Querschnitt Branchenberichte Metall
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Querschnitt Branchenberichte Metall
Branchenbericht Metall (Metallerzeugung, Metallverarbeitung, Maschinenbau) Querschnittsauswertung der Prospect-Befragungen in den Modellregionen 1999 – 2001 Andreas Mertens Gesellschaft für innovative Beschäftigungsförderung GmbH, Bottrop 2 Vorbemerkung Zwischen Herbst 1999 und Februar 2001 führte die GIB in vier Modellregionen telefonische Unternehmensbefragungen im Bereich der Metallindustrie zu Personalplanung, offenen Stellen, betrieblicher Weiterbildung, Ausbildungsplatzsituation und Nutzung arbeitsmarktpolitischer Förderhilfen durch. Befragt wurden alle Unternehmen mit mehr als 4 Beschäftigten. Die Ergebnisse Befragung sind für die Betriebe mit mehr als 4 Beschäftigten nahezu repräsentativ, da nur die Betriebsgrößenklasse 5-9 Beschäftigte leicht unterrepräsentiert und die Betriebsgrößenklasse 10-49 Beschäftigte leicht überrepräsentiert war. Die telefonischen Interviews wurden ergänzt durch persönliche Intensivinterviews mit Personalverantwortlichen, die von den regionalen Projektträgern durchgeführt wurden. Tabelle 1: Regionen, Interviews und Unternehmensbesuche im Metallsektor Grundgesamtheit Telefonische befragte Unternehmen Persönliche Intensivinterviews Befragungszeitpunkt Bonn/Rhein-Sieg 131 47 (36%) 19 01-03/2000 Siegen/Olpe (Metallerz.) 246 147 (60%) 25 05-08/2000 Ostwestfalen 228 112 (49 %) 27 05-08/2000 Unna/Hamm 227 93 (41%) 20 03-06/2001 Siegen/Olpe (Metallverarb.) 311 187 (60%) 47 02-04/2001 1143 586 (51%) 138 Region Summe 3 1. Generelle Beschäftigungsentwicklung Im Metallsektor war die Beschäftigungsentwicklung in 1999 und 2000 überwiegend positiv und wurde auf kurzfristige Sicht (12 Monate) auch weiterhin positiv von den Unternehmen eingeschätzt (Ausnahme: Region Unna/Hamm und für die Vergangenheit Region OWL). Beschäftigungsentwicklung im Metallsektor -0,1 Unna/Hamm (03/2001) -1,1 1,3 Siegen (02/2001) 1,8 1,8 Siegen (05/2000) 1,7 2,0 OWL (05/2000) -2,5 5,3 Bonn/Rhein-Sieg (01/2000) 6,0 -3,0 -2,0 -1,0 0,0 1,0 2,0 3,0 4,0 5,0 6,0 7,0 Beschäftigungswachstum in Prozent Besch.entwicklung letzte 12 Monate Besch.entwicklung nächste 12 Monate Ein Drittel der Metallbetriebe hatte zur Zeit der Befragung offene Stellen ausgeschrieben. Die größte Gruppe der Stellenanbieter waren in absoluten Zahlen die Betriebe mit 10 bis 49 Beschäftigten. Gut die Hälfte der Unternehmen (48%) meldet die Vakanzen beim Arbeitsamt. Der Einschaltungsgrad der Arbeitsämter ist allerdings regional verschieden: besonders hoch in Unna/Hamm (80%) und eher niedrig in Siegen (42%). In allen Regionen wird die Arbeitskraftnachfrage Qualifikationsebene der Facharbeiter. dominiert von der Gerade in Unternehmen, die in stringenten Zulieferbeziehungen zu größeren Herstellern (Automobilindustrie, Systemhersteller diverser Branchen) stehen, greift die befristete Einstellung von Produktionsmitarbeitern (Helfer, aber auch Facharbeiter) vermehrt um sich. 4 2. Fachkräftemangel Anhaltende Probleme bei der Rekrutierung insbesondere von Facharbeitern der Metallberufe haben durchschnitlich 65% der Metallbetriebe (Spitzenwert Siegen: 75%, niedrigster Wert Unna/Hamm: 55%). Quantitativ am meisten nachgefragt werden folgende Berufe: ♦ Werkzeugmechaniker (Werkzeugmacher) ♦ Dreher/Fräser insbesondere als CNC-Dreher/Fräser ♦ Industriemechaniker (Schlosser) ♦ Schweisser Rund 70% der offenen Stellen lassen sich diesen Berufen zuordnen. In