Garmans Sommer Besprechung
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Garmans Sommer Besprechung
Rezension von Janina Hölzel zu „Garmans Sommer“ Hole, Stian. 2009, Garmans Sommer, München: Hanser. Preis: 14.90 € ausgezeichnet mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis 2010 Das Bilderbuch erzählt von Garmans letztem Sommer vor der Einschulung. Wie jedes Jahr kommen die drei alten Tanten zu Besuch. Garman hat Angst vor der Schule und außerdem hat er noch nicht einen Zahn verloren, ganz im Gegensatz zu den Nachbarszwillingen, die auch schon lesen und schreiben können. Doch nicht nur Garman hat Angst. Die alten Tanten fürchten sich vor dem Tod, der Vater vor den Auftritten mit dem Orchester und die Mutter fürchtet sich davor, dass Garman auf dem Weg zur Schule etwas zustoßen könnte. Der Sommer geht vorbei, die Tanten reisen ab und Garman blickt immer noch mit mulmigen Gefühlen seinem ersten Schultag entgegen. Ängste hat jeder, so auch Garman und seine Familie. Doch darüber zu sprechen fällt oft schwer. Dieses Bilderbuch ist für Kinder und Erwachsene eine wunderbare Möglichkeit zu erkennen, dass man mit diesem Gefühl der Angst nicht alleine ist. Mit dieser Gewissheit erscheinen die eigenen Ängste und Zweifel gleich weniger bedrohlich. Stian Hole erzählt aus der Sicht eines auktorialen Erzählers. Die Geschichte weicht von der im Bilderbuch üblichen Dramaturgie ab und erzählt vielmehr einzelne Erlebnisse und Gespräche aus Garmans letztem Sommer vor Schulbeginn. Geschickt schlüpft der Autor in die Gedankenwelt eines Kindes und beschreibt Garmans Emotionen und Eindrücke. Hierbei verwendet er eine sehr bildhafte Sprache. So hat Garman beispielweiße den Eindruck, dass „die Tanten jeden Sommer in der Sonne etwas mehr schrumpfen“. Außerdem wird sehr detailreich erzählt, was der Geschichte eine gewisse Ruhe und Langsamkeit verleiht. Die Illustrationen, ebenfalls von Stian Hole, setzen sich aus Fotocollagen, Zeichnungen und Malereien zusammen. Sie stellen einzelne Szenen aus dem Text oder auch Garmans Imaginationen dar. Bei letzterem haben die Bilder oft einen surrealen Charakter. Sie unterstreichen die in der Geschichte herrschenden Stimmungen, sodass man den Sommer fast selbst auf der Zunge schmecken kann. Die Bilder sind geschmückt mit verschiedensten Kunstzitaten und Retroelementen und außerdem ein kunterbuntes Sammelsurium aus Pflanzen, Insekten, Mustern und allem, was der Sommer sonst noch hergibt. Beeindruckend sind auch die vielen fotorealistischen Darstellungen wie die der schlafenden Tante, bei der jede Falte und jedes weiße Barthaar zu sehen ist. Trotz dieser wenig vorteilhaften Details erscheint sie anmutig und schön. Andere Bilder dagegen wirken fast skurril, erinnern uns jedoch daran, wie die Angst die Dinge verzerren kann. Insgesamt ist „Garmans Sommer“ ein wunderbarer Anlass, um unsere Ängste zu thematisieren, zu teilen und sie als Bestandteil unseres Lebens zu akzeptieren.