Zeitbombe Windows XP

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Zeitbombe Windows XP
Sicherheitsrisiko
Zeitbombe Windows XP
von Christof Kerkmann
Viele Unternehmen nutzen noch das Uralt-Betriebssystem Windows XP. Wenn
Microsoft bald die Unterstützung einstellt, drohen ihnen böse Sicherheitslücken.
Für eine Umstellung ist es womöglich schon zu spät.
Als Windows XP im Jahr 2001 auf den Markt kam, sah die Technikwelt noch anders aus:
Während erste Manager und Banker auf Blackberrys herumtippten, legte Apple letzte Hand an
den iPod. Kameras
bannten die Fotos noch auf Zelluloid. Und weil die Dotcom-Blase gerade mit einem lauten Knall
geplatzt war, hielt so mancher das Internet für ziemlich überschätzt. Seitdem hat sich die
Technikwelt rasant weiterentwickelt, sie ist vernetzter und mobiler geworden. Trotzdem setzen
viele Unternehmen immer noch das Uralt-Betriebssystem von Microsoft ein. Was ihnen
vermutlich nicht bewusst ist: Sie sitzen auf einer
tickenden Zeitbombe. Denn Windows XP ist ein Sicherheitsrisiko.
Die 2001 veröffentlichte Software ist für die Bedrohungen des Web-2.0-Zeitalters nicht
ausgelegt. "Windows XP basiert auf einer Sicherheitsarchitektur, die nicht mehr den heutigen
Anforderungen
entspricht", sagt Oliver Gürtler, Chef der deutschen Windows-Sparte.
Wie Windows wurde, was es ist
Noch dramatischer jedoch: Microsoft stoppt im April 2014 den Support und stopft ab dann keine
Sicherheitslücken mehr. Wer das System dann immer noch nutzt, lädt Cyber-Angreifer quasi zum
Einbruch ein.
Mit jeder neu entdeckten Schwachstelle wird XP löchriger. "Extra-Support bekommen die
Unternehmen von Microsoft nur noch gegen Gebühr", sagt Ragip Aydin, Gründer und Chef der
Firma Raynet.
Die Kosten seien erheblich. Schon jetzt ist das System anfällig. Im vergangenen Jahr waren fast
10 von 1000 PCs mit Windows XP und der Erweiterung Service Pack 3 durch Viren verseucht,
wie Microsoft im
Oktober in seinem Sicherheitsbericht (pdf-Datei) 1 mitteilte. Damit liegt die Infektionsrate
doppelt so hoch wie bei Systemen mit Windows 7. Die Dunkelziffer ist vermutlich weitaus
höher. Denn viele Nutzer haben
die letzte Erweiterung nicht installiert - etwa weil sie eine illegale Kopie verwenden - und sind
deswegen mit einen höchst anfälligen Computer im Internet unterwegs. Doch der Umstieg ist
nicht nur aus Sicherheitsgründen Pflicht. So sparen sich jetzt schon viele Hardware-Hersteller
Treiber für das Uralt-System, so dass XP-Rechner beispielsweise aktuelle Druckermodelle nicht
erkennen. Und auch viele Programme werden nur für die neueren Windows- Versionen
geschrieben, darunter wichtige Anwendungen beispielsweise für die Personalplanung oder
Produktsteuerung. Wenn Microsoft den Support einstellt, wird XP endgültig aufs Abstellgleis
geschoben.
1 http://download.microsoft.com/download/C/1/F/C1F6A2B2-F45F-45F7-B788-
32D2CCA48D29/
In einer - von Microsoft gesponserten - Studie 2 kommt das Marktforschungsunternehmen IDC zu
dem Ergebnis, dass die Kosten für das alte System von Jahr zu Jahr deutlich ansteigen, etwa weil
die IT-Abteilung
mehr damit zu tun hat und es durch Sicherheitsprobleme zu Ausfällen kommt.
Höchste Zeit für die Umrüstung
Das Problem ist schon länger bekannt, Microsoft weist seit längerem darauf hin. "Wer jetzt noch
nicht umgerüstet hat, für den wird es höchste Zeit", betont Gürtler. Dennoch erfreut sich XP
weiterhin großer Beliebtheit. Das zwölf Jahre alte System war im Januar, also drei Monate nach
Einführung von Windows 8, weltweit immer noch auf vier von zehn Rechnern installiert, wie aus
Zahlen des Dienstleisters Net Applications 3 hervorgeht. Es läuft und läuft und läuft. Anders
übrigens als sein unbeliebter Nachfolger Vista, der sich als unausgereifter Ressourcenfresser
entpuppte. Genaue Zahlen aus der Geschäftswelt liegen nicht vor. "Eine Vielzahl von
Unternehmen rüstet derzeit von Windows XP um, die großen sind fast alle so weit", sagt Axel
Oppermann, Experte vom Marktforschungs- und Beratungsunternehmen Experton. "Aber viele
kleine und mittlere Unternehmen sind spät dran." Bei ihnen spiele das Thema IT-Sicherheit oft
eine kleine Rolle. Aufgrund einer nicht-repräsentativen Befragung schätzt Experton, dass Ende
des Jahres noch rund sieben Prozent
das alte System einsetzen - größtenteils Kleinfirmen und Mittelständler. "Die XP-Migration ist
leider noch nicht überall abgeschlossen", sagt auch Raynet-Chef Aydin, dessen Firma sich auf
solche IT-Projekte
spezialisiert hat. "Die Unternehmen haben unterschätzt, dass sie dafür Spezialisten benötigen."
