Warten auf Frida Kahlo

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Warten auf Frida Kahlo
W E LT K O M PA K T
KULTUR
1.
2.
3.
4.
5.
Hummeldumm (1)
TOMMY JAUD
Scherz, Frankfurt. 303 S., 13,95¤
Betrogen (NEU)
P. C. CAST
Fischer, Frankfurt, 508 S., 16,95¤
Gregs Tagebuch 4 (2)
JEFF KINNEY
Baumhaus, Köln. 218 S., 12,99¤
Der Koch (3)
MARTIN SUTER
Diogenes, Zürich. 311 S., 21,90¤
Das Gold der Maori (4)
SARAH LARK
Bastei Lübbe. 749 S., 14,99¤
KULTUR KOMPAKT
Dellé singt WM-Song
Seeed-Sänger Dellé bringt anlässlich des im Sommer anstehenden
Fußball-Großereignisses einen
WM-Song heraus. „Cry out WM
2010“ erscheine „pünktlich zur
Weltmeisterschaft“ und sei „eine
Hymne an die zweitschönste
Sache der Welt“, kündigte die
Plattenfirma Warner Music an.
Der gebürtige Ghanaer hatte im
vergangenen Jahr mit „Before I
Grow Old“ sein Solo-Debüt
veröffentlicht.
Ehrenpreis für Eichinger
REUTERS/JASON REDMOND
Bernd Eichinger (61/Foto), Produzent von Filmen wie „Der Untergang“, „Das
Parfum“ und „Der
Baader Meinhof
Komplex“, erhält
bei der diesjährigen FilmpreisGala einen Ehrenpreis. Mit der
Auszeichnung
werden Eichingers „hervorragende Verdienste um den deutschen
Film“ gewürdigt, wie die Deutsche
Filmakademie mitteilte.
135 Romane im Wettbewerb
Für den Deutschen Buchpreis 2010
sind 135 Romane eingereicht worden. 84 Verlage aus Deutschland,
Österreich und der Schweiz hätten
bis zum Einsendeschluss Ende
März ihre Vorschläge gemacht,
teilte der Börsenverein des Deutschen Buchhandels in Frankfurt
mit. Der Deutsche Buchpreis ist
mit 37 500 Euro dotiert und wird
am 4. Oktober im Frankfurter
Römer verliehen.
Wittenberg ehrt Reformator
Mit einem Festwochenende wird
in Wittenberg an den Reformator
Philipp Melanchthon (1497-1560)
erinnert. Anlass ist der 450. Todestag des Gelehrten. Zum Auftakt
der Feierlichkeiten wird am Freitag im einstigen Wohnhaus des
Wegbegleiters von Martin Luther
die Ausstellung „Neue Schätze für
Melanchthon“ eröffnet.
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Warten auf Frida Kahlo
Vor der großen Berlin-Schau: Wie Fälscher den Kuratoren das Leben schwer machen
VON GABRIELA WALDE
Bis große internationale Ausstellungen eröffnet werden, ist es hinter den Kulissen stets turbulent.
Nichts Ungewöhnliches im Kunstbetrieb. Im Berliner Martin-Gropius-Bau allerdings liegen dieser Tage die Nerven offenbar blanker als
sonst. In zwei Wochen wird dort
die Frida-Kahlo-Retrospektive eröffnen, mit 150 Werken die bislang
umfassendste Präsentation der
mexikanischen Künstlerin in
Deutschland, und noch fehlen die
definitiven Zusagen entscheidender Leihgaben. Die Begehrlichkeiten der Sammler, die hauptsächlich aus den USA kommen, sind
groß – mit ihrer Ausleihe wollen
sie sich schlicht eine goldene Nase
verdienen. Auf deutsche Museen
kann man nicht ausweichen, kein
Haus besitzt eine Frida.
„Es ist außerordentlich schwierig“, bekennt Gereon Sievernich,
Chef des Kreuzberger Ausstellungshauses. Mehr will er nicht sagen, verständlicherweise, der Gropius-Bau ist eine Bundeseinrichtung, das Auswärtige Amt finanziert die prominente Schau mit,
und schließlich feiern die Mexikaner mit ihrer „Heiligen Frida“ ihr
100-jähriges Revolutions-Jubiläum
in Europa. Die Bundesrepublik unterstützt zudem das „Casa Azul“,
das „Blaue Haus“ im Mexiko, heute
das viel besuchte „Museo Frida
Kahlo“ – ihr deutscher Vater Carl
Wilhelm entstammte einer bürgerlichen Familie aus Baden-Baden.
Umfassende Kahlo-Ausstellungen sind selten, weil äußerst
schwierig zu realisieren. In Mexiko gilt sie als Nationales Kulturerbe, eine Ausfuhr der Werke ist also
unmöglich. Deshalb ist man auf
die Sammler, die nicht selten auf
der Forbes-Liste stehen, angewiesen. Madonna besitzt angeblich
drei Fridas. Die Werke auf dem
Kunstmarkt sind rar, und wenn ei-
BANCO DE MEXICO DIEGO RIVERA-FRIDA KAHLO MUSEUMS TRUST, MEXICO, D.F./ VG BILD-KUNST, BONN 2010
Bücher
Erotisch aufgeladen: In der glühenden „Sonne“, entstanden im Jahr 1947, sieht Frida Kahlo die Urkraft des Lebens
nes versteigert wird, liegt es im
zweistelligen Millionenbereich.
