Ausbildungssupervision in der Kunsttherapie

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Ausbildungssupervision in der Kunsttherapie
Ausbildungssupervision
in der Kunsttherapie
reflektiert anhand der Supervisionsrichtlinien
psychotherapeutischer Fachspezifika
Romana Weilguni, 2000
Inhalt:
Einleitung
1
Kunsttherapie in Österreich
2
Supervision im (kunst)therapeutischen Ausbildungszusammenhang
3
Künstlerisch/gestalterische Medien in Supervision und Ausbildungssupervision
4
Stellungnahmen von Dozentinnen kunsttherapeutischer Ausbildungsinstitutionen
Schlussfolgerung, Zukunftsperspektiven
2
Einleitung
N. Amendt- Lyon beschreibt die Ziele von Ausbildungssupervision im Rahmen der Ausbildung in
Integrativer Gestalttherapie als Selbstverwirklichung der KandidatInnen in ihrer Einmaligkeit als
Psychotherapeuten und als die Entwicklung wie Entfaltung der professionellen Kompetenzen als
Fertigkeiten und Geschicklichkeiten im psychotherapeutischen Prozeß.1
Während meiner Supervisionsausbildung von 1997 bis 2000 haben sich einige supervisorische
Arbeitsfelder herauskristallisiert bzw. konkretisiert. Da ich selbst Kunsttherapeutin bin, ist ein
Arbeitsschwerpunkt die Ausbildungssupervision in kunsttherapeutischen
Ausbildungszusammenhängen geworden, im Besonderen die Einzelsupervision, die ich in der
vorliegenden Arbeit behandeln möchte. Es war die Begleitung von angehenden
KunsttherapeutInnen, die mich immer mehr zu faszinieren begann, die Entwicklung
therapeutischer Identität und persönlicher Arbeitsweise, die Herausforderung der
Berufsbilddifferenzierung und -entwicklung, der Einbettung kunsttherapeutischer Ansätze in
Institutionen in Kooperation und Abgrenzung zu anderen Therapiemethoden, die Reflexion der
eigenen künstlerischen Tätigkeit im Kontext von Therapie und die Nutzung deren Erfahrungen und
Prozesse für die therapeutische Arbeit, schließlich das Spannungsfeld von Kunst und Therapie,
Ausbildung und Supervision und die Verwendung gestalterischer Medien in der Supervision.
Feldspezifisch gesehen war es Kunsttherapie mit geistig behinderten (und autistischen) Menschen
mit psychischer Erkrankung, Drogenabhängigen, sozial auffälligen Jugendlichen und
künstlerisch/kreative Projekte im pädagogischen Bereich, eines davon im asiatischen Raum, die in
meinen Einzelsupervisionen schwerpunktmäßig thematisiert wurden.
Da die Kunsttherapie nach dem Gesetz nicht zu den anerkannten psychotherapeutischen Verfahren
gehört, sie aber von den meisten als solches gesehen wird, habe ich die Richtlinien
psychotherapeutischer Ausbildungen als Ansatzpunkt einer Reflexion von Supervision in der
Kunsttherapie herangezogen bzw. zwei Dozentinnen kunsttherapeutischer
Ausbildungseinrichtungen auf Grund mangelnder Literatur befragt. Das Thema der rechtlichen
Grundlagen von Kunsttherapie bildet darüberhinaus immer wieder einen Schwerpunkt in den
1
Amendt-Lyon N.: "Von der Konfektion zur Maßschneiderei": Supervision im Rahmen der Psychotherapieausbildung
am Beispiel der Integrativen Gestalttherapie. In: Luif I. (Hrsg.), Supervision - Tradition, Ansätze und Perspektiven in
Österreich: Orac-Verlag,Wien, 1997, S. 345
3
Supervisionen, obwohl die Brisanz dieser Frage mit dem wachsenden Bekanntheitsgrad und
positiver Evaluierung von kunsttherapeutischer Arbeit deutlich zurückgegangen ist.
Eine Reflexion zum Thema "Ausbildungssupervision in der Kunsttherapie" beinhaltet, die Themen
Therapieausbildung (Pädagogik) und Supervision, Kunst und Therapie, aber auch
kreative/künstlerische Medien in der Supervision einander näher zu bringen und zu diskutieren,
was ich in der vorliegenden Arbeit ansatzweise versuchen möchte. In Randbereichen werden auch
die Themen Kunst und Ausbildung berührt, da während einer Kunsttherapieausbildung auch die
eigene künstlerische Arbeit zu verfolgen und zu reflektieren ist bzw. die Differenzierung von
Ausbildungssupervision und Lehrtherapie. Was also kann eine angemessen gute Supervision für
angehende KunsttherapeutInnen sein? Wer sollte sie durchführen? Was sollten die besonderen
Arbeitsschwerpunkte sein? Worauf ist besonders zu achten - im besonderen in der Kunsttherapie?
Wie ist der besonderen Beziehungsdynamik in Ausbildungszusammenhängen zu begegnen?
Inwieweit sind Supervisionsrichtlinien psychotherapeutischer Fachspezifika für
kunsttherapeutische Ausbildungen geeignet?
1 Kunsttherapie in Österreich
In Österreich gibt es zur Zeit, schwerpunktmäßig in Wien, 5 kunsttherapeutische Ausbildungen2
(weitere sind im Entstehen) mit unterschiedlichen Ansätzen und Schwerpunkten gemäß ihrer
Bezeichnungen. Eine davon, für die ich in den letzten Jahren als Supervisorin tätig war, startete
ihren ersten 4-jährigen Ausbildungslehrgang mit der ersten Ausbildungsgruppe im Herbst 1993.
Hervorgegangen ist diese Ausbildung aus einer Gastprofessur an der Hochschule für angewandte
Kunst 1993, einer einsemestrigen Lehrveranstaltung zum Thema Kunst und Therapie, die auf reges
Interesse der StudentInnen stieß. Die Lehrveranstaltung war mit der Möglichkeit kombiniert, in
einer Institution ein Praktikum zu absolvieren. Die KünstlerInnen setzten also anders als gewohnt
ihre Kompetenzen im sozialen Raum im Kontakt mit KlientInnen mit unterschiedlichen
Zielsetzungen ein. Auch Supervision wurde in diesem Rahmen angeboten. Die große Nähe zur
Kunst war für die Formulierung dieses kunsttherapeutischen Ansatzes von großer Bedeutung und
demnach auch für einen supervisorischen.
2
Die Wiener Schule Für Kunsttherapie WSK, das Österreichische Kolleg für Kunsttherapie, das Goetheanum mit
einem anthroposophischen Schwerpunkt, die multimedial-ausdrucksorientierte Therapie MAP im ÖAGG und das
Seminar für Mal- und Gestaltungstherapie
4
Der Wunsch nach weiterführenden Lehrveranstaltungen war so groß, daß in Zusammenarbeit mit
einem Ausbildungsinstitut, das sich mit dem Thema Kunst und Therapie schon seit längerem
auseinandergesetzt und zum Thema Seminare und Symposien mit namhaften internationalen
KunsttherapeutInnen angeboten hatte, der erste Ausbildungslehrgang gestartet wurde. Eine
sofortige Etablierung einer Lehrkanzel für Kunsttherapie an der Hochschule für angewandte Kunst
war damals aus hochschulpolitischen Gründen noch nicht möglich.
Der erste Entwurf eines Curriculums wurde von der Österreichischen Gesellschaft für Kunst und
Therapie ÖGKT nach dem Vorbild kunsttherapeutischer Ausbildungen im Ausland, z. B. nach
dem 2 - jährigen Postgraduate - Studium "Bildnerisches Gestalten und Therapie" an der Akademie
der Bildenden Künste in München verfaßt. Die ersten Fachverbände für Kunst- und
GestaltungstherapeutInnen ÖFKG und ÖBK, der Österreichische Berufsverband für
KunsttherapeutInnen, wurden 1997 gegründet, die in Folge Berufsvertretung,
Berufbilddifferenzierung, Qualitätssicherung und die Weiterentwicklung des Rahmencurriculums
übernahmen.
