Gewandung im Mittelalter Gewandung im Mittelalter
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Gewandung im Mittelalter Gewandung im Mittelalter
Gewandung im Mittelalter Ich möchte heute einen Vortrag über Mittelalterliche Gewandung, Rüstungsarten und ein wenig Sachkultur halten. Es soll ein gewisses Basiswissen vermittelt werden. Da mir aufgefallen ist, dass in unserer Gruppe immer wieder gewandungstechnische Fehler auftreten. Es soll keiner persönlich angegriffen werden. Nur ist halt mal nicht zu übersehen, dass bei uns das Authentizität nicht gerade an oberster Stelle steht. Es gibt keine Vorgaben oder Richtlinien. Vieles das hier getragen oder verwendet wird, gab es im Mittelalter überhaupt nicht. Ich spreche selbst aus leidvoller Erfahrung. Vieles, was ich in den letzten 3 Jahre genäht oder gebaut habe, konnte ich nach einiger Zeit aussondern, weil es schlichtweg falsch und völlig unauthentisch war. Natürlich müssen immer Abstriche gemacht werden. Nicht alles ist finanzier- und umsetzbar. Als erstes sollte man sich überlegen, was man darstellen möchte und aus welche Zeit. Im Hochmittelalter gab es weitreichende Veränderungen in Sachen Mode und Rüstungstechnik. Daher ist es unumgänglich, verschiedene historische Quellen zu sichten und auszuwerten. Wie z.B.: Kreuzfahrer Bibel oder Manesseschen Liederhandschrift sowie einschlägiger Fachliteratur. Heute sollen nur Damen und Herren von Stande vorgestellt werden, da das Thema Gewandung für Mägde, Knechte usw. den Rahmen des Vortrages sprengen würde. Wer in dieser Richtung Interesse hat, kann sich an mich wenden. Natürlich gab es starke regionale Unterschiede was die Mode im MA betrifft. Was z.B. in Frankreich um 1220 modisch in war, kam erst mit einer Verzögerung von einigen Jahren ins Teutsche Reich. Es soll daher ein Grundmodell aufgezeigt werden, auf dem dann ein Jeder aufbauen kann. Kommen wir nun zum Frauengewand: Grundsätzlich trugen die Frauen im Mittelalter ein meist leinenes Unterhemd die chemise, das man unter einem Hemdkleid der Cotte trug. Die aus Wolle oder Leinen bestand. Im Hochmittelalter typischerweise getragene Unterkleidung (Cotte) Über der Cotte konnte noch eine Surcot getragen werden, die je nach Darstellungszeit verschiedene Ärmelformen hatte. (Tütenärmel, halblanga Ärmal oder sogenannte Höllenfenster) Im Hochmittelalter typischerweise getragene Oberkleidung. Hier mit Trompetenärmeln (Surcot) Verziert waren die Kleider mit Stickereien, Seiden-, Brokat- oder Brettchenborten. Auf Spitzenborten sollte verzichtet werden, da diese erst im 16. Jahrhundert aufkamen!!! Ebenso Mieder und Röcke, die man erst in der Spähtgotik trug!!! Es wurden Wolle und Leinen verarbeitet. Wer es sich leisten konnte, nahm auch Seide. Gefüttert wurde mit Seide, feinem Leinen oder edlem Pelz. Die Farben waren kräftig. Zur Farbe gelb ist zu sagen, dass Kleider auch mit gelben Stoffen abgefüttert wurden und dass das nichts über den Neben- oder Haupterwerb der Dame aussagt! Im Hochmittelalter trugen unverheiratete Frauen ihr Haar offen. Nach der Hochzeit wurde das Haar von einem Gebende und einer Haube bedeckt. Als Wetterschutz trug man einen Mantel, der sich von einem körperverhüllendem Umschlagtuch zum Schutz gegen Kälte und Feuchtigkeit zu einem halbkreisförmigen Tasselmantel entwickelte. Zum modischen Kleidungszubehör zählten Gürtel, Almosenbeutel, Gürteltasche, Umhängetasche, Broschen und sonstige Schmuckstücke. Diese waren je nach Stand aufwändig gearbeitet. Als Schmuckgürtel diente oft eine Brettchenborte. Kommen wir nun zur Herrengewand: Die Herrenmode wurde zwischen 1100 und 1300 femininer, ob