6 Althochdeutsch

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6 Althochdeutsch
5DGC 46 Sprachgeschichte
Universität Athen, WiSe 2008/09
Winfried Lechner
[email protected]
Handout #6
ALTHOCHDEUTSCH
1. KULTUR & GESCHICHTE
1.1. ZEITLICHE EINORDNUNG
" 750–1050: Althochdeutsch (Ahd.); beginnt mir ersten schriftlichen Belegen und endet
mit Abschluß der Vokalreduktion (s. 2.3) und dem dadurch ausgelösten Wegfall der Endungen.
" 1050–1350: Mittelhochdeutsch (Mhd.; Nibelungenlied, Walther von der Vogelweide)
" 1350–1650: Frühneuhochdeutsch (Fhd.; Luthers Bibelübersetzung 1545)
" ab 1650: Neuhochdeutsch (Nhd.)
‘Hochdeutsch’ steht im Gegensatz zu ‘Niederdeutsch’, den nördlichen Dialekten des
Westgermanischen, die nicht an der 2. Lautverschiebung teilgenommen haben (s. 2.2.2 unten).
1.2. GESCHICHTE
Seit dem 2. Jh. v. Chr. Ausbildung von germanischen Stämmen (Teutonen, Longobarden,
Vandalen, Franken, Alemannen, Burgunder, Goten, Sachsen, Sueben [Schwaben], Thüringer,
Friesen, Angelsachsen, ...), die langsam an Einfluß gegenüber dem römischen Reich gewinnen.
Die Stämme waren maßgeblich an der Völkerwanderung beteiligt, sowie für die Ausprägung der
europäischen Nationalstaaten verantwortlich.
Seit der Varusschlacht (= Schlacht im Teutoburger Wald, 9n.Chr.) verliert Rom Einfluß auf
die Gebiete westlich vom Rhein, die von germanischen Stämmen autonom regiert werden.
Aufstieg des Frankenreiches: Unter Chlodwig (ca. 500), der dem fränkischen Königshaus der
Merowinger entstammt, erstreckt sich das Frankenreich vom Rhein bis zu den Phyrenäen.
Chlodwig unterwirft die Alemannen und Visigoten, seine Nachkommen die Burgunder und
Thüringer. Im 7.Jh. wurde das Frankenreich in teils autonome Gebiete unterteilt (Aquitanien,
Austrasien, Burgund und Neustien; s. Karte S. 1). Ab dem 8. Jh. machten sich Teile des Reiches
selbstständig (Bayern, Alemannen).
Karolingischen Renaissance: Der Karolingische König Karl der Große (‘Charlemagne’) wird
800 zum römischen Kaiser gekrönt. Aktive Förderung von Kultur und Bildungsinstitutionen
führten im Rahmen der Karolingischen Renaissance zur Gründung von Klosterschule (Fulda,
St. Gallen), an denen Übersetzungen wichtiger antiker Texte
in der karolingischen Minuskel entstanden. Aus dieser klaren,
leicht
lesbaren,
Schriftart
entstanden
die
heutigen
Kleinbuchstaben. Aufwertung der fränkischen ‘Volkssprache’ gegenüber dem Latein.
(Ost)Fränkisch wird dadurch im 9.Jh., insbesondere vom Kloster Fulda ausgehend, zur wichtigen
Schriftsprache.
Zerfall des Frankenreiches: Teilung des Reichs unter den Nachfahren Karl des Großen. Durch
den Vertrag von Verdun kommt es 843 zur Gründung jener Staatsgebiete, aus denen später
Frankreich und Deutschland hervorgehen werden.
