhöht (≥5000 mg/l), Leukos minimal erhöht, wenige Erys vorhanden, Nitrit negativ,
Glucose normal (Schnelltest)
Quantitatives Eiweiß im Harn: 2,9g/l -> v.a. Albumin erhöht (beim nephrotischen Syndrom ist die Glomerulummembran
defekt, sodass die großen Albuminmoleküle durchtreten können)
Sono: Flüssigkeit im Abdomen (Aszites), deutliche Flüssigkeitsansammlung von 2-3cm
Nieren: rechte Niere hat eine normale Länge, linke Niere ebenso unauffällig
Therapie und weiterer Verlauf:
K. wurde am 13.11.11 wegen zunehmender Ödeme in der Ambulanz vorstellig. Weiters zeigten sich eine ausgeprägte
Proteinurie mit einem Protein quantitativ/Crea von > 5000mg/g, eine Hypoalbuminämie von 823mg/dl, ein erniedrigtes
Gesamteiweiß und ein erniedrigtes IgG, passend zum nephrotischen Syndrom. Unter Aprednisolon 60mg/m2/d KÖF sowie
strenge Bilanzierung zeigte sich eine rasche Besserung der Symptome mit schnell rückläufige Ödemen, bei allerdings
persistierender Proteinurie. Die Eltern sind darüber aufgeklärt, dass sich die Symptome wieder verschlechtern können und auch,
dass sich bei einem erneuten Infekt wieder ein Schub einstellen kann. Aus diesem Grund wurde den Eltern ein Umgang mit
Harnsticks gezeigt und sie werden selbstständig Harnkontrollen durchführen. Vorerst soll die Bilanz weitergeführt werden.
Zudem ist eine salzarme Diät empfehlenswert, damit die Restödeme besser ausgeschieden werden können.
Aprednisolon 25mg-5mg-5mg für insgesamt 6 Wochen dann Reduktion auf 40mg/m2/d
Pantoloc 20mg 1-0-0
NaCl NT mehrmals tägl. solange die Rhinitis besteht.
Kontrolle 24.11.11.15.15 Uhr in der nephrologischen Ambulanz
-
Aprednisolon für insgesamt 6 Wochen
Strenge Bilanzierung
Rasche Besserung der Symptome mit allerdings zu Beginn noch bestehender Protienurie, Eltern werden aufgeklärt, dass
sich die Symptome in den nächsten Wochen verschlechtern können → Harnprotein sollte regelmäßig überprüft werden
(Harnstix können Protein ab 30 mg/dl nachweisen)
Unter Cortisontherapie kommt es innerhalb von 10 Tagen zu einer Normalisierung
Nephrotisches Syndrom
Erstbeschreibung
„Das Kind könnte geheilt werden durch dieses Mittel: nimm die Spitzen von Holunder und Zwergholunder. Koche beides in
Weiswein und packe das Kind damit ein in heiße Wickel. Das wird es heilen.“
Zwinger Theodor (1722) Paedojatreja practica
Cornelius Roelans (1484) Liber de aegritutinibus infantium
Definition:
-
Symptomenkomplex aus Ödemen, Proteinurie und einer zugrundeliegenden Nierenerkrankung
Seite 111
Verena Kaiser
Pädiatrie
Nephrot. Syndrom und HUS
Definition:
„Symptomenkomplex“
Verena Kaiser
Seite 112
Nephrot. Syndrom und HUS
Pädiatrie
Formen des Nephr. Syndroms
Einteilung des Nephr. Syndroms
Syndrom
Kongenital
Infantil
SSNS (+- Rezidive) =
steroidsensibles NS
SRNS =steroidresistentes NS
Rezidiv
Sekundär
Definition
0.-3. LM
4.-12. LM
Urineiweißfrei unter Cortison
Nicht urineiweißfrei unter Cortison
Albumin ≥ 2+ an 3 folgenden Tagen im Morgenurin, Proteinurie >40mg/m²/h
z.B. Purpura Schönlein-Hennoch
Steroidsensibles Nephr. Syndrom
Mortalitätsrate:
1950 70%
1970 25% + Glucocorticoide/Antibiotika
1990 <3% + standardisierte Protokolle
APN Schema:
Dauer 6 Wochen, Prednison (mg/m² KOF/d) 60 (max 80mg) in 3 ED,
Gefolgt von: Dauer 6 Wochen, Prednison (mg/m² KOF/d) 40 in 1 ED morgens
Rezidive ?
Verlauf:
10-20% sind in Dauerremission
~30% wiederholt Rezidive
APN Schema
Dauer Bis Urineiweißfreiheit an 3
aufeinander folgenden Tagen
Prednison (mg/m² KOF/d) 60 (max 80mg) in 3 ED
Gefolgt von
Dauer 4 Wochen
Prednison (mg/m² KOF/d) 40 in 1 ED morgens
Alternative Behandlungen
Wirkstoff
Levamisol
Cyclophosphamid
Cyclosporin
Mycophenolatmofetil
Tacrolimus
CD20
Dosis
2,5 mg/kg KG
2 mg/kg KG
5 mg/kg KG in 2 ED
1000 mg/m² KöF in 2 ED
....
....
Dauer
jeden 2.Tag 6 Monate
tgl. 8-12 Wochen
1 Jahr
1 Jahr
Kombination
± GC
± GC
Formen des nephrotischen Syndroms
-
Sekundär
∙ Im Rahmen des HUS
Seite 113
Verena Kaiser
Pädiatrie
-
Nephrot. Syndrom und HUS
Primär
Infektiös
Tumorassoziiert
Systemerkrankung
Familiäre Formen
∙ Alport Syndrom
Primäre idiopathische nephrotische Syndrome
Nach der Histologie einteilbar
-
Minimal change nephritis ist die häufigste im Kindesalter
∙ Spricht sehr gut auf Cortision an
FSGS
MesPGN ohne IgA-Ablagerung
IgA-GN
MPGN Typ I–III
MGN
Minimal change nephritis:
-
Hilfreich: Elmi: Podozyten sind etwas aufgetrieben
Fokal sklerosierende Glomerulosklerose
-
Viele Bindegewebszellen im Mesangium
Sekundär genetische Formen
-
Mesangiale Sklerose bei angeborenen SRNS, z.B. Nephrinnephrose
FSGS bei Podocinnephrose, Schminke-Krankheit
Familäre IgA-GN
MPGN Typ I-III
Familäre MGN
Alport-Syndrom
Primäre Amyloidose
Sekundäre Nephr. Syndrome
-
Tumore
Adipositas, zyanotischen Herzfehlern
ohne und mit IgA-Ablagerungen
Toxine, Infektionen, Autoimmunopathien
Amyloidose
Diabetes mellitus
HUS – hämolytisch urämisches Syndrom
-
Mikroangiopathische hämolytische Anämie
Thrombozytopenie
Akutes Nierenversagen
Grundsätzlich in 2 Formen unterteilbar
-
-
Typisches HUS: 90%
∙ = D+, weil immer im Prodromalstadium mit blutiger Diarrhoe einhergehend
∙ Infektion mit Shigatoxin (enterohämorrhagische E.coli)
∙ Gerinnung aktiviert, kleine Thromben bilden sich im Glomerulus → geht mit einer Thrombozytopenie
einher → kann bis zum akuten Nierenversagen führen
Atypisches HUS: 10%
∙ Vermehrte Komplementaktivierung, Komplementfaktormangel
∙ Hat nichts mit Shigatoxin zu tun
∙ Evtl. genetische Prädisposition
Pathophysiologie
Shiga Toxin bindet an Rezeptoren des glomerulären Endothels, was zur Apoptose führt.
Durch die darauf folgenden Gerinnungsprozesse werden Blutgerinnsel eingeschwemmt, die zum Verschluss der
glomerulären Mikrokapillare führen.
Therapie
-
Prävention: Infektion mit EHEC vermeiden
∙ Kinder bis zum 5. Lebensjahr sollten nur pasteurisierte Milch trinken
Verena Kaiser
Seite 114
Nephrot. Syndrom und HUS
-
Pädiatrie
∙ In jedem 10. Rind finden sich EHEC-Bakterien
Spezifische Therapie nicht sinnvoll/stark umstritten
∙ Bei Antibiotikagabe kann es vorübergehend zu einer vermehrten Ausschüttung von Shigatoxin kommen
Symptomatische Therapie
∙ Anämie präsentiert sich zu Beginn sehr akut → schneller Abfall des Hb muss kontrolliert werden

Frischbluttransfusion: vorsichtig, langsam bis zu einem Hb von 7 oder 8
∙ Thrombozytopenie

Evtl auch Substitution nötig
∙ Flüssigkeit

Sparsam: intravasales Volumen kann erhöht sein
∙ Elektrolyte

K kann erhöht sein (durch verminderte Filtration und akute Hämolyse)
∙ Akutes Nierenversagen

Peritonealdialyse: auch sehr effizient bei Gerinnungsfaktoren

Hämodialyse gut, um Shigatoxin zu entfernen
∙ Hypertension
∙ Neurologische Dysfunktion

Großes Problem

Im Rahmen der akuten Thrombozytopenie können die Patienten intracerebral bluten

Außerdem können die Patienten krampfen → Benzos verabreichen
Seite 115
Verena Kaiser
Pädiatrie
Neugeborenenuntersuchung
12.12.11 – Kiechl
Neugeborenenuntersuchung
Anamnese
Anamnese Schwangerschaft:
-
regelm. Medikamente, Nikotin, Alkohol, Drogen, frühere Schwangerschaften, Konzeptionsmodus,
Familienanamnese, Sozialanamnese
relevante Erkrankungen, pränataler Ultraschall, Serologie, Infektionen, Streptokokken B (GBS) Abstrich, wenn
positiv Antibiose?,
Verlauf (Blutungen, Frühgeburtsbestrebungen, ....),
Anamnese Schwangerschaft Frühgeborene
-
wichtig: Hinweis für Infektion (häufiger Grund für Frühgeburtlichkeit), vorzeitige Wehentätigkeit, vorzeitiger
Blasensprung (>24h), vaginale Blutung, Lungenreife abgeschlossen?
