Traditionelles Pferdetraining bei den Kasachen

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Traditionelles Pferdetraining bei den Kasachen
A. Toktabaev
Pferdeheilkunde12 (1996)2 (März-Apnl)129-132
TraditionellesPferdetrainingbei den Kasachen
A. Toktabaev
Akademieder Wissenschaften,Alma Ata
Zusammenfassung
lcsachstan,nachderAuflösung
der Sowjetunion
e ne eigenständige
Republlk,
war seitjeherein fferdezuchtgebiet.
DerNordendes Landes,gekennzeichnet
durcheineausgedehnte
Waldsteppe,
beherbergte
in vorgeschichtlicher
ZeitriesigeHerdenvonWildpferden;
NordkasachstandurfteeineSchlüsselstellung
be der Domestikation
des Pferdesgespielthaben,wie es auf eineminternationalen
Symposium
in
Petropavlovsk
imJuni1995unterdemTitel:,,Early
Horsekeepers
lt wurde.
of theEurasian
Steppes"
herausgeste
gefördear.
(Abb.1 und 2)
Dieunterschiedlichsten
Pferderennen
Unterden Sowjetswurdedie Pferdezucht
staatLich
und Pferdewettspiele
gepflegt.
werdennochheuteim Landeintensiv
DerAutordesAufsatzes
überdastradtionellePierdetrainlng
be denKasachen,
Dr.AchmetToktabaev,
arbeitetals Ethnologe
an der kasaAkademie
inAlmaAta.lnlahrelanger,
mühevoller
Feldforschung
chischen
derWissenschaften
hater dasWissenüberdietraditionellen
Pfer'
detrainingsmethoden,
Behandlung
krankerPferdezusammengetragen.
Da
überdie Beurteilung
der Pferdeundauchüberdietraditionelle
dieTrainingsmethoden
offenbareinengemeinsamen
Ursprungmit denjengenandererasiatischer
Volksgruppen
haben,soll
der Kasachen
dieserkleineAufsatzhierabgedrucKwerden,um auchdaskasachische
Wisseneinembreiteren
Publikum
vorAugenzu führen.DieUbersetzerin
desrussischen
Textesversuchte,
dieeigentumlche
SprachedesAutorsauchim Deutschen
zumAusdruckzu bringen.
Behandlung
Schlüsselwörter:Kasachstan,
Pferdetraining,
traditionelle
Traditionalhorsetrainingof the kasakhs
Theautonomous
republicof Kasakhstan
haslongbeena centerof horsebreeding.
In the northernpartof the country,characterized
by a
wideareaoi woodedsteppe,greatnumbersof wlldhorseshousedduringprehistoric
times.Thispartof the countrymusthaveplayedan
important
roleduringtheearlyphaseof horsedomestication
in thefifthandfourthmillenium
B.C.Thisbecameclearat the international
conferenceat Petropavlovsk
inJune1995,heldunderthetitlei'EarlyHorsekeepers
of theEurasian
Steppes'.
Thesovet government
intensively
suppodedhorsebreeding
andso it wasandstillis possible
todayfor the peopleto celebrate
andto per(seefig.1 and2) whichhavea longtraditionin Kasakhstan.
formthe mostdifferent
kindsof horseracingandhorsecompetitions
Dr.AchmetToktabaev,
authorof the articledealingwiththe traditional
horsetrainingof the kasakhs,is an ethnologist
and memberof the
KasakhAcademyof Sciencein AlmaAta.In manyyearsof arduousfieldworkhe andwiththe heLp
of informants
hascompiledtheknowledge of thetraditionai
methodof traininghorses,of thejudgingof horsesandalsoof thetraditional
treatment
to curehorses.lt seemsthatthe
trainingmethodsof the kasakhsandotherethnicgroupsof centralAsiahavea commonsource,as canbe seenfromthe literature
dealing
withth s soecifictooic.
