Leistungsorientierte Rassehundezucht am Beispiel zweier

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Leistungsorientierte Rassehundezucht am Beispiel zweier
Brandlbracke
Leistungsorientierte Rassehundezucht am
Beispiel zweier österreichischer Jagdhunderassen
Brandlbracke – Steirische Rauhaarbracke
Akademische Jagdwirtin
Dr. Regina Thierrichter
Leistungsorientierte Rassehundezucht, die die Leistungsfähigkeit der Hunde
als Grundlage sieht, den
Standard und das Aussehen
zwar miteinbezieht, aber
nicht als Hauptkriterium
zur Zulassung zur Zucht,
ist unter Beachtung populationsgenetischer Vorgaben
in der Lage, gesunde, vitale Hunde hervorzubringen.
Ausstellungshunde, die nur
nach dem vom Menschen
vorgegebenen Aussehen gezüchtet werden, zeigen, was
der Mensch dem Zeitgeist
entsprechend als schön empfindet. Diese Schönheitsideale werden jedoch oft auf Kosten der Vitalität der Hunde
erreicht.
Rassehunde sind Hunde, die
im Österreichischen Hundezuchtbuch ÖHZB den Vorgaben des Österreichischen
Kynologenverbandes ÖKV
gemäß eingetragen sind. Der
ÖKV ist als einzige hundezuchtbuchführende Organi14
Vorarlberger Jagd
AKTUELL
sation in Österreich Mitglied
der Federation Cynologique
Internationale FCI und setzt
sich als Dachverband von zirka
100 Hundevereinen mit der
Zucht, Haltung, Ausbildung
und Prüfung von Hunden
auseinander. Österreich ist
das Mutterland für fünf Hunderassen, darunter vier Jagdhunderassen: Brandlbracke,
Steirische Rauhaarbracke,
Tirolerbracke und Alpenländische Dachsbracke. Mit
Ausnahme der Alpenländischen Dachsbracke, die den
Schweißhunden zugeordnet
wird, werden die drei anderen Rassen der FCI Gruppe 6
Laufhunde zugeordnet. Die
Laufhunde zählen zu den ältesten Hunderassen und auf
Grund ihrer Beliebtheit als
Jagdhund haben sich sehr viele Rassen entwickelt, sodass
unter den von der FCI anerkannten Jagdhunderassen die
Bracken heute die größte Rassegruppe darstellen.
Bracken
Als Bracken werden Hunde
bezeichnet, die auf Fährte
und Spur anhaltend laut ja-
gen, die sich durch großen
Spurwillen,
Spursicherheit
und klaren Spurlaut sowie
entsprechende Jagddauer als
Solojäger auszeichnen, allein jagende Hunde, die sich
durch Verleitfährten nicht ablenken lassen.
Die Bracke arbeitet selbständig, sucht weiträumig, nimmt
die Spur oder Fährte des Wildes auf, findet das Wild in
seinem Einstand und bewegt
es mit lockerem Laut. Diese
jagdlichen Eigenschaften der
Bracke machen es möglich,
dass man sie heute bei der
wichtigen
Bewegungsjagd
auf Schwarzwild und, wo
es das Jagdgesetz erlaubt,
auch auf Rotwild zum Einsatz bringt. Eine Bracke hetzt
nicht, da sie auf Grund der
hohen Nasenleistung und
gleichzeitigem
Lautgeben
auf Fährte oder Spur Kraft
braucht, sie hält das Wild in
Bewegung, kommt aber nie
so nahe heran, dass das Wild
in Panik versetzt wird.
Die Brandlbracke, die typische österreichische kurzhaarige Bracke, wird seit 1883
nach den im österreichischen
Hundestammbuch festgelegten Kriterien gezüchtet und
lässt sich bis zur Keltenbracke
zurückverfolgen.
Die Steirische Rauhaarbracke wurde vom steirischen
Gewerken Peintinger durch
die Einkreuzung von Rauhaarigen Istrianerbracken mit
Hannover‘schen
Schweißhunden seit 1876 erfolgreich
gezüchtet.
In der Hundezucht sollen im
Unterschied zur zufälligen
Verpaarung Eigenschaften,
die als positiv für das jeweilige Zuchtziel angesehen
werden, verstärkt auftreten.
Dies wird erreicht durch eine
kontrollierte Fortpflanzung.
Grenzen und Spannungsfelder in der Rassehundezucht
ergeben sich vor allem daraus, dass die genetischen Populationen bei allen Hunderassen aufgrund der geringen
Anzahl von Hunden bei der
Rassegründung und geringer
Anzahl von Würfen bedingt
durch äußere Einflüsse, wie
z.B. Kriege, als klein ange-
sehen werden müssen. Die
Populationsgenetik, die sich
mit der genetischen Zusammensetzung und deren Veränderungen in einer Gruppe
von Tieren auseinandersetzt,
stellt als Grundforderung
auf, dass eine möglichst hohe
Anzahl von Tieren zur Zucht
zur Verfügung stehen muss,
damit dem genetischen Engpass entgegengewirkt werden kann.
Die Maßnahmen, welche
dem Züchter heute zur Verfügung stehen, haben sich
durch die Erkenntnisse der
Genetik stark gewandelt und
neben Zuchtentscheidungen
beruhend auf Leistungskriterien und dem Phänotyp
des Hundes werden in der
modernen Hundezucht die
Auswirkungen der Inzucht,
die Zunahme der Homozygotie, die Verengung des zur
Verfügung stehenden Genpools und die sich daraus ergebenden Möglichkeiten und
Komplikationen in die Zucht
miteinbezogen.