Medikamente: Antibiotika, Wehenhemmer, Blutdruckmittel
Geburt:
-
Gestationsalter (Termingeburt oder nicht), Verlauf (spontan, Vacuum, Sectio), Geburtsgewicht, Länge,
Kopfumfang (immer mit der Percentile angegeben), APGAR (subjektive Beurteilung des Neugeborenen nach der
Geburt), Versorgung nach Geburt
Beurteilung der Vitalität
-
-
APGAR
Punkte
0
1
2
Herzfrequenz
0
<100/min
>100/min
Atmung
Keine
Langsam, unregelmäßig
Gut, schreien
Muskeltonus
Schlaff
Gebeugte Extremitäten
Gute Bewegung
Reflexe
Keine
Grimasse
Husten, niesen
Hautfarbe
Blass, blau
Zentral rosig, Extremitäten
blau
Rosige Hände und Füße
Meistens haben auch gesunde Neugeborene einen Abzug im Bereich des Hautkolorits -→ kein pathologischer
Wert
zusätzliches objektives Kriterium: Nabelarterien-pH, Normalwerte (7.12-7.42 → wenn niedriger: Sauerstoffschuld
vor oder während der Geburt)
APGAR
-
-
Vitalitätsindex zur postnatalen Beurteilung von reifen Neugeborenen;
APGAR-Wert: Summe der Punkte der einzelnen Kriterien, bestimmt nach 1, 5 und 10 Min. postnatal;
APGAR nach 1 min. beschreibt den Zustand des Kindes unmittelbar nach Geburt; (häufig nach einer Minute nur
ein Punkt bei der Hautfarbe → weil die meisten Neugeborenen ein paar Minuten brauchen, bis sie gleichmäßig
rosige Haut aufweisen)
APGAR nach 5 und 10 min. korrelieren am ehesten mit der Prognose des Kindes nach Komplikationen während
Geburt.
APGAR nach 5 min.:
∙ 9-10: kein Handlungsbedarf
∙ 7-8: Beobachtung
∙ 5-6: Intervention, z.B. Stimulation, Atemunterstützung
∙ 0-4: Reanimationsmaßnahmen
Haut
-
Kolorit:
∙ Blässe, Zyanose, Rötung, blassgraues Kolorit (z.B. Infektion), Ikterus
∙ Z.B. periorale Zyanose, livide Verfärbung des Bauches: akutes Abdomen beim Neugeborenen
∙ Akrozyanose bei vitalem Kind unmittelbar nach der Geburt: hohe Wahrscheinlichkeit, dass diese nach 5
min nicht mehr vorhanden ist
Verena Kaiser
Seite 116
Neugeborenenuntersuchung
Pädiatrie
-
Effloreszenzen:
∙ Exanthem, Petechien, Dermatitis (z.B. Windelbereich), Naevi, Mongolenfleck, Hämangiome
∙ Hämangiome: wie Schwamm → zusammendrückbar, rot (im Gesicht und am Kopf müssen Hämangiome
therapiert werden: Steroid und Lasertherapie)
▪ Hellrot, protuberant und zusammendrückbar
∙ Mongolenfleck: im Bereich des Sacrums, meist exakt in der Mitte lokalisiert → harmlos
▪ V.a. bei Babies mit dunklerem Hautkolorit
-
Integrität:
∙ Hautverletzungen, Wunden (z.B. oberflächliche Verletzungen im Rahmen einer Sectio)
-
Turgor:
∙ Ödeme, herabgesetzter Turgor (ev. Dehydratation: zufüttern oder Infusion)
Erythema toxicum (Neugeborenenexanthem):
-
häufig
Klinik:
∙
∙
-
unregelmäßig begrenzte erythematöse Makulae, z.T. mit zentraler gelblicher Papel, Lokalisation
hauptsächlich Stamm
keine besondere Konsequenz
Therapie:
∙ keine, Rückbildung meist innerhalb weniger Tage (wenn sehr ausgeprägt: ev. Staphs → Papel anritzen,
auf Objektträger: beim Neugeborenenexanthem viele Eosinophile)
Kopf
-
Caput succedaneum – „Geburtsgeschwulst“: zwischen Galea aponeurotica und Periost, überschreitet die
Grenzen der Schädelnähte; durch Blut- und Lymphstauung → meist temporal lokalisiert
∙ Innerhalb weniger Tage Rückbildung
-
Kephalhämatom: unter dem Periost lokalisiert, überschreitet Schädelnähte nicht; durch Abscherung des äußeren
Periosts oder der Galea aponeurotica unter der Geburt
∙ Resorption dauert meist länger → nicht therapiert: dokumentieren! und Eltern aufklären
-
Vakuummarke: erste 1-2 Tage nach der Geburt sichtbar
-
Fontanelle:
∙ Größe, Niveau (unter oder über Niveau), Tension
∙ Asymmetrie: Liegeschädel, Fehlbildungen
∙ Große Fontanelle offen bis ca. 10-18 Monate
∙ Kann beim Neugeborenen unmittelbar nach der Geburt sehr klein sein (Knochen beim Geburtsvorgang
zusammengedrückt)
Gesicht
-
-
Augen: Konjunktiven, Skleren,
Ohren: Ohrform, Ohrposition
Nase
Mund: Ausschluss Lippen-Kiefer-Gaumenspalte, Zungenbändchen, Zunge (Soor)
∙ Wichtig: mit sterilem Finger in den Mund tasten → nur so kann eine isolierte Gaumenspalte erkannt
werden
Hals: Halszysten, Pterygium colli, Torticollis (Schiefhals → z.B. Blutung M. sternocleidomastoideus),
Klaviculafraktur (v.a. bei großem Geburtsgewicht)
∙ Klavikulafraktur sehr gut klinisch diagnostizierbar
∙ Moro-Reaktion meist schmerzbedingt gehemmt → einseitiger Ausfall der Moro-Reaktion
Herz/Kreislauf
-
-
Herzfrequenz (>100/Min.),
Herzauskultation (schwierig Herzgeräusche zu differenzieren, weil Frequenz sehr hoch → daher in der Regel bei
bleibendem Herzgeräusch Echo),
∙ Am ersten Lebenstag kann oft noch ein offener Ductus oder ein offenes Foramen ovale ein Geräusch
produzieren: wichtig. Am nächsten Tag noch einmal untersuchen (hat sich bis dahin meist
zurückgebildet
Femoralispulse (sehr wichtig: weil durch fehlende Femoralispulse der Verdacht auf eine Aortenisthmusstenose
vorliegt → Echo zur Abklärung!!!),
periphere Füllung
Seite 117
Verena Kaiser
Pädiatrie
Neugeborenenuntersuchung
Atmung
-
Atemfrequenz (40-60/Min.), Lungenauskultation (seitengleich belüftet?)
Die Diagnose eines Atemnotsyndroms kann klinisch gestellt werden! → Einziehungen, Stöhnen, Nasenflügeln
Abdomen
-
Inspektion: Hernien (Leist, Nabel), Zustand des Nabels (gerötet?, Nabelschnurrest bland?),
Palpation: Bauchdecken weich, Lebergröße (-3,5cm), Milzgröße (1-2cm), Resistenzen
∙ Palpation von Leber und Milz beim Neugeborenen nicht pathologisch
Auskultation: Peristaltik
Genitale
-
Testes deszendiert, Hypospadie bzw. Epispadie, Schwellung des Hodens (meist Hydrocele, selten Torsion →
Torsion: livide verfärbt)
Klitorishypertrophie (bei Frühgeborenen nicht unbedingt pathologisch)
Anus (Analatresie = Ileus → Baby darf nicht gefüttert werden; Operation)
Extremitäten
-
-
Fehlbildungen, 4-Fingerfurche (Hinweis auf Trisomie 21, aber nicht bestätigend), Fehlstellung oder Fehlhaltung
der Füße (Hakenfuß, Klumpfuß, Pes adductus), Steißgrübchen oder –fistel (kann Hinweis auf das Vorliegen einer
Rückenmarksschlussstörung sein)
Klumpfüße: Gipsversorgung so bald wie möglich
Neurologie
-
Vigilanz: neurologische Untersuchung am besten bei ruhigem Wachsein
Muskeltonus: hyperton, hypoton
Spontanmotorik: Bewegungen beobachten, Asymmetrie, Körperhaltung, grobe Kraft
Reflexe:
-
Primärreflexe: Suchreflex (bestreichen der Wange → Mund zur entsprechenden Seite gedreht), Saugreflex,
Schluckreflex, palmarer und plantarer Greifreflex
-
Primärreaktion: Moro-Reaktion (Abduktion und Extension der Arme nach plötzlichem Absenken des Kopfes oder
des ganzen Körpers
Plexusparese
-
C5 und C6 = obere Plexuslähmung (Erb-Duchenne)
∙ Schwäche M. deltoideus, infraspinatus (hptsl. C5) und Biceps (C6)
∙ Oberarm ist abduziert und nach innen rotiert
-
C7 bis Th1 = untere Plexuslähmung (Klumpke); meist mit oberer Plexuslähmung kombiniert
∙ Handgelenk und Finger können nicht bewegt werden, Greifreflex fehlt „Pfötchenstellung“;
∙ bei Beteiligung des R. communicans d. Sympathikus zusätzlich Horner-Symptomatik
-
Auslöser: meist Ziehen während der Geburt → meist nur Zerrung, kein Abriss des Plexus
Neugeborenenscores zur Reifebeurteilung
Ballard-Score:
-
neuromuskuläre und physikalische Reifezeichen zur Bestimmung des Gestationsalters, besonders bei
Frühgeborenen bei unklarem Geburtstermin
-
körperliche Reifezeichen
∙ Haut: beim Frühgeborenen sehr transparent
∙ Lanugobehaarung bei Frühgeborenen noch vorhanden
∙ Furchen an der Fußsohle beim Termingeborenen (auch Handinnenflächen)
∙ Ohrknorpel entwickelt sich auch erst am Ende der Gestation
-
neurologische Zeichen: Frühgeborene haben noch keinen starken Tonus (Arme hängend)
Untersuchungen gesundes NG
-
Blutgruppe (aus Nabelschnur), direkter Coombstest;
Stoffwechselscreening (PKU, Hypothyreose, adrenogenitales Syndrom)
Otoakustische Emissionen (OAE)
Hüftultraschall (Hüftkopf in der Pfanne)
Verena Kaiser
Seite 118
Neugeborenenuntersuchung
-
Pädiatrie
Dokumentation
∙ 1. Stuhl (Mekonium), 1. Harn
∙ Konakion (Vitamin K) 2mg 1. und 2. Gabe
∙ während des stat. Aufenthaltes tgl. Körpergewicht (physiologisch Gewichtsverlust an ersten Tagen
postnatal), Messung Bilirubin
Zusammenfassung
-
Bei der Neugeborenuntersuchung stehen die Vitalität des Babies (Erstuntersuchung), geburtstraumatische
Läsionen sowie angeborene Fehlbildungen im Vordergrund.
