Erfahrungsbericht - 9 Jahre nach Entfernung der Blase wegen

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Erfahrungsbericht - 9 Jahre nach Entfernung der Blase wegen
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Eine bevorstehende Operation an der Wirbelsäule gibt mir Anlass, darüber nachzudenken,
wie es mir nach einer Operation in 2004 im Alter von 68 Jahren, bei der die Blase wegen
Karzinom und die Prostata vollständig entfernt wurden, bis heute erging. Es ist immerhin ein
Zeitraum von 9 Jahren, in dem ich insgesamt, abgesehen von der nicht ganz zu
vermeidenden Inkontinenz hervorragend und geradezu fröhlich gelebt habe. Bis heute
brauche ich kein Medikament und außer den jährlichen Kontrollen auch keine ärztliche
Betreuung.
Die Situation vor der Operation:
Nach fast 4 Jahren mit Arztbesuchen und beinahe ununterbrochenen Antibiotikabehandlungen wegen einer übergroßen und entzündeten Prostata hatte ich plötzlich Blut im
Urin. Somit hatte ich zusätzlich Blasenkrebs. Herr Professor Dr. Stief, der Direktor der
Urologischen Klinik Großhadern stellte mich in einem offenen Gespräch nach der
Voruntersuchung vor die Alternative sofortige Operation, damit sich keine Metastasen bilden
bzw. ausbreiten können oder eine Lebenserwartung von bis zu 10 Monaten. Ich war
überrascht und betroffen, habe mich aber für eine sofortige Operation entschieden. Im
Nachhinein muss ich allerdings sagen, dass ich in diesem Moment die Gefährlichkeit der
Situation nicht realisiert habe, sondern dem überzeugenden Sachvortrag des Arztes und der
Zusprache meiner Frau intuitiv gefolgt bin (siehe hierzu unten auch „Übrigens“).
Die Situation nach der Operation:
Unmittelbar nach dem Aufwachen aus der Narkose hatte ich ein völlig neues Lebensgefühl.
Es war als hätte mich eine schwere Vergiftung, die den Körper und die Psyche belastet hat,
auf einmal verlassen
Die Jahre danach:
Da ich ein Leben lang gesund und der Blasenkrebs und die übergroße Prostata sozusagen
„nur eine Krankheit auf Zeit“ waren, hat sich an meiner Lebensweise nichts geändert. Alles
was ich vorher getan habe, konnte ich auch bis heute weiter tun. Dass einige Dinge zu
beachten sind, um keine unangenehmen Überraschungen zu erleben, dürfte verständlich
sein. Die Inkontinenz lässt sich durch Vorlagen diskret im Griff halten (was zwangsläufig
einer gewissen Übung bedarf) und die möglichen Infektionen der Harnwege kann durch
Reinlichkeit praktisch völlig vermieden werden. Im Sex ändert sich, abgesehen davon, dass
es kein Sperma mehr gibt, nichts. Auch dies bedarf einer gewissen Übung, was man aber
sehr gerne tut.
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Fazit:
Letztendlich ist dies alles nur möglich, wenn die ärztliche Begleitung und vor allem die
Operation bei einer so schweren Krankheit hervorragend sind. Die Vorbereitung für die
Operation und die Operation selbst schaffen die Bedingungen, in denen der Patient später
lebt. Mein späteres Leben ist, ich kann es nur nochmals betonen, von Herrn Prof. Dr. Stief in
sehr gutem Maße vorbereitet worden.
Übrigens:
Das Thema Prostatakrebs hat mich unversehens doch noch schwer getroffen. Im Frühjahr
2005 stand ich mit meinem etwas jüngeren Bruder, der in Norddeutschland lebte, vor der
Praxis meines Urologen in München in der Maximilianstraße. Ich versuchte, ihn von der
notwendigen Vorsorge zu überreden und in die Praxis des Urologen zu schicken. Er meinte,
dass er das mit der Operation nie machen würde, eine Vorsorge könne er ja mal später
versuchen.
Im September 2010 war mein Bruder wieder im München, weil er sich einer
Leistenbruchoperation unterziehen musste. Bei der Röntgenaufnahme, die vorher gemacht
wurde, stellte die Ärztin weiße Flecken auf den Knochen fest. Er sagte mir, dass ihm geraten
worden sei, dringend einen Urologen aufzusuchen. Der Besuch beim Urologen und alle
nachfolgenden Konsultationen von Fachärzten ergaben, dass er Prostatakrebs im
fortgeschrittenen Stadium hatte und eine Behandlung nicht mehr möglich war. Er suchte
dann ein Institut in Bad Aibling auf, weil er die Hoffnung nicht aufgeben wollte. Dort wurde er
mit Hitze und Chemotherapie behandelt. Im Juli 2011 starb ist er an einer Sepsis. Bis heute
habe ich hierzu meine Sprache nicht wiedergefunden.