Das Standardcurriculum des ÖFKG3 entspricht laut Beschreibung im Wesentlichen den Aus- und
Weiterbildungsstandards der Deutschen Gesellschaft für Kunsttherapie (DGKT), bzw. jenen des
Deutschen Fachverbandes für Kunst- und Gestaltungstherapie (DFKG) und reflektiert europäische
Entwicklungen bis hin zur gegenwärtigen Diskussion um ein EU-einheitliches
Weiterbildungscurriculum (ECARTE).
In Deutschland und in den USA ist die Kunst- und Gestaltungstherapie als therapeutische Methode
durchaus bekannt und eingeführt. In Großbritannien qualifiziert ein Hochschulstudium zum Beruf
des Art Psychotherapist, der in das britische Gesundheitswesen inzwischen gut integriert ist.
Ähnlich ausgerichtet ist die Ausbildung am Lesley College in Massachusetts/USA und das
europäische ISIS - Programm (Dänemark, Finnland, Schweiz usw.). In Italien, Ungarn und
Bulgarien befinden sich Ausbildungslehrgänge im Aufbau.
Schwerpunktmäßig ist die kunsttherapeutische Ausbildung laut Curriculum fest in einem
therapeutischen Konzept verwurzelt, das aus vier Elementen besteht:
3
Aus diesem Curriculum des ÖFKG stammen alle folgenden Ausbildungsinformationen zur Kunsttherapie
5
n
Die Kenntnis von gestalterischen/künstlerischen Prozessen und deren Psychodynamik
n
Die Kenntnis der eigenen Persönlichkeit
n
Die Kenntnis der KlientInnen/der KlientInnengruppe
n
Die Kenntnis von therapeutischen Prozessen und die Rolle der/desTherapeutin/Therapeuten verantwortliche Gestaltung einer therapeutischen Beziehung
In diesem Curriculum sind für AusbildungskandidatInnen derzeit neben der Gruppensupervision
von 90 Stunden in der Ausbildungsgruppe 30 Stunden Einzelsupervision bei einer/einem
SupervisorIn freier Wahl verpflichtend vorgesehen, die oben angeführte Ziele vertiefen soll. Diese
SupervisorInnen werden nur von einigen Ausbildungsinstitutionen ausgewählt bzw.
vorgeschrieben, ansonsten erfolgt die Auswahl nach eigenen Vorstellungen der
AusbildungskandidatInnen in Absprache mit den HauptdozentInnen, wie es in meiner Arbeit der
Fall war. Den StudentInnen wurde lediglich eine Liste mit Empfehlungen ausgehändigt.
Laut Curriculum wird "Die Einzelsupervision in der Regel außerhalb des Aus- und
Weiterbildungsangebotes der jeweiligen Aus- und Weiterbildungsträger stattfinden. Eine
Anlehnung an psychotherapeutische Standards müsste eine Erhöhung des Stundenrahmens für
Einzelsupervision auf mindestens 150 Stunden vorsehen."
Der supervisorische Ansatz und Zielsetzungen bleiben den SupervisorInnen also zum Teil in
Anlehnung an andere therapeutische Ausbildungen bislang selbst überlassen, da vom Fachverband
diesbezüglich noch keine Empfehlungen vorliegen und die verschiedenen
Ausbildungseinrichtungen das Curriculum hinsichtlich ausbildungsbegleitender Supervision
unterschiedlich interpretieren, allerdings an Übergangsfristen bezüglich Stundenanzahlen gebunden
sind.
Was ist Kunsttherapie?
Laut Curriculum des ÖFKG: "Künstlerisch/gestalterische Prozesse reflektieren die Wirklichkeit,
indem sie psychische, sinnliche und intellektuelle Anteile im Menschen aktivieren und in
Verbindung zueinander setzen. KünstlerInnen wie TherapeutInnen beschäftigen sich mit
Selbstfindungs- und Weltfindungsprozessen. In der Kunst- und Gestaltungstherapie als Therapie
mit bildnerischen Mitteln sind Instrumente und Techniken der bildenden Kunst wesentliche Mitteln
6
des therapeutischen Prozesses. Kunst- und Gestaltungstherapie als Formbildungsprozess sucht ein
ästhetisches Reflexionsmedium, wenn auch mit sehr unterschiedlichen Methoden."
Die Kunsttherapie in ihrer heutigen Form hat ihre Ursprünge zum einen in der Kunstpädagogik der
20er und 30er Jahre, die durch die Förderung des freien, eigenschöpferischen Ausdrucks die Heilund Sonderpädagogik bis heute beeinflußt. Im Bereich der Psychiatrie wurden schon am Ende des
letzten Jahrhunderts Malateliers eingerichtet, um die PatientInnen zu kreativem Tun anzuregen.
Zulassung zur Ausbildung
Die Zulassung zur Ausbildung erfolgt über den Nachweis künstlerischer und therapeutischer
Dispositionen in Form eines Auswahlseminars und Einzelzulassungsgesprächen. Voraussetzungen
sind demnach sowohl eine entsprechende visuelle und künstlerische, bildnerisch/gestalterische
Begabung als auch eine persönliche Disposition, die die Befähigung zu einer späteren
therapeutischen Tätigkeit erwarten lässt. AusbildungskandidatInnen mit psychosozialen
Grundberufen müssen zusätzlich über 300 Stunden bildnerische/künstlerische Kompetenz und
Reflexion erwerben, mit künstlerischem Hintergrund Studierende müssen zusätzlich 300 Stunden
psychosoziale Weiterbildung vorweisen.
Anwendungsgebiete der Kunsttherapie
Im Curriculum des ÖFKG wird Kunst- und Gestaltungstherapie als Behandlungsverfahren u. a. im
klinisch-psychologischen Bereich, in der Akutbehandlung, in der Rehabilitation, in der Prävention,
der Psychotherapie und in der Beratung beschrieben:
"Die Kunst- und Gestaltungstherapie kann als Einzeltherapie und als Gruppentherapie durchgeführt
werden. Das Arbeitsfeld der Kunst- und GestaltungstherapeutInnen umfasst neben der freien
Praxis den Einsatz im klinischen Bereich, z. B. in psychiatrischen und psychosomatischen
Kliniken, auf onkologischen Abteilungen, in heilpädagogischen Einrichtungen in pädagogischen
und sozialtherapeutischen Institutionen, in Einrichtungen zur Betreuung Aidskranker und
Suchtkranker, im Strafvollzug sowie in staatlichen und privaten Beratungsstellen."
7
2 Supervision im (kunst)therapeutischen Ausbildungszusammenhang
Arbeitsschwerpunkte und Aufgaben
Arbeitsschwerpunkte und Aufgaben der Einzelsupervision sind, wie schon oben erwähnt,
zumindest in Österreichischen Kunsttherapieausbildungen noch nicht genauer definiert so wie
beispielsweise in psychotherapeutischen Ausbildungen.
Worin ist nun die Aufgabe von Ausbildungssupervision im Besonderen zu sehen?
So wie in anderen Berufsfeldern hat sich Supervision als Setting zur Qualitätssicherung und
Reflexion therapeutischen Handels mit einer/m erfahreneren Kollegin/en bewährt, der Methoden
zur Reflexion, Klärung, Entlastung, Umgang mit Gegenübertragungsphänomenen usw. bereitstellen
kann.
Nach Vorgabe des Gesundheitsministeriums4 finden sich in der Vorlage zur Gestaltung von
Ausbildungssupervision folgende Aufgaben der/s Supervisorin/s: " Die psychotherapeutische
Supervision soll methodenspezifisch erfolgen5. Die Supervisorin hat für deren fachgerechte
Durchführung unter Erhaltung der gesetzlichen Verschwiegenheitsbestimmungen zu sorgen.