13.12.11
Neurologischer Neugeborenenstatus
Komplexer neurologischer Status
-
Beurteilung der Vigilanz
Untersuchung der Hirnnerven
Motorische Untersuchung
Primäre Neugeborenenreflexe
Sensorische Untersuchung
Beurteilung der Vigilanz
Zustand
1
2
3
4
5
-
Augen offen
+
+
+/-
Atmung regulär
+
+
-
Bewegungen
+/+
+
Sprache
+
1 und 2: ruhiger und aktiver Schlaf
3, 4, 5: Wachheitszustände
Wachheitszustand hängt von der Umgebung, dem Zeitpunkt der letzten Fütterung und von der Gestation ab (bei
Frühgeborenen kann der Wachheitszustand noch nicht beurteilt werden)
Neurologische Untersuchung am besten bei ruhigem Wachsein
Motorik
Muskeltonus:
hyperton, hypoton
Spontanmotorik:
Bewegungen beobachten, Asymmetrie, Körperhaltung, grobe Kraft
Reflex
Reflextyp
Greifreflex
Suchreflex
Saugreflex
Schluckreflex
Schreitreaktion
Glabella
Galantreaktion
Babinskireflex
Asymmetrisch-tonischer
Nackenreflex
Labyrith-Stellreflex
Motorik
Umgreift Finger bei Kontakt plantar und palmar
Streichen Wange führt zu Suchreaktion Mund
Finger an Mund/Lippe führt zu Saugbewegungen
Bein auf Unterlage gedrückt, Gegenseite angewinkelt und umgekehrt
Augenschluss bei Druck auf Stirnmitte
Biegung der Wirbelsäule in Richtung der gestrichenen Seite
Dorsalflexion große Zehe nach Bestreichen lateral Fussrand
Drehen des Kopfes nach links: Streckung linker Arm und Bein, Anwinkelung Gegenseite
Bauchlage führt zu Ausrichtung des Kopfes im Raum
Primärreaktion:
Moro-Reaktion (Abduktion und Extension der Arme nach Absenken des Kopfes oder des ganzen Körpers)
Seite 119
Verena Kaiser
Pädiatrie
Neugeborenenuntersuchung
Untersuchung der Hirnnerven
-
-
Riechen
Vision
Pupillen
Augenbewegungen
Sensibilität Gesicht
Motilität Gesicht
Hören
Saugen und Schlucken
∙ Muss erst reifen → daher bei Frühgeborenen zu Beginn immer Magensonde (ab 32 Wochen können
Neugeborene ungehindert saugen und schlucken)
Funktion des M. sternocleidomastoideus
Funktion Zunge
Geschmack
Riechen (I)
Nur selten beim Neugeborenen untersucht, olfaktorische Unterscheidung ist aber schon im Neugeborenenalter möglich
(Kinder reagieren z.B. auf Muttermilch der eigenen Mutter mit Zuwendung, anders auf andere Substanzen)
Sehen (II)
Reifung mit zunehmender Gestation
-
GA 26 Wochen: blinzeln auf Lichtreiz
GA 32 schließen die Augen auf Lichtreiz
GA 32 Fixation (z.B. roter Ball verwendet)
GA 40 Fixation und Augenfolgebewegungen gut entwickelt
Neugeborene können noch einige Wochen schielen → nicht pathologisch
Sehschärfe und Farbe
-
Bei der Geburt zumindest 20/150 Sehschärfe
Neugeborene verfolgen buntes Objekt
Farbsehen zumindest mit 2 Monaten
Kontrastsensitivität nimmt postnatal stark zu
Pupillen (III)
Augenbewegungen (III, IV, VI)
-
GA 25 Wochen: „Puppenaugenphänomen“
32 Wochen: spontane Augenbewegungen
Sensibilität Gesicht (V)
Selten untersucht
Untersuchung Gesicht mit Pinprik, Untersuchung Saugen (mit Schnuller oder sterilem Finger) → motorischer Anteil des N.
trigeminus für Zungenmotorik wichtig
Motilität Gesicht (VII)
Im ruhigen Zustand: Inspektion der Nasolabialfalte
Hören (VIII)
-
GA 28 Wochen: Reaktion auf Lärm
Je reifer, desto differenzierter ist die Reaktion auf Lärm (reißen Augen auf, Mund auf, beginnen zu schreien, usw.)
Saugen und Schlucken (V, VII, IX, X, XII) + Zungenfunktion
Geschmack (VII, IX)
-
Neugeborenes reagiert von Anfang an sehr gut auf Variationen im Geschmack
∙
Motorische Untersuchung des Neugeborenen
Muskeltonus: hyperton, hypoton
Spontanmotorik: Bewegungen beobachten, Asymmetrie, Körperhaltung, grobe Kraft, Qualität der Spontanbewegung
Verena Kaiser
Seite 120
Neugeborenenuntersuchung
Pädiatrie
Reflexe
-
Pectoralisreflex, Biceps, Brachioradialis
Sämtliche Reflexe sind beim Neugeborenen schwächer ausgebildet → wichtig ist die Symmetrie (wichtiger als die Reflexe ist
die Beobachtung der Motorik und deren Seitengleichheit)
Primärreaktion (Moro-reaktion)
Greifreflex: normal bis zum 6. Monat, dann durch gezieltes Greifen abgelöst
Suchreflex durch Bestreichen der Wange: beginnt auch zu saugen und zu schlucken (3 Reflexe kombiniert)
Schreitreflex (Entstehungsmechanismus nicht ganz klar) – Reaktion wird mit der Zeit durch gezieltes Schreiten abgelöst
Babinski hat im Neugeborenenalter keinen pathologischen Wert
Sensorische Untersuchung
Mit Pinpricks an den Extremitäten → Kind reagiert mit Wegziehen der Extremität, Weinen, etc.
Nur selten durchgeführt
Zusammenfassung
Bei der Neugeborenuntersuchung stehen die Vitalität des Babies (Erstuntersuchung), geburtstraumatische Läsionen sowie
angeborene Fehlbildungen im Vordergrund.
Seite 121
Verena Kaiser
Pädiatrie
Neugeborenenreanimation
15.12.11 – Trawöger
Neugeborenenreanimation
Schweden:
-
Bei Geburtsgewicht >2500g Reanimation bei 1% nötig
90% davon Maskenbeatmung
Basis der Neugeborenenreanimation: Fetus reagiert auf zu wenig Blut mit Apnoe, Bradykardie und Umverteilung des
Blutvolumens auf wichtige Organe → diving seal Reflex
Geht diese Plazenta/Nabelschnurstörung weiter, kommt es zu einer Schnappatmung, der pH sinkt immer weiter ab.
5-10% aller Neugeborenen mit Beutel
beatmet
1-2% brauchen Ventilation
Herz-Druck-Massage sehr selten
benötigt (<1%)
! Herz im Hintergrund – Ventilation ist
beim Neugeborenen wichtig!
Bei der Reanimation des Neugeborenen steht die Beatmung im Vordergrund!
Maßnahmen:
Vorbereitung
-
Bei jeder Geburt muss eine Person, welche die basale NG-Reanimation beherrscht, anwesend sein und eine
Person, welche weiterführende Maßnahmen treffen kann, erreichbar sein.
Bei Risikogeburten: Mindestens 2 Personen anwesend (1 Atmung, 1 Kreislauf +1 Leiter)
Pulsoxy sollte vor Ort sein!
Beurteilung des Neugeborenen
-
Atmung: Apnoe?, Schnappen? (= krampfartige Kontraktion des Zwerchfells, aber keine Luft wird bewegt)
Herzfrequenz: >100?>80? >60?
∙ HF unter 60 beim Neugeborenen = Herzstillstand!!!
Haut: Blässe? Zyanose? (→ auf den Stamm schauen, Peripherie uninteressant) Mekonium?
Wärme
-
Senkt Mortalität! (kein Muskelzittern zur Wärmeerzeugung bei Neugeborenen → nur Fettverbrennung: bringt
zwar viel Energie, aber Sauerstoffschuld)
Keine Zugluft
Sofort Abtrocknen und in frische, warme Tücher wickeln
Wärmestrahler - Mutter
Kunststofffolien bei FG <1500g
Problem bei sehr kleinen Frühgeborenen (<1500g): Verdunstung durch die sehr dünne Haut → verliert bei
Raumtemperatur 1°C in 5 Minuten (unter 35°C Anstieg der Mortalität)
Vermeiden von Überhitzung
-
Mütterliches Fieber - höhere Mortalität und mehr Cerebralparesen
Benefit von milder Hypothermie bei asphyktischen Neugeborenen
Stimulation
-
Abreiben, evtl. die Fußsohlen und Rücken zart reiben → reicht normalerweise aus
Funktioniert nur bei primärer Apnoe
Beatmung deshalb nicht verzögern: wenn beim ersten Abreiben das Baby nicht zu Atmen beginnt, sofort beatmen
(nicht weiter stimulieren)
Erneutes Stimulieren bei „ Wegschlafen“
Verena Kaiser
Seite 122
Neugeborenenreanimation
Pädiatrie
Absaugen
-
-
Öffnen der Luftwege: Neutralposition und sanftes Vorziehen des Unterkiefers
Absaugen: nur wenn nötig, zuerst Mund, dann Nase (begrenzt auf 4-5 cm Länge und Vakuum 100mmHg, kurz).
∙ Cave: Reflexbradycardie, Laryngospasmus → Schutzreflex beim Neugeborenen stark ausgeprägt
(Reizung der Larynxregion: Atmung eingestellt und Bradykardie)
Aus dem Magen sollte nicht abgesaugt werden (wird teilweise mit der Begründung durchgeführt, eine mögliche
Ösophagusatresie zu diagnostizieren)
Sauerstoff
-
Anhaltende Zyanose, SatO2 <90%
Wenn möglich mit Mischer, wenn möglich unter Pulsoxy-kontrolle
Schlechtere Ergebnisse bei Reanimation mit hohen FiO2
Start mit FiO2 0,21
Minimale Sättiung re Hand: 1 min 60%, 5min 85%, 10min 90%
→ empfohlen mit Raumluft zu beginnen
Beutelbeatmung
-
-
Erste 5 Atemzüge mit dem Beutel sollten prolongiert werden (braucht viel Druck um flüssigkeitsgefüllte Alveolen
zu belüften) → manche Beutel haben ein Ventil, das zu hohe Drücke verhindern soll: muss bei ersten drei
Atemzügen inaktiviert werden
Heben des Thorax als Maß!
