Amnestie für Sampling - Ein unmoralisches Angebot?

SOUNDS RIGHT
VON THOMAS WALLENTIN
Amnestie für Sampling
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Ein unmoralisches Angebot?
Spannende Zeiten in der Musikwirtschaft: EMI Pro-
Die Rechteinhaber an den gesampelten Werken bekla-
duction Music (EMl), Teil des Sony/ATV Konzerns, hat
gen naturgemäß Urhebenechtseingriffe. Sie berufen
Anfang September 2015 in einer Presseaussendung
sich daraul dass nicht nur ein kompletter Song, son-
eine sechsmonatige,,Amnestie" für Urheberrechtsver-
dern grundsätzlich auch Ausschnitte daraus Schutz ge-
letzungen durch Sampling bekanntgegeben. Perso-
nießen können. ln diesem Sinn hat etwa der deutsche
nen, die bisher unbefugt Werke aus dem gewaltigen
Bundesgerichtshof entschieden, als die deutschen Pi-
Musikkatalog von EMI für eigene Musikproduktionen
oniere elektronischer Musik,,Kraftwerk" den Hiphop-
nutzten, können in diesem Zeitraum entsprechende
Künstler Moses Pelham erfolgreich wegen Samplings
Lizenzrechle erwerben. Für die Vergangenheit müssen
ihres Werks,,Metall auf Metall" klagten.
Unternehmen seinen Rechtekatal0g: Möchte ein Drit-
sie hingegen keine Rechte,,nachkaufen". EMI hat auch
Können die Berechtigten einen Eingriffdurch die Sam-
ter den auf Sampling basierenden Song zB für einen
angekündigt, keine rechtlichen Schritte gegen Perso-
ples nachweisen, sind die Konsequenzen für die 5am-
Werbespot verwenden, muss er neben den Rechten
nen zu setzen, die sich im Rahmen der Amnestie bei
pling-Künstler oft verheerend: Die britische Rockband
des Sampling-Künstlers auch die Nutzungsrechte an
dem Unternehmen melden.
Jhe Verve" landete etwa mit,,Bitter
Sweet Sympho-
den im Song vorkommenden Sample abgelten - eine
DieserVorstoß hat gewaltigeWdlen in der internatio-
ny" 1997 einen großen Hit. Leider sampelten sie für
weitere Einkommensquelle für EMl. Manche Kom-
nalen Musikindustrie geschlagen. Schließlich ist Sony/
die Produktion eine alte Nummer der Rolling Stones.
mentatoren meinen daher, dass die großangekündig-
ATV der größte Musikverlag der Welt, der zusammen
ABKCQ
der Musikverlag der Rolling Stones, zwang
te Amnest¡e nur eine gefinkelte Strategie EMls ist, den
mit
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RecsrsANwÄLrE OG
EMls Muttergesellschaft EMI Music Publishing
The Verve deshalb zur Übertragung des Urhebenechts
eigenen Einfluss in der Musikwelt zu vergrößern.
im Jahr 2014 die Rechte an 3,6 Millionen Songs ver-
an dem Werk (ist nach anglo-amerikanischem Recht
Allen kritischen Stimmen zum Trotz muss man jedoch
waltete und immerhin einen Anteil am weltweiten
möglich) und Abtretung von
Branchenumsatz von fast 300/o verzeichnen konnte.