1.3. SCHRIFTLICHE WERKE DES AHD
" Otfried von Weißenburg (9. Jh.): Evangelienharmonie
" Merseburger Zaubersprüche (9/10. Jh.., Fulda): Zwei Zaubersprüche (Befreiung von
Gefangenen, Pferdeheilung)
" Wessobrunner Gebet (9. Jh., Wessobrunn/Bayern): Schöpfungsgedicht
1.4. URSPRUNG DES WORTES DEUTSCH:
" althochdeutsche Wurzel diot (‘Volk’/’Stamm’)
" Erste Belege: westfränkisch theodisk und althochdeutsch diutisc, mit Bedeutung ‘zum
Volk gehörig’
" seit 10. Jh. wurde die Bezeichnung für Bewohner ds Ostfrankenreichs benutzt
(Nachfolgereich Karl des Grossen, 843 im Vertrag von Verdun gegründet)
2. PHONOLOGIE
Das Ahd. zeichnet sich durch eine Reihe von diachronen Veränderungen gegenüber dem Westgermanischen aus (s. a. Nübling S. 24ff - Bemerkungen über Silben-/Wortsprache ignorieren!):
" i-Umlaut (s. 2.1)
" Zweite Lautverschiebung (s. 2.2)
" Vokalreduktion in unbetonten Silben (s. 2.3)
" Monophtongierung
/ai/
/ou/
>
>
/e/
/o/
[" Diphtongierung ]
meist - mehr
ouga ‘Auge’ - ora ‘Ohr’
3
DGC 46 Sprachgeschichte, WiSe 2008/09
2.1. ALTHOCHDEUTSCHE I-UMLAUT
Hintere Vokale (/a, o, u/) werden palatalisiert (= nach vorne verschoben), wenn sie einem hohen
palatalen /i/ vorangehen. Es handelt sich bei dem Prozeß um eine regressive Assimilation:1
(1)
Althochdeutsch
a. a
>
e
gasti
faran ‘fahren’
lang ‘lange’
>
>
>
getsi
ferit
lengiro
‘Gast’
‘er fährt’
‘länger
b. a
>
e
mahtīg
>
mehtec
‘mächtig’
c. ō >
œ
skōniu
>
schœne
‘Schönheit’
d. ū >
y
wurfil
kussen
>
>
würfel
küssen
‘Würfel’
‘küssen’
Reanalyse: Das den Umlaut auslösende /i/ kam häufig als Pluralsuffix vor. Der wortinterne
Umlaut wurde daher ab ca. 1000 als Pluralmarkierung uminterpretiert. Dieser Prozeß wird
(diachrone) Reanalyse bezeichnet.
(2) gast + [Plural i ] >
[Plural gest + i]
Reanalyse von umgelautetem /e/ zu Plural
Aufgabe: Formalisieren Sie den Prozeß, der (1)a und (1)c zugrunde liegt (Format: A > B/ .....)
2.2. ZWEITE LAUTVERSCHIEBUNG (2LV)
(teils aus Wikipedia: ‘Zweite Lautverschiebung’)
Die phonologischen Veränderungen, die zur Abtrennung des Deutschen von den anderen
westgermanischen2 Sprachen führten, werden als die zweite Lautverschiebung (2. LV) oder
Tenuesverschiebung3 bezeichnet. (Zur Erinnerung: Die Erste Lautverschiebung beschreibt die
phonologischen Veränderungen, die das Germanische vom IG isolierten.)
ZWEITE LAUTVERSCHIEBUNG (ÜBERSICHT)
(3)
PHASE I:
Stimmlose Plosive
>
(geminierte) Frikative
ship
Affrikaten
apple Apfel
>
stimmlos
door
Tür
>
/d/
this
dies
Schiff
(in Umgebung A; s.u.)
PHASE II:
Stimmlose Plosive
>
(in Umgebung B; s.u)
PHASE III:
PHASE IV:
Stimmhafte Plosive
/›/
1
progressive/regressive Assimilation: der Auslöser befindet sich vor/nach dem Laut, der sich
(progressiv)
verändert. Beispiele: mhd. zimber > nhd. Zimmer
/bank/ ÿ [baõk]
(dentaler Nasal wird vor velarem Laut velar; regressiv)
2
Die ostgermanischen Sprachen waren zu diesem Zeitpunkt bereits ausgestorben. Gotisch im
8.Jh. (Ostgotenreich: 493-555; Westgotenreich: 466-711), Burgundisch ca. 700, Vandalisch um 533.