Erfolgskontrolle: HF, Atmung
AF 30 bei längerem Bebeuteln
Peepventil ?
Masken: klare Silikonmasken mit wenig Totraum (nicht die schwarzen Hartplastikmasken verwenden)
Intubation
-
-
Indikation:
∙ Bebeuteln erfolglos oder prolongiert nötig (Indikation bei möglicher Bebeutelung relativ),
∙ Thoraxkompression
∙ Adrenalingabe
Primär: Avitales Baby bei Mekoniumaspiration, Zwerchfellhernie (nicht angelegtes Zwerchfell), extremen
Frühgeburten (Lungen zu wenig Surfactant)
Lagekontrolle des Tubus
-
-
Exspiratorisches CO2: Messung mit Farbindikatoren (von blau auf gelb)
Beschlagen des Tubus
Symmetrisches Heben des Thorax (bei akuter Reanimation ist ein im rechten Hauptbronchus liegender Tubus
unproblematisch – eine Lunge reicht – zum Wiederherstellen des Kreislaufs sollte allerdings die Lage kontrolliert
und ev. korrigiert werden)
Keine abdominale Distension
Visuelle Kontrolle der Tubuslage im Larynx
(Auskultation)
Larynxmaske
-
Erprobte Alternative für Termingeborene
Frühgeborene bis 1200g GG
Thoraxkompression
-
HF < 60bpm trotz adäquater Ventilation
Unteres Sternumdrittel, 2 Daumen und umfassende Hände, 1/3 Thoraxtiefe, (Pulskontrolle: nur wenn Pulsoxy
angehängt, manuelle Pulsmessung nicht sinnvoll)
Ratio etwa 3:1 Bebeuteln 30bpm, Kompressionen 90/min
Alle 30 sec. Herzfrequenz überprüfen.
→ bei Neugeborenen eigentlich selten nötig
venöser Zugang
-
Periphere Vene
Nabelvenenkatheter: 3,5-5F etwa 3-4 cm, bis zum ersten freien Blutfluss
Knochenleitung
Medikation
-
Adrenalin: HR<60 nach mindestens 30 s Ventilation, Dosis: Lösung 1:10000: 0,1-0,3 ml/kg KG alle 3-5 min
wiederholbar i.v, (intratracheal: 10 fache Dosis, Wirkung unsicher)
∙ Wichtig: bei i.v. Gabe viel nachspülen → das Adrenalin muss zum Herzen gebracht werden
Seite 123
Verena Kaiser
Pädiatrie
-
-
Neugeborenenreanimation
Volumen: 0 neg Blut, NaCl 0,9%, Ringerlactat, Dosis 10-20ml/kgKG, kein Albumin
Analgosedierung zur elektiven Intubation
∙ Ketanest 2 mg/kg
∙ Rocuronium 0,6 mg/kg
(Bicarbonat 1mval/kg 1:1über 5 min Motorspritze)
(Naloxon: 0,1mg/kg: Cave KI, Wirkdauer)
Vermeiden von Hypoglycämie
-
Neugeborene können relativ lange ohne Sauerstoff überleben, solange genug Glucose vorhanden ist.
Kombination von Hypoxie und Hypoglycämie katastrophal für das NG-Gehirn.
Bei Asphyxie: Dx>50mg/dl
Glucose 10% 10ml i.v. Bolus
Glucose 10% 6-10ml/h Dauertropf
Algorithmen:
-
A: Luftwege → Absaugen: 30 sec
B: Atmung → Beatmen: innerhalb von weiteren 30 sec
C: Herzfrequenz und Hautfarbe → Cardiokompression
D: Medikamente
-
Früher APGAR-Score als Reanimationsrichtlinie verwendet:
∙ Kinder nach 1 Min, nach 5 und nach 10 Min Atmung, Herzfrequenz und Hautkolorit beurteilen und
entsprechende Reanimationsmaßnahmen setzen
∙ Immer noch bei jedem Kind durchgeführt → für Langzeitbeurteilung eines Risikos, aber für
Reanimationsmaßnahmen zu langsam
∙ Unter 7 Punkte nicht lebensfrisch
Geburt
-
A: Atemwege
Abtrocknen
Absaugen
Assessment
Sauerstoff
Nach 30 Sekunden: HF<100, Apnoe
-
B: Beatmung
Beutel und Maske
Wenn ineffektiv -Technik überprüfen
Intubation
Nach 30 Sekunden: HF<60
-
C: Circulation
Herzmassage
Nach 30 Sekunden: HF<60
-
C: Circulation
Herzmassage
Versagen der Massnahmen
-
Maske dicht? Tubuslage korrekt? Sauerstoff?
Pneumothorax?-Drainage
Zwerchfellhernie? Lungenhypoplasie?
Hypovolämie? Volumsbolus
Irreparable Hypoxie?
Nach 30Sekunden. HF<60
-
D: Drugs
Adrenalin via Tubus, i.v.
Wiederholen alle 3-5 Minuten
Sonderfall: Mekonium im Fruchtwasser
-
Dünnflüssig-harmlos, erbsbreiartig gefährlich
Absaugen nach Durchtritt des Kopfes (14F Katheter, Yankauer) , Mund und Nase nicht mehr obligat
Deprimiertes Kind: sofortige Intubation und Absaugen direkt am Tubus
Lebhaftes Kind: keine Laryngoskopie
Verena Kaiser
Seite 124
Neugeborenenreanimation
Pädiatrie
Sonderfall: Frühgeborene
-
Abdecken mit Plastikfolie
Sofortige Versorgung mit CPAP
Pulsoxymetrie
Intubation und Surfactant frühzeitig bei Atemnotsyndrom
Prophylaktische Intubation und Surfactantgabe bei sehr kleinen FG ohne Lungenreifeinduktion
Grenzen
-
-
Keine Reanimation:
∙ GA < 23. SSW , Geburtsgewicht < 400g
∙ Gesicherte Trisomie 13 oder 18
∙ Anencephalie
Der Beginn von Reanimationsmaßnahmen zwingt den Arzt nicht diese auch fortzusetzen
Abbruch der Reanimation bei Fehlen von Lebenszeichen nach 10 Minuten
Medikamente
-
Sauerstoff
Volumen (20ml/kg), Blut
Adrenalin: 1:10000 Lösung 0,1-0,3ml/kg i.v .1ml/kg intratracheal evtl alle 3 min wiederholen. Ind: Bradycardie
trotz adäquater Ventilation
Natriumbicarbonat: nach BGA 1mval/kg mit Motorspritze!
Versuchen Sie folgende Fragen zu beantworten:
-
Was ist das zentrale Problem bei der NG-Reanimation?
Welche ist die Rolle von Stickstoffmonoxyd?
Welche Maßnahmen muss man bei der NG-Reanimation häufig einsetzen, welche selten?
Diving-seal-reflex?
Rolle von Medikamenten? Welche Medikamente?
Was ist der APGAR Score? Was bedeutet er?
Ns art-pH?
Welche Maßnahmen müssen in der NG Reanimation häufig, welche selten angewendet werden?
Welche Geräte sind unentbehrlich?
Was bedeutet eine Bradycardie<60 BPM
Wie kommt es beim NG zu Herzstillstand
Was sagt der NSart pH aus?
Was ist der APGAR Score, was sagt er aus?
Welche Medikament brauchen Sie in der NG Reanimation?
Seite 125
Verena Kaiser
Pädiatrie
Ernährung des Säuglings
19.12.11 – Karall
Ernährung des gesunden Säuglings und Kindes
Empfehlung der American Association of Pediatrics: Ausschließliches Stillen während der ersten 6 Monate
Empfehlung für Säuglingsernährung – WHO: Ausschließliches Stillen während der ersten 6 Monate, d.h. keine andere
Nahrung oder Flüssigkeit, danach neben geeigneter Beikost bis zum Ende des 2. Lebensjahres und darüber hinaus.
Stillen und Gewicht
Zusammenhang zwischen Stillen und Stilldauer mit der Prävalenz von Übergewicht (BMI > 90er P) und Adipositas (BMI >
97er P)
niemals gestillt
gestillt
gestillt < 2 Monate
gestillt 3 – 5 Monate
gestillt 6 – 12 Monate
gestillt > 12 Monate
Anzahl
4022
5184
2084
2052
863
121
Übergewicht (%)
12,6 (12,4 – 12,9)
9,2 ( 9,0 – 9,3)
11,1
8,4
6,8
5,0
Adipositas (%)
4,5 (4,4 – 4,6)
2,8 (2,7 – 2,8)
3,8
2,3
1,7
0,8
WHO - Empfehlung
„Strategy for infant feeding and child nutrition“
Erste Wahl: Stillen
Zweite Wahl: Muttermilch gefüttert
Dritte Wahl: Frauenmilch
Vierte Wahl: Formulanahrung
Inhaltsstoffe und Charakteristika der Muttermilch
Lebende Zellen (4000 / ul)
Immunaktive Substanzen
Enzyme
Hormone
Protein
Fette
Kohlenhydrate
Verena Kaiser
Makrophagen, neutrophile Granulozyten, Lymphozyten
Lysozym, sIgA, IgG, IgM, Laktoferrin, TNFα, γ-Interferon
Amylase, Lipase, Protease, Xanthinoxidase, usw.
