Die Taube „lesen“
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Die Taube „lesen“
XXXXXXXXX UNTER XXXXXXXXXX JÄGERN Stellung der Mündung beim Abrufen „Peng!“ Blick Der koordinierte Schuss am Jagd parcours: Eine Probetaube abrufen und Flugbahn und Geschwindigkeit einprägen. Durch die gemerkten Geländekanten im Hintergrund (Baumreihe etc.) kann man nun im Trockentraining den Schwung zwei bis drei Mal im Tempo der erkannten und eingeprägten Fluggeschwindigkeit durchführen. Während beim Abrufen der Taube der Blick konzentriert auf die Maschine gerichtet ist, steht die Laufmündung bereits in der Fluglinie weiter vorne. Der Anschlag geht harmonisch vor sich, nicht zu hastig den Körper in Bewegung bringen, dann schneller werdend die Taube einholen. An jener Flugposition, wo wir am ehesten die Taube mit unserem gedanklich verlängerten Arm zupacken möchten, sagt sich der Schütze im Inneren „Peng!“ und drückt entschlossen ab. So weit die Theorie ... Fotos: M. Ossmann Die Taube „lesen“ Bill McGuire aus den USA ist mehrfacher Meister im Jagdparcours und lehrt mit teils unkonventionellen Methoden. DER ANBLICK war bei einer Jagdparcours-Einheit am Salzburger Schießstand Weitwörth vor Ort und ließ sich von Bill über die Schulter blicken. A ls Flintenschütze gelangt man des Öfteren an einen Punkt, wo sich trotz unzähliger Serien am Trap- oder Parcoursstand die persönliche Leistung nicht mehr steigert. Dieses Anstehen lässt einen zu hadern beginnen, und man begibt sich auf die Fehlersuche. Man analysiert dabei erneut seine Haltung, den Anschlag, wechselt die Munition, die Chokes oder letztendlich sogar die Waffe. All das im guten Glauben, man hätte alle Komponenten, die das sichere Treffen ausmachen, verbessert. Aber da ist noch etwas. Bill McGuire ist Meisterschütze im Jagdparcours, arbeitet als Schießtrainer und hat auch eine Lehr-DVD zum Thema produziert. Er geht beim Flintentraining etwas andere Wege, indem er wesentlich mehr Aufmerksamkeit dem Ziel selbst beimisst, also das Flugverhalten der Wurfscheibe genau studiert. In seiner ruhigen und besonnenen Art führt uns der bullige Amerikaner in seine Flintenschule ein: „You must read the target“, was übersetzt so viel heißt wie: „Du musst die Taube lesen.“ Bevor auf die Parcoursscheiben gefeuert wurde, analysierte Bill mit den Teilnehmern die Flugbahn verschiedener Bill McGuire aus Tennessee, USA, hat im Vorjahr die National-Sporting-Clays-Association-Championships in San Antonio mit 287 von 300 Zielen gewonnen. Mit mehr als 1.400 Teilnehmern zählt dieser jagdparcoursähnliche Bewerb zu einem der größten und bedeutendsten in den USA. McGuire ist Schießlehrer und hat auch die Lehr-DVD „Focus and Fire“ zum Thema produziert. Sein Credo beim Flintenschießen lautet, nur die nötigsten Bewegungen zu tun, diese dafür richtig, und den Flug des Zieles genauer zu studieren. Blaser holte Bill McGuire im letzten Monat nach Europa und bot im Rahmen der Blaser-Academy Jägern und Schützen die Möglichkeit, mit Bill Trainingsstunden zu absolvieren. 