Quinta »Virgen del Carmen del Quinto Patio

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Quinta »Virgen del Carmen del Quinto Patio
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Quinta »Virgen del Carmen del Quinto Patio«
Das Leben in einer Straße in Quinto Patio, einem der ältesten Stadtteile Limas
Aktuelle Informationen aus erster Hand
findet man im Weblog von AGEH Fachkraft
Susanne Friess. Regelmäßig berichtet sie
über Projekte und Menschen, die sie durch
ihre Arbeit kennenlernt oder auch persönliche Begegnungen und Beobachtungen.
Im nachfolgenden Eintrag erzählt sie von
Margarita, eine Interessenvertreterin
armer Mieter in Lima.
Donnerstag Morgen. An der Tür von Margarita Montfort
klopft es. Ihre Nachbarin Nelly Galleardo steht vor der Tür.
Sie hat einen Brief in der Hand, von der staatlichen Wohlfahrt. Die Beneficiencia, wie sie hier heißt, ist Eigentümer
der Wohnungen, in denen Margarita und ihre Nachbarin
wohnen.
„Wohnungen“ ist allerdings ein sehr beschönigender Ausdruck.
Eigentlich handelt es sich vielmehr um Behausungen, man
könnte auch „Hütten“ sagen: Entlang einer schmalen, übel riechenden Gasse liegen rechts und links die aus einem, manchmal
auch zwei Zimmern bestehenden Wohnungen. Quinta heißen diese Gassen hier in Lima. Der Putz bröckelt, die Balken sehen
gefährlich morsch aus.
Die Zimmer sind vollgestopft mit Möbeln, Küchenutensilien,
Fernseher, Klamotten. Es ist schwer, Ordnung zu halten, wenn
vier bis sechs Personen auf so engem Raum zusammen wohnen.
30 Familien und damit mehr als 150 Personen wohnen in der
Quinta, dieser baufälligen Wohnstraße in einem der ältesten
Stadtteile von Lima.
Margaritas Nachbarin wird mit dem Brief von der Beneficiencia
zu einem Gesprächstermin zitiert. Worum es gehen soll, steht
nicht in dem Brief. Nelly ist verunsichert. Wie soll sie reagieren?
Was wird auf sie zukommen? Margarita rät ihr, den Termin auf
jeden Fall wahrzunehmen, aber keinesfalls irgendwelche Dokumente zu unterschreiben. Für den Abend schlägt Margarita eine
Versammlung vor. Es gibt mehrere Themen, die mit den Nachbarn
zu besprechen sind.
Margarita ist eine der fünf gewählten Interessenvertreterinnen
der Quinta Virgen del Carmen del Quinto Patio. Seit sie von CIDAP – einer Partnerorganisation von Misereor – in Rechtsfragen
ausgebildet wurde, damit sie ihre Nachbarinnen und Nachbarn bei
wohnrechtlichen Fragen unterstützen und beraten kann, klopft
es häufig an ihre Tür. In ihrer Funktion als Promotora legal beruft sie regelmäßig Versammlungen in ihrer Quinta ein, um mit
den Nachbarn über Probleme zu sprechen, die ihr gemeinsames
Leben in der Quinta angehen. Sie alle sind Mieter der Beneficiencia, die in regelmäßigen Abständen mit Mieterhöhung droht, seit
vielen Jahren jedoch keinen Sol in die Behausungen investiert
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Weblogs
Kommunikation per Weblog
Der blogger bloggt im blog. Wie bitte? Ein weblog, kurz
blog, ist eine Art digitales Tagebuch, das im Internet als
Webseite publiziert wird. Wer ein eigenes blog betreibt
oder in anderen blogs bloggt (=schreibt), ist ein Blogger.
Die Einträge erscheinen periodisch, jedoch nicht zwingend täglich. Blog ist eine Neuschöpfung aus: web (Kurzform fürs Internet) und log (Logbook=Schiffstagebuch).
