Mein Weg zur Advanced Practice Nurse

Transcription

Mein Weg zur Advanced Practice Nurse
Institut für Pflegewissenschaft
Mein Weg zur Advanced Practice Nurse
Newsletter März 2012
Mein Name ist Antje Koller, ich arbeite als Pflegexpertin in der Abteilung für Hämatologie-Onkologie
an der Universitätsklinik Freiburg, Deutschland, und stehe derzeit unmittelbar vor dem Abschluss
meines Doktorats am Institut für Pflegewissenschaft (INS) der Universität Basel.
Nach meiner Ausbildung als Krankenpflegerin, einem Auslandsaufenthalt in England, einer Tätigkeit
in der mobilen Pflege und schliesslich einer Anstellung in der Neurologischen Intensivstation der
Universitätsklinik in Freiburg, begann ich ein Studium der Pflegewissenschaft am INS an der
Universität Basel mit 50%iger Anstellung an der Universitätsklinik Freiburg.
Nach dem Bachelor habe ich dann bereits als Trainee-Pflegeexpertin in enger Zusammenarbeit und
unter stetiger Betreuung meiner Pflegedienstleiterin der medizinischen Klinik angefangen, meine
Stelle in der Hämato-/Onkologie an der Universitätsklinik Freiburg aufzubauen, die ich dann später
nach Abschluss des Master-Studiums übernahm. Zwei Jahre war ich als Pflegeexpertin beschäftigt.
Angefangen habe ich dabei als Generalistin, ansprechbar für alle Fragen und Probleme der täglichen
Pflegearbeit, sowie für Spezialfälle und -probleme. Stark unterstützt und motiviert durch meine
Pflegedienstleiterin habe ich mich dann schliesslich entschlossen, mich für ein Doktoratsstudium am
INS zu bewerben. Mir wurde daraufhin zunächst eine Mitarbeit als Forschungsassistentin in der
onkologischen Forschungsgruppe unter Dr. Elisabeth Spichiger angeboten, welche ich parallel zu
meiner klinischen Tätigkeit durchgeführt habe.
Durch die Vorarbeit der onkologischen Forschungsgruppe am INS zeigte sich deutlich, dass
Schmerzen bei vielen ambulanten Patienten mit Krebs immer noch unterbehandelt sind. Meine
Recherchen zu diesem Thema zeigten zudem, dass die Hindernisse für eine optimale Schmerztherapie
vor allem auf drei Ebenen zu finden sind: Auf Systemebene (z.B. schwieriger Zugang zu Opiaten,
viele an der Behandlung beteiligte Fachpersonen etc.), auf der Ebene der Kliniker (z.B. Angst vor
Schmerzmittelmissbrauch, mangelndes Wissen über aktuelle Behandlungsgrundsätze) aber auch auf
Seiten der Patienten (z.B. Angst vor Abhängigkeit und Gewöhnung an Schmerzmittel). Aufgrund
meiner praktischen Erfahrungen mit onkologischen Patienten lag mir das Lindern von Schmerzen
zudem besonders am Herzen. Gerne wollte ich einen Beitrag zum Schliessen der Lücke beim
Schmerzmanagement leisten und mich speziell mit der „Patientenebene“ beschäftigten, was mir dann
auch als Doktorandin am INS ermöglicht wurde.
Ein mehrwöchiger „special studies visit“ bei einer der führenden Forschungsgruppen im Bereich
„Selbstmanagement von Schmerzen in der Onkologie“ an der University of California San Francisco,
USA, bildete die Grundlage für mein Doktorat. Ich konnte das dort entwickelte Beratungsprogrammm
für onkologische Schmerzpatienten kennenlernen, bei der Durchführung von Beratungssitzungen
hospitieren und das Studien- und Interventionsmaterial des amerikanischen Beratungsprogramms für
Schmerzpatienten für mein Doktorat verwenden. Es galt für mich in einer Pilotstudie herauszufinden,
ob dieses (von mir ins Deutsche übersetzte und angepasste) Programm mit deutschsprachigen
Patienten durchführbar ist und festzustellen, wie gross allenfalls der Effekt ist.
2/3
Institut für Pflegewissenschaft
2/3
Während meines Doktorats war ich weiterhin zu 20% an der Universitätsklinik Freiburg als
Pflegeexpertin beschäftigt, ein Brückenschlag zwischen Wissenschaft und Praxis, der für alle Seiten
von Vorteil war. Der die ganze Forschungszeit über bestehende Kontakt zur Praxis und der