Zudem komme gerade bei den großen Konzernen oft Spezial- Software zum Einsatz, die sich nur
unter hohen Kosten an ein neues Betriebssystem anpassen lasse. "Viele Großunternehmen fahren
zweigleisig", sagt der IT-Spezialist. Die Zeit für den Umstieg wird immer knapper. Denn die
Einführung eines neuen Betriebssystems
dauert. Bei einem Mittelständler mit mehr als 250 PCs veranschlagen die Experton-Berater dafür
beispielsweise rund ein halbes Jahr. Microsoft geht von einer noch längeren Einführungsphase
aus:
"Generell sollten für eine Migration immer 18 bis 24 Monate von der Planung bis zur endgültigen
Implementation eines neuen Betriebssystems eingeplant werden." Denn zunächst überprüfen die
IT-Experten, ob alle Programme sich mit dem neuen System vertragen, dann ob die Hardware im
Haus geeignet ist oder neue angeschafft werden muss. Und schließlich dauert es, die neue
Plattform überall einzurichten. "Anders als bei Verbrauchern ist das nicht trivial", sagt
Oppermann.
Für Microsoft hat das große Umrüsten einen positiven Nebeneffekt: Ein Schub für das neue
Betriebssystem Windows 8 4 könnte nicht schaden.
Diese Neuerungen bietet Windows 8
Kachel-Design
2 http://www.microsoft.com/de-de/download/details.aspx?id=29883
3 http://www.netmarketshare.com/operating-system-market-share.aspx?qprid=10&qpcustomd=0
4 http://www.cio.de/windows8/
Windows 8 sieht schon auf den ersten Blick anders aus: Microsoft übernimmt aus seinem
mobilen Betriebssystem das Kachel-Design. Auf dem Desktop liegen nun rechteckige Flächen, in
denen Nutzer zum Beispiel Programme sortieren können. Und in den sogenannten Live-Kacheln
werden Inhalte in Echtzeit aktualisiert – ob der Wetterbericht aus dem Netz oder die Mitteilung
über neu eingetroffene E-Mails. Die bekannte Taskleiste samt dem mit Windows 95 eingeführten
Startknopf verschwindet dagegen.
Bedienung per Fingerzeig
Microsoft hat Windows 8 für die Nutzung per Touchscreen angepasst. Anwender können mit den
Fingern navigieren, wenn ihr Rechner einen berührungsempfindlichen Bildschirm hat, aber auch
klassisch mit Maus und Tastatur. Dass beides in einem Gerät vereint sein kann, zeigen etliche
neue Modelle, die Tablet-Computer und Notebook in einem sind.
Ein eigener App Store
Apple lässt grüßen: Microsoft hat für sein neues System den "Windows Store" eingerichtet. Über
die Plattform können Entwickler Apps verbreiten, die für Touchscreens optimiert sind. Auch
Spiele werden angeboten.
Cloud-Dienste
Schon beim Start wird es deutlich: Microsoft integriert seine Cloud-Angebote nahtlos in das neue
Betriebssystem. Nutzer können sich künftig mit ihren Daten vom Online-Dienst Windows Live
am Rechner einloggen. Damit haben sie direkten Zugriff beispielsweise auf den Online-Speicher
Skydrive, außerdem lassen sich die persönlichen Einstellungen und der Browser-Verlauf
zwischen verschiedenen Rechnern synchronisieren.
Vorinstallierter Virenscanner
Microsoft hat große Teile seines Software-Pakets Security Essentials in Windows 8 integriert.
Der Wächter soll vor Viren und Trojanern schützen.
Neue Prozessoren
Mit Windows 8 unterstützt Microsoft erstmals nicht nur die traditionellen x86-Chips von Intel
und AMD, die in PCs laufen: Erstmals läuft das Betriebssystem auch auf der ARM-Architektur.
Diese kommt in Tablet-Computern zum Einsatz, etwa dem iPad, künftig aber auch im Surface,
den Microsoft selbst auf den Markt bringt. So kann das Unternehmen in einem wichtigen
Segment Fuß fassen.
(Quelle: Handelsblatt 5)
15.02.2013
IDG Business Media GmbH
5 http://www.handelsblatt.com/

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