dies nun durch die Frauenrolle in der Höfischen Kultur oder durch den Kontakt zum Oströmischen Reich und der Islamischen Welt geschah, ist nicht eindeutig geklärt. Bei den Männern war die Cotte wie auch die Surcot etwa knöchellang, meist vorn und hinten geschlitzt, seltener an der Seite, und nicht so weit geschnitten wie Frauengewänder. Der Halsausschnitt konnte mit einem Führspan oder einem Knopf geschlossen werden. Die Cotte wurde stets gegürtet getragen. Wobei die Surcot meist ungegürtet getragen wurde. Es gab verschiedene Variationen: V- oder Rundhalsausschnitt, Ganz, Halb- oder Dreiviertelärmel, weit oder trichterförmig. Gefüttert wurde mit feiner Leine, Seide oder Pelz. Erst im Spätmittelalter wurde die Gewandung der Herren wieder kürzer. Unter der Cotte wurde wie bei den Damen ein Unterhemd getragen. Der mittelalterliche Herr trug nicht wie heute weit verbreitet eine neuzeitliche Lederhose oder Leggins, sondern eine Unterhose (Bruche) aus weißem/ungefärbtem Leinen, geschnitten wie eine Art langer Boxer-Shorts, mit daran angenestelten Beinlingen aus Wolle, seltener Leine. Beinlinge Als Schutz gegen das Wetter trugen die Herren verschiedene Mäntel wie Tasselmantel, Gardecorps oder Garnache die mit verschiedenen Pelzen gefüttert waren. Thema Kopfbedeckung: Hier liegt wohl das größte Defizit in unserer Gruppe! Die minimale Kopfbedeckung, die durch alle Stände hindurch getragen wurde war die Bundhaube. Für den einen oder anderen mag sie wohl etwas kindisch aussehen, aber sie erfüllte ihren Zweck. Die Haare wurden nicht so schnell schmutzig und man hielt sich des gegenüber Ungeziefer fern. Wer Mittelalter glaubhaft darstellen möchte, kommt um eine Bundhaube nicht herum. Zusätzlich zur Bundhaube wurden diverse Hüte oder ein Gugel getragen. Der Gugelzipfel war bis ins 13.Jhd. noch relativ kurz. Erst im 14.Jhd. wurde er länger. Zusammenfassend ist zu sagen, dass in der Zeit, die wir hier darstellen wollen, ein Jeder eine Kopfbedeckung trug. Gugel Kleidungszubehör: Zum Modischen Zubehör eines Mannes von Stande gehörten Gürtel mit Riemenzunge und Beschlägen. Daran hing der obligatorische Almosenbeutel und das Essmesser. Zusätzlich trugen Ritter als Zeichen ihres Standes Fingerhandschuhe, Sporen, Schwert in einer Scheide meist aus Holz mit Leder überzogen und im Teutschen Reich mit einem weißen Ledergurt, sowie einem Dolch. Rüstung in der Früh und Hochgotik Das Thema Rüstung ist besonders umfangreich, da sich in der Zeit zwischen 1200 und 1300 in der Rüstungstechnik ein großer Wandel vollzog. Vom Ringelpanzer hin zu den Anfängen der Plattenrüstung. Wobei gesagt werden muss, dass die Ritter im Teutschen Reich dieser Entwicklung im Gegensatz zu den Engländern und Franzosen zeitlich immer etwas hinterher hinkten. Ich möchte nun die ungefähre Ausstattung eines Ritters aufzeigen und anschließend auf Fehler in unserer Gruppe hinweisen. Ungefähre Ausstattung eines Ritters im 13 Jh. Als Hauptrüstung trug der Ritter ein etwa knielanges Kettenhemd (genannt brünne oder halsberc) mit daran angesetzter Kettenhaube (hersenier), an der ein latzartiger Kinnschutz (kinnvaz) angebracht war, und Kettenfäustlinge mit ledernen Handinnenflächen, die einen Längsschlitz zum freimachen der Hände hatten. Darunter trug er, als Polsterung und gegen Druck- und Scheuerstellen, einen Gambesong sowie eine gepolsterte Kappe (gupfe). Als Beinschutz dienten gepolsterte Beinlinge und/oder ein schmaler streifen Kettengeflecht, welche die Waden ungeschützt ließen. Ab der Mitte des 13. Jhd. wurden diese zu strumpfartigen Kettenbeinlingen, die bis zur Mitte der Oberschenkel reichte und an