all diesen Berufen sind die suchenden Unternehmen mit den größten Rekrutierungsproblemen konfrontiert. Die größten Probleme gibt es bei der Gewinnung von Werkzeugmachern. Als Ursache für die Rekrutierungsprobleme werden gleichrangig genannt ♦ quantitativ nicht ausreichendes regionales Bewerberangebot und ♦ mangelnde fachliche Qualifikationen Regional besonders angespannt ist das Angebot-/Nachfrageverhältnis in Siegen/Olpe und OWL. Fehlende fachliche Qualifikationen der Bewerber werden am häufigsten in Bonn/Rhein-Sieg und in Siegen/Olpe bemängelt. Gerade fehlende CAD/CAMKenntnisse gelten als wichtigstes Einstellungshemmnis bei Bewerbern. Aus den persönlichen Gesprächen mit den Personalverantwortlichen sind hinsichtlich des Fachkräftemangels und der Qualifikationsanforderungen insbesondere folgende qualitative Aussagen festzuhalten: ♦ Angesichts der Facharbeiterengpässe sind viele Unternehmen bereit, nicht vorhandene Teil-Qualifikationen bei den Bewerbern durch entsprechende Einarbeitungsaktivitäten auszugleichen. Auch die Weiterqualifizierung von Mitarbeitern „artverwandter Berufe“ wird als praktikabel angesehen (z.B. Maschinenschlosser zum CNC-Fräser). ♦ Zurückhaltend sind die Unternehmen bei der Möglichkeit, fehlende Facharbeiter durch angelernte Mitarbeiter zu ersetzen, indem sie entsprechend weiter qualifiziert werden. Die meisten befragten Unternehmen sind hinsichtlich der Realisierbarkeit skeptisch. Gleichwohl gab es verschiedene Unternehmen, die betonten, dass es gelingt, angelernte Mitarbeiter, die sich über längere Zeit bei einfachen Tätigkeiten bewährt haben, auch in qualifiziertere Aufgabenbereiche einzuarbeiten. ♦ Trotz zunehmender digitaler Steuerung von Prozessabläufen und des vermehrten Einsatzes von CNC-Maschinen werden von allen betroffenen Mitarbeitern weiterhin fundierte Kenntnisse auf den Gebieten Materialkunde, mechanische Materialbearbeitung, Technische Zeichnung lesen sowie Mess- und Prüfwesen verlangt. 5 ♦ Als überfachliche Anforderung an die gesuchten Facharbeiter erwarten die Betriebe vermehrt, dass die Mitarbeiter die gesamte Prozesskette vor- und nachgelagerter Arbeitsabläufe begreifen und im Blick behalten. Eine weitere Anforderung in diesem zusammenhang ist Kostenbewusstsein, Qualitätsbewusstsein und unternehmerisches Denken. ♦ Insbesondere bei den Zulieferbetrieben und spezialisieten Maschinen- und Anlagenbauer fanden und finden durchgreifende Restrukturierungen des Produktionsprozesses statt, die die Arbeits- und Qualifikationsanforderungen an die gewerblichen Mitarbeiter nachhaltig verändern: ♦ Die Entwicklung (hoch-)qualifizierter und komlexer Arbeitsplätze schreitet weiter voran. ♦ Zunehmender Arbeitseinsatz in integrierten Prozessen stellt höhere Anforderungen an die kognitiven Fähigkeiten. ♦ Schnelles Lernen, flexible Anpassung und zügige Integration in wechselnde Arbeitsgruppen stehen zukünftig mehr im Vordergrund der geforderten „Arbeitstugenden“. Der Arbeitseinsatz wird diskontinuierlicher, d.h. die dauerhafte Tätigkeit an ein und derselben Maschine, in ein und demselben Bereich, wird immer mehr zur Ausnahme. ♦ Durch die Verlagerung bzw. den Aufbau von Betriebsstätten im Ausland bürgert sich in der internen Kommunikation vermehrt die englische Sprache ein (Dokumentation der Arbeitsvorbereitung und Qualitätswesens, Auftrags- und Anfertigungsskizzen, Bedienungsanleitungen). Auch gewerbliche Mitarbeiter müssen daher zukünftig in der Lage sein, Fertigungsdokumente in englischer Sprache