Die Supervisorin soll
n
Gemeinsam mit der Supervisandin deren psychotherapeutische Arbeit reflektieren,
n
Die Supervisandin bei der Integration und Anwendung der Theorie und Methode der
betreffenden Schule unterstützen,
n
Hilfestellung geben, geeignete Bewältigungsschritte bei auftretenden Problemen in der
Fallführung finden,
4
Supervisionsrichtlinien - Kriterien für die Ausübung psychotherapeutischer Supervision durch Psychotherapeuten und
Psychotherapeutinnen - des Bundesministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf Grundlage eines Gutachtens
des Psychotherapiebeirates bisher veröffentlicht im Psychotherapie Forum, 2/1996, 65 ff.
5
ebd. ohne Seitenangaben. In einer Studie wurde der größere Erfolg von methodenspezifischer Ausbildungssupervision
nachgewiesen.
8
n
Die Supervisandin zur Weiterentwicklung ihrer Persönlichkeit und ethischen Grundhaltung
anleiten,
n
Den Fortgang der Supervision kontrollieren und
n
Laufend die erfolgreiche, wie auch die nicht erfolgreiche Absolvierung der Supervision
schriftlich dokumentieren und bestätigen; die Form und der Inhalt dafür soll von der jeweiligen
Ausbildungseinrichtung vorgegeben werden."6
Weiters soll " Psychotherapeutische Supervision in diesem Zusammenhang daher Prozesse
transparent machen, ohne eine direkte Führungsfunktion zu übernehmen, da die Letztentscheidung
bei der Supervisandin verbleibt."7
Und " Psychotherapeutische Supervision als Ausbildungserfordernis hat daher einerseits die
Funktion, die AusbildungskandidatInnen auf die spätere selbstständige Praxistätigkeit
vorzubereiten (Ausbildungsfunktion) und andererseits die Qualität der Tätigkeit zu überwachen
(Kontrollfunktion). Aufgrund der Ausbildungsfunktion der Lehrsupervision kann auch die
Erteilung von formalen Hinweisen oder Handlungsanweisungen notwendig sein, obwohl das
normalerweise nicht Gegenstand der psychotherapeutischen Supervision ist."8
"Die Verbesserung der professionellen Kompetenz wird dadurch erreicht, dass die
SupervisandInnen über die Reflexion der Fallarbeit insbesondere lernen,
n
zu welchen Übertragungs- und Gegenübertragungsbeziehungen bzw. Interaktionsmustern die
KlientInnen oder PatientInnen neigen,
n
mit welchen Problemlagen welcher Klientinnen oder Patientinnen Schwierigkeiten auftraten,
n
eigene " blinde Flecken" zu erkennen,
n
Wissen über Gruppenprozesse, Interaktionen, Zusammenhänge und Kommunikationsabläufe zu
erhalten,
n
Durch die Reflexion und Verdeutlichung des eigenen Handelns mit Hilfe der Supervisorin neue
Sichtweisen und flexiblere Handlungsmöglichkeiten (Interventionen) herauszuarbeiten,
n
Fragen der beruflichen Identität zu klären,
5 - 8 ebd.
9
n
Eine Psychotherapie in schwierigen Phasen weiterzuführen, wozu z. B. auch die Stärkung der
Frustrationstoleranz und eine Förderung von Flexibilität gehören,
n
Adäquates diagnostisches Verständnis zu fördern,
n
Durch die Absolvierung der Supervision eingetretene Veränderungen im therapeutischen
Vorgehen herauszuarbeiten,
n
Hilfe bei der Umsetzung von aktuellen Theorieinhalten in die Praxis zu erfahren,
Gedächtnisprotokolle zu erstellen." 9
" Die Supervision dient dem Erkennen und Spüren der eigenen Gefühle und Handlungsimpulse und
der Reflexion der psychotherapeutischen Techniken und ihrer Angemessenheit in der jeweiligen
Situation.", so R. Hutterer-Krisch. 10
N. Amendt-Lyon nennt als häufigste zu behandelnde Themen in Ausbildungssupervisionen den
Umgang mit dem therapeutischen Setting, Wahrnehmungserweiterung, Vertiefung des
diagnostischen Könnens, Umgang mit Übertragungs- und Gegenübertragungsphänomenen,
Bewusstwerdung von Stärken und Schwächen der Therapeutenpersönlichkeit, Umgang mit der
therapeutischen Methode und Einflechtung theoretischer Imputs in die erlebte Praxis.11
Es gibt demnach Themen, die in einer Ausbildungssupervision vorkommen sollten, vieles ergibt
sich meiner Erfahrung nach aber ganz einfach aus dem Berufs- und Ausbildungsalltag der
SupervisandInnen, wie Probleme in der Ausbildungsgruppe, Zweifel am eigenen Können,
Belastungssituationen während der Ausbildung usw. Grundsätzlich versuche ich mit den
SupervisandInnen an den mitgebrachten Themen zu arbeiten, was immer das Thema ist, soweit es
das berufliche Umfeld betrifft oder beeinflusst, ohne die Hauptaufgaben der
Einzelausbildungssupervision aus den Augen zu verlieren. Die SupervisandInnen sind sich zwar
bewusst, dass sie in einer Ausbildungssituation sind, es aber dennoch um die Entwicklung und
Entdeckung ihrer eigenen Wünsche und beruflichen Vorstellungen geht und was auf dem Weg
dahin zu tun ist, also Motivation zur eigenen Qualität und zum eigenen Ansatz, zum eigenen Stil,
10
Hutterer-Krisch R.: " Zur Praxis der Supervision in der Psychiatrie". In: Luif I. (Hrsg.), Supervision - Tradition,
Ansätze und Perspektiven in Österreich: Orac-Verlag,Wien, 1997, S. 345
10
Amendt-Lyon, N.: "Supervision in der Gestalttherapieausbildung: Stil als Ausdruck der Selbstentfaltung". In:
Handbuch der Gestalttherapie (Hrsg. Fuhr, R. u. a.). Hogrefe, Verlag für Psychologie: Göttingen, Bern, Toronto,
Seattle, 1999, S. 894 f.
10
wie N. Amendt-Lyon meint.12 Problematisches Verhalten, das sich in der Supervisionsstunde
reinszeniert, kann gespiegelt und für die Reflexion eigenen beruflichen Handelns nutzbar gemacht
werden.
A. Auckenthaler: " Wer Supervision als Ausbildungssupervision kennenlernt, erfährt sehr deutlich
die bewertende Seite von Supervision, wird zwar im positiven Fall - über die eigenen Fortschritte
im therapeutischen Handeln - erleben, daß Supervision wirkt, wird aber fast unweigerlich auch mit
den Grenzen von Supervision konfrontiert werden; wenn trotz vieler Supervisionsstunden keine
Fortschritte zu sehen sind oder wenn AusbildungskandidatInnen trotz Supervision das
Ausbildungsziel nicht erreichen." 13 A. Auckenthaler versucht aufzuzeigen, wie dennoch eine
Verbindung zwischen unterstützender und bewertender Funktion hergestellt werden kann, indem
sie Ausdrucksformen des Problematisierens vorschlägt, die kritisch, aber nicht kritisierend sind. 14
Beziehungsdynamiken in der Ausbildungssupervision - SupervisorIn und/oder DozentIn und
TherapeutIn?
Redlefsen15 meint, der/die SupervisorIn stehe in der Beziehung zum/r Supervisanden/in zwischen
"mothering" (Empathie, Annahme, Verständnis und Auffangen) und "bothering" (Aufzeigen von
Ungereimtheiten, Bruchstellen, Mängeln und Schwächen). Im Ausbildungskontext trifft dieser
Umstand in noch stärkeren Maße zu.
In psychotherapeutischen Ausbildungen sind SupervisorInnen als LehrtherapeutInnen in die
Ausbildungsinstitution integriert und befinden sich in der Ausbildungssupervision demnach in einer
Doppelfunktion. In den derzeitigen Kunsttherapieausbildungen wird dies zur Zeit unterschiedlich
gehandhabt. Besonders Einzelsupervisionen werden zum Teil von externen SupervisorInnen
durchgeführt, die in keinem Lehrvertrag mit der Ausbildungsinstitution stehen, die Kontroll- und
Beurteilungsfunktion nimmt in diesem Fall eine nicht so bedeutende Rolle ein. Diese Konstellation
gewährt ein höheres Maß an Freiraum für die AusbildungskandidatInnen und Entwicklung in einer
geschützten Atmosphäre. Die Möglichkeit, den Supervisor frei zu wählen, auch
12
ebd. S. 870
Auckenthaler, A.: "Supervision psychotherapeutischer Praxis: Organisation, Standards, Wirklichkeit. Verlag W.
