Rheuma und trotzdem aktiv!

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Rheuma und trotzdem aktiv!
special | Interview
Die Deutsche Rheuma-Liga wird überall dort aktiv, wo chronisch Rheumakranke
in besonderer Weise von Gesetzesvorhaben und Richtlinien der Selbstverwaltung
betroffen sind. Dies gilt in besonderer Weise für die Reformen im Bereich der
gesetzlichen Krankenversicherung, aber auch bei der Erwerbsminderungsrente.
Darüber hinaus engagiert sich die Rheuma-Liga für die Lösung zahlreicher
Probleme: vom Erhalt der Rheumakliniken über die Erstattung von medizinischer Fußpflege bis zur Rehabilitation für junge Rheumakranke – die Deutsche
Rheuma-Liga ist für die Betroffenen aktiv.
Rheuma und trotzdem aktiv!
Frau Ursula Faubel ist seit sechs Jahren Geschäftsführerin der Deutschen
Rheuma-Liga in Bonn und kennt die
Sorgen, Nöte und Fragen der Betroffenen sehr gut. Heike Recktenwald sprach
mit Ursula Faubel.
Frau Ursula Faubel
Geschäftsführung
Deutsche RheumaLiga Bundesverband
e. V.
Maximilianstr. 14
53111 Bonn
EU: Welche Probleme sind für die Patienten nach der Diagnose am drängendsten?
FAUBEL: Das hängt davon ab, wie schwer
die Erkrankung verläuft. Meist kommen
die Betroffenen gut zurecht, wenn sie
eine effektive Therapie erhalten. Hierzu
gehören in erster Linie Schmerz- und
entzündungshemmende Medikamente,
aber auch Krankengymnastik. Ein Problem dabei sind lange Wartezeiten bei
der Terminvergabe der Rheumatologen.
Nimmt die entzündlich rheumatische
Erkrankung einen schweren Verlauf, verändert sich bei den Betroffenen irgendwann das ganze Leben. Der Beruf und
die Partnerschaft sind beeinträchtigt.
Reha und Patientenschulungen, aber
auch Angebote der Rheuma-Liga sind
da sehr hilfreich.
Kontakt und Hilfe finden die Betroffenen bei den Landes- und Mitgliedsverbänden der Rheuma-Liga. Die Adressen
findet man auf der Homepage der
Rheuma-Liga.
EU: Wie wichtig ist die richtige Ernährung für die Betroffenen?
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Ernährungs Umschau | 12/08
FAUBEL: Eine ausgewogene Ernährung,
die das Immunsystem stärkt, ist generell
hilfreich. Ansonsten muss man schon
differenzieren, um welche rheumatische
Erkrankung es sich handelt.
Bei Gelenk-Gicht zum Beispiel beruhen
die Entzündungsattacken auf einer Störung des Harnsäurestoffwechsels. Eine
konsequente Ernährungsumstellung auf
purinarme Kost hilft, Gichtanfälle zu vermeiden. Bei Osteoporose hilft Kalzium,
den Knochenabbau aufzuhalten. Bei
rheumatoider Arthritis reduziert der Gebrauch von Fischöl Gelenkschwellungen
und Morgensteifigkeit. Eindeutig belegt
Mehr Informationen finden Betroffene und Ernährungsberater unter:
http://www.rheuma-liga.de/uploads/4/kurzernaehrung.pdf
Allgemeine Informationen:
http://www.rheuma-liga.de
Kontakt zum Landesverband:
Tel.: 01804 600-000
(20 Cent pro Anruf.
Mobilfunkpreise können
abweichen)
Die Broschüre
„Die richtige Ernährung bei Rheuma“
kann bei der Deutschen Rheuma Liga
angefordert werden
ist, dass Rauchen rheumatoide Arthritis fördert. Auch Übergewicht ist
von Nachteil – für Arthritis wie auch
für Arthrose. Man sollte abnehmen,
um die tragenden Gelenke zu entlasten. Ansonsten aber gibt es keine
„Rheuma-Diät“ im eigentlichen Sinn,
sagen uns die Experten. Jeder muss
für sich herausfinden, was ihm gut tut
und die Entzündung reduziert.