92 Der Anblick 7/2012 Ziele. Bereits auf den ersten zwei Metern nach Verlassen der Maschine bzw. nach dem Erkennen der Scheibe lassen sich für den Schützen die wichtigen Parameter wie Geschindigkeit und Richtung ableiten. Man verfolgt den Flug der Scheibe aufmerksam weiter, merkt sich im Hintergrund markante Geländemarken (Baumwipfel, Hügel etc.), die die Scheibe in ihrer Flugbahn passiert, bis hin zum Landen im Gelände. Als Schütze kann man nun ableiten, wo die Laufmündung beim Abrufen der Taube zu stehen hat und wie sie der Flugbahn folgen muss. Mittels der eingeprägten Geländekanten ist es nun möglich, im Trockentraining den Schwung zwei bis drei Mal im Tempo der erkannten Fluggeschwindigkeit durchzuführen. Ohne nun gefeuert zu haben, weiß der Schütze schon ziemlich viel über sein Ziel. Der Körper muss die Geschwindigkeit des Zieles aufnehmen Auffallend war, dass Bill nicht wie allgemein an der Haltung und Fußstellung des Schützen zu lehren begann. Bill startete mit dem Anschlag. Dieser soll harmonisch vom Erkennen des Zieles bis nach dem Schuss verlaufen. Die Gewehrbewegung läuft erst langsam an, mit dem Aufnehmen der Linie schneller werdend das Ziel anschwingen – „Peng“. Die Laufmündung steht bereits beim Abrufen der Taube auf der Fluglinie und sollte beim Schwingen keine Auf- und Abbewegungen mehr machen. Einen guten Flintenschützen erkennt man unter anderem daran, dass er nur die nötigsten Bewegungen macht und die Mündung im Schwung nicht „nickt“. Das Anbacken, der Kontakt der Wange mit dem Hinterschaft, erfolgt erst unmittelbar vor Schussabgabe. Das innere „Peng!“ Wer sagt uns nun, wann der richtige Moment zum Beschießen des Ziels gekommen ist? Aus leidiger Erfahrung wissen wir, wie schwierig manche Ziele einzuschätzen und zu treffen sind. Das können nahe und recht schnell an uns vorüberfliegende sein wie auch weit entfernte, die scheinbar nur mehr mit letzter Kraft fliegen. Als Schütze fällt es einem dann schwer, den exakten Moment des Abfeuerns zu finden. Verunsichert drückt man früher oder später ab, ohne die innere Überzeugung zu haben. Bill hat hierfür eine gute Gedächtnisstütze parat. Wirft man sich gegenseitig einen Ball zu, läuft in unserem Körper bekanntlich die Auge-Hand-Koordination ab. Die medizinische Forschung sagt dazu, dass die Auge-Hand-Koordination eine perzeptiv-motorische Fertigkeit ist. Unter diese Koordination fallen sämtliche körperliche Leistungen, bei denen visuelle Infos für die Steue- Für erfolgreiches Flintenschießen ist eine gute Auge-Hand-Koordination notwendig. Diese lässt sich besonders leicht in den Jugendjahren des Menschen prägen und fördern. rung von Arm-, Hand- oder Fingerbewegungen herangezogen werden. Und der Grundstein für eine gute Entwicklung der Auge-Hand-Koordination wird bereits in den ersten Lebensjahren gelegt. Der erfolgreiche Ballfänger hat den heranfliegenden Ball fest im Fokus, seine Hände gehen nebenbei hoch und fassen den Ball im richtigen Moment vor dem Körper. Beim Ballfangen zielen wir auch nicht mit unseren Händen auf den heranfliegenden Ball, allein unser Gehirn steuert das ziel- und zeitgerechte Zupacken – Blick immer am Ball. Bill überträgt nun mit Hilfe dieses Ballwurfbeispieles den richtigen Moment des Zupackens auf die Flugbahn der Taube. An jener Flugposition, wo wir am ehesten die Taube mit unserem Die Uhr als Orientierungshilfe: Schießlehrer sehen anhand der Garbe sehr gut, wo ihre Schüler vorbeischießen. Um die nötige Zielkorrektur zu verdeutlichen, werden die Haltepunkte mit den Uhrzeiten angegeben. Z.B.: Überschießt der Schüler ständig eine von links kommende und langsam fallende Taube, lautet der Rat: schwinge auf halb vier ... 93 XXXXXXXXXXXXX UNTER JÄGERN Auch eine Form von Flintentraining: In der jagdfreien Zeit unbewaffnet am Gewässer weilen und beobachten, wie Enten ihre Manöver beim Abstreichen und Einfallen einleiten, dazu die Distanzen und Fluggeschwindigkeiten einschätzen. gedanklich verlängerten Arm zupacken möchten, sagt sich der Schütze im Inneren „Peng!