Hohlhammer: Stuttgart, Berlin, Köln, 1995, S. 32
13
ebd. S. 118 ff.
13
Redlefsen, Ch.: Von der Supervision zur Projektberatung. Otto Müller: Salzburg, 1997, S. 51 f.
13
11
methodenspezifisch, kann helfen, eigenen Interessen nachzugehen und zusätzliche Ansätze
kennenzulernen. Dagegen spricht, dass Ausbildungssupervision im Prinzip wie schon oben erwähnt
methodenspezifisch sein sollte. Da es bislang wenige KunsttherapeutInnen in Österreich gibt, die
auch supervisorisch ausgebildet sind oder von ihrer Ausbildungsinstitution nach der eigenen
Ausbildung zu LehrtherapeutInnen mit bestimmten Arbeitschwerpunkten ausgebildet werden, wie
es zum Beispiel in der Schweiz bei ISIS der Fall ist, ist es für AusbildungskandidatInnen in
Österreich ohnehin oft noch sehr schwierig, methodenspezifische Einzelsupervision zu bekommen,
wodurch an sich ein integrativer Ansatz und methodenübergreifendes Denken gefördert werden.
Eine Ausbildungssituation an sich, die Beziehung zur/m SupervisorIn in ihrer/seiner mehrfachen
Funktion fördern bestimmte Übertragungsphänomene. Das Dilemma zwischen
Ausbildungsfunktion und Kontrollfunktion, so die/der SupervisorIn dazu beauftragt ist, scheint
bisweilen für beide Seiten eine große Herausforderung darzustellen. So stellt M. Fehlinger die
Frage, ob es überhaupt ein Entrinnen aus dieser Paradoxie gebe, die sich durch Gleichzeitigkeit von
einander widersprüchlichen Aufträgen ergibt. Oft helfe eine Metakommunikation über das
beschriebene Dilemma, um Übertragungen aufzulösen. Fragen wie "Was ist ihr Ziel in Bezug auf
das Ergebnis der Supervision?" oder "Was sind Ihre Befürchtungen in Bezug auf meine
Kontrollfunktion? Wie können wir Ihre Befürchtungen im Rahmen der Supervision am besten
aufrechterhalten, z. B. dafür, dass sie sicher nichts von der Supervision profitieren?" können nach
M. Fehlinger diese Metakommunikation fördern.16
R. Schigutt meint zu diesem Dilemma: "Als einziger Ausweg, der den Supervisor davon befreit, ein
Vertrauensverhältnis zuerst zu schaffen und dann zu missbrauchen, scheint nur darin zu liegen,
dass der Supervisor davon entbunden wird, eine Bewertung des Kandidaten vorzunehmen. Das
einzige, was er bestätigen könnte, wäre die Teilnahme des Kandidaten an den
Supervisionsveranstaltungen im vorgeschriebenen Umfang und seine Bereitschaft, sein
therapeutisches Handeln in Problemzusammenhänge einzubeziehen."17
Dazu N. Amendt-Lyon: " Die Beurteilungs- und Ausbildungsfunktion rückt den Supervisor in die
Rolle eines Lehrers. Er fördert die Wahrnehmungsfähigkeiten von Beziehungsdynamiken und strukturen, er fördert Gegenübertragungsphänomene ans Tageslicht und reflektiert sie mit den
16
Fehlinger, M.: "Die Kunst der Balance": Überlegungen zur systemischen Ausbildungssupervision.
In: Luif, I. (Hrsg.), Supervision - Tradition, Ansätze und Perspektiven in Österreich. Orac-Verlag: Wien, 1997, S.330 f.
17
ebd. S. 330 (Schigutt 1991)
12
Supervisanden im Kontext der eigenen Biografie. .... Ebenso unterstützt er die theoretische
Konzeptualisierung des therapeutischen Handelns. "18
Egal, ob die/der Supervisor/in Teil der Ausbildungsinstitution ist oder nicht, kommt ihr/ihm in
Ausbildungszusammenhängen - anders wie in anderen Supervisionen - auch die Rolle eines/er
Dozenten/in zu mit einem gewissen Wissens- und Erfahrungsvorsprung im Berufsfeld. Diese
Tatsache beeinflusst die Beziehungsdynamik bzw. Übertragungs- und Gegenübertragungsprozesse.
Eine ähnliche Herausforderung stellt die Abgrenzung von Lehrtherapie und Supervision dar.
"Obwohl tiefes regressives Arbeiten seinen Platz eher in der Einzeltherapie oder der
Ausbildungsgruppe der Supervisanden hat, handelt es sich auch in der Ausbildungssupervision um
das Erleben der Lernenden, ihre gefühlsmäßigen Reaktionen im beruflichen Handeln und die
Entwirrung von Übertragungs- und Gegenübertragungsphänomenen. In der
Ausbildungssupervision treten auch Übertragungs- und Gegenübertragungsphänomene zur Gruppe
bzw. zum Supervisor auf.", so N. Amendt- Lyon 19
Das triadische System der Kunsttherapie und der kunsttherapeutischen Ausbildungssupervision die "Doppeltriade" in der Fallsupervision
ästhet. Material
TherapeutIn
SupervisorIn/ DozentIn/TherapeutIn
SupervisandIn
KlientIn
ästhet. Material
18
ebd. S. 349
Amendt-Lyon N.: "Von der Konfektion zur Maßschneiderei": Supervision im Rahmen der Psychotherapieausbildung
am Beispiel der Integrativen Gestalttherapie . In: Luif I. (Hrsg.), Supervision - Tradition, Ansätze und Perspektiven in
Österreich: Orac-Verlag,Wien, 1997, S. 349
19
13
(vgl. "Spervisions- Rhombus", modifiziert nach Ekstein und Wallerstein,1958, von Kutter P.: Das Modell bezieht sich
nicht auf die Kunsttherapie, bezieht jedoch auch SupervisorIn, TherapeutIn/SupervisandIn, PatientIn und auch die
Ausbildungsinstitution, von der SupervisandIn und SupervisorIn gleichsam kontrolliert werden, mit ein)20
"Ein Verhältnis zu dritt", so betitelt Karin Dannecker ihren Vortrag im Rahmen des
Weltpsychotherapiekongresses 1996 zum Phänomen der Übertragung und Gegenübertragung in der
Kunsttherapie. Da die/der KunsttherapeutIn mit ihren/seinen KlientInnen ein triadisches System
aufbaut, kommt diese Dynamik in der Supervision entweder mit weiterführender eigener
künstlerischer Arbeit ins Bild oder zur Sprache oder in Form von mitgebrachten Arbeiten,
Fotografien oder Skizzen. Das gestalterische Objekt kann als Darstellung einer inneren wie äußeren
Beziehungsdynamik zwischen TherapeutIn und KlientIn gesehen werden, die sich in der
Supervision szenisch, bildlich und atmosphärisch reinszenieren zwischen SupervisandIn und
SupervisorIn und beim Supervisor als Gegenübertragung wahrgenommen werden. Dantlgraber
(1977) spricht nach Kutter in diesem Zusammenhang von Gegenübertragung erster und zweiter
Ordnung.21 Geht es nicht um Fallsupervision, sondern beispielsweise um Berufsperspektiven oder
Probleme im Team, so ist die Kunsttherapie eine Methode der Wahl in einem triadischen System
und bietet dem Supervisanden/dem Ausbildungskandidaten die Möglichkeit, Einsatzfelder und
Methoden der Kunsttherapie kennenzulernen, die in der Kunsttherapie anwendbar sind.
Die eigene künstlerisch/gestalterische Arbeit der AusbildungskandidatInnen und Supervision als
Ort der Bildverarbeitung der/des TherapeutIn?
