Kletterkonzepte in Oberfranken
Transcription
Kletterkonzepte in Oberfranken
Aus den Regionen Reg.von Oberfranken: Vom Konflikt zur Partnerschaft Kletterkonzepte in Oberfranken heute unverändert an, der Deutsche Tourismusverband bezeichnete die Fränkische Schweiz vor einigen Jahren als den „größten Klettergarten Deutschlands“. Konflikte mit anderen Nutzungen und Interessen blieben nicht aus, vor allem aus Naturschutzkreisen wurde massive Kritik laut. Die schützenswerte Felsvegetation mit seltenen Pflanzenarten litt unter dem „Putzen“ der Felsen und der Verwendung von Magnesia für bessere Haftung. Wanderfalke und Uhu gaben wegen der häufigen Störungen ihre Bruten in der Nähe der Kletterrouten auf. Die Sperrung von Felsen für Kletterer war die daraufhin unvermeidliche Folge. Gleichzeitig waren sich die Naturschutzbehörden bewusst, dass sie allein mit Verboten keine befriedigende und akzeptierte Lösung erreichen konnten. Zur Idee eines gemeinsam erarbeiteten und abgestimmten Kletterkonzepts war es nur noch ein kleiner Schritt. Das erste Kletterkonzept Routen aller Schwierigkeitsgrade finden Kletterer aus der ganzen Welt in der „Fränkischen Schweiz“ Sommerzeit ist Urlaubszeit – der Urlaub im eigenen Lande liegt im Trend: Das fünfte Jahr in Folge hat der Deutschlandtourismus ein Rekordergebnis erzielt. Aktivurlauber aus der ganzen Welt sind im nördlichen Frankenjura, allgemein als „Fränkische Schweiz“ bezeichnet, anzutreffen. Viele kommen hierher um zu klettern und finden an den bis zu 20 Meter hohen Wänden aus festem Fels alle Schwierigkeitsgrade, davon mehr als 200 Routen im 10. und 11. Grad, auf kleinem Raum vereint. 30 Blickpunkte 02/09 Größter Klettergarten Deutschlands Der Klettersport ist in der „Fränkischen Schweiz“ nicht neu, seit über 100 Jahren wird hier geklettert. Ein großer Teil der heutigen Kletterfelsen wurde schon 1931 im Kletterführer „Der Kletterer im Frankenjura“ beschrieben. In den 80er Jahren entwickelte sich das Klettern zu einer Trendsportart, welche die „Fränkische Schweiz“ als Kletterparadies europaweit bekannt machte. Diese Entwicklung hält bis Aus dieser Situation heraus entstand im Wiesenttal bereits 1992 die erste Kletterkonzeption für die „Weiße Wand“. Das Besondere an dieser Kletterkonzeption ist, dass ein Arbeitskreis aus verschiedenen Verbänden und Behörden sie als Gemeinschaftswerk entwickelte: Vertreter des Deutschen Alpenvereins, der I. G. Klettern, des Bundes Naturschutz, des Landesbundes für Vogelschutz, der betroffenen Gemeinde, des Naturparks und der unteren und höheren Naturschutzbehörden einigten sich bei zahlreichen Ortsbegehungen auf eine von allem akzeptierte naturverträgliche Lenkung des Kletterbetriebs. Dieses Beispiel machte Schule und in den letzten Jahren wurden für alle Klettergebiete des nördlichen Frankenjura in Oberfranken weitere Kletterkonzepte gemeinsam erarbeitet. 3-Zonen-Regelung 3 Zonen regeln und lenken in diesen regionalen Kletterkonzepten das Nebeneinander von Outdoor-Sport und Natur: • Zone 1 beschreibt die Ruhezone, aus Gründen des Naturschutzes wird hier auf das Klettern verzichtet. Aus den Regionen In Zone 2 kann auf bestehenden Routen bis zu einem Umlenkhaken geklettert werden, eine Erschließung neuer Routen unterbleibt aber („Status QuoZone“). • In Zone 3 kann auf bestehenden Routen bis zum Umlenkhaken geklettert werden, darüber hinaus ist die Erschließung neuer Routen außerhalb von Vegetationsbeständen erlaubt. Diese Zonen sind in den Kletterkonzepten grafisch bzw. textlich in sogenannten „Topos“ (unmaßstäbliche Frontalansichten der Kletterwände) dargestellt und vor Ort mit Schildern versehen. Nicht im Konzept erfasste Bereiche sind formal als Zone 1 anzusehen. • Ergänzend zu diesen Zonen kann ein Gremium aus Vertretern des Klettersports und des Naturschutzes bei Bedarf, z. B. für eine ungestörte Brut von Wanderfalke oder Uhu, weitere zeitliche Sperrungen festlegen. Die entsprechende Beschilderung zur Kennzeichnung der gesperrten Wandbereiche wird nach dem Flüggewerden der Jungvögel sofort wieder entfernt. Die laufend aktualisierten Übersichten der Felssperrungen sind auch im Internet einsehbar, z. B. auf der Seite www.klettern.frankenjura.com oder den Homepages des Deutschen Alpenvereins und der IG Klettern. Der Arbeitskreis von Behörden, Kletterfreunden und Naturschützern bei der gemeinsamen Ortseinsicht Unter Kletterern bekannt … Die Schilder, Zonen und Kletterhinweise sind bei den Sportlern inzwischen allgemein bekannt und finden auch Beachtung. Bereits im Jahr 1999 konnte ein Wanderfalkenpärchen seine Brut in einem der meist bekletterten Felsmassive erfolgreich abschließen. Die kurzfristig angebrachten „Vogelbrut-Schilder“ hielten die Klettersportler von dieser Wand ab. Besonders erfreulich: Ein Kletterer hatte den Brutplatz gemeldet! Dieser partnerschaftliche Austausch von Informationen hält bis heute an. … und europaweit anerkannt Die Kletterkonzepte beschreiben mittlerweile mehr als 1000 Kletterfelsen mit weit über 10.000 Routen, in Kürze werden sie für den gesamten nördlichen Frankenjura vorliegen. Sie schützen die trittempfindliche Flora der Felsköpfe durch konsequentes Benutzen von Umlenkhaken genauso wie wertvolle Flächen in der Umgebung der Kletterfelsen durch eindeutig markierte Zustiege. Dazu kommen entsprechende Lenkungsmaßnahmen des Naturparks „Fränkische Schweiz – Veldensteiner Forst“ An den Einstiegsstellen sind die einzelnen Zoneneinteilungen (hier ein Einstieg in Zone 3) beschildert mittels mehrsprachiger Beschilderung und Informationsbroschüren sowie durch aktuelle Internet- und Presseveröffentlichungen. Die oberfränkischen Kletterkonzepte als Ergebnis einer partnerschaftlichen Zusammenarbeit zwischen Kletterern und Naturschutz fanden deutschland- und europaweit Beachtung und Nachahmung. Sie tragen nachhaltig zur Sicherung der Lebensräume von Uhu und Wanderfalke bei und zeigen, dass, mit etwas gutem Willen, der Klettersport als rücksichtsvolle Natursportart nicht nur in sondern mit der Natur möglich ist. Wolfgang Frenzel, Dr. Herbert Rebhan, Regierung von Oberfranken Die Kletterzonen sind grafisch in sog. „Topos“, wie hier bei der „Oberen Dohlenwand“ dargestellt. Blickpunkte 02/09 31 Stand: Juli 2009