Insulin, Östrogene, Cortisol, T3, T4, Gastrin, usw.
wenig Kasein
hohe LC-PUFA
Laktose
Seite 126
Ernährung des Säuglings
Pädiatrie
Studie zu Stillen und Säuglingsernährung (SuSe-Studie)
-
1997 / 1998
177 deutsche Geburtskliniken
1717 Mutter-Kind-Paare
telefonisches Interview
14. L.T., 2., 4., 6., 9. und 12. L.M.
Ursachen für die Annahme: „zu wenig Milch“
-
Clusterfeeding
Stillfrequenzen
Schlafverhalten des Säuglings
Wachstumsschübe
Saugverhalten des Säuglings
Clusterfeeding oder „Lagerfeuerstillen“
Stillfrequenzen
-
1. Lebenstag 6 mal
2. Lebenstag 6 - 8 mal
ab 3. Lebenstag 8 - 12 mal
Schlafverhalten des Menschen
Seite 127
Verena Kaiser
Pädiatrie
Ernährung des Säuglings
Wachstumsschübe
Saugverhalten des Säuglings
Non-nutritives Saugen:
Nutritives Saugen:
- Frequenz hoch, Vakuum niedrig
- Milchspendereflex (Oxytocin)
- unterstützt Synapsenbildung
- Frequenz niedrig, Vakuum hoch
- Hauptteil der Nahrungsaufnahme
Nahrungsaufnahme beim Stillen
< 10 Minuten
> 10 Minuten
Menge
80 %
20 %
kcal
50 %
50 %
Trinkmenge eines gesunden Neugeborenen
-
Murmel 1 Lebenstag
Ferrero 7. - 10. L.Tag
Golfball 2. - 3. L.Woche
5 ml / Mahlzeit
22-27 ml / MZ
60-80 ml / MZ
Zeichen für Milchtransfer
-
Hörbares / sichtbares Schlucken
mindestens 6 nasse Windeln / Tag (ab 4. L.T.)
mindestens 3-4 mal Stuhl / Tag (ab 6. L.T. für die ersten 4 Wochen)
Säugling entspannt sich (Öffnen der Hände)
Gedeihen = kontinuierliche Gewichtszunahme
Ernährung effektiv?
-
Keine Gewichtsabnahme nach Milcheinschuß (3. Tag)
Gewichtszunahme ab 4. / 5. Lebenstag
Erreichen des Geburtsgewichtes nach 10 - 14 Tagen
GG minus 7 % (Stillmanagement?), minus 10 % (cave!)
empfohlene Zunahme:
∙ 0 - 3 Monate > 140 g / Woche
∙ 3 - 6 Monate 90 - 140 g / Woche
∙ 6 - 12 Monate 50 - 100 g / Woche
Ausreichend in MM: Energie, Protein, Calcium
Abhängig von mütterlichen Speichern: Vitamin A, Vitamin B6, Eisen, Zink
Abhängig von exogener Zufuhr: Vitamin D
Kritische Nährstoffe bei vegetarischen Kostformen
Eisen
1,2 – 1,6 mg/kg/d
Vitamin B12
0 1 ug/kg/d
Verena Kaiser
Resorption wird gehemmt durch Proteine in Soja, Milch, Eiern, Ballaststoffe,
Gerbsäuren in Tee
in allen Pflanzen 0,1 und Gemüsen unzureichend enthalten, in
Milchprodukten ausreichend
Seite 128
Ernährung des Säuglings
Calcium
Vitamin
Protein
Jod
60 – 100 mg/kg/d
D 400 – 500 E/kg/d
2 g/kg/d
100 ug/kg/d
Pädiatrie
in Pflanzen unzureichend enthalten, in Milch ausreichend
zuwenig in Pflanzen und Milch
je nach biologischer Wertigkeit evtl. Fehlen essentieller Aminosäuren
hauptsächlich in Seefisch
Andauernde vegetarische Kost kann durch chronische Mangelzustände eine Stoffwechselerkrankung imitieren!
z.B. Vitamin B12- Mangel bei gestillten Kindern veganer Mütter
Absolute Indikation zum Abstillen
-
Stoffwechsel: klassische Galaktosämie
Infektionen: HIV
Medikamente: Zytostatika, radioaktive Isotope
Fallbeispiel 1
Mutter berichtet:
-
Mädchen, 4 Wochen alt, perinatal o.B.
gestern Mutter-Kind-Paß-Untersuchung
voll gestillt, Mutter hat guten Eindruck
Kinderarzt bemerkt, daß Gewichtszunahme zu wenig, empfiehlt zufüttern
→ Welche Fragen würden Sie stellen?
-
Geburtsgewicht: 3200 g
niedrigstes Gewicht: 3040 g (- 5 %)
am: 5. L.T.
Geburtsgewicht erreicht: 12. L.T.
aktuelles Gewicht: 3600 g
d.h. Zunahme von 400 g in 16 Tagen = 175 g / Wo
→ Gewichtszunahme zufriedenstellend!
Fallbeispiel 2
Mutter berichtet:
-
Bub, 6 Wochen alt, perinatal o.B.
voll gestillt, Mutter hat Eindruck, daß es gut klappt, Kind aber oft trinkt
Gewichtszunahme nur 120 g / Woche
→ Was möchten Sie von der Mutter wissen?
-
Wie sieht das Stillen aus? Wie erfolgt eine Stillmahlzeit?
Kind trinkt 10 Minuten an jeder Seite, danach meldet es sich bald wieder, bekommt dann Schnuller zum
Beruhigen und Einschlafen.
→ Kind bekommt zweite Hälfte der kcal nicht! → Statt Schnuller erst nochmal Anlegen!
www.who.org
www.lalecheleague.org
www.stillen.org , www.stillen.at
www.espghan.org
www.bfmed.org
Ab wann Beikost?
-
Körpersprache am Familientisch
größeres Nahrungsbedürfnis
Sitzen
Feinmotorik
evtl. Zahndurchbruch
Warum Beikost erst mit 6 Monaten?
-
Allergien
Nierenbelastung
Kieferentwicklung
Ei, Fisch, Soja, Nüsse, Zitrusfrüchte, (Milch und Milchprodukte, Weizen) nicht im 1. L.J. !
Seite 129
Verena Kaiser
Pädiatrie
Ernährung des Säuglings
Beikost: Neue Welt des Essens!
-
ruhige Tageszeit
kleine Portionen
Vater aufs Tapet!
mindestens 4 - 5 Tage dasselbe = Monotonie!
bei Ablehnen zu einem späteren Zeitpunkt wieder
Eltern bestimmen WAS, Kind WIE VIEL
Empfohlene Nährstoff-Zusammensetzung für Säuglingsanfangsnahrungen:
* Mindestwerte für den Proteingehalt für Säuglingsanfangsnahrungen auf Basis nicht modifizierter Kuhmilchproteine,
Sojaproteinisolate oder Proteinteilhydrolysate,
** EU: andere KH außer Laktose erlaubt, Stärke < 30 % der KH, Saccharose < 20%,
*** gemäß EU-Richtlinie
Allgemeine Tipps
-
angenehme Atmosphäre bei Tisch
möglichst oft gemeinsames Essen
Einbeziehen der Kinder bei Mahlzeitenplanung, Einkauf und Zubereitung
Nahrungsmenge selbst bestimmen lassen
Bedeutung einzelner Lebensmittel erklären
Lebensmittel nicht als Belohnung, Strafe, zum Trost oder als Ausdruck der Zuneigung benutzen
Einführung / Änderung von Essensgewohnheiten braucht
-
Wissen
Zeit
Durchsetzungsvermögen
Vertrauen
Begleitung
Zuversicht
Überzeugung
Geduld
Unterstützung
Neue (?) österreichische Beikost-Empfehlungen - „Richtig essen von Anfang an“
Für Muttermilchersatzprodukte darf keine Werbung gemacht werden!
Internationaler Kodex zur Vermarktung von Muttermilchersatzprodukten (WHO, 1981)
Es handelt sich um einen Vermarktungskodex und nicht um einen „Ethikkodex“. Er gilt international und nicht nur für
Entwicklungsländer. Die Einhaltung des Kodex ist unabhängig von nationalen Gesetzen sicherzustellen. Die Überwachung
des Kodex soll von Nichtregierungsorganisationen unterstützt werden.
Definition:
Muttermilchersatzprodukte sind alle Nahrungsmittel, die als teilweiser oder voller Ersatz für Muttermilch vermarktet oder
auf andere Weise angeboten werden, gleichgültig, ob sie für diesen Zweck geeignet sind oder nicht.
Neben Anfangsnahrung fallen darunter auch Folgenahrung, Milchprodukte, Ergänzungsnahrungen, Säfte, Tees, Flaschen
und Sauger.
-
Keine Werbung für Ersatzprodukte in der Öffentlichkeit und im Gesundheitssystem
Keine Gratisproben an Mütter
Kein Firmenpersonal als Ernährungsberater
Keine Idealisierung der Kunstprodukte
Nur wissenschaftliches, sachlich richtiges Informationsmaterial an medizinisches Personal
Aufklärung über die Risiken der Produkte auf den Packungen
Keine Werbung für ungeeignete Produkte, z. B. Kondensmilch
Verena Kaiser
Seite 130
Ernährung des Säuglings
Pädiatrie
BEI Kost
≠ Mahlzeit ersetzen
= bei-geben, dazutun
Altersdefinition
-
ab 4. Monat = mit drei Monaten
nach 4. Monat = mit vier Monaten
1. Monat: 1 – 30 Tage
vollendeter 1. Monat = 30 Tage
2. Monat: 31 – 62 Tage
3. Monat: 63 – 91 Tage
4. Monat: 92 – 119 Tage
nach dem 4 Monat => ab Tag 120
5. Monat: 120 – 153 Tage
6. Monat: 154 – 183 Tage
vollendeter 6. Monat = ½ Jahr
Beikost soll vernünftig sein!
„früh und alles“ vs. strukturierte Ernährungspläne?
Österreichische Beikostempfehlungen
Seite 131
Verena Kaiser
Pädiatrie
Ernährung des Säuglings
Alter bei der Beikosteinführung
Ausschließliches Stillen durch die ersten etwa 6 Monate ist ein wünschenswertes Ziel. Teilstillen oder kürzer stillen sind
auch wertvoll. Das Stillen sollte über die Beikosteinführung fortgesetzt werden, solange Mutter und Kind das wollen.
Eine wesentliche Bedeutung kommt in Ernährungsfragen den Kinderärzten und dem medizinischen Personal zu, daher ist
Aus- und Fortbildung in Belangen des Stillens wünschenswert.
Kramer et Kakuma, Optimal Duration of Exclusive Breastfeeding - Cochrane Database 2002
Exclusive Bf 6 mo vs Exclusive Bf 3-4 months.
11 Studien Entwicklungsländer, 11 Studien Industriestaaten
6 Mo ausschließliches Stillen: geringeres Risiko für gastrointestinale Erkrankungen, Keine Wachstumsdefizite, längere
Laktationsamenorrhoe, Kein sicherer Einfluss auf Atopie.