Immer wieder mache ich die Erfahrung, dass von KlientInnen und SupervisandInnen angefertigte
Bilder mir sehr intensiv im Gedächtnis bleiben, mich manche mehr, manche weniger berühren, dass
gewisse Formen in meiner eigenen gestalterischen Arbeit auftauchen können unabhängig von
Supervision. Vielleicht ist es auch sinnvoll, dass gerade die/der KunsttherapeutIn ihre/seine
Gegenübertragung auf der Bildebene reflektiert. Offen bleibt die Frage, wie eine Verbindung von
künstlerischer Arbeit und Verarbeitung von KlientInnenbildern aussehen kann. Hier nehmen
KunsttherapeutInnen sicher eine sehr besondere Rolle ein, wenn man davon ausgeht, dass die
meisten selbst künstlerisch tätig sind. Wie trennbar ist die Bildsprache der KlientInnen von der
eigenen und welche Wechselwirkungen bestehen, wie verarbeiten wir die Bilder, die wir
bekommen, wie beeinflussen sie uns - unabhängig von der Arbeit mit Gegenübertragung?
20
21
Kutter, P.: Spiegelungen und Übertragungen in der Supervision. In: Pühl, H.: Handbuch der Supervision 2, S 56
ebd. S. 56
14
Gertrud Schottenloher meint in der Beschreibung des Aufbaustudiums " Bildnerisches Gestalten
und Therapie" in München: " Sicher ist, dass ein wesentlicher Anteil die Kombination von
autonomer bildnerischer Arbeit seitens des Patienten und die wohlwollend begleitende,
unterstützende Aufmerksamkeit des anwesenden Künstlers ist, wobei der Künstler-Therapeut sein
eigenes Unbewusstes atmosphärisch zur Verfügung stellt und in diesem die Konflikte mitträgt und
mitverwandelt...".
Dazu aus kunsttherapeutischer Sicht: " An object which is empowered within the therapeutic
context, will have both... the transference and the countertransference... and the life of the picture
may correspond to the life of the therapeutic relationship, and so it may be synoymous with the
feeling tone of the countertranference, as well as the transference... in the transference the internal
conflicts are again turnes into external ones... feeling anxiety, tension, pain, need for love....", so
Joy Schavarien." 22
3
künstlerisch/gestalterische Medien in Supervision und Ausbildungssupervision
Allgemein
Künstlerische und gestalterische Arbeit kann Individuationsprozesse einleiten und fördern. Die neu
gewonnenen Gestaltungserlebnisse sind auf andere Lebensbereiche übertragbar und können die
Basis für eine neue Lebens-Form darstellen. Sie fördert zudem in hohem Maße Lebendigkeit,
Experiment und verstärkte (Selbst)Wahrnehmung. Dazu F. Perls über Struktur und Schöpfung von
künstlerischer Produktion und Kinderspiel:" Hellwache Wahrnehmung und Spiel mit dem Medium
bilden den Kern der künstlerischen Arbeit .... in beiden Fällen wirken als Sinnesantrieb die
Integration, die Bejahung des Impulses und der wache Kontakt mit dem neuen Umweltmaterial, aus
denen wertvolle Arbeit erwächst."23
Künstlerisch/gestalterische Medien werden in der Supervision nicht nur im
Ausbildungszusammenhang verwendet. Zu unterscheiden ist hier ein kreativer von einem
künstlerischen bzw. kunsttherapeutischen Ansatz, so wie zwischen Kunst- und Kreativitätstherapie
unterschieden wird, obwohl die Grenzen fließend sein können. Es kommt darauf an, ob es stärker
22
Shaverien, J.: The Revealing Image. Tavistock/Routledge: London, New York, 1992, S.18
15
um Kunst und künstlerische Prozesse an sich geht oder Kunst als Teil kreativer
Schöpfungsmöglichkeit des Menschen gesehen wird. In beiden Fällen stehen
Gestaltungsfindungsprozesse als Problemlösungsprozesse im Zentrum. Im kunsttherapeutischen
Ansatz, der in der Literatur kaum besprochen wird, ist das Material und die Bewegung darin von
zentralerer Bedeutung. Wichtig ist hier, dass das Problem/der Umstand usw. auf einer nonverbalen
Ebene visualisiert werden kann, wodurch für ein Problem außer der kognitiven Ebene auch die
Bildebene, die rechte Gehirnhälfte miteinbezogen wird und zur Wirkung kommen kann. "Die
Arbeit mit kreativen Medien setzt unmittelbar am perzeptiven, expressiven und memorativen Leib
an", so D. Rahm24, " Kreativität basiert letztendlich immer auf leiblichem Erleben und kann sich in
allen Bereichen menschlichen Handelns verwirklichen." Der Suchprozess und die gefundenen
Lösungen auf der Bildebene werden intensiver erlebt. Dieser Umstand ist in der Therapie mit
künstlerischen Medien wichtig und natürlich auch in der Supervision nutzbar.
Dazu I. Bolen u. a. :" Medien sind Informationsvermittler, aber auch Ausdrucksträger und
Katalysatoren von Beziehungen.
Wir unterscheiden zwischen
n
Handlungsmedien: Rollenspiel, Sculpturing, Bewegung, Statuen, Pantomime und Masken,
Puppenspiel, Sprache, Texte.
n
Materialmedien: Farbe, Papier, Fläche, Malen, Zeichnen, Collagen, Arbeit mit Ton bzw.
Knetmasse, Baukasten.
Außerdem sind noch zu erwähnen:
.
n
Technische Medien: Video, Foto und das
n
Personale Medium in der Person der/des Supervisorin/s: Mit Ihrer/seiner Persönlichkeit,
Ausdrucks- und Beziehungsmöglichkeit, ihrem/seinem wissen, Interventionsstil und
Modellverhalten ist sie/er das zentrale Medium des Supervisionsprozesses.
23
24
Perls, F. u. a. Gestalttherapie. Klett-Cotta: Stuttgart, 1988, S.29
Rahm D. u. a.: Einführung in die integrative Therapie, Junfermann : Paderborn, 1995, S. 417
16
Kreative Medien wirken erlebnisaktivierend; sie werden eingesetzt , um eine Situation oder ein
Problem zu verdeutlichen. Ihre Verwendung ist unterschiedlich, je nachdem, ob Diagnose der
Institution das Thema ist oder Tiefung oder Interaktion gefördert werden soll."25
Video, Fotoapparat oder Polaroid können in einem kunsttherapeutischen Supervisionsansatz aber
durchaus als künstlerische Medien gesehen und eingesetzt werden.
Die Rolle des künstlerisch/gestalterischen Materials in der Ausbildungssupervision
So wie in der Kunsttherapie wird auch in der kunsttherapeutischen Supervision künstlerisch/
gestalterisches Material eingesetzt bzw. mit mitgebrachten KlientInnenbildern gearbeitet. In der
kunsttherapeutisch orientierten Fallsupervision spielt das Material eine nicht so zentrale Rolle wie
in der Therapie, dennoch muß der bildnerische Prozess im Auge behalten werden, die Dynamik
von Übertragung und Gegenübertragung zwischen Klientin, Therapeutin und Bild/Objekt. Dieses
"Im-Augebehalten" geschieht oft durch eigenes Einsteigen in oder Fortführen bildnerischer
Prozesse, durch ein Bearbeiten der Bilder in einem anderen künstlerischen Medium oder auch in
einer anderen Methode.
Welche Rolle spielt das Material und wie beeinflusst es die Beziehungsdynamik? Die Anwesenheit
künstlerischen Materials in der Supervision hat methodenspezifisch gesehen eine größere
Bedeutung als in anderen Therapierichtungen. Dennoch spielt es in der Ausbildungssupervision,
besonders der Einzelsupervision, eine nicht so zentrale Rolle wie in Therapien, um Eindrücke zu
verdeutlichen. Wann und zu welchem Zweck werden gestalterische Medien in der
Einzelsupervision eingesetzt? Wie steht es um das Verhältnis von Wort und Bild?