3
Tenuis (lat. ‘die Dünne’, pl. tenues): ein in der Indogermanistik gebräuchlicher, aus der
lateinische/griechischen Tradition kommender, Name für stimmlose Plosive p, t und k.
Media (lat, die Mittlere, pl. mediae): stimmhafte Plosive b, d und g.
#6: Althochdeutch (750 - 1050)
4
Im Detail umfaßt die 2. LV folgende Änderungen im Konsonantismus (. Konsonantensystem).
Phase I und Phase II betreffen die selbe Gruppe von Konsonanten, aber unterscheiden sich im
Kontext, in welchem die diachronen Veränderungen stattgefunden haben.
Phase I: Geminierung. 4/5. Jh. (Datierung sehr unsicher). Stimmlose Plosive entwickelten sich
" intervokalisch zu gemininierten Frikativen und
" in finaler Position zu einfachen stimmhaften Frikativen
PHASE I: INTERVOKALISCHE GEMINIERUNG
(4)
Germanisch
a.
b.
c.
(5)
p
t
k
Germanisch
Althochdeutsch
(Neuhochdeutsch)
>
>
>
>
>
ff
zz
hh
Althochdeutsch
ss
¡ (‘ch’)
Neuhochdeutsch
Englisch
a.
[p]
[ff]
*upana
offan
slāpan (altsächs.) slāf(f)an
[ff]
offen
schlafen
[p]
open
sleep
b.
[t]
*hatiz
*straet
*etan
*ūt
[zz]
haz, hazzes
strazza
ezzan
ūz
thaz
[ss]
Hass
Strasse
essen
aus
das
[t]
hate
street
eat
out
that
c.
[k]
*sprekan
*ik
rice (AE)
[hh]
sprëhhan
ih
rihhi
[¡]
sprechen
ich
reich
[k]
speak
rich (AE: Altenglisch)
Phase II: Affrizierung: Im 5. - 8.Jh. wurden Plosive zu Affrikaten4, sofern die Plosive in
folgender Umgebung auftraten:
" Wortinitial (am Wortanfang)
pan - Pfanne
" geminiert (d.h. verdoppelt: /pp/, /tt/ oder /kk/)
apple - Apfel
" nach Nasalen (/m/ und /n/) oder Liquiden (/l/ und /r/)
cramp - Krampf, wood - Holz
Die für Phase II charakteristischen Veränderungen waren zum Teil regional beschränkt. Konkret
findet sich nur t > ts im gesamten hochdeutschen Bereich, während p > pf (mit Variation) im
Oberdeutschen auftrat, und k > k¡ sich nur im Bayrischen findet (für Details s. 2.2.2 unten).
PHASE II: AFFRIZIERUNG
(6)
Germanisch
a.
b.
c.
4
p
t
k
Althochdeutsch
(Neuhochdeutsch)
>
>
>
>
>
pf
ts
k¡
ss
¡
Affrikata: Verbindung von Plosiv und an gleicher Stelle artikuliertem Frikativ (pf, ts, kch,...)
5
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(7)
Germanisch Althochdeutsch
Neuhochdeutsch
Englisch
a.
[p]
*plōg
*stoppōn
*krampa
[pf]
pfluoc
stopfōn
kramph
[pf]
Pflug
stopfen
Krampf
[p]
plough
stop
cramp
b.
[t]
*taihō
*satjan
*taihnam
*holta
[ts]
zēha
sezzen
zeihhan
holz
[ts]
Zehe
setzen
Zeichen
Holz
Zahn
[t]
toe
sit
token
wood
tooth
[k]
korn (altsächs.)
*akra
*kinþa
[k¡]
[k¡]orn
ackar
[k¡]ind
[k¡]
Korn
Acker
Kind
[k]
corn
acre
c.