Grummer-Strawn LM, Scanlon KS, et al: Infant Feeding and Feeding Transitions During the First Year Pediatrics 2008, Oct; 122 Supp 2: S36-42
Infant Feeding Practices Study II, 2907 Kinder bei Geburt, 1782 Kinder mit 12 Monaten. Monatliche Fragebögen. Atlanta.
83% beginnen zu stillen, 50% mit 6 Monaten, 24% mit 12 Monaten
Viel zugefüttert, bereits im Spital.
Mit 4 Monaten: 40% Cerealien, 17% Obst oder Gemüse.
Kinder, die bereits mit 4 Monaten zugefüttert wurden, waren mit 6 Monaten signifikant häufiger bereits abgestillt (70 vs
34%), häufigeres ungesundes Essverhalten mit 12 Mo.
Verena Kaiser
Seite 132
Ernährung des Säuglings
Pädiatrie
Fazit:
Das Fenster zwischen 4-6 Monaten bleibt kontrovers …
Daher …
Geschmacksprägung
Reihenfolge der Breisorteneinführung
Seite 133
Verena Kaiser
Pädiatrie
Ernährung des Säuglings
Beikost: Soll sein …
-
Individuell angepasst
Nährstoffreich (Fe, Zn, Ca, Vit A, Vit C, Folsäure)
Energie- und Proteingehalt altersentsprechend
Vielfalt (damit Auswahlmöglichkeit)
Zeitpunkt der Beikostgabe
Verena Kaiser
Seite 134
Ernährung des Säuglings
Pädiatrie
Beginn der Getränkegabe
Energiedichte und Mahlzeitenfrequenz
Proteinbedarf
Seite 135
Verena Kaiser
Pädiatrie
Ernährung des Säuglings
Zubereitungsempfehlung
Empfehlungen zu Fisch-, Ei-, Erdnuss- und Nusskonsum
Allergien und Unverträglichkeiten allgemein
Studie, die das frühe Einführen von Beikost favorisiert
Verena Kaiser
Seite 136
Ernährung des Säuglings
Pädiatrie
Konklusion:
-
Mediane Stilldauer gering
Selektiertes Kollektiv, reverse Kausalität (?)
Zusammenhang Einführung Beikost und IgE Antwort mit 5 a, keine Klinik
Kleiner Abstand zwischen den Drittel-Gruppen (z.T. 2 Wochen!)
Zwar prospektiv, aber Rechenmodell
…
Zöliakie
Es scheint ein „window of opportunity“ zu geben, das zwischen dem Alter von 4 Monaten und etwa 7 Monaten liegt, in dem
Gliadin eingeführt werden sollte.
EMPFEHLUNGEN DER ÖSTERREICHISCHEN STILLKOMMISSION:
Ausschließliches Stillen ist die optimale Ernährung für Säuglinge bis etwa zum Ende des 6. Monats und ein
wünschenswertes Ziel. Auch kürzeres Stillen oder Teilstillen ist wertvoll.
Mit der Gabe von Beikost sollte etwa mit 6 Monaten – entsprechend der Entwicklung des Kindes – begonnen werden.
Beikost darf nicht vor dem Alter von 17 Wochen und soll nicht später als mit 26 Wochen eingeführt werden. Es ist
vernünftig, die sehr frühe (vor dem Beginn des 5. Monats) und späte (>= 7 Monaten) Einführung von Gluten zu vermeiden.
Daher soll Gluten in kleinen Mengen unter weiterem Stillen (Getreidebrei löffelweise, Brot,..) gegeben werden.
Auf jeden Fall soll während der Beikostgabe weiter gestillt werden.
Nicht oder teilgestillte Kinder erhalten optimalerweise eine Anfangsnahrung durch das erste Lebensjahr.
Die Einführung der Beikost ist nicht mehr so streng vorgegeben, auch potente Allergene dürfen im 2. Halbjahr angeboten
werden. Größere Mengen Kuhmilch sollten erst nach dem ersten Geburtstag gegeben werden, damit erfolgt der Übergang
zum Familientisch.
Und … … Essen soll auch Spaß machen!
Seite 137
Verena Kaiser
Pädiatrie
Otitis, Atemwegsinfekte
21.12.11 – Edelbauer
Otitis externa und media, Mastoiditis, Tonsillopharyngitis, „banaler“
Atemwegsinfekt
1 Gehörgang
2 Trommelfell
3 Malleus
4 Incus
5 Stapes
6 Cochlea
7 Tuba Eustachii
Otitis externa
-
Meist Begleiterscheinung (Schwimmbadinfektion, seborrhoische Dermatitis, chronische Otitis media)
Isoliert (Manipulation, Fremdkörper)
Buben und Mädchen gleich häufig
Erreger
∙ Streptokokken, Enterokokken, Pseudomonas, Proteus vulgaris
∙ Viren, Pilze
Klinische Symptome
-
schmerzhafte Schwellung + Rötung Gehörgang
Schmerz bei Zug an der Ohrmuschel
Tragusdruckschmerz
z.T. fötide Sekretion, Juckreiz
Verena Kaiser
Seite 138
Otitis, Atemwegsinfekte
Pädiatrie
Diagnostik
-
-
Otoskopie:
∙ Rötung und Schwellung im Gehörgang
∙ Trommelfell bland
∙ Differentialdiagnose
∙ sezernierende Otitis media mit Trommelfellperforation
Therapie
∙ Absaugen des Sekrets, lokal: desinfizierende Ohrentropfen, Streifen
∙ mit Antibiotika
∙ Ausgeprägter Befund: systemische Antibiotika
Otitis media acuta
-
-
Häufigkeit
∙ 80-90% aller Kinder: 1x Otitis media in ersten 3 LJ
∙ Etwas häufiger bei Buben als Mädchen
∙ Häufigster Grund für antibiotische Therapie
meist tubogen
selten hämatogen bei Virusinfektionen (Influenza, Masern)
Besonderheiten bei Kindern:
Kurze, weite, gerade verlaufende Tube
Gehäuft Infekte der Luftwege, vergrößerte Adenoide
Ätiologie
Bakterien
Streptococcus pneumoniae
Haemophilus influenzae
Staphylococcus aureus
Streptococcus pyogenes
Moraxella catarrhalis
Viren
Rhino-, RS-, Influenza-,
Parainfluenza-, Adenoviren
Anamnese
-
Starke Ohrenschmerzen
nach Spontanperforation schlagartiges Nachlassen
Fieber
Säuglinge: uncharakteristische Zeichen, Trinkschwäche, Unruhe, heftiges Schreien
Kleinkinder: z.T. abdominelle Beschwerden, Erbrechen, häufiges ans Ohr greifen, weinerlich, unruhig
Ältere Kinder: genaue Schmerzlokalisation, heftig, pochend, Hörminderung
Diagnostik
Otoskopie
Rötung
Vorwölbung
evtl. Verdickung des Trommelfells
Verlust Lichtreflex
Bei größeren Kindern das Ohr nach hinten oben ziehen, bei kleineren Kindern nach unten
Normalerweise ist das Mittelohr luftgefüllt, das Trommelfell glänzend, glatt und nur leicht vorgewölbt
Therapie
-
-
Antipyrese, analgetische Therapie (Paracetamol)
Abschwellende Nasentropfen
∙ Aber nicht zu lange, da sie sonst zu einer Atrophie der Nasenschleimhaut führen (durch die
Vasokonstriktion)
Ggf. Amoxicillin-Clavulansäure, Cephalosporin (Cefuroxim, Cefpodoxim) für 10 Tage
Seite 139
Verena Kaiser
Pädiatrie
Otitis, Atemwegsinfekte
AAP/AAFP Empfehlungen: Beobachtung versus antibiotische Therapie
bei Kindern unter 6 Monaten ist die Rate an Komplikationen am höchsten, daher muss hier immer antibiotisch therapiert
werden
Inzidenz einer Mastoiditis oder suppurativer Komplikationen ist bei initialer Observation im Vergleich zur initialen
antibiotischen Therapie geringer, daher soll man besonders bei älteren Kindern zu Beginn eher zuwarten
Mastoiditis
-
-
-
Häufigkeit
∙ Inzidenz bei Kindern <14 Jahren:
∙ 1.2-3.8 pro 100 000 Kinder / Jahr
∙ ♀ und ♂ gleich häufig
Erreger
∙ Streptococcus pneumoniae, Streptococcus pyogenes, Pseudomonas
aeruginosa, Staphylococcus aureus
Erneutes Auftreten od. Persistenz von Schmerzen, Fieber nach Otitis media
Reduzierter Allgemeinzustand
Appetitlosigkeit
Lokal Schmerzen, Schwellung, Rötung, Überwärmung
Abstehendes Ohr
Diagnostik
-
Otoskopie
∙ verdicktes, hyperämisches, vorgewölbtes TF
Leukocytose, Linksverschiebung im Differentialblutbild, CRP und BSG ↑
CT
∙ Zum Erkennen der Ausbreitung
∙ Flüssigkeitsansammlung im Mastoid zu erkennen
∙ Bei fortgeschrittener Mastoiditis können die Knochensepten nicht mehr
erkannt werden
Therapie
-
Antibiotika (Aminopenicillin-Betalactamaseinhibitor, Cefuroxim) intravenös
Ggf. Mastoidektomie
Audiometrie nach Konvaleszenz
Prognose
∙ Bei adäquater Therapie gut
Komplikationen der Mastoiditis
Verena Kaiser
Seite 140
Otitis, Atemwegsinfekte
Pädiatrie
Tonsillen
Für Kinder normaler Tonsillenbefund: die Tonsillen sind nicht gerötet
Hypoplastische Tonsillen sind bei Kindern normal
Tonsillopharyngitis
-
>70% Virusinfektion (Coxsackie-A-Virus, EBV, Adenoviren)
Bakterien:
∙ β-hämolysierende Streptokokken der Gruppe A (10-20%)
∙ Staphylokokken, Pneumokokken
∙ Corynebacterium diphteriae
Symptome
-
Fieber
Appetitlosigkeit
Schluckbeschwerden, Halsschmerzen
Reaktive Lymphknotenvergrößerungen
Bei Kleinkindern meist Bauchschmerzen im Vordergrund, je jünger desto seltener Halsschmerzen !
Erbrechen, Obstipation, Durchfall
Infektiöse Mononukleose
-
EBV
-
∙ Tonsillitis mit Fibrinbelägen
∙ Hämorrhagisches Enanthem am weichen Gaumen
∙ Generalisierte Lymphknotenhyperplasie
∙ Splenomegalie
∙ Reduzierter AZ
Therapie: symptomatisch !