Die Bandbreite der Blogs reicht von der Darstellung des
eigenen Lebens/der eigenen Arbeit bis zum Meinungsaustausch über spezielle Themen. In Blogs werden Informationen, Gedanken und Erfahrungen getauscht. Blogs
boomen seit Ende der 90er Jahre, da sie leicht zu erstellen und für alle Internetnutzer als öffentlicher Raum zugänglich sind. Ein Raum, der schnell reagiert. So waren
z.B. die ersten Bilder und Infos über die Bombenanschläge in der Londoner U-Bahn in Blogs zu finden, auf die
selbst etablierte Medien zurückgriffen. Blogs sind längst
ein wichtiges Korrektiv für Journalismus und Wirtschaft.
Mit der Ausbreitung der Blogosphäre, der Gesamtheit
aller Blogs, hat auch die Vielfalt zugenommen: Es gibt
Bildungsblogs, Videoblogs, Linkblogs oder Watchblogs.
Bekanntes Beispiel für Letzteres ist der bildblog, der die
Irrtümer einer Boulevardzeitung und deren Richtigstellung publiziert. Für Fachkräfte in der Entwicklungszusammenarbeit (EZ) sind blogs interessant, weil zeitnah
über Kontinente hinweg, über die Arbeit im Projektland
informiert werden kann. Blogs arbeiten, im Gegensatz zu
Mailings, die Teil der Schriftkultur sind, mit Stilmitteln
der Public Relations: wenig Worte, Bilder, viele Links, forsche Titel und vor allem schnell und leicht zu erfassende
Texte. In bester blog-Manier berichtet die AGEH-Fachkraft Susanne Friess auf http://sananas2610.blogspot.
com/ regelmäßig von ihrer Arbeit in Peru. Allgemeines
zum Thema Entwicklungszusammenarbeit und Globalisierung findet man im blog http://www.weltwirtschaftund-entwicklung.org.
hat, weshalb die Wohnverhältnisse hier von Jahr zu Jahr prekärer
werden. Um den Schikaneversuchen der Beneficiencia nicht hilflos ausgeliefert zu sein, haben die Bewohner der Quinta sich nun
in einem Verein zusammengeschlossen, ihre Satzung ausgearbeitet und ein Heft für die Versammlungsprotokolle angelegt. „Nur
gemeinsam sind wir stark. Wir müssen uns organisieren und zusammenhalten, sonst spielt die Beneficiencia uns gegeneinander
aus und wir stehen irgendwann alle ohne Wohnung da!“ erklärt
Margarita ihren Nachbarn, die eifrig mit dem Kopf nicken.
Auf der Tagesordnung für die heutige Versammlung steht das
leidige Wasser- und Abwasserthema. Seit Jahren kämpfen die Bewohner der Quinta nun darum, dass in die verschiedenen Häuser
Wasser- und Abwasserleitungen gelegt werden. Bis vor zwei Jahren teilten sich die Bewohner einen einzigen Wasserhahn und einen Abwasserschacht. Der Wasserhahn funktioniert inzwischen
schon lange nicht mehr, den hat die Beneficiencia abgestellt. Jetzt
kaufen sie ihr Wasser täglich an einem LKW. Die Qualität ist
schlecht, der Preis hoch. Das Abwasserloch kollabiert regelmäßig und ist den großen Abwassermengen nicht gewachsen. Es
gibt eine Toilette und eine Dusche, doch die meisten Bewohner
ziehen es vor, ihre Verrichtungen in ihren Wohnungen vorzunehmen und das Brauchwasser und die Fäkalien dann in
den Abwasserschacht zu schütten.
Mit der Hilfe von CIDAP wurden die Pläne für die
sanitären Installationen in den Häusern erstellt und
beim peruanischen Wasserversorger SEDAPAL eingereicht. Nach monatelangem Kampf mit den bürokratischen staatlichen Behörden scheint das Ziel nun
in greifbare Nähe zu rücken. Dies konnte nur erreicht
werden, weil sich die Bewohner der Quinta geschlossen hinter das Projekt gestellt und unnachgiebig auf
ihrem Recht bestanden haben.
Susanne Friess
Susanne Friess ist Beraterin
und leitet seit 2005 als
AGEH-Fachkraft die MisereorVerbindungsstelle in Lima/
Peru.
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