Mir scheint wichtig, durchaus andere Methoden anzuwenden, das heißt eine gewisse
Methodenvielfalt anzubieten, ohne den Bildprozess aus den Augen zu verlieren. Im
kunsttherapeutischen Kontext versuche ich viele Bildträger zu verwenden bzw. vorzustellen,
obwohl die AusbildungskandidatInnen des öfteren auf einer verbalen Ausdrucksebene größere
Schwierigkeiten haben als auf der Bildebene. Kunsttherapeutische Methoden verwende ich also
25
Bolen, I. u. a.: Das ÖAGG-Modell als Modell der methodenübergreifenden Supervision. In: Luif I. (Hrsg.),
Supervision - Tradition, Ansätze und Perspektiven in Österreich: Orac-Verlag,Wien, 1997, S. 196
17
immer dann, wenn Gefühle oder Gedanken nicht verbalisiert werden konnten, d. h. um mit sich
und den begleitenden Umständen besser in Kontakt zu kommen oder sehr persönliche Fragen zu
klären. Da es oft so ist, dass in Kunsttherapieausbildungen Kommunikation außerhalb des
Materialprozesses zu kurz kommt, versuche ich dahingehend zu sensibilisieren und auch andere
Methoden vorzustellen. Bewegung und Ausdruck im Material werden oft schon sehr gut
beherrscht, weniger jedoch die verbale Ebene und die Wachsamkeit gegenüber anderen
Ausdrucksformen.
Ein Supervisand verspürte einen großen Widerstand schriftlich zu dokumentieren in einem
Praktikum, mit dessen Rahmenbedingungen er nicht zufrieden war. Ich schlug ihm vor, nach jeder
Stunde erst einmal mit bildnerischen Mitteln auf die Therapiestunden zu reagieren, zu seinem
bildnerischen Ausdruck hatte er während der Ausbildung schon einen guten Zugang gefunden, zur
verbalen, wenn es um Gefühle, Wahrnehmungen, Erfahrungen ging, eher weniger. Das Beispiel
schien mir auch insofern sehr signifikant, da es sich um die Arbeit mit autistischen Menschen
handelte.
Ich versuche ebenso die künstlerische Arbeit der/des SupervisandIn immer wieder anzusprechen
und miteinzubeziehen, die für ein kunsttherapeutisches Angebot sehr wichtig sind bzw. kann sie
sogar ein Ausgangspunkt für ein kunsttherapeutisches Angebot sein - gerade zu Beginn der
Ausbildung. Manchmal werden auch eigene künstlerische Arbeiten in die Stunde mitgebracht,
Abschlussarbeiten beispielsweise und in einem therapeutischen Kontext gesehen.
4
Stellungnahmen von Dozentinnen kunsttherapeutischer Ausbildungsinstitutionen
Im Folgenden habe ich zwei DozentInnen kunsttherapeutischer Ausbildungseinrichtungen um
aktuelle Stellungnahmen zum Thema gebeten. Die Stellungnahmen möchte ich ohne Kommentare
als zusätzlichen Ansatzpunkt zur Reflexion von Ausbildungssupervision in der Kunsttherapie, im
besonderen Einzelsupervision, wiedergeben.
18
Nach Angabe von Irmgard M. Starke26, Wiener Schule für Kunsttherapie (Leitung: Irmgard Starke
und Ernst Wittkowski), seien die Zielsetzungen und Aufgaben ausbildungsbegleitender Supervision
in der Kunsttherapie, im Besonderen der Einzelsupervision in folgendem zu sehen:
"Die unterschiedlichen Herkunftsbereiche, Interessensfelder und Nutzungen des Begriffes
Supervision führen naturgemäß zu verschiedenen Bestimmungen und Umschreibungen. Jede der
begrifflichen Definitionen und jedes Verständnis von Supervision ist kontextgebunden. Aus diesem
Kontext ist die Eingrenzung des Supervisionsbegriffes wie auch die methodische Umsetzung in die
supervisorische Praxis zu verstehen.
Der Kontext unserer Schule ist der einer kunsttherapeutischen Weiterbildung, deren Theorie und
Methodik auf tiefenpsychologischen Modellen und der Phronetik basiert. Phronetik leitet sich vom
griechischen Phronesis = Einsichtnahme ab. Sie bietet eine Theorie zur Wahrnehmung und
Gestaltbildung an, ihre Methodik basiert auf der partnerschaftlichen Begleitung der/des
Patientin/en/ Klientin/en, des Verständnisses seiner Bedingungen, der Förderung seiner
Möglichkeiten und seines Umgangs.
n
Da es sich um eine kunsttherapeutische Weiterbildung handelt, bestimmt unsere Auffassung des
schöpferischen Prozesses und des Kunstbegriffes, der der sozialen Plastik nahesteht unsere Sicht
von Supervision natürlich wesentlich mit.
n
Da es sich um eine Weiterbildung mit spezifischen Inhalten und Methodiken handelt, wird die
Supervision als Lernhilfe gesehen, die auf souveräneres, kompetenteres und integrativeres
Handeln der/des Supervisandin/en als Berufsperson und als Mensch mit seiner eigenen Identität
gerichtet ist.
n
Da die Weiterbildung mit einem Zertifikat abschließt, spielt auch der Kontrollaspekt eine Rolle,
ob die Weiterbildungsstandards erfüllt werden, wie auch der Aspekt der Selbstkontrolle und
Selbstreflexion, wenn die/der Supervisand/in ihre/seine Arbeit in geschütztem Rahmen näher
anschaut.
n
Da die psychotherapeutische und soziotherapeutische Arbeit oft schwierig und belastend ist,
muss die Supervision auch die Möglichkeit geben, neue Umgangsmöglichkeiten zur Entlastung
zu finden, unbewusste Konflikte und Übertragungsphänomene verstehen und klären zu können.
Dies ist eingebettet in die Achtung und Achtsamkeit sich selbst gegenüber, dem anderen
gegenüber und der Lebenswelt als Welt des Lebendigen.
26
I. Starke ist Künstlerin und Kunsttherapeutin und leitet zudem das Bamberger Seminar für Bild- und
19
n
Die/der SupervisorIn sollten ein gewisses Maß an persönlicher und beruflicher Kompetenz
mitbringen. Ein Richtmaß ist für uns eine mindestens dreijährige Tätigkeit im entsprechenden
beruflichen Feld, also entweder als KunsttherapeutIn oder mit dem entsprechenden Klientel bzw.
der entsprechenden Institution. Dies kann jedoch immer nur ein Richtwert sein. Wichtig sind für
uns die tatsächlichen Kompetenzen eines Menschen, nicht eine rigide Standardisierung.
Supervision ist für uns also gemeinsame Betrachtung, gemeinsame Reflexion und gemeinsame
Umgangsorientierung um die jeweilige berufliche Wirklichkeit als KunsttherapeutIn wahrnehmen,
verstehen und in ihr entsprechend handeln zu können.
Ab dem dritten Ausbildungsjahr sind 30 Stunden Einzelsupervision, davon mindestens 12 bei
einer/em in Phronetik ausgebildeten Supervisorin und 104 Stunden Gruppensupervision in der
laufenden Ausbildungsgruppe vorgesehen.
Inhalte
Die Einzelsupervision bietet einen intimen Rahmen für die gemeinsame, differenzierte Reflexion.
Die Inhalte werden durch die Situation und den Kontext der/des Supervisandin/en bestimmt.
Bis auf die 12 Supervisionsstunden, die auf Grund der Tatsache, dass in Österreich noch keine
KunsttherapeutInnen mit entsprechender Berufserfahrung in Phronetik ausgebildet sind - was nicht
mehr lange dauern wird - ist die Auswahl der SupervisorInnen sehr eingeschränkt. Abgesehen
davon ist sie jedoch frei. Da Supervision immer auch mit einem komplizierten Beziehungsgeflecht
zu tun hat und nur in einer Atmosphäre des Vertrauens Wirksamkeit entfalten kann, liegt die Wahl
bei den SupervisandInnen. Gleichzeitig ist uns die Möglichkeit wichtig, dass unsere
AusbildungskandidatInnen Situationen mit unterschiedlichen Konzepten und anderen
Zugangsweisen beleuchten können, da Supervision immer etwas Schöpferisches beinhalten muss,
als ein kreativer gemeinsamer Prozess in der Vielfältigkeit und Lebendigkeit der miteinander
arbeitenden Menschen: der BegleiterInnen, der Klientinnen, Patientinnen und MitarbeiterInnen. Sie
bedarf wie die Kunst der schöpferischen Freiheit und der lebendigen Prozesshaftigkeit.