EU: Welche Lebensstil-Veränderungen
müssen aus Ihrer Sicht nach der Diagnose getroffen werden?
FAUBEL: Wer auf Dauer mit einer
schweren Rheumaerkrankung lebt,
muss sein Leben nach dem ersten
Schock der Diagnose neu ordnen.
Stress und Überforderungen sollten
reduziert und vermieden werden.
Viele müssen lernen, die Hilfe anderer in Anspruch zu nehmen. Das ist
nicht leicht, vor allem wenn, die Erkrankung nach außen nicht deutlich
werden soll. Wir wissen besonders
von den jüngeren Rheumakranken,
dass sie normal weiter leben wollen.
Sie „beißen lieber die Zähne zusammen“ und lassen sich nichts anmerken.
EU: Welche Rolle hat hier die Ernährungsberatung?
FAUBEL: Die Ernährungsberatung ist
sehr wichtig. Es existieren viele Vorurteile und Fehlinformationen, da
haben Ernährungsberater/innen
eine wichtige Aufklärungsfunktion.
Allerdings sollten die Beratungspersonen kompetent sein, was rheumatische Erkrankungen, körperliche Ab-
läufe und medizinische Hintergründe anbelangt.
Wir wünschen uns künftig eine engere Zusammenarbeit mit dem
VDOE, um Ernährungsberater für die
Besonderheiten dieser Erkrankung
weiter zu sensibilisieren.
EU: Wie können Sie ihrerseits Betroffene und die Kollegen in der Ernährungsberatung unterstützen?
FAUBEL:
Unsere
Rheuma-LigaVerbände bieten Vorträge zum
Thema „Rheuma und Ernährung“
an, die sich einer sehr guten Nachfrage erfreuen. In unseren Patientenschulungen bieten wir Module
speziell zur Ernährung bei rheumatischen Erkrankungen an.
EU: Welche Stellung hat die Ernährung in den Behandlungsleitlinien der
Deutschen Rheuma-Liga?
FAUBEL: Es gibt Leitlinien der wissenschaftlichen Fachgesellschaften, an
denen die Rheuma-Liga von Fall zu
Fall beratend beteiligt ist. Hier sind in
der Regel Hinweise zum Ernährungsverhalten aufgenommen, z. B. bei der
Osteoporose, der frühen rheumatoiden Arthritis oder der Fibromyalgie.
Allerdings fehlen vielfach aussagekräftige Studien, so dass es z. B. in der
Leitlinie zur frühen rheumatoiden
Arthritis heißt: „Die Evidenz hinsichtlich empfehlenswerter Nahrungsmittelauswahl hat oft anekdotischen und
widersprüchlichen Charakter“.
EU: Welche Materialien oder Services
bieten Sie für Mittler oder Betroffene
an?
FAUBEL: Wir halten ein zweiseitiges
Merkblatt zum Thema „Rheuma und
Ernährung“ bereit. Via Internet zum
„Download“ oder per Postversand. –
Gerne auch in größerer Stückzahl,
zur Weitergabe an Klienten in der Ernährungsberatung.
Außerdem gibt es eine Broschüre, die
sich eingehend mit dem Thema befasst und einige Rezepte enthält. Spezielle Hinweise zur Ernährung gibt es
aber auch in allen unseren krankheitsspezifischen Ratgebern zu Arthrose, Arthritis, Fibromyalgie, Osteoporose bzw. Kollagenosen und
Vaskulitiden.
EU: Welche Projekte planen Sie für
2009?
FAUBEL: Auf Bundesebene liegt unser
Schwerpunkt vor allem in der Verbesserung der Versorgung und dem
Zugang zur Rehabilitation. Es fehlt
vielerorts an Fachärzten und Rheumatologen. Daher werden wir den
Bundestagswahlkampf nutzen, um
auf Defizite mit einer Neuauflage unseres „Aktionsplans Rheuma“ aufmerksam zu machen.
EU: Frau Faubel, herzlichen Dank
für das Gespräch.
Hier wünschen wir uns eine deutliche
Verbesserung.
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