keywords:
Kasakhstan,
horsetrai
ninq,traditionaltreatment
Pferdewettspiele
haben
und die Kunst des Pferdetrainings
bei den Kasacheneine sehr lange Tradition.Noch heute
kann man in vielenGebietenKasachstansMeisterihresFaches beim Trainieren
der Pferdefür die Teilnahmean großen
und kleinenWettkämpfenantreffen(Abb, 1). Vornehmlich
si n d e s die Nac hk o mme nd e r A tb e g i l , d i e d i e s e Täti gkei t
ausüben.Von ihrenVorJahrenübernehmensie die Liebezu
mit der Reitkunst.In den
den Pferdenund die Beschäftigung
einzelnenRegronenKasachstanshaben die Pferdetrainer
Namen: In Zentral-und Ostkasachauch unterschiedliche
stan heißensie ,,Atbegi",im Westen ,,Atseijs"oder ,,Seijs"
und im SüdenKasachstans
,,Bapker".
AußerA. Kallerhat sich bis heuteniemandmit diesemThema näherbefaßt,Das veranlaßte
uns, mit Hilfevon InformanlAtbegi sind Zureiter, die die Pferde auf das Rennen vorbereiten;Anm.
d. Ü.
P f erde h e i l k u n d eI 2
ten die Geschichtenund Legendenuber berühmtePferdekennerund die Erfahrungen
heutigerTrainer,die die Pferde
fur Wettkämpfevorbereiten,
zusammenzutragen
und zu dokumentieren.Der vorliegendeArtikelwertet Materialienaus
Feldforschu
ngsarbeitaus,
Eine der unter den Kasachenam weitestenverbreiteteLegende ist die vom berühmtenPferdekenner
Tolibai.Sie lautet so: Einmalritt der Junge Tolibaiim leichtenTrab entlang
des FlussesSyr. Da sah er am Wegrandeinen Pferdeschädel l i egen.E r zog di e Zugel und hi el tsei n P ferdan, nahm
den Schädel in seine Hände und dachte: ,,Dasist wahrscheinlichder Kopf des besten Rennpferdes.Das Maul ist
fliehendwie bei den Antilopen,das Augenpaartief liegend,
die Lider gerade.Um die Ohren herum ist es schwarz,die
Mitte der Backen ist bieit. Die Zähne glänzen noch wie
kostbare Steine. Nach den Zähnen kann man schließen,
daß das Pferd mit zehn Jahrenoestorbenist...",Er schluo
129
TraditionellesPferdetratninqbei den Kasachen
men des Kunduskarhaben könnte.Der Besitzersagte,daß
Fohlenvon ihm gabe.Tolibai
es nur ein ernziges,
dreijähriges
übernahmdie Pflegedes Fohlensund brachtenach einem
Jahr das vierjährigeFohlen zurn Pferderennen.Dieser
Tschimkar,Nachkommedes Kunduskar,war während der
nächstenzehn bis funfzehnJahreSieqerin den Wettbewerben in Karalauund Syrdar.
In eineranderenLegendeist die Rede davon,daß einmalin
dem Oft Akbastau,der in Semirenliegt,sich hervorragende
Reiterzu Ehrendes Kasabekversammelten,um an einem
Pferdewettkampfteilzunehmenund ihre beruhmten Pferde
herzuzeigen,um die Meinungdes ehrwurdigenReiterszu
hören, Es kamen die Bruder Olschabeiund Betkibai.Ein
Mann namensKumganbaizeigtedem Expedensein gelbbAbb. 1: Renntraininqauf einem Gestüt in der Nähe von Petroackiges,schwarzgrauesPferd.Daraufsagte Olschabai:,,Leipavlovsk
der verlor dein Pferd Energie,nachdem es hiesigeGräser
Trainingrace-horsesof a stud near Petropavlovsk
gefressenhat. Wenn du es mit dem Gras und dem Wasser
aus seinerursprünglichen
Gegend gefutterthättest,würde
es Ersterim Wettrennenwerden.Aber diesmalwird es nur
den viedenPlatzbelegen".Und tatsächlich,wie es der Kenner vorausgesagthatte, kam das Pferd nur auf den vierten
PlaIz.
ln Zenlralkasachstan
sagte man:
wie auf dem Stri,,Reiteauf dem Strigunka2,
gunkaist es auch um einenDreijährigen
nicht
schade,obwohlDu ihn dabeitötest.