Für uns ist gerade die Supervision ein Prozess, der in schöpferischer Entwicklung blieben muss und
in dem jede voreilige standardisierte Verfestigung zu Qualitätsminderung führt. Dadurch, dass die
kunsttherapeutische Supervision noch sehr jung ist, gibt es kaum Vergleichsmöglichkeiten der
Gestaltungstherapie
20
Kompetenz- und Qualitätsentwicklungen. SupervisorInnen ausschließlich unserer
Weiterbildungseinrichtung zu empfehlen oder gar anzuerkennen sehen wir als kontraproduktiv.
Die Gruppensupervision bietet den Rahmen für die Vermittlung fundierten Fachwissens, weiterer
Forschung und der direkten Erfahrung der Wirksamkeit unterschiedlicher Sichtweisen. Die
fruchtbare Vielfalt der Gruppe, die Erkenntnis, dass es immer mehrere Wahrheiten und
Möglichkeiten gibt, aber auch die Erkenntnis der Wichtigkeit von Bedingungen und Rahmen für
therapeutische Begleitung, sind Erfahrungsmöglichkeiten der Gruppensupervision. Es wird sehr
deutlich, wie und unter welchen Bedingungen die eigenen Entscheidungen in der Begleitung
getroffen werden, in welchem Rahmen sich die kunsttherapeutische Freiheit entfalten kann und
unterstützt das Finden der eigenen kunsttherapeutischen Identität
.
Methoden
Die Auswahl der methodischen Praxis unserer Supervision wird einmal dadurch bestimmt, dass die
methodische Erarbeitung und Bearbeitung eines Themas selbst ein Beispiel für die Methode sein
sollte, andererseits ein hinreichend differenzierter Blick auf den Kontext einschließlich der erlebten
Erfahrung möglich werden kann.
Deshalb arbeiten wir mit folgenden Elementen:
n
Gemeinsame Besprechung von Fallbeispielen mit dem Schwerpunkt auf die Dynamik des
Prozesses. Die Gestaltungen werden im Original oder durch ein Fotodokument vorgelegt. In
allen Fällen wissen die KlientInnen davon und haben vorher ihr Einverständnis gegeben.
n
Gemeinsame Besprechung einer Sitzung anhand einer Videoaufzeichnung. Sie dient zur
gemeinsamen Übung von Wahrnehmen und Erfassen, Verstehen und Erklären und dem
Vergleich von erinnerter und tatsächlich geschehener Sitzung.
n
Das dramatische Spiel, in dem Verhinderungen, Belastungen und Möglichkeiten leibhaftig
werden können und für alle unmittelbar sichtbar. So können gemeinsame, neue
Lösungsmöglichkeiten gefunden werden.
In der Anwendung aller Methoden beziehen wir uns auf den künstlerischen, schöpferischen Prozess
und die Ausdrucks- und Tiefenebenen der Bilderwelten. Die Sicht bezieht die Paradoxien dieser
Welten ein, die spezielle Dynamik des Gesamtprozesses und den speziell kunsttherapeutischen
Blickwinkel.
21
Supervision ist in diesem Sinne nicht Diagnostizieren von Diagnosen, Kontrollieren und Bewerten
oder Therapieren von Therapie, sondern ein zusätzliche Perspektive des Verstehens, des Lernens
und der Umgangsmöglichkeiten."
In einer weiteren Befragung zum Thema habe ich im Mai 2000 ein Interview mit Elisabeth
McGlynn27, Dozentin des Österreichischen Kollegs für Kunsttherapie, geführt und möchte dies
auszugsweise wiedergeben:
I: "Die AusbildungskanditatInnen haben nach dem derzeitigen Stand des Curriculums 30 Stunden
an Einzelsupervision vorgeschrieben. Welche Aufgabe , Ziele und Arbeitsschwerpunkte siehst du in
diesem Zusammenhang?
McGlynn: "Ich denke mir, ganz grundsätzlich ist Einzelsupervision ein Ort, wo verschiedene
Ebenen integriert werden, quasi heruntergeholt werden auf eine reale Situation, d. h. theoretische
Inhalte, methodische Inhalte, Inhalte, die in der Selbsterfahrung gemacht wurden, und vor allem
Inhalte, die vom Klienten bzw. von der Praktikumsinstitution herkommen. Die Einzelsupervision
ist ein potentieller Ort, diese Ebenen zu integrieren und spezifisch die therapeutische Identität des
Kandidaten auszubilden. Ich denke mir, dass Supervision, egal ob sie in der Ausbildung stattfindet
oder nicht, immer etwas mit Weiterbildung zu tun hat. Sie dient dazu, die individuellen Fragen,
aber auch die individuellen Probleme der Kandidaten anzusprechen. In der Praxis ist
Einzelsupervision, denke ich mir, oft zuerst auch einmal ein Feuerlöscher, die Sicherheit zu haben,
dass es da einen Ort gibt, wo man mit seinen Fragen hingehen kann."
I: "Wo siehst du einen speziellen Unterschied zwischen Gruppen- und Einzelsupervision?
McGlynn: "Dadurch, dass ich mit den StudentInnen Einzelsupervision mache, mache ich
grundsätzlich keine Gruppensupervision. Aber mir scheint das Moment des Integrierens, dass
Merken, dass es nicht einen richtigen Weg gibt wichtig, die Vielschichtigkeit therapeutischer
Identität und die Verschiedenheit therapeutischer Interventionen, die in der Gruppensupervision
noch einmal eine ganz andere Dynamik bekommt.
I: " Welche Schwerpunkte siehst du in der Einzelsupervision speziell mit KunsttherapeutInnen, die
besonders zu beachten sind?
McGlynn: " Ja, sehr viele eigentlich. Die eine Frage ist natürlich, was macht die Kunst in der
Kunsttherapie, also innerhalb der therapeutischen Praxis und die andere Frage ist, wie innerhalb der
22
Supervisionsstunde mit gestalterischen Mitteln gearbeitet wird und die dritte Frage ist eine ganz
technische, nämlich dem Supervisanden zu helfen, professionelle Standards im Alltag einzurichten,
also Folder, die Vertraulichkeit mit den Bildern, lernen, Berichte zu schreiben, also, dass man da
mit ganz praktischen Problemen beschäftigt ist in einem Bereich, der sich erst etabliert, so auch die
professionelle Kommunikation im klinischen Bereich. Dass man sozusagen lernt, seinen Beruf
professionell zu vertreten.
I: " Was ja dafür sprechen würde, dass Einzelsupervision bestenfalls methodenspezifisch sein
sollte!
McGlynn: " Ja, unter methodenspezifisch verstehe ich, dass es sicher günstig ist, mit jemandem
über Kunsttherapie zu sprechen, der selber Kunsttherapeut ist, wobei in der Supervision nicht
unbedingt ein gestalterischer Prozess verfolgt werden muss. Aus meiner Erfahrung ist es so, dass
ich mit den Studenten vor allem rede und Bilder anschaue, und dass recht wenig in der Supervision
gestalterisch gearbeitet wird. Ich arbeite schon sehr stark psychodynamisch, aber nicht unbedingt
mit gestalterischen Mitteln in der Stunde selbst.
I: "In welchen Situationen würdest du in einer Einzelsupervision trotzdem zu gestalterischen
Medien greifen? Fällt die da ein Beispiel ein?"
McGlynn: "Ja, zum Beispiel in der Aufarbeitung von der Frage einer eigenen Problematik einer
Studentin und der Problematik einer Klientin auf einer Onkologie, also Fragen von Identifikation,
also quasi diese Dreiecksbeziehung von Klientin, Therapeutin und ästhetischem Objekt. Oder auch
bei der Frage, woran kannst du dich erinnern, wo der gestalterische Prozess ganz andere
Ressourcen zum Vorschein bringt."