Band durfte die Nummer dann zwar auf ihrem Album
betreten hat. Erstmals wurden Sampling-(ünstler
von einem bedeutenden Marktteilnehmer nicht von
100%o
derTantiemen. Die
anerkennen,
das EMI
urhebertechtliches Neuland
Der Einfluss von Musikverlagen im Business ist enorm,
veröffentlichen, hat daran aber nichts verdient.
sie halten die Rechte der Urheber an der Aufnahme
lm Einzelfall ist
es nicht leicht festzustellen, ob ein be-
vornherein als,,Verbrecher" abgestempelt sondern
eines Musikwerket sobald ein Künstler (Komponist
stimmtes Sample die Rechte eines anderen Werks ver-
zu einem Dialog über den nachträglichen Erwerb von
Texter, Musikefl sie ihnen vertraglich übertragen hat.
letzt, auch die Rechtsprechung zieht die Grenze nicht
Nutzungsrechten eingeladen. Vorgeschlagen wurde
Will man ein Werk neu aufnehmen oder Ausschnitte
immer eindeutig. Moses Pelham versucht etwa ganz
ein Kompromiss, von dem im besten Falle beide Seiten
daraus verwenden, kommt man an den Musikverlagen
aktuell sein Recht auf Nutzung des Kraftwerk-Samples
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nur schwer vorbei.
vor dem deutschen Bundesverfassungsgerichtsh0f
Da das Unternehmen keine Lizenzen für die unbefugte
EMI spricht mit seiner Amnestie explizit Sampling-
durchzusetzen. Er beruft sich dabei auf die Freiheit der
Nutzung der Samples in der Vergangenheit verlangt
Künstler an, die sich in der Vergangenheit häufig am
Kunst. Diese Rechtsunsicherheit füllt für die Rechtein-
und angemessene Tarife in Aussicht stellt, kann sich
Repertoire des Unternehmens bedient haben. Beim
haber weg, wenn sich Sampling-Künfler im Rahmen
der nachträgliche Erwerb witklich rechnen. Besonders
Sampling verwenden Musiker und Produzenten für
einer Amnestie wie von EMI selbst um eine Lizenz be-
bezahlt macht ersich freilich fürjene Sampling-Künf-
ihre Songs bestimmte,,Proben" (engl. Samples) von
'Itinen
oder Klängen bereits veröffentlichter Musikwer-
mühen. Denn der Erwerb der Lizenz erübrigt die Fra-
ler, die an ihren Werken vor der Amnestie bereits sehr
ge, ob die Künstler etwas verwendet haben, wozu sie
gut verdient haben.
ke. Diese Samples,,schneiden" sie aus, um sie (meist
bisher nicht berechtigt waren oder nicht. EMI erspart
Die Amnestie ist insgesamt eln Eingeständnit dass
digital) zu bearbeiten und nach Bedarfin eigene Mu-
sich so aufrrvendige Verfolgungsschritte gegen Einzel-
Rechtssicherheit in diesem Bereich nur schwer zu er-
sikkompositionen einzubauen. An Sampling kann sich
personen oder Bands wegen unlizenzierter Samples.
reichen ist. Es bleibt abzuwarten, ob EMls Vorschlag
heute theoretisch jeder versuchen, der ein geeignetes
Das Unternehmen
Presseaussendung
ein Erfolg wird und andere Rechteinhaber sich daran
Musikbearbeitungsprogramm auf dem Computer hat.
auch angekündigt, jeden mit aller Härte zu verfolgen,
ein Beispiel nehmen werden. Für die Sampling-Künst-
Die Werke professioneller Samplekünstler wìe Kanye
der nicht von der Amnestie Gebrauch macht. Um die-
ler wirkt diese Amnestie aber allemal verlockender als
Wes! Dr. Dre und Girl Talk sind sehr gefragt und finden
ses Risiko zu vermeiden, werden sicher auch einige
das Schicksal von,,Bitter Sweet Symphony" zu erlei-
sich heute regelmäßig auf ihren eigenen Alben und
Sampling-Künstler Lizenzen erwerben, die mit ihren
den, oder?
jenen anderer etablierter Musiker, in Werbungen und
Samples in Wirklichkeit gar keine Urhebenechtsver-
(omputerspielen.
letzungen begangen haben. Gleichzeitig erweitert das
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hat in seiner
Rechteinhaber und Sampling-Künstler
Mag. Patrick0. Kain¿ LL.M.
-
profitieren.