Gib dem Vierjährigen
die Freiheit,
den Funfjährigen
zum Pferderennen
und wenn er nichtErsterwird, dann reißihm
den K oofab."
Bewertetman die althergebrachten
Legenden,insbesondere
TolibaisBestimmungeinesSchädels,so ist zu sagen,daß
Hintergrundhaben,Nach den Proporsie einenrealistischen
Abb.2: Pferdewettspiel
in Botai,bei dem zwei Parteien
um ein
tionendes Schädelskann man tatsächlichauf das Außere
totes Schaf kämpfen.DiejenigeParteihat gewonnen,
Nach den genanntenkasachischen
wenn einerder Teilnehmer
das Schafüber dem Sattel einesPferdesschließen.
Trainernmuß die Formdes Kopfesmit den ubrigenAnfordegelegtinsZielreitet.
rungenan das Exterieurübereinstimmen:
Ein kleiner,trockein Botai,wheretwo groupsfightover
Horsecompetition
große
weite
Augen,
ner
Kopf,
Nüstern,
wie
bei den Kamelen.
a dead sheep.The winneris the one who managesto
Zudemsoll in den Augenein Feuerspielen,Das Grübchen
crossthefinallinewiththe sheeplayingoverthe saddle
haben,so daß,wenn der
solldie GrößeeinesFingergliedes
diesernicht
brennendeSchweißdes Reitersheruntertropft,
mit dem Handrückengegenden Schädelund ein Lautertönin die Augengerät.DieZähnesollengroß sein.Ein kasachite, ,,Auchder Knochen,welch eine Kostbarkeit!Dem Maul
schesSprichwortsagt: ,,DasPferdnach den Zähnen- den
nach kann man schließen,daß es einen hohen Rist, lange, Heldnach der Nase".Es sollweiterhinaufrechtstehende
Ohfür jeden Sprung tauglicheBeine hatte, daß es muskulös ren und ein feinesGehörhaben.Zudem mussenbeim Rennwar, so daß es ohne mude zu werden große Entfernungen pferdzur Unterscheidung
von anderenPferdendie Nüstern
laufenkonnte",Den Schädelan den Sattelbindendbegann weit geöffnetsein.Den Informanten
zufolgesollendie NuTolibeinach dem ehemaligenBesitzerdiesesPferdeszu susternöffnungennicht wenigerals drei (Finger?)und bei den
Elitepferden
chen. Als die Leute den Reitermit dem Pferdeschädel
am
sogarbis zu sieben(Finger?)
breitsein.Tolibais
vom SchäSattelsahen,dachtensie, er sei verrückt,Schließlich,
nachBestimmungder Abstammungdes Rennpferdes
dem er schon fast ein Jahr am Ufer des Syr und in Karatau del her begrundetesich auf dieseMerkmale.
verbrachthatte,fand er den Besitzerdes Schädels.Es stellte
Beurteiltman die zweite Legende,so spielthier die ofisgeRolle.In Kasachstan
sich nämlich heraus,daß der Kopf zum bekanntenPferd
bundeneFutterungeine entscheidende
Kunduskargehörte und sein BesitzerMaldibaihieß, Jahre
hat jede Regionihre eigenenBesonderheiten,
was die Wettzuvor als Sieger einem eintägigenWettrennenzurückkeh- kampfuorbereitungen
angeht. So konnten z. B. zu Beginn
rend,an dem 100 kundurskische
Pferdeteilnahmen,
fiel das
des 20. Jahrhundertsdie Reiter aus Sari-Arki (Distrikt
Pferd in eine Grube und starb.Tolibaibrachteden Schädel
hat.Anm.d. U.
in den Wald und fraqteden Besitzer,ob er einenNachkom- 2JungesPferd,das die Anlagenzu einemRennpferd
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12
Pferdeheilkunde
A. Toktabaev
Dscheskasganskaja),
die am Pferderennenin Semiretsch
teilnahmen,nicht Siegerwerden,weil sich ihre Pferdenach
einer Woche Aufenthaltim Alataugebirgeeine Magenverstimmungzugezogenhatten.Aus diesemGrundewird nach
kasachischer
Traditionmit dem Eintreffen
der Reiterauf dem
Festumgehendmit dem Wettkampfbegonnen.