Zuchtziele
Die Zuchtziele für die Brandlbracke und die Steirische
Rauhaarbracke sind in der
Zuchtordnung des Österreichischen Brackenvereins
eindeutig definiert: vitale,
leistungsstarke Jagdhunde,
die sich durch Gesundheit,
großen Arbeitswillen und
ein ausgeglichenes Wesen sowohl dem Menschen als auch
anderen Hunden gegenüber
auszeichnen. Das besondere
Rassekennzeichen aller Bracken, die anhaltende laute
Jagd auf Spur und Fährte ist
selbstverständlich das ausschlaggebende Zuchtziel.
Die
Leistungsüberprüfung
dieser zwei Jagdhunderassen
erfolgt nach der Prüfungsordnung des Österreichischen
Jagdgebrauchshunde-Verbandes/Brackenkommission
und ermöglicht das Auswählen der zur Zucht zugelassenen Hunde nach möglichst
objektiven Kriterien. Das
Hauptaugenmerk wird auf
jene Fächer gelegt, die eine
Bracke vom reinen Schweißhund unterscheiden: Spurlaut, Spurwille, Spursicherheit und Jagddauer werden
im Zuge einer Brackade auf
Hase oder Fuchs überprüft.
Der Beurteilung der Anlagen
des Hundes ohne Führereinfluss kommt sehr große Bedeutung zu, da es sich hier
um Eigenschaften handelt,
die eine große Heritabilität
aufweisen. Die Schweißarbeit
auf natürlicher oder künstlicher Fährte gibt Auskunft
darüber, wie sicher der Hund
am Schweiß arbeitet. Bei der
Beurteilung des Standards ist
zu berücksichtigen, dass es
zu negativen Auswirkungen
kommt, wenn der Formwert
zu eng interpretiert wird
und gesunde, leistungsstarke
Hunde wegen eines Formfehlers, der keine negativen
gesundheitlichen Auswirkungen hat, aus der Zucht
ausgeschlossen werden. Der
Standard, der das Exterieur
und das Wesen einer Hunderasse wiedergibt, soll ermöglichen, dass eine Rasse phänotypisch erhalten bleibt.
Im Gegensatz zur Ausstellungszucht, in welcher dem
Standard eine überdimensional große Bedeutung zukommt, dem Funktionalität
und Gesundheit der Hunde
untergeordnet werden, steht
in der Jagdhundezucht immer die Forderung nach Leistung im Mittelpunkt.
Zulassung zur Zucht
Die Zulassung zur Zucht erfolgt sowohl über die Leistungsüberprüfung als auch
über die Berücksichtigung
von genetischen Informationen für die gewünschte
Verpaarung. Das EDV-unterstützte Zuchtprogramm, aufbauend auf der Berechnung
des Inzuchtkoeffizienten, des
Ahnenverlustkoeffizienten
und unter Berücksichtigung
des Zuchtwertes erlaubt es,
eine transparente Zuchtplanung durchzuführen. Für
jedes in der Hundezucht
eingesetzte Programm gilt,
dass eine große Abhängigkeit
von der Qualität der erfassten Daten gegeben ist und
es daher nicht sinnvoll ist,
die Zucht ausschließlich auf
EDV-basierenden Aussagen
aufzubauen, die Meinung des
Zuchtwartes muss miteinbezogen werden. Eine Beeinträchtigung der genetischen
Varianz wird durch jede
Form der Selektion bewirkt
und muss in der Hundezucht
auf Grund der kleinen Populationen überlegt eingesetzt
werden. Als Folge der genetischen Einengung kommt es
zu einem verstärkten Auftreten von in der Rasse vorhandenen Defektgenen. Die Auswirkungen zeigen sich in der
Zunahme von Krankheitsbildern wie Hüftgelenksdysplasie, Epilepsie etc.
Die genetische Varianz kann
nur durch Auszucht, durch
die Verpaarung von Tieren,
die weniger miteinander verwandt sind als der Durchschnitt der Rasse, erhöht
werden. Die Auszucht erhöht
die genetische Vielfalt, erhöht
den Grad der Heterozygotie
und trägt damit zur Gesunderhaltung einer Rasse bei,
ohne die Eigenart der betroffenen Rasse zu gefährden.
Für die beiden betrachteten
Brackenrassen gilt, dass der
eingeschlagene Weg in der
Zucht unter Berücksichtigung der Leistung, Entscheidungen nach genetischen
Maßgaben, Auszucht zur Erweiterung des Genpools der
richtige Weg in die Zukunft
ist, um beide Brackenrassen
gesund und aktiv zu erhalten.
Die künftige Entwicklung
der Brandlbracke und der
Steirischen Rauhaarbracke ist
unter diesen Betrachtungen
als sehr positiv und zukunftsweisend zu beurteilen.
Dr. Regina Thierrichter. 2013.
Leistungsorientierte Rassehundezucht am Beispiel zweier österreichischer Jagdhunderassen
Brandlbracke - Steirische Rauhaarbracke. Abschlussarbeit zum
Universitätslehrgang „Jagdwirt/
In“. Institut für Wildbiologie
und Jagdwirtschaft (IWJ), Universität für Bodenkultur Wien.
Diese und andere Abschlussarbeiten von Absolventen
des Lehrgangs finden Sie auf
www.jagdwirt.at
Steirische Rauhaarbracke
AKTUELL
November/Dezember 2013
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