zu lesen und zu verstehen. Handlungsansätze in den Regionen zur Verbesserung der Situation ♦ Arbeitsvermittlung durch das Arbeitsamt optimieren ♦ Aufklärung der Unternehmen über verschiedene Möglichkeiten Probearbeit ♦ Anforderungsprofile detaillerter aufnehmen ♦ Bewerber gezielter mit Stellenangeboten abgleichen ♦ Feedbackgespräche mit Unternehmen und Bewerbern führen von ♦ Regionale Kampagne zum Thema Personalentwicklung unf Personalbindung ♦ Workshopreihe „Personal finden und binden“ mit Good-Practice-Beispielen aus Unternehmen 6 3. Betriebliche Weiterbildung Circa 70% der befragten Metallbetriebe hatten in den letzten 12 Monaten MitarbeiterWeiterbildungen angeboten und rund 45% der Betriebe konnten über geplante Maßnahmen in den nächsten 12 Monaten Auskunft geben. In Übereinstimmung mit einschlägigen Studien zur betrieblichen Weiterbildung zeigen die Daten einen starken Zusammenhang zwischen Weiterbildungsaktivität und Betriebsgröße: die Unternehmen in der Größenordnung zwischen 10 und 49 Beschäftigten führten signifikant seltener Weiterbildung durch und planten seltener. Unter den planenden Betrieben waren diejenigen ab 100 Beschäftigten signifikant häufiger vertreten. Ausbildungsbetriebe sind deutlich aktiver bei Durchführung und Planung von Weiterbildung. Ebenso scheinen Betriebe die kontinuierlich Prakikumsplätze anbieten, aktiver in der betrieblichen Weiterbildung zu sein. Deutlich an erster Stelle der durchgeführten Weiterbildungsthemen stehen technische/berufsfachliche Kenntnisse gefolgt von EDV-Schulungen (incl. CAD, CNC, PPS) und kaufmännischen/personalrechtlichen Kenntnissen. Qualiätssicherung und Fremdsprachen rangieren mit etwas Abstand dahinter. Die „weichen“ Qualifikationen wie Teamfähigkeit und Komunikation sind bisher nur selten vertreten. Weiterbildungsthemen nach allgemeinen Kategorien in der Metallindustrie 39% 37% Technische/berufsfachliche Kenntnisse 25% EDV (incl. CAD, CNC, PPS) 31% 16% Kaufm. u. personalrechtl. Kenntnisse 11% 9% Qualitätssicherung 15% 8% Fremdsprachen Teamfähigkeit 5% 1% 1% 0% 10% 20% 30% 40% 50% in Prozent durchgeführte Weiterbildungen geplante Weiterbildungen Zwischen den in den letzten 12 Monaten vermittelten Bildungsthemen und den zukünftig für wichtig erachteten bzw. in den nächsten 12 Monaten geplanten Themen bestehen zwei auffällige Unterschiede, die einen Trend erkennen lassen: Der Bereich der EDV bezogenen Themen und der Bereich Qualitätssicherung gewinnen weiter an Bedeutung, während der Anteil kaufmännisch/personalrechtlicher Themen hinter den Bereich der Qalitätssicherung zurück fällt. 7 Gewerblich-technische Weiterbildungsthemen (mit EDV) CNC, CAD Schweisstechnik (incl. Schweisserscheine) Maschinenbedienung/-einrichtung Arbeitssicherheit Bearbeitungs- u. Fertigungstechnik Anlagen- u. Steuerungstechnik Produktionssoftware (PPS, SPS, SAP) Gabelstaplerschein Werkstoff- u. Materialkunde Produktschulungen 0% 5% 10% 15% 20% 25% 30% in Prozent durchgeführte Weiterbildungen geplante Weiterbildungen Werden die auf die Produktion bezogenen EDV-Themen mit den anderen gewerblich-technischen Themen zusammen betrachtet hinsichtlich ihrer momentanen und ihrer zukünftigen Bedeutung, so zeigt sich der hohe Stellenwert der CAD und CNC-Kenntnisse. Zum anderen wird aber auch deutlich, dass „traditionelle“ Kenntnisse wie Schweissen, Maschinenbedienung sowie Bearbeitungstechniken (z.B. Schleifen, Spritzguss, Wärmebehandlung) und Anlagentechnik(Elektronik, Hydraulik) weiterhin einen