Die zukünftigenRennpferdewurden bereits im Fohlenalter
ausgewählt,FolgendeKennzeichen
waren dabei ausschlaggebend:Das kunftigeRennpferdmußtevon Geburtan weiNustern haben. Das Fohlen soll
te, auseinanderstehende
sich an der Leinedurch überdurchschnittliche
Beweglichkeit,
Verspieltheitund gleichzeitigunterwürfigesVerhaltengegenüber dem Zureiterauszeichnen.Es geht gut am Zügel,
scheut nicht, ist nicht widerspenstig.
Zeigensich auf diese
Weise die guten Anlagenfur einenzukunftigenRenner,beginnt der Zureiter das Fohlen zu erziehen.Trainiert man es
es vom ersten (Lebens)jahr
an zwei Jahre, hat man das Foh(,,KunanBaiga")für den Wettkampfvorlen als Zweijähriges
bereitetund erzielteine höhereQualitätbei den daraus hervorgehendenKindern3,In der kasachischen
Traditionbereitete man im Gegensalzzur europäischendie Pferdeschon
von frühesterJugend an auf das Rennenvor. lm vergangenen Jahrhundertkritisierten
russischeReisendedie Art, wie
dre Kasachen ihre Pferde vom frühestenAlter an zureiten,
wie sie die Fohlenan der Leineunter sengenderHitzehielten
und wie die Kindersie ausritten.DieseReisendenberichteten nämlich,daß solche Pferdenicht wachsenwurden und
keineKraft bekämen.Dies ist falsch.lm Gegenteil,Bei dem
Pferd, das an Härte gewöhnt ist, bei dem werlet mehr als
das Wachstum die Fähigkeit,viel ertragenzu können und
nicht mäkeligzu sein. Denn der berühmteReiterKurenbai
sagte:,,Erziehen
von frühesterKindheitan!",
Die Pferdekenner
könnenauf den erstenBlickein Pferdeinschätzen.Ein Experlevermagnicht nur ein Rennpferdzu erkennen,sondernauch zu bestimmen,aus welcher Region
es stammt,aus einerbergigenGegendoder aus der Ebene,
ob es weite Streckenzurucklegenkann oder nur kurze.Einige Pferdekenner
könnensogar vorhersagen,
was im Bauch
einerStuteliegtund welcheFarbedas Fohlenhabenwird.
Der beruhmteZureiterSejdrachmanowNurtajaus Schalajir,
(geb. 1922)bereitetganze 15 Jahre
DistriktTaldikurganskoj
lang Pferdeauf den Wettkampfvor. SeinePferdenahmenan
Rennenteil, die Streckenvon 30 bis 35 km umfaßten.Sie
wurdenvon den Kolchosenund Sowchosenveranstaltet,
Einem Informantenzufolgelief das Trainingfur diese Rennen
folgendermaßenab: Am ersten Tag wird das Pferd an der
Leinegehalten.Am zweitenTag soll es auf sandigemGeländ e 4 b is 5 k m im T r a b g e h e n .Vo n 1 9 U h r a b e n d sbi s acht
Uhr morgenswird es angebunden,ohne daß man im Futter
oder Wasserreicht.Am nächstenMorgenwird es für jeweils
eine Stundedrei Tage lang ausgelassen,
damit es auf Sand
.15
km trabt. Daraufhinbindet man es wieder für neun
bis
Stundenfest und gibt ihm zwei Kilo sauberenWeizenoder
eingeweichten
Hafer.Am viertenTag galoppiertman 15 bis
3Dieserabsichtlichganz wörtlichübersetzteletzteTeildes Satzessoll
wohl bedeuten,daß die bestenVeranlagungen
vererbtwerden.Anm.
d. wiss.Bearb.