I: "Welche Rolle spielt für dich die eigene künstlerische Arbeit der StudentInnen in der
Supervision?"
McGlynn: "Hier ist es wieder günstig, die Studenten auch von anderen Situationen her zu kennen,
d. h. vertraut zu sein mit ihrer gestalterischen Entwicklung und diese Wahrnehmung einzusetzen im
Supervisionsprozess ist sehr interessant. Wenn man sagen kann, diese Klientenarbeit erinnert mich
sehr an eine Arbeit von dir - da kommt oft ein großes Staunen. Aber dieses Wissen nicht als
zusätzliches Machtinstrument des Supervisors einzusetzen."
I: " Wie begegnest du dieser besonderen Beziehungsdynamik einer internen Supervisiorin?
McGlynn: " Ja, das ist der Grund, warum ich keine Gruppensupervision mache, ich thematisiere es,
ich schaue aber, dass ich es nicht zu stark thematisiere, dass es eher meine Aufgabe ist, darauf zu
achten als es dauernd anzusprechen und dort, wo ich es wichtig finde, wo ich etwas spüre, sprech
ich es an. Wenn die Studenten spüren, dass ich als Supervisorin kein Kontrollfreak bin, dass ich es
27
E. McGlynn ist Kunstlerin und Kunsttherapeutin, hat ihre Ausbildung am Goldsmith-Institute in England absolviert,
23
mache aus einem Bedürfnis der Studenten heraus und nicht, weil sie zu mir kommen müssen. Das
hat mit Vertrauen zu tun."
I: "Wer also sollte deiner Meinung nach Einzelsupervisionen während der Ausbildung
durchführen?"
McGlynn: "Im Moment reagieren wir auf Bedürfnisse und überlegen, was macht im Moment Sinn.
Am Anfang war die Rede davon, dass Dozenten die Gruppensupervision machen und die
Einzelsupervision gut ausgebildete externe Kunsttherapiesupervisoren. Inzwischen bin ich mir da
nicht mehr so sicher. Meine Erfahrung hat gezeigt, dass es anders sein kann.
Supervisionsrichtlinien aufzustellen scheint mir zu früh zu sein, obwohl man das sicher in
Fachverbänden thematisieren kann. Grundsätzlich sollte es ein Einverständnis, auch inhaltlich,
zwischen externen Supervisoren und Ausbildungsinstitution geben, denke ich.
I: "Ich danke dir für das Interview."
Schlussfolgerung und Zukunftsperspektiven
In Supervisionen angehender KunsttherapeutInnen geht es demnach um eine Art
Vernetzungsarbeit, die der eigenen künstlerischen Arbeit mit der therapeutischen und den
theoretischen Ansätzen. Darin unterscheidet sich die Kunsttherapie nicht von anderen
Therapiemetoden. Dennoch muss sich die Kunsttherapie in Österreich ähnlich wie in Deutschland
darum bemühen, in der therapeutischen Landschaft Stellung zu beziehen, sowohl bezüglich des
Berufsbildes als auch in ihren Ausbildungsanforderungen z. B. bezüglich Supervisionsrichtlinien.
Zu einem Entwurf von Supervisionsrichtlinien in der Kunsttherapie lässt sich sagen, dass Ansätze
der Supervisionsrichtlinien aus der Psychotherapie anwendbar sind. Zu diskutieren ist, ob alle
SupervisorInnen auch LehrtherapeutInnen der Ausbildungsinstitution, also interne
SupervisorInnen, sein sollten, in welcher Verbindung sie inhaltlich zur Ausbildungsinstitution
stehen, wie ein Bestellungsverfahren und Kriterien für SupervisorInnen und LehrtherapeutInnen im
kunsttherapeutischen Bereich aussehen könnten und ob Supervision immer methodenspezifisch
sein muss. Zum momentanen Zeitpunkt scheint mir eine Lösung angebracht, die den StudentInnen
eine gewisse Stundenanzahl bei internen SupervisorInnen vorschreibt, der Rest der Stunden bei
einem/er SupervisorIn freier Wahl absolviert werden kann.
lebt und arbeitet in Wien und London
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Literatur:
Auckenthaler, A.: Supervision psychotherapeutischer Praxis: Organisation, Standards,
Wirklichkeit. Verlag W. Hohlhammer: Stuttgart, Berlin, Köln, 1995
Amendt-Lyon, N.: Von der Konfektion zur Maßschneiderei - Supervision im Rahmen der
Psychotherapieausbildung am Beispiel der Integrativen Gestalttherapie. In: Luif, I. (Hrsg.),
Supervision - Tradition, Ansätze und Perspektiven in Österreich. Orac-Verlag: Wien, 1997
Amendt-Lyon, N.: Supervision in der Gestalttherapieausbildung: Stil als Ausdruck der
Selbstentfaltung. In: Handbuch der Gestalttherapie (Hrsg. Fuhr, R. et al ). Hogrefe, Verlag für
Psychologie: Göttingen, Bern, Toronto, Seattle, 1999
Bolen, I. u. a.: Das ÖAGG-Modell als Modell der methodenübergreifenden Supervision. In: Luif
I. (Hrsg.): Supervision - Tradition, Ansätze und Perspektiven in Österreich: Orac-Verlag: Wien,
1997
Fehlinger, M.: Die Kunst der Balance - Überlegungen zur systemischen Ausbildungssupervision.
In: Luif, I. (Hrsg.): Supervision - Tradition, Ansätze und Perspektiven in Österreich. Orac-Verlag:
Wien, 1997
John, R.: Ein Bild sagt mehr als tausend Worte - Symbole in der Supervision und Beratungsarbeit.
U. Busch: Hille, 1993
Kutter, P.: Spiegelungen und Übertragungen in der Supervision. In: Pühl, H.: Handbuch der
Supervision 2. Edition Marhold: Berlin, 1994 (2. Aufl.)
Leitner A.: Psychotherapeutische Supervision: Supervision von PsychotherapeutInnen. In: Luif, I.
(Hrsg.), Supervision - Tradition, Ansätze und Perspektiven in Österreich. Orac-Verlag: Wien, 1997
Luif, I.: Arbeiten mit kreativen Medien in der Feldsupervision. In: Hutterer-Krisch u. a. (Hrsg.):
Neue Entwicklung in der Integrative Gestalttherapie. Facultas-Univ.-Verlag, 1999
Perls, F. u. a.: Gestalttherapie. Klett-Cotta: Stuttgart, 1988
Rahm, D. u. a.: Einführung in die integrative Therapie. Junfermann: Paderborn, 1995 (3. Aufl.)
Redlefsen, Ch.: Von der Supervision zur Projektberatung. Otto Müller: Salzburg, 1997
Richter, K. F., Fallner H.: Kreative Medien in der Supervision und psychosozialen Beratung. U.
Busch: Hille, 1993 (2. Aufl.)
Schottenloher, G.: Wenn Worte fehlen, sprechen Bilder. Kösel: München, 1995 (4. Aufl.)
Schreyögg, A.: Supervision - ein integratives Modell. Junfermann: Paderborn, 1991
Scobel, W.: Was ist Supervision? Verlag für Medizinische Psychologie, Vandenhoeck & Ruprecht:
Göttingen, 1988
Shavarien, J.: The Revealing Image. Tavistock/Routledge: London, New York, 1992
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Curriculum für Kunsttherapie, veröffentlicht durch den ÖFKG - Österreichischer Fachverband
für Kunst- und GestaltungstherapeutInnen, Fassung 1998
Supervisionsrichtlinien - Kriterien für die Ausübung psychotherapeutischer Supervision durch
Psychotherapeuten und Psychotherapeutinnen - des Bundesministeriums für Arbeit, Gesundheit
und Soziales auf Grundlage eines Gutachtens des Psychotherapiebeirates, bisher veröffentlicht im
Psychotherapieforum, 2/1996, S.65ff.
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