regelmässige Austausch mit meiner Vorgesetzten haben mir die Gelegenheit gegeben, die klinische
Relevanz meiner wissenschaftlichen Tätigkeit stetig zu überprüfen.
Dadurch, dass ich mir inzwischen in meinem klinischen Spezialgebiet im Bereich Schmerz und der
damit verbundene Symptome viel Wissen angeeignet habe, werde ich im Spital jetzt deutlich mehr als
Expertin akzeptiert. Zum Beispiel weiss ich jetzt sehr genau, wie man Patienten und ihre Angehörigen
im Selbstmanagement unterstützen kann. Hierfür müssen sie nicht nur Wissen zu ihren Schmerzen,
ihrer Schmerztherapie und der Behandlung von Nebenwirkungen erwerben, sondern auch Fertigkeiten
zur Umsetzung von Strategien zur Schmerzlinderung im Alltag. Der Zustand eines onkologischen
Patienten mit Schmerzen kann sich sehr schnell verändern. Therapieansätze sind dabei häufig nicht
beim ersten Versuch erfolgreich. Der spezielle Beitrag einer Pflegeexpertin für onkologische
Schmerzpatienten, wie ich es bin, liegt in der umfassenden Begleitung während der gesamten Dauer
der Therapie. Der Schmerzpatient wird von mir ganzheitlich angesehen, von seinen Symptomen, über
seine psychische Konstitution bis hin zu seinem Umfeld. Angehörige sind, wenn möglich, bei jedem
Gespräch dabei. Patienten fühlen sich dadurch zumeist sicherer im Umgang mit ihrer Therapie und
erreichen damit auch eine schnellere Reduktion ihrer Schmerzen, eine bessere Funktionsfähigkeit und
ein erhöhtes Wohlbefinden im Alltag.
Wie sehe ich meine zukünftige Rolle als Advanced Practice Nurse (APN), die ich mit Hilfe meiner
Vorgesetzten aufbauen will? Für mich steht der Kontakt mit Patienten und Angehörigen auf diese ganz
intensive, spezialisierte Weise dabei an erster Stelle. Ich möchte zudem einen Beitrag leisten, dass bei
den Mitarbeitern die Bedeutung einer Behandlung von Schmerzen und anderen Symptomen bei
onkologischen Patienten deutlich mehr in den Vordergrund gerückt werden.
Ich bin davon überzeugt, dass ich als APN als Expertin auf der Grundlage des im Studium erworbenen
Wissens einen echten Mehrwert leisten kann. Sobald Ärzte & Pflegende der APN eine klinische
Expertise zutrauen, wird man auch von ihnen akzeptiert. Dabei denke ich, dass eine qualifizierte
Arbeit ohne die Zusammenarbeit mit dem gesamten Behandlungsteam sicher nicht möglich ist. Eine
Pflegedienstleiterin, die den Weg für die APN bahnt und Gespräche mit ärztlichen Direktoren sucht,
ist dabei von unschätzbarem Wert. Weitere förderliche Faktoren für die Akzeptanz von APNs sind aus
meiner Sicht ein klarer klinischer Auftrag und ein klinisches Stellenprofil. Die Patientenbetreuung
muss intensiv sein und der Kontakt zu den Ärzten bewusst gepflegt werden. Dabei ist das Verwenden
einer medizinisch-pflegerischen Fachsprache in der Kommunikation mit den Ärzten wichtig. Der
Fokus muss jedoch immer pflegerisch bleiben und eine übergeordnete Sicht auf die Patientengruppe
vermitteln. Und nicht zuletzt ist die Präsenz und kontinuierlich Ansprechbarkeit sehr wichtig.
Wichtiges Regulatorium der eigenen Arbeit sind z.B. Facharbeitskreise, wie ich einen leite, in denen
man neue Ideen diskutieren kann, kollegiale „Verbündete“ für weitere Projekte findet oder zu
ehrgeizige Ziele auch mal zurückstellen lernt.
3/3
Institut für Pflegewissenschaft
3/3
Die neuen Rollen von APNs verlangen viel Diskussion, viel Denkarbeit, viel Eigeninitiative und viele
Visionen der Pflegedienstleitung, wie man diese akademisch ausgebildeten Pflegenden am Bett
konzeptionell in die Arbeit sowie hierarchisch in die Klinik einbauen könnte. Und nicht zuletzt
verlangt es Durchhaltevermögen. Meine Vision für APNs in 5 Jahren? Dass der Begriff der
„Advanced Practice Nurse“ so etwas wie ein Markenname wird, wir uns inhaltlich klar positioniert
haben und organisatorisch für Patienten, Angehörige und andere Berufsgruppen sichtbar sind.

Documents pareils