Pferdeheilkunde
12
20 km bis zum Schwitzen.Danach kostet man, ob der
Schweißauf der Zunge bitter oder suß schmeckt. lst der
Schweißbitter, bedeckt man das Pferd mit einer schweren
Filzdecke,Und wiederjeden Tag Trab und Galoppauf B bis
10 km. U nd j ede N acht an der Lei ne.In der N acht nim m t
man die Decke ab. Nach dieser Prozedur wird sußer
Schweißkommen.Zwei Tage vor dem Rennengibt man ihm
nichts.Die ganzeNachtvor dem Rennenachtetman darauf,
daß das Pferd nicht einschläftund futtert es ein wenig mit
getrocknetemGras. Morgens reicht man ihm zwei Handvoll
sauberen, gewaschenenHafera.Das Pferd ist vorbereitet.
Obwohl uns die ganze Prozedur langwierigvorkommt,
nimmt nach Meinungunsererlnformantendas Pferdetraining
wenigZeit in Anspruch.VieleZureiterbeginnenmit dem richtigenTraining,wenn das Pferd5 Jahrealt ist, Das ersteJahr
ist das schwierigste,aber dann wird es leichter. Da das
Pferdjedes Jahr an Rennenteilnimmt,muß es von Anfang
an dem Willendes Menschenunterworfenwerden.Deshalb
ist das allerersteTraining mit äußerster Sorgfalt durchzufuhren.Geht es ohne Fehlervonstatten,wrrd es der Trainer
von Jahr zu Jahr leichterhaben.
Die Zureiterunterscheidenbei den vorzubereitenden
Pferden
nach zwei Typen, nämlich nach Pferden mit ,,schwarzem
Fleisch"und Pferden mit ,,fettemFleisch".Der erste Typ
steht selten bis zum Morgen kräftig,unbelastet,im aufrechtem Stand,vornehmlichtrabt er und vergrößer1
nur langsam
seine Entfernung.DieserTyp schwitztoft bitterenSchweiß.
Nach dem Rittsoll es bis in die tiefeNachtabgebundenbleiben, danachbindetman es mit einemLassoan einem?lalz,
wo gefiedertesReihergraswächst, fest. Bei Morgengrauen
kommt es erneut an die Pferdeleine.Einmalam Tag gibt
man ihm zwei HandvollHaferund hält es im Schatten.Das
Trainingdes zweitenTyps verlangtbesondereAufmerksamkeit. Diese Pferde stehen zweimal in der Woche bis zum
Morgenaufrecht.Die Pferdemit ,,fettemFleisch"schwitzen
nach dem ersten oder zweitem Stehen nicht besonders
stark.Aber das Unterhaarwird langenichttrocken;es bleibt
ölig. Dies bedeutet,daß sich das innereFett noch nichtverringert hat. Seine Weidezeitist kurzer als die des ersten
Typs. Zusammenmit Wasser gibt man ihm Schnee oder
Stutenmilch,die noch nicht zu Kumyß (vergoreneStutenmilch)gewordenists.
Vor dem Wettrennenweiden die angebundenenPferde bei
genaudie Zeitspanne,die man für die ZubeMorgengrauen
reitungdes Tees benötigt,nämlich15 bis 20 Minuten.Das
aDerWortlautdes Trainingshat zwar keinewörtliche,jedocheinestarke inhaltliche
mit dem sog. Kikkuli-Text.
Er wurdein
Übereinstimmung
der Regierungszeit
des Hethiterkönigs
Suppiluliuma
l, (1380-1340v.
Chr.)von einem Mann namensKikkuliaus dem ReicheMitanni(die
Mitanniwarenein indogermanisches
Volk)niedergeschrieben.
In Bovgazköy,der ehemaligenHauptstadtder Hethitergefunden,bereitete
er die Pferdein 183 Trainingstagen
auf ihre Aufgabevor dem Streitwagen im Kriegund auf der Jagd vor. Der Text für den viertenTrainingstagbeginntz.B. wie folgt: Am Vormittagmüssendie Pferde2
Meilentrabenund 20 Feldergaloppieren.
