AllesdemErfolguntergeordnet

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AllesdemErfolguntergeordnet
Sport
Zürichsee-Zeitung Donnerstag, 28. Januar 2010
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Skeleton
Goldenes Ende
für Pedersen?
Im Skeleton ruhen die Olympia-Hoffnungen einzig auf
Maya Pedersen, die zum letzten Rennen ihrer Karriere als
Titelverteidigerin antritt.
Marco Ackermann
Noch ist bei Ivo Rüegg und seinen Bremsern Roman Handschin, Patrick Blöchliger und Thomas Küttner (von links) nichts von Olympia-Nervosität zu spüren. (key)
Bob Ivo Rüegg träumt von einer Olympiamedaille – Patrick Blöchliger von einem Einsatz
Alles dem Erfolg untergeordnet
Mit zwei olympischen Diplomen kehrte Ivo Rüegg vor vier
Jahren von seinen ersten Winterspielen aus Turin zurück.
Für Vancouver hat der
Tuggner deutlich höhere
Ziele ins Visier genommen.
Martin Müller
Nervosität lässt sich noch keine ausmachen. Sowohl Ivo Rüegg als auch
sein Anschieber Patrick Blöchliger aus
Eschenbach strahlen zwei Wochen vor
Beginn der Winterspiele Ruhe aus. Wie
es im Innern der Bobsportler aussieht,
lässt sich dabei nur erahnen. Fest steht
einzig, dass bei beiden der Erfahrungsschatz noch so begrenzt ist, dass Olympische Spiele eigentlich noch immer ein
Kribbeln auslösen sollten. Rüegg, der
1995 seine Karriere als Zehnkämpfer zu
Gunsten einer Laufbahn als Bobpilot
aufgab, wird nach 2006 erst zum zwei-
ten Mal an Winterspielen teilnehmen,
Blöchliger kommt in Vancouver zu seiner Premiere.
Die Gelassenheit der beiden Muskelpakete dürfte vielmehr von den letzten
Wettkämpfen herrühren. Am Wochenende konnte das Team von Ivo Rüegg an
den Europameisterschaften im österreichischen Igls mit dem Viererbob die Silbermedaille gewinnen. «Dieses Resultat
gibt uns nochmals zusätzlich Gewissheit, dass die Form stimmt», freut sich
Rüegg über den 2. Platz, den er sich mit
seiner voraussichtlichen Olympia-Crew
sicherte. Hinter dem 38-Jährigen sorgten Roman Handschin, Thomas Lamparter (aus dem Team von Beat Hefti)
und Cédric Grand für Schub.
Als Ersatz aufgeboten
Nicht auf dem Schlitten, der zu EMSilber raste, sass Blöchliger. Gleiches ist
für den 26-Jährigen auch in Kanada vorgesehen. Sollte sich keiner der sechs vor
ihm eingestuften Schweizer Hintermänner verletzen, bleibt dem Modellathleten, der vom Verband offiziell als Ersatzbremser aufgeboten wurde, nur die
Rolle des Zuschauers. «Dessen bin ich
mir bewusst. Aber trotzdem werde ich
nicht als ‹Tourist› nach Übersee reisen.
Ich bereite mich vor jedem Rennen so
vor, als ob ich zum Einsatz komme, und
werde jederzeit bereit stehen», gibt
Blöchliger zu verstehen, dass er die ihm
zugedachte Rolle ernst nimmt. Ein
Renneinsatz wäre für ihn zwar das Tüpfelchen auf dem i, doch deswegen zu
hoffen, dass sich ein anderer Bremser verletzt, entspricht in keiner Weise dem
Charakter des gelernten
Konstrukteurs.
Pilot Ivo Rüegg rät seinem zwölf Jahre jüngeren
Teamkollegen,
möglichst
viel von den Olympischen
Spielen
«aufzusaugen».
Ähnlich habe er es selber
vor vier Jahren in Italien gemacht.
«Zwar wollte ich schon 2006 in den
Olympia-Rennen gute Leistungen zeigen, aber ich hatte mit der Qualifikation
für die Spiele mein Saisonziel bereits erreicht», erinnert sich der Ausserschwyzer. Dies sei in diesem Winter anders.
«Ich durfte davon ausgehen, dass ich
die Selektionshürden meistern werde.
Deshalb war auch nicht mehr die Teilnahme an den Winterspielen, sondern
das Erreichen von Top-Resultaten mein
Saisonziel.»
Verzicht auf Eröffnungsfeier
Was Rüegg unter «Top-Resultaten»
versteht, formuliert er folgendermassen:
«Ich weiss, dass ich mit beiden Schlitten um Medaillen
mitfahren kann und möchte
das auch machen. Und wer
um Medaillen mitfährt,
kämpft auch um Gold…»
Um solch hohe Ziele zu erreichen, hat der Pilot des
Bobs Schweiz I in den letzten Monaten alles dem Erfolg untergeordnet. Auch in
Vancouver wird sich daran nichts ändern. So wird Rüegg beispielsweise auf
die Teilnahme an der Eröffnungsfeier
verzichten. «Es ist nur ein Detail, aber
ich möchte mir später nicht vorwerfen
müssen, dass es vielleicht genau deswegen nicht zu mehr gereicht hat.»
