Spätstart zum Erfolg

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Spätstart zum Erfolg
Handel
Erik Salzmann/Interio Schweiz
Spätstart zum Erfolg
Dass es für einen Einstieg in den Onlinehandel nie zu
spät ist, wenn die Voraussetzungen und die Strategie
stimmen, zeigt die Migros-Tochter Interio seit 2013 in
der Schweiz. Ihr E-Commerce-Leiter Erik Salzmann
und ambuzzador-Geschäftsführerin Sabine Hoffmann
sprachen mit CASH über die Hintergründe.
Verkauf über das Internet konnte man
sich aber vor Jahren zunächst nicht vorstellen. Das galt ja für die ganze Branche.
Man war damals der Überzeugung, Möbel bräuchten Beratung, man muss sie
anschauen, anfassen können, zur Probe
Interview: Frank Placke
drauf sitzen oder drin liegen und so fort.
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10|2014 CASH
einen Onlineshop zu eröffnen?
Erik Salzmann: Interio hatte relativ früh
Salzmann: Nein, als es um den Relaunch
eine Webseite. Die sah gar nicht schlecht
des Internetauftritts ging, war bereits
aus, war aber bei der Usability natürlich
klar, dass man Möbel und Wohnacces-
nicht mehr auf der Höhe der Zeit. Den
soires sehr wohl auch online verkaufen
Foto: Frank Placke
CASH: Im Onlinehandel kann man Interio Schweiz – gegründet vor 40 Jahren – getrost als Spätzünder bezeichnen. Start war erst 2013. Warum ist es
nach Ihren Erfahrungen nie zu spät
Diese Überzeugung gilt aber heute
nicht mehr, wenn man sich anschaut,
was die Konsumenten mittlerweile alles online einkaufen.
ambuzzador-Geschäftsführerin Sabine
Hoffmann und Erik Salzmann, Leiter
E-Commerce bei der Migros-Tochter
Interio Schweiz
sich da als Schaufenster durchaus an,
dass sich ein Kunde beispielsweise in
um die Marke Interio zu präsentieren.
der Filiale in Luzern ein Produkt kauft,
Wir wussten da auch bereits, dass un-
es aber in der Filiale in Zürich über-
sere Zielgruppe sehr onlineaffin ist.
nimmt. Diese Flexibilität muss man
Heute haben wir online mehr Besucher
heute anbieten können.
als Kundenfrequenz in den Filialen.
Kaufen sich die Kunden also heute online ein Sofa, ohne vorher drauf gesessen zu haben? Oder schauen sie zuerst
im Netz und kommen dann in eine Filiale zum Ausprobieren und Einkaufen?
Oder gehen sie in die Filiale zum Anschauen und kaufen dann aber erst
später online?
Wie wird der Webauftritt von Interio
beworben beziehungsweise wie hat
sich die insgesamte Kommunikationsstrategie im Unternehmen durch den
Webshop verändert?
Salzmann: Prinzipiell bemühen wir uns
in allen Kommunikationskanälen ob
klassisch oder digital, sowohl möglichst
breit zu streuen und gleichzeitig sehr
Sabine Hoffmann: Das ist schwer zu
zielgruppenorientiert vorzugehen. Der
sagen. Wahrscheinlich gibt es alle Vari-
Onlineshop wurde in das Kommunika-
anten. Wo man den Umsatz macht, ist
tionskonzept integriert, beispielsweise
letztlich auch egal.
für die Kampagne zu 40 Jahren Interio
Gab es Befürchtungen, der Onlineverkauf könnte Filialen den Umsatz wegnehmen, beziehungsweise hat es hier
Verschiebungen gegeben?
mit zahlreichen wechselnden Aktionen
Salzmann: Die Befürchtungen waren
spielsweise einen Newsletter. Wenn der
teilweise schon vorhanden, denn es gab
raus geht, steigen die Visits auf der
keine Erfahrungen. Und natürlich ist
Homepage um rund 60 Prozent. Zusätz-
es zunächst ein großer Arbeitsaufwand,
lich gibt es aber klarerweise auch Ban-
so einen virtuellen Shop einzurichten
nerwerbung oder Werbeanzeigen im
und kostet auch Geld. Aber innerhalb
Social-Media-Bereich wie etwa auf
von nicht einmal einem Jahr können
Facebook.
in den Filialen und online. Aber online
hat man natürlich zusätzliche Instrumente zur Verfügung. Wir machen bei-
den Umsatz steigern können, ohne die
Hat es beim Onlineshop geholfen, dass
Interio bereits seit 40 Jahren als Marke im stationären Handel präsent ist?
Filialen zu kannibalisie-
Salzmann: Ich persönlich bin davon
ren. Es konnten neue
überzeugt. Interio ist in der Schweiz eine
Kunden dazu gewonnen
etablierte Marke, der die Kunden ver-
werden.
trauen.
wir sagen, dass der Onlineshop wie eine
zusätzliche Filiale ist und wir damit
„Die Akzeptanz des
E-Commerce steigt
in allen Altersgruppen.“
Haben sich die Filialen
mittlerweile daran gewöhnt, dass es jetzt auch
einen Onlineshop gibt?
Welche Artikel gehen online am besten?
Salzmann: Unter unseren Bestsellern
sind Produkte, von denen man vielleicht
Salzmann: Ja. Natürlich
nicht annehmen würde, dass sie die
gab es da zu Beginn
Onlinerenner sind. Aber ganz oben ste-
kann. Beispiele aus dem Umfeld von
durchaus auch so manche Skepsis. Aber
hen beispielsweise Sofas und Sitzmöbel,
Mitbewerbern hatten das gezeigt. Wenn
mittlerweile hat sich fast durchgängig
Lattenroste und Matratzen.
man sich also ohnehin bereits zu einem
die Überzeugung ausgebreitet, dass wir
neuen Webauftritt entschlossen hatte,
mit dem Onlineshop insgesamt ei-
Sind jüngere Kunden eher bereit, online einzukaufen?
kann man doch auch gleich einen Shop
nen Mehrwert für das Unternehmen
Hoffmann: Es macht sicher einen Un-
dazu realisieren. Zudem gab es bei In-
schaffen.
terschied, ob man bereits mit dem Internet aufgewachsen ist oder es erst als
triert sich seither auf die Großfläche.
Gibt es auch die Möglichkeit, beispielsweise im Netz zu kaufen und
sich das Produkt in einer Filiale selbst
abzuholen?
Damit ging die Sichtbarkeit des Auftritts
Salzmann: Die Kanäle sind miteinander
natürlich zurück und das Internet bietet
verknüpfbar. Wir bieten aber auch an,
Frau Hoffmann, Herr Salzmann, wir danken
für das Gespräch!
terio Schweiz einige Veränderungen.
Man hatte sich von kleineren Shops in
Innenstadtlagen losgelöst und konzen-
Erwachsener kennengelernt hat. Aber
die Akzeptanz des E-Commerce steigt
in allen Altersgruppen.
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