Dannwerdensie in den Stall
gestellt,zugedecktbis zum Schweißausbruch..
etc. (mehrs. A. Kammenhuber,1961 Hippologicahethica,Wiesbaden).Hierzeigt sich die
langeTraditionsolcherPraktikenbis mindestensins 2. vorchristliche
Jahrtausend.Sie haben wohl alle einen qemeinsamen(zentralasiatiAnm.d. wiss.Bearb.
schen?)Ursprung,
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Traditionelles Pferdetrarnina bei den Kasachen
ist unerläßlich
damit die Tierefur den Endspurtnoch die notwendige Kraft bewahren,Eine maßvolleFutterungund ein
maßvollesWeiden des Pferdesvor dem WettkampfpraktizierenausnahmslosalleTrainerin allenGebietenKasachstwesentlicheregionale
ans, obwohl die Trainingsmethoden
Unterschiedeaufweisen,Den Informantenaus Semiretsch
zufolgeverhältsich ein Pferd,das sich in der richtigenVerEs entleertsich wenig im
fassungbefindet,folgendermaßen:
Verlaufvon 24 Stundenund der Kot ist trockenund von geringerQuantität.Das bedeutet,daß seineinnereVerfassung
normalist, Die Meinungvon KulschanowMukata(70 Jahre)
widersprichtdieserallgemeiaus dem DistriktPawlodarskaja
nen Ansicht.,,Mankann Pferdenicht so trainieren,daß dies
zum AuswurftrockenenKots fühd. Wenn du den Kot in die
Handflächedrückst, müssen unmerklicheFleckenzurucksich von denen der
bleiben".Seine Methode unterscheidet
anderendadurch,daß er das Pferdden ganzenSommermit
Stutenmilchfuttert, ihm dagegen grünes Gras uberhaupt
nrchtgibt, um Durchfallvorzubeugen.
Nach dem Verständnis
des M, Kulschanowzeigt sich die richtigeVorbereitungdes
Pferdesdurch die Zunahmeder Muskelmasse,
SultangaliSarin (90 Jahre) aus dem DistriktAkjubirskaja
wusch jeden Tag nach dem Zureiten die Geschlechtsteile
des Pferdesmit kaltemWasserab. lm Sommerqab er ihm
Kamelmilchzu trinken.
hieltdas Rennpferd
Kasibek(75 Jahre,DistriktKsylordinskja)
in der Herdevon Septemberbis EndeJanuar,um eine gute
(körperliche)
Verfassungzu erzielen.Für den Zeitraumder
drei Monate (Februarbis April) wird das
darauffolgenden
Pferd von der Herde getrenntgehaltenund in Stehhaltung
In dieserZeit futtertman die Tieremit Haferund
ubergeführt.
gefiedertemReihergraso.
Man gibt drei bis vier HandvollHafer nachts und mittags.WährenddieserZeit gewöhnt sich
der Organismusdes Tieresan die geringeFlüssigkeitsmenge. DieseMethodenennt man ,,birischek".lm Mai wird das
jeden Tag mit Filz bedeckte Pferd einmaltäglichzu einem
Ritt von 5 bis 10 km gebracht,vorher wird es mit einer
HandvollHafergefüttert,DieseMaßnahmebewirktauch den
Ausbruchdes sog. ,,bitteren
Schweißes".Der physiologische
Hintergrundhierzuist natürlichwesentlichkomplexer,als es
durch die Berichteausgedrucktwird, Nach dem Zureiten
geht das Pferdfür kurzeZeit frei herum und wird dann den
ganzenTag angebunden.Ende Mai anded sich der Charakter des Trainings.Alle zwei Tage wird ein Lauf im Trab mrt
sAuchin dieserAussageüber die Pferdetypenmanifestierlsich eine
Vorstellung
entstandene
uberdie Konstituuralte,wohl in Zentralasien
behandelt
tionstypender Pferde,die entsprechendunterschiedlich
und gefüttertwerdenmussen(vgl.z.B. R L Merserve,Some Remarks
lll, 128-141,Indion the TurkmenHorse.Aspectsof AltaicCivilization
The traditional
ana University,
BloomingtonIndiana1990; diesselbe,
MongolianMethod of conditioningHorsesand preventiveVeterrnary
Medicine.International
Symposiumon MongolianCulture.Mongolian
NationalCheng-ChiUniversity
May 29-31,
and TibetanFoundation,
Taipei1992).Der zuletztgenannteArtikelvon R. L Meservezeigtauch
Traininqsmethoden
zahlreicheParallelen
zu den hartenkasachischen
der Pferdeauf.Anm. d. wiss.Bearb.
