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szene schweiz
Hotel Solsana (Saanen)
Wie saniert man ein Hotel
für blinde Gäste?
Doppelzimmer im Hotel Solsana. «Für Sehbehinderte ist es einfacher, sich in
einem Zimmer mit hellem Boden und dunklen Möbeln zurechtzufinden.»
Die Gastgeber im Hotel Solsana:
Daniel und Alexandra Leuenberger.
B
linde und sehbehinderte Menschen
sollen sich im Hotel Solsana in Saanen noch besser fühlen – und vor allem
noch mehr Komfort erhalten. Deshalb hat man in den letzten Monaten
35 Zimmer komplett umgebaut. Mit dem Innenausbau wurde die renommierte und auf Hotelumbauten spezialisierte Firma Appia Contract
beauftragt. Laut Hoteldirektor Daniel Leuenberger ging es darum, die Zimmereinrichtung, die
Infrastruktur, das Mobiliar und die Beleuchtung
so zu gestalten, dass sich sehbehinderte, aber auch
sehende Gäste wohlfühlen. Beispiel Licht und
Beleuchtung: «Die Zimmerbeleuchtung muss hell
genug, aber indirekt und dimmbar sein, damit der
Sehbehinderte nicht geblendet wird und sich gut
orientieren kann», sagt Leuenberger.
Das Wichtigste für ein Hotel mit blinden und sehbehinderten Gästen sei aber, so der Hoteldirektor,
mit Kontrasten zu arbeiten, und zwar mit farblichen und mit taktilen. Hotelier Leuenberger und
seine Berater kreierten vor dem Umbau ein Musterzimmer. Fazit: Für Sehbehinderte ist es einfacher, sich in einem Zimmer mit hellem Boden und
dunklen Möbeln zurechtzufinden. «Ein dunkler Boden gibt ihnen das Gefühl, in ein Loch zu
fallen.» Da viele blinde und sehbehinderte Gäste
mit ihrem Blindenhund anreisen, spielt auch das
Thema Hygiene in den Zimmern eine zentrale
Rolle. Teppichböden waren deshalb kein Thema,
man verlegte PVC-Böden. Zahlreiche Details, die
in einem «normalen» Hotel eine sekundäre Rolle
spielen, waren im Solsana zentral. Beispiel: Auf
Schubladen wurde verzichtet, und ein Teil der
Wandschränke ist offen gestaltet. Alle Regale im
Zimmer sind auf Hand- und nicht auf Augenhöhe,
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Das heutige Hotel Solsana wurde 1913 als Sanatorium
eröffnet. Heute gehört es dem Schweizer Blindenund Sehbehindertenverband.
die Betten haben weiche Kanten, damit man sich
nicht stossen kann, die Ablagen im Badezimmer
haben einen wirkungsvollen «Sturz»-Rand und
die Wände wurden statt mit Bildern mit dekorativen (und ertastbaren) Tattoos geschmückt.
«Blinde haben gerne kleine Räume, in denen sie
sich schnell zurechtfinden», betont Hoteldirektor
Leuenberger. «Deshalb ist ihnen das kleinste der
Einzelzimmer am liebsten, egal, wo es liegt. Das
wiederum verträgt sich ausgezeichnet mit den
Wünschen der Sehenden, denn
die wollen ja bekanntlich die
grössten Zimmer mit der besten Sicht.»
Ein Blick in die Geschichte des
Hotel Solsana zeigt: Das ehemalige Sanatorium für tuberkulosekranke Kinder wurde
1913 erbaut und diente später
auch als Flüchtlingslager. 1973
erwarb der Schweizer Blinden- und Sehbehindertenverband das Solsana, das zuerst als
Ferienheim und Kurszentrum
für Verbandsmitglieder diente.
Die daraus entstandene Hotelanlage, die seit zwei Jahren von
einer AG geführt wird, verfügt
inzwischen über 60 Zimmer,
von denen jetzt eben 35 renoviert wurden. Das Hotel bietet seinen Gäste ein Schwimmbad, eine Sauna, eine Kegelbahn, Sitzungszimmer und ein
Restaurant. Nächstens will man
weitere Zimmer umbauen und
neue Personalzimmer errichten. Nebst attraktiven Preisen
für Blinde und Sehbehinderte,
bietet das Hotel Solsana seinen
Gästen ein umfassendes AktivAngebot: Töpfer- und Kochkurse, Computer- und Tanzkurse, Schachmeisterschaften
und im Herbst eine JassmeisH
terschaft.
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