Wichtig: nicht antibiotisch therapieren: wird Ampicillin verabreicht, kommt es zu einem stark juckenden makulopapulösen
Exanthem
Streptokokken Angina
-
Plötzlicher Beginn
Hochroter Pharynx und Gaumen
Vergrößerte Tonsillen mit weißlich – gelben Stippchen od. fleckartigen Belägen
Diagnostik
-
Streptokokken-A Schnelltest
∙ cave flasch negative Resultate
Kultur aus Rachen- und Tonsillenabstrich
∙ Goldstandard
Antikörperanstieg gegen Streptolysin O
∙ erst nach 3-4 Wochen
Therapie
-
Bei V.a. Streptokokken Penicillin V p.o. 10 Tage!
Scharlach
-
-
Feinfleckiges Exanthem
∙ blass- bis hochrot
∙ stecknadelkopfgroße Papeln
∙ beginnt axillär und in den Leisten
Himbeerzunge
Blasses Munddreieck
Düsterrotes Enanthem
Seite 141
Verena Kaiser
Pädiatrie
Otitis, Atemwegsinfekte
Komplikationen der Streptokokken-Tonsillitis
Peritonsillarabszess
-
Starke Schluckbeschwerden
Fieber
Kieferklemme (Kinder können den Mund nicht mehr öffnen)
Lymphadenitis colli
Uvula stark verschoben
Rheumatisches Fieber
-
-
Polyarthritis
Carditis
Chorea minor
Subkutane Noduli
∙ Charakteristisch, aber selten
∙ Kommen v.a. an Knochenvorsprüngen vor
Erythema anulare
Fieber
Schädigungen der Herzklappen können auch noch längere Zeit nach der Infektion auftreten
Poststreptokokken-Glomerulonephritis
-
Akute Niereninsuffizienz
Oligurie
Arterielle Hypertonie
Komplement C3 erniedrigt
Hämaturie
Proteinurie
„Banaler“ Atemwegsinfekt
-
Akute Infekte viraler Genese (Parainfluenza, Rhinoviren, Respiratory-Syncitial-Virus)
Altersabhängige anatomische und immunologische Besonderheiten
Häufigkeit
-
Abhängig von Alter und Exposition
Häufigkeitsgipfel Säuglings- und Kleinkindesalter
∙ Kleinkind 6-8 x/Jahr
∙ Volksschulkind 3-4 x /Jahr
∙ 12-jähriges Kind 1-2 x /Jahr
Klinische Symptomatik
-
meist absteigend, Rhinitis, Heiserkeit, Husten
Fieber
Therapie
-
Symptomatisch, reichlich Flüssigkeit, Antipyrese
Nasentropfen (NaCl 0.9% bzw. Meersalz, α-Sympathomimetika)
Atemluftbefeuchtung
Hustensedative (Codein) nur bei trockenem, nicht produktivem Reizhusten!
Verena Kaiser
Seite 142
Atopie, Allergie
Pädiatrie
22.12.11 – Edelbauer
Atopie, Allergie
Definitionen
Allergie
-
spezifische Änderung der Immunitätslage
krankmachende Überempfindlichkeit gegenüber natürlichen Allergenen
Atopie
-
genetische Disposition zur Überempfindlichkeit gegenüber natürlichen Allergenen
Dermatitis, Rhinitis, Asthma
Immunglobulin E
Gesamt-IgE
-
Bei Allergien meist, aber nicht immer erhöht!
Erhöht auch bei Parasitosen, Nephritiden
Konzentration abhängig vom Alter
Allergen-spezifische IgE
-
Routine-Diagnostik: Sensibilisierung
Klinisch relevant nur im Zusammenhang mit klinischer Symptomatik!
Häufigkeit atopischer Erkrankungen
-
Prävalenz 16-20% der Kinder und Jugendlichen
Buben signifikant häufiger betroffen (♂ 17.3%, ♀ 14.9%)
Ausgleich der Geschlechterverteilung in der Adoleszenz
Risikofaktoren
Intrinsische Faktoren
-
Familiäre Prädisposition
Geschlecht
Umweltfaktoren
-
Ernährung
Sozialfaktoren
Frühkindliche Infekte
Passivrauchexposition
Seite 143
Verena Kaiser
Pädiatrie
Atopie, Allergie
Rhinitis allergica
Häufigkeit
-
-
selten vor dem 3. LJ
Prävalenz
∙ Vorschulkinder 7%
∙ Jugendliche 20%
signifikant häufiger bei Buben
Saisonal: Pollen
Perennial: Hausstaubmilbe, Tierepithelien
Symptome
-
behinderte Nasenatmung → vermehrte Mundatmung
Niesanfälle
seröse Sekretion
Juckreiz
nasale Obstruktion (steht bei der ganzjährigen Rhinitis im Vordergrund)
meist mit Konjunktivitis
Auswirkung auf die physische und mentale Gesundheit von Kindern
Diagnostik
-
-
Anamnese!
∙ Ausführliche Eigenanamnese: wann begonnen, örtlicher/zeitlicher zusammenhang
∙ Familienanamnese: Risiko für eine Atopie steigt mit jedem erstgradigen Verwandten mit Atopie und
auch bei rauchenden Eltern
Hauttest
∙ Brick-Test
Nachweis spezifischer IgE
Therapie
-
Allergenkarenz
topische Antihistaminika und Kortikosteroide
systemisch: orale Antihistaminika
Verena Kaiser
Seite 144
Atopie, Allergie
-
Pädiatrie
Hyposensibilisierung (schwere Form)
∙ Viele Kinder mit einer allergischen Rhinitis entwickeln später ein Asthma bronchiale, daher ist eine frühe
Hyposens. sinnvoll
Insektengiftallergie
Sensibilisierung durch Insektengiftproteine (Biene, Wespe)
Häufigkeit
-
-
1-5% der Kinder allergische Reaktionen
Gleiche Häufigkeit
∙ bei Atopikern und Nichtatopikern
∙ bei Knaben und Mädchen
bei gehäuften Insektenstichen kommt es zu einer Zunahme der Erkrankungsfrequenz: ein Großteil der
Insektengiftallergiker kommt aus Imkerfamilien
Lokalreaktionen
-
an der Haut
Allgemeinreaktionen
-
Generalisierte Urtikaria
Quincke Ödem
Nausea, Erbrechen
Bronchialobstruktion, Atemnot
Blutdruckabfall, Bewusstlosigkeit, Schock
Diagnostik
-
-
Anamnese !!!
∙ Schweregrad der allergischen Reaktion
∙ Art des stechenden Insektes
titrierter Prick-Hauttest
allergenspezifische IgE-Antikörper
Therapie
-
Stachel entfernen, Kühlung der Extremität
Leichte Allgemeinreaktion: Antihistaminikum oral
Schwere Allgemeinreaktion: Adrenalin, Kortikosteroide, Flüssigkeitssubstitution, Antihistaminikum
Notfallapotheke !
Hyposensibilisierung
Urtikaria
Definition
-
Flüchtiges juckendes Exanthem mit Quaddelbildung
∙ Durch Freisetzung von Histamin aus den Mastzellen
Läsionen der oberflächlichen Dermis
Ätiologie
-
Bei Kindern < 5% der Fälle allergisch bedingt ! (Nahrungsmittel, Insektengifte, Inhalationsallergene)
Häufig: Infekte, physikalisch (Wärme, Kälte, mechanisch)
Mastzelle kann durch verschiedene Auslöser
aktiviert werden
Seite 145
Verena Kaiser
Pädiatrie
Atopie, Allergie
Symptome
-
flächenhafte, scharf begrenzte Erytheme mit Quaddelbildung
starker Juckreiz
Diagnostik
-
klinisch !
normalerweise sind bei klassischen Symptomen keine weiteren diagnostischen Maßnahmen nötig
Therapie
-
Antihistaminika
bei allergischen Form: Allergenkarenz, Hyposensibilisierung
Quincke-Ödem (Angioödem)
-
Profunde Form der Urtikaria (untere Dermisschichten, Subkutis)
Allergisch
Schwellung Lider, Lippen, Wangen, gelenknahe Extremitätenregionen
Differentialdiagnose bei rezidivierender Form: hereditärer Defekt des C1-Esterase-Inhibitors
∙ Lebensbedrohlich, C1-Esterase-Inhibitor muss substituiert werden
Anaphylaktischer Schock
Immunologisch vermittelte generalisierte Sofortreaktion bei hochgradiger Sensibilisierung gegen Insektengift,
Nahrungsmittel, Tierepithelien
Verena Kaiser
Seite 146
Atopie, Allergie
Pädiatrie
Symptomatik
-
Stadium I (leichte Allgemeinreaktionen)
∙ Juckreiz, Urtikaria, Flush, Heiserkeit, Dyspnoe, Unruhe, Kopfschmerzen
Stadium II (ausgeprägte Allgemeinreaktionen)
∙ zusätzlich Übelkeit, Erbrechen, Bronchospasmus, Tachycardie, Hypotension
Stadium III
∙ zusätzlich Zyanose, Schock mit Hypotension, Bewusstseinseintrübung
Stadium IV
∙ Atemstillstand, Herz-Kreislaufstillstand
Seite 147
Verena Kaiser
Pädiatrie
Atopie, Allergie
Basic management of anaphylaxis
Therapie
-
Stadium I
∙ Stopp der Allergenzufuhr, Antihistaminika, bei protrahiertem Verlauf Glukokortikoide
Ab Stadium II
∙ Stopp der Allergenzufuhr, Adrenalin, Volumensubstitution, Glukokortikoide, Antihistaminika
Verena Kaiser
Seite 148
Atopie, Allergie
Seite 149
Pädiatrie
Verena Kaiser
Pädiatrie
Infektionen der Bronchien
19.01.12
Atemwegsinfektionen der Bronchien
Subglottische Laryngitis – Viraler Krupp:
-
Meist viral bedingt → Übertragung via Kontakt
Kurze Inkubationszeit (2-6d)
Altersgipfel kleine Kinder  Babies haben zu wenig sozialen Kontakt
Klassischerweise in den Wintermonaten
Symptome:
-
Schnupfen vorausgehend
Bellender Husten
Klassischerweise niedriges Fieber und Verschlechterung nachts
Symptomatik bessert sich oftmals in kalter und feuchter Luft (Rettungsauto, Dampf im Badezimmer)
Stadieneinteilung nach der Klinik:
-
Phase I  Bellender husten, Schluckbeschwerden
Phase II  Stridor, Einziehungen im Jugulum und Epigastrium
Phase III  zusätzlich thorakale Einziehungen, Tachykardie, Blässe
Phase IV  Maximale inspiratorische Einziehungen, niedrige Pulsamplitude, Zyanose, Kind ist sehr ruhig und
wehrt sich nicht
Therapie:
-
Sauerstoff
Luftbefeuchtung
Steroide (Oral, inhalativ oder notfalls rektal)
Stationäre Aufnahme bei Schweregrad↑, kann auch wiederkommen, daher Aufnahme meist nicht ungeschickt .