einem zusätzlichen Bruchengürtel angenestelt waren. Zusätzlich wurde darüber noch ein gepolsterter Oberschenkelschutz (dichling) mit Kniebuckel getragen. Dazu trugen die bessergerüsteten Panzerreiter in der zweiten Hälfte des 13. Jhd. überm Kettenhemd einen Lederpanzer oder einen Plattenrock. Der Plattenrock bestand aus einer Reihe großer Metallplatten, die auf einer festen Stoff- oder Lederunterlage aufgenietet und mit Stoff überzogen wurden. Mit dem Aufkommen des Plattenrocks wurde die Kettenkapuze zunehmend vom Kettenhemd getrennt und im Teutschen Reich vorne und hinten mit einem rechteckigen Latz versehen, im restlichen Westeuropa war der Abschluss rund. Ab ca. 1240 kann man davon ausgehen, dass jeder Ritter einen Waffenrock getragen hat. Die Kettenfäustlinge wurden in Deutschland noch bis zu Beginn des 14. Jhd. getragen. Arm- und Beinschienen aus Metall, gehärtetem Leder oder hornverstärkt kamen ab den 50er Jahren des 13. Jhd. auf Der Ritterhelm entwickelte sich vom Nasalhelm hin zum Topf- und Kübelhelm. Zu Fuß kämpfende Ritter trugen meist einen Eisenhut, der eine bessere Sicht ermöglichte. Auf Schuhe, Waffen und Schildformen möchte ich hier nicht eingehen, da dies ebenfalls ein abendfüllendes Thema wäre. Zusammenfassend ist zu sagen, dass in unserer Gruppe eine bunte Mischung aus Gewandung und Rüstungsgegenständen vorherrscht, die über einen Zeitraum von mehreren Hundert Jahren reicht und ein verzerrtes Bild des Hochmittelalters wiederspiegelt. Die Wenigsten tragen eine Kopfbedeckung, Bruche und Beinlinge oder einen Gambeson, obwohl dessen Herstellung weniger aufwändig ist, als das Stricken eines Kettenhemdes. Und im Mittelalter konnten die Leute sich eher einen Gambeson leisten als ein Kettenhemd. Ebenso ist es um die Helme bestellt. Die Schwertleite und die Erhebung in den Ritterstand war damals mit erheblichen Kosten verbunden. Wer sich diese nicht leisten konnte, wurde kein Ritter. Wer heute einen Ritter darstellen möchte, sollte dies vollständig tun. Genauso ist das auch heute noch mit erheblichen Kosten verbunden. Aber mit ein wenig Geschick und nach eingehender Prüfung von historischen Quellen kann das Meiste davon selbst hergestellt werden. Und es muss nicht ein Jeder einen Ritter oder eine Edeldame darstellen. Man kann auch mit einer schlichten Darstellung z.B. einer Magd oder eines Handwerkers anfangen. Dass Neueinsteiger gewandungs- und rüstungstechnische Fehler machen, kann vorkommen. Doch wer dieses Hobby schon über mehrere Jahre betreibt, sollte genug Fachkenntnis besitzen. Um Fehler wie Lederhosen, fehlende Kopfbedeckungen und unvollständige Rüstungen zu vermeiden. Ich möchte noch einwerfen, dass es keine historische Belege für trinkhorntragende Ritter im 13. Jhd. gibt. Das gehört eher in die Rubrik Hollywood Reenactment. Ebenso wenig wie ein Schottischer Ritter im Kilt und die allseits beliebten Wikingerstühle, die es nie gegeben hat. Diese Fehler habe ich auch gemacht und habe jetzt 10 Arbeitsstunden Brennholz im Keller stehen! Aber die Erkenntnis ist bekanntlich der beste Weg zu Besserung. Euer Simon MacLean Quelle: Literatur: Internet: -Kleidung & Waffen der Früh- und Hochgotik 1150-1320 von Ulrich Lehnart -Kleidung & Waffen der Spätgotik,1 1320-1370 von Ulrich Lehnart -Rüstung Gewandung Sachkultur des Deutschen Hochmittelalter von Gösta Ditmar-Trauth -Kleidung des Mittelalters selbst anfertigen Teil 1 von Wolf Zerkowski / Rolf Fuhrmann -Ritter und Söldner im Mittelalter von Gerry Embleton -www.tempus-vivit.net -www.tempora-nostra.de -www.gewandungen.de -www.manesse.de -www.flinkhand.de -www.flos-scotiae.de -www.mabib.de