“ und drückt entschlossen ab. Nach dem Abrufen der Scheibe mit „Ab!“ folgt somit das stille, innere „Peng!“. „Ab!“ – „Peng!“ Das kann man sich gut antrainieren, es hilft einen für eine entschlossene Schussabgabe zum richtigen Zeitpunkt. Immer schwingen – keine Schnappschüsse Flüge und Geschwindigkeiten lernen Bill merkt punkto Schieß-Koordination an, dass Trapschützen beim Parcoursschießen mitunter ein Zeitproblem haben können. Beim Trap fliegen die Ziele in unterschiedlichen Richtungen mit gleich schneller Geschwindigkeit (bis zu 70 km/h) von den Schüt- Bill ist in seiner Heimat auch begeisterter Enten- und Gänsejäger. Aber nicht immer rückt er mit Flinte und Hund aus. In der jagdfreien Zeit unbewaffnet am Gewässer zu sitzen und zu beobachten, wie die Enten ihre Manöver beim Abstreichen und Einfallen einleiten, zählt für Bill ebenso zum Flintentraining. Und dort, wo es einem ein blickdichter Gartenzaun ermöglicht, ist es auch eine gute Übung, mit Flinte und Pufferpatronen einfach den Amseln und Singvögeln nachzuschwingen. Selbstverständlich wird uns auch ein Fasan bei der Jagd nicht zweimal gleich anfliegen, weil wir uns beim ersten Mal die Geländemarken im Hintergrund merken müssen. Das ist eben als gute Übung bzw. Technik beim Jagdparcours zu sehen, weil der Jagdparcours immer noch eine der Flugwildjagd am ähnlichsten nachempfundenen Trainingsform ist. Will der Flugwildschütze ein besserer werden, wird er um ein Training nicht herumkommen. Gehen wir mit Freunden und Freude öfters üben, lernen wir mehr über unser Ziel und entwickeln Pläne dazu, in welcher Flugposition es wie zu erwischen ist – „you must read the target!“ Martin Ossmann Schrotstände in Weitwörth wieder in Betrieb Öffnungszeiten: Freitag und Samstag ab 13 bis 18 Uhr – Mittwoch n. Vereinbarung; Standbetreuung vor Ort: Reinhold Liebscher (Schießtrainer), Tel.: 0049-171/7233565. Kontakt/Infos: Dr. Wolfgang Erhart, Tel.: 0043-699/18900010, E-Mail: [email protected] Fotos: M. Ossmann Nach beinahe drei Jahren der Schließung der Schießstätte Weitwörth wurde der Schießbetrieb in diesem Frühjahr wieder aufgenommen. Im Bundesland Salzburg ist Weitwörth die einzige öffentliche Schießstätte, wo zwei Jagdparcours-, zwei Skeet- und ein Trapstand für FlintenschütDr. Wolfgang Erhart: „Flugwildjäger zen zur Verfügung stehen. und Sportschützen finden in Dass in Weitwörth wieder Weitwörth ansprechende geschossen werden kann, Übungsmöglichkeiten vor!“ ist dem großen Engagement der neuen Betreibergesellschaft unter der Leitung des Schladminger Notars Dr. Wolfgang Erhart zu verdanken. Die Anlage in Weitwörth präsentiert sich in einem einladenden und perfekt gewarteten Zustand im Grünen etwa 15 Autominuten außerhalb der Stadt Salzburg. 94 Der Anblick 7/2012 Der Landeshauptschießstand zu Graz wurde bereits 1882 gegründet und bei seiner Einweihung tummelte sich hohe k&k-Prominenz. Der Schießstand in Andritz im Norden der Stadt Graz, gefällt heute noch mit seinem alt ehrwürdigen Hauptgebäude. Durch das Wirken des umtriebigen Obenschützenmeisters Gerd Kaufmann, treffen sich heute wieder verstärkt Sportschützen, Jäger und neuerdings auch Bogenschützen zur Unterhaltung, Übung und Wettkampf. Foto: Archiv-LHS-Graz zen weg. Das Gehirn des geübten Trapschützen hat gelernt, die Taube sehr schnell beim Verlassen der Maschine visuell aufzunehmen, und errechnet die weitere Flugbahn voraus. Das schlaue Gehirn verleitet nun seinen Schützen, das Ziel nicht mehr anzuschwingen, sondern es am vorauserrechneten