oGemeintist hierdas auch in den SteppenKasachstans
vorkommende Federgrasder GattungStipa,dem offenbarvon den Pferdezüchwurden.Anm. d. wiss.
tern besonderenutritiveKräftezuqeschrieben
Bearb.
132
Übergängenin den Galopp unternommen.Nach dem Informantenist das ErgebnisdiesesTrainings,daß sich die Gedärmedes Pferdesreinigenund es ein schonesAußeresbekommt.Am Tage des Rennenswird das Pferdfrüh am Morgen an einerfür es passendenStelleausgeritten.
In dem Moment, in dem das Tier vom Fressendes ganzenGrasesmit
dem Stengelabläßtund nur mehr das Oberedes Grasesabzurupfenbeginnt,fuhrt man es zur Tränke.Wenn das Pferd
nach zwei Schlucksich vom Wasserwendet und nach allen
Seitensieht,so ist dies ein Zeichendafür,daß es eine gute
Verfassunghat, das heißtes ist für das Rennenvorbereitet.
Wenn es aber trinktund nichtvom Wasserläßt,hat der Trainingsprozeßnoch nicht zu einer ausreichendenKondition
gefuhrt,
Aus dem oben dargelegtenFaktenwird die Verschiedenheit
der Pferdetrainingsmethoden
deutlich.In Abhängigkeitvon
den regionalenund klimatischen
Gegebenheiten
in den einzelnenGebietenKasachstans,haben die Zureiterihre eigenen Methodender Vorbereitungder Pferdefur ein Rennen
entwickelt.Indessenstimmtendie Meinungender Zureiler
über die Bestimmungeines Rennpferdesaus seinemäußeren Erscheinungsbild
im großenund ganzenüberein.
Die Kennzeichen
einesRennpferdessind folgende:Von den
Besonderheiten
des Kopfeswurde oben schon gesprochen.
Die Längedes Halsesist durchschnittlich,
es hat eine dünne
Mähne, ni cht buschi g,ei nen hohen R i st, der R ucken ist
kaum merklicheingebogen.Man sagt wörtlich,,gebogenwie
eine Mulde". Die Entfernungzwischendem Rist und dem
Kreuzist kurz.Der Schwanzhat dünnesNaar,jedoch zeichnen sich die Schwanzwirbel
Bewegdurch außerordentliche
lichkeitaus. Die Brust springt hervor,die Hinterbeinesind
nicht gerade,die unterenSprunggelenke
haben eine Krummung im erstenGlied.Zwischenden Eck- und Vorbackenzähnenist ein Zwischenraum,
so breitwie der große Finger.
Betrachtetman das Verhalten,so zeigensich die herausragendenEigenschaften,
die den Adel einesRennpferdes
ausmachendadurch,daß es in der Nacht,wenn es angebunden
ist, nach den Sternensieht.Angebundenan der Pferdeleine
oder am Zelt,stehtes nicht gerade,sondernnimmt einebogenförmigeHaltungein. Besondersim Gang reagrertes auf
den Trainermit dem Krummen des ganzen Körpers, Das
Rennpferdversagtsich immer gegen den Wind, trinkt Wasser gegen die Strömungund geht leicht und muhelosam
Zugel .
Literatur
Kaller,
A. (1885):
Diekirgisische
KunstdesPferdezureitens
der innerHorde.Journalfür Reitkunst,
Nr. 3,
kirgisischen,
bukrskischen
56-64.
AusdemRussischen
vonVeronrka
Effern.
übersetzt
Prof.AngelavondenDnesch
lnstitutfür Geschichte
der Tiermedizin
München
Universität
Feldmochinger
Str.7
80992München
12
Pferdeheilkunde

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