(i-Umlaut)
(nur im Bayrischen, Alemanischen)
Phase III: Im 8/9 Jh. werden stimmhafte Plosive stimmlos. Von diesen Veränderungen ist nur
der Wandel /d/ > /t/ für weitere Teile des Deutschen relevant (NB: Auslautverhärtung erst ab
Mhd.):
(8)
a. day - Tag
b. (niederl.) vader - Vater
Phase IV: Im 9/10 Jh. werden im gesamten deutschsprachigen (und niederländischen) Bereich
interdentale Frikative (/›/, mit stimmhaften Allophon [ð]) zu stimmhaften dentalen Plosiven:
(9)
/›/ > /d/ a.
that
think
thorn
thistle
through
thou
das
denken
Dorne
Distel
durch
Du
b.
mouth
south
brother
Mund
Süden
Bruder
2.2.1. ENTLEHUNGEN UND 2. LV
Die 2. LV ist auch in Lehnwörtern sichtbar:
(10)
Pfingsten (pentekoste), Pfaffe (papas)
" 1. Lateinische Welle (50 v.Chr. -500 n.Chr): aus Bereich Militär und Haus; haben an
2. LV teilgenommen: Ziegel, Pfeffer, Pfeil
" 2. Lateinische Welle (500 - 800 n.Chr.): aus Bereich Klosterkultur, nicht durch 2. LV
betroffen: Papst, Kapelle
Aufgabe: Welche der folgenden Formen sind vor der 2. LV entlehnt worden?
(11)
Pflanze, Kloster, Terminus, Zelle, Pfeil, Kalk, Senf, Bischof, Zoll, Panther
#6: Althochdeutch (750 - 1050)
6
! Beispiele für Auswirkung der 2. LV:
(12)
Sachsenspiegel (1220)
Deutschenspiegel (1274)
De man is ok vormunde sines wives,
to hant alse se eme getruwet is.
Dat wif is ok des mannes notinne
to hant alse se in sin bedde trit,
na des mannes dode is se ledich van des
mannes rechte.
Der man ist auch vormunt sînes wîbes
zehant als si im getriuwet ist.
Daz wîp ist auch des mannes genôzinne
zehant als si an sîn bette trit
nâch des mannes rehte.
2.2.2. GEOGRAPHISCHE VERTEILUNG DER 2. LV
Die Auswirkungen der 2. LV sind regional unterschiedlich stark ausgeprägt. Am am
konsequentesten wurde sie im Alpenraum durchgeführt, wo sie, nach traditioneller Ansicht, auch
am frühesten einsetzte. Von dort breitete sich die 2. LV in den Norden hin aus, bis zur Benrather
Linie. Diese Linie kreuzt den Rhein in der Nähe Düsseldorfs. Gebiete nördlich der Benrather
Linie waren nicht mehr von der 2. LV betroffen und gehören dem Niederdeutschen Bereich zu
(auch Plattdeutsch genannt).
Die 2. LV ist die wichtigste Veränderung in der Geschichte der deutschen Sprache. Sie
trennt einerseits die hochdeutschen von den niederdeutschen Dialekten, und führt andererseits
zur Bildung der unterschiedlichen regionalen Dialekte des Hochdeutschen. Der deutsche
Sprachraum wird dabei geographisch durch zwei Isoglossen5 in drei Dialektgruppen aufgeteilt:
" Benrather Linie (maken/machen Linie im Deutschen Sprachatlas): trennt nördlich
Niederdeutsch von südlich der Isoglosse gelegenen mitteldeutschen Dialekten.
" Speyrer Linie (Pund/Pfund Linie): trennt Mitteldeutsch (nördlich) von Hochdeutsch.
5
Isoglosse: Grenzlinie für Gebiete mit Sprachen oder Dialekten, die linguistisch in einer
spezifischen Beziehung idente (oder sehr ähnliche) Eigenschaften aufweisen.
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Hochdeutsch: Das Hochdeutsch wird als jene Gruppe von Dialekten definiert, die von der 2. LV
betroffen waren. (Der Begriff inkludiert für einige auch Mitteldeutsch, da dort auch p > f auftrat.)
Oberdeutsch: Die südlichen Mundarten des Hochdeutschen werden unter dem Terminus
Oberdeutsch zusammengefaßt. Das Oberdeutsche zerfällt wiederum in Dialektgruppen, die
wichtigste dieser sind das Alemannische (Schweiz, Vorarlberg/Österreich), das Fränkische
(Westbayern), das Schwäbische (BW) und das Bayrische (Bayern, Österreich) umfaßt.