Nachgefragt
Nachgefragt
Zweimal hat Maya Pedersen bisher
an Olympischen Spielen teilgenommen,
zweimal gehörte sie zum engsten Favoritenkreis. In Salt Lake City hielt sie der
Nervenprobe nicht stand. Trotz Laufbestzeit im zweiten Durchgang musste
sie sich mit Rang 5 begnügen. Vier Jahre später in Turin passte alles zusammen. Mit dem riesigen Vorsprung von
1,23 Sekunden sicherte sich die Berner
Oberländerin Gold. Bei ihrer dritten
Olympia-Teilnahme zählt Pedersen
nicht zu den ersten Siegesanwärterinnen. Andere haben aus dem abgelaufenen Weltcup mehr Top-Resultate vorzuweisen. Pedersen ist nicht über den 5.
Platz von Altenberg hinausgekommen.
Allerdings wäre es falsch, die zweifache Weltmeisterin, die den Schlitten
nach Vancouver in die Ecke stellen und
im Alter von 37 Jahren den Rücktritt
vollziehen wird, abzuschreiben. In der
schwierigen Bahn im Whistler Sliding
Centre dürfte sie dank ihrer Routine im
Kampf um Edelmetall ein Wörtchen
mitreden können. Vor einem Jahr, als in
Whistler im Rahmen des Weltcups die
Olympia-Hauptprobe stattgefunden hatte, wurde sie Fünfte.
Gleich mehrere Athletinnen sind im
Stande, zu verhindern, dass sich Pedersen mit einer Olympia-Medaille verabschiedet. Hoch einzustufen ist beispielsweise Mellisa Hollingsworth. Die
Kanadierin sicherte sich in diesem Winter den Sieg im Gesamtweltcup. Bei den
Spielen von Turin hatte sie – hinter Pedersen und der nach wie vor starken
Britin Shelley Rudman – Bronze erobert.
In Whistler wird Hollingsworth Heimvorteil geniessen. Ebenfalls zu beachten
sind die Deutschen, allen voran Marion
Trott, die bei der Olympia-Hauptprobe
überlegen gewann.
Schweizer Absenz nach Stählis Out
Bei den Männern hat aus Schweizer
Sicht nur Gregor Stähli die Olympia-Limite erfüllt. Allerdings musste er Forfait
erklären. In Lake Placid Mitte November
hatte er einen Muskelabriss erlitten, der
ihn unlängst zum Saisonabbruch
zwang. Mit dem Zürcher wäre zu rechnen gewesen. Er ist der aktuelle Weltmeister. Stähli ist zudem einer von bloss
zwei Skeletonfahrern, die mehr als einen
Olympia-Podestplatz im Palmarès haben. Der andere ist der Amerikaner John
Heaton, der 1928 und 1948 in St. Moritz
Silber holte. Stähli kehrte aus Salt Lake
City und Turin mit Bronze heim.
Erstmals bei Olympischen Spielen
werden in den Skeletonwettbewerben
vier Durchgänge zu absolvieren sein.
Die Entscheidungen bei beiden Geschlechtern fallen in der Nacht zum 20.
Februar.
«Mein Team als Glücksbringer» «Kleider noch nicht gesehen»
ich mir die Zeit mit...
...das Highlight meiner bisherigen
Karriere.
Unbedingt live miterleben möchte ich...
Auf dem Flug nach Kanada vertreibe
ich mir die Zeit mit...
...Jassen.
(schmunzelt) ...die Siegerehrungen
des Zweier- und Viererbobrennens.
Ivo Rüegg.
Über Vancouver weiss ich...
...dass die Stadt in Kanada liegt.
Die Schweizer Delegationsbekleidung
finde ich...
...speziell.
Olympische Spiele bedeuten für mich...
...das Grösste.
Auf dem Flug nach Kanada vertreibe
Meine ersten Erinnerungen an Olympische Spiele sind...
...die Fahrten von Erich Schärer, als
dieser 1980 in Lake Placid mit dem
Zweierbob Olympiagold holte und sein
Bremser Sepp Benz schon vor der Zieldurchfahrt jubelnd die Arme aus dem
Bob streckte.
Als Glücksbringer begleitet mich...
...mein Team.
Am meisten freue ich mich auf...
...die Herausforderungen.
...Schlafen.
Patrick Blöchliger.
Über Vancouver weiss ich...
...dass ich demnächst dorthin reisen werde.
Die Schweizer Delegationsbekleidung
finde ich...
...keine Ahnung. Da ich nicht dem
Olympiakader angehörte, habe ich sie
noch nicht gesehen.
Olympische Spiele bedeuten für mich...
Unbedingt live miterleben möchte ich...
...die Eröffnungsfeier.
Meine ersten Erinnerungen an Olympische Spiele sind...
...jene an den 200-m-Weltrekord
von Michael Johnson im Jahr 1996.
Als Glücksbringer begleitet mich...
...mein iPod.
Am meisten freue ich mich auf...
...meine drei Kollegen Mändi, Mäge
und Andi, die mich besuchen werden.
Maya Pedersen weiss bereits, was es
braucht, um Gold zu gewinnen. (key)

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