tragenden Anteil am Gesamtspektrum der durchgeführten und für notwendig gehaltenen Weiterbildungsmaßnahmen darstellen. Insbesondere die beiden letzt genannten Bereiche werden zunehmend wichtiger. Zentrale Ergebnisse aus den persönlichen Interviews: ♦ In vielen Unternehmen wird die betriebliche Weiterbildung situativ (ad hoc) und nur sporadisch betrieben. Oft ist über die Anpassung an den technischen Fortschrit hinaus keine systematisch geplante Weiterbildung erkennbar. ♦ Die meisten Unternehmen haben im Bereich der Vermitlung von technikbezogenen und EDV-Kenntnissen keine Probleme, die entsprechenden Angebote und Anbieter zu finden. In diesem Bereich dominieren ganz klar die Hersteller- und Lieferantenschulungen. Handlungsansätze in den Regionen zur Verbesserung der Situation ♦ Information der Bildungsträger über die Ergebnisse der Befragungen hinsichtlich aktueller und zukünftiger Qualifikationsanforderungen ♦ Initiierung von Verbundprojekten zu betrieblicher Weiterbildung ♦ Konzertierte und offensive „Vermarktung“ der Instrumente Job Rotation und Potenzialberatung ♦ Stärkere Verzahnung von inner- und außerbetrieblicher Aus- und Weiterbildung ♦ Engere und kontinuierlichere Zusammenarbeit zwischen Unternehmen und Weiterbildungsträgern (gemeinsame Entwicklung von Qualifizierungsmaßnahmen) 8 4. Betriebliche Erstausbildung Knapp die Hälfte der befragten Metallbetriebe (46%) bot zum Zeitpunkt der Befragung Ausbildungsplätze an. Rund 30% der Betriebe konnten sich vorstellen zusätzliche Ausbildungsplätze anzubieten. Zentrale Ergebnisse aus den persönlichen Interviews: ♦ Auch Betriebe, die bereits hohe Ausbildungsquoten verzeichnen, beabsichtigen angesichts weiter anhaltenden Facharbeitermangels ihre Ausbildungskapazitäten noch auszuweiten. Nicht wenige Unternehmen erwarten allerdings Schwierigkeiten geeignete Bewerber zu finden (mangelndes Interesse der Jugendlichen, Defizite in der Allgemeinbildung bei Bewerbern). ♦ Viele Unternehmen wünsche sich einen besseren und kontinuierlicheren Austausch mit den Berufsschulen über fachliche Inhalte, Ausbildungsorganisation und den sozialen Umgang mit den Auszubildenden. Aus Betriebsgesprächen wird deutlich, dass viele Ausbilder Probleme im Umgang mit der „jüngeren Generation“ haben. ♦ Von einigen Unternehmen wird bemängelt, dass die außerbetriebliche Ausbildung nicht immer dem technischen Fortschritt entspricht (zu wenig CNC-Maschinen) und zu wenig praxisorientiert sei. Angeswichts kürzer werdender Innovationszyklen bei den Maschinen und Anlagen in den Unternehmen wird hier ein sich vergrößerndes Ausbildungsdefizit erwartet. (Sicherung des technischen Ausstattungsniveaus der Berufschulen und überbetrieblichen Ausbildungsstätten) ♦ Defizite bei den Ausbildungsinhalten werden am Ehesten in folgenden Bereichen gesehen: ♦ Vermitlung von Grundprinzipien des Umwelt- und Qualitätsmangement ♦ Insbesondere von vielen Schlossereien wird bei den Ausbildungsinhalten eine stärkere Berücksichtung der Verarbeitungverfahren von Edelstahl und Aluminium gefordert. ♦ Das Erlernen von Kommunikations- und Teamfähigkeit Handlungsansätze in den Regionen zur Verbesserung der Situation ♦ Regionale Imagekampagnen zur Ausbildung in Metallberufen ♦ Einrichtung eines regionalen Kontaktnetzwerkes „Schule, Berufschule, Unternehmen“ zur engeren Kooperation von Schule und Wirtschaft ♦ Unternehmen in die Gestaltung wirtschaftsnaher Lerninhalte einbeziehen ♦ Kontakte zwischen Lehrern und Unternehmensvertretern intensivieren