Wann fix aufnehmen  Bei präexistenter Obstruktion, Alter<12 Monate, fehlende kompetenz von Seiten der
eltern, große Entfernungen zum Wohnort oder schlechte infrastruktur
DD – Kruppsyndrom:
-
Viraler Krupp  Häufigste Form – Siehe oben
Bakterieller Krupp  Staphys oder Hämophilus, Leukozytose im BB, wird im Gegensatz zum viralen Krupp wenn
unbehandelt von Tag zu Tag schlechter
Spasmodic Krupp  Allergische Kinder, ausgelöst jedoch oft durch schlechte Luftverhältnisse und nicht die
Allergie selbst
Epiglottitis:
-
Hämophilus ibfluenzae Typ B infektion  Daher heute seltener
Ältere Kinder (2-6a)
Zu Jeder Jahreszeit
Lebensgefährlich!!!!!
Symptome:
-
Nasenflügeln
Toxisches Aussehen mit sehr hohem Fieber
Unruhig, bis somnolent
Fokus auf Atmung  Sitzen am liebsten
Speichelfluss  Schlucken ist extrem schmerzhaft
Therapie:
-
Sofort ad Klinik mit Aviso (Notfall, Indikation für NEF/NAW/NAH)  O2-Gabe, Vollgas mit Blaulicht (keine
unnötigen Intubationsversuche etc.)
In der Klinik sofort ICU-Therapie starten
Sofortige Cephalosporingabe (+ eventuell Rachenabstrich)
Untersuchung eines Kindes mit Atemwegsinfektionen:
Anamnese:
-
Akut/chronisch/rezidivierend
Leitsymptom  Was, seit wann, was bessert oder verschlechtert, wie ist der Verlauf
Bisherige Diagnostik und Therapieversuche
Verena Kaiser
Seite 150
Infektionen der Bronchien
Pädiatrie
Symptome:
Husten, Wheezing, Atemnot, Leistungsintolleranz, Thoraxschmerzen, Fieberschübe, Auswurf blabla….
Untersuchung:
Was kann man sehen:
AZ, EZ, Thoraxform, Harrison-Furche (Rachitis), Tachypnoenoe, Schaukelatmung (Thx und Abd arbeiten nicht zusammen),
Zyanose (zentral und peripher über die Zungenfarbe unterschieden), Trommelschlägelfinger, Uhrglasnägel
Was kann man höhren:
Husten, Stridor, Schnarchen, RGs in der auskultation, Wheezing
Leitsymptom Husten:
-
-
Entsteht über Hustenrezeptoren in Ösophagus (deswegen Husten bei GERD auch wenns nicht in die Lunge geht),
Hauptbronchien (in den peripheren Bronchien nicht) und Larynx. Der reiz erfolgt über den Nervus Vagus an das
Hustenzentrum im Cortex. Ein suffiezienter Hustenstoß erfordert ein exaktes neuromuskuläres Zusammenspiel,
welches es Kindern mit Störungen in diesem bereich schwer macht Infekte abzuhusten.
Akut vs. Chronisch  Akut, darf maximal 3 Wochen dauern. Als chronisch gilt ein Husten, wenn er über 8
Wochen täglich andauernd (wiederkehrender Husten gehört da nicht dazu).
Art des chronischen Hustens:
∙ Trocken  Asthma, Pertussis, Infektionen mit Mykoplasmen, Irritanzien (Starker Passivrauch)
∙ Produktiv  Bronchiektasien, Cystische Fibrose, PCD, Immundefekt
∙ Bellender husten  Malazien der Atemwege, Gefäßanomalie mit Trachealkompression, psychogener
Husten (immer schauen, ob das Kind nachts auch hustet oder schlimmer hustet wenn Publikum
gegeben)
∙ Hämoptysis  Pneumonie, Lungenabszess, Bronchiektasien, Tbc etc.
Unspezifischer Husten:
-
Prolongierter postinfektiöser Husten  Rhinoviren, RSV, Adenoviren etc.
Tabakrauch
GÖR ohne Aspiration  Hustenrezeptoren im Ösophagus (siehe oben)
Caugh variant asthma  Eosinophile Inflammation, Response auf neu begonnene Asthmatherapie
Spezifischer Husten:
-
Angeborene Ursachen  CF, PCD, Immundefizienz
Erworben  Fremdkörperaspiration
Aspiration  Ösophagotracheale Fisteln, Achalasie
Psychogener Husten
Lungenbeteiligung im Rahmen von Systemerkrankunen
Erkrankungen der Bronchien:
Akute Bronchitis:
-
Entzündung der Bronchien
Pathologie  Mucosaschwellung,
Erreger  Meist viral (RS-Viren etc.), wenn bakteriell, dann schlimmer
Symptome  Selbstlimitierend
Diagnostik Selten notwendig, da wie gesagt selbstlimitierend
Labor
Therapie  Symptomatische Therapie  Hustensäfte, Inhalation, Rauchverbot
Obstruktive Bronchitis:
-
Pathogenese  Virale Atemwegsinfektion
Klinik  Pfeiffen, Giemen, Brummen, Dyspnoe, Einzziehungen
Bronchiolitis:
-
Weiter unten, also in den Bronchien+
Trifft eher Säuglinge
Lymphozytäres Infiltrat und Ödem
Bronchialepithelnekrose
Erreger  RS-Virus und selten andere
Symptome  Die ganze Pallette (Atemprobleme, feinblasige RG, schlechter AZ…)
Diagnostik  Antigennachweis mit Rachenspülwasser, Überblähungszeichen im Röntgen, Atelektasen
Therapie  Ruhe, Sauerstoff, Paraspasmolytika, Beta2-Mimetika, Synagis-Impfung für Risikogruppen
Seite 151
Verena Kaiser
Pädiatrie
Infektionen der Bronchien
Pneumonie:
(SIP !)
-
Weltweit eine der häufigsten todesursachen (vor allem in der 3. Welt)
Virale oder bakterielle Entzündung des Interzellularraumes
Symptome  Tachydyspnoe, Fieber, Husten, Tachykardie, Bauchschmerz bei basaler Pneumonie
Auskultation  Fein- bis mittelblasige RGs, verschärftes Atemgeräusch über der betroffenen Stelle (Flüssigkeit
leitet Schall besser)
Einteilung  Nach Patientenalter in Kombo mit Erregerspektrum, radiologisch
Haupterreger von Seiten der Viren wie immer RS-Viren
Diagnostik  Labor (CRP usw.), Erregernachweis (Blutkultur!, Nasopharyngealsekret oft falsch positiv), Serologie,
Röntgen-Thorax
Einteilung nach Erreger:
-
Bakteriell vs. Viral  100% ist nichts, sogar das CRP steigt bei Adenoviren (lt. Rezenter Schweitzer Studie)
Bakteriell  Fieber↑↑↑, Wheezing (Mykoplasmen), AF↑, Röntgen-Infiltrat
Viral  Fieber↑, Pfeiffen, Atelektasen, generelles Krankheitsgefühl↓
Komplikationen  Resp. Insuff., Pleuraerguss/Epmyem, Atelektasen, Bronchiektasen
Radiologische Einteilung:
-
Bronchopneumonie  Häufigste Form
Lobarpneumonie  Ganzer Lappen/mehrere Segmente betroffen, häufigster Erreger Pneumokokken
Interstitielle Pneumonie  Streifen/Schatten/verdichtete interstitielle Räume, vor allem bei Mykoplasmen
Atypische Pneumonie:
-
Atypische bakterien  Mykoplasmen etc.
Nicht infektiöse Pneumonien
Virale Errreger  Röteln, Masern
Seltene Erreger  Pilze, Protozoen
Therapie:
-
Zuerst Evaluation des Schweregrades
Beachtung des Erregerspektrums
Lokale Besonderheiten und Resistenzlagen einfliessen lassen
Diagnostische Untersuchung je nach Schweregrad  Röntgen, Auskultation usw immer, Labor wenn schwerer
Therapieansatz  Wenn möglich gezielt
Mittel der Wahl  Amoxicillin
Mittel der Wahl bei atypischer Pneumonie  Erythromycin, Doxycyclin (wenn über 12a)
Zusätzlich  Inhalation, Physiotherapie, Ruhe etc.
Statiönare Aufnahme  Wenn Alter↓ oder Krankheit↑ (über 2a nur wenn schlimm wie Sättigung <93%)
Kein Ansprechen auf die Therapie:
-
Passt das AB, stimmt die Dosis (höher bei Kindern!), Probleme am Patienten (Immundefekte, CF etc.)
Thorax-Röntgenkontrolle:
-
Wenn unkomplizierter verlauf  Nein
Möglichst spät
Essentiell bei Atelektasen, weil je länger jene bestehen umso kleiner die Chance auf Öffung und umso größer jene
für chronische Entzündung  Physiotherapie!
Auch bei Rundherden und natürlich bei Persistenz der Beschwerden
Erkrankungen der Pleura:
Pleuritis:
-
Pleuritis selten isoliert  e.g. bei Tbc
Atemabhängige stechende Schmerzen, Husten, Fieber, Dämpfung
3 Stadien  Sicca (Fibrinauflagerungen), Exsudativa (seröse Flüssigkeit), Purulenta (Plkeuroempyem)
Therapie  Je nach Grundkrankheit, ab einem gewissen Ausmaß Punktion für Erregernachweis und Therapie,
Drainage wenn größer, Fibrinolytika, VATS (siehe Modul Chirurgie Jahr IV)
Therapie dauert lange, oft kommt man um die Chirurgie nicht herum
Differenzialdiagnosen an die gedacht werden sollte:
(SIP !)
-
Tuberkulose
Fremdkörperaspiration (Erdnüsse etc.)
Lungenfehlbildungen
Seltene Erkrankungen wie Tumore etc.
Verena Kaiser
Seite 152