Kahlo-Sammler trennen sich besonders schwer von ihren Arbeiten, weiß Helga Prignitz-Poda, die
die erste, 1977 von Raquel Tibol
verfasste Frida-Biografie ins Deutsche übersetzte. „Frida Kahlo malte ihre Bilder vielfach aus einer
großen Einsamkeit heraus. Sie entstanden aus dem Wunsch, mit dem
Betrachter oder Besitzer des Bildes im Gespräch zu bleiben. Sie
hat ihre Werke damals ja oft verschenkt. Diese Aufforderung mit
ihr im Gespräch zu bleiben, hat gewirkt“, erzählt die Kuratorin. Für
ihre Fans hat Frida Kahlo heute
Ironisch:
Frida Kahlo
malt sich
1943 als
stolze
AkademieLehrerin –
die Affen
symbolisieren ihre
Schüler.
Rechts:
Kahlo mit
Spitzenhaube, die zur
Kirchgangstracht
gehört
Kultstatus. Die dramatische Lebensgeschichte der Mexikanerin,
die 1954 mit nur 47 Jahren starb, ist
allseits bekannt, auch wenn die
ewiggleichen Geschichtchen den
Blick auf ihr Werk verstellen.
Ihre Biografie ist der Stoff, von
dem Hollywood träumte. Ein
schwerer Unfall mit 18 Jahren
zwang sie verkrüppelt in ein Korsett, mehr als 30 Operationen folgten, ihre Bisexualität, ihre On-andOff Beziehung zu ihrem Künstlergatten Diego Rivera, den sie zwei
Mal heiratete. Der Mann war ein
notorischer Womanizer, der sie
betrog, wo immer er konnte, sogar
mit ihrer Schwester, andererseits
BANCO DE MEXICO DIEGO RIVERA-FRIDA KAHLO MUSEUMS TRUST, MEXICO, D.F./ VG BILD-KUNST, BONN 2010
CHARTS
BANCO DE MEXICO DIEGO RIVERA-FRIDA KAHLO MUSEUMS TRUST, MEXICO, D.F./ VG BILD-KUNST, BONN 2010
8
* M I T T W O C H , 14 . A P R I L 2 010
Privat und in Farbe
■ Frida Kahlo wurde am 6. Juli
1907 in Coyoacán, Mexiko-Stadt
geboren und starb ebenfalls in
Mexiko-Stadt am 13. Juli 1954
■ Sie zählt zu den bedeutendsten
Vertreterinnen des Surrealismus in
einer volkstümlichen Art, teilweise
verbunden mit Elementen der Neuen
Sachlichkeit.
■ Ab 30. April sind im Berliner
Martin-Gropius-Bau 150 Ölgemälde
und Zeichnungen der mexikanischen
Künstlerin zu sehen. Großnichte
Cristina Kahlo kuratiert Fotos aus
dem privaten Bereich.
■ Öffnungszeiten: Mi-Mo 10-20 Uhr.
Führungen: Sa/So, 15 und 14 Uhr.
Katalog: 25 Euro.
■ Die Berliner Galerie Campagne
Premiere (Chausseestr. 116) zeigt
parallel zur Schau im Gropius-Bau
Fotografien von Leo Matiz: „Frida
Kahlo & Los Olvidados“. Er war mit
Kahlo bekannt. Durch diese Vertrautheit entstanden Selbstporträts
und Fotos, die sie in ihrem Alltag im
„Blauen Haus“ zeigen.
Vernissage: 30.4., ab 18 Uhr.
ihre Kunst förderte wie kein anderer. Frida, die schwärmerische
Kommunistin, revanchierte sich
ihrerseits – unter anderem mit einer heißen Affäre mit dem Revolutionär Leo Trotzki.
Doch was macht Frida Kahlo
heute noch so aktuell? Kuratorin
Prignitz-Poda hat eine einfache Erklärung: „Ich glaube, die Menschen lieben diese Künstlerin so,
weil sie in ihr die so weit verbreitete Einsamkeit erkennen. Diese Melancholie, ja diese Depressionen,
die Kahlo beherrscht hat, ist heute
weit verbreitet. Das erkennen die
Menschen.“
Die weltweite Popularität Kahlos hat auch Schattenseiten. Wer
sich als Kurator oder Museumsmann mit der mexikanischen Ikone beschäftigt, wird stets auch mit
der Frage der Fälschung konfrontiert, bedingt durch eine regelrechte Kahlo-Mafia. Experten werden
bedroht, sollen Gutachten unterschreiben, die die Echtheit von Bildern bestätigen sollen, damit sie
auf den Kunstmarkt gehen können.
Beim LKA gibt es für diese Fälle eigens ein Dezernat für Hehlerei und
Kunstdelikte.
Umstritten ist in diesem Zusammenhang auch das 2009 veröffentlichte Buch „Finding Frida Kahlo“
von Barbara Levine und Stephen
Jaycox. Dort wird Kahlos vermeintlich „verborgenes Archiv“
vorgestellt. Angeblich wurden die
1200 Objekte gefunden. Spezialisten für lateinamerikanische Kunst
beschreiben die „Sammlung“
längst als Fälschung. Ein Problem,
mit dem sich die Mitarbeiter im
Gropius-Bau nicht befassen müssen. „Alles geprüft“, heißt es dort.
Hier geht’s…
http://bit.ly/c1lAJe
…zum Trailer des
Films „Frida“, der
vom Leben der
Künstlerin handelt.
Gespielt wird sie von
Salma Hayek.

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