Punkt abzufangen, quasi „einen Schuss vor den Bug“ zu setzen. Diese Schnappschuss-Technik kann beim Trap beim einen oder anderen relativ gut funktionieren, jedoch scheitern gerade diese Schützen beim Jagdparcours, wenn es gilt, Ziele mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten zu treffen. Dann ist ihr „Zentralrechner“ eindeutig überfordert. Dessen sollten sich vor allem jagende Trapschützen bewusst sein und ständig an einem guten Schwung arbeiten. Landeshauptschießstätte Graz: Altehrwürdig und voller Leben W er glaubt, dass das Weitschießen mit Büchsen eine Mode erscheinung der letzten Jahrzehnte ist, der irrt. Schon bei der Errichtung des Landeshauptschießstandes im Jahre 1882 waren 6 Stände auf 400 Schritte (etwa 300 m) angelegt worden. Hier schossen die Großbürger von Graz mit Scheibenbüchsen im Kal. 8,15 x 46R mit Diopter und erfreuten sich am freundschaftlichen Wettkampf. Zwar ist es heute, 130 Jahre später, auf dem 7 ha umfassenden Gelände des Schützenvereins nicht mehr möglich, auf 300 Meter zu schießen, doch die Mitglieder dürfen noch immer ihre Jagdbüchsen auf den 100-Meter-Ständen einschießen. Das ist beachtlich, befindet sich doch der Schießstand im dichtverbauten Stadtgebiet. Immer wieder gab es Aktionen, um den Schießstand aus dem Stadtgebiet zu verbannen, doch die gültigen alten Verträge und das Engagement der Schützenmeister trotzten erfolgreich diesen Bestrebungen. Stadtentwickler und Raum- planer haben auch schon ihre Lehren daraus gezogen und haben statt weiteren Wohneinheiten ein Gehörlosenzentrum angesiedelt. Vorderlader, Pistole, Bogen ... Die heutigen Standkapazitäten sind beachtlich, und den Mitgliedern stehen verschiedene Stände und Disziplinen zur Auswahl: 28 Luftgewehr-/Pistolenstände im Haus; 10 KK-Stände auf 25 m und 16 KKStände auf 50 m im Freien; Vorderladerschießen auf 25 m mit Wendeanlage; KK-Silhouttenschießen auf den fünf 100-Meter-Ständen; umfangreiche Schießkelleranlagen für großkalibrige Faustfeuerwaffen und Möglichkeiten zum CSA-Westernschießen. Mit dem Mitgliedsbeitrag von 100,- Euro im Jahr sind die meisten Schießanlagen kostenlos zu benutzen. Um die gesamte Fläche der Anlage voll auszuschöpfen, hat Gerd Kaufmann auch die Bogenschützen unters Dach genommen. Der Be- rufschullehrer Manfred Neuhold ist begeisterter Jäger und Bogenschütze. Er war es auch, der sein umfangreiches Wissen in die Planung und Erbauung des 3-D-Parcours mit 28 Zielen eingebracht hat. Und der Bogensportbereich boomt ungemein und lässt die Mitgliederzahlen stark wachsen. Etwa ein Drittel der Bogenschüt- Oberschützenmeister zen sind weiblich, was dem Ver- Gerd Kaufmann. einsleben eine besondere Note gibt. Gerd Kaufmann hat also den vormals eher elitären Verein für jedermann geöffnet. Imposant und besonders von der Tradition des Hauses beseelt sind die holzgetäfelten Schützenstuben. Unter den unzähligen Schützenscheiben quer durch die Jahrhun- Bogensportleiter derte lassen sich die persönlichen Manfred Neuhold. Schützenerfolge in einem ansprechenden Ambiente feiern. Martin Ossmann Informationen über eine Mitgliedschaft bzw. Buchung von Gruppenveranstaltungen samt Betreuung unter Tel.: 0664/5328891. Fotos: M. Garber Foto: M. Migos XXXXXXXXXXXXX UNTER JÄGERN Auf der Anlage der Landeshauptschießstätte Graz kann man von der Luftdruck- bis zur Großkaliberbüchse sämtliche Disziplinen üben. Nebenbei pirschen Bogenschützen durch das bewaldete 7 ha große Gelände und beschießen eine Vielzahl an 3-D-Zielen in der Größe bis zum Bison. 95