(13)
Oberdeutsche Dialekte (aus Wikipedia)
Regionale Verteilung der 2. LV: Nur die Verschiebung t > ts betraf den gesamten deutschsprachigen Raum.
" p > pf tritt nur im Oberdeutschen, und p > ff nur im Süd- und Mitteldeutschen auf:
Hochdeutsch
Nieder/Plattdeutsch
(14)
p > ff
Schiff
schlafen
Schipp/Schepp
slopen
(15)
p > pf a.
Pfad
Pfannkuchen
Pfeffer
Pfennig
Padd
Pannkoeken
Pieper
Pennik
stopfen
Tropfen
stoppen
Drüppen
b.
(initial)
(medial)
#6: Althochdeutch (750 - 1050)
8
" k > k¡: nur im Südbayrischen (Tirolerisch, Westen Österreichs:) und im
Hochallemannischen (Schweiz, Vorarlberg):
(16)
Speck[¡]k[¡]nödel
K[¡]ind
Tirolerisch ‘Speckknödel’
Bayrisch, Tirolerisch ‘Kind’
2.3. VOKALREDUKTION
Vollvokale konnten im Althochdeutschen in allen Silbenpositionen, insbesondere auch an
unbetonten Stelle, auftreten:
(17)
a.
b.
c.
d.
[a]
[o]
[u]
[i]
sunna, geista
eino
uauarun
himil
‘Sonne, ‘Geister’
‘einer’
‘waren’
‘Himmel’
(18)
taga
>
machōn >
demu
>
Tag
machen
dem
Dies steht im Gegensatz zum Neuhochdeutschen, wo nicht betonte Positionen nur als e-Schwa
oder a-Schwa realisiert werden können: geb[c]n, Vat[X]r. Teils fielen die unbetonten Vollvokale
auch völlig weg - (18) illustriert diese Alternationen. Die unbetonten Vollvokale des Ahd. gingen
in der spätalthochdeutschen Periode verloren:
(19)
[a]
[i]
Althochdeutsch
sunna
himil
Mittelhochdeutsch
>
sunne
>
himel
3. MORPHOLOGIE
Auxiliarhypothese: Im Ahd. wurde die schwache Konjugation mittels des Dentalsuffixes /t/
gebildet (vgl. nhd. glauben - glaubte). Einer plausiblen Hypothese zufolge entstanden schwache
Verben durch die Kombination des Verbstammes mit dem Auxiliarverb ‘tun’. Ähnlichkeiten in
der Form zwischen schwachen Verben und den entsprechenden Formen von ‘tun’ unterstützen
diese Hypothese (auch Auxiliarhypothese genannt; s. Nübling, S. 231):
(20)
Gotisch
a. salbō-dē dum
b. salbō-dēduþ
c. salbō-dē dun
Althochdeutsch (‘salben’)
Althochdeutsch (‘tun’)
salbō-tum
salbō-tut
salbō-tun
tā-tum
tā-tut
tā-tun
‘wir salbten’
‘ihr salbtet’
‘sie salbten’
‘wir taten’
‘ihr tatet’
‘sie taten’
Grammatikalisierung: Der Prozess, in dessen Verlauf eine lexikalische Form (eine Form von
‘tun’) eine grammatische (funktionale) Aufgabe übernimmt wird GRAMMATIKALISIERUNG
genannt. Das Hilfsverb ‘tun’ wurde z.B. im Ahd. von den am Spracherwerb beteiligten Kindern
durch Grammatikalisierung zu einer Flexionsendung, die den Dentalsuffix /t/ enthält,
uminterpretiert. Grammatikalisierung stellt einer der zentralen - wenn nicht die zentrale Ursache für Sprachwandel dar, und beeinflußte insbesondere die diachrone Entwicklung der
Syntax (für Diskussion s. Roberts, Ian. 2007. Diachronic Syntax. Oxford University Press).

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